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292,103
olgham-2003-06-23-3-ss-owi-31003
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
3 Ss OWi 310/03
2003-06-23
2019-03-12 09:41:34
2020-12-10 12:50:14
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2003:0623.3SS.OWI310.03.00
## Tenor\n\n1.\n\nDie Rechtsbeschwerde wird zugelassen und die Sache dem Bußgeldsenat in der\nBesetzung mit drei Richtern ubertragen (Entscheidung der als Einzel-richterin\nbefaßten Richterin am Oberlandesgericht Warnke).\n\n2.\n\nDie Rechtsbeschwerde wird als unbegrundet verworfen.\n\n3.\n\nDer Betroffene tragt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.\n\n \n1\n\n** _G r u n d e :_**\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nDas Amtsgericht Gutersloh hat den Betroffenen wegen fahrlassiger Begehung\neiner Ordnungswidrigkeit gemaß §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, § 24 StVG zu einer\nGeldbuße von 125,00 Euro verurteilt.\n\n4\n\nDazu hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffenen:\n\n5\n\n"Am 15.05.02 befuhr der Betroffene gegen 08:56 Uhr als Fuhrer des Pkw mit dem\namtlichen Kennzeichen ####### in H die X Str. L 782 in Fahrtrichtung B 61. Der\nVerkehr an der Kreuzung zur B 61 ist durch Lichtzeichenanlagen geregelt. Die\nFahrbahn der L 782 in Richtung B 61 ist in 4 Fahrspuren, namlich eine\nRechtsabbiegerspur, eine Geradeausfahrspur und zwei Linksabbiegerspuren\naufgeteilt.\n\n6\n\nFur alle Fahrspuren gilt eine einheitliche Haltelinie. Etwa 1 Meter hinter der\nHaltelinie ist duch eine gestrichelte Linie der Beginneiner Fußgangerfurt\nabgegrenzt.\n\n7\n\nAuf der Geradeausfahrspur und den zwei Linksabbiegerspuren sind jeweils 2\nMeter hinter der Haltelinie in Fahrtrichtung B 61 gesehen jeweils\nInduktionsschleifen in die Fahrbahn eingelassen. Auf der Geradeausspur\nbefindet sich 17,6 m hinter der ersten, auf der rechten Linksabbiegerspur 12,8\nm hinter der ersten, auf der linken Linksabbiegerspur 8,8 m hinter der ersten\njeweils eine zweite Induktionsschleife.\n\n8\n\nDie Ampelmasten befinden sich auf der rechten Straßenseite 4 Meter, auf der\nLinken 3,5 Meter von der Haltelinie entfernt. Die Gelbphase dauert fur alle\nFahrspuren 3 Sekunden.\n\n9\n\nDer Betroffene befuhr die Geradeausspur. Er passierte mit seinem Fahrzeug die\nerste Induktionsschleife, als die fur ihn geltende Lichtzeichenanlage 45,04\nSekunden Rotlicht zeigte. Die zweite Induktionsschleife uberfuhr er jedoch\nnicht mehr. Er kam vielmehr zu Stehen, als er die die Fußgangerfurt passiert,\naber die B 61 noch nicht erreicht hatte.\n\n10\n\nAn der LZA ist eine Rotlichtuberwachungsanlage vom Typ Traffiphot III der Fa.\nY eingebaut, die ausweislich der Eichbescheinigung des Eichamtes E vom\n22.06.02 am 21.06.02 geeicht worden ist. Das Ende der Eichgultigkeit wurde auf\nden 31.12.03 bestimmt.\n\n11\n\nAusweislich des Standortprotokolls arbeitete die Anlage zum Tatzeitpunkt\nstorungsfrei. Die im Fahrbahnbereich eingefrasten Induktionsschleifen befand\nsich in einem technisch einwandfreien Zustand. ..."\n\n12\n\nGegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen,\nderen Zulassung er beantragt. Er ist unter Hinweis auf die Entscheidungen des\nOLG Celle vom 08.07.1997 (ZfS 1997, 355) und des Bayerischen\nOberlandesgerichts abgedruckt in VRS 103, S. 107 der Auffassung, dass die\nNachprufung des Urteils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bzw.\nzur Fortbildung des Rechts geboten sei. Wahrend das OLG Celle in einer\nentsprechenden Fallkonstellation einen qualifizierten Rotlichtverstoß\nabgelehnt und statt dessen lediglich einen Verstoß gegen § 41 Abs. 3 Nr. 2\nStVO angenommen habe, stutze sich das angefochtene Urteil zu Unrecht auf die\ngenannte Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichts, bei dem in einer\nvergleichbaren Fallkonstellation ein qualifizierter Rotlichtverstoß\nverwirklicht gesehen worden sei. In der obergerichtlichen und\nhochstrichterlichen Rechtsprechung sei die gegebene Fallkonstellation nicht\nhinreichend geklart. Zu Gunsten des Betroffenen habe das Amtsgericht davon\nausgehen mussen, dass der Bereich der Fußgangerfurt nicht durch das fur den\nBetroffenen geltende Rotlicht geschutzt sei. Weil die Lichtzeichenanlage fur\ndie Fußgangerfurt wegen des Grunlichts fur die Linksabbieger Rotlicht gezeigt\nhabe, habe auch keine abstrakte Gefahrdung anderer bestanden. Dem Betroffenen\nsei mithin kein Rotlichtverstoß, sondern lediglich ein Verstoß gegen § 41 Abs.\n3 Nr. 2 StVO anzulasten.\n\n13\n\nDie Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der\nRechtsbeschwerde als unbegrundet zu verwerfen.\n\n14\n\nII.\n\n15\n\n1\\. (Entscheidung der Einzelrichterin R\'in OLG X gemaß § 80 a Abs. 2\n\n16\n\nNr. 2 OWiG)\n\n17\n\nDie Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil es gemaß § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG\ngeboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprufen. Der\nvorliegende Einzelfall gibt Veranlassung, die Frage des geschutzten\nVerkehrsbereichs vor einer mehrspurigen Straße, deren Verkehr durch\nunterschiedliche Lichtsignale verschiedener Lichtzeichenanlagen geregelt wird,\nnaher zu klaren. Diese Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich und fur\nandere Falle abstraktionsfahig sowie klarungsbedurftig, weil verschiedene\nRechtsauffassungen vertreten werden und gefestigte Leitsatze nicht bestehen.\n\n18\n\nAngesichts dessen erscheint es nicht sachgerecht, nur den Einzelrichter\nentscheiden zu lassen, sondern die Sache auch dem Senat in der Besetzung mit\ndrei Richtern zu ubertragen.\n\n19\n\n2.\n\n20\n\nDie zulassige Rechtsbeschwerde bleibt indes in der Sache ohne Erfolg, denn das\nAmtsgericht ist zu Recht vom Vorliegen eines Rotlichtverstoßes ausgegangen und\nnicht nur eines bloßen Verstoßes gemaß § 41 Abs. 3 Nr. 2 (Zeichen 294) StVO.\nDer Rotlichtverstoß war namlich bereits mit der Einfahrt in die hinter der\nHaltelinie liegende Fußgangerfurt vollendet. Die Fußgangerfurt gehort zu dem\ndurch die von dem Betroffenen mißachtete Lichtzeichenanlage geschutzten\nVerkehrsbereich. Die Fußgangerfurt ist nach Auffassung des Senates auch dann\ngeschutzt, wenn die dazu gehorige Fußgangerlichtzeichenanlage wegen der\nGrunphase der fur einen Teil der Fahrspuren (hier der Linksabbieger)\nvorhandenen Ampel Rotlicht aufweist. In den Fallen, in denen den sich\nkreuzenden Fahrbahnen - wie hier - eine Fußgangerfurt vorgelagert ist, gehort\nauch diese mit dem Fußgangeruberweg zum geschutzten Kreuzungsbereich. Nach\nAuffassung des Senates ist deshalb der Rotlichtverstoß bereits beim Einfahren\nin die Fußgangerfurt vollendet. Auf die Frage, ob die Fuß-\n\n21\n\nganger im Bereich der Fußgangerfurt zum Zeitpunkt des Einfahrens in diese\ndurch den Betroffenen ebenfalls Rotlicht hatten, kommt es deshalb nicht an.\nNach Auf-\n\n22\n\nfassung des Senates ist es geboten, den Bereich der Fußgangerfurt zu dem durch\ndas Rotlicht der Fahrspuren geschutzten Kreuzungsbereich zu bestimmen. Mit\nFußgangern, eventuell auch Radfahrern muss namlich an Fußgangeruberwegen auch\nnoch bei Rotlicht gerechnet werden, insbesondere wenn die Fußgangerfurt wie\nhier zu einer mehrspurigen Fahrbahn gehort. Da die Fußgangerlichtzeichen-\n\n23\n\nanlagen nur die Farbfolge grun-rot-grun hat (§ 37 Abs. 2 Nr. 5 StVO),\ngeschieht es haufig, dass Fußganger, die mehrere Fahrstreifen uberqueren\nmussen, wahrend des Querens der Fahrbahn vom Rotlicht uberrascht werden und\nihren Weg bei Rotlicht fortsetzen mussen. Dementsprechend bestimmt bereits §\n37 Abs. 2 Nr. 5 S. 3 StVO, dass in diesen Fallen die Fußganger ihren Weg zugig\n- trotz des nunmehr fur sie geltenden Rotlichts - fortzusetzen haben. Auch ist\ndas Betreten breiter Fahr-\n\n24\n\nbahnen den Fußgangern generell nicht nur zu Beginn der Grunphase der Fuß-\n\n25\n\ngangerlichtzeichenanlage erlaubt, sondern auch dann, wenn die Grunphase\nbereits einige Zeit fortgeschritten ist. Gemaß § 3 Abs. 2 a StVO haben\nFahrzeugfuhrer insbesondere gegenuber Kindern sowie gegenuber hilfsbedurftigen\nund alteren Menschen sich stets so zu verhalten, das eine Gefahrdung dieser\nVerkehrsteil-\n\n26\n\nnehmer ausgeschlossen ist; insgesamt ist die Teilnahme am Straßenverkehr vom\nstandigen Gebot gegenseitiger Rucksichtnahme und standiger Vorsicht unter An-\n\n27\n\nwendung des Vieraugenprinzips gepragt. Bei Zugrundelegung dieser Wertentschei-\n\n28\n\ndung des Verordnungsgebers, kann davon ausgegangen werden, dass die Fuß-\n\n29\n\ngangerfurt, die einer mehrspurigen Straße vorgelagert ist, generell zum\ngeschutzten Kreuzungsbereich der fur die Fahrspuren geltenden\nLichtzeichenanlagen gehort,\n\n30\n\nund zwar auch in den Fallen, in denen die Fußgangerlichtzeichenanlage Rotlicht\naufweist.\n\n31\n\nDie Frage, ob trotz des Rotlichtverstoßes eine abstrakte Gefahrdung des\nQuerverkehrs ausgeschlossen werden kann, ist vorliegend nicht relevant. Sie\nist von Bedeutung in den Fallen, in denen bei Annahme eines groben\nPflichtverstoßes im Sinne des § 25 Abs. 1 S. 1 StVG mit der Verhangung eines\nFahrverbotes gerechnet werden muss. Diese Frage stellt sich deshalb vorliegend\nnicht, weil das Amtsgericht aufgrund des nicht ausschließbaren\n"Mitzieheffektes" durch das Grunlicht der Rechtsabbiegerspur offenbar von der\nVerhangung eines Fahrverbotes abgesehen hat. Indes scheidet die Rotphase der\nFußgangerlichtzeichenanlage als ein zum Ausschluss einer abstrakten Gefahrdung\nanderer Verkehrsteilnehmer geeignetes Kriterium aus (vgl. bereits 3 Ss OWi\n15/97 OLG Hamm).\n\n32\n\nDer vom OLG Celle (ZfS 1997, 355) vertretenen Ansicht, dass ein Kraftfahrer\nnicht den von einer Lichtzeichenanlage geschutzten Bereich beruhre, wenn er in\nder Absicht, auf der dafur gesondert eingerichteten Fahrspur geradeaus zu\nfahren, bei fur diese Fahrspur geltendem Rotlicht erst auf der vor der\nEinmundung befindlichen Fußganger- bzw. Radfahrerfurt zum Stehen komme,\nsolange zwei benachbarte Linksabbiegerspuren Grunlicht hatten, vermag sich der\nSenat jedenfalls fur den hier zu entscheidenden Fall, in dem der\nFahrzeugfuhrer die Fußgangerfurt vollstandig durchfahren hat, aus dargetanen\nGrunden nicht anzuschließen. Die Annahme eines Rotlichtverstoßes setzt namlich\nnach einhelliger Ansicht der Oberlandesgerichte allein voraus, dass der\nBetroffene bei Rotlicht in den geschutzten Kreuzungsbereich einfahrt. Die\nAuffassung, dass das Rotlicht der Ampel nur den Querverkehr oder den\neinmundenden Verkehr schutze, der fur seine Fahrtrichtung freie Fahrt erhalten\nhabe und sich darauf verlassen durfe, dass aus der gesperrten Fahrtrichtung\nkeine Fahrzeuge in den geschutzten Kreuzungs- oder Einmundungsbereich\nhineinfahren, uberzeugt im Hinblick auf die Fußgangerfurt, auf der mit\nquerenden Nachzuglern zu rechnen ist, nicht. Vielmehr ist bei den durch\nMassenhandlungen im Straßenverkehr gefahrdeten Rechtsgutern davon auszugehen,\ndass es dem Gesetz und Verord-\n\n33\n\nnungsgeber ein Anliegen ist, die abstrakte Gefahrdung typisierend festzulegen\n(so auch Bayrisches Oberstes Landesgericht VRS 103, Seite 307) und deshalb bei\nKreuzungsampeln eine abstrakte Gefahrdung grundsatzlich zu unterstellen ist\nfur die dahinter liegende Fußgangerfurt unabhangig davon, ob die\nFußgangerlichtzeichen-\n\n34\n\nanlage Rotlicht aufweist oder nicht und ein Verkehrsteilnehmer sich hier zu\nRecht oder Unrecht aufhalt. Bei einem Rotlichtverstoß unter Verletzung des\nSchutzbereichs solcher Fußgangerfurten kann mithin eine abstrakte Gefahrdung\nanderer Verkehrsteilnehmer durch den Betroffenen auch bei Rotlicht der\nFußgangerlichtzeichenanlage jedenfalls in der Regel nicht ausgeschlossen\nwerden. Auch im vorliegenden Fall ist keine andere Beurteilung gerechtfertigt.\n\n35\n\nDa das amtsgerichtliche Urteil auch zum Rechtsfolgenausspruch keine\nRechtsfehler aufweist, war die Rechtsbeschwerde mit der sich aus §§ 46 OWiG,\n473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unbegrundet zu verwerfen.\n\n
292,290
ovgnrw-2003-06-10-8-b-78803
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
8 B 788/03
2003-06-10
2019-03-12 09:46:30
2020-12-10 12:50:42
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2003:0610.8B788.03.00
## Tenor\n\nDie Beschwerde wird zuruckgewiesen.\n\nDer Antragsteller tragt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDie zulassige Beschwerde ist nicht begrundet. Das Verwaltungsgericht hat im\nErgebnis zu Recht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des\nWiderspruchs des Antragstellers gegen die Ordnungsverfugung des Antragsgegners\nvom 8. November 2002 sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des\nWiderspruchs des Antragstellers gegen den Festsetzungsbescheid des\nAntragsgegners vom 3. Dezember 2002 abgelehnt.\n\n3\n\nOb die angegriffene Ordnungsverfugung, mit der der Antragsgegner dem\nAntragsteller aufgegeben hat, "den in den Rothebach mundenden Auslauf der auf\ndem Grundstuck in der Gemarkung Q. , Flur 19, Flurstuck 94 neu verlegten\nDrainagen dauerhaft zu verschließen, um damit eine Entwasserung des Flurstucks\nzu unterbinden", rechtmaßig ist, kann bei der im vorlaufigen\nRechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prufung nicht abschließend\nentschieden werden. Zwar mogen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts im\nAnsatz zutreffend sein; jedoch mussen einzelne entscheidungserhebliche Punkte\nwegen ihrer Komplexitat der Prufung in einem Hauptsacheverfahren vorbehalten\nbleiben.\n\n4\n\nSo wird im Einzelnen untersucht und ggf. weiter aufgeklart werden mussen, ob\ndie Sanierung der Drainage durch den Fachbetrieb K. L. , wie sie sich nach der\nOrtsbesichtigung des Antragsgegners und den Angaben des Antragstellers und des\nUnternehmers darstellt, uberhaupt als "Ersatz von Drainen" unter die\nBestandsschutzregelung der Ziff. 2.1 Abs. 2 lit. r 2. Spiegelstrich des\nLandschaftsplanes Q. -C. -M. ring fallt. Dies konnte dann ausgeschlossen sein,\nwenn es sich hier in ihrer Gesamtheit um eine - fach- und systemgerecht in\nAnlehnung an die DIN 1185 erfolgte - vollstandig neue Drainierung der Flache\nhandelt. Dass es sich so oder ahnlich verhalt, scheint deshalb nahezuliegen,\nweil eine zumindest teilweise Einbeziehung der alten Rohre, fur die keine\nDrainageplane existieren sollen, unter diesen Umstanden im Agrarbereich\nunublich ist und sich zudem als technisch schwierig gestaltet hatte.\n\n5\n\nGeht man von der Auffassung des Verwaltungsgerichts aus, die Einschrankung in\nZiff. 2.1 Abs. 2 lit. r 2. Spiegelstrich des Landschaftsplanes "durch solche\ngleicher Leistungsfahigkeit" sei dahin zu verstehen, dass der bei\nInkrafttreten des Landschaftsplanes am 23. Dezember 1999 vorgefundene\nEntwasserungszustand gewahrleistet werden soll, stellt sich in einem\nHauptsacheverfahren ferner die Frage, ob die nunmehr installierte Drainage das\nGrundstuck nicht deutlich starker entwassert. Das Verwaltungsgericht und der\nAntragsgegner haben nachvollziehbar aufgezeigt, dass gerade dies der eigenen\nEinlassung des Antragstellers zu einer in den letzten Jahren spurbar\nschlechter werdenden Leistung der alten Drainage entsprechen wurde. Denkbar\nist aber auch, die zitierte Passage des Landschaftsplans dahin zu verstehen,\ndass eine bei Inkrafttreten des Landschaftsplans noch existierende und (wenn\nauch eingeschrankt) funktionsfahige Drainage durch eine - ihrer Art und Gute\nnach - vergleichbar leistungsfahige Drainage ersetzt werden darf.\n\n6\n\nUnbeschadet der Erfolgsaussichten des vom Antragsteller eingelegten\nWiderspruchs geht die gebotene Interessenabwagung zu seinen Lasten aus. Das\noffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen\nSchließungsverfugung uberwiegt das private Interesse des Antragstellers, vom\nVollzug dieser Verfugung vorerst verschont zu bleiben. Bei einem Verschluss\ndes Auslaufs durfte noch fur geraume Zeit eine problemlose Bewirtschaftung der\nMahwiese moglich sein, nachdem die Flache bereits ein halbes Jahr lang uber\ndie leistungsfahige, neu installierte Drainage entwassert worden ist. Auch mit\neiner einsetzenden Verschlechterung wurde eine Bewirtschaftung nicht\nunmoglich, sondern es trate zunachst die Situation ein, die der Antragsteller\nauf S. 4 seiner Beschwerdeschrift selbst dargestellt hat, dass namlich langere\nTrockenperioden abgewartet werden mussen, damit die Flache mit dem Traktor\nbefahren werden kann. Schließlich ist es ohne großeren Aufwand moglich, den\nVerschluss des Drainageauslaufs nicht nur bei einem endgultigen Erfolg im\nRechtsbehelf- bzw. Rechtsmittelverfahren wieder zu offnen; vielmehr konnte\neine Öffnung in Absprache mit dem Antragsgegner fur einen vorubergehenden\nZeitraum auch noch wahrend des schwebenden Hauptsacheverfahrens erfolgen, wenn\ndie Witterungsumstande anderenfalls die - auch aus Natur- und\nLandschaftsschutzgrunden weiterhin gewunschte - Weiterbewirtschaftung nicht\nmehr zuließen. Selbst im - hier allerdings nicht anzunehmenden - Falle eines\nvolligen Ernteausfalles wurde sich auch nach den hoch gegriffenen Berechnungen\ndes Antragstellers der jahrliche Verlust auf nicht mehr als 300,- EUR pro Jahr\nabzuglich einer in Aussicht gestellten Entschadigung von 60,- EUR belaufen.\nDen danach insgesamt uberschaubaren moglichen Nachteilen des Klagers bei einem\nVerschluss des in den Rothebach mundenden Drainageauslaufes steht auf Seiten\ndes Natur- und Landschaftsschutzes bei fortlaufender Entwasserung ein so\nweitgehendes Trockenfallen des Gelandes gegenuber, dass die dort angesiedelte\nschutzenswerte Pflanzengesellschaft einzugehen droht. Dies wurde einen nicht\nohne weiteres wieder gutzumachenden Schaden fur die Allgemeinheit bedeuten,\nder einen deutlich hoheren Stellenwert besitzt als allenfalls geringfugige\nEinbußen des Antragstellers.\n\n7\n\nDer Bescheid vom 3. Dezember 2002, mit dem der Antragsgegner ein im Bescheid\nvom 8. November 2002 rechtmaßig angedrohtes Zwangsgeld in Hohe von 500,- EUR\nfestgesetzt und gleichzeitig ein weiteres Zwangsgeld in Hohe von 1.000,- EUR\nangedroht hat, ist offensichtlich rechtmaßig, so dass die Interessenabwagung\nschon deshalb zu Recht zu Lasten des Antragstellers ausgefallen ist. Zur\nVermeidung unnotiger Wiederholungen verweist der Senat insoweit gemaß § 122\nAbs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Ausfuhrungen der angefochtenen\nEntscheidung.\n\n8\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.\n\n9\n\nBei der Streitwertfestsetzung gemaß §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3 GKG hat der\nSenat das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers daran, dass die\nDrainageleitung nicht verschlossen wird, mit 250,- EUR zzgl. 50% des\nangedrohten Zwangsgeldes (= 250,- EUR) bewertet. Aus dem Bescheid vom 3.\nDezember 2002 sind das festgesetzte Zwangsgeld in Hohe von 500,- EUR und 50%\ndes angedrohten weiteren Zwangsgeldes (= 500,- EUR) in Ansatz genommen worden.\n\n10\n\nDieser Beschluss ist gemaß § 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG\nunanfechtbar.\n\n11\n\n
292,303
lg-duisburg-2003-06-06-1-o-11703
807
Landgericht Duisburg
lg-duisburg
Duisburg
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Landgericht
1 O 117/03
2003-06-06
2019-03-12 09:46:50
2020-12-10 12:50:44
Urteil
ECLI:DE:LGDU:2003:0606.1O117.03.00
## Tenor\n\nDie Beklagte wird verurteilt, an den Klager 33.871,80 € nebst Zinsen in Hohe\nvon 5 Prozentpunkten uber dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2002 Zug um Zug\ngegen Ruckgabe des PKW Audi A6 Avant 2.4 mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX\nxxxx und der Fahrgestellnummer X zu zahlen.\n\nEs wird festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Rucknahme des PKW in\nAnnahmeverzug befindet.\n\nDie Kosten des Rechtsstreits tragt die Beklagte.\n\nDas Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 120 % der beizutreibenden\nBetrage vorlaufig vollstreckbar.\n\nDie Sicherheit kann durch die selbstschuldnerische Burgschaft einer Großbank\noder Sparkasse mit Sitz in der Europaischen Union erbracht werden.\n\n \n1\n\n _T A T B E S T A N D_\n\n2\n\nDie Parteien streiten um die Berechtigung des Klagers zur Wandlung eines\nzwischen ihnen im Jahr 2000 abgeschlossenen Kaufvertrages uber einen neuen\nAudi A6 Avant wegen angeblich zu hohen Kraftstoffverbrauchs.\n\n3\n\nDer Klager bestellte im August 2000 bei der Beklagten das in deren\nGeschaftsraumen zur Ansicht ausgestellte Neufahrzeug. Auf Nachfragen zu\ntechnischen Details wurden dem Klager unter anderem diverse Prospekte\nvorgelegt. Insbesondere wurde er hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs auf den\nvom Hersteller des PKW stammenden Prospekt "A6 Details" verwiesen. Hierin war\nder nach den maßgeblichen EG-Vorschriften ermittelte Verbrauch mit\ndurchschnittlich 9,7-9,8 l/100 km angegeben (vgl. zu den Einzelwerten fur\nstadtische und außerstadtische Fahrten die Kopie des Prospektes, Bl. 11 der\nAkte). Bei der Auslieferung des Fahrzeugs wurde dem Klager ein Serviceheft\nubergeben, aus dem ein Durchschnittsverbrauch von 10,8 l/100 km hervorging\n(vgl. die Kopie der maßgeblichen Seite im Serviceheft, Bl. 12 der Akte). Ein\nSchild mit demselben Verbrauchswert war auch an einer Stelle im Kofferraum des\nWagens unterhalb des Ersatzreifens angebracht.\n\n4\n\nDer Klager wandte sich im November desselben Jahres an die Beklagte und\nverlangte Abhilfe hinsichtlich der von ihm als zu hoch empfundenen\nVerbrauchswerte, die ihm nach einer gemeinsamen Probefahrt allerdings mit der\nBegrundung verweigert wurde, der Verbrauch liege im Normbereich. Nachdem ein\nweiterer Verbrauchstest bei einer Volkswagenniederlassung in Krefeld zu keiner\nKlarung der Angelegenheit fuhrte, beantragte der Klager am 24.08.2001 im\nselbstandigen Beweisverfahren die Einholung eines Sachverstandigengutachtens\nzur Frage des Verbrauchs des PKW. Insoweit wird auf die beigezogene Akte des\nunter dem Aktenzeichen 10 OH 33/02 beim Landgericht Duisburg gefuhrten\nBeweissicherungsverfahrens verwiesen, bei dem eine Verbrauchsuberschreitung\nvon 10,2 % gegenuber den Werten der Verkaufsbroschure festgestellt wurde.\n\n5\n\nMit Schreiben vom 2.10.2002 erklarte der Klager die Wandlung des Kaufvertrages\nund setzte der Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 16.10.2002.\n\n6\n\nDer Klager tragt vor, die Beklagte habe ihm die in der Broschure "A6 Details"\ngenannten Verbrauchswerte zugesichert. Jedenfalls sei aber von einem\nSachmangel auszugehen, da die Angaben im Prospekt Vertragsgrundlage geworden\nseien und eine Überschreitung des vereinbarten Kraftstoffverbrauchs um 10 %\nbei Neuwagen einen Sachmangel begrunde.\n\n7\n\nDer Klager beantragt,\n\n8\n\ndie Beklagte zu verurteilen, an ihn 33.871,80 Euro nebst 5 % Zinsen uber dem\nBasiszinssatz seit dem 17.10.2002 Zug um Zug gegen Ruckgabe des PKW Audi A6\nAvant 2.4 mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX xxxx und der Fahrgestellnummer X\nzu zahlen sowie festzustellen, daß sich die Beklagte in Annahmeverzug\nbefindet.\n\n9\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n10\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n11\n\nSie behauptet, eine Zusicherung des Verbrauchs sei zu keinem Zeitpunkt\nerfolgt. Außerdem komme es fur die Frage nach der vereinbarten Soll-\nBeschaffenheit des PKW nicht auf die Daten in dem Verkaufsprospekt, sondern\nallein auf die hoheren Werte im Serviceheft an, da nur diese zum\nVertragsinhalt geworden seien. Im ubrigen sei ein etwaiger Mehrverbrauch auf\ndie vom Klager unstreitig vorgenommene Ausstattung des Wagens mit einem von\nder Serienbereifung abweichenden Reifensatz zuruckzufuhren. Fur einen\nSachmangel sei daruberhinaus eine Überschreitung von 10 % nicht ausreichend.\nSchließlich ist die Beklagte der Auffassung, fur die vom Klager vorgenommene\nAnrechnung der zwischenzeitlich gezogenen Gebrauchsvorteile aus der Nutzung\ndes PKW sei statt eines Werts von 9.252,53 DM=4.730,74 € ein Betrag in Hohe\nvon 12.398,38 DM=6.339,19 € anzusetzen.\n\n12\n\n _E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E_\n\n13\n\nDie Klage ist begrundet. Der Klager kann von der Beklagten die Zahlung des\ngeltend gemachten Betrages nebst Zinsen Zug um Zug gegen Ruckgabe des PKW\nverlangen.\n\n14\n\na) Dem Klager steht zunachst ein Anspruch auf Ruckzahlung des Kaufpreises in\nHohe von 75.500,- DM = 38.602,54 € aus §§ 346 Abs. 1, 467 S. 1, 465, 462, 459\nAbs. 1, 433 a.F. BGB zu.\n\n15\n\naa) Auf das Rechtsverhaltnis der Parteien ist das BGB in der Fassung\nanzuwenden, die es am 1.1.2002 besaß. Dies ergibt sich aus Art. 229 § 5 S. 1\nEGBGB. Im folgenden wird auf eine besondere Kenntlichmachung dieses Umstandes\nbei der Zitierung von Normen des BGB verzichtet.\n\n16\n\nbb) Entgegen der Ansicht der Beklagten war diese nicht berechtigt, ihr\nEinverstandnis mit der vom Klager im Schreiben vom 2.10.2002 erklarten\nWandlung zu verweigern. Denn der verkaufte Audi A6 Avant weist einen Mangel im\nSinne der gewahrleistungsrechtlichen Vorschriften auf. Dabei kann dahinstehen,\nob die Beklagte dem Klager eine bestimmte Hohe des Kraftstoffverbrauchs als\nEigenschaft im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB zugesichert hat. Es liegt ein Fehler\nder Kaufsache gemaß § 459 Abs. 1 BGB vor.\n\n17\n\naaa) Die vom Sachverstandigen N im vorangehenden selbstandigen Beweisverfahren\nfestgestellten Ist-Verbrauchswerte des Audi A6 Avant von durchschnittlich 10,8\nl/100 km weichen von der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit der\nKaufsache ab.\n\n18\n\nVertragsinhalt war namlich ein Verbrauch von durchschnittlich 9,7-9,8 l/100\nkm, wie er in dem Prospekt "A6 Details" angegeben ist und nicht etwa der\nhohere Wert aus dem bei der Übergabe des Wagens an den Klager ausgehandigten\nServiceheft.\n\n19\n\nDas ergibt sich aus einer Auslegung der wechselseitigen Willenserklarungen der\nParteien beim Vertragsschluß.\n\n20\n\nBei der Auslegung empfangsbedurftiger Willenserklarungen ist gemaß §§ 133, 157\nBGB auf den objektiven Empfangerhorizont abzustellen und jeweils zu prufen,\nwie ein objektiver Dritter in der Rolle des Erklarungsempfangers die Erklarung\nnach Treu und Glauben unter Berucksichtigung der Verkehrssitte redlicherweise\nverstehen durfte. Maßgebliche Bedeutung kommt hierbei neben dem Wortlaut einer\nErklarung den Umstanden zu, unter denen sie abgegeben wurde. So ist\ninsbesondere ein Verkaufsprospekt, der bei den Vertragsverhandlungen von\nbeiden Seiten zugrundegelegt wird, bei der Auslegung der entsprechenden\nWillenserklarungen zu berucksichtigen (BGH, Urt. v. 12.2.1981, NJW 1981, 2295\nf.). Vorliegend hat die Beklagte dem Klager durch ihre Mitarbeiter unstreitig\nauf entsprechende Nachfrage den Verkaufsprospekt der Herstellerfirma des PKW\nvorgelegt, sodaß die darin verzeichneten Verbrauchswerte bei der Auslegung des\nAntrags auf Abschluß eines Kaufvertrages, der in der Unterzeichnung der\nverbindlichen Bestellung durch den Klager am 22.08.2000 zu erblicken ist, zu\nberucksichtigen waren. Aus der Sicht eines objektiven Dritten in der Rolle des\nErklarungsempfangers war das Angebot des Klagers auf den ausgestellten Audi A6\nAvant mit einem Sollverbrauchswert in der aus der Verkaufsbroschure\nhervorgehenden Hohe gerichtet. Aus der im Kofferraum des PKW angebrachten\nVerbrauchsplakette ergibt sich nichts anderes. Denn diese war derart versteckt\nunter dem Reserverad angebracht, daß der Klager selbst bei eingehender\nBesichtigung des Wagens diese gar nicht wahrnehmen konnte.\n\n21\n\nDie Annahmeerklarung der Beklagten war gleichfalls auf die entsprechende\nVerbrauchshohe gerichtet. Sie hat widerspruchslos die Bestellung\nentgegengenommen und ausgefuhrt und damit ihre Annahme bekundet, ohne, was ihr\nohne weiteres moglich gewesen ware, den Klager darauf hinzuweisen, daß sie die\nVerbrauchswerte in dem Serviceheft fur maßgeblich hielt. Ein objektiver\nDritter in der Rolle des Klagers als Empfanger der Annahmeerklarung durfte\ndeshalb davon ausgehen, daß ein Vertrag mit dem Inhalt des Angebots zustande\nkommen sollte. Daran andert auch die spatere Übergabe des Servicehefts nichts.\nSie kann fur die Auslegung der Vertragserklarungen uberhaupt nicht\nherangezogen werden, weil zu diesem Zeitpunkt der Vertrag mit den niedrigeren\nSoll-Verbrauchswerten bereits geschlossen war.\n\n22\n\nbbb) Der festgestellte Mehrverbrauch beruht auch eindeutig auf den\nEigenschaften des Audi A6 Avant und nicht auf der vom Klager angebrachten\nbesonderen Bereifung. Die vom Sachverstandigen durchgefuhrten Verbrauchstests\nwurden namlich mit der zwischenzeitlich vom Klager besorgten Serienbereifung\ndurchgefuhrt.\n\n23\n\nccc) Die Überschreitung der vertraglich vereinbarten Verbrauchswerte stellt\nauch keine lediglich unerhebliche Wertminderung im Sinne des § 459 Abs. 1 S. 2\nBGB dar.\n\n24\n\n(1) Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, daß zum Zeitpunkt des\nKaufs eine Regelung in ihren Allgemeinen Geschaftsbedingungen galt, die Punkt\nIV. 5. der von ihr vorgelegten AGB aus dem Jahre 2001 entspricht, und\nfestlegte, daß bei Vertragsabschluß gultige Beschreibungen nur als annahernd\nzu betrachten sind, so muß gleichwohl von einer durchschnittlichen\nÜberschreitung des Sollverbrauchs von jedenfalls mehr als 10 % ausgegangen\nwerden. Der Sachverstandige N hat Werte von 10,2 % fur den\nDurchschnittsverbrauch und 6,9 % fur den außerstadtischen bzw. 11,8 % fur den\nstadtischen Verkehr gegenuber den Angaben des Verkaufsprospekts festgestellt.\nIn diesem Prospekt "A6 Details" ist fur den Verbrauch aber mit der Angabe von\n9,7 - 9,8 l/100 km bereits eine Schwankungsbreite von einem Zehntel Liter\naufgefuhrt. Innerhalb dieser Schwankungsbreite sind die Werte auch nach der\nAGB-Klausel verbindlich. Wollte man der genannten Klausel demgegenuber den\nSinn beimessen, daß uber die im Prospekt angegebene hinaus eine weitere\nSchwankungsbreite vom Kaufer hinzunehmen sei, ware die Klausel wegen einer\nunzumutbaren Benachteiligung des Kaufers gemaß § 9 Abs. 1 AGBG a.F. von\nvornherein unwirksam.\n\n25\n\n(2) Der Bundesgerichtshof hat unter Auswertung der untergerichtlichen\nRechtsprechung in 2 Grundsatzentscheidungen aus den Jahren 1996 und 1997 (BGH,\nUrt. v. 14.2.1996, NJW 1996, 1337 ff.; Urt. v. 18.6.1997, NJW 1997, 2590 ff.)\nentschieden, daß bei Neuwagen eine Abweichung im Kraftstoffverbrauch von\nweniger als 10 % noch als unerheblich angesehen werden kann. Im Gegenschluß\nlaßt sich dieser Rechtsprechung entnehmen, daß eine - wenn auch geringe -\nÜberschreitung der 10 %-Grenze einen erheblichen Fehler darstellt. Dem ist\nentgegen den vorgebrachten Bedenken der Beklagten, die mit einigen fruheren\nuntergerichtlichen Entscheidungen (LG Aachen, NJW-RR 1989, 1462; LG\nBraunschweig, DAR 1989, 424; LG Aachen, Urt. v. 26.6.1991, MDR 1992, 231 f.)\nvon einem Grenzwert von 20 % ausgeht, sowohl im Ergebnis als auch in der\nBegrundung zu folgen. Abgesehen davon, daß die von der Beklagten zitierten\nEntscheidungen es an keiner Stelle ausschließen, daß auch eine Abweichung von\nknapp uber 10 % erheblich sein kann, hat die Grenzziehung des BGH den Vorteil\nder Praktikabilitat und berucksichtigt das gestiegene Umweltbewußtsein\nheutiger Autokaufer, ohne allzu kleinlichen Gewahrleistungswunschen Vorschub\nzu leisten.\n\n26\n\nDie Tatsache, daß im außerstadtischen Verkehr vorliegend nur eine Abweichung\nvon 6,9 % festgestellt wurde, spielt demgegenuber keine Rolle. Nach der\nzutreffenden Auffassung des BGH ist namlich stets auf den nach den\nmaßgeblichen Rechtsvorschriften der DIN bzw. den einschlagigen EG-Regelungen\nermittelten Durchschnittsverbrauch abzustellen, der hier eine Überschreitung\nvon 10,2 % gegenuber den vertraglich vereinbarten Soll-Verbrauchswerten\naufwies.\n\n27\n\nb) Gegen diesen Zahlungsanspruch besteht allerdings ein aufrechenbarer\nGegenanspruch der Beklagten auf Erstattung der Gebrauchsvorteile, die der\nKlager durch die Benutzung des Audi A6 Avant seit dem Kauf gezogen hat. Dieser\nAnspruch folgt vor der Kenntnis der Wandlungsvoraussetzungen aus einer\nentsprechenden Anwendung des § 327 S. 2 BGB, danach aus §§ 467 S. 1, 347 S. 2,\n987 Abs. 1 BGB und ist dem Grunde nach zwischen den Parteien auch unstreitig.\nEiner Klarung bedurfte allein die Frage, mit welchem Betrag die ebenfalls\nunstreitige Laufleistung von ca. 25.000 km im Rahmen der richterlichen\nSchatzung gemaß § 287 Abs. 2 ZPO zu bewerten ist. Das Gericht folgt hier dem\nAnsatz des Klagers mit einem Betrag von 4.730,74 €.\n\n28\n\nDen korrekten Ansatzpunkt fur eine angemessene Erfassung des infolge der\nBenutzung eintretenden Wertverlusts bietet eine anteilige lineare Abschreibung\ndes Fahrzeugwerts im Verhaltnis zu der zu erwartenden Gesamtlaufleistung des\nFahrzeugs (vgl. zu dieser Formel OLG Hamm, Urt. v. 17.12.1997, NJW 1997, 2121\nf.; OLG Koln, Urt. v. 20.5.1987, NJW 1987, 2520). Insofern laßt sich der\nGebrauchsvorteil nach der Formel:\n\n29\n\nKaufpreis x Laufleistung in Kilometer\n\n30\n\nGebrauchsvorteil = ---------------------------------------------------\n\n31\n\nErwartete Gesamtlaufleistung in Kilometer\n\n32\n\nberechnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten und der von ihr herangezogenen\nRechtsprechung (OLG Hamm, Urt. v. 29.6.1993, NJW-RR 1994, 375; OLG Hamm, Urt.\nv. 10.12.1987, NJW-RR 1988, 1140; OLG Koln, Urt. v. 20.5.1987, NJW 1987, 2520)\nist fur die zu erwartende Gesamtlaufleistung allerdings nicht der Standardwert\nvon 150.000 km, der bei der von der Beklagten angestellten Berechnung einem\nMultiplikator von 0,67 % entspricht, sondern ein Wert von jedenfalls 200.000\nkm anzusetzen. Denn bei dem Audi A6 Avant handelt es sich schon ausweislich\ndes Kaufpreises von mehr als 75.000,- DM um ein Fahrzeug der gehobenen\nMittelklasse, fur das eine durchschnittliche Gesamtlaufleistung von lediglich\n150.000 km nicht realistisch erscheint. Es ist angesichts der hohen\nFertigungsqualitat solcher Fahrzeuge vielmehr gerechtfertigt, von einer\nerhohten Gesamtlaufleistung auszugehen, die der Klager mit 200.000 km\nzutreffend beziffert hat (vgl. auch BGH, Urt. v. 14.2.1996, NJW 1996, 1337\nff., wo hinsichtlich eines Volvo 945 Automatik eine Gesamtlaufleistung von\n200.000 km angenommen wurde sowie LG Dortmund, Urt. v. 8.12.2000, NJW 2001,\n3196, wonach bei einem fabrikneuen BMW 530 Touring eine Gesamtfahrleistung von\nsogar 250.000 km anzusetzen ist).\n\n33\n\nDen Gegenanspruch hat der Klager bereits von sich aus bei Einreichung der\nKlage berucksichtigt, so daß es auf eine Aufrechnungserklarung der Beklagten\ninsoweit nicht ankommt und auch eine Reduzierung der Klageforderung um diesen\nBetrag ausscheidet.\n\n34\n\nc) Auf den danach zugesprochenen Betrag kann der Klager gemaß §§ 286 Abs. 1,\n284 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB die Zahlung von Zinsen in Hohe von 5 % uber\ndem Basiszinssatz seit dem 17.10.2002 verlangen. In dem Schreiben vom\n2.10.2002 war neben einer Wandlungserklarung auch eine wirksame Mahnung\nenthalten. In Fallen wie dem vorliegenden, in denen der Anspruch von einer\nGegenleistung abhangt, setzt eine wirksame Mahnung neben einer ernsthaften\nZahlungsaufforderung voraus, daß die Gegenleistung in einer den Annahmeverzug\nbegrundenden Weise angeboten wird. Diese Anforderungen hat der Klager\neingehalten. Neben der Fristsetzung zur Zahlung bis zum 16.10.2002 enthalt das\nSchreiben namlich die Aussage, das Fahrzeug stehe nach Eingang der Zahlung zur\nVerfugung der Beklagten. Dies war als wortliches Angebot zur Begrundung des\nAnnahmeverzugs ausreichend, da es eines tatsachlichen Angebots im Sinne von §\n294 BGB nicht bedurfte, nachdem die Parteien ausweislich der Rechnung vom\n24.08.2000 (Bl. 8 der Akte) die Überfuhrung des Audi A6 Avant zum Klager und\ndamit ursprunglich eine Bringschuld vereinbart hatten, die sich bei der\nRuckabwicklung in eine Holschuld der Beklagten im Sinne von § 295 S. 1 2. Alt.\nBGB umwandelt.\n\n35\n\nd) Da sich bei der durchzufuhrenden Ruckabwicklung des Kaufvertrages gemaß §§\n467 S. 1, 346 S. 1 BGB einerseits der um die angerechneten Gebrauchsvorteile\nverminderte Anspruch auf Ruckzahlung des Kaupreises und andererseits der\nAnspruch auf Ruckgabe und Ruckubereignung des PKW gegenuberstehen, war gemaß §\n348 S. 1 BGB die Verurteilung nur Zug um Zug auszusprechen.\n\n36\n\nDie Beklagte befindet sich schließlich seit dem 17.10.2002 auch im\nAnnahmeverzug mit der ihr obliegenden Entgegennahme des PKW. Der Klager hat\nihr, wie schon oben naher dargelegt, im Schreiben vom 2.10.2002 in einer der\nVorschrift des § 295 BGB genugenden Weise die Moglichkeit zur Abholung des PKW\neingeraumt.\n\n37\n\nDie Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.\n\n
292,351
ovgnrw-2003-06-05-15-a-173803
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
15 A 1738/03
2003-06-05
2019-03-12 09:48:06
2020-12-10 12:50:52
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2003:0605.15A1738.03.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDie Klager tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.\n\nDer Streitwert fur das Zulassungsverfahren wird auf 86.919,62 EUR festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgrunde\nnicht vorliegen.\n\n3\n\nDer geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit\ndes Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) liegt\nnicht vor, weil es nicht uberwiegend wahrscheinlich ist, dass der Klage aus\nden im Zulassungsverfahren vorgebrachten Grunden in einem durchzufuhrenden\nBerufungsverfahren stattzugeben ware.\n\n4\n\nZu Unrecht meinen die Klager, das Verwaltungsgericht habe die Anschlusspflicht\nbejaht, obwohl das satzungsrechtlich dafur erforderliche Merkmal, dass die\noffentliche Abwasserleitung „in unmittelbarer Nahe des Grundstucks oder auf\ndem Grundstuck verlaufen" musse (§ 4 Abs. 1 Satz 2 der Entwasserungssatzung\nder Stadt C. -H. bach vom 27. Juni 1996 - EWS -), nicht vorliege. § 4 Abs. 1\nSatz 1 bis 3 EWS regelt zum Anschlussrecht: „Das Anschlussrecht erstreckt sich\nnur auf solche Grundstucke, die an eine betriebsfertige und aufnahmefahige\noffentliche Abwasserleitung angeschlossen werden konnen. Dazu muss die\noffentliche Abwasserleitung in unmittelbarer Nahe des Grundstucks oder auf dem\nGrundstuck verlaufen. Dies ist insbesondere der Fall bei Grundstucken, die\ndirekt an einer Straße anliegen oder wenn der Anschlussberechtigte einen\neigenen, dinglich oder durch Baulast gesicherten Zugang zu seinem Grundstuck\nhat." Nach § 6 Abs. 1 EWS ist jeder Anschlussberechtigte verpflichtet, sein\nGrundstuck an die offentliche Abwasseranlage anzuschließen, sobald Abwasser\nauf dem Grundstuck anfallt (Anschlusszwang).\n\n5\n\nDas Merkmal, dass die offentliche Abwasserleitung in unmittelbarer Nahe des\nGrundstucks verlauft, ist nicht deshalb zu verneinen, weil von den drei\nGebauden, in denen Abwasser anfallt, bis zur I. Straße, in der der offentliche\nKanal liegt, eine 120 m lange private asphaltierte Zufahrt fuhrt. Das\nVerwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht ausgefuhrt, dass das\nMerkmal jedenfalls wegen der Sonderregelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 EWS zu\nbejahen sei, wonach die offentliche Abwasserleitung insbesondere dann in\nunmittelbarer Nahe des Grundstucks verlauft, wenn der Anschlussberechtigte\neinen eigenen Zugang zu seinem Grundstuck hat. Wenn man namlich als Grundstuck\nim Sinne der Satzung nicht das gesamte 72.501 m² große Flurstuck 1084, das\nunmittelbar an die I. Straße grenzt, ansieht, sondern, wie es auch § 2 Abs. 2\nEWS vorsieht, die wirtschaftliche Einheit und damit entsprechend der erfolgten\nVeranlagung nur den bebauten Teil des Flurstucks, dann dient gerade die\nZugangsregelung des § 4 Abs. 1 Satz 3 EWS dazu, raumlich von der\nAbwasserleitung entfernte Grundstucke in das Anschlussrecht einzubeziehen. Die\nin § 4 Abs. 1 Satz 2 EWS genannte unmittelbare Nahe soll sich in diesem Falle\nnicht nach der Entfernung zum anzuschließenden Grundstuck, sondern zu dem\nZugang bemessen. Das von den Klagern genannte, vermeintlich einer solchen\nAuslegung der Satzungsbestimmung entgegenstehende Beispiel einer mehrere\nKilometer langen Zuwegung spricht nicht fur eine Auslegung der Vorschrift, die\neinen Zugang i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 3 EWS auf bestimmte Hochstlangen\nbeschrankt. Denn dem Gesichtspunkt, dass ein Anschlusszwang rechtswidrig sein\nkann, weil er Unverhaltnismaßiges verlangt,\n\n6\n\nvgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Oktober 1997 \\- 22 A 5669/96 -, S. 4 des amtl.\nUmdrucks; Urteil vom 18. Juni 1997 - 22 A 1406/99 -, NWVBl. 1998, 154 (156) =\nStuGR 1997, 284 (285); Beschluss vom 12\\. Februar 1996 - 22 A 4244/95 -,\nNWVBl. 1996, 434 (435),\n\n7\n\nwird dadurch Rechnung getragen, dass dann von der Ausubung des Anschlusszwangs\nabgesehen werden muss. Demgegenuber wurde der Ausschluss solcher Grundstucke\naus dem Kreis der Anschlussberechtigten dazu fuhren, dass die Betroffenen,\nselbst wenn sie den Anschluss uber ihre Zuwegung errichten mochten, keinen\nAnspruch auf Zulassung des Anschlusses hatten, obwohl sachliche, in Betrieb\nund Funktion der Entwasserungsanlage wurzelnde Grunde dafur nicht vorlagen.\n\n8\n\nErnstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen auch nicht im\nHinblick auf die Abweisung des hilfsweise geltend gemachten\nBefreiungsanspruchs. Das Verwaltungsgericht hat unter Anknupfung an die\nRechtsprechung des beschließenden Gerichts, wonach selbst Anschlusskosten von\netwa 25.000,-- EUR bei einem Wohnhaus noch nicht unzumutbar sind und damit\nkeinen Verzicht auf die Anordnung des Anschlusszwangs erfordern,\n\n9\n\nvgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 1997 - 22 A 1406/96 -, StuGR 1997, 284\n(285),\n\n10\n\nden Anspruch abgewiesen.\n\n11\n\nAn dieser Rechtsprechung ist auch im Hinblick auf den Vortrag der Klager, es\nstunden zwischenzeitlich leistungsfahige Kleinklaranlagen zur Verfugung, deren\nReinigungsleistung der offentlicher Abwasserbeseitigungsanlagen in nichts\nnachstunden, festzuhalten. Denn die Klager gehen zu Unrecht davon aus, es\nkomme fur den im Interesse der Volksgesundheit angeordneten Anschlusszwang (§\n9 der Gemeindeordnung fur das Land Nordrhein-Westfalen) alleine auf den\nReinigungsgrad privater Kleinklaranlagen gegenuber einer offentlichen\nAbwasserbeseitigungsanlage an. Vielmehr stellt - im Gegensatz zur Beseitigung\ndes Niederschlagswassers -,\n\n12\n\nvgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2003 - 15 A 4751/01 -,\n\n13\n\nschon die zentralisierte Beseitigung des Schmutzwassers durch die Gemeinde\neinen maßgeblichen Gesichtspunkt der Volksgesundheit dar. So erubrigt sich in\ndiesem Fall, die Funktionsfahigkeit einer Vielzahl von Kleinklaranlagen durch\nÜberwachung und entsprechende Anordnungen bei Missstanden sicherzustellen.\nDadurch wird die Sicherheit der Schmutzwasserbeseitigung erhoht, was der\nVolksgesundheit dient.\n\n14\n\nDer geltend gemachte Zulassungsgrund besonderer tatsachlicher oder rechtlicher\nSchwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Die\nvon den Klagern als schwierig aufgeworfene Frage, ob ein Anschlusszwang auch\ndann angeordnet werden konne, wenn das Grundwasser durch eine private\nAbwasserentsorgung gleichermaßen geschutzt werden konne, lasst sich nach den\nfur das Zulassungsverfahren geltenden Maßstaben ohne Schwierigkeiten im Sinne\nder oben genannten Ausfuhrungen beantworten. Gleichermaßen ist der\nZulassungsgrund grundsatzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3\nVwGO) wegen der vorgenannten Frage nicht gegeben, da sie vom beschließenden\nGericht geklart ist und der neue Gesichtspunkt angeblich vorhandener\nKleinklaranlagen mit gleich hohem Reinigungsgrad wie offentliche\nEntwasserungsanlagen ohne weiteres im Sinne der bisherigen Rechtsprechung\nbeantwortet werden kann.\n\n15\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung uber den\nStreitwert ergibt sich aus §§ 14 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 1 Satz 1 des\nGerichtskostengesetzes (GKG). Im Gegensatz zum Verwaltungsgericht rechnet der\nSenat den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Befreiung vom\nAnschlusszwang nicht mit dem in der Hauptsache verfolgten Antrag auf\nFeststellung, dass das Grundstuck dem Anschlusszwang nicht unterliegt,\nzusammen. Zwar ist fur den Streitwert gemaß § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG ein\nhilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen,\nsoweit - wie hier - eine Entscheidung uber ihn ergeht. Dies gilt jedoch nach §\n19 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht, wenn die Anspruche denselben Gegenstand betreffen.\nDann ist nur der Wert des hoheren Anspruchs maßgebend. Diese ursprunglich nur\nfur Klage und Widerklage geltende Regelung wurde durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 11\ndes Kostenrechtsanderungsgesetzes 1994 (KostRÄndG 1994), BGBl. I S. 1325, auf\nHaupt- und Hilfsanspruche ausgedehnt. Ausweislich der amtlichen Begrundung des\nGesetzentwurfs,\n\n16\n\nvgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 12/6962, S. 63,\n\n17\n\nwurde mit dem Zusammenrechnungsausschluss bei demselben Gegenstand „die von\nder Rechtsprechung entwickelte Unterscheidung zwischen dem prozessualen und\ndem kostenrechtlichen Gegenstandsbegriff ubernommen. Nach allgemeiner\nAuffassung, die auf einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember\n1964 (NJW 1965, S. 444) beruht, liegen kostenrechtlich nur dann verschiedene\nGegenstande vor, wenn die mit der Klage und Widerklage geltend gemachten\nAnspruche einander nicht ausschließen, so dass die Zuerkennung des einen\nAnspruchs nicht notwendigerweise die Aberkennung des anderen Anspruchs zur\nFolge hat. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise schließt jedoch nicht aus,\ndass verschiedene Anspruche, die denselben Streitgegenstand betreffen, einen\nunterschiedlichen Wert haben konnen." Nach diesem kostenrechtlichen\nGegenstandsbegriff sind fur das Merkmal „desselben Gegenstands" zwei\nVoraussetzungen erforderlich, namlich dass die Anspruche nicht nebeneinander\nbestehen konnen und dass sie auf dasselbe Interesse gerichtet sind.\n\n18\n\nVgl. LAG Brandenburg, Beschluss vom 1. September 2000 - 6 Ta 70/00 -, juris\nNr. KARE600002958; Hartmann/Albers, Kostengesetze, 32\\. Aufl., § 19 GKG Rn. 9\nff.; Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz, 5. Aufl., § 19 Rn. 12.\n\n19\n\nDiese beiden Voraussetzungen werden auch unter dem Begriff der (rechtlichen\noder wirtschaftlichen) Identitat zusammengefasst.\n\n20\n\nBGH, Beschluss vom 29. Januar 1987 - V ZR 136/86 -, MDR 1987, 570; OLG\nDusseldorf, Beschluss vom 28. Januar 2000 - 9 U 212/99 -, MDR 2000, 543; Emde,\nFolgen der Novellierung des § 19 GKG: Kostenentscheidungen bei Haupt- und\nHilfsantrag, MDR 1995, 990; Liebheit, Streitwert nach einer Klageanderung, JuS\n2001, 687.\n\n21\n\nNach diesen Maßstaben betreffen der Feststellungsantrag und der hilfsweise\ngeltend gemachte Befreiungsanspruch denselben Gegenstand: Beide konnen nicht\nnebeneinander bestehen, da eine Befreiung vom Anschlusszwang logisch dessen\nmit dem Feststellungsantrag geleugnetes Bestehen voraussetzt. Sie sind auf\ndasselbe Interesse gerichtet, da das Ziel beider Antrage darin besteht, das\nGrundstuck nicht anschließen zu mussen. Es handelt sich zwar prozessual um\nverschiedene Streitgegenstande, die aber wirtschaftlich identisch sind, sodass\nkostenrechtlich nur ein Gegenstand vorliegt.\n\n22\n\nEnger moglicherweise BayVGH, Beschluss vom 13\\. August 2001 - 12 B 00.2019 -,\nBayVBl. 2002, 642: Anspruch auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung uber\neinen hoheren Pflegesatz und hilfsweise Verpflichtung zur Entscheidung uber\nden Pflegesatz durch Verwaltungsakt unter Beachtung der Rechtsauffassung des\nGerichts; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 1999 - 3 A 1203/96 -, NVwZ-RR\n2000, 732: Anfechtung eines Erschließungsbeitragsbescheides und hilfsweise\nVerpflichtung zu unbefristeter zinsloser Stundung.\n\n23\n\nDieser Beschluss ist unanfechtbar.\n\n
292,411
olgham-2003-06-02-6-u-20302
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
6 U 203/02
2003-06-02
2019-03-12 09:49:45
2020-12-10 12:51:01
Urteil
ECLI:DE:OLGHAM:2003:0602.6U203.02.00
## Tenor\n\nDie Berufung der Beklagten gegen das am 24. September 2002 verkundete Urteil\nder 11. Zivilkammer des Landgerichts Munster wird zuruckgewiesen.\n\nDie Kosten des zweiten Rechtszuges werden den Beklagten auferlegt.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\n \n1\n\n** _Entscheidungsgr unde:_**\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nAm 29.12.2000 wurde die Zeugin X auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle bei einem\nVerkehrsunfall schwer verletzt. Die Beklagten sind verpflichtet, den aus\ndiesem Unfall resultierenden Schaden der Zeugin in vollem Umfange zu ersetzen.\n\n4\n\nZwischen der klagenden privaten Krankenversicherungsgesellschaft und der\ngesetzlich kranken- und unfallversicherten Zeugin X besteht seit etlichen\nJahren eine Zusatzversicherung (Restkostenversicherung). Dem\nVersicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen fur die\nKrankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (######) zugrunde. Nach\ndem vereinbarten Tarif ist die Klagerin bei stationarer Krankenhausbehandlung\nzur Erstattung sog. Wahlleistungen verpflichtet.\n\n5\n\nDie Zeugin X ließ sich wahrend ihres stationaren Krankenhausaufenthaltes vom\nUnfalltage bis zum 26.04.2000 als Privatpatientin behandeln. Auf die hieruber\nausgestellten Arzt- und Krankenhausrechnungen gewahrte die\nVerwaltungsberufsgenossenschaft lediglich Zahlungen entsprechend ihrem\nLeistungskatalog. Die von der Berufsgenossenschaft nicht erstatteten Kosten\ntrug die Klagerin. Auf Ersatz der Kosten dieser Wahlleistungen nimmt die\nKlagerin nunmehr die Beklagten aus ubergegangenem Recht in Anspruch.\n\n6\n\nDie Klagerin hat den Standpunkt vertreten, die Beklagten seien verpflichtet,\ndie Heilbehandlungskosten in dem Umfang zu ersetzen, in dem diese tatsachlich\nin Rechnung gestellt worden seien. Die Zeugin X hatte sich auch dann als\nPrivatpatientin behandeln lassen, wenn sie die damit verbundenen Kosten selbst\nhatte tragen mussen. Im ubrigen habe der Zeugin ein\nkrankenversicherungsvertraglicher Anspruch auf Erstattung von\nWahlleistungskosten gegen sie, die Klagerin, zugestanden.\n\n7\n\nDie Beklagten haben sich darauf berufen, dass die medizinisch notwendigen\nHeilbehandlungskosten von den Leistungen der Berufsgenossenschaft vollstandig\ngedeckt seien. Da der Schadensersatzanspruch der Geschadigten insoweit im\nZeitpunkt des Unfalles kraft Gesetzes auf die Berufsgenossenschaft\nubergegangen sei, habe die Klagerin keinen Anspruch mehr von ihrer\nVersicherungsnehmerin erwerben konnen. Eine die Leistungen der\nBerufsgenossenschaft ubersteigende Ersatzverpflichtung der Beklagten bestehe\nnicht. Denn bei einem Wegeunfall habe der Zeugin X gemaß § 5 Abs. 3 MBKK 94\nkein krankenversicherungsvertraglicher Anspruch auf Erstattung von\nWahlleistungskosten gegen die Klagerin zugestanden und die Zeugin wurde sich\nauch nicht auf eigene Kosten privat behandelt haben lassen.\n\n8\n\nDas Landgericht hat der Klage nach Vernehmung der Zeugin X stattgegeben, weil\nbewiesen sei, dass die Zeugin auch dann Leistungen der zweiten Pflegeklasse in\nAnspruch genommen hatte, wenn sie keinen Schadensersatzanspruch gegen die\nBeklagten und auch keinen krankenversicherungsvertraglichen Anspruch gegen die\nKlagerin gehabt hatte.\n\n9\n\nZur Begrundung ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung rugen die\nBeklagten, das Landgericht habe die Vorschrift des § 249 BGB fehlerhaft\nangewendet.\n\n10\n\nDie Klagerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.\n\n11\n\nII.\n\n12\n\nDie Berufung hat keinen Erfolg.\n\n13\n\nZu Recht hat das Landgericht die Beklagten zur Zahlung von 10.856,57 Euro\nverurteilt. Es handelt sich um den Betrag, um den die privat abgerechneten\nKosten der stationaren Behandlung der Zeugin X diejenigen Zahlungen\nubersteigen, die die Berufsgenossenschaft erbracht hat und die angefallen\nsind, weil die Zeugin X Wahlleistungen in Anspruch genommen hat. Da die\nKlagerin die Mehrkosten bezahlt hat, ist sie gemaß § 67 VVG Inhaberin des\nentsprechenden Schadensersatzanspruches der Zeugin X geworden.\n\n14\n\nDie Beklagten sind verpflichtet, die Heilbehandlungskosten im Umfang der\nKosten einer Privatbehandlung zu tragen. Der Umfang der einer geschadigten\nPerson zustehenden Heilbehandlungskosten bestimmt sich nach § 249 Satz 2 BGB.\nDer Schadiger hat der verletzten Person die Mittel zur Verfugung zu stellen,\nmit denen sich diese in die Lage versetzen kann, in der sie sich ohne den\nSchadensfall befinden wurde. Dabei kann Geldersatz nur beansprucht werden,\nsoweit die Geldmittel von einem verstandigen, wirtschaftlich denkenden\nMenschen in der Lage der geschadigten Person aufgewendet worden sein wurden.\nAllerdings hat der Schadiger die verletzte Person in den Verhaltnissen zu\nentschadigen, in denen er sie betroffen hat. Ausschlaggebend ist letztlich,\nwie sich die geschadigte Person verhalten haben wurde, wenn ihr kein\nersatzpflichtiger Schadiger zur Verfugung gestanden hatte (vgl. OLG Hamm NJW\n95, 786, 787 m.N.).\n\n15\n\nDie Zeugin X hatte eine private Krankenversicherung abgeschlossen, die ihr\nuber den Schutz aus der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen\nUnfallversicherung hinaus zusatzlichen Schutz gewahrte. Ihre erstinstanzliche\nVernehmung hat ergeben, dass sie auf private Chefarztbehandlung und auf die\nUnterbringung in der privaten Pflegeklasse Wert legte. Dies berechtigt zu der\nSchlussfolgerung, dass sie sich auch dann als Privatpatientin hatte behandeln\nlassen, wenn sie wegen des Wegeunfalles vom 29.12.2000 keine\nschadensersatzpflichtige Person hatte in Anspruch nehmen konnen.\n\n16\n\nDer Auffassung der Beklagten, aus der privaten Zusatzversicherung habe der\nZeugin X in Fallen, in denen wie bei einem Wegeunfall die gesetzliche\nUnfallversicherung eintrittspflichtig ist, kein vertraglicher Anspruch gegen\ndie Klagerin zugestanden, weil ein solcher Anspruch gemaß § 5 Abs. 3 MBKK 94\nausgeschlossen sei, folgt der Senat nicht. Zweck des\nRestkostenversicherungsvertrages, den die Zeugin mit der Klagerin geschlossen\nhatte, war es u.a., der Klagerin im Falle einer stationaren\nKrankenhausbehandlung die Moglichkeit einer durch Versicherungsleistungen\ngedeckten Inanspruchnahme von Chefarztbehandlung und Unterbringung in der\nprivaten Pflegekasse zu eroffnen. Dass dieser Vertragszweck bei\nEintrittspflicht einer gesetzlichen Unfallversicherung ohne Relevanz sein\nsollte, folgt aus der vertraglichen Regelung in § 5 Abs. 3 MBKK 94 nicht.\nSoweit es dort heißt, bei Bestehen eines Anspruchs auf Leistungen aus der\ngesetzlichen Unfallversicherung sei der Versicherer "nur fur die Aufwendungen\nleistungspflichtig, welche trotz der gesetzlichen Leistungen notwendig\nbleiben", soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Versicherer\nnach Maßgabe der vereinbarten Bedingungen seine tariflichen Leistungen\nberechnet und hiervon die durch anderweitige kongruente Anspruche gedeckten\nAufwendungen abzieht (Bach-Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., § 5\nMBKK Rn. 76). Als notwendige Leistungen im Sinne des § 5 Abs. 3 MBKK 94 sind\nalso solche Leistungen anzusehen, die notwendig sind, um den mit dem\nRestkostenversicherungsvertrag generell erstrebten Zweck zu erreichen, und\nnicht etwa nur die Leistungen, die zur Heilbehandlung medizinisch notwendig\nsind. Bestatigt wird dieses Verstandnis der allgemeinen\nVersicherungsbedingungen dadurch, dass in § 5 Abs. 3 MBKK 94 im Gegensatz zu\nden Regelungen in § 1 Abs. 2 Satz 1 und in § 5 Abs. 2 MBKK 94 gerade nicht die\nFormulierung "medizinisch notwendig" gewahlt worden ist sondern nur das Wort\n"notwendig" auftaucht. Außerdem spricht die Regelungssystematik in § 5 MBKK 94\ngegen die Auffassung der Beklagten. Denn wenn es richtig ware, dass der\nprivate Krankenversicherer bei Eintrittspflicht einer gesetzlichen\nUnfallversicherung keine Leistungen schulden sollte, dann hatte es naher\ngelegen, diesen Fall in den Katalog der Fallgestaltungen aufzunehmen, bei\ndenen gemaß § 5 Abs. 1 MBKK 94 keine Leistungspflicht besteht, statt ihn in §\n5 Abs. 3 MBKK 94 zu behandeln.\n\n17\n\nDie Berufung war daher mit den prozessualen Nebenentscheidungen aus §§ 97, 708\nNr. 10, 543 ZPO zuruckzuweisen. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung\nliegen nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Auslegung von §\n5 Abs. 3 MBKK 94 von solcher Bedeutung ist, dass es einer Überprufung der\nSenatsentscheidung durch den BGH bedarf. Die Entscheidung des Senats steht\nvielmehr im Einklang mit der einschlagigen Kommentierung (Bach-Moser aaO).\nAbweichende Meinungen, die mit naheren Ausfuhrungen speziell zur Auslegung von\n§ 5 Abs. 3 MBKK 94 Stellung nehmen, sind nicht ersichtlich. Soweit in der\nLiteratur vertreten wird, eine bei einem Unfall verletzte Person, der\nAnspruche aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustunden, verstoße bei\neiner Privatbehandlung selbst dann gegen ihre Schadensminderungspflicht, wenn\nsie sich sonst regelmaßig privatarztlich behandeln lasse (Kuppersbusch,\nErsatzanspruche bei Personenschaden, 7. Aufl., Munchen 2000 Rn. 163 unter\nBezugnahme auf Plagemann, Anwaltsblatt 95, 174, 175, und Plagemann a.a.O.\nunter Bezugnahme auf Wussow/Kuppersbusch, Ersatzanspruche bei Personenschaden,\n5. Aufl. 1990 Rn. 163), beruht dies lediglich auf der aus den oben dargelegten\nGrunden unzutreffenden Pramisse, bei Eintrittspflicht der gesetzlichen\nUnfallversicherung fehle gemaß § 5 Abs. 3 MBKK ausreichender\nVersicherungsschutz. Eine nahere Stellungnahme zum Verstandnis von § 5 Abs. 3\nMBKK 94 findet sich dort nicht.\n\n
292,441
ovgnrw-2003-05-28-1-a-312800
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
1 A 3128/00
2003-05-28
2019-03-12 09:50:42
2020-12-10 12:51:06
Urteil
ECLI:DE:OVGNRW:2003:0528.1A3128.00.00
## Tenor\n\nDie Berufung wird zuruckgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Berufungsverfahrens.\n\nDie Kostenentscheidung ist vorlaufig vollstreckbar. Der Klager darf die\nVollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Hohe des jeweils\nbeizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der\nVollstreckung Sicherheit in derselben Hohe leistet.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDer am 1945 geborene Klager steht als Zolloberamtsrat im Dienste der\nBeklagten.\n\n3\n\nSeine Beforderung zum Zollamtsrat und Einweisung in eine Planstelle der\nBesoldungsgruppe (BesGr.) A 12 BBesO erfolgte zum 1. Juli 1992. In der letzten\nRegelbeurteilung zum Beurteilungsstichtag 31. Januar 1995 wurde er in diesem\nstatusrechtlichen Amt mit der Gesamtbewertung "tritt erheblich hervor"\nbeurteilt.\n\n4\n\nAm 8. November 1995 bewarb sich der Klager auf den ausgeschriebenen und nach\nBesGr. A 14 BBesO bewerteten Dienstposten des Leiters der Vorprufungsstelle\n(Bund) bei der P. L. . Auf die Mitteilung der P. L. , dass ein anderer\nBewerber berucksichtigt worden sei, ersuchte der Klager im Mai 1996 bei dem\nVerwaltungsgericht vergeblich um einstweiligen Rechtsschutz nach (Beschluss\ndes VG Koln vom 16. August 1996 - 15 L 1265/96 - und Beschluss des OVG NRW vom\n4\\. November 1996 - 1 B 2306/96 -).\n\n5\n\nAm 17. Juli 1996 bewarb sich der Klager - wiederum vergeblich - um den\nDienstposten des Vorstehers des Zollfahndungsamtes L. . Zugleich bat er die P.\nL. um Auskunft, warum eine am 30. Juni 1996 frei gewordene Planstelle dem von\nFrau Zollamtsratin C. besetzten Dienstposten Z 248 A zugewiesen und dieser\nDienstposten nach seiner Hoherbewertung auf BesGr. A 13 g BBesO nicht\nausgeschrieben worden sei.\n\n6\n\nIn Bezug auf diesen Dienstposten ersuchte der Klager unter dem 15. August 1996\nbei dem Verwaltungsgericht mit dem Ziel um einstweiligen Rechtsschutz nach,\nder Beklagten zu untersagen, die Beamtin C. zur Zolloberamtsratin zu\nbefordern. Der Klager, dem mit Wirkung vom 1. August 1996 im Wege der\nAbordnung der nach BesGr. A 13 g BBesO bewertete Dienstposten\n"Sachgebietsleiter im Sachgebiet Abfindungen" (F) beim Hauptzollamt L. -E.\nubertragen worden war, befurchtete, dass Zollamtsratin C. nach den seit dem 1.\nMarz 1996 fur den gehobenen nichttechnischen Dienst geltenden "Richtlinien fur\ndie Ausschreibung und Übertragung von Dienstposten sowie fur die Beforderung\nder Beamten und Beamtinnen des hoheren und gehobenen Dienstes in der\nZollverwaltung, der Bundesmonopolverwaltung fur Branntwein, in dem\nZollkriminalamt und der Bundesvermogensverwaltung (ohne Forstverwaltung) -\nARZV - " in der Fassung der Änderung vom 23. Februar 1996 vor ihm, dem Klager,\nbefordert werde, obschon sie nach den bis dahin geltenden Richtlinien in der\nBeforderungsreihung hinter ihm gestanden habe. Das gerichtliche Verfahren (VG\nKoln - 15 L 2196/96 -) wurde unstreitig beendet, nachdem die Beklagte zugesagt\nhatte, den Klager mindestens vier Wochen vor einer beabsichtigten Beforderung\nder Beamtin zu unterrichten; erganzend hieß es, voraussichtlich werde der\nKlager zeitgleich mit der Beamtin C. befordert.\n\n7\n\nMit Verfugung vom 12. November 1996 stellte die P. L. die Bewahrung des\nKlagers auf dem Dienstposten des Sachgebietsleiters im Sachgebiet Abfindungen\nbeim Hauptzollamt L. -E. fest und bestimmte als Bewahrungszeitpunkt den 1.\nNovember 1996. Bereits unter dem 7. November 1996 war die Versetzung des\nKlagers zum Hauptzollamt L. -E. mit Wirkung zum 1. November 1996 verfugt\nworden.\n\n8\n\nAm 29. August 1997 wurde der Klager zum Zolloberamtsrat ernannt und mit\nWirkung vom 1. August 1997 in eine Planstelle der BesGr. A 13 g BBesO\neingewiesen.\n\n9\n\nMit Schreiben vom 27. Oktober 1997 beantragte der Klager bei der P. L. , ihm\nwegen verspateter Beforderung "Schadenersatz aus Amtspflichtverletzung" fur\nden Zeitraum vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 1997 zu gewahren. Zur\nBegrundung berief er sich darauf, dass seine Beforderung nach den seit dem 1.\nMarz 1996 geltenden ARZV erst zum 1. August 1997 und damit deutlich verspatet\nerfolgt sei. Nach der vor dem 1. Marz 1996 geltenden Fassung der ARZV habe er\nzu einem fruheren Zeitpunkt befordert werden mussen.\n\n10\n\nMit Bescheid vom 11. Marz 1998 wies die P. L. den Antrag des Klagers unter\nHinweis auf die seit dem 1. Marz 1996 geltenden Vorschriften der ARZV zuruck.\nDen hiergegen vom Klager unter dem 16. Marz 1998 eingelegten Widerspruch wies\ndie P. L. mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 1998, dem Klager zugestellt am\n30. Juni 1998, zuruck.\n\n11\n\nDer Klager hat am 30. Juli 1998 Klage erhoben.\n\n12\n\nDer Klager hat geltend gemacht, dass die Beforderungspraxis der Beklagten nach\nder neuen ARZV nicht dem Leistungsgrundsatz gerecht werde. Vorrangig befordert\nwerde derjenige, der eine langere Zeit auf dem Beforderungsdienstposten\nverbracht habe, nicht aber derjenige, der zuvor die bessere\nLeistungsbeurteilung erhalten habe. So sei zum 1. November 1996 die\nZollamtsratin H. befordert worden, obwohl sie in der Regelbeurteilung\nschlechter als er beurteilt worden sei.\n\n13\n\nDer Klager hat beantragt,\n\n14\n\n1\\. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der P. L. vom 11. Marz 1998\nund des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 1998 zu verpflichten, ihm den\nDifferenzbetrag zwischen den BesGr. A 12 und A 13 g einschließlich der\nDifferenz vom Weihnachtsgeld fur die Zeit vom 1. November 1996 bis 31. Juli\n1997 zu zahlen,\n\n15\n\n2\\. eine Überleitungszulage (Ausgleichszulage) in Hohe von monatlich 162,85 DM\nfur den Zeitraum vom 1. August 1997 bis 30. April 1998 als Schadenersatz zu\nzahlen,\n\n16\n\n3\\. 4 % Zinsen seit Rechtshangigkeit auf die vorgenannten Betrage zu zahlen.\n\n17\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n18\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n19\n\nSie hat die Auffassung vertreten, dass ihre Beforderungspraxis dem\nLeistungsgrundsatz gerecht werde. Es habe dem Klager oblegen, sich zu einem\nfruheren Zeitpunkt zu bewerben; dies habe er unterlassen. Deshalb habe er auch\nnicht in einer Auswahlkonkurrenz mit Frau H. gestanden.\n\n20\n\nMit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage im\nWesentlichen unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 839 Abs. 3 BGB\nabgewiesen.\n\n21\n\nDie von dem vormals zustandigen 12. Senat des erkennenden Gerichtes mit\nBeschluss vom 16. Oktober 2000 zugelassene Berufung hat der Klager am 17\\.\nNovember 2000 durch seine Prozessbevollmachtigten im Wesentlichen wie folgt\nbegrundet:\n\n22\n\nDas Verwaltungsgericht habe den Schadenersatzanspruch wegen Nichtbeforderung\nzu Unrecht unter Hinweis auf § 839 Abs. 3 BGB abgewiesen. Er sei zu keinem\nZeitpunkt uber bevorstehende Beforderungen unterrichtet worden. Die Einlegung\neines Rechtsbehelfs erst nach Aushandigung der Beforderungsurkunde sei\nersichtlich nicht erfolgversprechend und daher unzumutbar gewesen. Er habe\nauch nicht allgemein - im Sinne einer Popularklage - gegen die Anwendung der\neinschlagigen Regelungen der ARZV mit dem Hinweis vorgehen konnen, auf Grund\nder Richtlinien wurden ihm standig unbekannte Beamte bei der Beforderung\nvorgezogen werden. Er habe ebenfalls nicht mit Rechtsmitteln erreichen konnen,\ndass ihm die Namen der vor ihm auf der Beforderungsliste stehenden Beamten und\netwa auch deren Gesamtnote aus der letzten Regelbeurteilung mitgeteilt werden.\nDiesem Verlangen hatten bereits die Vorschriften des Datenschutzgesetzes\nentgegen gestanden. Selbst das Verwaltungsgericht habe im laufenden Verfahren\nkeine Erklarung der Beklagten zur Beurteilung der Zollamtsratin H. erhalten.\nMit den vorgenannten Begehren durchgefuhrte Rechtsbehelfsverfahren waren keine\nVerfahren gewesen, mit denen man den Einwand des § 839 Abs. 3 BGB hatte\nausraumen konnen. Die Beklagte habe sich im Übrigen nicht auf § 839 Abs. 3 BGB\nberufen und die Kausalitat des unterbliebenen Rechtsbehelfs fur das Ausbleiben\ndes Schadens sowie das erforderliche Verschulden des Klagers nicht dargelegt\noder gar bewiesen. Schließlich konne auch nicht ernsthaft davon ausgegangen\nwerden, dass sich die Beklagte auf seinen Rechtsbehelf hin rechtmaßig\nverhalten hatte und sein Schaden ausgeblieben ware. Der Schaden ware vielmehr\nauch eingetreten, wenn er eines der vorgenannten Verfahren betrieben hatte.\n\n23\n\nDer Klager beantragt,\n\n24\n\ndas angefochtene Urteil zu andern und nach dem in erster Instanz gestellten\nAntrag zu erkennen.\n\n25\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n26\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n27\n\nSie verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht sich insbesondere den\nRechtsgedanken aus § 839 Abs. 3 BGB zu Eigen. Die Berufung sei aber auch aus\nanderen Grunden zuruckzuweisen. Der Klager habe namlich keinen Schaden\nerlitten. Selbst wenn sich erweisen sollte, dass Teile der umstrittenen\nRichtlinien tatsachlich rechtswidrig (gewesen) seien, konne nicht - etwa im\nWege der Luckenschließung - auf die bis zu deren in Kraft treten geubte\nBeforderungspraxis zuruckgegriffen werden. Im Rahmen der\nStellenbewirtschaftung nach den Grundsatzen der so genannten Topfwirtschaft\ngebe es keinen allein rechtmaßigen Weg, wie dem Leistungs- und\nEignungsgrundsatz Rechnung zu tragen sei. Bei Rechtswidrigkeit der seit dem 1.\nMarz 1996 geltenden Reihung nach Erprobungszeiten hatte sich ein Ruckgriff auf\ndie alten Beforderungsgrundsatze schon mit Blick darauf verboten, dass mit der\nletzten Änderung der ARZV die Vergabe hoherwertiger Dienstposten neu geregelt\nund an strengere Anforderungen geknupft worden sei. Ohne Systembruch und ohne\neinen unzulassigen Eingriff in die Organisationsgewalt des Dienstherrn ließe\nsich deswegen kein eindeutiger Beforderungszeitpunkt fur den Klager\nfeststellen. Im Übrigen sei heute ohnehin nicht mehr feststellbar, zu welchem\nkonkreten Zeitpunkt der Klager unter Berucksichtigung der alten\nBeforderungsgrundsatze sowie der zu vergebenden Planstellen hatte befordert\nwerden konnen. Bei der rechtlichen Bewertung der ARZV sei zu beachten, dass\ndurch die Festsetzung des Bewahrungszeitpunkts und die darauf aufbauende\nBewahrungsreihenfolge bereits die Auswahl fur den hoher bewerteten\nDienstposten leistungsbezogen erfolge. Die auf dem hoher bewerteten\nDienstposten erbrachten Leistungen fanden bei der Stellenvergabe ebenfalls\nBerucksichtigung und nicht mehr der bundesweite Leistungsvergleich aller\nAmtsinhaber. Auch dies sei eine sachgerechte Ausgestaltung des Leistungs- und\nEignungsgrundsatzes bei der Besetzung von hoher bewerteten Dienstposten und\nder nachfolgenden Beforderung. Im Übrigen hatte der Klager den vermeintlichen\nSchaden vermeiden konnen, wenn er sich angesichts der bereits lange vor 1996\nangekundigten Umstellung des Reihungssystems fruher um einen hoher bewerteten\nDienstposten bemuht hatte. Ihm habe bewusst sein mussen, dass die Vergabe\nhoher bewerteter Dienstposten und die spater nachfolgende Beforderung nicht\nmehr nach den bisherigen Grundsatzen erfolgen und der Besetzung hoherwertiger\nDienstposten ein großerer Stellenwert zukommen wurde.\n\n28\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgange der\nBeklagten (drei Hefte), der Anlagen des Klagers (zwei Hefte) und der\nbeigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Koln (15 L 1265/96, 15 L\n2126/96, 15 K 929/97) Bezug genommen.\n\n29\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e\n\n30\n\nDie zulassige, namentlich frist- und formgerecht begrundete Berufung ist\nunbegrundet.\n\n31\n\nDas Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Klager steht der\ngeltend gemachte Schadenersatzanspruch wegen verspateter Beforderung auf eine\nPlanstelle der Besoldungsgruppe A 13 g BBesO nicht zu. Er hat keinen Anspruch\ndarauf, dass ihm die Beklagte fur die Zeit vom 1. November 1996 bis zum 31\\.\nJuli 1997 den Differenzbetrag zwischen den Besoldungsgruppen A 12 und A 13 g\nBBesO - einschließlich der entsprechenden Differenz beim Weihnachtsgeld -\nsowie fur die Zeit vom 1. August 1997 bis 30. April 1998 eine\nÜberleitungszulage (Ausgleichszulage) in Hohe von monatlich 83,62 EUR (162,85\nDM) zahlt. Ebenso entfallt auch der geltend gemachte Anspruch auf\nProzesszinsen.\n\n32\n\nDer Senat geht in Übereinstimmung mit der standigen Rechtsprechung des\nBundesverwaltungsgerichts davon aus, dass dem Klager wegen Unterbleibens\nseiner (rechtzeitigen) Beforderung nur dann ein Schadenersatzanspruch zustehen\nkann, wenn der Dienstherr verpflichtet war, ihn (fruher) zu befordern, die\nVerletzung dieser Pflicht schuldhaft erfolgt und das Unterbleiben der\nBeforderung durch die Pflichtverletzung adaquat-kausal verursacht worden ist.\nBei einer Beforderung ist in erster Linie der Grundsatz der Bestenauslese zu\nbeachten, der sich aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 23 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 2 BBG\nergibt und der mit der Pflicht des Dienstherrn verknupft ist, die\nAuswahlentscheidung unter maßgebender Beachtung von Leistung, Befahigung und\nEignung zu treffen. Der Schadenersatzanspruch wegen unterbliebener oder\nverspateter Beforderung knupft damit an eine adaquat- kausale und schuldhafte\nVerletzung der Pflicht zur Bestenauslese an, die zugleich den\nBewerbungsverfahrensanspruch des ubergangenen Beamten verletzt.\n\n33\n\nVgl. BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2003 \\- 2 C 16.02 - und vom 28. Mai 1998\n\\- 2 C 29.97 -, BVerwGE 107, 29, 31.\n\n34\n\nIn diesem Zusammenhang kommt der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB mit der\nFolge zum Tragen, dass eine Ersatzpflicht fur rechtswidriges schuldhaftes\nHandeln nicht eintritt, wenn es der Verletzte vorsatzlich oder fahrlassig\nunterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels gegen das\nnunmehr als rechtswidrig beanstandete staatliche Verhalten abzuwenden.\n\n35\n\nDies zugrunde gelegt, steht dem Klager der geltend gemachte Anspruch nicht zu.\nEs lasst sich schon nicht feststellen, dass die gerugte Beforderungspraxis\neine Pflichtverletzung gegenuber dem Klager beinhaltete (1.). Jedenfalls aber\nlag kein schuldhaftes Verhalten vor (2.), und ein Ersatzanspruch ist auch\nwegen des mitwirkenden Verschuldens des Klagers entsprechend dem\nRechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB auszuschließen (3.). Deshalb kann auch\noffen bleiben, ob und zu welchem fruheren Zeitpunkt die Beklagte den Klager\nhatte befordern mussen (4.).\n\n36\n\n1\\. Bereits eine den Schadenersatzanspruch begrundende Pflichtverletzung lasst\nsich nicht feststellen. Die Entscheidung der Beklagten, den Klager nach seiner\nErprobungszeit zunachst nicht zu befordern und bei der Zuweisung frei\nwerdender haushaltsrechtlicher Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 g BBesO\nzunachst - bis zum 1. August 1997 - nicht zu berucksichtigen, lasst eine\nVerletzung von Rechten des Klagers nicht erkennen. Die anfallende Wartezeit\nbis zur Beforderung beruht auf einer so genannten Beforderungsreihung, die\nihre Grundlage in Nr. 28 a der Richtlinie fur die Ausschreibung und\nÜbertragung von Dienstposten sowie fur die Beforderung der Beamten des hoheren\nund gehobenen Dienstes in der Zollverwaltung, der Bundesmonopolverwaltung fur\nBranntwein, in dem Zollkriminalamt und in der Bundesvermogensverwaltung (ohne\nForstverwaltung) - vom 18. November 1994 (ARZV) hatte; Nr. 28 a ARZV wurde mit\nErlass vom 23. Februar 1996 in die bis dahin bestehende Richtlinie eingefugt\nund fuhrte zu der von dem Klager beanstandeten Änderung der bisherigen\nBeforderungspraxis.\n\n37\n\nDie streitige Beforderungspraxis nach diesen Richtlinien lasst jedoch eine\nVerletzung von Rechten des Klagers nicht erkennen. Da ein Beamter\ngrundsatzlich keinen Rechtsanspruch auf Übertragung eines hoherwertigen\nDienstpostens oder auf Beforderung hat, fuhrt regelmaßig nur die Verletzung\ndes so genannten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu einem Schadenersatzanspruch.\nDer Bewerbungsverfahrensanspruch vermittelt dem Beamten einen Anspruch im\nSinne eines subjektiv-offentlichen Rechts, dass der Dienstherr in Fallen einer\nBewerberkonkurrenz eine am Leistungsgrundsatz ausgerichtete\nermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung trifft und nicht zum Nachteil des\nBeamten vom Grundsatz der Auswahl nach Eignung, Befahigung und fachlicher\nLeistung (Art. 33 Abs. 2 GG und § 23 BBG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 2 BBG)\nabweicht. Es bleibt allerdings grundsatzlich der Entscheidung des Dienstherrn\nuberlassen, welche der leistungsbezogenen Auswahlkriterien er heranziehen und\nmit welchem Gewicht er sie seiner Entscheidung zugrunde legen will.\nVerallgemeinerte Auslesekriterien und Praferenzordnungen, wie sie etwa in\nBeforderungsrichtlinien enthalten sind, mussen aber in jedem Fall mit dem\nBestenausleseprinzip (noch) in Einklang stehen.\n\n38\n\nVgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter,\nStand April 2001, Rn. 80 m.w.N.\n\n39\n\nDiesen Grundsatzen hat die Beklagte bei den hier streitigen Beforderungen von\nZollamtsraten zu Zolloberamtsraten, die einen (intern) mit der\nBesoldungsgruppe A 13 g BBesO bewerteten Dienstposten innehatten, hinreichend\nRechnung getragen.\n\n40\n\nAusgangspunkt der rechtlichen Bewertung sind die Besonderheiten, die bei\nAuswahl- und Beforderungsentscheidungen im Rahmen der so genannten\nTopfwirtschaft auftreten. Sind im Rahmen der Dienstpostenbewertung mehr\nBeforderungsdienstposten vorgesehen als Beforderungsplanstellen vorhanden\nsind, kommt es zu einem Überhang der verwaltungsseitig hoher bewerteten\nDienstposten. Die Beforderung der Beamten erfolgt, ohne dass zugleich mit der\nhoher bewerteten (Plan-) Stelle ein hoher bewerteter Dienstposten ubertragen\nwird. Tritt dieses Auseinanderfallen von Dienstposten und Planstellen vermehrt\nauf oder wird es sogar zum Regelfall, fuhrt die so genannte Topfwirtschaft zu\neiner Bewerberkonkurrenz der Inhaber von Beforderungsdienstposten, wenn eine\nfrei werdende Planstelle (ohne Wechsel des Dienstpostens) zu vergeben ist.\n\n41\n\nDie typische und dem gesetzlichen Regelfall entsprechende\nBeforderungssituation ist demgegenuber dadurch gekennzeichnet, dass dem\nBeforderungsdienstposten eine Planstelle bereits zugeordnet ist. Die\nAuswahlentscheidung uber die erstmalige Übertragung des Dienstpostens hat\nzugleich Vorwirkungen fur die Beforderungsentscheidung. Der nach den\nGrundsatzen der Bestenauslese ausgewahlte Bewerber wird im Anschluss an die\nAuswahlentscheidung und die gegebenenfalls noch zu absolvierende\nErprobungszeit (§ 11 BLV) ohne eine weitere Auswahlentscheidung in die\nvorhandene Planstelle eingewiesen und damit befordert. Ist eine Erprobungszeit\nnoch erforderlich, haben andere Interessenten, die bei der Besetzung des\nBeforderungsdienstpostens nicht berucksichtigt worden sind, keine Gelegenheit,\nihre Eignung auf dem Dienstposten nachzuweisen. Da es ihnen dadurch an den\nlaufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur eine ihnen gunstige\nBeforderungsentscheidung mangelt, ist der Dienstherr nicht gehalten, sie bei\nder anstehenden Beforderung nochmals zusammen mit den Dienstposteninhabern in\neine Auswahlentscheidung einzubeziehen und nach dem Prinzip der Bestenauslese\n(erneut) uber die Stellenvergabe zu entscheiden.\n\n42\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2003 - 1 B 2499/02 -;\nPlog/Wiedow/Lemhofer, BBG/BeamtVG, § 23 BBG Rn. 5b.\n\n43\n\nDa die Zahl der haushaltsrechtlich ausgebrachten (Beforderungs-) Planstellen\nmit den ausgewiesenen Beforderungsdienstposten nicht ubereinstimmt, sind auch\ndie anfallenden Wartezeiten einer Regelung zu unterwerfen. Mit der\nleistungsorientiert erfolgten Auswahl fur einen Beforderungsdienstposten und\nder noch abzuleistenden Erprobungszeit ist grundsatzlich zumindest absehbar,\nwann der Dienstposteninhaber tatsachlich befordert wird; die seit der\nDienstpostenubertragung und seit der etwaigen Bewahrung gezeigte\nLeistungsentwicklung bliebe ohne weitere Differenzierungskriterien außer\nBetracht. Zur Wahrung des Prinzips der Bestenauslese gilt daher der Grundsatz,\ndass das gesamte Auswahlverfahren, beginnend mit der Ausschreibung des\nDienstpostens, uber die Auswahl der Bewerber bis hin zur Ableistung der\nProbezeit und der endgultigen Übertragung des Dienstpostens unter Beachtung\ndes Leistungsgrundsatzes zu bewaltigen ist.\n\n44\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. September 1985 - 12 A 1928/84 -, ZBR 1986, 56;\nPlog/Wiedow/Lemhofer, a.a.O., § 23 BBG Rn. 5c.\n\n45\n\nDadurch wird eine (haushalts- und besoldungs-) rechtlich atypische weitere,\ndem Zusammenhang der gesetzlichen Regelungen fremde Beforderungsauswahl unter\nBeamten erforderlich, die samtlich bereits endgultig einen\nBeforderungsdienstposten nach Erprobung ubertragen erhalten haben (§ 11 BLV)\nund dort verwendet werden. Bei der Auswahlentscheidung ist - anders als bei\nder ursprunglichen Entscheidung betreffend die Übertragung von\nBeforderungsdienstposten - in den Blick zu nehmen, dass zugleich uber die\nZuordnung von Planstellen zu den einzelnen Verwaltungseinheiten innerhalb der\nZollverwaltung und insbesondere der P. L. zu entscheiden ist. Diese\nOrganisationsentscheidung liegt grundsatzlich in dem weiten Ermessen des\nDienstherrn; allerdings werden die Planstellen auch in Ansehung der jeweiligen\nDienstposteninhaber zugewiesen, um etwa mit Blick auf den Leistungsgrundsatz\nherausragenden Leistungstragern einen leistungsgerechten weiteren Aufstieg zu\nermoglichen.\n\n46\n\nDie streitige Praxis der Beklagten zur Bewaltigung der so umschriebenen\nKonflikte wird den rechtlichen Anforderungen gerecht. Bei der Verteilung frei\nwerdender Planstellen maßgeblich auf die Erprobungszeit abzustellen und nicht\nin jedem Einzelfall eine (erneute) Einzelabwagung vorzunehmen, war in dem\nstreitgegenstandlichen Zeitraum ein den Leistungsgrundsatz hinreichend\nberucksichtigender Ansatz. Dass die Vorbeurteilung nicht mehr die bisherige\nGewichtung erhielt und dass dem Beforderungsdienstalter nicht mehr die\nbisherige Bedeutung beigemessen wurde, ist unerheblich. Das streitige\nReihungssystem beruhte weder auf sachfremden Erwagungen, noch wurde der\nLeistungsgrundsatz vernachlassigt.\n\n47\n\nDem Leistungsgrundsatz wird in dem streitigen System in verschiedenster Weise\nRechnung getragen. Das Reihungssystem knupft an den Ablauf der Bewahrungszeit\nan, Nr. 28 a ARZV. Die vor der Übertragung des Beforderungsdienstpostens und\ndie spater gezeigte Leistung werden in zweierlei Hinsicht berucksichtigt. Zum\neinen ist die Dauer der Bewahrungszeit vom Leistungsstand vor der Übertragung\ndes Beforderungsdienstpostens abhangig, Nr. 28 ARZV. Die Leistungsentwicklung\nin der Erprobungszeit kommt insoweit zum Tragen, als nach Nr. 28 a Satz 4 ARZV\nbei einer Verbesserung der Gesamtbewertung der Regelbeurteilung innerhalb der\nErprobungszeit die Bewahrungszeit verkurzt wird. Zum anderen wird nach der\nARZV vorausgesetzt, dass bereits die Übertragung des Beforderungsdienstpostens\nzum Zwecke der spateren Beforderung nach den Grundsatzen der Eignung,\nBefahigung und fachlichen Leistung durchgefuhrt worden ist (Nr. 9 ARZV 1994).\nBei einer solchen Anknupfung an die Erprobungszeit ist der Leistungsgrundsatz\nhinreichend gewahrt.\n\n48\n\nIm Ansatz auch: BVerwG, Beschluss vom 10. November 1993 - 2 ER 301.93 -, DVBl.\n1994, 118.\n\n49\n\nMit der Reihung entsprechend dem Ende der Erprobungszeit - vergleichbar den\nublichen Ablaufen außerhalb der so genannten Topfwirtschaft - wird die\nAuswahlentscheidung um die Übertragung des Dienstpostens nachgezeichnet. Wenn\nbei einem solchen System die weitere Bewahrung nach dem Ablauf der\nBewahrungszeit keine ausschlaggebende Bedeutung fur den Zeitpunkt der\nBeforderung hat, unterliegt dies keinen Bedenken. Im Einzelfall ist eine\ndeutliche Verkurzung der Bewahrungszeit wegen der gezeigten Leistungen\nmoglich, und bei einer Verweildauer von neun Monaten bis zur Beforderung\nbesteht ein noch hinreichender zeitlicher Bezug zu der leistungsorientiert\nerfolgten Übertragung des Beforderungsdienstpostens.\n\n50\n\nDass die Beklagte im streitgegenstandlichen Zeitraum zum Nachteil des Klagers\nin relevanter Weise von dem aus den Richtlinien erkennbaren und tatsachlich\npraktizierten System abgewichen oder sonst gegen den Leistungsgrundsatz\nverstoßen hatte, ist nicht erkennbar und dem Vortrag des Klagers nicht zu\nentnehmen. Der Umstand, dass Beforderungsdienstposten unter Beteiligung der\nPersonalvertretung zumindest gelegentlich ohne vorherige Ausschreibung\nvergeben worden sind - wie im Übrigen auch im Falle des Klagers - lasst noch\nkeinen Verstoß gegen das Leistungsprinzip zum Nachteil des Klagers erkennen.\nAuch wird das Vergabesystem - jedenfalls im Kern - nicht dadurch in Frage\ngestellt, dass Inhaber von Dienstposten im Einzelfall in die\nBeforderungsreihenfolge erstmals aufgenommen oder innerhalb der\nBeforderungsreihenfolge anders eingestuft worden sind, nachdem eine\nNeubewertung des von ihnen innegehabten Dienstpostens und eine Neuberechnung\ndes Bewahrungszeitpunktes erfolgt waren. Es ware als ungerechtfertigte\nUngleichbehandlung zu bewerten, wenn die dem Dienstherrn grundsatzlich immer\nmogliche Bewertung und Neubewertung von Dienstposten fur den betroffenen\nStelleninhaber nur deshalb ohne Folgen bliebe, weil es nach Maßgabe der\nRichtlinien eine Beforderungsreihenfolge gibt.\n\n51\n\n2\\. Weiterhin fehlt es auch an einem schuldhaften, namlich vorsatzlichen oder\nfahrlassigen Verhalten des Dienstherrn bzw. der fur die\nBeforderungsentscheidung verantwortlichen Amtstrager. Anhaltspunkte dafur,\ndass diese bei der Nichtberucksichtigung des Klagers vorsatzlich gehandelt\nhaben, sind nicht ersichtlich. Auch Fahrlassigkeit ist nicht festzustellen.\n\n52\n\nOb Fahrlassigkeit im Sinne einer Missachtung der erforderlichen Sorgfalt\n(entsprechend § 276 Abs. 2 BGB) vorliegt, beurteilt sich nach den fur die\nFuhrung des jeweiligen Amtes erforderlichen Rechts- und\nVerwaltungskenntnissen, die sich der fur den Dienstherrn handelnde Amtswalter\nverschaffen muss. Jeder Inhaber eines offentlichen Amtes hat bei der\nGesetzesauslegung und Rechtsanwendung die Rechtslage gewissenhaft zu prufen\nund sich danach aufgrund vernunftiger Überlegung eine Rechtsmeinung zu bilden.\nAls fahrlassige Pflichtverletzung vorwerfbar ist eine unrichtige\nRechtsanwendung oder Gesetzesauslegung nur, wenn sie gegen den klaren,\nbestimmten und unzweideutigen Wortlaut einer Vorschrift oder gegen die\nhochstrichterliche Rechtsprechung verstoßt und damit verfehlt ist. Findet die\nRechtsauffassung der Behorde in einer schwierigen oder zweifelhaften\nRechtsfrage nachtraglich nicht die Billigung der Gerichte, so ist zu fragen,\nob ihre Rechtsauffassung aus damaliger Sicht immerhin vertretbar war.\n\n53\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, JURIS - Dokument WBRE\n410009770; OVG NRW, Urteil vom 4. November 1999 - 12 A 826/99 -, m.w.N.\n\n54\n\nVertretbarkeit in diesem Sinne ist hier bezuglich des von dem Klager\nbeanstandeten Reihungssystems angesichts der Ausfuhrung des\nBundesverwaltungsgerichts in dem oben bereits genannten Beschluss vom 10.\nNovember 1993 - 2 ER 301.93 - anzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in\ndieser Entscheidung in seine Erwagungen einbezogen, dass die Anknupfung der\nBeforderungsentscheidung an die Dauer der Verwendung auf einem\nBeforderungsdienstposten grundsatzlich nicht zu beanstanden sei; angesichts\nder bereits leistungsbezogen erfolgten Auswahl bei der Vergabe der\nBeforderungsdienstposten erscheine dies nicht von vornherein als sachfremd.\nAuch in der Literatur werden entsprechende Modelle fur die Topfwirtschaft\nangefuhrt, ohne dass Bedenken im Hinblick auf den Leistungsgrundsatz geaußert\nwurden.\n\n55\n\nVgl. Furst, GKÖD, Bd. I, K § 22 Rn. 15.\n\n56\n\nDie Richtlinien setzen ferner voraus, dass die Übertragung eines\nBeforderungsdienstpostens an den Grundsatzen der Bestenauslese ausgerichtet\nist. Nachdem gemaß Nr. 28 a ARZV auch die seit der Übertragung des\nBeforderungsdienstpostens gezeigten Leistungen nicht unberucksichtigt bleiben,\nwar es insgesamt zumindest vertretbar, die seit dem 1. Marz 1996 geltenden\nRichtlinien und die darauf aufbauende Beforderungspraxis fur rechtmaßig zu\nhalten.\n\n57\n\n3\\. Dem geltend gemachten Anspruch steht schließlich auch der in § 839 Abs. 3\nBGB enthaltene Rechtsgedanke entgegen, wonach eine Ersatzpflicht fur\nrechtswidriges staatliches Handeln nicht eintritt, wenn es der Beamte\nvorsatzlich oder fahrlassig unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch\neines Rechtsmittels abzuwenden, wenn also fur den Nichtgebrauch eines\nRechtsmittels kein hinreichender Grund bestand. Auch im Beamtenrecht\nbeansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB enthaltene, mit dem Rechtsinstitut des\nmitwirkenden Verschuldens (vgl. hier insbesondere § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB)\nnahe verwandte Rechtsgedanke Geltung. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht\nunter anderem fur Schadenersatzanspruche aus Verletzung der beamtenrechtlichen\nFursorgepflicht und insbesondere wegen der - nach Ansicht des Beamten -\nrechtswidrig unterbliebenen oder verspateten Beforderung, aber auch wegen des\nAusschlusses vom Aufstiegsverfahren oder wegen der Nachzahlung der jahrlichen\nSonderzuwendung wiederholt ausgesprochen.\n\n58\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - 2 C 19.01-, NVwZ-RR 2002, 620; Urteil\nvom 03. Dezember 1998 - 2 C 22.97 -, ZBR 1999, 199; Beschluss vom 05. Oktober\n1998 - 2 B 56.98 -, Buchholz 237.5 § 8 HeLBG Nr. 6; Urteil vom 28. Mai 1998 -\n2 C 29.97 -, BVerwGE 107, 29 (unterbliebene Beforderung); Urteil vom 09.\nDezember 1999 - 2 C 38.98 -, ZBR 2000, 208 (Teilnahme am Aufstiegsverfahren);\nUrteil vom 17. Oktober 1985 - 2 C 12.82 -, DÖD 1986, 93 (Nachzahlung der\njahrlichen Sonderzuwendung).\n\n59\n\nDabei kommt dem Umstand, dass die Beklagte sich erstinstanzlich nicht\nausdrucklich auf § 839 Abs. 3 BGB berufen hatte, schon mit Blick auf die\nBesonderheiten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Bedeutung zu. §\n839 Abs. 3 BGB wird im Rahmen der auf Schadenersatz gerichteten Klagen bereits\nnicht unmittelbar angewendet, was dem Verwaltungsgericht nach Art. 34 Satz 3\nGG und § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG verwehrt ware; nur der darin enthaltene\nRechtsgrundsatz findet Berucksichtigung. Dabei ist unbedeutend, auf welche\nWeise § 839 Abs. 3 BGB in einem Amtshaftungsprozess vor einem Zivilgericht\ngeltend zu machen ware, ob er etwa von Amts wegen Beachtung findet oder von\ndemjenigen, der sich darauf berufen mochte, als Ruge einzuwenden ist. Auch\nunerheblich ist, wer im zivilen Amtshaftungsprozess die Voraussetzungen von\nKausalitat und Verschulden darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen hat.\nDiese von dem Klager in der mundlichen Verhandlung erneut geaußerten Bedenken\nund seine dazu vertretene Rechtsauffassung beruhen - wie er unter Bezugnahme\nauf den Munchner Kommentar zum Burgerlichen Gesetzbuch ausgefuhrt hat - auf\nder Auseinandersetzung mit zivilrechtlicher Literatur. Er berucksichtigt aber\nnicht, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren von anderen Maximen als der\nZivilprozess gepragt ist. Das Verwaltungsgericht ist bereits aufgrund des § 86\nAbs. 1 VwGO gehalten, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen\naufzuklaren und ist an das Vorbringen oder gar die Beweisantrage der\nBeteiligten nicht gebunden. Das Gericht hat zudem darauf hinzuwirken, dass\nungenugende tatsachliche Angaben erganzt und alle fur die Beurteilung des\nSachverhalts wesentlichen Erklarungen abgegeben werden, § 86 Abs. 3 VwGO. Die\nDispositionsmaxime und der zivilrechtliche Verhandlungs- und\nBeibringungsgrundsatz werden dadurch modifiziert.\n\n60\n\nDie Voraussetzungen des mitwirkenden Verschuldens im Sinne eines Verstoßes\ngegen eigene Obliegenheiten liegen vor. Als "Rechtsmittel", das der\nDurchsetzung des Anspruchs auf Beforderung dient, ist nicht nur ein\nRechtsbehelf des verwaltungsgerichtlichen Primarrechtsschutzes zu verstehen.\nHierzu gehort vielmehr auch der bei dem Dienstherrn zu stellende Antrag,\nbefordert zu werden. Dies gilt unabhangig davon, ob - wie es der Klager in der\nmundlichen Verhandlung eingewendet hat - der Dienstherr die zu vergebenden\nDienstposten oder Planstellen ausschreibt, so dass bereits der Dienstherr zu\neiner Bewerbung und damit zu einem Antrag in dem vorgenannten Sinne\nauffordert. Mit einem solchen Antrag bringt der Beamte namlich ebenso wie mit\neiner Bewerbung seinen Anspruch zum Ausdruck, bei der Auswahl berucksichtigt\nwerden zu wollen. Dies fuhrt zu einer entsprechenden Prufungs- und\nBescheidungspflicht des Dienstherrn und eroffnet dem Beamten die Moglichkeit,\nunter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes das angestrebte Ziel weiter\nzu verfolgen, wenn der Dienstherr einen anderen Bewerber - vermeintlich oder\ntatsachlich - rechtsfehlerhaft bevorzugt hat.\n\n61\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - 2 C 19.01 -, NVwZ-RR 2002, 620.\n\n62\n\nEinen solchen formlichen Antrag hat der Klager nicht gestellt. Er hat sich\nnicht um eine (fruhere) Beforderung zum Ende seiner Erprobungszeit (31.\nOktober 1996) beworben und sich damit der Moglichkeit begeben, einen solchen\nAnspruch mit einem statthaften und zulassigen Rechtsmittel durchzusetzen.\n\n63\n\nFur das Absehen von einer konkreten Bewerbung bestand kein hinreichender\nGrund. Dem Klager war es moglich, die vermeintliche Rechtswidrigkeit der\nBeforderungspraxis in einem formlichen Verwaltungsverfahren und ggf. in einem\ngerichtlichen Verfahren mit dem Ziel seiner Beforderung geltend zu machen. Der\nUmstand, dass ihm frei werdende Planstellen nicht benannt wurden und er keine\nKenntnis davon hatte, wann eine Planstelle welchem Dienstposten zugewiesen\nwerden sollte, ist aus den vorgenannten Grunden unerheblich. Denn seinen \\-\nnunmehr im Wege des Schadenersatzanspruchs - geltend gemachten Anspruch auf\nBeforderung nach Bewahrung auf dem Beforderungsdienstposten hatte er durch den\nausdrucklichen Antrag verfolgen konnen und mussen, ihn unter Einweisung in die\nnachste frei werdende, nach BesGr. A 13 g BBesO bewertete Planstelle zu\nbefordern. Dieser Antrag hatte die Verpflichtung der Beklagten zur\nEntscheidung und Bescheidung umfasst, ob sie den Klager bei der Zuweisung der\nnachsten Planstelle berucksichtigt oder nicht. Gegen Rechtsfehler bei dieser\nEntscheidung hatte der Klager gerichtlich vorgehen konnen.\n\n64\n\nEine solche Vorgehensweise war ihm auch zumutbar. Dem Klager waren die\nMoglichkeit und die grundsatzliche Notwendigkeit eines derartigen Antrages\nbekannt. Dies hat er mit seinen Ausfuhrungen in der mundlichen Verhandlung\nnoch einmal verdeutlicht als er darlegte, er habe seinerzeit davon abgesehen\n(auch noch) ein formliches Verfahren mit dem Ziel einzuleiten, seine\n(bevorzugte) Beforderung mit Ablauf der Erprobungszeit zu erreichen. Fur ihn\nsei dabei entscheidend gewesen, dass die Rechtsauffassung der\nEntscheidungstrager in der Behorde bereits festgestanden habe, und daruber\nhinaus habe er negative Reaktionen auf einen solchen Antrag im Kollegenkreis\nbefurchtet. Auch unter Einbeziehung dieser Überlegungen war es dem Klager\njedoch zumutbar, die vorgenannten Maßnahmen zu ergreifen. Seine Erwagungen\nstunden, nahme man den Klager beim Wort, auch der Verfolgung des nunmehr\nbegehrten Schadenersatzes entgegen. Der wesentliche Unterschied zwischen\nseiner damaligen und der jetzigen Situation ist, dass der Klager bereits\nbefordert ist und er etwa nicht mehr befurchten muss, man konnte ihm wegen\neiner solchen (berechtigten) Rechtsverfolgung die Beforderung (rechtswidrig)\nvorenthalten. Im Übrigen sind die damalige und die heutige Situationen\nvergleichbar. Es liegt auf der Hand, dass der Dienstherr ihm freiwillig keinen\nSchadenersatz leisten will und es dann zur Rechtsverfolgung auch des anhangig\ngemachten Prozesses bedurfte. Daneben werden sich auch heute mit an Sicherheit\ngrenzender Wahrscheinlichkeit im Rang untergeordnete, gleichgeordnete oder\nvorgesetzte Kollegen finden, die an dem Verhalten des Klagers und insbesondere\nan dem von ihm betriebenen Verfahren Anstoß nehmen. Dies liegt in der Natur\nder Sache und ist hinzunehmen.\n\n65\n\nDie fehlende Aussicht auf - sicheren - Erfolg des auf Beforderung gerichteten\nAntrages und einer entsprechenden Klage stellt im Übrigen keinen Grund dar,\nvon einem Rechtsmittel Abstand zu nehmen. Dem Beamten ist nach standiger\nRechtsprechung zuzumuten, ein solches Risiko auf sich zu nehmen. Dies gilt\ninsbesondere, wenn die zur Stutzung des Antrages erforderlichen Tatsachen\nbereits damals hatten vorgetragen oder aufgeklart werden konnen und sich die\nentscheidungserheblichen Rechtsfragen damals in gleicher Weise wie heute\ngestellt hatten.\n\n66\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 \\- 2 C 19.01 -, a.a.O.\n\n67\n\nDaher ist die Ungewissheit unerheblich, ob der Klager sich gegenuber\ndemjenigen Beamten hatte durchsetzen konnen, dem die nachste frei werdende\nPlanstelle zugedacht war. Soweit der Klager mit Antrag vom 21. Mai 1996 beim\nVerwaltungsgericht Koln vergeblich einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf\ndie Besetzung des Dienstpostens des Leiters der Vorprufungsstelle (Bund) bei\nder P. L. beantragt hat, ergab sich daraus ebenfalls kein hinreichender Grund,\nvon der Einleitung eines formlichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens der\nzuvor umschriebenen Art Abstand zu nehmen. Denn das anhangig gemachte\nVerfahren betraf allein die Frage der Besetzung eines\nBeforderungsdienstpostens und nicht die Beforderung selbst. Auch das im August\n1996 beim Verwaltungsgericht Koln angestrengte Verfahren betreffend die\nspatere Beforderung der Zollamtsratin C. auf dem nach BesGr. A 13 g BBesO\nbewerteten Dienstposten ZA 248 a (VG Koln - 15 L 2126/96 -) machte ein\nweiteres Verfahren nicht entbehrlich und rechtfertigte nicht, von einem\nformlichen Antrag auf Beforderung oder Einbeziehung in anstehende\nAuswahlentscheidungen abzusehen. Das bei dem Verwaltungsgericht gefuhrte\nVerfahren war gegenuber den mit einem solchen Antrag eroffneten Moglichkeiten\nnicht hinreichend rechtsschutzintensiv. Der Klager verfolgte in jenem\nVerfahren nur den Anspruch, vor der beigeladenen Zollamtsratin befordert zu\nwerden, und die Beklagte hatte sich damals nur dazu bereit erklart, den Klager\nuber die bevorstehende Zuweisung einer Planstelle zu dem von Frau C.\ninnegehabten Beforderungsdienstposten rechtzeitig zu unterrichten.\n\n68\n\n4\\. Nach alldem kann letztlich offen bleiben, ob auch noch die fur einen\nErsatzanspruch zu fordernde Kausalitat zwischen Pflichtverletzung und\neingetretenem Schaden fehlen wurde. Dies wurde die Feststellung voraussetzen,\ndass die Beklagte, wenn sie den - unterstellten - Fehler des streitigen\nBeforderungssystems vermieden hatte, voraussichtlich zugunsten des Klagers\nentschieden und ihn vorzeitig befordert hatte. Dazu reicht es - entgegen der\nAnsicht des Klagers - nicht aus, dass er nach der vor dem 1. Marz 1996 in der\nZollverwaltung geubten Praxis im November 1996 an erster Stelle der damaligen\nBeforderungsliste gestanden hatte. Der Klager verkennt, dass die Beklagte\nrechtlich nicht verpflichtet war, an ihre bisherige Praxis unverandert\nanzuknupfen. Denn das bisherige Reihungssystem ist nicht die einzig denkbare\nrechtsfehlerfreie Moglichkeit, dem Leistungsgrundsatz gerecht zu werden. Dem\nDienstherrn ist insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum eingeraumt, auf\nwelche Weise er dem Leistungsgrundsatz entsprechen will.\n\n69\n\nVgl. zur Kausalitat in diesem Zusammenhang: OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 1995\n- 1 A 2400/01 - .\n\n70\n\nDies gilt umso mehr, als die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung eine Reihe\nvon Gesichtspunkten angefuhrt hat, die aus ihrer Sicht gegen die Ruckkehr zur\nfruheren Beforderungspraxis sprachen, so dass bei Rechtswidrigkeit der seit\ndem 1. Marz 1996 geltenden Richtlinien auch ein ganz anders gestaltetes\nAuswahlverfahren denkbar gewesen ware. Ein Anspruch des Klagers auf\n"Besitzstandswahrung" im Sinne einer Beibehaltung des damals erreichten\nListenplatzes ware in diesem Fall nicht anzunehmen gewesen.\n\n71\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur\nvorlaufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711\nSatz 1 ZPO.\n\n72\n\nDie Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfur (§ 132\nAbs. 2 VwGO, § 127 BRRG) nicht vorliegen.\n\n73\n\n
292,634
vg-munster-2003-05-16-5-l-5403
846
Verwaltungsgericht Münster
vg-munster
Münster
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
5 L 54/03
2003-05-16
2019-03-12 09:55:45
2020-12-10 12:51:35
Beschluss
ECLI:DE:VGMS:2003:0516.5L54.03.00
## Tenor\n\nDer Beschluss vom 8. April 2003 wird aufgehoben.\n\nDer Urkundsbeamte der Geschaftsstelle des Verwaltungsgerichts wird angewiesen,\nuber den Antrag der Antragsgegnerin vom 5. Marz 2003 auf Festsetzung der\nKosten im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Beachtung\nder Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.\n\nDas Verfahren ist gebuhrenfrei. Kosten werden nicht erstattet.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nÜber den Antrag der Antragsgegnerin auf Entscheidung des Gerichts gegen die\nEntscheidung des Urkundsbeamten der Geschaftsstelle, die Festsetzung der\nKosten abzulehnen, entscheidet der Vorsitzende gemaß § 87 a Abs. 1 Nr. 5 VwGO.\n\n3\n\nDer Antrag auf Entscheidung des Gerichts ist gemaß § 165 Satz 2 i. V. m. § 151\nSatz 1 VwGO zulassig.\n\n4\n\nDer Antrag ist begrundet. Der Urkundsbeamte der Geschaftsstelle des\nVerwaltungsgerichts hat es zu Unrecht abgelehnt, die der Antragsgegnerin\nentstandenen Kosten im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung\nfestzusetzen. Die Antragsgegnerin kann beanspruchen, dass die Kosten des von\nihr beauftragten Rechtsanwaltes gemaß dem Einstellungsbeschluss des Gerichts\nvom 22\\. Januar 2003 von der Antragstellerin getragen werden.\n\n5\n\nNachdem die Antragstellerin ihren Antrag vom 16. Januar 2003 auf Erlass einer\neinstweiligen Anordnung mit Schriftsatz vom 22. Januar 2003 zuruckgenommen\nhatte, hat das Gericht das Verfahren durch Beschluss vom 22. Januar 2003\neingestellt und der Antragstellerin gemaß § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten des\ngemaß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfreien Verfahrens auferlegt. Der\nUrkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges setzt gemaß § 164 VwGO auf\nAntrag den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Diesen Antrag hat die\nAntragsgegnerin als Kostenglaubigerin gestellt. Kosten im Sinne des § 164 VwGO\nsind gemaß § 162 Abs. 1 VwGO u. a. die zur zweckentsprechenden\nRechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der\nBeteiligten. Die Gebuhren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind gemaß § 162\nAbs. 2 Satz 1 VwGO stets erstattungsfahig. Die Gebuhren und Auslagen eines\nRechtsanwaltes ergeben sich aus der Bundesrechtsanwaltsgebuhrenordnung. Eine\nProzessgebuhr gemaß §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO kann allerdings nicht geltend\ngemacht werden, weil fur die Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Verfahrens\nkein Anwalt aufgetreten ist. Vielmehr haben sich die jetzigen\nVerfahrensbevollmachtigten der Antragsgegnerin erstmals in einem am 25. Januar\n2003 eingegangenen Schriftsatz vom 23. Januar 2003 bei Gericht gemeldet. Zu\ndiesem Zeitpunkt war das Verfahren durch den Einstellungsbeschluss vom 22.\nJanuar 2003 schon abgeschlossen. Bei diesem Sachverhalt kann der\nKostenglaubiger fur den von ihm beauftragten Anwalt keine Prozessgebuhr\nbeanspruchen (OVG NRW, Beschluss vom 18. April 1955 - II B 261/55 -, OVGE 9,\n264). An die Stelle der Prozessgebuhr tritt in Fallen dieser Art die\nGeschaftsgebuhr gemaß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, die ein Rechtsanwalt erhalt,\nwenn er Schriftsatze fertigt. Die in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO vorgesehene\nRahmengebuhr ist gemaß § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO mit Rucksicht auf die\nBedeutung der Angelegenheit fur die Antragsgegnerin und mit Rucksicht auf die\nSchwierigkeit der anwaltlichen Tatigkeit, insbesondere bezuglich der Frage der\nZulassigkeit des Rechtsweges, auf 10/10 der vollen Gebuhr festzusetzen. Die\nHohe dieser Gebuhr kann auch nicht als unbillig im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz\n2 BRAGO angesehen werden.\n\n6\n\nSoweit in der Kommentarliteratur und - ihr folgend - vom Urkundsbeamten der\nGeschaftsstelle unter Bezugnahme auf den vorgenannten Beschluss des OVG NRW\ndie Ansicht vertreten wird, dass die bei einem Anwalt entstandenen Kosten\nnicht festgesetzt werden durfen, wenn dieser Anwalt nicht im Rubrum aufgefuhrt\nworden ist (so Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Auflage\n2000, § 164 Randziffer 1 und Olbertz in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,\nVerwaltungsgerichtsordnung, Stand: Januar 2003, § 164 Randziffer 22) kann dem\nschon deshalb nicht gefolgt werden, weil das OVG NRW in dem angefuhrten\nBeschluss lediglich die Festsetzung einer Prozessgebuhr, nicht aber einer\nsonstigen Geschaftsgebuhr abgelehnt hat. Abgesehen davon gibt schon der\nWortlaut der §§ 164 und 162 Abs. 1 und 2 VwGO nichts dafur her, dass Gebuhren\nund Auslagen eines Anwaltes nur dann erstattungsfahig sind, wenn der Anwalt im\nRubrum erscheint. Vielmehr ist fur die Falle, in denen der Anwalt nicht im\nRubrum angefuhrt wird, weil er nicht im Verfahren aufgetreten ist, die\nGeschaftsgebuhr im Sinne des § 118 Abs. 1 BRAGO vorgesehen. Die vom\nUrkundsbeamten der Geschaftsstelle in diesem Zusammenhang angeregte\nBerichtigung des Einstellungsbeschlusses gemaß § 118 Abs. 1 VwGO kommt schon\ndeshalb nicht in Betracht, weil der Einstellungsbeschluss im Zeitpunkt seines\nErgehens nicht unrichtig war mit Rucksicht darauf, dass zu diesem Zeitpunkt\nfur die Antragsgegnerin ihre spateren Verfahrensbevollmachtigten noch nicht\naufgetreten waren (so schon zutreffend OVG NRW, Beschluss vom 18. April 1955 -\nII B 261/55 -, a. a. O.).\n\n7\n\nMithin muss in dem Antrag der Verfahrensbevollmachtigten der Antragsgegnerin\nauf Festsetzung der Kosten vom 5. Marz 2003 die Prozessgebuhr durch die\nGeschaftsgebuhr ersetzt werden. Die gleichzeitig geltend gemachten Auslagen\nsind nicht zu beanstanden.\n\n8\n\nDie Befugnis des Gerichts, den Kostenbeamten der Geschaftsstelle anzuweisen,\nauf dieser Grundlage uber den Kostenfestsetzungsantrag vom 5. Marz 2003 zu\nentscheiden, ergibt sich aus § 173 VwGO i. V. m. einer entsprechenden\nAnwendung von § 572 Abs. 3 ZPO (Happ in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung,\n11. Auflage 2000, § 151 Randziffer 4; Baader, Verwaltungsgerichtsordnung,\nKommentar auf der Grundlage der hochstrichterlichen Rechtsprechung, 2. Auflage\n2003, § 151 Randziffer 4 und Meyer-Ladewig, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner,\nVerwaltungsgerichtsordnung, a. a. O., § 151 VwGO, Randziffer 4).\n\n9\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 5 Abs. 6 GKG.\n\n
292,739
ovgnrw-2003-05-09-16-a-141703
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
16 A 1417/03
2003-05-09
2019-03-12 09:58:35
2020-12-10 12:51:52
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2003:0509.16A1417.03.00
## Tenor\n\nDer Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.\n\nDer Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.\n\nDer Klager tragt die Kosten des gerichtskostenfreien Rechtsmittelverfahrens.\n\n \n1\n\nGrunde:\n\n2\n\nDer vom Klager mit Schreiben vom 15. Januar 2003 gestellte Antrag auf\nBewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung von Rechtsanwalt A. aus\nC. fur das Rechtsmittelverfahren ist abzulehnen, weil diese Rechtsverfolgung\naus den nachstehenden Grunden entgegen § 166 VwGO iVm § 114 ZPO keine\nhinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.\n\n3\n\nDer Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulassig. Der Klager hat die Frist\nzur Antragsbegrundung gemaß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO versaumt. Nach dieser\nVorschrift sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollstandigen\nUrteils die Grunde darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Das mit\neiner ordnungsgemaßen Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil wurde dem Klager\nam 20\\. Dezember 2002 zugestellt, die Begrundungsfrist lief mithin mit Ende\ndes 20\\. Februar 2003 ab. Eine Antragsbegrundung ist jedoch bis heute nicht\nvorgelegt worden. Es spricht auch nichts dafur, dass dem Klager im Hinblick\ndarauf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewahren sein konnte, dass im\nZeitpunkt des Fristablaufs noch nicht uber seinen Prozesskostenhilfeantrag\nentschieden worden war; dafur ist schon deshalb kein Raum, weil der\nProzessbevollmachtigte des Klagers in seinem Antragsschriftsatz vom 20. Januar\n2003 die fristgemaße Antragsbegrundung angekundigt hatte, ohne dies von der\nvorherigen Prozesskostenhilfebewilligung abhangig zu machen.\n\n4\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 und 188 Satz 2 VwGO.\n\n5\n\nDieser Beschluss ist gemaß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.\n\n6\n\n
292,744
olgham-2003-05-09-11-uf-32102
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
11 UF 321/02
2003-05-09
2019-03-12 09:58:42
2020-12-10 12:51:52
Urteil
ECLI:DE:OLGHAM:2003:0509.11UF321.02.00
## Tenor\n\nAuf die Berufung des Beklagten wird das am 06. September 2002 verkundete\nUrteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bottrop abgeandert und wie folgt\nneu gefasst.\n\nDer Beklagte wird verurteilt, an die Klagerin wie folgt nachehelichen\nUnterhalt zu zahlen:\n\na)\n\nfur Dezember 2001 restliche 19,60 €;\n\nb)\n\nfur die Zeit von Januar 2002 bis Dezember 2002 monatlich 671,00 €;\n\nc)\n\nab Januar 2003 monatlich 320,- €.\n\nIm ubrigen wird die Klage abgewiesen.\n\nDie weitergehende Berufung wird zuruckgewiesen.\n\nDie Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgeho-ben\n\nVon den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klagerin 2/5 und der Be-\nklagte 3/5.\n\n.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\n \n1\n\n** _Tatbestand_**\n\n2\n\nDie Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten um nachehelichen\nUnterhalt. Dem liegt folgendes zu Grunde:\n\n3\n\nDer Beklagte ist kaufmannischer Angestellter, die Klagerin Kosmetikerin. Sie\nhat sich wahrend der Ehezeit ab dem 31.08.1996 mit einem Kosmetikstudio\nselbstandig gemacht, das sie zunachst allein und spater zusammen mit einer\nVollzeitkraft betrieben hat. Am 31.03.1998 hat sie die Tochter O geboren und\nbereits 14 Tage danach ihre Berufstatigkeit wieder aufgenommen. Das war\nmoglich, weil die Eltern beider Parteien bereit waren, sich wahrend der\nberuflichen Abwesenheit der Klagerin um das Kind zu kummern. Nach der Trennung\nder Eheleute im Mai 1998 blieb O bei der Klagerin, die dennoch ihre\nBerufstatigkeit fortsetzen konnte, weil auch ihre Eltern und Schwiegereltern\nwie bisher bei der Betreuung mitwirkten.\n\n4\n\nDie Scheidung erfolgte im Sommer 1999. Hinsichtlich des Unterhalts einigte man\nsich, dass der Beklagte fur O monatlich 345,- DM und fur die Klagerin selbst\nmonatlich 1.275,- DM zahlte.\n\n5\n\nIm November 1999 zog der neue Freund der Klagerin, der Zeuge T, der als\nFernfahrer tatig war und nur am Wochenende nach Hause kam, in deren Wohnung\nein. Im Juni 2000 mietete er wieder eine eigene Wohnung, weil es zu Spannungen\nin der Beziehung gekommen war. Er hat dann nach der Ruckkehr von seinen\nFernfahrten zunachst haufiger die eigene Wohnung aufgesucht, die Samstage und\nSonntage aber weiterhin bei der Klagerin verbracht. Im Dezember 2000 hat er\nseine Wohnung fur drei Monate einer Freundin der Klagerin uberlassen. Im Juli\n2001 hat er die Wohnung wieder aufgegeben. Im Oktober 2001 hat er seine\nAnstellung als Fernfahrer verloren und war ein knappes Jahr arbeitslos. Seit\ndem 16.07.2002 arbeitet er als Gleisbaufachwerker bei der Firma L.\n\n6\n\nIm Hinblick auf das Zusammenleben mit Herrn T hat der Beklagte im November\n2001 angekundigt, die Zahlung von Ehegattenunterhalt ab dem 01.01.2002\neinzustellen. Die Klagerin hat daraufhin Auskunft uber das Einkommen des\nBeklagten verlangt. In diesem Zusammenhang ist zunachst der Kindesunterhalt\ngeregelt worden. Der Beklagte hat sich durch Errichtung einer\nJugendamtsurkunde verpflichtet, 520,- DM ./. 150,- DM Kindergeldanteil\n(Einkommensgruppe 7, Altersstufe 1) zu zahlen. Fur sich selbst hat die\nKlagerin dann mit Schreiben vom 03.12.2001 mit sofortiger Wirkung\nEhegattenunterhalt in Hohe von monatlich 1.539,80 DM verlangt und unmittelbar\ndanach Klage auf Zahlung dieses Betrages ab Januar 2002 erhoben. Zugleich hat\nsie fur Dezember 2001 einen Ruckstand von 264,80 DM geltend gemacht.\n\n7\n\nSie hat die Einkunfte des Beklagten mit monatlich 4.209,80 DM beziffert und\nwie folgt gerechnet:\n\n8\n\ndurchschnittliches Nettoeinkommen des Beklagten 4.209,80 DM\n\n9\n\n./. Tabellenunterhalt fur O _520,00 DM_\n\n10\n\nverbleiben 3.689,80 DM\n\n11\n\ndavon 3/7 1.581,34 DM\n\n12\n\nIm Hinblick auf den Bedarfskontrollbetrag der 7. Einkommensgruppe der\nDusseldorfer Tabelle hat sie ihren Anspruch auf 1.539,80 DM begrenzt. Die\neigenen Einkunfte aus selbstandiger Tatigkeit hat die Klagerin auf\ndurchschnittlich 272,- DM pro Monat beziffert (Bl. 62). Sie hat gemeint, weder\ndieser Betrag noch ein eventuell fiktiv zuzurechnendes Versorgungsentgelt\nkonne fur die Bedarfsberechnung eine Rolle spielen, weil ihr angesichts der\nVersorgung und Erziehung der Tochter ein Betreuungsbonus in gleicher Hohe\nzustehe.\n\n13\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n14\n\nden Beklagten zu verurteilen, an sie fur Dezember 2001 restliche 264,80 DM =\n135,39 € und ab Januar 2002 monatlich 1.539,80 DM = 787,29 € zu zahlen.\n\n15\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n16\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n17\n\nEr hat geltend gemacht, bei der Berechnung seines Einkommens sei die bisher\nerzielte Steuererstattung nicht mehr in gleicher Weise zu berucksichtigen,\ndenn sie beruhe weitgehend auf dem Realsplitting und werde kunftig geringer\nausfallen, weil er keinen oder nur noch geringen Ehegattenunterhalt schulde.\nDie Klagerin lebe namlich mit dem Zeugen T in eheahnlicher Gemeinschaft, so\ndass der Unterhaltsanspruch verwirkt sei. Der Annahme einer seit mehr als drei\nJahren bestehenden Lebensgemeinschaft stehe weder entgegen, dass sich der neue\nPartner bis einschließlich Oktober 20001 berufsbedingt nur am Wochenende in\nder Wohnung der Klagerin aufgehalten habe, noch die Tatsache, dass der Partner\nvon Juni 2000 bis Juli 2001 eine eigene Wohnung gehabt habe. Die Beziehung sei\nnamlich nur im Marz 2000 nach Streitereien fur 4 Tage beendet gewesen.\n\n18\n\nDas Amtsgericht hat der Klagerin ab Januar 2002 Unterhalt in Hohe von\nmonatlich 728,- € zugesprochen und fur Dezember 2001 einen Ruckstand von 76,10\n€ errechnet. Es hat gemeint, die Einkunfte der Klagerin aus dem Betrieb eines\nKosmetikstudios seien zwar uberobligatorisch, aber dennoch teilweise in eine\nDifferenzberechung einzustellen. Von ihrem durchschnittlichen Gewinn von\nmonatlich 848,- € seien neben den Aufwendungen fur die Krankenversicherung\nauch diejenigen fur die von ihr unterhaltene Lebensversicherung abzusetzen,\nletztere aber nur in angemessener Hohe von monatlich 200,- €. Dann blieben\nmonatlich 387,- €, wovon 200,- € in die Differenzberechung einzustellen seien.\n\n19\n\nEine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs komme noch nicht in Betracht;\nVoraussetzung sei entweder eine Unterhaltsgemeinschaft, die nicht bestehe\n(keine gemeinsame Kasse), oder die Verfestigung der neuen Partnerbeziehung zu\neiner eheahnlichen Gemeinschaft. Letzteres setze eine Zeitdauer von 2 bis 3\nJahren voraus. Dieser Zeitrahmen sei noch nicht erreicht, denn maßgebliche\nZasur fur die Beurteilung der Verfestigung sei erst die Aufgabe der eigenen\nWohnung durch den Partner T im Juli 2001.\n\n20\n\nGegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er\nseinen Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgt. Er rugt, dass das\nAmtsgericht die eigenen Einkunfte der Klagerin zu Unrecht als\nuberobligatorisch behandelt habe, denn es liege nur die Fortfuhrung einer\nbereits in der Ehe aufgenommenen Tatigkeit vor.\n\n21\n\nDaruber hinaus stellt er zur Überprufung, ob nicht doch eine eheahnlich\nverfestigte Gemeinschaft der Klagerin mit ihrem neuen Partner anzunehmen sei.\nDer Zeitraum, in dem der Zeuge eine eigene Wohnung gehabt habe, bilde keine\nZasur, weil der Zeuge nur geringfugig von der Moglichkeit Gebrauch gemacht\nhabe, sich in seine eigene Wohnung zuruckzuziehen. Der Zeuge verfuge seit Juli\n2002 auch wieder uber ein Einkommen von monatlich mindestens 1.400,- €, so\ndass der neuen Lebensgemeinschaft auch genugend Geld zur Verfugung stehe.\n\n22\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n23\n\ndie Klage abandernd abzuweisen.\n\n24\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n25\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n26\n\nSie verteidigt das Urteil des Amtsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung\nihres erstinstanzlichen Vorbringensl. Sie beruft sich zur Auffullung der\ngeltend gemachten Betrage hilfsweise auf ihren Anspruch auf\nAltersvorsorgeunterhalt.\n\n27\n\nSie macht geltend, ihr neuer Partner konne nicht mehr als monatlich 450,- € zu\nden Kosten fur die Wohnung und die Lebenshaltung beitragen, weil er nicht nur\neinem Kind mit monatlich 269,- € unterhaltspflichtig sei, sondern auch\ntitulierte Schulden aus fruherer Selbstandigkeit in Hohe von 90.000,- € habe,\nauf die er demnachst pro Monat 500,- € zahlen wolle. Außerdem musse er fur G\nwegen aufgelaufener Unterhaltsruckstande seit August 2002 monatlich 307,- €\naufbringen.\n\n28\n\nVon einer verfestigten Gemeinschaft zwischen ihr und Herrn T konne noch nicht\nausgegangen werden. Sie seien sich keinesfalls sicher, ob sie auf Dauer\nzusammenbleiben wollten, denn die Beziehung sei nicht unproblematisch. Es gebe\nnach wie vor Hohen und Tiefen. Der Zeuge durfe beispielsweise das Haus ihrer\nEltern nicht betreten, weil er sich ihnen gegenuber einer Unterschlagung\nschuldig gemacht habe.\n\n29\n\nIhre eigene Berufstatigkeit sei sehr wohl als uberobligatorisch anzusehen. Sie\nkonne diese nur dank der Hilfe von Eltern und Schwiegereltern ausuben und\nstehe dennoch haufig vor erheblichen organisatorischen Problemen. Insbesondere\nhabe sie Kosten und Zeitaufwand, um O zum Kindergarten und sonstigen\nAktivitaten zu bringen und abends wieder von den Großeltern abzuholen. Sie\nware jederzeit berechtigt, ihre Tatigkeit wieder aufzugeben, wolle sie aber\nbeibehalten, um irgendwann - auch zum Vorteil des Beklagten - auf eigenen\nBeinen stehen zu konnen.\n\n30\n\nWegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt\nder gewechselten Schriftsatze Bezug genommen.\n\n31\n\nDer Senat hat den Zeugen T zu seien Einkunften und Belastungen vernommen.\n\n32\n\n** _Entscheidungsgr unde_**\n\n33\n\nDie Berufung ist zulassig. Sie hat fur die Zeit bis Dezember 2002 in geringem,\nfur die Zeit danach in deutlich großerem Umfang Erfolg.\n\n34\n\nDer Beklagte zieht nicht in Zweifel, der Klagerin gemaß den §§ 1570, 1573 Abs.\n2 BGB aufstockenden Betreuungsunterhalt zu schulden, weil sie ihren Bedarf\nnach den ehelichen Lebensverhaltnissen aus den eigenen Einkunften nur\nteilweise bestreiten kann. Streitig ist nur die Hohe und die Frage der\nVerwirkung. Nach den in zweiter Instanz getroffenen Feststellungen ergeben\nsich folgende, nach Zeitabschnitten variierende Anspruche:\n\n35\n\n**1\\. Dezember 2001:**\n\n36\n\n 1. Einkunfte des Beklagten:\n\n37\n\nDen Durchschnittsverdienst des Beklagten im Jahre 2001 hat die Klagerin\neinschließlich der Steuererstattung auf 4.209,80 DM beziffert. Das hat der\nBeklagte fur 2001 ausdrucklich als richtig bestatigt.\n\n38\n\nAbzuziehen ist der einverstandlich festgelegte Kindesunterhalt fur O in Hohe\nvon monatlich 520,- DM. Weitere das Einkommen vermindernde Lasten werden nicht\ngeltend gemacht.\n\n39\n\n 2. Einkunfte der Klagerin:\n\n40\n\na) Einkunfte aus Erwerbstatigkeit:\n\n41\n\naa)\n\n42\n\nEntgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die Einkunfte der Klagerin nicht\nals uberobligatorisch zu bewerten, sondern in voller Hohe nach der\nDifferenzmethode in die Bedarfsberechnung einzustellen.\n\n43\n\nDie Klagerin betreibt ihr Kosmetikstudio seit 1996. Bei Aufnahme dieser\nTatigkeit war die Ehe zwar kinderlos, doch hat die spatere Geburt der Tochter\nO zu keiner Änderung im Arbeitseinsatz gefuhrt. Vielmehr ist in der\nBerufungsinstanz unwidersprochen geblieben, dass die Klagerin ihre Tatigkeit\nbereits zwei Wochen nach der Geburt des Kindes wieder aufgenommen hat. Das war\norganisatorisch deshalb kein Problem, weil die Eltern beider Parteien zur\nBetreuung von O bereit und in der Lage waren (was sie bis heute fortsetzen).\n\n44\n\nUnter diesen Umstanden ist die Fortfuhrung der Tatigkeit trotz der Trennung\nnicht unzumutbar. Zwar ist richtig, dass die Klagerin angesichts des Alters\nvon O grundsatzlich noch nicht arbeiten musste, die Eheleute haben aber\nwahrend der Ehe auf Grund gemeinsamer Lebensplanung eine andere\nRollenverteilung als ublich gewahlt. Grundsatzlich ist allein diese\nindividuelle Sicht maßgeblich. Was die Partner lange Zeit fur zumutbar\ngehalten haben, kann nicht spater zum eigenen Vorteil fur unzumutbar erklart\nwerden (Kalthoener/Buttner, Die Rechtsprechung zur Hohe des Unterhalts, 8.\nAuflage, Rdnr. 61).\n\n45\n\nAnderes kann nur gelten, wenn sich durch die Trennung die Moglichkeit der\nKinderbetreuung grundlegend andert, so dass die Erwerbstatigkeit wesentlich\nerschwert oder unmoglich wird. Das aber ist hier offenbar nicht der Fall, denn\ndie Eltern beider Parteien stehen auch heute fur die Betreuung von O zur\nVerfugung.\n\n46\n\nbb)\n\n47\n\nBei selbstandiger Tatigkeit ist das anrechenbare Einkommen zum Ausgleich\nublicher Einkommensschwankungen grundsatzlich aus dem Gewinn der letzten drei\nJahre zu berechnen. Das Amtsgericht hat zwar aus seiner Sicht zu Recht nur die\nEinkunfte der Jahre 2000 und 2001 zu Grunde gelegt, da jetzt aber weitere und\nfur 2001 statt der vorlaufigen endgultige Zahlen vorliegen, ist unter\nZugrundelegung eines Dreijahreszeitraums neu zu rechnen. Dabei sind fur 2001\nsind die endgultigen Zahlen aus der inzwischen erstellten Gewinn- und\nVerlustrechnung anzusetzen, fur 2002 die vorlaufigen Zahlen der\nbetriebswirtschaftlichen Buchfuhrung. Daraus ergibt sich folgender\ndurchschnittlicher Gewinn:\n\n48\n\nGewinn 2000 16.572,34 DM\n\n49\n\nGewinn 2001 (Bl. 230) 20.290,46 DM\n\n50\n\nGewinn 2002 (Bl. 239:11.305,02 €) _22.110,70 DM_\n\n51\n\nZusammen 58.973,50 DM\n\n52\n\ndavon 1/36 1.638,15 DM\n\n53\n\nb)\n\n54\n\nDie Zurechnung eines Entgelts fur die Versorgung des Zeugen T kommt nicht in\nBetracht, denn im Dezember 2001 und weitergehend bis zum 15.07.2002 war der\nZeuge arbeitslos, wahrend die Klagerin berufstatig war. Dann ist nicht\nersichtlich, dass sie mehr als er im Haushalt getan hatte.\n\n55\n\nc) Abzuge:\n\n56\n\naa)\n\n57\n\nDie Klagerin belegt fur das Jahr 2000 festgesetzte Steuern von 345,63 € =\n675,99 DM, hat diese aber erst im Jahr 2002 entrichtet. Da das sogenannte "In-\nPrinzip" gilt, sind diese Lasten auch erst fur 2002 zu berucksichtigen.\n\n58\n\nbb)\n\n59\n\nDie Aufwendungen fur die Krankenversicherung sind mit 5.206,- DM unstreitig.\nSie sind notwendig und daher abzusetzen.\n\n60\n\ncc)\n\n61\n\nDie Klagerin hat im Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer selbstandigen\nTatigkeit eine Lebensversicherung abgeschlossen und seither aus den von ihr\nerwirtschafteten Mitteln bedient, im Jahre 2001 mit monatlich 587,95 DM\n(6.947,48 DM : 12 Monate). Diese Aufwendungen zur Altersvorsorge hat der\nBeklagte als zu hoch beanstandet. Das Amtsgericht ist dem gefolgt und hat nur\neinen monatlichen Beitrag von 200,- € berucksichtigt.\n\n62\n\nDer Senat halt demgegenuber fur angemessen, die Vorsorgeaufwendungen in voller\nHohe abzuziehen. Wenn einerseits bei der Prufung, ob die Einkunfte der\nKlagerin als uberobligatorisch oder pragend zu werten sind, auf die gemeinsame\nLebensplanung der Parteien abgestellt wird, ist andererseits nach dem Gebot\neinheitlicher Betrachtung auch als pragend zu akzeptieren, dass die Klagerin\nschon wahrend der Ehe einen uberproportional hohen Anteil des erwirtschafteten\nGewinns fur ihre Altersvorsorge einbezahlt hat.\n\n63\n\ndd)\n\n64\n\nDie Klagerin macht geltend, sie habe durch die Betreuung von O bedingte\nFahrtkosten, da sie diese morgens zum Kindergarten bringen und abends von den\nGroßeltern abholen musse. Die Erorterung im Senatstermin hat aber ergeben,\ndass der Kindergarten bzw. die Wohnungen der Eltern bzw. Schwiegereltern auf\ndem Weg zur Arbeit liegen. Bringen und Holen der Tochter verursacht also keine\nKosten, die uber die schon in der Gewinn- und Verlustrechnung berucksichtigten\nberufsbedingten Fahrtkosten hinausgehen.\n\n65\n\ne)\n\n66\n\nAuf Grund der erorterten Zahlen ergeben sich folgende pragende Einkunfte:\n\n67\n\nDurchschnittsgewinn 1.638,15 DM\n\n68\n\n./. Krankenkassenbeitrag (1/12 von 5.206,- DM) 433,83 DM\n\n69\n\n./. Lebensversicherung (1/12 von 6.947,48 DM) _578,96 DM_\n\n70\n\nverbleiben 625,36 DM\n\n71\n\n1.3\n\n72\n\nDann errechnet sich folgender Bedarf der Klagerin:\n\n73\n\nEinkommen des Beklagten 4.209,80 DM\n\n74\n\n./. anerkannter Tabellenunterhalt fur O _520,00 DM_\n\n75\n\nverbleiben 3.689,80 DM\n\n76\n\n./. anrechenbares Einkommen des Klagerin _625,36 DM_\n\n77\n\nDifferenz 3.064,44 DM\n\n78\n\ndavon 3/7 1.313,33 DM\n\n79\n\n1.4\n\n80\n\nDie Differenz zu dem vom Amtsgericht errechneten Anspruch von 728,- € =\n1.423,84 DM mit einem Anspruch auf Altervorsorgeunterhalt aufzufullen, kommt\nerst ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung, also ab Dezember 2002 in Betracht,\ndenn Altersvorsorgeunterhalt aus der Vergangenheit kann nach der\nRechtsprechung des Senats nicht nachgefordert werden (vgl. OLG Hamm OLG-Report\n99, 157).\n\n81\n\n 5. Verwirkung:\n\n82\n\nVerwirkung gemaß § 1579 Ziffer 7 BGB ist nicht anzunehmen. Sie kame nur unter\nzwei Gesichtspunkten in Betracht: bei ehegleicher okonomischer Solidaritat mit\ndem neuen Partner - dann muss der Berechtigte in der Beziehung sein Auskommen\nfinden - oder bei Bestehen einer festen sozialen Beziehung, wobei die\nSicherstellung des Unterhalts nur eine untergeordnete Rolle spielt, soweit\nnicht Kindesbelange betroffen sind (vgl. Kalthoener/Buttner, a.a.O., Rdnr.\n1117 ff.).\n\n83\n\nEine Unterhaltsgemeinschaft, die gemeinsames Wirtschaften voraussetzt, wird\nnicht einmal behauptet. Vielmehr beruft sich der Beklagte nur auf das Bestehen\neiner verfestigten sozialen Beziehung. Deren Annahme setzt voraus, dass sich\ndie Beziehung als dauerhaft erwiesen hat, namlich uber einen Zeitraum von 2\nbis 3 Jahren alle ublichen Krisen einer solchen Partnerschaft uberdauert hat.\nNur dann kann vom ernsthaften Willen eines dauerhaften Zusammenlebens\nausgegangen werden.\n\n84\n\nIm Dezember 2001 bestand die Beziehung erst rund 2 Jahre und war von Juni 2000\nbis Juli 2001 lockerer gewesen, weil sich der Partner T in dieser Zeit noch\neinmal eine eigene Wohnung genommen hatte. Auch wenn die Beziehung in dieser\nZeit, wie die Klagerin selbst betont, nicht abgebrochen war, sondern wie\nbisher in der Form der Wochenendkontakte fortbestand, rechtfertigt diese\nTatsache doch zumindest, die von der Rechtsprechung zur Feststellung der\nErnsthaftigkeit geforderte Frist von 2 bis 3 Jahren voll auszuschopfen. Also\nkommt eine Verwirkung erst ab 2003 in Betracht.\n\n85\n\n 6. Abrechnung:\n\n86\n\nDa der Beklagte fur Dezember bereits 1.275,- DM gezahlt hat, verbleibt nur ein\nRestanspruch von 38,33 DM (1.313,33 DM ./. 1.275,00 DM), das sind 19,60 €.\n\n87\n\n**2\\. Anspr uche fur die Zeit vom 01.01. bis 15.07.2002:**\n\n88\n\n2.1 Einkunfte des Beklagten:\n\n89\n\na)\n\n90\n\nDer Beklagte hat im Lauf des Jahres 2002 mehrfach den Arbeitsplatz gewechselt,\nso dass die bisherigen Einkunfte, anders als vom Amtsgericht angenommen, nicht\neinfach fortgeschrieben werden konnen. Vielmehr ist der tatsachlich erzielte\nDurchschnittsverdienst an Hand der jetzt komplett vorliegenden Unterlagen wie\nfolgt zu berechnen:\n\n91\n\nJan. 02 (Bl. 141) 1.821,30 €\n\n92\n\nFeb. 02 (Bl. 142) 1.821,30 €\n\n93\n\nMarz 02 (Bl. 143) 1.821,30 €\n\n94\n\nApril 02 (Bl. 144) _2.241,81 €_\n\n95\n\nGesamtverdienst Fa. C 7.705,71 €\n\n96\n\nVerdienst Fa. G2 KG (Abrechnung Mai - Oktober 02, Bl. 150) 10.970,38 €\n\n97\n\nArbeitslosengeld (Bl. 154) 457,20 €\n\n98\n\nVerdienst Fa. M GmbH (Abrechnung 12/02, Bl. 158) _3.057,73 €_\n\n99\n\nGesamtverdienst 22.191,02 €\n\n100\n\ndavon 1/12 1.849,25 €\n\n101\n\nb)\n\n102\n\nDie Steuererstattung hat gemaß dem Bescheid vom 17.04.2002 2.274,12 €\nbetragen, das sind monatsanteilig 189,51 €.\n\n103\n\nc)\n\n104\n\nDer auf der Basis eines Tabellenbetrages von 520,- DM = 265,87 € anerkannte\nKindesunterhalt ist in voller Hohe abzusetzen. Warum das Amtsgericht nur mit\ndem Tabellenbetrag nach Einkommensgruppe 6 in Hohe von 254,- € gerechnet hat,\nist nicht ersichtlich, denn keine Partei tragt vor, dass der hoher titulierte\nKindesunterhalt nur noch auf dieser geringeren Basis gezahlt werde.\n\n105\n\nd)\n\n106\n\nAlso ergibt sich ein folgendes Durchschnittseinkommen:\n\n107\n\nDurchschnittliches Erwerbseinkommen 1.849,25 €\n\n108\n\nSteuererstattung _189,51 €_\n\n109\n\n2.038,76 €\n\n110\n\n./. anerkannter Tabellenunterhalt fur O _265,87 €_\n\n111\n\nverbleiben 1.772,89 €\n\n112\n\n2.2 Einkunfte der Klagerin:\n\n113\n\nAuch die Einkunfte der Klagerin sind neu zu berechnen, weil sich die Beitrage\nzur Krankenversicherung und zur Lebensersicherung erhoht haben und erstmals\nSteuern auf den Gewinn aus dem Gewerbebetrieb zu zahlen waren: fur das Jahr\n2000 345,63 € (Bl. 202) sowie zweimal 181,- € als Vorauszahlung fur 2002.\nInsgesamt sind das 707,63 €, monatsanteilig also 58,97 € = 115,33 DM.\n\n114\n\nAlso ergibt sich als anrechenbares Einkommen:\n\n115\n\nDurchschnittsgewinn 1.638,15 DM\n\n116\n\n./. Krankenkassenbeitrag (261,06 € gemaß Bl. 91) 510,59 DM\n\n117\n\n./. Lebensversicherung (606,64 DM gemaß Bl. 92) 606,64 DM\n\n118\n\n./. Steuern _115,33 DM_\n\n119\n\nverbleiben 405,59 DM\n\n120\n\nin Euro 207,38 €\n\n121\n\n2.3\n\n122\n\nAus den vorstehenden Zahlen errechnet sich als Bedarf der Klagerin:\n\n123\n\nEinkommen des Beklagten 1.772,89 €\n\n124\n\n./. anrechenbares Einkommen des Klagerin _207,38 €_\n\n125\n\nDifferenz 1.565,51 €\n\n126\n\ndavon 3/7 670,93 €\n\n127\n\nAufgerundet sind das 671,- €.\n\n128\n\n**3\\. Anspr uche fur die Zeit vom 16.07. bis 30.11.2002**\n\n129\n\nEs stellt sich die Frage, ob der Klagerin nunmehr ein fiktives\nVersorgungsentgelt zuzurechnen ist, nachdem ihr Lebensgefahrte ab dem\n16.07.2002 wieder eine Erwerbstatigkeit aufgenommen hat. Die Frage ist aber zu\nverneinen, so dass es bei dem unter Abschnitt 2 errechneten Unterhaltsanspruch\nbleibt.\n\n130\n\nDie Klagerin hat zur Erledigung der Aufgaben im Haushalt vorgetragen, dass man\ndie Zubereitung der Mahlzeiten sowie die Putz- und Aufraumarbeiten teile. Nur\ndie Wasche und das Einkaufen erledige sie fur ihren Lebensgefahrten mit. Dem\nhat der Beklagte nicht widersprochen.\n\n131\n\nDa hier beide Partner vollschichtig erwerbstatig sind, ist davon auszugehen,\ndass sie auch die Hausarbeit im Ergebnis gerecht untereinander aufteilen. In\neinem solchen Verhaltnis ist kein Versorgungsentgelt geschuldet.\n\n132\n\n**4\\. Anspruch f ur Dezember 2002:**\n\n133\n\nDie Klagerin hat mit Schriftsatz vom 11.11.2002 erganzend\nAltersvorsorgeunterhalt geltend gemacht und damit den zuerkannten Anspruch\nhilfsweise aufgefullt. Zwar gehoren zum Unterhalt des geschiedenen Ehegatten\ngemaß § 1578 Abs. 3 BGB auch die Kosten einer angemessenen Versicherung fur\nden Fall des Alters, so dass grundsatzlich in Betracht kame, ab Dezember\nAltersvorsorgeunterhalt zuzusprechen. Der Anspruch scheitert aber daran, dass\ndieser Bedarf bereits durch die von der Klagerin aus dem Gewinn ihres\nGewerbebetriebs finanzierte Lebensversicherung gedeckt ist.\n\n134\n\nDer Elementarunterhalt, uber den die Klagerin verfugen kann, belauft sich auf\n878,38 € (671,00 € \\+ 207,38 €). Daraus errechnet sich nach der Bremer Tabelle\nfolgender Anspruch auf Vorsorgeunterhalt:\n\n135\n\na)\n\n136\n\nBerechnung der Bruttobemessungsgrundlage:\n\n137\n\n878,38 € * 119 % = 1.045,27 €\n\n138\n\nb)\n\n139\n\nDaraus ergibt sich nach dem fur 2002 gultigen Beitragssatz in der\nRentenversicherung von 19,1 % ein angemessener Vorsorgebeitrag von 199,64 €,\nwahrend die Klagerin tatsachlich bereits 606,64 DM = 310,17 € fur ihre\nAltersvorsorge aufwendet und aufwenden kann. Also gibt es insoweit keine\nBedarfslucke, so dass es bei dem oben errechneten Anspruch von 671,00 €\nbleibt.\n\n140\n\n**5\\. Anspr uche ab Januar 2003:**\n\n141\n\n5.1 Einkunfte des Beklagten:\n\n142\n\nDer Beklagte verdient bei einem Bruttolohn von rund 3.100,- € netto rund 1.840\n€ (Bl. 214). Hinzu kommt ein zusatzliches Urlaubsgeld von brutto 383,40 €,\nhingegen kein Weihnachtsgeld. Also wird sich im Jahr 2003 gegenuber dem\nDurchschnittseinkommen fur 2002 in Hohe von 1.849,25 € kein maßgeblich hoheres\nEinkommen ergeben.\n\n143\n\nAuch die Steuererstattung kann fur 2003 fortgeschrieben werden, denn fur das\nSteuerjahr 2002 kann der Beklagte das Realsplitting noch wie bisher in\nAnspruch nehmen.\n\n144\n\nInsoweit erscheint gerechtfertigt, dass fur 2002 ermittelte bereinigte\nDurchschnittseinkommen von 1.772,89 € fortzuschreiben.\n\n145\n\n5.2\n\n146\n\nAuf Seiten der Klagerin steigt der Krankenkassenbeitrag auf 277,77 €, der\nBeitrag zur LV auf 325,- €. Das fuhrt zu einer Mehrbelastung von monatlich\nrund 31,- €, wahrend die Steuervorauszahlungen 42,33 € pro Monat betragen (4 *\n127,- € : 12 Monate) und damit unter der fur 2002 berucksichtigten Belastung\nvon monatlich 58,97 € liegen.\n\n147\n\nDa die Einnahmen aus dem Kosmetikstudio bisher noch jedes Jahr gestiegen sind,\nerscheint auch hier gerechtfertigt, die fur 2002 ermittelten Einnahmen\nfortzuschreiben.\n\n148\n\n5.3\n\n149\n\nDann bleibt es auch bei dem bisherigen eheangemessenen Bedarf von 671,- €.\nDieser Betrag ist aber gemaß § 1579 Ziffer 7 BGB teilweise zu kurzen. Nach den\nunstreitigen Tatsachen geht der Senat davon aus, dass sich die zwischen der\nKlagerin und dem Zeugen T seit November 1999 bestehende Beziehung inzwischen\neheahnlich verfestigt hat. Im Hinblick darauf ware es auch unter\nBerucksichtigung der Kindesbelange grob unbillig, den Beklagten weiterhin zu\nungekurzter Zahlung des eheangemessenen Bedarfs zu verpflichten.\n\n150\n\na)\n\n151\n\nDas Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Zeit, in der der Zeuge T eine\neigene Wohnung angemietet hatte, als Zurechnungszeit fur die Bewertung der\nBeziehungsstabilitat ausscheide, so dass noch keine hinreichend verfestigte\nGemeinschaft anzunehmen sei. Das halt der Senat fur verfehlt.\n\n152\n\nZwar trifft zu, dass sich die Ernsthaftigkeit und Festigkeit einer Beziehung\nnur daran erweisen kann, dass sie auch den Belastungen des Alltags standhalt,\naber auch ohne einen gemeinsamen Haushalt konnen diese Voraussetzungen\nangenommen werden, wenn die Beziehung genugend intensiv ist (BGH NJW 2002,\n217).\n\n153\n\nEin solcher Fall liegt hier vor. Auch wenn das Anmieten einer eigenen Wohnung\nnach versuchter Begrundung eines gemeinsamen Haushalts im November 1999 ein\nklares Anzeichen fur eine Distanzierung war und Zweifel an der Richtigkeit der\nEntscheidung zum Zusammenleben zum Ausdruck brachte, ist andererseits auch\nunstreitig, dass die Beziehung trotz der Anmietung einer eigenen Wohnung durch\nden Zeugen T zu keiner Zeit beendet, sondern im wesentlichen wie zuvor\nfortgefuhrt worden ist. Nur am Freitag nach Ruckkehr von seinen Fernfahrten\nhat der Zeuge gelegentlich in seiner Wohnung ubernachtet, um dann am\nSamstag/Sonntag doch die gesamte Zeit mit der Klagerin zu verbringen. Schon ab\nDezember 2000 war die Wohnung ganz uberflussig, denn sie ist einer Freundin\nder Klagerin fur drei Monate uberlassen worden. Da jede Beziehung zu ihrer\nEntwicklung und Festigung Nahe und Distanz braucht, kann man die Zeit der\nAnmietung einer eigenen Wohnung daher nicht als "Auszeit" werten.\n\n154\n\nDer Einwand der Klagerin, die Beziehung sei nach wie vor problematisch, steht\nder Bewertung als verfestigte Gemeinschaft nicht entgegen. Auch wenn sie sich\nmit ihrem Partner einig sein sollte, nicht zu heiraten, ist eine eheahnliche\nGemeinschaft dennoch zu bejahen, wenn die Beziehung von ihrer Intensitat her\ngleichwohl einem eheahnlichen Zusammenleben entspricht. Auch nach dem eigenen\nVortrag der Klagerin kann daran kein Zweifel sein, denn außer der nicht\nernsthaft betriebenen Wohnungstrennung ist nichts ersichtlich, was die\nBeziehung bewusst auf Distanz gehalten hatte. Im Gegenteil: sie muss besonders\nintensiv sein, wenn richtig ist, dass man zuruckgezogen lebt und keinen\ngemeinsamen Freundeskreis hat.\n\n155\n\nb)\n\n156\n\nDas Vorliegen eines Hartegrundes fuhrt nicht automatisch zur Herabsetzung oder\nVersagung des Unterhaltsanspruchs, vielmehr hat eine umfassende\nBilligkeitsabwagung unter besonderer Berucksichtigung der Kindesbelange\nstattzufinden. Das fuhrt dazu, dass der Unterhalt der Klagerin nur insoweit\ngekurzt werden kann, als ihr neuer Partner in der Lage ist, den\neheangemessenen Unterhalt sicherzustellen, weil sonst die Gefahr bestunde,\ndass der Kindesunterhalt fur den Eigenbedarf der Klagerin mitverwendet wird\n(Kalthoener/Buttner, a.a.O., Rdnr. 1129).\n\n157\n\naa)\n\n158\n\nNach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Zeuge aus seinen Einkunften nur\nbegrenzt zum Unterhalt der Klagerin beitragen.\n\n159\n\n(1)\n\n160\n\nDas Einkommen des Zeugen ist wie folgt belegt:\n\n161\n\n08/02 1.953,02 €\n\n162\n\n09/02 1.997,40 €\n\n163\n\n10/02 2.193,98 €\n\n164\n\n11/02 2.161,83 €\n\n165\n\n12/02 1.773,93 €\n\n166\n\n01/03 1.609,37 €\n\n167\n\n02/03 _1.418,43 €_\n\n168\n\nzusammen 13.107,96 €\n\n169\n\ndavon 1/7 1.872,57 €\n\n170\n\n(2)\n\n171\n\nAbzuziehen ist die mit monatlich 269,- € titulierte Unterhaltspflicht\ngegenuber dem Sohn G (Bl. 172), die - wie belegt worden ist - wegen\naufgelaufener Ruckstande auf monatlich 307,- € erhoht werden musste.\n\n172\n\n(3)\n\n173\n\nDer Zeuge hat bestatigt und belegt, dass aus seiner selbstandigen Tatigkeit\nals Gastwirt titulierte Altschulden von 90.000,- bis 100.000,- € bestehen, die\ndazu fuhren, dass sein Gehalt bis auf den pfandungsfreien Betrag gepfandet\nwird. Das wird sich auch dann nicht andern, wenn der Zeuge wie angekundigt das\nVerbraucherinsolvenzverfahren durchfuhrt, denn auch dann hat er 7 Jahre lang\ndas pfandbare Einkommen zur Befriedigung seiner Glaubiger zur Verfugung zu\nstellen.\n\n174\n\nBei einem durchschnittlichen Einkommen von 1.872,57 € sind bei\nBerucksichtigung der Unterhaltspflicht fur den Sohn G nach der Tabelle zu §\n850 c ZPO monatlich 295,- € pfandbar.\n\n175\n\n(4)\n\n176\n\nAlso bleibt dem Lebensgefahrten T folgendes Einkommen:\n\n177\n\ndurchschnittliches Nettoeinkommen 1.872,57 €\n\n178\n\n./. Tabellenunterhalt G 307,00 €\n\n179\n\n./. durchschnittlich pfandbarer Betrag _295,00 €_\n\n180\n\nverbleiben 1.270,57 €\n\n181\n\n(5)\n\n182\n\nDer eheangemessene Bedarf der Klagerin betragt, wie oben vorgerechnet, 877,61\n€ 671,- € \\+ . Das ist mehr als der notwendige Selbstbehalt. Dann muss auch\ndem Zeugen T zur Sicherung des bisherigen Lebensstandards mehr als der\nnotwendige Bedarf verbleiben, um sicherzustellen, dass die Belange von O nicht\ntangiert werden. Belasst man dem Zeugen daher den billigen Selbstbehalt von\n920,- €, dann stehen fur die Versorgung der Klagerin 350,57 € zur Verfugung.\n\n183\n\nbb)\n\n184\n\nDa der bisher vom Beklagten zu sichernde Bedarf 671,- € betragt, erscheint dem\nSenat unter Abwagung aller Umstande eine Kurzung auf 320,- € angemessen. Der\nneuen Partnerschaft steht dann ein so ausreichendes Einkommen zur Verfugung,\ndass auch die Kindesbelange gesichert erscheinen.\n\n185\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO, die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziffer 10 ZPO.\n\n
292,866
olgd-2003-04-30-vi-u-kart-3901
820
Oberlandesgericht Düsseldorf
olgd
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
VI-U (Kart) 39/01
2003-04-30
2019-03-12 10:02:06
2020-12-10 12:52:10
Urteil
ECLI:DE:OLGD:2003:0430.VI.U.KART39.01.00
## Tenor\n\nI. Auf die Berufung des Klagers wird - unter Zuruckweisung des wei-tergehenden\nRechtsmittels - das am 24. Januar 2001 verkundete Urteil der 28. Zivilkammer\ndes Landgerichts Koln teilweise abgean-dert und insgesamt wie folgt neu\ngefasst:\n\nDer Beklagten wird unter Androhung eines fur jeden Fall der Zuwi-derhandlung\nfestzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise\nOrdnungshaft von bis zu sechs Monaten, oder Ord-nungshaft von bis zu sechs\nMonaten, im Wiederholungsfalle von bis zu zwei Jahren, untersagt, im\ngeschaftlichen Verkehr zu Wettbe-werbszwecken\n\nnordrhein-westfalischen Versicherten, die einen Bedarf an Hilfsmitteln zur\nDiabetikerversorgung haben, die Belieferung mit solchen Artikeln, fur die in\nden Preislisten zum Arzneilie-ferungsvertrag zwischen den Landesverbanden der\nPrimar-kassen und den nordrhein-westfalischen Apothekerverban-den vom 6.\nDezember 1996 keine betragsmaßige Preisver-einbarung getroffen worden ist,\ndurch ausgewahlte Leis-tungserbringer anzubieten, wenn den ortlichen\nUntergliede-rungen des A... e.V. zuvor keine Gelegenheit zur Abgabe\nalternativer Angebote gegeben worden ist.\n\nIm Übrigen wird die Klage abgewiesen.\n\nII. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.\n\nIII. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\nDie Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Hohe von\n15.000 EUR abwenden, wenn nicht der Klager vor der Voll-streckung Sicherheit\nin gleicher Hohe leistet.\n\nDie zu erbringenden Sicherheiten konnen auch durch die selbst-schuldnerische\nBurgschaft eines als Zoll- und Steuerburge zugelas-senen Kreditinstituts\ngeleistet werden.\n\nIV. Die Revision wird fur den Klager zugelassen.\n\nI. Der Streitwert fur das Berufungsverfahren wird auf 30.000 EUR festge-setzt.\n\n \n1\n\n** _T a t b e s t a n d_**\n\n2\n\nDem klagenden Verband sind rund 90 % der Apothekenleiter im Landesteil W...\nangeschlossen; der Mitgliederbestand belauft sich zur Zeit auf etwa 2.300\nPersonen. Zu den satzungsgemaßen Aufgaben des Klagers gehort vor allem die\nDurchsetzung der wirtschaftlichen Belange der ihm angeschlossenen Apotheker.\n\n3\n\nDie Beklagte ist eine im R... ansassige Betriebskrankenkasse.\n\n4\n\nIm Marz 1999 wandte sich die Beklagte mit einem Rundschreiben zur\nDiabetikerversorgung an ihre Mitglieder, das folgenden Inhalt hat:\n\n5\n\nDer Klager ist der Ansicht, die Versendung des Rundschreibens stelle sowohl\nein wettbewerbswidriges als auch ein kartellrechtswidriges Verhalten der\nBeklagten dar. Das Rundschreiben uberschreite den Rahmen der erlaubten\nsachlichen Information der Versicherten und verleite die Empfanger des\nSchreibens dazu, ihren Bedarf an Diabetikerzubehor bei einzelnen, von der\nBeklagten bevorzugten Leistungserbringern im Versandhandel zu decken. Der\nRundbrief erwecke uberdies den unzutreffenden Eindruck, dass jene von der\nBeklagten empfohlenen Leistungserbringer zu gunstigeren Preisen und\nKonditionen liefern konnten als die im klagenden Verband zusammengeschlossenen\nApotheker. Gestutzt auf §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG und §§ 20 Abs. 1, Abs. 2\nSatz 1, 22 Abs. 1 Satz 1, 33 GWB nimmt der Klager die Beklagte auf\nUnterlassung in Anspruch.\n\n6\n\nMit seiner Klage begehrt der Klager außerdem die Verurteilung der Beklagten,\nes zu unterlassen, ihren nordrhein-westfalischen Versicherten fur die\nBelieferung mit solchen Hilfsmitteln, fur die in den Preislisten des\nArzneilieferungsvertrags vom 6. Dezember 1996 (nachfolgend: ALV) keine\nbetragsmaßige Preisvereinbarung getroffen worden ist, ausgewahlte\nLeistungserbringer anzubieten, wenn nicht zuvor seinen (des Klagers) ortlichen\nUntergliederungen Gelegenheit zur Abgabe alternativer Angebote gegeben worden\nsei. Diesen Klageanspruch stutzt der Klager auf § 19 Abs. 1 ALV, der (u.a.)\nzwischen dem Klager und dem Landesverband der Betriebskassen - dem auch die\nBeklagte angehort - geschlossen worden ist. Die Vertragsbestimmung lautet:\n\n7\n\n _"Beabsichtigen Krankenkassen, mit anderen Leistungserbringern/-gruppen\nVereinbarungen uber die Versorgung mit Hilfsmitteln zu treffen, fur die die\nApothekenleiter nach diesem Vertrag lieferberechtigt sind, eine\nPreisvereinbarung jedoch nicht getroffen worden ist, wird den ortlichen\nUntergliederungen des zustandigen Apothekerverbandes Gelegenheit eingeraumt,\nentsprechende Angebote abzugeben." _\n\n8\n\nDas Landgericht hat - nachdem es mit Beschluss vom 10. Marz 2000 (GA 100 ff.)\nden zu ihm beschrittenen Rechtsweg fur zulassig erklart hatte und der\nBeschluss unanfechtbar geworden war - die Klage abgewiesen. Den auf\nWettbewerbs- und Kartellrecht gestutzten Unterlassungsanspruch hat es mit dem\nArgument abgelehnt, der Inhalt des Rundschreibens uberschreite nicht die\nGrenzen einer zulassigen sachlichen Information der Versicherten. Den aus § 19\nAbs. 1 ALV hergeleiteten Klageantrag hat es verneint, weil der Klager nicht im\neinzelnen dargelegt habe, dass die Beklagte eine Versorgung der bei ihr\nversicherten Diabetiker mit solchen Hilfsmitteln beabsichtigt habe, fur die im\nArzneilieferungsvertrag eine Preisvereinbarung nicht getroffen worden sei. Der\nzur Gerichtsakte gereichten Ablichtung des Arzneilieferungsvertrages seien die\ndort in Bezug genommenen Preislisten nicht beigefugt gewesen.\n\n9\n\nMit seiner Berufung verfolgt der Klager sein Begehren weiter. Er erganzt und\nvertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt, der Beklagten unter\nAndrohung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,\n\n10\n\n 1. Versicherten mit einem Bedarf an Hilfsmitteln, insbesondere zur Diabetikerversorgung, mit Hilfe von Schreiben wie dem - _sodann einger uckten _\\- vom Marz 1999 oder auf sonstige Weise die direkte Belieferung mit diesen Artikeln durch die BKK R... oder die Belieferung durch ausgewahlte Leistungserbringer unter Vermittlung der BKK R... anzubieten;\n\n11\n\n 2. nordrhein-westfalischen Versicherten mit einem Bedarf an Hilfsmitteln, insbesondere zur Diabetikerversorgung, die Belieferung mit solchen Artikeln, fur die in den Preislisten zum Arzneilieferungsvertrag zwischen den Landesverbanden der Primarkassen und den nordrhein-west-falischen Apothekerverbanden vom 6. Dezember 1996 keine betragsmaßige Preisvereinbarung getroffen worden ist, durch ausgewahlte Leistungserbringer anzubieten, wenn den ortlichen Untergliederungen des Apothekerverbandes W... e.V. zuvor keine Gelegenheit zur Abgabe alternativer Angebote gegeben worden ist.\n\n12\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n13\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n14\n\nSie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Vorbringen des Klagers im\neinzelnen entgegen.\n\n15\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nTatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie die Schriftsatze der Parteien\nnebst Anlagen Bezug genommen.\n\n16\n\n** _E n t s c h e i d u n g s g r u n d e_**\n\n17\n\nDie zulassige Berufung hat teilweise Erfolg.\n\n18\n\n**I.**\n\n19\n\nSoweit sich die Klagerin gegen die Versendung des Informationsschreibens\n"Diabetikerversorgung" (GA 3-4) durch die Beklagte wendet, hat das Landgericht\ndie Klage im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Begrundet ist das Rechtsmittel\ndemgegenuber, soweit der Beklagten verboten werden soll, ihren Versicherten\nHilfsmittel zur Diabetikerversorgung durch ausgewahlte Leistungserbringer\nanzubieten, sofern fur diese Artikel in den Preislisten zum\nArzneimittellieferungsvertrag vom 6. Dezember 1996 keine betragsmaßige\nPreisvereinbarung getroffen worden ist und seinen (des Klagers) ortlichen\nUntergliederungen zuvor keine Gelegenheit zur Abgabe alternativer Angebote\ngegeben worden ist.\n\n20\n\n _A._ Der Klageantrag zu Ziffer 1. bleibt erfolglos. Die Klagerin kann der\nBeklagten nicht die Verwendung des angegriffenen Informationsschreibens\n"Diabetikerversorgung" untersagen lassen.\n\n21\n\n1\\. Auf nationales Kartell- und Wettbewerbsrecht (§§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG\nund §§ 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1, 33 GWB) kann der Klager\nsein Klagebegehren nicht (mehr) stutzen.\n\n22\n\na) Nach der zum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Bestimmung des § 69 Satz 1\nSGB V werden die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbande zu den\nApotheken und ihren Verbanden abschließend durch die §§ 63, 64 SGB V, die §§\n69 - 140 h SGB V sowie und die nach den §§ 90 - 94 SGB V erlassenen Beschlusse\nder Bundes- und Landesausschusse geregelt. Der Gesetzgeber hat damit die\nGeltung des deutschen Wettbewerbs- und Kartellrechts im Verhaltnis zwischen\nden Krankenkassen und ihren Verbanden auf der einen Seite und den Apotheken\nund ihren Verbanden auf der anderen Seite ausgeschlossen. Das hat der 3. Senat\ndes Bundessozialgerichts zutreffend entschieden und uberzeugend begrundet\n(BSGE 82, 78, 80; NJW-RR 2002, 1691 ff.; ebenso: Knispel, NZS 2001, 466, 468\nff.; Boecken, NZS 2000, 269, 271; Neumann, WuW 1999, 961, 963 ff.;\nSchwerdtfeger, ParmInd 62, 105 ff., 185 ff.); der Senat schließt sich dieser\nAuffassung an. Die vom 6. Senat des Bundessozialgerichts (BSGE 86, 223 ff.)\nund von Teilen der Literatur (Engelmann, NZS 2000, 213, 219 ff.;\nHanlein/Kruse, NZS 2000, 165, 173 Fn. 95; Stelzer, SotVers 2000, 141, 145)\nvertretene Gegenansicht, § 69 SGB V lasse die Geltung des deutschen\nWettbewerbs- und Kartellrechts unberuhrt und verweise lediglich dessen Prufung\nin die Zustandigkeit der Sozial- und Verwaltungsgericht, uberzeugt nicht.\n\n23\n\nSchon der Wortlaut des § 69 Satz 1 SGB V, wonach die Rechtsbeziehungen\nzwischen den Krankenkassen und ihren Verbanden auf der einen Seite und den\nLeistungserbringern und ihren Verbanden auf der anderen Seite "_abschlie\nßend_" in den naher bezeichneten sozialversicherungsrechtlichen Normen\ngeregelt sind, spricht eindeutig fur die Annahme, dass die Vorschrift die\nGeltung des ubrigen materiellen Rechts - hier des nationalen Kartell- und\nWettbewerbsrechts - im Verhaltnis zwischen den Krankenkassen und\nKrankenkassenverbanden einerseits und den Leistungserbringern und ihren\nVerbanden andererseits ausschließt. Das Verstandnis, es handele sich um eine\nbloße Zustandigkeitsbestimmung, liegt bereits nach dem Wortlaut der Norm fern.\nLetzte Klarheit schafft die Gesetzesbegrundung zu § 69 SGB V (BT Drucksache\n14/1245 Seite 67 f. zu Nummer 29). Sie bringt unmissverstandlich zum Ausdruck,\ndass das Rechtsverhaltnis zwischen Krankenkassen und ihren Verbanden sowie den\nLeistungserbringern und ihren Verbanden fortan ausschließlich\nsozialversicherungsrechtlicher Natur und nicht - wie bis dahin in der\nRechtsprechung unter Hinweis auf die Doppelnatur des Handelns der\nKrankenkassen angenommen worden war - auch zivilrechtlicher Natur ist. Sie\nstellt uberdies ausdrucklich klar, dass die Krankenkassen und ihre Verbande in\nden Rechtsbeziehungen zu den Leistungserbringern und deren Verbande einen\noffentlichen Versorgungsauftrag erfullen und nicht als Unternehmen im Sinne\ndes Privatrechts einschließlich des Kartell- und Wettbewerbsrechts handeln.\nDarin findet das sich schon nach dem Gesetzeswortlaut aufdrangende Verstandnis\neine klare Bestatigung, dass namlich nach dem Willen des Gesetzgebers durch §\n69 SGB V die Tatigkeit der Krankenkassen und ihrer Verbanden gegenuber den\nLeistungserbringern und ihren Verbanden dem Geltungsbereich des nationalen\nKartell- und Wettbewerbsrechts entzogen werden soll.\n\n24\n\nAus der Gesetzesbegrundung zu § 69 Satz 4 SGB V, wonach die vorstehenden Satze\n1 bis 3 auch gelten, sofern Rechte Dritter betroffen sind, folgt nichts\nGegenteiliges. Soweit es in der Gesetzesbegrundung in diesem Zusammenhang\nheißt, dass uber Klagen gegen Dritte nunmehr ausschließlich die Sozial- und\nVerwaltungsgerichte zu entscheiden haben und die bislang bestehende\nZweigleisigkeit des Rechtswegs beseitigt sei, kann daraus nicht abgeleitet\nwerden, § 69 SGB V erschopfe sich in einer Konzentration des Rechtswegs zu den\nSozial- und Verwaltungsgerichten und ordne lediglich an, dass diesen Gerichten\nfortan die Anwendung des nationalen Kartell- und Wettbewerbsrechts im\nVerhaltnis zwischen den Krankenkassen und ihren Verbanden zu den\nLeistungserbringern und ihren Verbanden obliege. Ein solches eingeschranktes\nVerstandnis wurde den in der Gesetzesbegrundung zu § 69 Satz 1 SGB V\nunmissverstandlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers missachten,\ndass die Betatigung der Krankenkassen und ihrer Verbande gegenuber den\nLeistungserbringern gerade nicht mehr als ein unternehmerisches Handeln im\nSinne des nationalen Kartell- und Wettbewerbsrechts gelten soll. Die\nangesprochene Konzentration der Rechts-prufung bei den Sozial- und\nVerwaltungsgerichten ist bei verstandiger Auslegung der gesamten\nGesetzesbegrundung zu § 69 SGB V lediglich das Resumee, das der Gesetzgeber\naus dem Umstand zieht, dass § 69 SGB V die in der Rechtsprechung bislang\nangenommene Doppelnatur des Handels der Krankenkassen und ihrer Verbande\nbeseitigt und demzufolge auch die bis dahin bestehende Moglichkeit eines\nzweigleisigen Rechtsschutzes vor den Zivilgerichten einerseits und den Sozial-\nund Verwaltungsgerichten andererseits abschafft.\n\n25\n\nNicht uberzeugend ist auch der Hinweis, die zugleich mit der Neuregelung des §\n69 SGB V vorgenommene Änderung des § 87 Abs. 1 GWB, § 51 Abs. 2 SGB schließe\nnur den Rechtsweg zu den Zivilgerichten und nicht auch die Geltung des\nWettbewerbs- und Kartellrechts aus. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass\nauch § 69 SGB V lediglich die Zustandigkeit der Gerichte regele und die\nAnwendbarkeit des nationalen Wettbewerbs- und Kartellrechts unberuhrt lasse.\nNach der Gesetzesbegrundung zu § 87 Abs. 1 GWB, § 51 Abs. 2 SGB (BT Drucksache\n14/1977 Seite 189 zu Artikel 10 a) handelt es sich insoweit lediglich um\nklarstellende Folgeregelungen zu § 69 SGB V. Jene Vorschriften sind deshalb im\nLichte des § 69 SGB V auszulegen; es kann nicht umgekehrt die Änderung der §\n87 GWB, § 51 Abs. 2 SGB dazu herangezogen werden, den Regelungsgehalt des § 69\nSGB V einzuschranken. Daraus folgt: § 87 GWB und § 51 Abs. 2 SGB setzen die\ngesetzgeberische Vorgabe in § 69 SGB V, dass namlich das Rechtsverhaltnis\nzwischen Krankenkassen und ihren Verbanden sowie den Leistungserbringern und\nihren Verbanden fortan ausschließlich sozialversicherungsrechtlicher Natur ist\nund das nationale Wettbewerbs- und Kartellrecht nicht mehr zur Anwendung\nkommt, auf der Ebene der Rechtswegzuweisung um, indem sie die sich aus § 69\nSGB V ergebende Konsequenz ziehen, dass namlich uber die ausschließlich\nsozialversicherungsrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen\nund ihren Verbanden und den Leistungserbringern und ihren Verbanden alleine\ndie Sozial- und Verwaltungsgerichte - und mangels der Fortgeltung des\ndeutschen Wettbewerbs- und Kartellrechts nicht mehr (auch) die Zivilgerichte -\nzu entscheiden haben. Weitergehende Ruckschlusse, § 69 SGB V lasse die\nFortgeltung des deutschen Wettbewerbs- und Kartellrechts unangetastet, lassen\nsich daraus nicht ziehen.\n\n26\n\nNach alledem sprechend die besseren Grunde fur die Annahme, dass aufgrund der\nzum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Neuregelung des § 69 SGB V das\nnationale Kartell- und Wettbewerbsrecht auf die Rechtsbeziehungen zwischen den\nKrankenkassen und ihren Verbanden einerseits und den Leistungserbringern und\nihren Verbanden andererseits nicht mehr anwendbar ist.\n\n27\n\nb) Infolgedessen ist auch dem Unterlassungsantrag des Klagers die rechtliche\nGrundlage entzogen worden. Denn als ein in die Zukunft gerichtetes\nKlagebegehren unterliegt es dem aktuell geltenden Recht und ist nicht nach der\nNormlage im Zeitpunkt der Verbreitung des angegriffenen Rundschreibens im Marz\n1999 zu beurteilen.\n\n28\n\n2\\. Auf europaisches Kartellrecht (Art. 81, 82 EGV) kann der Klageantrag zu 1.\nebenfalls nicht mit Erfolg gestutzt werden. Zwar gehen diese Normen den\nnationalen Bestimmungen vor, weshalb ihre Geltung auch von § 69 SGB V\nunberuhrt bleibt. Im Streitfall fehlt es indes an den tatbestandlichen\nVoraussetzungen, unter denen das europaische Kartellrecht Anwendung finden\nkann.\n\n29\n\nDie Beklagte ist schon nicht Normadressat des kartellrechtlichen Behinderungs-\nund Diskriminierungsverbots (Art. 82 EGV). Mit Recht macht die Beklagte\ngeltend, dass sie mit Rucksicht auf einen Mitgliederzahl von lediglich circa\n25.000 Versicherten auf dem Nachfragemarkt fur Hilfsmittel zur\nDiabetikerversorgung schon national weder ein marktbeherrschendes Unternehmen\nim Sinne von § 19 GWB noch ein marktstarkes Unternehmen im Sinne von § 20 GWB\nist. Ebensowenig hat die Klagerin schlussig und nachvollziehbar dargelegt,\ndass die Beklagte Mitglieds eines Oligopols (§ 19 Abs. 2 Satz 2 GWB) und als\nsolche marktbeherrschend ist (vgl. zur Feststellung der Marktmacht und zum\nOligopol gesetzlicher Krankenkassen im einzelnen: Senatsurteil vom 2.2.1999 -\nU(Kart) 4/98). Dementsprechend lasst sich erst recht nicht feststellen, dass -\nwie Art. 82 EGV verlangt - die Beklagte als Nachfragerin von Hilfsmittel zur\nDiabetikerversorgung auf dem gesamten Europaischen Markt oder zumindest auf\neinem wesentlichen Teil desselben marktbeherrschend ist. Daruber hinaus ist\nweder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass das angegriffene Rundschreiben\ndazu geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten der Europaischen\nUnion spurbar zu beeintrachtigen. Auch dies steht einer Anwednung des Art. 82\nEGV entgegen.\n\n30\n\nAus dem letztgenannten Grund scheidet von vornherein auch die Anwendbarkeit\ndes Art 81 EGV aus.\n\n31\n\n _B._ Soweit die Klagerin in zweiter Instanz den Klageantrag zu Ziffer 2.\nweiterverfolgt, ist die Berufung begrundet.\n\n32\n\nDie Beklagte ist dem Klager gegenuber verpflichtet, ihren Versicherten\nHilfsmittel zur Diabetikerversorgung, fur die in den Preislisten des\nArzneiliefervertrages vom 6. Dezember 1996 keine betragsmaßige\nPreisvereinbarung getroffen worden ist, erst dann durch ausgewahlte\nLeistungserbringer anzubieten, wenn den ortlichen Untergliederungen des\nKlagers zuvor Gelegenheit zur Abgabe alternativer Angebote gegeben worden ist.\n\n33\n\n1\\. Der Anspruch ergibt sich unmittelbar aus § 19 Abs. 1 ALV. Die\nVertragsbestimmung, die auch zwischen den Prozessparteien Rechtswirkungen\nentfaltet, weil die Beklagte gemaß § 127 Abs. 1 SGB V aus den vom\nLandesverband der Betriebskrankenkassen geschlossenen\nArzneilieferungsvertragen unmittelbar berechtigt und verpflichtet ist, lautet:\n\n34\n\n _"Beabsichtigen Krankenkassen, mit anderen Leistungserbringern/-grup-pen\nVereinbarungen uber die Versorgung mit Hilfsmitteln zu treffen, fur die die\nApothekenleiter nach diesem Vertrag lieferberechtigt sind, eine\nPreisvereinbarung jedoch nicht getroffen worden ist, wird den ortlichen\nUntergliederungen des zustandigen Apothekerverbandes Gelegenheit eingeraumt,\nentsprechende Angebote abzugeben." _\n\n35\n\n2\\. Die gegen den Klageanspruch vorgebrachten Bedenken der Beklagten sind\nnicht berechtigt.\n\n36\n\na) Der Hinweis der Beklagten, der Versicherte selbst wahle den\nLeistungserbringer, sie selbst habe in dem Informationsschreiben lediglich\nuber eine neben den Apotheken bestehende Bezugsquelle unterrichtet, ist nicht\nstichhaltig. Die Argumentation verkennt nicht nur das geltende\nSachleistungsprinzip; sie lasst zudem unberucksichtigt, dass die Beklagte in\ndem Informationsschreiben eine Versorgung mit den Hilfsmittel der\nDiabetikerversorgung uber die neuen Leistungserbringer gerade ohne Rucksicht\ndarauf zugesagt hat, ob den Apothekern zuvor nach § 19 Abs. 1 ALV die\nMoglichkeit eingeraumt worden ist, ein alternatives Angebot abzugeben. Daraus\nresultiert zwangslos die Begehungsgefahr, dass die Beklagte eine Versorgung\nihrer Versicherten unter Verstoß gegen § 19 Abs. 1 ALV auch vornehmen wird.\n\n37\n\nb) Unberechtigt ist ebenso der Einwand der Beklagten, uber die betreffenden\nHilfsmittel zur Diabetikerversorgung seien Preisvereinbarungen getroffen\nworden, weshalb sie nicht der Vertragsbestimmung des § 19 Abs. 1 ALV\nunterfallen wurden. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 12. Januar 2000 -\nU(Kart) 10/99 - entschieden, dass nur dann eine Preisvereinbarung im Sinne von\n§ 19 Abs. 1 ALV vorliegt, wenn der Preis in den Preislisten des ALV\nbetragsmaßig festgelegt ist, und dass eine Preisfestlegung in Form eines\nbestimmten Aufschlags auf den Apothekereinkaufspreis nicht genugt. Daran halt\nder Senat fest. Dementsprechend kommt es im Entscheidungsfall darauf an, ob es\nHilfsmittel zur Diabetikerversorgung gibt, die im ALV nicht betragsmaßig,\nsondern nur mit einem Aufschlag auf den Einkaufspreis des Apothekers\nfestgelegt sind. Das ist ausweislich der von der Klagerin in zweiter Instanz\nvorgelegten Unterlagen (Anlagen BB 2, BB 4) der Fall. Das pauschale Bestreiten\nder Beklagten ist prozesual unbeachtlich (§ 138 Abs. 2 ZPO).\n\n38\n\nc) Mit den vorstehenden Ausfuhrungen erledigt sich auch der weitere Einwand\nder Beklagten, es sei nicht dargetan, dass sie die Versorgung uber die neuen\nLeistungserbringer auch in Bezug auf solche Hilfsmittel zur\nDiabetikerversorgung beabsichtigt habe, fur die eine Preisvereinbarung nicht\ngeschlossen worden sei. Denn nach dem Inhalt des Informationsschreibens hat\ndie Beklagte eine Belieferung mit allen Hilfsmitteln zur Diabetikerversorgung\nuber die neuen Leistungserbringer angeboten, und nur fur einen Teil der in\nBetracht kommenden Hilfsmittel existiert eine Preisvereinbarung im Sinne von §\n19 Abs. 1 des Arneilieferungsvertrages vom 6. Dezember 1996.\n\n39\n\n**II.**\n\n40\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.\n\n41\n\nDie Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergeht gemaß §§ 708 Nr.\n10, 711, 108 ZPO.\n\n42\n\n**III.**\n\n43\n\nDie Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO.\n\n44\n\n 1. D... K...\n\n
292,906
vg-dusseldorf-2003-04-29-17-k-372297
842
Verwaltungsgericht Düsseldorf
vg-dusseldorf
Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
17 K 3722/97
2003-04-29
2019-03-12 10:03:05
2020-12-10 12:52:16
Urteil
ECLI:DE:VGD:2003:0429.17K3722.97.00
## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Verfahrens.\n\nDas Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorlaufig vollstreckbar. Dem Klager\nwird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung\nin Hohe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor\nder Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDer Klager und seine Ehefrau N1 sind Miteigentumer des mit einem\nEinfamilienhaus bebauten Grundstuckes Qdorf 00 in 00000 E.\n\n3\n\nMit dem angefochtenen Bescheid uber Steuern und sonstige Abgaben vom 15.\nJanuar 1997 zog die Beklagte den Klager und seine Ehefrau fur das\nVeranlagungsjahr 1997 unter anderem zu Abfallentsorgungsgebuhren fur die\nvierzehntaglich erfolgende Leerung eines Abfallbehaltnisses mit einem\nFassungsvermogen von 80 l in Hohe von insgesamt 259,12 DM heran. Die\nAbfallentsorgungsgebuhr setzte sie in Hohe eines fur das erste Quartal des\nJahres 1997 zu entrichtenden Anteiles von 64,78 DM, endgultig fest.\nHinsichtlich der fur das zweite, dritte und vierte Quartal zu leistenden\nentsprechenden Anteile erhob sie zunachst Vorausleistungen in jeweils gleicher\nHohe. Mit Widerspruchsbescheid vom 10\\. April 1997 wies die Beklagte den\nWiderspruch des Klagers vom 11. Februar 1997 zuruck.\n\n4\n\nAm 5. Mai 1997 hat dieser Klage erhoben.\n\n5\n\nMit Bescheid uber Steuern und sonstige Abgaben vom 15. Januar 1998 wurden der\nKlager und seine Ehefrau zu Abfallgebuhren fur das Veranlagungsjahr 1998 in\nHohe von DM 334,-- (endgultig: DM 83,50; Vorausleistung: DM 250,50)\nherangezogen Zugleich wurden mit diesem Bescheid die Vorausleistungen fur das\nJahr 1997 unverandert endgultig festgesetzt. Über den hiergegen rechtzeitig\neingelegten Widerspruch ist bisher noch nicht entschieden worden.\n\n6\n\nDie Kammer hat mit Urteil vom 17. Oktober 2000 - 17 K 3836/97 - die die\nGebuhrensatze regelnde Bestimmung des § 4 Abs. 1 der Satzung des Kreises X\nuber die Erhebung von Gebuhren fur die Benutzung von Abfallentsorgungsanlagen\nvom 12. Dezember 1996 in Verbindung mit der Anlage 1 zur Abfallgebuhrensatzung\nals wirksames Ortsrecht angesehen. Der hiergegen am 8. Dezember 2000 gestellte\nAntrag auf Zulassung der Berufung ist mit Beschluss des\nOberverwaltungsgerichts fur das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. August 2002 -\n9 A 5580/00 - abgelehnt worden.\n\n7\n\nZur Begrundung ihrer im vorliegenden Verfahren erhobenen Klage tragt der\nKlager auf der Grundlage seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren vor:\n\n8\n\n§ 3 der Gebuhrensatzung fur die offentliche Abfallentsorgung in der Stadt E\nvom 18\\. Dezember 1996, der die auf der Grundlage der\nGebuhrenbedarfsberechnungen der Beklagten vom 2. Dezember 1996 ermittelten\nGebuhrensatze im Bereich der Abfallentsorgung regelt, verstoße gegen § 6 KAG\nNRW und sei daher nichtig.\n\n9\n\nEine Gebuhrenerhebung fur die ersten drei Quartale des Jahres 1997 verletze\nden Grundsatz der Periodengerechtigkeit, da sich das Abfallentsorgungszentrum\nin diesem Zeitraum noch im Probebetrieb befunden habe.\n\n10\n\nBei der Ermittlung des Gebuhrensatzes seien zudem Kosten berucksichtigt\nworden, die nicht erforderlich und damit nicht betriebsbedingt seien. So\nbeinhalte der in die Gebuhrenbedarfsberechnung der Beklagten eingeflossene\nAnsatz der an den Kreis X abzufuhrenden Entsorgungskosten Aufwendungen fur die\nEntsorgung von Abfallen in der Mullverbrennungsanlage und in der\nVorschaltanlage des Abfallentsorgungszentrums Asdonkshof, die dem Grundsatz\nder Erforderlichkeit nicht entsprachen. Der diesbezuglich in die\nAbfallgebuhrenbedarfsberechnung des Kreises Wesel fur das Veranlagungsjahr\n1997 eingestellte Ansatz sei nicht gebuhrenfahig, da die gesamte Auslegung und\nDimensionierung des Abfallentsorgungszentrums Asdonkshof, insbesondere\ndiejenige der zugehorigen Mullverbrennungsanlage, infolge eines\nPlanungsfehlers erhebliche echte Überkapazitaten aufweise. Im Rahmen der\nPlanungen seien der Umstand einer sich etwa infolge des Inkrafttretens der\nVerpackungsverordnung abzeichnenden deutlichen Reduzierung des Anfalls einer\nBeseitigung zuzufuhrender Abfalle ebenso wie die im Falle einer Verabschiedung\ndes bereits im Jahre 1992 in einer Entwurfsfassung vorliegenden\nKreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes in Aussicht zu nehmenden\nVeranderungen im Entsorgungsverhalten ungeachtet entsprechender Hinweise\nverkannt worden. Dem Kreistag hatten mit Ausnahme des sich als unzureichend\nerweisenden Abfallwirtschaftskonzepts des Kreises X keine Unterlagen zur\nVerfugung gestanden, die es ihm ermoglicht hatten, die Erforderlichkeit der\nGroße und Dimensionierung der geplanten Abfallbehandlungsanlage eigenstandig\nzu beurteilen. Der Kreis X habe seine Entscheidung auch nicht auf die\nFortschreibungen des Abfallwirtschaftskonzeptes stutzen durfen, da diese durch\nden Verfasser der Antragsunterlagen fur das Planfeststellungsverfahren\nverfasst worden und daher nicht als verwertbar anzusehen seien. Daruber hinaus\nsei nicht in Betracht genommen worden, dass die Stadte E, W und N2 ob ihrer\nBeteiligung an der Betreibergesellschaft der\nGemeinschaftsmullverbrennungsanlage O uber einen gesicherten und\nkostengunstigen Entsorgungsweg verfugten. Einem allenfalls fur einen\nabsehbaren Zeitraum bestehenden Entsorgungsnotstand hatte etwa durch ein\nVorziehen des Planfeststellungsantrages fur die Deponie des\nAbfallentsorgungszentrums begegnet werden konnen.\n\n11\n\nDes Weiteren seien die der Gebuhrenbedarfsberechnung zu Grunde liegenden\nAnsatze der Kreis X Abfallgesellschaft mbH fur Reprasentationskosten in Hohe\nvon 250.000,00 DM beziehungsweise fur die Vergutung der Geschaftsfuhrer der\nGesellschaft uberhoht.\n\n12\n\nFerner seien in der Phase der Errichtung des Abfallentsorgungszentrums B\nBaukosten in erheblicher Hohe entstanden, die sich nicht als erforderlich\ndarstellten. So sei etwa eine eingleisig angelegte Bahntrasse nicht fur den\nAntransport großerer Abfallmengen auf der Schiene geeignet. Daruber hinaus sei\nder Ansatz der Aufwendungen fur den Bau des Schornsteins der\nMullverbrennungsanlage um die durch eine nicht erforderliche Überhohung\ndesselben um 150 m verursachten Kosten in Hohe von etwa 3.500.000,00 DM zu\nreduzieren.\n\n13\n\nSchließlich sei zu beanstanden, dass der kalkulatorische Gewinn auch an\nprivate Gesellschafter der Betreibergesellschafter ausgeschuttet werde, obwohl\ndiese kein unternehmerisches Risiko trugen.\n\n14\n\nDer Klager beantragt,\n\n15\n\n1\\. den Bescheid uber Steuern und sonstige Abgaben vom 15\\. Januar 1997 in\nGestalt des Widerspruchsbescheides vom 10\\. April 1997 hinsichtlich der darin\nfestgesetzten Abfallentsorgungsgebuhr fur das erste Quartal des\nVeranlagungsjahres 1997 aufzuheben.\n\n16\n\n2\\. festzustellen, dass der Bescheid uber Steuern und sonstige Abgaben vom 15.\nJanuar 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 1997\nhinsichtlich der darin erfolgten Erhebung von Vorausleistungen fur das zweite,\ndritte und vierte Quartal des Veranlagungsjahres 1997 rechtswidrig gewesen\nist.\n\n17\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n18\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n19\n\nSie tritt dem Vorbringen der Klagerseite in rechtlicher und tatsachlicher\nHinsicht entgegen:\n\n20\n\nDer Grundsatz der Periodengerechtigkeit der Gebuhrenerhebung sei nicht\nverletzt, da das Abfallentsorgungszentrum von Beginn des Rechnungszeitraumes,\nwenngleich nicht von samtlichen Kommunen, in Anspruch genommen worden sei. Die\nBetreibergesellschaft sei in dem fraglichen Zeitraum ihrer\nEntsorgungsverpflichtung gegenuber dem Kreis Wesel nachgekommen.\n\n21\n\nDie aus derzeitiger Sicht bestehende Differenz zwischen dem bestehenden und\ndem benotigten Behandlungsvolumen grunde nicht auf einer fehlerhaften\nPrognoseentscheidung. Vielmehr sei diese zielrichtig und sachgerecht getroffen\nworden. In Ansehung der Verpflichtung zur Gewahrleistung von\nEntsorgungssicherheit uber einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren stehe die\nVerwirklichung des Risikos, dass sich eine sachgerecht aufgestellte Prognose\nspater auf Grund der tatsachlichen Entwicklung als fehlerhaft darstelle, der\nGebuhrenfahigkeit des Ansatzes dieser auf der Grundlage der\nPrognoseentscheidung getatigten Aufwendungen nicht entgegen. Die\nDimensionierung des Abfallentsorgungszentrums B sei auf den Eigenbedarf des\nKreises X ausgerichtet, geplant und realisiert worden. Eine Notwendigkeit, die\nvor und noch wahrend der Bauphase wiederholt auf ihre Angemessenheit\nuberprufte Konzeption zu andern, habe in dem Zeitraum, in dem eine solche\nAnpassung technisch noch moglich und wirtschaftlich vertretbar gewesen ware,\nnicht bestanden. Das Erfordernis der Gewahrleistung einer mindestens\nzehnjahrigen Entsorgungssicherheit habe es ausgeschlossen, im Rahmen der\nErstellung des Abfallwirtschaftskonzepts des Kreises X den vertraglich\ngesicherten Zugang der Stadte E, W und N2 zur\nGemeinschaftsmullverbrennungsanlage O zu berucksichtigen, da davon auszugehen\ngewesen sei, dass deren Verbrennungskapazitat nur die Entsorgung des\nAbfallaufkommens der Stadte E1 und P sicherzustellen vermoge.\n\n22\n\nAuch die im Übrigen im Rahmen der Errichtung des Abfallentsorgungszentrums B\nentstandenen und von der Klagerseite problematisierten Aufwendungen erwiesen\nsich als erforderlich. Die Anlegung eines Gleisanschlusses Gewahr leiste die\nVersorgung des Abfallentsorgungszentrums mit Ammoniak. Der Schornstein sei mit\neiner Hohe von 200 m planfestgestellt und errichtet worden. Mit der\nÜberschreitung der in der TA Luft vorgesehenen Hohe sei den Belangen des\nImmissionsschutzes Rechnung getragen worden.\n\n23\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakte des streitgegenstandlichen Verfahrens und der\nVerfahren 17 K 3836/97 und 17 K 5835/97 sowie der beigezogenen\nVerwaltungsvorgange des Beklagten und der Landratin des Kreises X Bezug\ngenommen.\n\n24\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n25\n\nA.\n\n26\n\nDie Klage ist zulassig, aber unbegrundet.\n\n27\n\nI.\n\n28\n\nDie gegen die endgultige Festsetzung der Abfallentsorgungsgebuhr fur das erste\nQuartal des Veranlagungsjahres 1997 gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage\nstatthaft und auch im Übrigen zulassig.\n\n29\n\nEs mag auf sich beruhen, ob die gegen die als Vorausleistung festgesetzte\nAbfallentsorgungsgebuhr fur das zweite, dritte und vierte Quartal des\nVeranlagungsjahres 1997 gerichtete Klage als Anfechtungs- oder als\nFortsetzungsfeststellungsklage statthaft ist. Ginge man davon aus, dass eine\nwirksame endgultige Beitragsfestsetzung bislang nicht erfolgt ware,\n\n30\n\n\\- dies ware der Fall, wenn der Mitteilung, die in den Bescheiden 1997 fur das\nzweite bis vierte Quartal als Vorausleistung festgesetzten Gebuhren wurden fur\nendgultig erklart, lediglich Erlauterungswert, jedoch keine Regelungswirkung\ninnewohnte -\n\n31\n\nso beanspruchte die Vorausleistungserhebung weiterhin Geltung mit der Folge,\ndass das klagerische Begehren im Wege der Anfechtungsklage zulassigerweise zu\nverfolgen ware. Ginge man demgegenuber davon aus, dass der vorzitierte Hinweis\neine wirksame endgultige Beitragsfestsetzung beinhaltet, die in der Folgezeit\nin Bestandskraft erwachsen ware, so ware das klagerische Begehren im Wege\neiner Fortsetzungsfeststellungsklage zu verfolgen,\n\n32\n\nvgl. zum Ganzen Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschl. v. 19. Dezember\n1997 - 8 B 244.97 -, NVwZ-RR 1998, 577-579; Driehaus - Erschließungs- und\nAusbaubeitrage, 6. Aufl. (Munchen 2001), § 21, Rn. 39; Driehaus, in: Driehaus\n(Hrsg.) - Kommunalabgabenrecht (Herne/Berlin, Stand: Juli 2002), § 8 KAG, Rn.\n147,\n\n33\n\nderen weitere Sachurteilsvoraussetzungen, einschließlich des sich unter dem\nAspekt der Wiederholungsgefahr ergebenden berechtigten Interesses im Sinne des\n§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO an der Feststellung, dass die Vorausleistungserhebung\nrechtswidrig gewesen ist, vorliegen. Ein solches Interesse ist zu bejahen, da\ndie geltend gemachten Grunde fur die Rechtswidrigkeit des\nVorausleistungsbescheides auch fur kunftige Gebuhrenbescheide von Bedeutung\nwaren.\n\n34\n\nII.\n\n35\n\nDie Klage ist jedoch unbegrundet.\n\n36\n\nDer Bescheid uber Steuern und sonstige Abgaben vom 15. Januar 1997 in Gestalt\ndes Widerspruchsbescheides vom 10. April 1997 ist rechtmaßig. Er verletzt den\nKlager nicht in seinen Rechten.\n\n37\n\nDie Kammer verweist insoweit zunachst auf das Urteil vom 17. Oktober 2000 \\-\n17 K 3836/97 - sowie auf den in demselben Verfahren ergangenen Beschluss des\nOberverwaltungsgerichts fur das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. August 2002 \\-\n9 A 5580/00 -.\n\n38\n\nRechtsgrundlage fur die mit dem vorbezeichneten Bescheid erfolgte Festsetzung\nder Abfallentsorgungsgebuhr ist die Satzung uber die Abfallentsorgung in der\nStadt E vom 18. Dezember 1991 (AbfS) in Verbindung mit der Gebuhrensatzung fur\ndie Abfallentsorgung in der Stadt E vom 18. Dezember 1996 (AbfGebS).\n\n39\n\nGegen die formelle Wirksamkeit dieser Satzungen bestehen, soweit im\nvorliegenden Verfahren erkennbar, keine Bedenken.\n\n40\n\nDie genannten Satzungen sind, soweit insoweit Anlass zur Prufung bestand,\n\n41\n\nvgl. insoweit Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -,\nDVBl. 2002, 1409 (1412),\n\n42\n\nauch materiell rechtmaßig.\n\n43\n\nInsbesondere sind die Maßstabs- und Gebuhrenregelungen des § 3 AbfGebS, denen\ndie Erhebung einer Gefaßgebuhr je Haushalt bemessen nach der Haufigkeit seiner\nAbfuhr zu Grunde liegt, nicht zu beanstanden,\n\n44\n\nvgl. Schulte/Wiesemann in Driehaus, kommunalabgabenrecht, 27. Erg.Lfg. (Sept.\n2002), § 6 Rdnr. 341 mit Rechtsprechungsnachweisen,\n\n45\n\nweil sie das Maß der jeweiligen Nutzung weitgehend berucksichtigt und eine\nausreichende Differenzierung der unterschiedlichen Nutzung zulasst. Gegen eine\nsolche Regelung ist im Rahmen des satzungsgeberischen Ermessens nichts\neinzuwenden,\n\n46\n\nOberverwaltungsgericht fur das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urt. v.\n18\\. Marz 1996 - 9 A 274/93 -,\n\n47\n\nwird doch der nach § 9 Abs. 2 S. 3 des Abfallgesetzes fur das Land Nordrhein-\nWestfalen\n\n48\n\nvom 21. Juni 1988 (GV NRW 1988, 250 i.d.F. d. Gesetzes vom 7. Februar 1995 (GV\nNRW 1995, 134) (Landesabfallgesetz - AbfG NRW)\n\n49\n\ngebotenen Anreizwirkung durch die Moglichkeit zur freien Wahl der\nBehaltergroße und des Abfuhrrhythmus ausreichend Rechnung getragen;\n\n50\n\nvgl. auch Schink/Schmeken/Schwade - Abfallgesetz des Landes NW, 2. Aufl.\n(Tonisvorst 1996), § 9, Rn. 7.6.1, S. 238.\n\n51\n\nEin weiterer Anreiz liegt darin, dass gemaß § 9 Abs. 2 AbfS die Bildung von\nAbfallgemeinschaften ermoglicht wird.\n\n52\n\nGemaß § 6 Abs. 3 S. 1 und 2 des Kommunalabgabengesetzes fur das Land\nNordrhein-Westfalen\n\n53\n\nv. 21. Oktober 1969 (GV NRW 1969, 712) i.d.F. d. Gesetzes vom 18. Dezember\n1996 (GV NRW 1996, 586 (594)) (KAG NRW a.F.)\n\n54\n\nist die Benutzungsgebuhr nach der Inanspruchnahme der offentlichen Einrichtung\nzu bemessen. Ist eine derartige Bemessung besonders schwierig oder\nwirtschaftlich nicht vertretbar, so kann ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab\ngewahlt werden, der nicht in einem offenen Missverhaltnis zu der\nInanspruchnahme stehen darf. Eine Gebuhrenbemessung nach Anzahl und Große der\nAbfallbehalter ist rechtmaßig, weil sie das Maß der jeweiligen Nutzung in\nangemessener Weise berucksichtigt und eine ausreichende Differenzierung der\nunterschiedlichen Nutzung zulasst. Gegen eine solche Regelung ist im Rahmen\ndes satzungsgeberischen Ermessens nichts einzuwenden;\n\n55\n\nvgl. auch Oberverwaltungsgericht fur das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW),\nUrt. v. 18. Marz 1996 - 9 A 274/93 -.\n\n56\n\nDie in § 3 AbfGebS fur das Veranlagungsjahr 1997 festgelegten Gebuhrensatze\nsind ebenfalls nicht zu beanstanden. Jedenfalls ist die Veranschlagungsmaxime\ndes § 6 Abs. 1 S. 3 KAG NRW a.F., derzufolge das veranschlagte\nGebuhrenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung nicht\nuberschreiten soll, im Rahmen der nach der obergerichtlichen Rechtsprechung\nzulassigen Toleranzen\n\n57\n\nvgl. insoweit OVG NRW, Urt. v. 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, KStZ 1994, 213,\nu. 2. Februar 2000 - 9 A 3665/99 -, NWVBl. 2000, 460,\n\n58\n\nnicht verletzt. Das fur das Veranlagungsjahr 1997 veranschlagte\nGebuhrenaufkommen von 19.206.830,--DM ubersteigt selbst bei einer etwaigen\nKorrektur unzulassiger Kostenansatze der Ursprungskalkulation das ansatzfahige\nKostenvolumen nicht um mehr als 3 %.\n\n59\n\nDie ortlich bedingten Gebuhrenpositionen sind, soweit vorliegend von Belang,\nnicht zu beanstanden.\n\n60\n\nDas veranschlagte Gebuhrenaufkommen soll nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 S. 3 KAG\nNRW die „voraussichtlichen Kosten" decken. Darunter fallen, diejenigen Kosten,\nderen Entstehung der Rat bei Billigung der Gebuhrenkalkulation fur\nwahrscheinlich halten durfte. Dabei sind die zu erwartenden Einnahmen und\nAusgaben gewissenhaft zu schatzen;\n\n61\n\nvgl. etwa OVG NRW, Urt. v. 29. Januar 1991 - 9 A 765/88 -.\n\n62\n\nEin Verstoß gegen diese Grundsatze ist bei der vorbezeichneten Position weder\nersichtlich, noch hat der Klager fur einen solchen substantiierte\nAnhaltspunkte vorgetragen. Soweit der Klager mit Schriftsatz vom 24. Oktober\n1997 einige Positionen der Gebuhrenbedarfsberechnung hinterfragt hat, hat die\nBeklagte unter Berucksichtigung der Aufklarungsverfugung des Gerichts vom 7.\nDezember 2000 mit Schriftsatz vom 10. Januar 2001 unter Beifugung\numfangreicher Kalkulationsunterlagen umfassend vorgetragen. Dem ist der Klager\nnicht mehr substantiiert entgegengetreten.\n\n63\n\nNichts anderes gilt des Weiteren fur die von der Stadt E an den Kreis X\nabzufuhrenden Gebuhren.\n\n64\n\nGemaß § 6 Abs. 2 S. 4 KAG NRW a.F. zahlen zu den nach betriebswirtschaftlichen\nGrundsatzen ansatzfahigen Kosten auch Entgelte fur in Anspruch genommene\nFremdleistungen. Im Rahmen einer Gebuhrenkalkulation, bei deren Aufstellung\ndie voraussichtlichen Kosten der Einrichtung, einschließlich der kunftigen\nEntgelte fur Fremdleistungen, in den meisten Fallen noch nicht definitiv\nfeststehen, sondern veranschlagt werden mussen, hat die die\nGebuhrenkalkulation aufstellende Behorde eine Prognoseentscheidung zu treffen,\ndie gemaß § 114 VwGO nur einer eingeschrankten verwaltungsgerichtlichen\nKontrolle unterliegt. Hierzu hat das Oberverwaltungsgerichtsgericht fur das\nLand Nordrhein- Westfalen\n\n65\n\nOVG NRW, Beschl. v. 9. August 1999 - 9 A 3133/97 -\n\n66\n\nausgefuhrt:\n\n67\n\n„Diese Kontrolle erstreckt sich bei einer Prognoseentscheidung darauf, ob die\nBehorde von einer sachgerecht ermittelten Prognosebasis ausgegangen ist, sich\nbei der aufzustellenden Prognose einer der Materie angemessenen vertretbaren\nMethode bedient hat und die Grenzen ihres Prognose-, Bewertungs- und\nErmessensspielraumes eingehalten hat. Bei der Ermittlung der Prognosebasis\nspielen bei vertraglich vereinbarten Fremdleistungen die vertraglichen\nVereinbarungen uber das fur die Fremdleistung zu zahlende Entgelt eine Rolle.\nDie Einhaltung dieser vertraglichen Grundlagen unterliegt der vollen\ngerichtlichen Kontrolle, und zwar unabhangig davon, ob es sich um eine\nprivatrechtliche oder offentlich-rechtliche Vereinbarung handelt. Werden\nseitens des tatig gewordenen Fremdleisters die Entgelte administrativ\nfestgesetzt, sei es durch Satzung, sei es durch Verwaltungsakt, ist deren\nEinhaltung die seitens der gebuhrenkalkulierenden Gemeinde zu beachtende\nObergrenze der Prognosebasis. Auch dies unterliegt der vollen gerichtlichen\nKontrolle. ... Eine [weitere] Grenze dieses Prognosespielraumes ist das\nÄquivalenzprinzip. Dies bedeutet, die kalkulierende Behorde darf weder bei\nvertraglich vereinbarten Fremdleistungsentgelten noch bei administrativ\nfestgelegten Fremdleistungsentgelten Entgelte akzeptieren, d.h. als Kosten\nansetzen, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip widerspricht."\n\n68\n\nDie Beklagte hat sich im Rahmen ihrer Gebuhrenkalkulation die\nPrognoseentscheidung des Kreises X zu Eigen gemacht. Dieser hatte im Zuge der\nAufstellung der Kalkulation der fur das Jahr 1997 von den kreisangehorigen\nGemeinden zu entrichtenden Kreisgebuhren eine Prognoseentscheidung daruber zu\ntreffen, welches die voraussichtlichen ansatzfahigen Kosten fur die\noffentliche Einrichtung „Abfallentsorgung" sein wurden. In diesem Zusammenhang\nhatte er unter anderem abzuschatzen, wie hoch die Entgelte fur in dem\nKalkulationszeitraum in Anspruch zu nehmende Fremdleistungen sein wurden. Zu\nden Fremdleistungen zahlten auch diejenigen Dienste und Tatigkeiten, die die\nKreis X Abfallgesellschaft mbH als mit der Durchfuhrung der Abfallentsorgung\nim Kreisgebiet beauftragte juristische Person des Privatrechts fur den Kreis\nausfuhrte. Fur die Prognose, welches Entgelt der Fremdleister wahrscheinlich\nfur den fur das Jahr 1997 prognostizierten Leistungsumfang verlangen konnte,\nwaren die zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden\nmaßgeblich. Da diese keinen Fest- oder Marktpreis, sondern die Ermittlung von\nSelbstkostenpreisen vorsahen, hatte der Kreis im Rahmen seiner\nGebuhrenkalkulation zu prufen, ob der von dem Fremdleister im Rahmen der von\ndiesem erstellten Vorkalkulation geforderte Preis den gesetzlichen Vorgaben\nentsprach, die geltend gemachten Selbstkosten sich als betriebsnotwendige\nKosten im Rahmen der Aufgabenstellung darstellten und ihre Bemessung nicht dem\nÄquivalenzprinzip widersprach. Gesetzliche Vorgaben fur Entgelte fur\nLeistungen auf Grund offentlicher Auftrage enthalten die Verordnung PR Nr.\n30/53 uber die Preise bei offentlichen Auftragen in der Fassung vom 13. Juni\n1989\n\n69\n\n(BGBl. I S. 1094) - VO PR 30/53 -\n\n70\n\nund die Leitsatze fur die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten\n\n71\n\n\\- LSP - (Anlage zur VO PR 30/53).\n\n72\n\nDie Einhaltung der LSP ist fur vereinbarte Selbstkostenerstattungspreise im\nSinne der §§ 5 Abs. 6 Nr. 2, 7 VO PR 30/53 gemaß den §§ 8, 1 Abs. 3 VO PR\n30/53 zwingend;\n\n73\n\nOVG NRW, Urt. v. 24. November 1999 - 9 A 5359/94 -.\n\n74\n\nOb die in § 4 Abs. 1 der Satzung des Kreises X uber die Erhebung von Gebuhren\nfur die Benutzung von Abfallentsorgungsanlagen vom 12. Dezember 1996 in\nVerbindung mit der Anlage 1 zur Abfallgebuhrensatzung vom 12. Dezember 1996\nbezeichneten Gebuhrensatze im Einklang mit diesen Grundsatzen ermittelt\nwurden, bedarf keiner abschließenden Klarung, da der Gesamtkostenansatz der\nBeklagten den dem Satzungsgeber auch im Rahmen der Veranschlagungsmaxime des §\n6 Abs. 1 S. 3 KAG NRW eingeraumten Toleranzspielraum von bis zu 3 % im\nstreitgegenstandlichen Veranlagungszeitraum nicht uberschreitet.\n\n75\n\nDurchgreifende Bedenken gegen die Berucksichtigung der seitens der Kreis X\nAbfallgesellschaft mbH gegenuber dem Kreis X fur den streitgegenstandlichen\nKalkulationszeitraum geltend gemachten Kostenansatze bestehen unter dem\nGesichtspunkt der Periodengerechtigkeit nicht.\n\n76\n\nNach diesem sich aus dem Prinzip der Leistungsproportionalitat beziehungsweise\nspeziellen Entgeltlichkeit ableitenden Grundsatz durfen die\nGebuhrenpflichtigen grundsatzlich nur mit denjenigen Kosten belastet werden,\ndie den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen.\nKalkulations- und Veranlagungszeitraum mussen sich somit decken;\n\n77\n\nSchulte/Wiesemann, in: Driehaus (Hrsg.) - Kommunalabgabenrecht (Herne, Berlin;\nStand: September 2002), § 6 KAG, Rn. 92 f.\n\n78\n\nDies ist vorliegend der Fall. Bereits unter dem 30. November 1994 hatte der\nLandrat des Kreises X die offentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen dem\nKreis X und den Stadten E, W und N2 vom 10. Dezember 1982 zum 31. Dezember\n1996 gekundigt, auf Grund derer die drei Stadte fur ihr Gebiet mit der Aufgabe\nder Abfallentsorgung uber die Gemeinschaftsmullverbrennungsanlage O in P\nbeauftragt worden waren. Mit Verfugung vom 20. Dezember 1996 wies der Landrat\ndes Kreises X dem Abfallentsorgungszentrum B mit Wirkung zum 2. Januar 1997\nsamtliche in dem Gebiet der Stadt L und Teile der in dem Gebiet der Stadt N2\nanfallenden Abfalle zu. Mit weiterer Verfugung vom 17. Februar 1997 wies er\ndie in dem Gebiet der Stadte beziehungsweise Gemeinden O1, S, Y, B1 und T\nanfallenden Abfalle mit Wirkung vom gleichen Tage dem Abfallentsorgungszentrum\nB zu. Die in den Stadten X und I1 anfallenden Abfalle wurden unter dem 15. Mai\n1997 mit Wirkung vom 20\\. Mai 1997 dem Abfallentsorgungszentrum B zugewiesen.\nDieses hatte seinen Betrieb als Teil der Entsorgungseinrichtung des Kreises X\nzu Beginn des Jahres 1997 aufgenommen und diesen in den Folgemonaten\nkontinuierlich erweitert. Die sukzessive Aufnahme des Betriebs der Anlage hat\nim Rahmen der mit Schreiben vom 10. September 1996, 28. Oktober 1996, 31.\nOktober 1996 und 6\\. November 1996 (17 K 3836/97 BA 2 Bl. 66a bis 67d) dem\nKreis X vorgelegten uberarbeiteten Selbstkostenvorauskalkulation fur das Jahr\n1997 sowohl in terminlicher Hinsicht als auch im Zusammenhang mit der\nErmittlung der kalkulatorischen Kosten Berucksichtigung gefunden. Die\nschlichte Behauptung, diese Kalkulation sei falsch, vermag weder die\nFehlerhaftigkeit der Gebuhrenkalkulation zu begrunden noch das Gericht dazu zu\nveranlassen, ungefragt auf Fehlersuche zu gehen;\n\n79\n\nvgl. in diesem Zusammenhang etwa BVerwG, Urt. v. 17. Juni 1993 - 4 C 7.91 -,\n3\\. Dezember 1998 - 4 CN 3.97 - u. 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, DVBl. 2002,\n1409 (1412).\n\n80\n\nDie Gebuhrenkalkulation des Kreises X erweist sich auch nicht unter dem Aspekt\neiner von der Klagerseite angenommenen so genannten „echten Überkapazitat" der\nMullverbrennungsanlage des Abfallentsorgungszentrums B als fehlerhaft;\n\n81\n\nvgl. zur Problematik der Überdimensionierung von Anlagen OVG NRW, Urt. v. 5\\.\nDezember 1973 - II A 332/71 -, 26. Februar 1982 - 2 A 1667/79 -, der\ngemeindehaushalt 1983, 113 (115), u. 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -, KStZ 2001,\n213 (216), sowie Beschl. v. 19. Marz 1998 - 9 B 144/98 -; Hessischer\nVerwaltungsgerichtshof (Hess. VGH), Beschl. v. 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -,\nNVwZ-RR 2000, 243 (245-247); Niedersachsisches Oberverwaltungsgericht (Nds.\nOVG), Urt. v. 8. August 1990 - 9 L 182/89 -, DÖV 1991, 338 (339);\nOberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20. September 2001 \\- 12 A\n10063/01. OVG -, KStZ 2002, 52 (53); Schleswig-Holsteinisches\nOberverwaltungsgericht, Urt. v. 30. Januar 1995 - 2 L 128/94 -, DÖV 1995, 474;\nQueitsch - Anlagen-Überkapazitaten und Abfallgebuhr, AbfallR 2002, 30-33;\nDittmann - Die Ansatzfahigkeit von sog. Leerkosten bei der Erhebung von\nAbfallgebuhren nach § 6 KAG NRW und § 9 Abs. 2 LAbfG NW, NWVBl. 1997, 413-\n422.\n\n82\n\nDer Umfang der als gebuhrenfahig anzusehenden Kosten wird durch den auch in\nNr. 4 LSP verankerten Grundsatz der Erforderlichkeit begrenzt. Grundsatzlich\ndurfen uber die Abfallentsorgungsgebuhr als Benutzungsgebuhr fur die\ngebuhrenpflichtige Inanspruchnahme einer kommunalen\nAbfallentsorgungseinrichtung nur solche Kosten abgerechnet werden, die der\nentsorgungspflichtigen Kommune in der gewahlten Kalkulations- und\nRechnungsperiode bei der Erbringung der Entsorgungsleistung im Rahmen einer\nvon ihr betriebenen oder beauftragten Abfallentsorgungseinrichtung entstehen.\nKosten, die auf einer Überkapazitat dieser Abfallentsorgungsanlage beruhen,\nderen Ursache auf eine fehlerhafte Planung der entsorgungspflichtigen\nKorperschaft zuruckzufuhren ist, sind nicht ansatz- beziehungsweise\ngebuhrenfahig; trotz ordnungsgemaßer Planung entstandene Überkapazitaten sind\ndagegen finanziell von den Gebuhrenschuldnern zu tragen.\n\n83\n\nDas Abfallentsorgungszentrum Asdonkshof steht im Eigentum der Kreis X\nAbfallgesellschaft mbH und damit eines privaten Dritten. Welche\nAnlagenkapazitat diese Gesellschaft fur die Erbringung der von ihr angebotenen\nLeistungen fur erforderlich halt, steht allein in ihrem Ermessen. Allerdings\nwerden nach Nr. 4 Abs. 1 LSP im Rahmen der Kalkulation die Kosten aus Menge\nund Wert der fur die Leistungserstellung verbrauchten Guter und in Anspruch\ngenommenen Dienste ermittelt. Gemaß Nr. 4 Abs. 2 LSP sind in Preisermittlungen\nauf Grund von Selbstkosten nach Art und Hohe nur diejenigen Kosten zu\nberucksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsfuhrung fur die Erbringung\nder geschuldeten Leistung erforderlich sind. In diesem Zusammenhang kommt der\nGroße der Anlage Bedeutung zu;\n\n84\n\nOVG NRW, Urt. v. 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -, KStZ 2001, 213 (216).\n\n85\n\nDie Einstellung der fur den Betrieb der Mullverbrennungsanlage des\nAbfallentsorgungszentrums B prognostizierten Kosten in die Gebuhrenkalkulation\ndes Kreises X uberschreitet den durch Nr. 4 Abs. 2 LSP vorgegebenen Rahmen\nnicht;\n\n86\n\nvgl. zum Prufungsumfang OVG NRW, Beschl. v. 19. Marz 1998 - 9 B 144/98 - .\n\n87\n\nDie Behandlungsanlagen des Abfallentsorgungszentrums waren im Einklang mit der\nSatzung uber das Abfallwirtschaftskonzept des Kreises X vom 5. November 1991\nauf die Entsorgung samtlicher im Kreisgebiet anfallender Abfalle, die dem\nAnschluss- und Benutzungszwang unterliegen sowie aller im Kreisgebiet\nanfallender industrieller und gewerblicher Abfalle, die nicht auf Grund ihres\nGefahrdungspotenzials einer besonderen Nachweispflicht unterliegen und die\nkeine Massenabfalle mit besonderen Entsorgungswegen sind, ausgerichtet.\n\n88\n\nIm Rahmen der Ermittlung der effektiven Leistung der Mullverbrennungsanlage\ndes Abfallentsorgungszentrums ist zunachst von einem Dauerbetrieb der Anlage\nmit 24 Stunden pro Tag an 365 Tagen im Jahr auszugehen. Danach beliefe sich\ndie theoretische Hochstlastkapazitat auf [24 h x 365 Tage x 33,26 t/h =]\n291.357,60 t/a. Die Realisierung der Hochstlastkapazitat setzte indes voraus,\ndass die Anlage wahrend des gesamten Jahres ununterbrochen mit Volllast\ngefahren werden konnte und zur Verfugung stunde. Erfahrungsgemaß fuhren jedoch\nAbschaltvorgange und Stilllegungszeiten infolge auftretender Betriebsstorungen\noder notwendiger periodischer Wartungsmaßnahmen dazu, dass nur etwa 70 % der\njahrlichen Hochstlastkapazitat tatsachlich zur Verfugung stehen;\n\n89\n\nOVG NRW, Urt. v. 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -, KStZ 2001, 213 (216).\n\n90\n\nDemnach ware vorliegend von einer maximalen effektiven Leistung von\n[291.357,60 t/a x 70 % =] 203.950,32 t/a auszugehen.\n\n91\n\nDieser effektiven Kapazitat der Mullverbrennungsanlage war eine fur das\nVeranlagungsjahr seitens des Kreises X kalkulierte Abfallmenge von 190.950 t/a\ngegenuberzustellen. Die Kalkulation wurde auf der Grundlage des thermisch zu\nbehandelnden Abfallaufkommens des Jahres 1995 unter Einbeziehung der\nMengenprognose fur das Jahr 1996 erstellt. Ihr lagen folgende Annahmen zu\nGrunde: Abfallmenge in t/a 1995 Prognostizierte Abfallmenge in t/a 1996\nPrognostizierte Abfallmenge in t/a 1997 Haus- und Sperrmull incl. Sortierreste\naus DSD 132.631 130.845 117.000 Hausmullahnliche Gewerbeabfalle 26.600 17.329\n23.940 Gewerbeabfalle 30.400 23.480 27.373 Sonstige gewerbliche Abfalle 26.213\n25.580 22.677 Summe der in der MVA und der Vorschaltanlage zu behandelnden\nAbfalle\n\n92\n\n215.844\n\n93\n\n197.234\n\n94\n\n190.990 Diese Prognose wurde von der Klagerseite nicht substantiiert in\nZweifel gezogen.\n\n95\n\nNach alledem war bezogen auf das Veranlagungsjahr 1997 von einer Auslastung\nder Mullverbrennungsanlage von 93,62 % auszugehen;\n\n96\n\nin diesem Sinne auch bereits OVG NRW, Beschl. v. 2. August 2002 - 9 A 5580/02\n-: 90 %.\n\n97\n\nIn Ansehung des Umstandes, dass eine Preiskalkulation nach den Leitsatzen fur\ndie Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten auf der Basis einer\neinhundertprozentigen Auslastungsquote nicht verlangt werden kann,\n\n98\n\nOVG NRW, Urt. v. 5. April 2001 - 9 A 1795/99 -, KStZ 2001, 213 (216),\n\n99\n\nvielmehr eine Unterschreitung der kostenmaßig optimalen Beschaftigungslage bis\nzu einem Beschaftigungsgrad von 80 % tolerabel ist,\n\n100\n\nNds. OVG, Urt. v. 8. August 1990 - 9 L 182/89 -, DÖV 1991, 338 (339);\nEbisch/Gottschalk - Preise und Preisprufungen bei offentlichen Auftragen, 7.\nAufl. (Munchen 2001), Nr. 4 LSP, Rn. 26.\n\n101\n\nkann es dahinstehen, ob die vorhandenen Überkapazitaten bereits im Rahmen der\nPlanungsphase erkennbar waren\n\n102\n\nOVG NRW, Beschl. v. 2. August 2002 - 9 A 5580/02 -\n\n103\n\nund auf welchen Zeitpunkt bei der Überprufung der Auslastungsprognose\nabzustellen ist;\n\n104\n\noffen lassend OVG NRW, Beschl. v. 19. Marz 1998 - 9 B 144/98 -.\n\n105\n\nDessen ungeachtet war die Divergenz weder vorhersehbar noch vermeidbar.\n\n106\n\nIn diesem Zusammenhang mag es auf sich beruhen, ob insoweit auf den Zeitpunkt\nder am 15. Januar 1990 erfolgten Beantragung der Durchfuhrung des\nPlanfeststellungsverfahrens durch die Kreis X Abfallgesellschaft mbH, der\nVerabschiedung der Satzung uber das Abfallwirtschaftskonzept des Kreises X vom\n5\\. November 1991, des Abschlusses des Entsorgungsvertrages zwischen dem Kreis\nX und der Kreis X Abfallgesellschaft mbH vom 27. August 1992 oder des Ergehens\ndes Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung E2 vom 6. April 1994\nabzustellen ist;\n\n107\n\nvgl. zum Ganzen auch OVG NRW, Beschl. v. 2. August 2002 - 9 A 5580/02 - sowie\nHess. VGH, Beschl. v. 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243 (245).\n\n108\n\nBei der Beurteilung der Vorhersehbarkeit beziehungsweise der Vermeidbarkeit\nder Divergenz sind auf der Grundlage einer sachgerechten Handhabung des weiten\nOrganisationsermessens und der bei der Planung von Anlagen zu treffenden\nAuslastungsprognose die erkennbaren Gesamtumstande zu berucksichtigen.\nBesondere Beachtung ist in diesem Zusammenhang der erforderlichen Bedienung\nvon Mengenschwankungen, insbesondere von Mengenspitzen, sowie eines bei\nVerbrennungsanlagen nicht unublichen Probebetriebes zu schenken;\n\n109\n\nOVG NRW, Beschl. v. 19. Marz 1998 - 9 B 144/98 -.\n\n110\n\nDaruber hinaus sind auch zum Beurteilungszeitpunkt ergangene Entscheidungen\ndes Gesetzgebers oder der Rechtsprechung zu berucksichtigen. Der in den\nNeunzigerjahren zu verzeichnende Ruckgang des Restabfallaufkommens mag zu\neinem Teil auf das Inkrafttreten der Verordnung uber die Vermeidung von\nVerpackungsabfallen vom 12. Juni 1991\n\n111\n\n(Verpackungsverordnung - VerpackV)\n\n112\n\nzuruckzufuhren sein;\n\n113\n\nDittmann, NWVBl. 1997, 413 (414).\n\n114\n\nAndererseits hatten die verantwortlichen Stellen bei der Planung der\nKapazitaten von Abfallentsorgungsanlagen mit Blick auf die Verpflichtung zur\nGewahrleistung der Entsorgungssicherheit im Kreisgebiet fur einen Zeitraum von\nmindestens zehn Jahren auch das Inkrafttreten der Dritten Allgemeinen\nVerwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz vom 14. Mai 1993\n\n115\n\n(Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Entsorgung von\nSiedlungsabfallen - TA Siedlungsabfall)\n\n116\n\nzum 1. Juni 1993 zu berucksichtigen, derzufolge die Ablagerung\nunvorbehandelter, organisch belasteter Abfalle so schnell wie moglich zu\nbeenden war und die nach dem Auslaufen der darin geregelten Übergangsfristen\neine Zunahme der thermisch zu behandelnden Abfalle erwarten ließ. Maßgeblichen\nEinfluss auf den Ruckgang der Abfallmengen hatte das am 27. September 1994\nbeschlossene Gesetz zur Forderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der\numweltvertraglichen Beseitigung von Abfallen\n\n117\n\n(Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG),\n\n118\n\ndas eine Entwicklung einleitete, im Zuge derer zunehmend gewerbliche Abfalle,\ndie unter der Geltung des Abfallgesetzes ihrer Art nach beseitigt worden\nwaren, als Abfalle zur Verwertung deklariert und außerhalb des Anschluss- und\nBenutzungszwanges verwertet wurden. Die nicht zuletzt hierdurch verursachte\nEntwertung der Planeckdaten konnte indes bei der Auslastungsprognose ob des\nZeitpunktes der Verabschiedung des Gesetzes nach allen vorstehend aufgezeigten\nPrognosezeitpunkten keine Berucksichtigung finden. Der Umstand, dass ein\nerster Gesetzesentwurf bereits im November 1992 vorgelegt worden war, musste\ndie verantwortlichen Stellen nicht zu einer Korrektur ihrer Planungen\nveranlassen, da Gesetzentwurfe im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht\nselten gravierenden Änderungen unterliegen und daher keine verlassliche\nGrundlage fur eine Auslastungsplanung zu bieten vermogen;\n\n119\n\nvgl. zu den gesetzgeberischen Einflussen auf die\nAbfallentsorgungsanlagenplanung auch Queitsch, AbfallR 2002, 30 (32 f.).\n\n120\n\nEbenso wenig ist zu beanstanden, dass der Kreis X bei seiner\nAuslastungsprognose die bis zum 31. Dezember 1996 uber die\nGemeinschaftsmullverbrennungsanlage O in P entsorgten Abfalle der Stadte E, W\nund N2 berucksichtigt hat. Die Ausubung seines weiten Planungs- und\nOrganisationsermessens dahingehend, in Ansehung nicht zuletzt einer sich\nverandernden Auslastungssituation der Anlage in P eine einheitliche Entsorgung\nder im Kreisgebiet anfallenden Abfalle vorzusehen, begegnet keinen\ndurchgreifenden Bedenken, zumal die Gemeinschafts-Mull-Verbrennungsanlage O\nGmbH dem Kreis X unter dem 3. September 1992 mitgeteilt hat, die Übernahme\neiner bestimmten Mullmenge nicht zuletzt wegen einer verstarkten Anlieferung\nder Gesellschafter- Stadte verbindlich nicht zusagen zu konnen. In Ansehung\ndessen, aber auch unter Berucksichtigung der seinerzeit in Auftrag gegebenen\ngutachterlichen Stellungnahmen und der durch die Bezirksregierung E2\nerstellten Prognosen durfte sich der Kreis X veranlasst sehen, langfristige\nEntsorgungssicherheit durch den Aufbau hinreichender eigener Kapazitaten zur\nAufnahme des im Kreisgebiet anfallenden Abfalls sicherzustellen.\n\n121\n\nNach alledem entsprach die Kapazitatsauslegung einer aus der maßgeblichen\ndamaligen Sicht einer sachgerechten Planung.\n\n122\n\nAnhaltspunkte dafur, dass dem Ruckgang der Abfallmengen durch einen Abbau der\nÜberkapazitaten der zweistrassig ausgelegten und mit zwei Feuerungsanlagen\nplanfestgestellten Mullverbrennungsanlage seither mit vertretbarem Aufwand\nhatte begegnet werden konnen, liegen nicht vor.\n\n123\n\nDie von der Klagerseite geaußerten Bedenken gegen die Berucksichtigung des\nAnsatzes der Kreis X Abfallgesellschaft mbH fur im Zusammenhang mit Werbung\nund Abfallberatung entstehende Kosten greifen nicht durch.\n\n124\n\nEntsprechende Aufwendungen haben grundsatzlich Kostencharakter;\n\n125\n\nvgl. zu Einzelheiten Ebisch/Gottschalk, Nr. 34 LSP, Rn. 19.\n\n126\n\nGemaß § 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 des zwischen dem Kreis X und der Kreis X\nAbfallgesellschaft mbH geschlossenen Entsorgungsvertrages gehoren zu den\nAufgaben der Gesellschaft neben der Vermarktung der gewonnenen\nSekundarrohstoffe und Energien auch die Entwicklung von Strategien zur\nAbfallvermeidung und -verminderung, die Beratung gewerblicher Abfallerzeuger\nsowie die Öffentlichkeitsarbeit. Das klagerische Vorbringen lasst eine\nÜberhohung des diesbezuglichen Kostenansatzes in Ansehung der im\nKalkulationszeitraum erfolgten Betriebsaufnahme und der berechtigten Erwartung\nhiermit einhergehender erhohter Aufwendungen in den vertraglich geschuldeten\nAufgabenbereichen nicht erkennbar werden.\n\n127\n\nDie von der Kreis X Abfallgesellschaft mbH ermittelten und von dem Kreis X im\nRahmen seiner Gebuhrenkalkulation berucksichtigten kalkulatorischen\nAbschreibungen sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Der nicht naher\nsubstantiierte Einwand, der Schornstein sei um 150 m zu hoch gebaut worden,\nwodurch uberflussige Mehrkosten in Hohe von etwa 3.500.000,00 DM entstanden\nseien, sowie die Darstellung, die schienenmaßige Anbindung des\nAbfallentsorgungszentrums an das Bahnnetz, die allein zu dem Zweck genutzt\nwerde, einmal jahrlich Ammoniak anzuliefern, vermogen die\nBerucksichtigungsfahigkeit der diesbezuglichen Aufwendungen nicht in Frage zu\nstellen.\n\n128\n\nBesondere Umstande, die in Ansehung der Tatsache, dass die Dimensionierung des\nSchornsteines unter Berucksichtigung des immissionsschutzrechtlichen\nMinimierungsgebotes erfolgt ist und ein schienengebundener Transport des zur\nEntstickung von Rauchgasen in dem Kombikatalysator eingesetzten wasserfreien\nAmmoniaks gemaß § 7 Abs. 4 GGVS-RahmenV zu ermoglichen war, eine abweichende\nSichtweise zu rechtfertigen vermochten, sind weder ersichtlich noch\nvorgetragen. Insoweit mag es auf sich beruhen, ob der Einwand der sachwidrigen\nPlanung einzelner Einrichtungen einer Anlage, die Gegenstand eines\nPlanfeststellungsverfahrens waren und dort nicht beanstandet wurden, in einem\nspateren Gebuhrenfestsetzungsverfahren berucksichtigungsfahig ist;\n\n129\n\nablehnend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG RP), Urt. v. 20\\.\nSeptember 2001 - 12 A 10063/01 -, KStZ 2001, 52 (53 f.); unter Bezugnahme\nhierauf Queitsch - Anlagen-Überkapazitaten und Abfallgebuhr, AbfallR 2002, 30.\n\n130\n\nIm Ergebnis nicht zu beanstanden ist ferner die Hohe der kalkulatorisch fur\ndie Abfallbehandlungsarten „Garten- und Grunabfalle", „Kompostierung" und\n„Verbrennung/Vorschaltanlage" in Ansatz gebrachten kalkulatorischen Gewinne.\n\n131\n\nDas Oberverwaltungsgericht fur das Land Nordrhein-Westfalen hat indes\nentschieden, dass im Rahmen der Vereinbarung von\nSelbstkostenerstattungspreisen ein Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses\nmit maximal 1 % des in dem Veranlagungszeitraum erzielten Umsatzes als\nangemessen anzusehen sei, wenn das beauftragte Unternehmen mehrheitlich im\nBesitz der auftraggebenden offentlich- rechtlichen Korperschaft stehe;\n\n132\n\nOberverwaltungsgericht fur das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urt. v. 4\\.\nOktober 2001 - 9 A 2737/00 -: „Nach Auffassung des Senats ist unter\nBerucksichtigung der Vertragsgestaltung zwischen S-AG und Kreis der Ansatz von\nhochstens 1 % des Umsatzes angemessen. Das allgemeine Unternehmerwagnis, das\ngemaß Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a LSP (= Leitsatze fur die Preisermittlung\nauf Grund von Selbstkosten - Anlage zur VO PR 30/53 -) im kalkulatorischen\nGewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als\nGanzes gefahrden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des\nWirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tatigkeit schlechthin begrundet\nsind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Der Ansatz fur diese Position soll auf lange\nSicht die Existenz des Unternehmens gegen die Gefahren und Risiken sichern,\ndie mit der unternehmerischen Tatigkeit verbunden sind. Aus dem allgemeinen\nUnternehmerwagnis mussen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach\nden LSP nicht zu den Kosten gehoren. ... Zum allgemeinen Unternehmerwagnis\ngehoren z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung\nentstehen, etwa Konjunkturruckgange, plotzliche Nachfrageverschiebungen,\nGeldentwertungen, technische Fortschritte. ... Diese Gefahren und Risiken\nerscheinen im Hinblick darauf, dass zwischen RSAG und Kreis\nSelbstkostenerstattungspreise nach entstandenem Aufwand mit jahrlich\nnachtraglicher Abrechnung vereinbart sind ..., gering. Insoweit ist darauf\nhinzuweisen, dass die S-AG ein Unternehmen ist, dessen Hauptgesellschafter der\nKreis ist. Die wirtschaftliche Tatigkeit wird zu fast 80 % vom Gebuhrenbereich\nabgedeckt, wie sich aus der Aufstellung uber den Erlosanteil des\nGebuhrenbereichs ergibt ... . Plotzliche Nachfrageverschiebungen im\nGebuhrenbereich nach Erstellung der Vorkalkulation mussten im Rahmen der\nnachtraglichen Abrechnung vom Kreis aufgefangen werden. Da die S-AG die\nGesellschaft ist, der der Kreis die ihm obliegende Aufgabe der\nAbfallentsorgung zur Durchfuhrung ubertragen hat, andererseits sich der Kreis\nseiner gesetzlichen Aufgabe als entsorgungspflichtige Korperschaft nicht\nentziehen kann, erscheint das Risiko gering, dass der Kreis der S-AG nicht die\nMittel zur Verfugung stellen wird, die sich aus Anforderungen der Gesetzgebung\nhinsichtlich der Abfallentsorgung oder des technischen Fortschritts im Betrieb\neiner Abfallentsorgungsanlage zur Hausmullentsorgung ergeben. Insoweit steht\ndie S- AG gunstiger dar als ein Unternehmen, bei dem die offentlichen, nach\nLSP abzurechnenden Auftrage nur einen geringen Umfang des Gesamtumsatzes\nausmachen und das insoweit selbst seine Position im Markt sichern muss, ohne\nmit Hilfe von offentlichen Stellen rechnen zu konnen. Unter Berucksichtigung\ndieser Gesichtspunkte erscheint das verbleibende allgemeine unternehmerische\nRestrisiko mit 1 % vom Umsatz angemessen bewertet. ..."; vgl. ferner OVG NRW,\nBeschl. v. 2. August 2002 - 9 A 5580/00 -.\n\n133\n\nOb diese Grundsatze auch in der vorliegend zu beurteilenden Fallgestaltung\nAnwendung zu finden vermogen, unterliegt erheblichen Bedenken, bedarf indes\nkeiner abschließenden Erorterung.\n\n134\n\nGemaß Nr. 51 LSP werden im kalkulatorischen Gewinn einerseits das allgemeine\nUnternehmerwagnis und andererseits ein Leistungsgewinn bei Vorliegen einer\nbesonderen unternehmerischen Leistung in wirtschaftlicher, technischer oder\norganisatorischer Hinsicht abgegolten. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis\nsind etwa die Eigenkapitalverzinsung, der Unternehmerlohn, die Risikopramie,\ndaruber hinaus aber auch die notwendige Rucklagenzufuhrung zur Erhaltung des\nEigenkapitalanteils sicherzustellen. Aus dem Unternehmensgewinn mussen mithin\ndiejenigen Finanzmittel fließen, die zur realen Erhaltung des\nbetriebsnotwendigen Vermogens langfristig benotigt werden. Des Weiteren mussen\naus dem allgemeinen Unternehmerwagnis auch etwaig erforderlich werdende\nErsatzinvestitionen beziehungsweise Investitionen zur Anpassung der Anlage an\neinen gewandelten technischen Fortschritt oder gesetzgeberische Entwicklungen\nbestritten werden;\n\n135\n\nEbisch/Gottschalk, Nr. 51 LSP, Rn. 1, Nr. 52 LSP, Rn. 26; Eisele - Technik des\nbetrieblichen Rechnungswesens, 6. Aufl. (Munchen 1999), Ziff. 3.125.5, S. 650.\n\n136\n\nWie hoch die Gefahren und Risiken zu bewerten sind, ist letztlich eine Frage\ndes Einzelfalles;\n\n137\n\nOVG NRW, Urt. v. 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -.\n\n138\n\nIn der Vergangenheit wurde ein maximaler Gewinnsatz von 4,5 % des\nbetriebsnotwendigen Vermogens fur zulassig erachtet;\n\n139\n\nEbisch/Gottschalk, Nr. 52 LSP, Rn. 9.\n\n140\n\nOb ein solcher Wert auch im Falle der Vereinbarung von\nSelbstkostenerstattungspreisen ansatzfahig ist, begegnet Bedenken. Entsprache\ndas unternehmerische Wagnis nicht dem Risiko, dem ein Unternehmen zu begegnen\nhat, das trotz seiner Vertragsbeziehungen zur offentlichen Hand dem vollen\nunternehmerischen Risiko ausgesetzt ist, so ware es verfehlt, die\nKostenposition allgemeines Unternehmerwagnis beziehungsweise kalkulatorischer\nGewinn in gleicher Hohe wie bei diesem Unternehmen anzusetzen;\n\n141\n\nOVG NRW, Urt. v. 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -.\n\n142\n\nDie zum allgemeinen Unternehmerwagnis zahlenden Gefahren und Risiken\nerscheinen im Hinblick darauf, dass Hauptgesellschafter der Kreis X\nAbfallgesellschaft mbH gemaß § 3 des Gesellschaftsvertrages der Kreis X ist,\nder sich seinen Entsorgungsaufgaben nicht entziehen kann, vermindert.\nAndererseits liegt der fur das Jahr 1997 in Ansatz gebrachte kalkulatorische\nGewinn deutlich unterhalb nicht nur des vorbezeichneten Gewinnsatzes von 4,5 %\ndes betriebsnotwendigen Vermogens, sondern auch des fur die Folgejahre\nvereinbarten Gewinnsatzes von 3,5 % des betriebsnotwendigen Vermogens. In\nAnsehung der Anlagenintensitat des Abfallentsorgungszentrums B vermag die\nKammer nicht zu erkennen, dass der Kreis X diesbezuglich uberhohte Betrage\nakzeptiert hatte.\n\n143\n\nWollte man indes den kalkulatorischen Gewinn auf 1 % des Umsatzes begrenzen,\n\n144\n\nvgl. hierzu OVG NRW, Beschl. v. 2. August 2002 - 9 A 5580/00 -, andererseits\naber auch Niedersachsisches Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 22. Januar 1999 -\n9 L 1803/97 -, das einen kalkulatorischen Gewinn in Hohe von 5 % der\nvorkalkulatorisch ermittelten Selbstkosten fur ansatzfahig erachtet hat,\n\n145\n\nso ware dieser Wert, wie nachfolgende Erlauterungen verdeutlichen, zwar\nuberschritten; die Überschreitung ware indes im Ergebnis unbeachtlich:\nJahreswerte Abfalle zur Entsorgung in der MVA und in der Vorschaltanlage des\nAEZ B Sortenreiner Baum- und Strauchschnitt zur Kompostierung Bioabfall aus\nBiotonne und Garten- und Parkabfalle zur Kompostierung im Bioabfallkompostwerk\ndes AEZ B Ansatzfahiger kalkulatorischer Gewinn Erlose aus Anlieferung des\nKreises gemaß LSP- Nachkalkulation 66.873.125,00 DM 2.836.731,00 DM\n2.105.309,00 DM hiervon 1 % 668.731,25 DM 28.367,31 DM 21.053,09 DM\nTatsachlicher Ansatz gemaß LSP-Selbstko-stenvorauskalkulation Kalkulatorischer\nGewinn/t 27,00 DM/t 3,00 DM/t 9,00 DM/t Prognostizierte Abfallmenge 190.950 t\n12.000 t 23.000 t Kalkulatorischer Gewinn 5.155.650,00 DM 36.000,00 DM\n207.000,00 DM Prozentualer Anteil des kalkulatorischen Gewinns an den Erlosen\n7,71 % 1,27 % 9,83 % Differenz zwischen ansatzfahigem und tatsachlichem\nkalkulatorischem Gewinn 4.486.918,75 DM 7.632,69 DM 185.946,91 DM Summe der an\ndie KWA mbH zu entrichtenden Kosten nach Abzug des Differenzbetrages\n113.486.548,00 DM\n\n146\n\n\\- 4.486.548,00 DM\n\n147\n\n= 108.999.629,30 DM 2.576.500,00 DM\n\n148\n\n\\- 7.632,69 DM\n\n149\n\n= 2.568.867,31 DM 6.778.292,00 DM\n\n150\n\n\\- 185.946,91 DM\n\n151\n\n= 6.592.345,09 DM Gebuhr in DM/t 108.999.629,30 DM\n\n152\n\n: 190.950 t\n\n153\n\n= 570,83 DM/t 2.568.867,31 DM\n\n154\n\n: 12.000 t\n\n155\n\n= 214,07 DM/t 6.592.345,09 DM\n\n156\n\n: 23.000 t\n\n157\n\n= 286,62 DM Mengenansatz der Stadt E 22.050 t 0,00 t 0,00 t Ansatz in der\nGebuhrenkalkulation der Stadt E 13.104.315,-- DM 0,00 DM 0,00 DM Ansatzfahige\nEntsorgungskosten der Stadt E 12.586.801,50 DM 0,00 DM 0,00 DM Dessen\nungeachtet belaufen sich die ansatzfahigen an den Kreis X zu entrichtenden\nEntsorgungskosten auf den Betrag von 12.586.801,50 DM. Die Differenz zu den\nursprunglich der Gebuhrenbedarfsberechnung der Beklagten vom 3. Dezember 1996\nveranschlagten 13.104.315,-- DM (22.050 t x 594,30 DM) betragt mithin\n517.513,50 DM. Die fur das Veranlagungsjahr 1997 kalkulierten Gesamtkosten von\n19.206.830,-- DM waren danach um lediglich 2,7 % zu reduzieren gewesen. Dieser\nWert liegt allerdings noch innerhalb der vorbezeichneten Toleranzgrenze von 3\n%, sodass die Veranschlagungsmaxime des § 6 Abs. 1 S. 3 KAG NRW im Ergebnis\nnicht verletzt ist.\n\n158\n\nWeitere Gesichtspunkte, die fur eine nicht ordnungsgemaße Gebuhrenermittlung\nsprechen konnten, sind weder substantiiert vorgetragen noch anderweitig\nersichtlich.\n\n159\n\nBedenken hinsichtlich der formellen Rechtmaßigkeit des Bescheides uber Steuern\nund sonstige Abgaben vom 15. Januar 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides\nvom 10. April 1997 bestehen nicht.\n\n160\n\nEbenso wenig bestehen schließlich materiellrechtliche Bedenken gegen die\nRechtmaßigkeit des Gebuhrenbescheides.\n\n161\n\nB.\n\n162\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit ist nach Maßgabe der §§ 167 Abs. 2, Abs. 1 S. 1\nVwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO ergangen.\n\n163\n\n
293,971
olgham-2003-02-18-15-w-35602
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
15 W 356/02
2003-02-18
2019-03-12 10:31:39
2020-12-10 12:52:30
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2003:0218.15W356.02.00
## Tenor\n\nDie weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zuruckgewiesen, daß die erste\nBeschwerde der Beteiligten zu 2) bis 4) als unzulassig verworfen und die\nKostenentscheidung sowie die Wertfestsetzung des Landgerichts abgeandert\nwerden.\n\nDie den Beteiligten zu 5) bis 9) im Verfahren der ersten und der weiteren\nBeschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten haben wie folgt zu\nerstatten: der Beteiligte zu 2) die Kosten der Beteiligten zu 5), die\nBeteiligte zu 3) die Kosten der Beteiligten zu 6) und 7) sowie die Beteiligte\nzu 4) die Kosten der Beteiligten zu 8) und 9).\n\nDer Gegenstandswert fur das Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde\nwird auf 29.000,00 Euro festgesetzt.\n\n \n1\n\n** _G r u n d e :_**\n\n2\n\n**I.**\n\n3\n\nDer Erblasser war mit der Beteiligten zu 1) verheiratet. Aus der Ehe sind die\nBeteiligten zu 2) bis 4) als gemeinsame Kinder hervorgegangen. Der Erblasser\nerrichtete am 08.09.1989 ein privatschriftliches Testament. Dieses lautet\nauszugsweise wie folgt:\n\n4\n\n"Ich...verfuge im Falle meines Todes, daß mein Grundbesitz und die\naufstehenden Hauser... an meine Frau und meine drei Kinder wie folgt vererbt\nwerden.\n\n5\n\n1) Sollte ich vor meiner Frau sterben, geht der gesamte Besitz und die Nutzung\ndes Hofes auf meine Frau uber. Ferner erhalt sie die Auszahlungen aus meinen\nLebensversicherungen und wenn vorhanden das gesamte Bargeld.\n\n6\n\n2) Nach dem Tode meiner Frau mochte ich meinen Besitz wie folgt vererben.\n\n7\n\na) Mein Sohn D1 erbt die Hauser W-Str. 7 und W-Str. 9 nebst den aufstehenden\nStallgebauden. Ferner soll er die Flurstucke 92/2, 96, 72 und 62 erhalten. An\nWald soll er das Flurstuck 15 "xxx" erhalten.\n\n8\n\nb) Meine Tochter I1 erbt das Haus I-Straße. An Grundstucken erhalt sie Flur 99\nsowie Teile der Flur 98. An Waldflache erhalt sie Flur 68 "yyy".\n\n9\n\nc) Meine Tochter C1 erhalt folgende Grundstucke. Einen Teil des Flurstucks 98\nund zwar ca. 5000qm von der ostlichen Grenze, wie in der Karte eingezeichnet.\nAn Wald erhalt sie Flur 22 "zzz" mit aufstehenden Fichten und Flur 8 "Im\nP-hof" mit aufstehenden Fichten.\n\n10\n\nSollten meine Frau und ich zusammen sterben, etwa durch Unfall, sollen die\nLebensversicherungen von mir und meiner Frau, sowie vorhandenes Bargeld nach\nAbzug der Beerdigungskosten, zu gleichen Teilen an meine 3 Kinder aufgeteilt\nwerden.\n\n11\n\nBeim Tode eines meiner drei Kinder, gehen die vererbten Grundstucke und Hauser\ndirekt in den Besitz meiner Enkelkinder uber.\n\n12\n\nSollten aus der Ehe meiner Kinder D1 und C1 keine Enkelkinder hervorgehen und\nsie vor ihrem Ehepartner sterben, fallt der vererbte Besitz an die vorhandenen\nEnkelkinder zuruck. ..."\n\n13\n\nAuf dem Schriftstuck hat der Erblasser unter den Daten "08.09.1987" und\n"30.09.1997" weitere testamentarische Verfugungen getroffen. Nach dem Zusatz\nvom "08.08.1987" soll die Ehefrau des Sohnes D1 im Falle dessen Vorversterbens\nein Wohnrecht im Hause W-Str. 7 erhalten. Die Tochter C1 soll nach der\nAnordnung vom "30.09.1997" uber die bislang zugedachten Grundstucke hinaus\neine weitere naher bezeichnete Grundstucksflache aus dem Flurstuck 98\nerhalten.\n\n14\n\nDie Beteiligten zu 5) bis 9) sind die Enkelkinder des Erblassers, die mit\nAusnahme der Beteiligten zu 6) erst nach der Errichtung des Testaments vom\n08.09.1989 geboren sind. Die Beteiligte zu 5) stammt aus der Ehe des\nBeteiligten zu 2), die Beteiligten zu 6) und 7) stammen aus der Ehe der\nBeteiligten zu 3) sowie die Beteiligten zu 8) und 9) aus der Ehe der\nBeteiligten zu 4).\n\n15\n\nDen in dem Testament vom 08.09.1989 erwahnten Grundbesitz, der im wesentlichen\nden Nachlaß ausmacht, hatte der Erblasser selbst im Wege der Erbfolge\nerworben. Es handelte sich um einen Hof im Sinne der HofeO. Der Erblasser, der\nnach Aufgabe der Landwirtschaft eine andere berufliche Tatigkeit aufgenommen\nhatte, hatte den Hofvermerk im Jahre 1978 loschen lassen. Im Jahre 1994\nubertrug der Erblasser seinen Kindern jeweils im Wege vorweggenommener\nErbfolge Teile der Grundbesitzungen, die nach dem Testament vom 08.09.1989\nzunachst an die Beteiligte zu 1) und sodann an die Beteiligten zu 2) bis 4)\nfallen sollten. § 5 der mit den Beteiligten zu 2) und 3) jeweils am 20.05.1994\ngeschlossenen Übertragungsvertrage enthalten ein Widerrufsrecht des Erblassers\nbzw. - nach dessen Tod - der Beteiligten zu 1) u.a. fur den Fall, daß die\nÜbertragsnehmer vor dem Erblasser oder der Beteiligten zu 1) versterben\nsollten, ohne daß das Eigentum an dem Vertragsgegenstand ausschließlich auf\nleibliche Abkommlinge des Erwerbers oder den Erblasser bzw. nach dessen Tod\nauf die Beteiligte zu 1) ubergeht. Der mit der Beteiligten zu 4) geschlossene\nÜbertragungsvertrag vom 17.10.1994 enthalt ein solches Widerrufsrecht nicht.\n\n16\n\nDie Beteiligten sind sich uber die Auslegung der in dem Testament vom\n08.09.1989 angeordneten Erbfolge im Ausgangspunkt einig: Die Beteiligte zu 1)\nist als Vorerbin eingesetzt, mit ihrem Tod sind die Beteiligten zu 2) bis 4)\nzu gleichen Teilen als Nacherben berufen. Die Beteiligten vertreten\ndemgegenuber unterschiedliche Auffassungen uber die Bedeutung der Zuwendung an\ndie Enkelkinder in den letzten beiden Satzen des Testaments.\n\n17\n\nDie Beteiligten zu 1) bis 4) stehen mit naherer Begrundung auf dem Standpunkt,\nder Erblasser habe seine Enkelkinder lediglich als Ersatznacherben fur den\nFall berufen wollen, daß eines seiner Kinder, etwa im Falle des Versterbens\nvor der uberlebenden Ehefrau, als Nacherbe wegfallen sollte. Nur fur diesen\nFall seien ersatzweise die Enkelkinder dieses Stammes an seiner Stelle als\nNacherben berufen. Auf dieser Grundlage haben die Beteiligten zu 1) bis 4) in\nnotarieller Urkunde vom 28.05.2001 (UR-Nr. 00 Notar O in B) die Erteilung\neines Erbscheins beantragt, der die Beteiligte zu 1) als alleinige Erbin des\nErblassers mit dem Vermerk (§ 2363 BGB) ausweisen soll, daß mit ihrem Tod\nNacherbfolge eintritt, die Beteiligten zu 2) bis 4) zu Nacherben und deren\nAbkommlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu Ersatznacherben\nberufen sind.\n\n18\n\nDie Beteiligten zu 5) bis 9) sind durch ihren durch Beschluß des\nVormundschaftsgerichts vom 12.06.2001 bestellten Erganzungspfleger dem\nErbscheinsantrag entgegengetreten. Ihrer Auffassung nach ist das Testament vom\n08.09.1989 dahin auszulegen, der Erblasser habe eine weitere Nacherbfolge in\nder Weise anordnen wollen, daß jeweils mit dem Tode eines seiner Kinder die\ninnerhalb dieses Familienstammes vorhandenen Enkelkinder zu Nacherben berufen\nseien.\n\n19\n\nDas Amtsgericht hat nach personlichen Anhorung der Beteiligten zu 1) und 4)\nund Vernehmung des Zeugen G in der Sitzung vom 06.11.2001 durch Beschluß vom\n12.11.2001 den Erbscheinsantrag zuruckgewiesen.\n\n20\n\nGegen diesen Beschluß haben die Beteiligten zu 1) bis 4) mit Schriftsatz ihrer\nVerfahrensbevollmachtigten vom 14.11.2001 Beschwerde eingelegt, mit der sie\nihren Erbscheinsantrag weiterverfolgt haben. Das Landgericht hat durch\nBeschluß vom 18.07.2002 die Beschwerde zuruckgewiesen.\n\n21\n\nGegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten\nzu 1) bis 4), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmachtigten vom\n29.08.2002 bei dem Landgericht eingelegt haben. Die Beteiligten zu 5) bis 9)\nbeantragen die Zuruckweisung des Rechtsmittels.\n\n22\n\n**II.**\n\n23\n\nDie weitere Beschwerde ist nach § 27 FGG statthaft sowie gem. § 29 Abs. 1 FGG\nformgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) bis 4)\nfolgt daraus, daß das Landgericht ihre Erstbeschwerden zuruckgewiesen hat.\n\n24\n\nIn der Sache ist das Rechtsmittel unbegrundet, und zwar dasjenige der\nBeteiligten zu 2) bis 4) bereits aus den nachstehend behandelten\nverfahrensrechtlichen Grunden, dasjenige der Beteiligten zu 1), weil die ihr\ngegenuber getroffene Sachentscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprufung\nstandhalt (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).\n\n25\n\nIn verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht von einer zulassigen\nErstbeschwerde der Beteiligten zu 1) bis 4) ausgegangen. Diese Beurteilung,\ndie der Senat als Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu uberprufen hat\n(vgl. Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 15) trifft nur fur die\nBeteiligte zu 1), nicht jedoch fur die Beteiligten zu 2) bis 4) zu. Denn\nletzteren fehlt die Beschwerdebefugnis (§ 20 Abs. 1 FGG), weil sie durch die\nEntscheidung des Amtsgerichts nicht in eigenen Rechten betroffen werden. Die\nBeteiligten zu 2) bis 4) sind nach dem von ihnen eingenommenen eigenen\nStandpunkt lediglich als Nacherben berufen. Beantragt ist ein Erbschein, der\ndas Erbrecht der Beteiligten zu 1) als Vorerbin ausweisen soll. Die\nBeteiligten zu 2) bis 4) waren bereits nicht berechtigt, den Antrag auf\nErteilung des Erbscheins fur die Vorerbin zu stellen; dementsprechend fehlt\nihnen auch die Befugnis, diesen Antrag mit der Erstbeschwerde\nweiterzuverfolgen. Die fehlende Antragsbefugnis des Nacherben hat das BayObLG\nwie folgt uberzeugend begrundet (BayObLGZ 1999, 70 = NJW-RR 1999, 805):\n\n26\n\n"Der Nacherbe wird nicht schon mit dem Tod des Erblassers Erbe. Die Erbschaft\nfallt vielmehr dem Vorerben an; dieser allein ist zunachst der Erbe, d.h. der\nInhaber der zum Nachlaß gehorenden Rechte. Erst mit dem Eintritt des\nNacherbfalls geht die Erbschaft auf den Nacherben uber (§ 2139 BGB; Grunsky,\nin: MunchKomm, § 2100 Rdnr. 1). Vorher hat er nur ein Anwartschaftsrecht\n(Grunsky, in: MunchKomm, § 2100 Rdnr. 27), das keine Verfugungen uber den\nNachlaß ermoglicht. Bis zum Nacherbfall hat daher allein der Vorerbe die fur\ndie Erteilung des Erbscheins erforderliche Eigenschaft als Erbe i.S. des §\n2353 BGB (Promberger, in: MunchKomm, § 2363 Rdnr. 2); er allein kann uber den\nNachlaß verfugen und er allein benotigt dazu unter Umstanden den Erbschein.\nFur den Nacherben kommt in dieser Zeit ein eigener Erbschein nicht in Betracht\n(Promberger, in: MunchKomm, § 2363 Rdnr. 2); da er noch nicht Erbe ist, kann\nihm auch kein Erbrecht bezeugt werden. Vielmehr kann sein Erbrecht erst nach\nEintritt des Nacherbfalls bezeugt werden (BGH, WM 1980, 1042 [1043] = FamRZ\n1980, 563 [564]; Staudinger-Behrends-Avenarius, § 2100 Rdnr. 81). Der\nErbschein, der dem Vorerben auf dessen Antrag erteilt wird, weist allein\ndessen Erbrecht aus. Die Angaben uber die Nacherbschaft, die der Erbschein des\nVorerben gem. § 2363 BGB enthalt, bescheinigen nicht das Nacherbrecht, sondern\ndienen nur dazu, die Beschrankungen der Rechtsstellung des Vorerben\nauszuweisen (Promberger, in: MunchKomm, § 2363 Rdnr. 3). Fur den Erbschein des\nVorerben aber ist nur dieser antragsberechtigt. Obwohl der Nacherbe durch den\nErbschein des Vorerben in seinen rechtlichen Interessen beruhrt wird\n(Staudinger-Behrends-Avenarius, § 2100 Rdnr. 85), kann er - abgesehen von dem\nFall, daß ihn der Vorerbe bevollmachtigt - keinen Erbschein fur den Vorerben\nbeantragen (KG, OLGRspr. 11, 267; KGJ 33 A 98-99; BayObLGZ 2, 725 [726]; 1951,\n561 [566]; Promberger, in: MunchKomm, § 2353 Rdnr. 123, § 2363 Rdnr. 2;\nStaudinger-Schilken, § 2353 Rdnrn. 41, 52, § 2363 Rdnr. 4)"\n\n27\n\nDementsprechend war die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 4) mit\nder Maßgabe zuruckzuweisen, daß ihre erste Beschwerde als unzulassig zu\nverwerfen war (vgl. dazu BayObLGZ 1964, 137, 143; KG NJW 1962, 2354, 2355;\nSenat OLGZ 1972, 382, 384; Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 27, Rdnr. 67).\n\n28\n\nDas Landgericht hat mit der nachstehend naher behandelten Begrundung das\nTestament vom 08.09.1989 dahin ausgelegt, die Beteiligten zu 5) bis 9) seien\nzu weiteren Nacherben der Beteiligten zu 2) bis 4) berufen. Die Auslegung\nrechtsgeschaftlicher Willenserklarungen und damit auch letztwilliger\nVerfugungen ist dem Tatrichter vorbehalten. Sie unterliegt im Verfahren der\nweiteren Beschwerde nur einer eingeschrankten Nachprufung dahin, ob sie nach\nden Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung moglich ist, mit den\ngesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut\nder Erklarung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen\nberucksichtigt (vgl. Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 27, Rdnr. 49 m.w.N.). Einen\nsolchen Rechtsfehler laßt die Entscheidung des Landgerichts nicht erkennen.\n\n29\n\nDas Landgericht ist bei seiner Entscheidung von zutreffenden Grundsatzen zur\nAuslegung einer letztwilligen Verfugung ausgegangen. Zur Ermittlung des\nInhalts einer letztwilligen Verfugung ist deren gesamter Inhalt einschließlich\naller Nebenumstande, auch solcher außerhalb des Testaments heranzuziehen und\nzu wurdigen. Solche Umstande konnen vor oder auch nach Testamentserrichtung\nliegen. Dazu gehort das gesamte Verhalten des Erblassers sowie seine\nÄußerungen und Handlungen. Maßgebend ist der Wille des Erblassers im Zeitpunkt\nder Testamentserrichtung (BGH NJW 1993, 256).\n\n30\n\nDie Kammer hat im Hinblick auf die hier maßgebende Passage des Testaments\n"Beim Tode eines meiner drei Kinder, gehen die vererbten Grundstucke und\nHauser direkt in den Besitz meiner Enkelkinder uber" die in Betracht kommenden\nAuslegungsmoglichkeiten berucksichtigt. Es handelt sich entweder um eine\nErsatzerbfolge (§ 2096 BGB) der Enkelkinder in die Nacherbenstellung der\nKinder, die voraussetzt, daß eines der Kinder vor Eintritt des Nacherbfalls\nwegfallt, namentlich also infolge Vorversterbens die Nacherbschaft ihm nicht\nanfallen kann. Die Anordnung einer Ersatznacherbfolge ware in diesem\nZusammenhang insbesondere als ein von dem Erblasser gewollter Ausschluß der\nVererblichkeit der Nacherbenanwartschaft (§ 2108 Abs. 2 S. 1 BGB) zu bewerten:\nDie Nacherbenanwartschaft fiele dann nicht in den Nachlaß des Nacherben,\nsondern an die Stelle eines weggefallenen Kindes treten die von dem Erblasser\ntestamentarisch berufenen Ersatzerben. Alternativ kann die letztwillige\nVerfugung als Anordnung einer weiteren Nacherbfolge der Enkelkinder nach den\nKindern des Erblassers mit der Maßgabe verstanden werden, daß der Nacherbfall\njeweils mit dem Tode eines der Kinder eintritt. In diesem Fall fallt die\nNacherbschaft den Kindern des Erblassers mit dem Tod seiner Ehefrau an, jedoch\nmit der Maßgabe, daß sie wiederum lediglich als Vorerben und die Enkelkinder\nals Nacherben berufen sind.\n\n31\n\nBei der Auswertung des Wortlauts des Testaments hat das Landgericht maßgebend\ndarauf abgestellt, der Erblasser habe in der genannten Passage seines\nTestaments als Gegenstand der Erbfolge der Enkelkinder den "vererbten\nGrundbesitz" bezeichnet. Dies lasse darauf schließen, daß der Erblasser eine\nRegelung fur den Fall habe treffen wollen, daß die Kinder zunachst selbst\nErben geworden seien; bei der weiteren Erbfolge durch die Enkelkinder konne es\nsich deshalb nur um eine Nacherbfolge handeln. Die hiergegen gerichteten Rugen\nder weiteren Beschwerde greifen nicht durch. Bei isolierter Bewertung konnte\nzwar nicht ausgeschlossen werden, daß der Erblasser seine zitierte\nFormulierung auch in einem weiteren Sinne als "zu vererbender Grundbesitz"\nverstanden haben konnte. Das Landgericht hat indessen ersichtlich seine\nBeurteilung im Gesamtzusammenhang des Inhalts des Testaments getroffen. Der\nErblasser hat sich im gedanklichen Aufbau seiner letztwilligen Verfugung an\neiner zeitlichen Abfolge orientiert: Er hat zunachst behandelt, welche\nErbfolge nach seinem Tod eintreten sollte. Insoweit hat er seine Ehefrau als\nalleinige (Vor-) Erbin eingesetzt. Danach hat er den weiteren Übergang seines\nGrundbesitzes geregelt, der nach dem Tod seiner Ehefrau eintreten soll.\nInsoweit hat er seine Kinder zu gleichen Teilen als Nacherben mit der Maßgabe\nberufen, daß er im Wege einer Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) den einzelnen\nKindern im einzelnen genannte Grundstucke zugewiesen hat. Im Anschluß daran\nhat er eine Sonderregelung fur den Fall getroffen, daß er gleichzeitig mit\nseiner Ehefrau sterben sollte. Im Rahmen dieser zeitlichen Abfolge schließt\nsich nunmehr die fur den Fall des Todes der Kinder getroffene Regelung an. Mit\nder Regelung, der Grundbesitz solle in diesem Fall "direkt in den Besitz der\nEnkelkinder ubergehen", hat der Erblasser exakt diejenigen Rechtfolgen\nbeschrieben, die die §§ 2100, 2139 BGB an den Eintritt der Nacherbfolge\nknupfen: Dem Nacherben fallt die Erbschaft als Gesamtrechtsnachfolger _des\nErblassers_ unmittelbar an. In diesen Sinnzusammenhang paßt sich die Wendung\n"der vererbte Grundbesitz" im Sinne einer zeitlichen Aufeinanderfolge des\nAnfalls der Erbschaft zunachst an den Vorerben und sodann an die Nacherben\nein. Insgesamt kann ein Erblasser, dem die juristischen Begriffe des Vor- und\nNacherben nicht gelaufig sind, kaum deutlicher beschreiben, daß eine\nNacherbfolge gewollt ist. Der Wortlaut des Testaments ergibt in seinem\nZusammenhang insbesondere keinen Anhaltspunkt dafur, daß (im Sinne einer\nErsatznacherbfolge) die Erbfolge der Enkelkinder nur bezogen auf den Tod der\nEhefrau und fur den Fall eintreten sollte, daß zu diesem Zeitpunkt der von dem\nErblasser stammende Elternteil bereits vorverstorben sein sollte. In der\nRechtsprechung ist anerkannt, daß die Regelung eines privatschriftlichen\nTestaments, in der der Erblasser in einer zeitlichen Abfolge nach seinem Tod\neinen Erben einsetzt und nach dessen Tod einen weiteren Erben beruft, als\ngewichtiges Indiz dafur anzusehen ist, dass nicht lediglich eine\nErsatzerbfolge, sondern eine Nacherbfolge gewollt ist (BayObLGZ 1963, 19, 27\nf.).\n\n32\n\nRechtsfehlerfrei hat das Landgericht weiter angenommen, der in dem Testament\nunmittelbar folgende Satz stehe nicht in einem inhaltlichen\nSpannungsverhaltnis zu der vorstehend herangezogenen Passage. Es handelt sich\nvielmehr lediglich um eine die vorstehende Regelung erganzende bedingte\nNacherbfolge fur den Fall, daß die Ehe der Beteiligten zu 2) und 4) kinderlos\nbleiben sollte. Fur diesen Fall sollten die Kinder aus den anderen\nFamilienstammen (mutmaßlich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge) als\nNacherben berufen sein. Nach dem Wortlaut der getroffenen Regelung kann\nallenfalls zweifelhaft sein, ob eine (Nach-) Erbfolge der Enkelkinder aus den\nanderen Familienstammen bereits dann entfallt, wenn eines der verheirateten\nKinder seinen Ehegatten uberlebt. Daß etwa der Erblasser durch die in dem\nNachsatz getroffene Regelung seine Kinder fur den Fall eigener Kinderlosigkeit\njegliche (letztwillige) Verfugung uber das ererbte Grundvermogen zugunsten\nseines uberlebenden Ehegatten hat versagen, umgekehrt jedoch fur den Fall\nseines Überlebens die Moglichkeit zu beliebigen Verfugungen zugunsten Dritter\nhat eroffnen wollen, erscheint in der Logik der Bewertung nicht\nwiderspruchsfrei. Unabhangig davon kommt die in dem Nachsatz getroffene\nRegelung hier keinesfalls zur Anwendung, weil deren Bedingung -\nKinderlosigkeit der Ehe der Beteiligten zu 2) oder 4) - ausgefallen ist. Fur\ndie hier vorliegende Konstellation, daß aus der Ehe aller Kinder des\nErblassers Kinder hervorgegangen sind, ergibt sich die Regelung der Erbfolge\nnach dem Tode der Kinder abschließend aus dem voranstehenden Satz.\n\n33\n\nDie Testamentsauslegung muß den subjektiven Willen des Erblassers auch dann\nberucksichtigen, wenn er von der Bedeutung des Wortlautes der letztwilligen\nVerfugung abweicht (BGHZ 86, 41, 45). Dafur, daß der Erblasser die von ihm\ngetroffene Regelung in einem eingeschrankten Sinn als eine solche verstanden\nhat, die sich lediglich auf den Tod seiner Ehefrau fur den Fall eines zu\ndiesem Zeitpunkt bereits erfolgten Vorversterbens einer seiner Kinder beziehen\nsollte, haben sich jedoch im Rahmen der durchgefuhrten Ermittlungen keine\nAnhaltspunkte ergeben. Die Beteiligte zu 1) und der Zeuge G haben im Termin\nvor dem Amtsgericht im Kern ubereinstimmend angegeben, dem Erblasser sei es in\nerster Linie darum gegangen, seine uberlebende Ehefrau abzusichern und nach\nderen Tod das Grundvermogen gleichmaßig unter seinen Kindern zu verteilen.\nGleichzeitig habe er jedoch die Befurchtung geaußert, daß im Wege der Erbfolge\nnach dem Tode eines der Kinder der Grundbesitz an dessen Ehegatten fallen\nkonnte. In einem solchen Falle sollte nicht der Ehegatte eines seiner Kinder,\nsondern die Enkelkinder erben. Diese Vorstellung des Erblassers folgt einer in\nlandlichen Bevolkerungskreisen verbreiteten Anschauung, bei der Gestaltung der\nErbfolge zu gewahrleisten, Grundvermogen als Kern des Familienbesitzes in der\neigenen Familie zu halten (vgl. BayObLG NJWE-FER 2000, 127, 128). Der von den\nBeschwerdefuhrern hervorgehobene Gesichtspunkt, der Erblasser habe bereits im\nJahre 1978 den Hofvermerk loschen lassen und zudem im Jahre 2000 zwei\nGrundstucke zum Verkauf als Bauland uber eine Immobilienfirma angeboten,\nandert nichts daran, daß der Erblasser nach dem Ergebnis der Ermittlungen zum\nZeitpunkt der Testamentserrichtung bezogen auf die Vererbung seines\nGrundbesitzes tatsachlich diese Vorstellung verfolgt hat. Der Erblasser war\nsich daruber im klaren, daß er seine Vorstellung nur verwirklichen konnte,\nwenn er verhinderte, daß der Grundbesitz in den Nachlaß seiner Kinder fallen\nund damit ggf. auch an deren Ehegatten hatte vererbt werden konnen. Diese\nZielrichtung laßt sich auch aus dem Wortlaut der beiden vorstehend zitierten\nSatze des Testaments unmittelbar ableiten: Beim Tode eines der Kinder sollte\nder "vererbte Grundbesitz direkt" auf die Enkelkinder ubergehen. Im Falle der\nKinderlosigkeit eines der Kinder sollten die Enkelkinder aus den ubrigen\nFamilienstammen den Grundbesitz unter Ausschluß des uberlebenden Ehegatten\nerhalten. Aus den von der Beteiligten zu 1) und dem Zeugen G wiedergegebenen\nErklarungen des Erblassers ergibt sich kein Anhaltspunkt dafur, daß dieser\nseine Vorstellung - Nachrucken der Enkelkinder, um ein Eindringen von\nEhegatten verstorbener Kinder in den Familienbesitz zu verhindern – nur etwa\neingeschrankt fur den Fall hatte verfolgen wollen, daß bis zum Tode seiner\nEhefrau eines seiner Kinder bereits vorverstorben sein sollte. Wenn dem\nErblasser die Verwirklichung seiner Vorstellung so wichtig war, wie sie sowohl\nin den Erklarungen der Beteiligten zu 1) und den Angaben des Zeugen G als auch\nim Wortlaut des Testaments selbst zum Ausdruck kommt, spricht nichts dafur,\ndaß er seine Regelung nur fur den eher unwahrscheinlichen Fall treffen wollte,\ndaß eines der Kinder bereits vor seiner uberlebenden Ehefrau versterben\nsollte, jedoch fur den weitaus wahrscheinlicheren Fall einer Reihenfolge des\nVersterbens entsprechend der Generationenfolge ein Eindringen der Ehegatten\nder Kinder in den Familienbesitz hinnehmen wollte.\n\n34\n\nDie Testamentsauslegung hat bei der Abgrenzung zwischen Ersatzerbfolge und\nNacherbfolge maßgeblich darauf abzustellen, welchen Zweck der Erblasser mit\nder von ihm getroffenen Regelung erreichen wollte (RG LZ 1922, 465; HRR 1932\nNr. 1052; BGH LM Nr. 1 zu § 2100; Soergel-Harder, BGB, 13. Aufl., § 2102 Rdnr.\n4). Die von ihm verfolgte Vorstellung konnte der Erblasser im Rahmen der\nerbrechtlichen Rechtsinstitute ausschließlich durch die Anordnung einer\n(weiteren) Nacherbfolge durch die Enkelkinder verwirklichen. Die Annahme einer\nNacherbeneinsetzung der Enkelkinder ist deshalb entgegen der Darstellung der\nBeschwerdefuhrer nicht davon abhangig, daß festgestellt werden kann, daß der\nErblasser den Nachlaß im Ergebnis seinen Enkelkindern zuwenden wollte.\nVielmehr reicht fur eine solche Auslegung bereits aus, daß der Erblasser\nseinen Nachlaß seinen Kindern nur mit der Einschrankung zuwenden wollte, daß\nnach deren Tod das Grundvermogen auf die Enkelkinder uberging und damit in der\nFamilie blieb. Mit dieser Maßgabe wollte der Erblasser auch seine Enkelkinder\nbedenken. Es handelt sich insoweit lediglich um verschiedene Aspekte der\nWirkungen der angeordneten Nacherbfolge.\n\n35\n\nDiesem Willen des Erblassers muß auch dann Rechnung getragen werden, wenn nach\ndem Ergebnis der Ermittlungen nicht davon ausgegangen werden kann, daß er\nkonkrete Vorstellungen entwickelt hat, welche Bindungen und Beschrankungen der\nVerfugungsbefugnis fur die Vorerben mit der Anordnung der Nacherbfolge\nverbunden ist. Dabei ist die Moglichkeit zu berucksichtigen, daß die Auslegung\ndes Testaments zu dem Ergebnis fuhren kann, daß die als Vorerben eingesetzten\nKinder von den Beschrankungen der Nacherbfolge befreit sind (§ 2136 BGB).\nDaruber ist in dem vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu entscheiden,\nweil der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) auf die Ausweisung einer\nErbfolge gerichtet ist, die eine weitere Nacherbfolge durch die Enkelkinder\nuberhaupt nicht berucksichtigt. Dem von dem Erblasser verfolgten Ziel muß\njedoch dadurch Rechnung getragen werden, daß die Enkelkinder als Nacherben\nberufen sind, mag auch die Vorerbschaft der Kinder des Erblassers eine\nbefreite sein. Fur die Annahme einer solche Befreiung kann hier sprechen, daß\nes nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis dem Erblasser wesentlich darauf\nankam, die Vererblichkeit des Grundvermogens in den Handen seiner Kinder\nauszuschließen und auf diese Weise einen Zugriff familienfremder Personen,\ninsbesondere der Ehegatten der Kinder, auf das Vermogen zu verhindern. Diese\nmehr auf den Ausschluß dritter Personen gerichtete Tendenz kann dafur\nsprechen, daß der Erblasser im Verhaltnis zwischen seinen Kindern einerseits\nund seinen Enkelkindern andererseits den erstgenannten bei der Verwaltung des\nNachlasses freie Hand lassen und lediglich sicherstellen wollte, daß der beim\nTode eines Kindes noch vorhandene Überrest den in der jeweiligen Linie\nvorhandenen Enkelkindern zufallen sollte (§ 2137 Abs. 1 BGB). Anhaltspunkte\ndafur, daß es dem Erblasser gerade darauf ankam, das Grundvermogen als solches\nfur seine Enkelkinder zu erhalten, sind bislang nicht erkennbar geworden.\n\n36\n\nIm Ergebnis zu Recht hat es das Landgericht abgelehnt, aus den notariellen\nVertragen vom 20.05. und 17.10.1994, durch die der Erblasser bereits zu\nLebzeiten Teile des Grundbesitzes auf die Beteiligten zu 2) bis 4) ubertragen\nhat, Schlußfolgerungen im Sinne der von den Beteiligten zu 1) bis 4)\nangestrebten Testamentsauslegung zu ziehen. Allerdings vermag sich der Senat\nnicht der von der Kammer geaußerten Auffassung anzuschließen, die Übertragung\ndes Grundbesitzes unter gleichzeitiger Vereinbarung eines Widerrufsrechts\nspreche dafur, daß die Beteiligten zu 2) bis 4) nicht beliebig mit dem ihnen\nubertragenen Grundbesitz sollten verfahren durfen. Ein solches Widerrufsrecht\nbeinhalten nur die mit den Beteiligten zu 2) und 3) geschlossenen\nÜbertragungsvertrage. Beschrankungen fur die Zeit nach dem Ableben des\nErblassers und der Beteiligten zu 1) im Interesse der Enkelkinder des\nErblassers enthalten die Übertragungsvertrage insgesamt nicht.\n\n37\n\nDa es fur die Auslegung des Testaments auf den Willen des Erblassers zum\nZeitpunkt der Testamentserrichtung ankommt, konnen spatere Umstande nur\ninsoweit herangezogen werden, als sie einen Schluß auf den Erblasserwillen zum\nZeitpunkt der Testamentserrichtung zulassen (BGH FamRZ 1960, 28, 29; BayObLG\nNJW 1996, 133; Senat OLGZ 1992, 272, 274). Die Übertragung von Grundbesitz auf\ndie Beteiligten zu 2) bis 4) mit der Maßgabe, daß der Übertragsnehmer\njedenfalls beim Tode der uberlebenden Ehefrau frei daruber verfugen konnte,\nlaßt allein keinen uberzeugenden Schluß darauf zu, daß der Erblasser seine\nletztwillige Verfugung in demselben Sinn verstanden wissen wollte. Die\nÜbertragungsvertrage sind erst langere Zeit, namlich etwa funf Jahre, nach der\nErrichtung des Testaments vom 08.09.1989 geschlossen worden. Es kann nicht\nausgeschlossen werden, daß der Erblasser die Kinder hinsichtlich der Verfugung\nuber die Grundstucke, die er ihnen bereits zu Lebzeiten im Wege\nvorweggenommener Erbfolge ubertrug, freier stellen wollte, es jedoch fur die\nVererbung des Grundbesitzes nach seinem Tod bei der Regelung belassen wollte,\ndie er in seinem Testament vom 08.09.1989 getroffen hatte. Das\nErganzungstestament des Erblassers vom 30.09.1997 zeigt im ubrigen, daß er\ndurchaus bereit war, seine testamentarische Regelung veranderten Verhaltnissen\nanzupassen, soweit dies von ihm gewollt war.\n\n38\n\nDie Entscheidung uber die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten\nfolgt aus der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Mehrere\nBeschwerdefuhrer haften dabei als Teilschuldner, wobei das Gericht dem\nunterschiedlichen Gewicht der Interessen im Rahmen der Billigkeit Rechnung\ntragen kann (vgl. Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 13 a, Rdnr. 13). Der Senat halt\nes hier unter Berucksichtigung der Verwandtschaftsverhaltnisse der Beteiligten\nfur angemessen, daß die Kosten der anwaltlichen Vertretung der minderjahrigen\nKinder jeweils von ihren Elternteilen getragen werden; dementsprechend hat der\nSenat die Kostenentscheidung des Landgerichts abgeandert.\n\n39\n\nDie Wertfestsetzung fur das Verfahren dritter Instanz beruht auf den §§ 131\nAbs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Dabei hat der Senat der Wertbemessung das\nBeschwerdeinteresse der Beteiligten zu 1) bis 4) zugrundegelegt, das sich\nlediglich darauf bezieht, daß ihre Erbschaft nicht durch\nVerfugungsbeschrankungen beschwert ist, die sich bei einer weiteren\nNacherbfolge durch die Beteiligten zu 5) bis 9) ergeben. Dieses Interesse hat\nder Senat mit 1/5 des Nachlasswertes bemessen, der sich aus den Wertangaben\nder Beteiligten zu 1) in den Akten 4 IV 157/01 mit gerundet 280.000,00 DM\nergibt. Daraus leitet sich der vom Senat mit 29.000,00 Euro angenommene Wert\nab, den der Senat unter gleichzeitiger Abanderung der landgerichtlichen\nEntscheidung (§ 31 Abs. 1 S. 2 KostO) auch fur das Erstbeschwerdeverfahren\nfestgesetzt hat.\n\n
294,153
olgham-2003-02-07-2-ss-303
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
2 Ss 3/03
2003-02-07
2019-03-12 10:36:31
2020-12-10 12:52:58
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2003:0207.2SS3.03.00
## Tenor\n\nDie Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.\n\n \n1\n\nGrunde: I. Der Angeklagte ist vom Amtsgericht Bochum wegen Diebstahls in drei\nFallen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden.\nDagegen richtet sich nunmehr noch die Revision des Angeklagten, mit der er die\nformelle und materielle Ruge erhebt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat\nbeantragt, das Rechtsmittel als unbegrundet zu verwerfen.\n\n2\n\nII. Die Revision war gemaß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegrundet zu\nverwerfen, da die Überprufung des angefochtenen Urteils Rechtsfehler zum\nNachteil des Angeklagten nicht erkennen lasst. Die vom Amtsgericht getroffenen\nFeststellungen sind ausreichend und tragen den Schuldspruch wegen Diebstahls\nin drei Fallen. Auch die Rechtsfolgenentscheidung des Amtsgerichts ist nicht\nzu beanstanden.\n\n3\n\nDer naheren Erorterung bedurfen nur folgenden Punkte:\n\n4\n\n1\\. Mit seiner formellen Ruge hat der Angeklagte einen Verstoß gegen § 338 Nr.\n1 StPO geltend gemacht. Zur Begrundung hat er vorgetragen, dass sein Name\nnicht "D.J." laute. Vielmehr sei sein "richtiger Name" der als Aliasname in\nder Akte gefuhrte Name "A.M.-S.". Demgemass sei nach dem\nGeschaftsverteilungsplan des Amtsgerichts Bochum nicht der fur den Buchstaben\n"J" zustandige Richter am Amtsgericht P. der gesetzliche Richter gewesen,\nsondern der fur den Buchstaben "M" zustandige Richter am Amtsgericht R.\n\n5\n\nDiese formelle Ruge ist unzulassig, da sie nicht entsprechend den\nVoraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begrundet worden ist. Die\nGeneralstaatsanwaltschaft weist namlich zu Recht darauf hin, dass bei der\nvorliegenden Fallgestaltung zur ausreichenden Begrundung der Verletzung des §\n338 Nr. 1 StPO auch der Vortrag gehort, aus dem sich ergibt, dass tatsachlich\n- wie behauptet - der Name "M.-S." der richtige Name des Angeklagten ist. Das\ngilt um so mehr, als sich aus dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat\nwegen der zugleich erhobenen Sachruge zuruckgreifen kann, ergibt, dass die\nIdentitat des Angeklagten ungeklart geblieben ist. Damit reicht die zur\nBegrundung der Ruge uberreichte Fotokopie des Hauptverhandlungsprotokolls\nnicht aus. Zwar ist in diesem der Name "D.J." durchgestrichen und bei dem\nNamen "M.-S." unter einem Pfeil aufgefuhrt "richtiger Name". Das ist aber\nnicht der _Beweis_ dafur, dass es sich bei diesem Namen tatsachlich um den\nrichtigen Namen des Angeklagten handelt. Vielmehr handelt es sich insoweit nur\num Eintragungen des Urkundsbeamten der Geschaftsstelle, die auf die\nBehauptungen des Angeklagten beruhen und fur deren Richtigkeit der Angeklagte\nschon in der Hauptverhandlung keinen Nachweis erbracht hat.\n\n6\n\n2\\. Auch die Rechtsfolgenentscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu\nbeanstanden. Sie steht insbesondere nicht im Widerspruch zu der (neueren)\nRechtsprechung des Senats, wonach bei Bagatelldelikten die Verhangung einer\nFreiheitsstrafe gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verstoßt (vgl.\nden Beschluss des Senats vom 18. November 2002 in 2 Ss 768/02,\nhttp://www.burhoff.de). Dahinstehen kann, ob angesichts des vom Amtsgericht\nfestgestellten Wertes der Diebesbeute, der zwischen 21,87 DM und 29,99 DM\ngelegen hat, uberhaupt noch von Bagatelldelikten die Rede sein kann.\nJedenfalls scheidet vorliegend ein Verstoß gegen das Übermaßverbot schon\ndeshalb aus, weil bei diesem Angeklagten infolge einer Haufung von Diebstahlen\n(geringwertiger Sachen) ein hartnackiges rechtsmissbrauchliches und\ngemeinschadliches Verhalten festgestellt werden kann. In solchen Fallen ist\naber durch die Verhangung einer auch kurzfristigen Freiheitsstrafe das\nÜbermaßverbot nicht verletzt (so schon Senat im Beschluss vom 18. 11. 2002; so\nauch OLG Stuttgart NJW 2002, 3188). Das Übermaßverbot fuhrt nicht zu einem\ngenerellen Ausschluss der Verhangung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe,\nsondern nur dann, wenn die verhangte Strafe in einem groben Missverhaltnis zum\nTatunrecht und Tatschuld steht und gegen den Verhaltnismaßigkeitsgrundsatz\nverstoßt. Davon kann aber bei dem Angeklagten, der zwischen 1992 und Ende 2001\nelfmal strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, davon sechsmal wegen\nDiebstahls und der noch am Tag vor der ersten der in diesem Verfahren\nabgeurteilten Taten wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer\nFreiheitsstrafe von 100 Tagessatzen zu je 10 DM verurteilt worden ist, nicht\ndie Rede sein. Das Verhalten des Angeklagten zeigt vielmehr, dass er - wenn\nuberhaupt - dann nur (noch) mit einer Freiheitsstrafe zu beeindrucken ist.\n\n7\n\nIII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO\n\n
294,161
olgk-2003-02-07-16-wx-903
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
16 Wx 9/03
2003-02-07
2019-03-12 10:36:43
2020-12-10 12:52:59
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:2003:0207.16WX9.03.00
## Tenor\n\nAuf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 5. wird der Beschluss der 1.\nZivilkammer des Landgerichts Koln vom 04.11.2002 - 1 T 332/02 - abgeandert und\nder Beschluss des Amtsgerichts Koln vom 28.06.2002 - 53 XVII St 66/92 -\ninsoweit aufgehoben, als festgestellt wird, dass die Bestellung des\nBeteiligten zu 3. (Rechtsanwalt T zum Verfahrenspfleger im Rahmen seiner\nBerufsausubung erfolgt.\n\nIm ubrigen wird die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 5., soweit sie sich\ngegen die Beschlusse des Landgerichts Koln vom 04.11.2002 - 1 T 326/02 und 1 T\n331/02 - richtet, zuruckgewiesen. Insoweit hat der Beteiligte zu 5) den\nBeteiligten zu 3) und 4) die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten\nzu erstatten.\n\n \n1\n\n**G r u n d e**\n\n2\n\nDas Rechtsmittel des Beteiligten zu 5. ist als - einfache - weitere Beschwerde\nstatthaft (vgl. Senatsbeschlusse vom 20.01.2003 \\- 16 Wx 11/03 - und vom\n11.05.2001 - 16 Wx 77/01 -) und auch im ubrigen zulassig.\n\n3\n\nIn der Sache hat sie nur insoweit Erfolg, als die Aufhebung der\nStatusentscheidung des Amtsgerichts vom 28.06.2002 begehrt wird.\n\n4\n\nDer Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die Beschwerden des\nBeteiligten zu 5. unzulassig sind, soweit die Statusentscheidungen des\nAmtsgerichts vom 02.04.2001 und 03.05.2001 angegriffen werden. Die\nFeststellung des Amtsgerichts vom 28.06.2002, dass der Beteiligte zu 3. im\nRahmen seiner Berufsausubung fur das Verfahren uber die Anordnung eines\nEinwilligungsvorbehalts als anwaltlicher Verfahrenspfleger bestellt wird, ist\nrechtzeitig angefochten und in der Sache nicht gerechtfertigt. Insoweit halten\ndie Ausfuhrungen des Landgerichts der rechtlichen Überprufung nicht stand (§§\n27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).\n\n5\n\nDie angefochtenen Statusentscheidungen des Amtsgerichts beruhen auf der\nAnregung des Bundesverfassungsgerichts an die Fachgerichte in dem Beschluss\nvom 07.06.2000 - 1 BvR 23/00 - (FamRZ 2000, 1280). Hiernach ist es im Hinblick\nauf schwierige Abgrenzungsfragen im konkreten Einzelfall geboten, bereits bei\nder Bestellung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenspfleger einen Hinweis darauf\nzu geben, ob im konkreten Fall davon auszugehen ist, dass\nrechtsanwaltsspezifische Tatigkeiten anfallen werden. Denn erst dann stehen\ndem Rechtsanwalt alle Tatsachen zur Verfugung, die fur seinen Entschluss zur\nÜbernahme der Verfahrenspflegschaft von Bedeutung sind und er kann die\nVerfahrenspflegschaften ablehnen, bei denen eine Abrechnung nach der BRAGO\nnicht in Frage kommt (vgl. BVerfG a.a.O.). Das Bundesverfassungsgericht hat in\nFortfuhrung dieser Rechtsprechung in seiner Entscheidung vom 23.07.2002 - 1\nBvR 1069/02 - desweiteren darauf hingewiesen, dass es unter dem Gesichtspunkt\nder Rechtsklarheit auch geboten sei, das vom ihm mit Beschluss vom 07.06.2000\nangeregte Verfahren so zu gestalten, dass die Statusentscheidung daruber, ob\nrechtsanwaltsspezifische Tatigkeiten durch den Verfahrenspfleger zu erwarten\nsind, moglichst abschließend getroffen wird, bevor ein Rechtsanwalt seine\nTatigkeit als Verfahrenspfleger aufnimmt. Ob in der Praxis eine solche\nabschließende Statusentscheidung bereits vor Tatigwerden des anwaltlichen\nVerfahrenspflegers in der Mehrheit der Falle moglich ist, erscheint -\ninsbesondere im Hinblick auf die Verfahren uber Unterbringungsmaßnahmen mit\nbesonders kurzer Verfahrensdauer - fraglich. Mit dem verfassungsrechtlichen\nGebot der Rechtsklarheit und auch der Rechtssicherheit ist es aber jedenfalls\n- wie auch das Landgericht zutreffend ausgefuhrt hat - nicht vereinbar, wenn\ndie Statusentscheidung des Gerichts unbegrenzt fur den Bezirksrevisor mit dem\nnicht fristgebundenen Rechtsmittel der einfachen Beschwerde \\- die alleine\nstatthaft ist (vgl. Senatsbeschlusse vom 20.01.2003 - 16 Wx 11/03 und vom\n11.05.2001 - 16 Wx 77/01) - anfechtbar ist. Es wurde dem schutzwurdigen\nVertrauen des bestellten Verfahrenspflegers zuwider laufen, wenn noch lange\nZeit nach Abschluss des Verfahrens und bereits erfolgter Auszahlung der\nVerfahrenspflegervergutung diese auf die spat eingelegte Beschwerde des\nBezirksrevisors reduziert werden konnte und teilweise - obwohl im Vertrauen\nauf die ordnungsgemaße Abrechnung bereits verbraucht - zuruckzuzahlen ware.\nEine die Interessenlage aller Beteiligten berucksichtigende Losung des\nProblems zeigt das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung vom\n23.07.2002 auf, in dem es auf die fur eine vergleichbare Fallkonstellation vom\nGesetzgeber geschaffenen verfahrensrechtlichen Vorgaben bei der Anfechtung der\nEntscheidung uber die Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch die Staatskasse\nverweist, die nur binnen einer Ausschlussfrist von drei Monaten moglich ist (§\n127 Abs. 3 Satz 4 ZPO n.F.). Diese Ausschlussfrist fur die nunmehr nach der\nneuen Fassung der ZPO fristgebundene Beschwerde der Staatskasse galt\ngleichermaßen fur die nach der ZPO a.F. statthafte einfache Beschwerde der\nStaatskasse (§ 127 Abs. 3 Satz 3 ZPO a.F.), so dass keine Bedenken bestehen,\ndie Regelung uber die Ausschlussfrist des § 127 Abs. 3 Satz 4 ZPO analog auf\ndie einfache Beschwerde der Staatskasse gegen die Entscheidung uber den Status\ndes Verfahrenspflegers anzuwenden.\n\n6\n\nDies hat zur Folge, dass die Beschwerden des Beteiligten zu 5. unzulassig\nsind, soweit sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts vom 02.04. und\n03.05.2001 richten.\n\n7\n\nDie Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 28.06.2002 ist\ndemgegenuber innerhalb der dreimonatigen Ausschlussfrist eingelegt und auch im\nubrigen zulassig. Entgegen den Ausfuhrungen des Landgerichts hat sie auch in\nder Sache Erfolg.\n\n8\n\nMaßgeblich fur die Frage, ob die Verfahrenspflegschaft besondere rechtliche\nFahigkeiten erfordert und sich daher fur den anwaltlichen Verfahrenspfleger\nals berufsspezifische Tatigkeit darstellt, ist die Situation zum Zeitpunkt der\nBestellung des Beteiligten zu 3.. Bei der Beurteilung ist jeweils vom\nEinzelfall auszugehen und darauf abzustellen, ob Aufgaben zu bewaltigen sind,\nfur die ein Laie vernunftigerweise einen Rechtsanwalt hinzugezogen hatte\n(BVerfG FamRZ 2000, 1280 ff., 1282). Der Rechtsanwalt, der zu entscheiden hat,\nob er eine Verfahrenspflegschaft ubernehmen mochte, muss deshalb anhand der\nihm bekannten Umstande eine Prognose stellen, ob im konkreten Fall davon\nauszugehen ist, dass rechtsanwaltsspezifische Tatigkeiten anfallen werden.\nWenn es - wie ausgefuhrt - im Sinne der Rechtsklarheit geboten ist, ihm\ndeshalb bereits bei der Bestellung einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis\nzu geben und wenn - wie vorliegend - insoweit eine Zwischenentscheidung des\nVormundschaftsgerichts getroffen worden ist, so bildet diese Entscheidung des\nGerichts die sachliche Grundlage fur den Entschluss des Rechtsanwaltes, die\nVerfahrenspflegschaft zu ubernehmen. Auch in diesem Fall darf er aber nur dann\ndarauf vertrauen, dass er die von ihm zu entfaltende Tatigkeit in jedem Fall\nnach den Regeln der BRAGO abrechnen kann, wenn ihm das Gericht hinreichend\nkonkrete fallbezogene Tatsachen mitteilt, die den Schluss auf das Erfordernis\nkunftiger anwaltsspezifischer Leistungen rechtfertigen (vgl. BayObLG FamRZ\n2002, 1201 ff., 1202). Denn nur dann ist der Rechtsanwalt zu einer\nzuverlassigen Prufung in der Lage, ob die zu bewaltigende Aufgabe besondere\nrechtliche Fahigkeiten erfordert. Teilt das Gericht hingegen keine auf den\nEinzelfall bezogene Tatsachen mit, ist der Rechtsanwalt mangels ausreichender\nGrundlage fur die von ihm vorzunehmende Prognose nicht schutzenswert und tragt\ndas Risiko, dass sich seine Einschatzung des Falles als unzutreffend erweist\n(vgl. BayObLG a.a.O.).\n\n9\n\nVorliegend war objektiv die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht\nerforderlich und allein aufgrund der Begrundung der Statusentscheidungen des\nAmtsgerichts durfte der Beteiligte zu 3. nicht davon ausgehen, dass eine\nanwaltsspezifische Tatigkeit erforderlich werden wurde.\n\n10\n\nDer angefochtene Beschluss des Amtsgerichts enthalt lediglich die Begrundung,\ndass der Beteiligte zu 3. deswegen im Rahmen seiner Berufsausubung fur das\nVerfahren uber die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts bestellt werde, weil\nes sich um einen starken Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen handele\nund ein Verfahrenspfleger ohne juristische Kenntnisse anwaltlichen Rat in\nAnspruch nehmen wurde. Aufgrund dieser allgemeinen Formulierung war die\nPrognose, dass anwaltsspezifische Tatigkeiten zu erwarten seien, nicht\ngerechtfertigt.\n\n11\n\nZwar stellt die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes einen schwerwiegenden\nEingriff in die Rechtssphare des Betroffenen dar. Solche Eingriffe implizieren\njedoch nicht zwingend anwaltlichen Rat. Es ist vielmehr stets auf die\nbesonderen Umstande des Einzelfalles abzustellen und zu fragen, ob diese auf\nbesondere rechtliche Schwierigkeiten der Sache hindeuten und deshalb die\nfachspezifische Vertretung durch einen Rechtsanwalt erfordern. Dies ist\nvorliegend zu verneinen. Auch wenn eine diesbezugliche Beurteilung primar auf\ntatrichterlichem Gebiet liegt, kann der Senat diese selbst treffen, da das\nLandgericht bei seiner Entscheidung nicht alle entscheidungserheblichen\nUmstande des vorliegenden Falles berucksichtigt hat. Der Betroffene, der an\neiner schwerstverlaufenden schizophrenen Psychose hebephrener Art leidet,\nbefindet sich seit Juli 1983 fast ununterbrochen in stationarer\npsychiatrischer Behandlung und ist mit kurzen Unterbrechungen seit Mai 1987\ngeschlossen untergebracht. Nach dem psychiatrischen Gutachten vom 17.06.2002,\ndas zur Zeit des angefochtenen Beschlusses bereits vorlag, ist die Anordnung\neines Einwilligungsvorbehaltes fur finanzielle Angelegenheiten aus\npsychiatrischer Sicht dringend erforderlich, da der Betroffene phasenweise\naufgrund seiner krankheitsbedingten Kritikminderung und der Unfahigkeit\nplanvoll zu handeln dazu neigt, unuberlegte Einkaufe zu tatigen. So gelang es\nihm am 30.03.2002 von einem Mitpatienten die Euroscheckkarte zu erhalten und\ndie Geheimzahl zu erfahren. Dies fuhrte dazu, dass er aus dem stundenweise\ngewahrten Einzelausgang im Klinikgelande nicht zuruckkehrte und gemeinsam mit\neiner Freundin 800,00 EUR vom Konto des Mitpatienten abhob und vollstandig fur\nunkontrollierte und sinnlose Einkaufe ausgab. Die Notwendigkeit fur die\nAnordnung eines Einwilligungsvorbehaltes lag im Hinblick auf die schwere\nErkrankung des Betroffenen nach diesem Vorfall und den Ausfuhrungen des\nSachverstandigen nach Auffassung des Senates auch fur einen Laien auf der\nHand. Der Betroffene, der nach den Ausfuhrungen des Sachverstandigen nicht als\ngeschaftsunfahig angesehen werden kann, hat offensichtlich nach wie vor den\nWunsch, weiterhin - wenn moglich - am Rechtsverkehr teilzunehmen und es\nbesteht daher die Gefahr, dass er sich durch die Abgabe von unvernunftigen\nWillenserklarungen selbst schadigt. Dieser Gefahr konnte nur durch die\nAnordnung eines Einwilligungsvorbehalts begegnet werden. Weniger\neinschneidende Maßnahmen sind nicht ersichtlich und standen nicht zur\nDiskussion. Dass der Betroffen sich - wie seine Anhorung vom 03.07.2002\ngezeigt hat - der Auswirkungen des Grundrechtseingriffs nicht in jeder\nHinsicht bewusst war, vermag die Notwendigkeit der Inanspruchnahme gerade von\nanwaltlicher Beratung nicht zu begrunden.\n\n12\n\nDie Statusentscheidung des Amtsgerichts vom 28.06.2002 war deshalb aufzuheben.\n\n13\n\nDie Entscheidung uber die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten\nzu 3) und 4) beruht auf § 13 Abs. 1 S. 2 FGG. Im ubrigen ist eine\nKostenentscheidung nicht veranlasst.\n\n14\n\nBeschwerdewert: bis 1.000,- EUR\n\n
294,185
vg-aachen-2003-02-05-6-k-269799
840
Verwaltungsgericht Aachen
vg-aachen
Aachen
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
6 K 2697/99
2003-02-05
2019-03-12 10:37:24
2020-12-10 12:53:03
Urteil
ECLI:DE:VGAC:2003:0205.6K2697.99.00
## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Klagerin tragt die Kosten des Verfahrens.\n\nDas Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorlaufig vollstreckbar.\n\n \n1\n\nT a t b e s t a n d:\n\n2\n\nDie Klagerin ist Halterin des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen B. - L. 0000.\nDieses Fahrzeug stellte sie am 14. Juni 1999 morgens auf einem mit\nVerkehrszeichen Z 314 (Parkplatz) und Zusatzzeichen Z 1046-12 (Kraftrader,\nauch mit Beiwagen, Kleinkraftrader und Mofas) als Sonderparkflache fur Krader\nausgeschilderten Parkstreifen in der S.----straße in Aachen in Hohe des Hauses\nNr. 00 ab. Nachdem eine Überwachungskraft der Beklagten das Parken des\nFahrzeuges in der Zeit von 8.50 Uhr - 9.00 Uhr beobachtet hatte, ließ sie das\nFahrzeug der Klagerin abschleppen und auf das Betriebsgelande des\nAbschleppunternehmers verbringen. Dort bekam die Klagerin das Fahrzeug am\ngleichen Tag gegen eine Zahlung von 161,10 DM fur das Abschleppen zzgl. einer\nVerwaltungsgebuhr in Hohe von 80,-- DM ausgehandigt.\n\n3\n\nMit Schreiben vom 9. August 1999 forderte die Klagerin die Beklagte zu 1. zur\nRuckerstattung der gesamten Abschleppkosten auf, da die Abschleppmaßnahme\nnicht rechtmaßig gewesen sei. Sie habe ihr Fahrzeug zwar auf dem\nMotorradparkplatz abgestellt, dies aber ohne Behinderung. Weitere Motorrader\nhatten ohne Probleme dort noch abgestellt werden konnen. Der Parkraum werde\nregelmaßig auch von anderen Pkw genutzt. Im Übrigen habe ihr Fahrzeug dort\nhochstens zwanzig Minuten gestanden.\n\n4\n\nDie Beklagte zu 1. lehnte mit Schreiben vom 25. August 1999 eine\nRuckerstattung der Abschleppkosten ab, da die Abschleppmaßnahme nicht zu\nbeanstanden sei. Das Fahrzeug der Klagerin habe die bestimmungsgemaße\nBenutzung der Parkflache durch Kraftrader behindert.\n\n5\n\nDaraufhin hat die Klagerin am 10. November 1999 Klage erhoben, zu deren\nBegrundung sie erganzend ausfuhrt, die Parkflache sei bereits nicht wirksam\nals Sonderparkflache fur Kraftrader ausgeschildert. Das verwendete\nZusatzzeichen entspreche nicht mehr dem Zusatzzeichen Z 1046-12 und sei\ndeshalb unwirksam. Die Reservierung einer Parkflache fur den Geschaftsverkehr\neines bestimmten Gewerbetreibenden, hier eines Motorradgeschaftes, sei\nuberdies rechtswidrig. Im Übrigen sei ihr Fahrzeug auch vor den ublichen\nGeschaftszeiten abgeschleppt worden. Auch die Hohe der entstandenen Kosten sei\nzu beanstanden. Das ausfuhrende Abschleppunternehmen sei bei der Ausschreibung\nnicht der gunstigste Anbieter gewesen.\n\n6\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n7\n\n1\\. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an sie 82,37 EUR (= 161,10 DM) nebst\nvier Prozent Zinsen seit dem 14. Juni 1999 zu zahlen,\n\n8\n\n2\\. den Gebuhrenbescheid des Beklagten zu 2. vom 14. Juni 1999 aufzuheben.\n\n9\n\nDie Beklagten beantragen,\n\n10\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n11\n\nSie beziehen sich zur Begrundung ihres Klageabweisungsantrages im Wesentlichen\nauf den Inhalt des Schreibens vom 25. August 1999. Erganzend fuhren sie aus,\ndas Vergabeverfahren, das zu der Beauftragung des hier tatig gewordenen\nAbschleppunternehmens gefuhrt habe, sei nicht zu beanstanden.\n\n12\n\nDie Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 16. Oktober 2002 auf den\nBerichterstatter als Einzelrichter ubertragen.\n\n13\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgange der Beklagten\n(3 Hefte) Bezug genommen.\n\n14\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e:\n\n15\n\nDie Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulassig, aber nicht begrundet.\n\n16\n\na. Die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage, mit der die Klagerin die\nErstattung der ihr entstandenen Abschleppkosten begehrt, ist unbegrundet, weil\ndie Klagerin von der Beklagten zu 1. keine Zahlung verlangen kann. Ein allein\nin Betracht kommender offentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch steht ihr\nnicht zu. Denn die von der Klagerin vorgenommene Zahlung an den\nAbschleppunternehmer erfolgte nicht rechtsgrundlos.\n\n17\n\nDer Beklagten zu 1., die in rechtlicher Hinsicht Empfangerin der Zahlung\ngewesen ist, stand gegen die Klagerin aus § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 der\nKostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz (KostO NRW) i.V.m. §§ 77\nAbs. 1, 59, 57 Abs. 1 Nr. 1, 55 Abs. 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes\nfur das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) i.V.m. § 14 Abs. 1 des\nOrdnungsbehordengesetzes (OBG NRW) ein Anspruch auf Erstattung der\nentstandenen Abschleppkosten in Hohe von 161,10 DM zu.\n\n18\n\nNach den vorgenannten Vorschriften kann die Ordnungsbehorde die notwendigen\nMaßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr fur die offentliche\nSicherheit oder Ordnung abzuwehren. Die Ordnungsbehorde kann insbesondere\neinen Dritten auf Kosten des Betroffenen mit der Vornahme einer zur\nGefahrenabwehr erforderlichen Handlung beauftragen oder auf Kosten des\nBetroffenen die Handlung selbst ausfuhren, wenn dieser seine Verpflichtung zu\nder entsprechenden Handlung nicht erfullt. Bei der angeordneten\nAbschleppmaßnahme handelt es sich um eine Ersatzvornahme im Sinne der\nvorgenannten Vorschriften.\n\n19\n\nDie in § 14 Abs. 1 OBG NW i.V.m. § 55 Absatz 2 VwVG NW als Voraussetzung fur\ndas ordnungsbehordliche Eingreifen vorgesehene gegenwartige Gefahr fur die\noffentliche Sicherheit oder Ordnung bestand vorliegend. Die offentliche\nSicherheit umfasst neben dem Schutz von Leib und Leben die offentliche\nRechtsordnung schlechthin. Eine Gefahr bzw. Storung liegt daher bereits dann\nvor, wenn gegen offentlichrechtliche -hier straßenverkehrsrechtliche-\nVorschriften verstoßen wird. Im Zeitpunkt des Einschreitens der Beklagten lag\nein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 8 lit. e) der Straßenverkehrsordnung (StVO)\nvor, weil das Fahrzeug der Klagerin auf einem durch Verkehrszeichen\n(Verkehrszeichen Z 314 und Zusatzschild Z 1046-12) wirksam als\nSonderparkflache fur Kraftrader, Kleinkraftrader und Mofas gekennzeichneten\nSeitenstreifen geparkt war (vgl. § 42 Abs. 4 StVO). Der Wirksamkeit der\nParkregelung steht nicht entgegen, dass das verwendete Zusatzzeichen nicht\n(mehr) dem Zusatzschild Z 1046-12 entspricht. Der zulassige Inhalt der\nZusatzschilder ist durch § 39 StVO nicht abschließend geregelt und kann auch\ndurch die zu §§ 39 - 43 StVO erlassenen Verwaltungsvorschriften nicht\neingeschrankt werden. Zusatzschilder mussen den Anforderungen des § 39 StVO\nentsprechen sowie inhaltlich klar, eindeutig und frei von Widerspruchen sein,\n\n20\n\nvgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 36. Aufl. 2001, § 39 StVO\nRdnr. 31 ff.; Berr/Hauser, Das Recht des ruhenden Verkehrs, 1993, Abschnitt VI\nRdnr. 449 ff., 455 f.\n\n21\n\nDiesen Anforderungen entspricht das fragliche Zusatzzeichen zweifellos. Die\nvon der Klagerin beanstandete Abweichung ist lediglich geringfugig und lasst\nkeinen Zweifel uber den Regelungsgehalt des Schildes aufkommen. Das verwendete\nZusatzzeichen zeigt das -inzwischen veraltete- Piktogramm eines\nMotorradfahrers, wahrend das aktuell im Verkehrszeichenkatalog aufgefuhrte\nZusatzschild Z 1046-12 ein moderneres Piktogramm eines Motorradfahrers zeigt.\nBeide Zusatzzeichen weisen damit unmissverstandlich darauf hin, dass der\nausgewiesene Parkplatz Kraftradern vorbehalten ist. An der Wirksamkeit der\nParkregelung besteht daher kein vernunftiger Zweifel. Das Abstellen des\nFahrzeuges der Klagerin auf der allein Kraftradern vorbehaltenen Parkflache\nstellte damit einen Verkehrsverstoß dar.\n\n22\n\nDie Ersatzvornahme diente dem Zweck, den rechtswidrigen Zustand zu beenden und\nan Stelle der ortsabwesenden Fahrzeugfuhrerin deren Verpflichtung, das\nFahrzeug unverzuglich zu entfernen, zu erfullen. Wegen der bereits\neingetretenen Storung bedurfte es weder einer Androhung (§ 63 Abs. 1 Satz 3\nVwVG NRW) noch einer Festsetzung der Ersatzvornahme (§ 64 Abs. 2 VwVG NRW).\n\n23\n\nDie Abschleppanordnung verstieß auch nicht gegen den aus dem Verfassungsrecht\n(Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes -GG-) folgenden Grundsatz der\nVerhaltnismaßigkeit, wie er in § 15 OBG NRW und § 58 VwVG NRW seine\neinfachgesetzliche Auspragung gefunden hat. Die angeordnete Abschleppmaßnahme\nwar geeignet, den Verstoß gegen die angegebene Verkehrsvorschrift und damit\ndie bereits eingetretene und noch andauernde Storung zu beseitigen. Die\nMaßnahme war auch erforderlich, da andere, die Klagerin weniger\nbeeintrachtigende, gleichermaßen effektive Mittel zur Gefahrenabwehr nicht zur\nVerfugung standen. Als milderes Mittel kommt regelmaßig die Benachrichtigung\ndes Fahrzeugfuhrers, um diesem Gelegenheit zu geben, das Fahrzeug freiwillig\nzu versetzen, jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Fahrzeugfuhrer -wie\nhier- nicht sofort greifbar und eine sofortige Entfernung des Fahrzeuges damit\nungewiss ist. Die Überwachungskraft der Beklagten war auch nicht verpflichtet,\nuber den Aufenthaltsort des Fahrzeugfuhrers oder -halters Nachforschungen\nanzustellen.\n\n24\n\nDie Anordnung der Ersatzvornahme war auch angemessen. Sie hat keine Nachteile\nzur Folge, die zu dem angestrebten Erfolg außer Verhaltnis stehen. Sie\nbelastet die Klagerin lediglich mit Kosten in Hohe von 161,10 DM. Die\nGroßenordnung des zu zahlenden Geldbetrages und die sonstigen Ungelegenheiten\nsind geringfugig. Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme\nerstrebten Zweck in keinem offensichtlichen Missverhaltnis.\n\n25\n\nAllerdings rechtfertigt das Vorliegen eines bloßen Verkehrsverstoßes ohne das\nHinzutreten weiterer Umstande nicht ohne weiteres das Vorgehen im\nVerwaltungszwang. Mit dem Verhaltnismaßigkeitsgrundsatz vereinbar ist das\nAbschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges aber (jedenfalls) dann,\nwenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeintrachtigung der\nVerkehrsflache verbunden ist. Auf das Vorliegen einer konkreten\nVerkehrsbehinderung kommt es dabei nicht an,\n\n26\n\nvgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 14. Mai 1992 -3 C 3.90-,\nNJW 1993, 870, und Beschluss vom 18. Februar 2000 -3 B 149.01-;\nOberverwaltungsgericht fur das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom\n26. September 1996 -5 B1. 1746/94-, VRS 94 (1998), 159 und vom 24. Marz 1998\n-5 B1. 183/96-, NJW 1998, 2465 sowie Beschlusse vom 24. September 1998 -5 B1.\n6183/96-, NJW 1999, 1275 und vom 21. Marz 2000 -5 B1. 2339/99-, NZV 00, 310.\n\n27\n\nIm vorliegenden Fall beeintrachtigte das verbotswidrige Parken auf der allein\nKraft-radern, Kleinkraftradern und Mofas vorbehaltenen Sonderparkflache die\nFunktion dieser Verkehrsflache. Die Einrichtung derartiger Flachen verfolgt\nregelmaßig verkehrslenkende Ziele und dient der Sicherheit und Leichtigkeit\ndes Verkehrs. Durch diese Parkflachen soll ausreichender Parkraum fur\nKraftrader zur Verfugung gestellt werden. Die von der Klagerin in Anspruch\ngenommene Parkflache ist unmittelbar vor einem Motorradgeschaft eingerichtet\nworden. Hierdurch sollte offensichtlich u.a. auch sichergestellt werden, dass\nder angrenzende Gehweg von Motorradern der Kunden dieses Geschaftes\nfreigehalten wird. Zudem liegt die Parkflache gegenuber einem der\nHauptverwaltungsgebaude der Beklagten und in unmittelbarer Nahe zum Aachener\nHauptbahnhof. Es liegt auf der Hand, dass nicht nur eine Vielzahl von Kunden\ndes Motorradgeschaftes, sondern insbesondere auch Bedienstete und Besucher des\nVerwaltungsgebaudes eine Parkflache fur die von ihnen gefuhrten Kraftrader\nbenotigen. Wird eine fur diesen Bedarf eingerichtete Parkflache von\nordnungswidrig abgestellten Fahrzeugen blockiert, so wird ihre\nverkehrsregelnde Funktion wesentlich beeintrachtigt. Diese\nFunktionsbeeintrachtigung durch das Fahrzeug der Klagerin rechtfertigte\nvorliegend deshalb ein sofortiges Einschreiten der Beklagten im Wege des\nSofortvollzuges, ohne dass es auf die Dauer des Parkverstoßes oder das\nVorliegen einer konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer entscheidend\nankame,\n\n28\n\nvgl. u.a. OVG NRW, Beschluss vom 24. September 1998 -5 B1. 6183/96-, a.a.O.;\nVG Aachen, Urteile vom 9. Oktober 1996 -6 K 1141/95- und vom 17. Oktober 2001\n-6 K 1912/98-.\n\n29\n\nGesichtspunkte, die ausnahmsweise vorliegend die angeordnete Abschleppmaßnahme\ndennoch als unverhaltnismaßig erscheinen lassen konnten, sind nicht\naufgezeigt.\n\n30\n\nDie Abschleppanordnung weist schließlich auch keine Ermessensfehler auf.\nAngesichts der spezifischen Zweckbestimmung von Motorradparkplatzen ist es\nermessensfehlerfrei, wenn von der bestehenden Ermachtigung bei verbotswidrigem\nParken auf einem Motorradparkplatz regelmaßig Gebrauch gemacht wird. Der\nvorliegende Fall weist keine hiervon abweichenden Besonderheiten auf.\n\n31\n\nIst demnach die Ersatzvornahme rechtmaßig durchgefuhrt worden, so war die\nKlagerin als Halterin des Fahrzeuges auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 Satz 2\nNr. 7 KostO NW i.V.m. §§ 77 Abs. 1, 59, 57 Abs. 1 Nr. 1, 55 Abs. 2 VwVG NW dem\nGrunde nach zur Zahlung der Abschleppkosten verpflichtet.\n\n32\n\nAuch die Hohe der von der Klagerin gezahlten Abschleppkosten ist im Ergebnis\nnicht zu beanstanden. Die Rechtmaßigkeit der Hohe dieser Kosten ist an dem\nGrundsatz der Verhaltnismaßigkeit zu messen. Die Hohe der tatsachlich\nentstandenen Abschleppkosten ist daher dahingehend zu uberprufen, ob sie\ngeeignet, insbesondere erforderlich und zumutbar waren. Die Kosten sind\ngrundsatzlich dann nicht erforderlich, wenn sie im Vergleich zu den ublichen\nKosten fur eine vergleichbare Handlung bzw. Maßnahme als uberhoht anzusehen\nsind,\n\n33\n\nvgl. im Einzelnen: OVG Hamburg, Urteil vom 28. Marz 2000 -3 Bf 215/98-, NJW\n2001, 168; HessVGH, Urteil vom 29. August 2000 -11 UE 537/98-, -juris-.\n\n34\n\nAusgehend hiervon sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafur erkennbar, dass\ndie streitgegenstandlichen Abschleppkosten unverhaltnismaßig hoch sind. Die\nvom Klager im Hinblick auf das Verfahren zur Vergabe des Abschleppauftrages an\ndie Fa. T. GmbH erhobenen Vorwurfe, insbesondere der Einwand, die Fa. T. GmbH\nsei nicht die gunstigste Anbieterin gewesen, haben sich nicht bestatigt.\nAusweislich der von den Beklagten hierzu vorgelegten Unterlagen ist die Fa. T.\nuber Jahre hinweg -einschließlich des fur die Streitentscheidung bedeutsamen\nZeitraums- das einzige Unternehmen gewesen, das in den durchgefuhrten\nAusschreibungsverfahren uberhaupt ein Angebot zur Durchfuhrung des\nAbschleppauftrages abgegeben hat. Fehler im Vergabeverfahren waren vorliegend\nim Übrigen nur dann von Bedeutung, wenn sie zu einer unverhaltnismaßigen\nÜberhohung der Kosten gefuhrt hatten. Hierfur ist aber weder etwas konkret\nvorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch im Vergleich zu den\n-gerichtsbekannten- Kosten, die in anderen Kommunen fur vergleichbare\nAbschleppmaßnahmen entstehen, erweisen sich die hier im Streit stehenden\nKosten nicht als unverhaltnismaßig hoch.\n\n35\n\nEin Erstattungsanspruch kann der Klagerin damit im Ergebnis nicht zustehen.\n\n36\n\nb. Die gegen den Beklagten zu 2. gerichtete und als Untatigkeitsklage (§ 75\nVwGO) zulassige Klage ist ebenfalls unbegrundet.\n\n37\n\nDer Leistungsbescheid des Beklagten zu 2. vom 14. Juni 1999 ist rechtmaßig und\nverletzt die Klagerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.\n\n38\n\nDie mit dem angefochtenen Bescheid erhoben Verwaltungsgebuhren in Hohe von\n80,-- DM sind rechtlich nicht zu beanstanden.\n\n39\n\nRechtsgrundlage fur die angefochtene Gebuhrenerhebung ist § 7 a Abs. 1 Nr. 7\nKostO NRW i.V.m. § 77 Abs. 2 VwVG NRW. Danach ist fur -rechtmaßige-\nAmtshandlungen im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines zugelassenen\nKraftfahrzeuges im Wege der Ersatzvornahme eine Gebuhr von 50,-- DM bis 300,--\nDM zu erheben.\n\n40\n\nDie Gebuhrenerhebung ist nach Grund und Hohe rechtlich nicht zu beanstanden.\n\n41\n\nDie ihr zugrundeliegende Abschleppmaßnahme erweist sich -wie zuvor unter a.\nausfuhrlich dargelegt- als rechtmaßig.\n\n42\n\nAuch die Hohe der erhobenen Verwaltungsgebuhr begegnet keinen Bedenken. Sie\nbewegt sich mit 80,-- DM im unteren Bereich des zulassigen Gebuhrenrahmens.\nDafur, dass bei der Bemessung dieses Gebuhrensatzes andere Kosten als die\nKosten, die im Zusammenhang mit dem Abschleppen von Kraftfahrzeugen im Wege\nder Ersatzvornahme bei durchschnittlichem Verwaltungsaufwand entstehen (vgl. §\n77 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW), Berucksichtigung gefunden haben, ist weder etwas\nvorgetragen noch aufgrund sonstiger Umstande ersichtlich. Schließlich steht\ndie vom Beklagten zu 2. erhobene Gebuhr auch in keinem Missverhaltnis zu der\nerbrachten Leistung und erweist sich daher auch als verhaltnismaßig.\n\n43\n\nDer Leistungsbescheid des Beklagten zu 2. vom 14. Juni 1999 ist mithin\nrechtmaßig.\n\n44\n\nDie Klage unterliegt daher auch insoweit der Abweisung.\n\n45\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung uber ihre\nvorlaufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711\nder Zivilprozessordnung (ZPO).\n\n
294,273
ovgnrw-2003-01-30-19-a-196002
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
19 A 1960/02
2003-01-30
2019-03-12 10:39:38
2020-12-10 12:53:16
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2003:0130.19A1960.02.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDie Klager tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.\n\nDer Streitwert wird unter Änderung der erstinstanz- lichen Festsetzung fur die\nerste Instanz auf (32.000 DM : 1,95583 =) 16.361,34 Euro und fur die zweite\nInstanz auf 16.000 Euro festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen\nfur eine Zulassung der Berufung wegen des von den Klagern allein geltend\ngemachten Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegen (§\n124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Denn aus den von den Klagern dargelegten Grunden,\ndie den Rahmen fur die gerichtliche Prufung des Zulassungsbegehrens abstecken,\nweil die Grunde, aus denen die Berufung zuzulassen ist, innerhalb der\nBegrundungsfrist von zwei Monaten nach Zustellung des angefochtenen Urteils\ndarzulegen sind (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ergibt sich nicht, dass\nernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts\nbestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).\n\n3\n\nDie am 19. Mai 1955 als Kind einer deutschen Mutter und eines russischen\nVaters ehelich geborene Klagerin zu 2., die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Reichs-\nund Staatsangehorigkeitsgesetzes RuStAG) in der bei ihrer Geburt geltenden\nFassung die deutsche Staatsangehorigkeit nicht durch Geburt erworben hat, also\n- anders als ihr 1976 geborener Sohn, der Klager zu 1. - zum\nerklarungsberechtigten Personenkreis gemaß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes\nzur Änderung des Reichs- und Staatsangehorigkeitsgesetzes vom 20. Dezember\n1974, BGBl I S. 3714, (RuStAÄndG) gehort, hat die deutsche Staatsangehorigkeit\nauch nicht durch Erklarung nach dieser Vorschrift erworben. Danach erwirbt das\nnach dem 31. Marz 1953, aber vor dem am 1. Januar 1975 erfolgten (vgl. Art. 6\nRuStAÄndG) Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. Dezember 1974 ehelich geborene\nKind einer Mutter, die im Zeitpunkt der Geburt des Kindes Deutsche war, durch\ndie Erklarung, deutscher Staatsangehoriger werden zu wollen, die deutsche\nStaatsangehorigkeit, wenn es durch die Geburt die deutsche Staatsangehorigkeit\nnicht erworben hat. Das Erklarungsrecht konnte allerdings nach Art. 3 Abs. 6\nRuStAÄndG nur bis zum Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes\nvom 20. Dezember 1974, also bis zum 31. Dezember 1977, ausgeubt werden.\nInnerhalb dieser Frist hat die Klagerin zu 2., deren ausweislich der Abschrift\nder Einburgerungsurkunde vom 8. Januar 1944 eingeburgerte Mutter unstreitig\ndeutsche Staatsangehorige ist und einen am 30. August 1993 ausgestellten\ndeutschen Personalausweis besitzt, eine Erklarung im Sinne des Art. 3 Abs. 1\nSatz 1 RuStAÄndG nicht abgegeben. Eine den Anforderungen dieser Vorschrift\ngenugende Erklarung hat die Klagerin zu 2. erstmals mit Schreiben ihrer\nfruheren Bevollmachtigten vom 26. Juli 1995 an die Stadt N. unter Hinweis auf\ndie Einburgerungsurkunde vom 8. Januar 1944 abgegeben.\n\n4\n\nDie Klagerin zu 2. beruft sich ohne Erfolg auf Art. 3 Abs. 7 RuStAÄndG. Nach\nSatz 1 dieser Vorschrift kann die Erklarung noch bis zum Ablauf von sechs\nMonaten nach Fortfall des Hindernisses abgeben, wer ohne Verschulden außer\nStande war, die Erklarungsfrist einzuhalten. Nach Art. 3 Abs. 7 Satz 2\nRuStAÄndG gilt als unverschuldetes Hindernis auch der Umstand, dass der\nErklarungsberechtigte durch Maßnahmen des Aufenthaltsstaates gehindert ist\nbzw. war, seinen Aufenthalt in den Geltungsbereich des Gesetzes vom 20.\nDezember 1974 zu verlegen. Aus den zum Zulassungsantrag dargelegten Grunden\nbestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Klagerin zu 2. die Frist\ndes Art. 3 Abs. 6 RuStAÄndG schuldhaft versaumt hat.\n\n5\n\nDas Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf Lageberichte und Auskunfte des\nAuswartigen Amtes zugrunde gelegt, dass mit der Aufhebung von\nReisebeschrankungen fur Staatsburger der Ukraine, des Aufenthaltsstaates der\nKlagerin zu 2., zum 1. Januar 1993 die Klagerin zu 2. nicht mehr durch\nMaßnahmen ihres Aufenthaltsstaates gehindert gewesen sei, ihren Aufenthalt\nnach Deutschland zu verlegen und damit das unverschuldete Erklarungshindernis\nim Sinne von Art. 3 Abs. 7 Satz 2 RuStAÄndG weggefallen sei; dem stehe fur die\nFolgezeit nicht entgegen, dass sie fur eine Übersiedlung in das Bundesgebiet\nweiterhin eine "Anforderung" benotige (sog. "Wysow"-Verfahren), da das\n"Wysow"-Verfahren im Interesse der Bundesrepublik Deutschland der\nZugangskontrolle im Aufnahmeverfahren diene, also keine Maßnahme des\nAufenthaltsstaates Ukraine sei. Soweit die Klager hiergegen einwenden, das\nVerwaltungsgericht habe den Begriff "Verlegung des Aufenthalts" nicht wie\nerforderlich im Sinne der Begrundung des standigen Aufenthalts in Deutschland\nverstanden, sondern falschlich auf einen Aufenthalt im Zuge einer Besuchsreise\nreduziert, verkennen sie, dass es auf den Wegfall des Hindernisses zur\nÜbersiedlung, also nicht lediglich zu einem vorubergehenden Aufenthalt zu\nBesuchszwecken abgestellt hat.\n\n6\n\nMit dem weiteren Vorbringen der Klager, sie seien trotz der seit Januar 1993\nbestehenden Reisefreiheit nicht in der Lage gewesen, in das Bundesgebiet\nuberzusiedeln und seien daran wegen des Erfordernisses der Vorlage des sog.\n"Wysow" bis heute durch Maßnahmen des Aufenthaltsstaates gehindert, da die\nNachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion Antrage auf eine standige Ausreise\nnach Deutschland nur gegen Vorlage des sog. "Wysow" genehmigten, sind im\nErgebnis keine ernstlichen Zweifel aufgezeigt, dass die Klagerin zu 2. ab 1993\nihren Aufenthalt in die Bundesrepublik Deutschland verlegen konnte, ohne daran\ndurch Maßnahmen des Aufenthaltsstaates Ukraine gehindert gewesen zu sein.\nSelbst wenn - was hier nicht entschieden zu werden braucht - die Auffassung\nder Beklagten zutreffen sollte, es spiele keine Rolle, ob und wie die Klager\nab Januar 1993 ihren Aufenthalt in die Bundesrepublik Deutschland hatten\nverlegen konnen, da sich die Klagerin zu 2. nicht nur in Deutschland, sondern\nauch uber die nachste deutsche Auslandsvertretung uber den Erwerb der\ndeutschen Staatsangehorigkeit hatte informieren konnen, ware sie nicht durch\neine Maßnahme des Aufenthaltsstaates an der Übersiedlung nach Deutschland\ngehindert gewesen. Die vorgebrachten Umstande fuhren namlich nicht zu einem\nHindernis des Aufenthaltsstaates fur die Übersiedlung. Zu den Maßnahmen des\nAufenthaltsstaates, die als unverschuldetes Hindernis fur die Wahrung der\nErklarungsfrist gelten, gehoren alle Beschrankungen rechtlicher und\ntatsachlicher Art, die eine Aufenthaltsverlegung ausschließen.\n\n7\n\nVgl. auch die amtliche Begrundung zum Entwurf des RuStAÄndG 1974, BT-Drs.\n7/2175 S. 14.\n\n8\n\nEin Hindernis fur die Aufenthaltsverlegung in diesem Sinne kann auch bei\ngegebener Reisefreiheit dann vorliegen, wenn der Aufenthaltsstaat die Ausreise\nzur Begrundung des standigen Aufenthalts in Deutschland vom Vorliegen von\nGenehmigungsvoraussetzungen abhangig macht, die ein Umsiedlungswilliger von\nvorn herein nicht erfullen kann, weil ein solcher Genehmigungsvorbehalt einem\nAussiedlungsverbot gleichkommt.\n\n9\n\nBei dem angefuhrten Genehmigungserfordernis fur eine standige Ausreise nach\nDeutschland und der Genehmigungsvoraussetzung der Vorlage der sog.\n"Anforderung" ("Wysow") bzw. dem sog. "Wysow"-Verfahren handelt es sich nicht\num Beschrankungen durch den Aufenthaltsstaat, die eine Aufenthaltsverlegung ab\ndem 1. Januar 1993 ausschlossen. Wie aus den von den Klagern vorgelegten\nErkenntnisquellen hervorgeht,\n\n10\n\nvgl. Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 27. Oktober 1997 - Vt\nI 2 - 932 334/1 -, in: Info-Dienst Deutsche Aussiedler Nr. 95 vom Marz 1998,\nS. 7, und Bericht der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Moskau an das\nAuswartige Amt vom 30. November 1992 - RK 512.00 Ber.-Nr. 5585/92 -,\n\n11\n\nwurde nach dem 1. Januar 1993 (bis jedenfalls 1997) von den Passbehorden in\nden Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion - wie auch zuvor von den\nzustandigen sowjetischen Behorden - die Genehmigung zur Ausreise deutscher\nAussiedler bzw. die Erteilung eines hierfur notwendigen Reisepasses oder des\ndarin einzutragenden Ausreisevisums in der Regel von einer "Anforderung"\n("Wysow") durch im Bundesgebiet lebende Angehorige abhangig gemacht. Ein\nseinerzeit vom Deutschen Roten Kreuz entwickeltes einheitliches Muster\nentsprach den Forderungen der Behorden und wurde von diesen anerkannt; bei\nVorlage dieser "Anforderung" erteilten dann die Passbehorden in der Regel -\nwenn auch ohne gesetzlichen Anspruch - ein dem Zweck des Aufenthalts in\nDeutschland entsprechendes Ausreisevisum. Wie es auch dem von der\nBundesregierung verfolgten Interesse an einer geordneten Durchfuhrung der\nAusreise entsprach, wurde das Ausreiseverfahren nach dem Recht des\nAufenthaltsstaates mit seinen existenziellen Entscheidungen wie z. B. uber\nBeschaftigung und Wohnung allerdings nicht betrieben, bevor nicht die\neinreiserechtlichen Voraussetzungen nach deutschem Recht, ab 1990 nach dem\nAussiedleraufnahmegesetz, wie gultiger Aufnahme-, Einbeziehungs- oder\nÜbernahmebescheid vorlagen. Daher wurden in den (vom Ausreisewilligen bei der\nBeantragung des Reisepasses oder des Ausreisevisums den Passbehorden\nvorzulegenden) Unterlagen zur "Anforderung" ("Wysow") die einreiserechtlichen\nVoraussetzungen von der ortlich zustandigen deutschen Kreis- oder\nStadtverwaltung vermerkt und bestatigt.\n\n12\n\nDies zugrunde gelegt bedurfte die Klagerin zu 2. fur die Aufenthaltsverlegung\naus der Ukraine in die Bundesrepublik Deutschland zwar einer\nAusreisegenehmigung der zustandigen Passbehorde des Aufenthaltsstaates. Es ist\naber nichts dafur aufgezeigt oder sonst ersichtlich, dass sie diese in der\nZeit ab 1. Januar 1993 bis Anfang 1995, auf die es hier in Bezug auf die unter\ndem 26. Juli 1995 abgegebene Erwerbserklarung fur die Prufung nach Art. 3 Abs.\n7 Satz 2 RuStAÄndG ankommt, nicht erhalten hatte, wenn sie die "Anforderung"\nmit den zugehorigen Unterlagen, insbesondere der Bestatigung des Vorliegens\nder einreiserechtlichen Voraussetzungen nach deutschem Recht durch die\nzustandige deutsche Stelle, der Passbehorde des Aufenthaltsstaates Ukraine\nvorgelegt hatte. Es kann nach dem oben angefuhrten Bericht der Botschaft der\nBundesrepublik Deutschland in Moskau vom 30. November 1992 nicht davon\nausgegangen werden, dass die Genehmigungspraxis der Passbehorden in den\nNachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion in Ausreiseverfahren deutscher\nAussiedler im allgemeinen restriktiv war, der Botschaft waren seit etwa 1991\nkeine Beschwerden uber Schwierigkeiten bei der Passerteilung mehr bekannt\ngeworden; gegen eine restriktive Genehmigungspraxis spricht auch, dass seit\n1989 die Zahl der erteilten Ausreisegenehmigungen standig anstieg.\nAnhaltspunkte dafur, dass die Ausreise gerade der Klagerin zu 2. ab 1993 von\nder zustandigen Passbehorde der Ukraine bei Vorlage einer "Anforderung" mit\nden erforderlichen Unterlagen nicht genehmigt worden ware, sind nicht\nersichtlich; hiergegen spricht schon die Tatsache, dass ihre Mutter, nachdem\nihr der Aufnahmebescheid vom 28. Februar 1992 erteilt worden war, Ende Juli\n1992 als Aussiedlerin ihren Aufenthalt von der Ukraine in die Bundesrepublik\nDeutschland verlegen konnte, also nach Vorlage der "Anforderung" die\nAusreisegenehmigung erhielt. Danach ist davon auszugehen, dass die Klagerin zu\n2. nur deshalb nicht als Aussiedlerin ausreisen konnte, weil ihr\nAufnahmeantrag vom 11. Juni 1991 abgelehnt wurde, da die Voraussetzungen nach\n§ 1 Abs. 2 Nr. 3, § 6 des Bundesvertriebenengesetzes als nicht erwiesen\nangesehen wurden, und sie deshalb eine "Anforderung" ("Wysow") etwa ihrer\nbereits im Bundesgebiet lebenden Mutter mit der fur das Ausreiseverfahren\nerforderlichen Bestatigung der Einreisevoraussetzungen nicht vorlegen konnte.\nIhr Ausreisebegehren ist demgemaß daran gescheitert, dass sie die deutschen\nEinreisevoraussetzungen nicht erfullen konnte, ohne daran durch Maßnahmen des\nAufenthaltsstaates gehindert worden zu sein.\n\n13\n\nVgl. auch zum Hindernis der Aufenthaltsverlegung infolge des deutschen\nAufnahmeverfahrens OVG NRW, Beschluss vom 21. Januar 2003 - 19 E 592/02 -, S.\n8.\n\n14\n\nAus dem weiteren Vorbringen der Klager ergeben sich keine ernstlichen Zweifel\nim Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO daran, dass die von der Klagerin zu 2.\nunter dem 26. Juli 1995 abgegebene Erklarung, die deutsche Staatsangehorigkeit\nerwerben zu wollen, nicht innerhalb der Nachfrist des Art. 3 Abs. 7 Satz 1\nRuStAÄndG abgegeben worden ist. Denn die Klagerin zu 2. war ab 1993 nicht ohne\nihr Verschulden außerstande, die Erklarung wesentlich fruher als 6 Monate vor\nJuli 1995 abzugeben. Mit dem Vorbringen, die Klagerin zu 2. habe angesichts\nder Tatsache, dass die deutsche Staatsangehorigkeit ihrer Mutter ungeklart\ngewesen und ihr Versuch, 1985 ihre Nationalitat im "russischen Inlandspass" zu\nandern, gescheitert sei, keine Veranlassung gehabt, vorsorglich eine\nErwerbserklarung abzugeben, und es sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung\ndavon auszugehen, dass sie auch bei Erkundigungen uber die rechtlichen\nVorschriften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals die\nAuskunft bekommen hatte, vorsorglich eine Erwerbserklarung abgeben zu sollen,\nmachen die Klager in der Sache geltend, dass die Klagerin zu 2. unverschuldet\nin Unkenntnis uber die Moglichkeit des Erklarungserwerbs gemaß Art. 3 Abs. 1\nSatz 1 RuStAÄndG gewesen sei. Im Falle der Unkenntnis des\nErklarungsberechtigten uber die Moglichkeit des Erklarungserwerbs gemaß Art. 3\nAbs. 1 Satz 1 RuStAÄndG beginnt die Nacherklarungsfrist des Art. 3 Abs. 7 Satz\n1 RuStAÄndG in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Unkenntnis nicht mehr\nunverschuldet ist. Eine Frist versaumt schuldhaft, wer nicht die Sorgfalt\nwalten lasst, die fur einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten\nsachgerecht wahrnehmenden Betroffenen geboten und ihm nach den gesamten\nUmstanden zuzumuten ist. Rechtsirrtum und Unkenntnis des Gesetzes schließen\ndas Verschulden grundsatzlich nicht aus. Wer mit den einschlagigen\nRechtsvorschriften nicht vertraut ist, hat sich zu erkundigen. Dies gilt auch\nfur Auslander und im Ausland lebende Personen. Maßgebend ist, ab wann der\nBetroffene hinreichend Anlass hat, sich die erforderliche Kenntnis zu\nverschaffen. Bereits der Umstand, dass der Betroffene aus einer gemischt-\nnationalen Ehe mit einem deutschen Elternteil stammt, legt eine Klarung seiner\nstaatsangehorigkeitsrechtlichen Verhaltnisse nahe und bietet hinreichend\nAnlass, sich grundsatzlich schon in angemessener Zeit nach der Geburt des\nBetroffenen uber dessen deutsche Staatsangehorigkeit oder Moglichkeiten zu\nihrem Erwerb Gedanken zu machen und, soweit erforderlich und zumutbar,\nRechtsauskunfe einzuholen. Selbst wenn die deutsche Staatsangehorigkeit der\nMutter noch nicht abschließend durch eine Behorde geklart ist, muss von dem\nErklarungsberechtigten grundsatzlich erwartet werden, dass er innerhalb der\nFrist des Art. 3 Abs. 7 Satz 1 RuStAÄndG u.U. vorsorglich eine\nErwerbserklarung abgibt.\n\n15\n\nVgl. BVerwG, Urteile vom 4. Mai 1999 - 1 C 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 687 (688),\nvom 25. Juni 1998 - 1 C 6/96 -, NVwZ-RR 1999, 70 (71) und vom 24. Oktober 1995\n- 1 C 29.94 -, DVBl 1996, 615 (617); zu letzterem Urteil BVerfG, Beschluss vom\n22. Januar 1999 - 2 BvR 729/96 -, NVwZ-RR 1999, 403 f; ferner OVG NRW,\nBeschluss vom 24. April 2001 \\- 8 E 730/00 -.\n\n16\n\nGemessen daran unterliegt es keinem ernstlichen Zweifel, dass die Klagerin zu\n2. jedenfalls ab 1993 bei Anwendung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt\nnicht ohne Verschulden gehindert war, die Erwerbserklarung wesentlich vor Juli\n1995 abzugeben. Die Klagerin zu 2. stammt aus einer gemischt-nationalen Ehe\nmit einer deutschen Mutter und war sich dessen auch fruhzeitig bewusst, da sie\n(1.) nach ihrem Vorbringen 1985 und 1989 versucht hatte, in ihren Inlandspass\nihre deutsche Nationalitat eintragen zu lassen, und, wie sie in den\nSchriftsatzen vom 7. und 31. Oktober 1996 zum Klageverfahren 9 K 6044/95 (VG\nKoln) zum Ausdruck brachte, (2.) das Familienschicksal ihrer gegen Ende des 2.\nWeltkrieges umgesiedelten und im X. eingeburgerten Mutter sehr genau gekannt\nhat und mit dem Familienschicksal ihrer Mutter groß geworden ist. Daruber\nhinaus ging sie in dem mit Antrag vom 11. Juni 1991 eingeleiteten\nAufnahmeverfahren davon aus, Deutsche zu sein. Angesichts dessen bestand fur\nsie schon vor 1993 hinreichender Anlass, sich Kenntnis uber den in Art. 3 Abs.\n1 Satz 1 RuStAÄndG vorgesehenen Erklarungserwerb zu verschaffen und sich uber\ndas Bestehen einer etwaigen deutschen Staatsangehorigkeit bzw. im Hinblick auf\ndie deutsche Staatsangehorigkeit ihrer Mutter uber Moglichkeiten des Erwerbs\nder deutschen Staatsangehorigkeit zu erkundigen. Jedenfalls aber im Jahre\n1993, nachdem ihre Mutter den \\- gerade im Hinblick auf die 1944 im X.\nerfolgte Einburgerung erteilten - Aufnahmebescheid vom 28. Februar 1992\nerhalten hatte, Ende Juli 1992 nach Deutschland umgesiedelt war und\ninsbesondere ihr am 30. August 1993 ein deutscher Personalausweis ausgestellt\nworden war, konnte die Klagerin zu 2., auch wenn sie erst 1995 aufgrund\nanwaltlicher Beratung Kenntnis von der Einburgerungsurkunde vom 8. Januar 1944\nerhalten haben sollte, die deutsche Staatsangehorigkeit ihrer Mutter als\nhinreichend geklart ansehen. Ihr Vorbringen, sie habe erst nach der\nEinschaltung eines Rechtsanwalts im Juli 1995 von der immer noch bestehenden\ndeutschen Staatsangehorigkeit ihrer Mutter erfahren, ist nicht\nnachvollziehbar. Dass sie von den ihre Mutter betreffenden Vorgangen keine\nKenntnis erhalten hatte, macht die Klagerin zu 2. nicht substanziiert geltend;\nvielmehr kann von einem fortdauernden Kontakt zu ihrer in Deutschland lebenden\nMutter und sonstigen Verwandten ausgegangen werden. Konnte sie aber die\ndeutsche Staatsangehorigkeit ihrer Mutter als geklart oder jedenfalls sehr\nwahrscheinlich ansehen, kommt es nicht darauf an, ob ihr zuzumuten war,\nvorsorglich fur den Fall noch ausstehender endgultiger Klarung die\nErwerbserklarung abzugeben, bzw. ob sie eine entsprechende Auskunft erhalten\nkonnte. Selbst wenn die Klagerin zu 2., wie sie vortragt, erst im Juli 1995\nmit der Einschaltung eines Rechtsanwalts - allerdings erfolgte diese nach\nAktenlage bereits Ende Marz 1995 - von der deutschen Staatsangehorigkeit ihrer\nMutter erfahren haben sollte, ist davon auszugehen, dass sie schon im Jahr\n1992 von der Aufnahme ihrer Mutter in der Bundesrepublik Deutschland und im\nJahr 1993 von der Ausstellung des deutschen Personalausweises der Mutter\nKenntnis hatte; die Klagerin zu 2. hatte daher hinreichend Veranlassung, wie\nin der oben angefuhrten Rechtsprechung grundsatzlich geklart, vorsorglich die\nErwerbserklarung abzugeben bzw. eine entsprechende Rechtsauskunft einzuholen.\nKonkrete Anhaltspunkte dafur, dass sie bei Erkundigungen bei einer deutschen\nAuslandsvertretung eine Auskunft uber die Moglichkeit einer vorsorglichen\nErklarung nicht hatte erhalten konnen, sind nicht aufgezeigt worden. Die\nKlagerin zu 2. hat nicht einmal dargelegt, welche konkreten Bemuhungen sie ins\nWerk gesetzt hat, um eine entsprechende Auskunft zu erhalten. Unerheblich ist,\ndass sie in Kenntnis der Gesetzeslage der ehemaligen Sowjetunion davon\nausgegangen ist, dass ihre Mutter durch Geburt die sowjetische\nStaatsangehorigkeit erworben hatte und eine weitere Staatsangehorigkeit nach\ndem Recht der ehemaligen Sowjetunion unbeachtlich sei; denn die genannten\nUmstande sprachen mit betrachtlichem Gewicht dafur, dass die Mutter jedenfalls\nneben der sowjetischen Staatsangehorigkeit auch die deutsche\nStaatsaneghorigkeit besitze, fur die deutsches Recht gilt. Ein Rechtsirrtum\nhinsichtlich der angenommenen Ausschlusswirkung der sowjetischen\nStaatsangehorigkeit ware ebenfalls nicht unverschuldet, da die Klagerin sich\nauch insofern nicht um Aufklarung bemuht hat.\n\n17\n\nEin Verschulden im Sinne des Art. 3 Abs. 7 Satz 1 RuStAÄndG liegt allerdings\ndann nicht vor, wenn eine sachgerechte Auskunft uber das Erklarungsrecht nicht\neingeholt werden kann, eine falsche Auskunft erteilt wird oder der Betroffene\nsich sonst in einem entschuldbaren Rechts- oder Tatsachenirrtum befindet.\n\n18\n\nVgl. nur BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1998 - 1 C 6/96 -, a. a. O. (72).\n\n19\n\nDiese Voraussetzungen lagen jedoch in Bezug auf die Klagerin zu 2. ab 1993\nnicht vor. Sie hat keine greifbaren Anhaltspunkte dafur vorgetragen, dass es\nihr jedenfalls 1993 nicht moglich war, eine sachgerechte Auskunft uber das\nErklarungsrecht gemaß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 6 und Abs. 7\nRuStAÄndG einzuholen. Sie hatte sich etwa uber ihre in Deutschland lebenden\nVerwandten informieren oder bei der deutschen Auslandsvertretung in der\nUkraine die relevanten Auskunfte einholen konnen. Wie dem oben angefuhrten\nBericht der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau vom 30.\nNovember 1992 zu entnehmen ist, wurde der sowjetischen Bevolkerung im Zuge der\npolitischen Umwalzungen ab 1989 die Kontaktaufnahme zu den deutschen\nAuslandsvertretungen gestattet und war die Moglichkeit gegeben, sich uber die\ndeutschen staatsangehorigkeitsrechtlichen Regelungen zu informieren. Dass dies\nfur die Klagerin zu 2. nicht moglich war, hat diese ebensowenig aufgezeigt wie\netwa, dass sie eine unrichtige Auskunft erhalten habe.\n\n20\n\nDie Klagerin zu 2. befand sich ab 1993 auch sonst nicht in einem\nentschuldbaren Rechts- oder Tatsachenirrtum. Sie beruft sich insbesondere ohne\nErfolg darauf, dass das Bundesverwaltungsamt sie im Aufnahmeverfahren nicht\nuber das Erklarungsrecht gemaß Art. 3 RuStAÄndG aufgeklart habe. Das\nBundesverwaltungsamt hatte keine dahingehende Aufklarungspflicht. Eine solche\nPflicht lasst sich weder aus staatsangehorigkeitsrechtlichen oder\nvertriebenenrechtlichen Regelungen noch etwa aus § 25 VwVfG herleiten. Nach\ndieser Vorschrift soll die Behorde die Abgabe von Erklarungen oder Antragen\noder die Berichtigung von Erklarungen und Antragen anregen, wenn diese\noffensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder\nunrichtig abgegeben oder gestellt worden sind (§ 25 Satz 1 VwVfG). Die Behorde\nerteilt, soweit erforderlich, Auskunft uber die den Beteiligten im\nVerwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten (§\n25 Satz 2 VwVfG). Die sich aus diesen Regelungen ergebenden Beratungspflichten\nder Behorde beziehen sich jedoch nur auf Erklarungen und Antrage im jeweiligen\nVerwaltungsverfahren. Das Bundesverwaltungsamt genugt deshalb im Verfahren auf\nAufnahme als Aussiedler seinen Beratungspflichten aus § 25 VwVfG, wenn es\ndiejenigen Erklarungen und Antrage des Aufnahmebewerbers anregt, die fur die\nvom jeweiligen Antragsteller angestrebte Aufnahme als Aussiedler nutzlich und\nzweckmaßig erscheinen. Dagegen ist es nicht Aufgabe des\nBundesverwaltungsamtes, bereits im Aufnahmeverfahren vorsorglich auch fur\nandere Verwaltungsbereiche, etwa fur den Bereich des\nStaatsangehorigkeitsrechts, die Abgabe von Erklarungen oder Antragen\nanzuregen, die sich fur den Betroffenen als hilfreich bzw. zweckmaßig erweisen\nkonnen. Eine derart weit gehende Beratungspflicht ist in § 25 VwVfG nicht\ngemeint, weil sie die Grenze zur Rechtsberatung uberschreiten wurde.\n\n21\n\nOVG NRW, Beschluss vom 21. Januar 2003 - 19 E 592/02 -, S. 6 und Urteil vom 9.\nOktober 1997 - 25 A 854/94 - , S. 20 f.\n\n22\n\nEine solche allgemeine, sich auf alle Verwaltungsbereiche erstreckende\nBeratungspflicht stunde auch nicht damit in Einklang, dass im\nAufnahmeverfahren lediglich eine vorlaufige Prufung der fur die Aufnahme\nmaßgeblichen Voraussetzungen erfolgt,\n\n23\n\nBVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 5 C 10/01 -, NVwZ-RR 2002, 387 (387 f.);\nOVG NRW, Beschluss vom 13. September 2002 - 19 A 467/01 -, Beschlussabdruck S.\n11,\n\n24\n\nund dass das Aufnahmeverfahren ebenso wie das vor Einfuhrung des\nAufnahmeverfahrens durch das Aussiedleraufnahmegesetz vom 28. Juni 1990, BGBl\nI S. 1990, durchzufuhrende Registrierscheinverfahren\nstaatsangehorigkeitsrechtlich "neutral" ist.\n\n25\n\nBVerwG, Beschlusse vom 17. Juli 1998 - 1 B 73.98 - InfAuslR 1998, 504 (504)\nund vom 21. November 1994 - 1 B 143/94 -, NVwZ-RR 1995, 540 (541); OVG NRW,\nUrteil vom 9\\. Oktober 1997 - 25 A 854/94 -, S. 21 f.\n\n26\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.\n\n27\n\nDie Streitwertfestsetzung und -anderung beruht auf § 73 Abs. 1, 25 Abs. 2 Satz\n2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) iVm §§ 13 Abs. 1, 14, GKG alter und neuer\nFassung. Als Ausgangspunkt fur die Streitwertfestsetzung ist - ohne degressive\nSteigerung bei Klagen mehrerer Familienangehoriger - fur jeden Klager der\ndoppelte Auffangstreitwert (fruher 8.000 DM, ab 1. Januar 2002 4.000 Euro) und\ndamit ein Betrag von 16.000 DM bzw. 8.000 Euro zugrunde zu legen; der sich fur\ndas erstinstanzliche Verfahren ergebende Betrag von 32.000 DM ist wegen der\nEinfuhrung des Euro als Wahrungseinheit in Euro umzurechnen.\n\n28\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Marz 2002 - 19 E 205/02 -.\n\n29\n\nDieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).\n\n30\n\n
294,523
fg-munster-2003-01-16-8-k-713101-f
792
Finanzgericht Münster
fg-munster
Münster
Nordrhein-Westfalen
Finanzgerichtsbarkeit
8 K 7131/01 F
2003-01-16
2019-03-12 10:46:11
2020-12-10 12:53:54
Urteil
ECLI:DE:FGMS:2003:0116.8K7131.01F.00
## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Kosten des Verfahrens tragt die Klagerin.\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d :**\n\n2\n\nZu entscheiden ist, ob Verlustanteile von Kommanditisten den Verlustabzugs-\nund Verlustausgleichsbeschrankung des § 15 a EStG unterliegen. Die Klagerin\nist Komplementarin einer Kommanditgesellschaft (KG) - T - V T GmbH &Co. KG -.\nAls alleinige Kommanditisten sind zwei Gesellschafter mit einem Festkapital\n(Kommanditkapital) von jeweils 475.000,00 DM beteiligt. Diese Betrage sind\nauch im Handelsregister eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag vom 03.01.1985\nweist keine hohere Kommanditbeteiligung aus. Am 16.04.1997 beschlossen die\nGesellschafter, den negativen Ergebnisanteil fur das Geschaftsjahr 1997/1998\n(es besteht ein abweichender Gewinnermittlungszeitraum; er endet jeweils zum\n31.01. eines jedes Jahres) durch die Gesellschafter in der Weise zu tragen,\ndass der Verlust unmittelbar auf den Privatkonten der Gesellschafter gebucht\nwird. Nach diesem Beschluss ubernehmen die Gesellschafter in dieser Hohe eine\nNachschusspflicht. Mit weiterem Gesellschafterbeschluss vom 15.12.1999 wird\nder Jahresfehlbetrag in Hohe von 659.860,40 DM jeweils halftig auf die beiden\nKommanditisten verteilt und entsprechend des Gesellschafterbeschlusses vom\n16.04.1997 den Gesellschafterdarlehenskonten belastet. Hinsichtlich des\nGeschaftsjahres 1998/1999 ist am 05.04.1998 ein weiterer Beschluss gefasst\nworden. Danach fuhrt jeder Kommanditist einen Betrag von 200.000,00 DM einer\nKapitalrucklage zu. Die Gesellschafter ubernehmen in dieser Hohe eine\nNachschusspflicht. Auch das Geschaftsjahr 1998/1999 schloss mit einem Verlust\nab, und zwar in Hohe von 884.768,96 DM, der halftig auf die beiden\nKommanditisten verteilt wurde. Entsprechend der genannten Beschlusse wurde fur\ndas Wirtschaftsjahr 1997/1998 der Verlust zum 31.03.1998 in Hohe von\n659.860,40 DM jeweils halftig auf Gesellschafterdarlehen der beiden\nKommanditisten verteilt - jeweiliger Darlehensbetrag 329.930,20 DM. Fur das\nfolgende Wirtschaftsjahr 1998/1999 wurde der Verlust von 884.768,96 DM auf die\nbeiden Kommanditisten ebenfalls halftig verteilt, und zwar in der Weise, dass\nfur jeden Kommanditisten eine Kapitalrucklage in Hohe von 200.000,00 DM\ngebildet wurde und jeweils Gesellschafterdarlehen in Hohe von 242.384,84 DM\nausgewiesen sind. Die KG berucksichtigte die genannten Buchungen auch\nsteuerlich. Sie errechnet unter Berucksichtigung von Festkapitalanteilen,\nVerlustvortrag, jeweiligen Verlustanteilen, Gesellschafterdarlehen,\nKapitalrucklagen und dem Kapital in Erganzungsbilanzen fur das Wirtschaftsjahr\n1997/1998 ein positives Kommanditkapital in Hohe von insgesamt 289.000,00 DM,\njeweils halftig verteilt auf die beiden Kommanditisten, und fur das\nWirtschaftsjahr 1998/1999 ein positives Kommanditkapital in Hohe von insgesamt\n239.000,00 DM, jeweils halftig verteilt (2 X 119.500,00 DM) auf die beiden\nKommanditisten. Die jeweiligen, auf die Kommanditisten entfallenden\nVerlustanteile der beiden Wirtschaftsjahre wurden in voller Hohe als\nsteuerlich abzugsfahige Verluste in den Feststellungserklarungen behandelt.\nDer Beklagte folgte dieser Berechnung nicht. Vielmehr wurden mit den\nGewinnfeststellungen durch die Bescheide vom 19.09.2000 fur das Jahr 1998 und\nvom 25.09.2000 fur 1999 - der letzte Bescheid wurde nochmals mit Bescheid vom\n11.06.2001 wegen eines hier nicht streitigen Punktes geandert - die geltend\ngemachten Verluste nicht als sofort abzugsfahige Verluste der Kommanditisten\nanerkannt. Die Gewinnfeststellungen wurden außerdem mit Feststellungen nach §\n15 a EStG verbunden. Nach diesen Feststellungen betragt der nicht ausgleichs-\nund abzugsfahige Verlust jedes Kommanditisten 211.520,00 DM fur das Jahr 1998\nund 312.384,00 DM fur 1999 - zusammen ergibt sich damit zum Schluss des Jahres\n1999 ein verrechenbarer Verlust fur jeden Kommanditisten in Hohe von\n523.904,00 DM. Im Übrigen folgte der Beklagte den Angaben in den\nSteuererklarungen. Die gegen die abweichenden Feststellungen gerichteten\nEinspruche waren erfolglos. Sie wurden mit Einspruchsentscheidung vom\n23.11.2001 als unbegrundet zuruckgewiesen. Mit der daraufhin erhobenen Klage\nverfolgt die Klagerin ihr Begehren weiter, die Gewinnfeststellungen fur die\nStreitjahre 1998 und 1999 wie beantragt vorzunehmen, also ohne die\nEinschrankungen nach § 15 a EStG. Im Wesentliche wird dazu vorgetragen, die\nRegelung des § 167 Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB), nach der der Kommanditist\nan den Verlusten nur bis zum Betrag seines Kapitalanteiles teilhabe, sei\nabdingbar. Hiervon hatten die Kommanditisten durch die\nGesellschafterbeschlusse Gebrauch gemacht. Sie hatten die Verluste dadurch\nubernommen, dass entsprechende Forderungen gegen sie in den Handelsbilanzen\nausgewiesen worden seien. Die entsprechenden Verpflichtungen seien als\nEinlagen anzusehen. Hierdurch werde bewirkt, dass die von den Kommanditisten\ndadurch ubernommenen Verluste nicht mehr der Abzugsbeschrankung des § 15 a\nEStG unterlagen, denn die Verlustubernahme bedeute eine endgultige und\nunbedingte Vermogensminderung der Kommanditisten. Unbeachtlich sei, ob sich\nein Kommanditist im Regelfall der Nachschusspflicht entziehen konne bzw. dass\nim Regelfall keine Nachschusspflicht uber den Betrag der geleisteten\nPflichteinlage hinaus bestehe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die\nKlageschrift vom 06.12.2001 Bezug genommen. Die Klagerin beantragt, die\nFeststellungsbescheide nach § 15 a EStG fur die Jahre 1998 und 1999 vom 19.09.\nund 25.09.2000 sowie die Einspruchsentscheidung vom 23.11.2001 aufzuheben und\ndie Gewinnfeststellungsbescheide fur 1998 und 1999 in der Weise zu andern,\ndass die erklarten Verluste ohne Einschrankung nach § 15 a EStG auf die\nKommanditisten verteilt werden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.\nUnter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vom 23.11.2001 tragt er im\nWesentlichen vor, § 15 a EStG beschranke die Teilhabe des Kommanditisten am\nVerlust der Gesellschaft auf seinen Kapitalanteil im Sinne des § 167 Abs. 3\nHGB (Festkapitalanteil) und eine eventuell noch ruckstandige Einlage. Die\nGesellschafterbeschlusse fuhrten im Streitfall nicht zu einer derartigen\nEinlage. Sie enthielten lediglich eine Einlageverpflichtung. Erst wenn die\nNachschusse tatsachlich gezahlt wurden, konne eine entsprechende\nVerlustberucksichtigung erfolgen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die fur\ndie Streitjahre eingereichten Bilanzen und Steuererklarungen Bezug genommen.\nIm Übrigen wird auf die Niederschrift uber die mundliche Verhandlung vom\n16.01.2003 verwiesen.\n\n3\n\n 1. **E n t s c h e i d u n g s g r u n d e :**\n\n4\n\nDie Klage ist nicht begrundet.\n\n5\n\nDer Senat legt die Einspruche, die Einspruchsentscheidung und die Klage unter\nBerucksichtigung des darin erkennbaren Begehrens als Rechtsmittel gegen die\nGewinnfeststellungen und die Feststellungen nach § 15 a EStG aus. Die\nÜberprufung der Feststellungen zu den Streitjahren (1998 und 1999) ist daher\nnicht durch die teilweisen Bindungswirkungen der Feststellungen nach den §§\n182 Abs. 1 und 175Abs. 1 Nr. 1 AO eingeschrankt (vgl. z.B. BFH - Urteil Vom\n23. Januar 2001, VIII R 30/99, BStBl. II 2001, 621, 622). Die angefochtenen\nFeststellungsbescheide sind jedoch rechtmaßig, weil trotz der\nGesellschafterbeschlusse und der buchmaßigen Übernahme der Verluste der KG\ndurch die Kommanditisten bei jedem der Kommanditisten aufgrund der bestehenden\nVerlustvortrage negative Kapitalkonten entstehen. Nachschussverpflichtungen,\ndie lediglich in Form der buchmaßigen Kapitalrucklage und in Form buchmaßiger\nGesellschafterdarlehen erbracht werden, erhohen nicht den ausgleichsfahigen\nVerlust von Kommanditisten.\n\n6\n\nNach § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der Anteil eines Kommanditisten am Verlust\nder KG weder mit anderen Einkunften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkunften aus\nanderen Einkunftsarten ausgeglichen oder nach § 10 d EStG abgezogen werden,\nsoweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich\nerhoht. Ein hiernach nicht berucksichtigungsfahiger, so genannter\nverrechenbarer Verlust (§ 15 a Abs. 4 Satz 1 EStG) mindert jedoch gemaß § 15 a\nAbs. 2 EStG die Gewinne, die dem Kommanditisten in spateren Wirtschaftsjahren\naus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind. Entnahmen konnen dieses\nErgebnis ebenfalls beeinflussen, soweit dadurch ein negatives Kapitalkonto\nentsteht oder sich erhoht (§ 15 a Abs. 3 EStG).\n\n7\n\nSinn und Zweck dieser Regelung ist, die Berucksichtigung von Verlusten\nbeschrankt haftender Unternehmer steuerlich einzugrenzen. Maßgebend hierfur\nist grundsatzlich der zum jeweiligen Bilanzstichtag des Jahres der\nVerlustentstehung gegebene Haftungsumfang. Dieser ergibt sich aus dem am\nBilanzstichtag gegebenen Betrag der Außenhaftung, wie sie grundsatzlich aus\nder entsprechenden Eintragung in das Handelsregister erkennbar ist (vgl. BFH-\nUrteile vom 14. Dezember 1995, IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226, 230 und vom\n11. Dezember 1990, VIII R 8/87, BStBl. II 1992, 232, jeweils m. w. N.).\n\n8\n\nEin Kommanditist nimmt nach § 167 Abs. 3 HGB am Verlust der\nKommanditgesellschaft nur bis zum Betrag seines Kapitalanteiles und seiner\nnoch ruckstandigen Einlagen teil. Seine Haftung bestimmt sich nach § 172 HGB\ngrundsatzlich nach der Eintragung in das Handelsregister. Maßgebend ist der\ndort eingetragene Betrag. Dieser betragt im Streitfall fur jeden\nKommanditisten 475.000,00 DM und ist infolge der Beschlusse nicht verandert\nworden. Anhaltspunkte dafur, dass der Sonderfall der Einlageerhohung nach §\n172 Abs. 2 HGB vorliegt, bestehen nicht. Eine daruber hinausgehende Einlage\nkann zwar grundsatzlich auch im Rahmen des § 15 a EStG zu einer hoheren\nVerlustbeteiligung fuhren, weil dadurch das Kapitalkonto des Kommanditisten\nbetroffen sein kann. Das gilt jedenfalls fur Einlagen, die im Jahr der\nVerlustentstehung geleistet wurden (vgl. in diesem Sinne zuletzt: FG Koln,\nUrteil vom 27. Juni 2001, 5 K 6631/00, EFG 2001, 1195, Revision eingelegt: BFH\nVIII R 32/01). Entgegen der Auffassung der Klagerin kann jedoch aus Sinn und\nZweck des § 15 a EStG nicht jede handelsrechtliche Einlage auch als Einlage im\nSinne des § 15 a EStG gewertet werden. Erforderlich ist vielmehr, dass auch\ndie Haftungsgrundlage fur einen eventuellen Glaubiger tatsachlich sofort\nerhoht wird. Das ist nur dann der Fall, wenn diese Einlage auch tatsachlich\ngeleistet wurde. Die bloße Verpflichtung zu einer derartigen Einlage reicht\ndaher nicht aus (vgl. in diesem Sinne bereits BFH - Urteil vom 14, Dezember\n1995, IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226, 228 mit Hinweis auf die\nErfolgsneutralitat dieses Vorganges). Dieser Grundsatz gilt fur jede Art der\nEinlage, die uber das im Handelsregister eingetragene Haftkapital hinausgeht\n(vgl. in diesem Sinne BFH-Urteile vom 28. Marz 2000, VIII R 28/98, BStBl. II\n2000, 347, vom 16. Dezember 1997, VIII R 76/93, BFH/NV 1998, 576, vom 7.\nOktober 1997, VIII R 22/94, BFH/NV 1998, 823, vom 14. Dezember 1995, IV R\n106/94, BStBl. II 1996, 226 und vom 11. Dezember 1990, VIII R 8/87, BStBl. II\n1992, 232).\n\n9\n\nAus diesem Grunde reicht die schlichte buchmaßige Verlustubernahme in\nbesonderen Bilanzpositionen nicht aus, die Anwendung der\nVerlustabzugsbeschrankung des § 15 a EStG zu verhindern. Das gilt sowohl fur\ndie kompensierende Einbuchung einer Kapitalrucklageforderung an die\nGesellschafter, als auch fur die buchmaßige Ausweisung eines besonderen\nGesellschafterdarlehens zum Ausgleich des Verlustes. Zwar ist der Klagerin\nzuzustimmen, dass derartige Forderungen auch Wirtschaftsguter im Sinne des\nSteuerrechtes sind, so dass sie grundsatzlich auch einlagefahig sind. Wie\nausgefuhrt, stellt § 15 a EStG fur die Einschrankung der\nVerlustabzugsbegrenzung durch eine Einlage aber zusatzlich die Forderung auf,\ndass diese Einlage auch tatsachlich geleistet wurde, wenn es sich nicht um\neine Einlageverpflichtung handelt, die durch die Eintragung des\nHaftungsumfanges eine Kommanditisten im Handelsregister abgedeckt ist. Eine\nderartige Einlage ist daher erst dann geleistet, wenn dem\nGesellschaftsvermogen das entsprechende Einlagekapital tatsachlich auch\nzugeflossen ist, denn die "Deckungsunterlage fur die Glaubiger", an der sich\ndie Regelung des § 15 a EStG ausrichtet, wird nur dadurch auch erhoht (vgl.\nBFH-Urteile vom 11. Dezember 1990, VIII R 8/87, BStBl. II 1992, 232, 233, vom\n14. Dezember 1995, IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 und vom 28. Marz 2000,\nVIII R 28/98, BStBl. II 2000, 347).\n\n10\n\nIm Streitfall sind die genannten Voraussetzungen fur eine Einlagerhohung nicht\nerfullt, denn weder die buchmaßig ausgewiesenen Gesellschafterdarlehen, noch\ndie entsprechenden Kapitalrucklagen der Gesellschafter sind tatsachlich von\nden Kommanditisten geleistet worden.\n\n11\n\nDie Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.\n\n12\n\nAngesichts dieser Entscheidung, ist der schriftsatzlich gestellte Antrag, die\nHinzuziehung eines Bevollmachtigten fur das Vorverfahren fur notwendig zu\nerklaren, gegenstandslos.\n\n
294,568
olgham-2003-01-14-10-w-7002
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
10 W 70/02
2003-01-14
2019-03-12 10:47:23
2020-12-10 12:54:01
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2003:0114.10W70.02.00
## Tenor\n\nDer Antrag des Beklagten aus dem Schriftsatz vom 23. Marz 2002 wird\nzuruckgewiesen.\n\nDer Beklagte tragt die Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht.\n\nDie Rechtsbeschwerde wird zugelassen.\n\nDer Streitwert des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht wird auf 30.512 €\nfestgesetzt.\n\n \n1\n\n** _Gr unde:_**\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nDie Parteien streiten um die Gultigkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung.\n\n4\n\nDie Klager sind Eigentumer des etwa 33 ha großen landwirtschaftlichen\nBetriebes O. 6 in T. Mit Vertrag vom 30. 6. 1983 verpachteten sie diesen\nBetrieb an den Beklagten, ihren Sohn. § 2 dieses Vertrages sieht vor, daß das\nPachtverhaltnis bis zum 30. 9. 1992 dauern solle. Unter § 23 des\nPachtvertrages vereinbarten die Parteien folgende Regelung:\n\n5\n\n"Schiedsstelle\n\n6\n\nBei Meinungsverschiedenheiten, die sich aus diesem Vertrag ergeben, schließen\ndie Parteien den ordentlichen Rechtsweg aus. Sie vereinbaren einen besonderen\nSchiedsvertrag, der diesem Pachtvertrag als Anlage beigefugt ist."\n\n7\n\nEbenfalls am 30.6.1983 trafen die Parteien folgende, als\n"Schiedsgerichtsvertrag" bezeichnete Vereinbarung:\n\n8\n\n"Streitigkeiten aus diesem Pachtverhaltnis sollen durch das Schiedsgericht bei\nder Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe nach Maßgabe der\nSchiedsgerichtsordnung der Landwirtschaftskammer und nach den Vorschriften der\n§§ 1025 ff. der Zivilprozeßordnung entschieden werden."\n\n9\n\nAm 30. 11. 1985 vereinbarten die Parteien, das zwischen ihnen bestehende\nPachtverhaltnis solle sich bis zum 30. 6. 2002 verlangern.\n\n10\n\nAm 9. 8. 1999 hob der Hauptausschuß der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe\ndie Schiedsgerichtsordnung der Landwirtschaftskammer einschließlich der\nVerfahrensordnung fur Schiedsgerichtsverfahren auf. Seither beruft die\nLandwirtschaftskammer Westfalen-Lippe keine Schiedsrichter mehr und fuhrt\nkeine Schiedsgerichtsverfahren mehr durch.\n\n11\n\nAm 30. 9. 2000 stellte der Beklagte die Bewirtschaftung des gepachteten\nBetriebes ein und gab ihn an die Klager zuruck. In der Folgezeit nahmen die\nKlager den Beklagten ohne Erfolg auf Zahlung von 179.029,49 DM in Anspruch.\nZur Begrundung machten sie geltend, der Beklagte schulde ihnen aus dem\nPachtverhaltnis ruckstandigen Pachtzins von 8.500 DM und Schadensersatz wegen\nder Nichtruckgabe von Inventar von 145.000 DM. Weiter habe er ihnen\nKreditraten und Versicherungspramien in Hohe von 25.529,49 DM, die sie fur ihn\ngezahlt hatten, zu erstatten.\n\n12\n\nAm 7. 6. 2001 haben die Klager vor dem Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht -\nRahden Klage gegen den Beklagten erhoben mit dem Antrag, ihn zu verurteilen,\nan sie 179.029,49 DM nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begrundung haben sie\nvorgetragen, der Beklagte schulde ihnen ruckstandigen Pachtzins von 8.500 DM,\nSchadensersatz wegen der Nichtruckgabe im einzelnen bezeichneten Inventars von\n145.000 DM und den Ersatz von 24.097,29 DM, die sie, die Klager, auf Kredite\ndes Beklagten gezahlt hatten. Zudem habe der Beklagte ihnen\nVersicherungspramien und Beitrage an die Landwirtschaftskammer von 954,50 DM\nund 477,70 DM zu erstatten. Fur die Berechnung und Zusammensetzung dieser\nForderungen im einzelnen wird auf die diesbezuglichen Ausfuhrungen in der\nKlageschrift vom 29. 5. 2001 (Bl. 2-5 d. A.) Bezug genommen.\n\n13\n\nDer Beklagte erhebt die Einrede des Schiedsvertrages. Er tragt vor: Fur\nAnspruche aus dem in Rede stehenden Pachtverhaltnis sei der ordentliche\nRechtsweg ausgeschlossen. Dies ergebe sich aus § 23 des Pachtvertrages vom 30.\n6. 1983 und aus dem am selben Tag geschlossenen Schiedsgerichtsvertrag. In\ndiesen Vertragen hatten die Parteien eindeutig vereinbart, daß Streitigkeiten\naus dem von ihnen begrundeten Pachtverhaltnis von einem Schiedsgericht und\nnicht von einem ordentlichen Gericht zu entscheiden seien. Die Zulassigkeit\ndes ordentlichen Rechtsweges hatten die Parteien ausdrucklich ausgeschlossen.\nDie Aufhebung der Schiedsgerichtsordnung der Landwirtschaftskammer Westfalen-\nLippe habe nicht dazu gefuhrt, daß die Schiedsgerichtsvereinbarung der\nParteien unwirksam oder undurchfuhrbar i. S. des § 1032 Abs. 1 ZPO geworden\nsei. Die Parteien hatten diese Vereinbarung getroffen, weil es ihnen darum\ngegangen sei, daß Streitigkeiten aus dem zwischen ihnen bestehenden\nPachtverhaltnis im Wege des schiedsrichterlichen Verfahrens und nicht vor\neinem ordentlichen Gericht beigelegt wurden. Demgegenuber sei die Person des\njeweiligen Schiedsrichters fur sie von nachrangiger Bedeutung gewesen. Zu\nberucksichtigen sei auch, daß der Gesetzgeber mit der am 1. 1. 1998 in Kraft\ngetretenen Neuregelung der §§ 1025 ff. ZPO habe erreichen wollen, daß der\nWille der Parteien eines Schiedsgerichtsvertrages, Streitigkeiten vor einem\nSchiedsgericht und nicht vor einem ordentlichen Gericht auszutragen, in\nhoherem Maße verwirklicht werde als unter der zuvor geltenden Fassung der §§\n1025 ff. ZPO. Folge der Aufhebung der Schiedsgerichtsordnung der\nLandwirtschaftskammer sei daher lediglich, daß die Schiedsvereinbarung der\nParteien diesem Umstand anzupassen sei. Die benotigten Schiedsrichter konnten\nentweder gemaß § 1035 Abs. 3 S. 1 ZPO vom staatlichen Gericht oder nach § 1039\nZPO von den Parteien bestellt werden. Ebenso konnten die Parteien ohne\nweiteres vereinbaren, daß sich das Verfahren vor dem zu bildenden\nSchiedsgericht nach der aufgehobenen Schiedsgerichtsordnung der\nLandwirtschaftskammer bestimme. Über die Frage, ob aufgrund der\nSchiedsgerichtsvereinbarung der Parteien die Klage vor einem Schiedsgericht zu\nerheben und der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen sei, habe das\nLandwirtschaftsgericht, nicht aber das Oberlandesgericht zu entscheiden.\n\n14\n\nIm ubrigen sei die von den Klagern erhobene Forderung unbegrundet. Vielmehr\nstehe ihm, dem Beklagten, gegen die Klager eine Forderung von 326.554,55 DM\nzu. Die Klager hatten den ihm, dem Beklagten, zustehenden Kaufpreis aus dem\nVerkauf von Holz in Hohe von 64.705 DM eingezogen. Da er, der Beklagte,\numfangreiche Investitionen in den gepachteten Betrieb vorgenommen habe, stehe\nihm ein Ausgleichsanspruch in Hohe von 275.253,33 DM zu. Zudem habe der Klager\nMobel gekauft und den Kaufpreis von 7.732 DM rechtswidrig von seinem, des\nBeklagten, Girokonto uberwiesen. Wegen der Berechnung dieser Forderungen des\nBeklagten im einzelnen wird auf die diesbezuglichen Ausfuhrungen im\nSchriftsatz der Bevollmachtigten des Beklagten vom 3. 7. 2001 (Bl. 37 - 48 d.\nA.) Bezug genommen. Mit einem erstrangigen Teilbetrag von 179.029,49 DM aus\nder von ihm errechneten Gesamtforderung erklart der Beklagte die\nHilfsaufrechnung gegen die Klageforderung. Zugleich erhebt er fur den Fall,\ndaß der ordentliche Rechtsweg vorliegend eroffnet ist, Widerklage gegen die\nKlager mit dem Antrag, sie zu verurteilen, an ihn 179.029 DM nebst 9,25 %\nZinsen seit dem 21. Januar 2001 zu zahlen.\n\n15\n\nVorab beantragt der Beklagte\n\n16\n\nfestzustellen, daß fur die Entscheidung uber den Klageantrag der ordentliche\nRechtsweg ausgeschlossen ist.\n\n17\n\nDie Klager beantragen,\n\n18\n\ndiesen Antrag zuruckzuweisen.\n\n19\n\nDie Klager tragen vor: Die Aufhebung der Schiedsgerichtsordnung durch die\nLandwirtschaftskammer habe dazu gefuhrt, daß die Schiedsvereinbarung der\nParteien undurchfuhrbar geworden sei. Mit ihrer Vereinbarung, daß ein\nSchiedsgericht gerade der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe uber\nStreitigkeiten aus dem in Rede stehenden Pachtverhaltnis entscheiden solle,\nhatten die Parteien eine abschließende Entscheidung hinsichtlich der\npersonellen Zusammensetzung des zur Entscheidung berufenen Schiedsgerichts und\ndessen Verfahrensweise getroffen. Vorsorge fur den Fall, daß die\nLandwirtschaftskammer ihre Schiedsgerichtsbarkeit ersatzlos aufhebt, hatten\ndie Parteien nicht getroffen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses ihrer\nSchiedsgerichtsvereinbarung im Jahr 1983 hatten sie auch nicht mit einer\nAufhebung dieser Schiedsgerichtsbarkeit rechnen konnen. Unter diesen Umstanden\nhabe die Aufhebung der Schiedsgerichtsordnung der Landwirtschaftskammer zur\nFolge, daß die Schiedsgerichtsvereinbarung der Parteien nicht mehr\ndurchfuhrbar sei.\n\n20\n\nWegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien\ngewechselten Schriftsatze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der\nmundlichen Verhandlung waren.\n\n21\n\nDurch Beschluß vom 2. 8. 2002 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht -\nRahden sein Verfahren bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts uber die\nZulassigkeit des ordentlichen Rechtsweges ausgesetzt.\n\n22\n\nII.\n\n23\n\nDer Feststellungsantrag des Beklagten, fur die Entscheidung uber die\nKlageforderung sei der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen, ist zulassig,\njedoch nicht begrundet.\n\n24\n\nFur die Entscheidung uber den genannten Antrag des Beklagten sind die §§ 1025\nff. ZPO in der seit dem 1. 1. 1998 geltenden Fassung anzuwenden, mithin auch §\n1032 Abs. 2 ZPO in der derzeit maßgeblichen Fassung, obwohl die Parteien ihre\nSchiedsgerichtsvereinbarung vor Inkrafttreten dieser Neufassung getroffen\nhaben. Nach Art. 4 § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des\nSchiedsverfahrensrechts (SchiedsVfG) gilt fur gerichtliche Verfahren, die zum\nZeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhangig sind, das bisherige\nRecht. Daraus ergibt sich, daß in gerichtlichen Verfahren, die nach dem 1. 1.\n1998 anhangig werden, die §§ 1025 ff. ZPO in der seither geltenden Neufassung\nanzuwenden sind (ebenso Munch, in: Munchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2001,\nArt. 4, 5 SchiedsVfG Rz. 5). Art. 4 § 1 Abs. 1 SchiedsVfG, demzufolge sich die\nWirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten dieses\nGesetzes geschlossen worden sind, nach dem bisherigen Recht beurteilt, bezieht\nsich auf die materiell-rechtlichen Vorschriften, die fur Schiedsvereinbarungen\ngelten, nicht aber auf das Verfahrensrecht.\n\n25\n\nGemaß § 1032 Abs. 2 ZPO kann eine Partei bis zur Bildung des Schiedsgerichts\nbei dem staatlichen Gericht einen Antrag auf Feststellung der Zulassigkeit\noder der Unzulassigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens stellen. Da\nvorliegend bislang kein Schiedsgericht gebildet worden ist, ist der\nFeststellungsantrag des Beklagten nach dieser Vorschrift zulassig. Daß der\nZahlungsanspruch der Klager bereits vor dem Amtsgericht -\nLandwirtschaftsgericht - Rahden rechtshangig ist, steht dem nicht entgegen. §\n1032 Abs. 2 ZPO ist nicht zu entnehmen, daß ein Antrag nach dieser Vorschrift\nnur dann zulassig ist, sofern die in Rede stehende Streitigkeit noch nicht\nGegenstand eines Verfahrens vor einem staatlichen Gericht ist. Ein Antrag nach\ndieser Vorschrift ist daher auch dann zulassig, wenn der betreffende Anspruch\nbereits vor einem ordentlichen Gericht rechtshangig ist (ebenso OLG Hamm,\nBeschluß vom 10. 2. 1999, 8 SchH 1/98, Der Betriebs-Berater 1999, Beilage 11).\n\n26\n\nZustandig zur Entscheidung uber den Feststellungsantrag des Beklagten ist\nentgegen der Auffassung des Beklagten nicht das Landwirtschaftsgericht,\nsondern das Oberlandesgericht. Nach § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hat das\nOberlandesgericht uber Feststellungsantrage gemaß § 1032 Abs. 2 ZPO zu\nentscheiden. Die ortliche Zustandigkeit des Senats gemaß § 1062 Abs. 1 ZPO\nsteht vorliegend außer Frage.\n\n27\n\nDer Antrag des Beklagten ist indes nicht begrundet. Die ersatzlose Aufhebung\nder Schiedsgerichtsordnung der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe und der\ndadurch bedingte Wegfall der Schiedsgerichte dieser Korperschaft haben dazu\ngefuhrt, daß die Schiedsgerichtsvereinbarung der Parteien undurchfuhrbar i. S.\ndes § 1032 Abs. 1 ZPO geworden ist. Allerdings fuhrt der Wegfall eines\nSchiedsrichters oder eines institutionellen Schiedsgerichts grundsatzlich\nnicht zur Undurchfuhrbarkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung. Dies ergibt\nsich aus § 1039 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist ein\nErsatzschiedsrichter zu bestellen, wenn das Amt eines Schiedsrichters endet.\nAllerdings konnen die Parteien der Schiedsabrede gemaß § 1039 Abs. 2 ZPO eine\nabweichende Vereinbarung treffen. Deshalb wird eine\nSchiedsgerichtsvereinbarung undurchfuhrbar i. S. des § 1032 Abs. 1 ZPO, wenn\nsich die Parteien in einer Schiedsgerichtsvereinbarung auf eine bestimmte\nPerson als Schiedsrichter oder eine bestimmte Institution als Schiedsgericht\ngeeinigt haben, diese ersatzlos weggefallen ist und die Parteien die\nNeubestellung eines Schiedsrichters bzw. eines Schiedsgerichts ausgeschlossen\nhaben (Munch, in: Munchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 1032 Rz. 4; Zoller-\nGeimer, ZPO, 23. Aufl., § 1039 Rz. 1; im Ergebnis ebenso Schwab/Walter,\nSchiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl., Rz. 8). So liegt es hier. Die Parteien haben\nin ihrer Schiedsgerichtsabrede vom 30. 6. 1983 ausdrucklich vereinbart, daß\nStreitigkeiten aus dem zwischen ihnen bestehenden Pachtverhaltnis von dem\nSchiedsgericht der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe entschieden werden\nsollen. Von der Bestellung eines Ersatz-Schiedsgerichts, insbesondere eines\nParteienschiedsgerichts, ist in der genannten Vereinbarung nicht die Rede. Das\nSchiedsgericht der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe besteht nicht mehr;\ndiese Korperschaft hat ihre Schiedsgerichtsbarkeit durch Beschluß vom 9. 8.\n1999 ersatzlos aufgehoben. Die Parteien haben in ihrer\nSchiedsgerichtsvereinbarung die Bestellung eines Ersatz-Schiedsgerichts,\ninsbesondere eines Parteienschiedsgerichts, konkludent ausgeschlossen. Zum\nZeitpunkt des Abschlusses der Schiedsgerichtsvereinbarung sind sie davon\nausgegangen und konnten sie auch davon ausgehen, daß im Schiedsgericht der\nLandwirtschaftskammer Schiedsrichter amtierten, die uber eine besondere\nSachkunde auf dem Gebiet des Landwirtschaftsrechts verfugten und die\nRechtsprechung dieses Schiedsgerichts eine hohe Qualitat aufwies. Nach § 2 der\naufgehobenen Verfahrensordnung fur Schiedsgerichte der Landwirtschaftskammer\nWestfalen-Lippe entschied das Schiedsgericht durch einen Obmann und zwei\nBeisitzer. Der Obmann wurde gemaß § 3 der genannten Verfahrensordnung vom\nPrasidenten der Landwirtschaftskammer berufen, der Obmann berief - nach\nAnhorung der Parteien - die Beisitzer. Nach diesem Modus konnen Schiedsrichter\nnicht mehr bestellt werden, denn der Prasident der Landwirtschaftskammer\nWestfalen-Lippe beruft seit der Aufhebung der Schiedsgerichtsordnung keine\nObmanner mehr. Die Parteien konnen deshalb nicht darauf vertrauen, daß die\nMitglieder eines ersatzweise bestellten Schiedsgerichts uber dieselbe\nSachkunde und Neutralitat verfugen wie die Mitglieder des ehemaligen\nSchiedsgerichts der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe. Daher konnen die\nParteien auch nicht darauf vertrauen, daß die Rechtsprechung eines ersatzweise\nbestellten Schiedsgerichts, insbesondere die eines Parteienschiedsgerichts,\ndie Qualitat erreicht, die die Rechtsprechung des Schiedsgerichts der\nLandwirtschaftskammer Westfalen-Lippe aufwies. Bereits aufgrund dieser\nUmstande ist davon auszugehen, daß die Parteien die Bestellung eines Ersatz-\nSchiedsgerichts ausgeschlossen haben. Daß es ihrem Willen entsprach, daß\nzwischen ihnen bestehende Rechtsstreitigkeiten von einem Schiedsgericht\nentschieden werden sollen, auf dessen Sachkunde sie nicht ohne weiteres\nvertrauen durfen, ist nicht nachvollziehbar. Entsprechend hat der BGH\nausgefuhrt, daß der Wahl einer bestimmten Organisation, bei der das\nSchiedsgerichtsverfahren durchgefuhrt werden soll, eine herausragende\nBedeutung zukommt, weil die Parteien damit zum Ausdruck bringen, daß sie bei\ndieser Organisation das Vorhandensein der zur Entscheidung der Streitigkeit\nnotwendigen Erfahrung, Fachkunde und Neutralitat voraussetzen. Weiter hat der\nBGH in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der wichtigste\nGesichtspunkt fur die Einigung der Parteien auf eine bestimmte\nSchiedsorganisation darin besteht, wie die Schiedsrichter des zur Entscheidung\nberufenen Spruchkorpers berufen werden. Demgemaß hat der BGH die\nUndurchfuhrbarkeit der Schiedsgerichtsvereinbarung bejaht, wenn - wie hier -\ndurch die Auswahl eines institutionellen Schiedsgerichts Vorentscheidungen\nbezuglich der Zusammensetzung des Spruchkorpers getroffen werden und die\nOrganisation, der das Schiedsgericht angehort, nach Abschluß der\nSchiedsgerichtsvereinbarung aufgelost wird (BGHZ 125, 7, 14). Diese\nAusfuhrungen des BGH treffen auch auf die Schiedsgerichtsvereinbarung der\nParteien zu.\n\n28\n\nDafur, daß die Parteien fur den Fall der Auflosung des Schiedsgerichts der\nLandwirtschaftskammer Westfalen-Lippe die Ersatzbestellung eines anderen\nSchiedsgerichts, insbesondere eines Parteienschiedsgerichts, ausgeschlossen\nhaben, spricht auch, daß sie selbst nicht in der Lage sind, geeignete\nSchiedsrichter zu ermitteln und eine Verfahrensordnung fur das Ersatz-\nSchiedsgericht festzulegen. Da die Schiedsgerichtsordnung der\nLandwirtschaftskammer Westfalen-Lippe vorsah, daß neben dem erstinstanzlichen\nSchiedsgericht ein Oberschiedsgericht als Berufungsgericht amtierte, mußten\ndie Parteien Schiedsrichter sowohl fur das erstinstanzliche Gericht als auch\nfur das Berufungsschiedsgericht ausfindig machen und fur eine Tatigkeit als\nSchiedsrichter gewinnen. Indes sind ihnen Personlichkeiten, die bereit und in\nder Lage sind, fur sie als Schiedsrichter zu fungieren, nicht bekannt. Die\nParteien sind mangels juristischer Kenntnisse auch nicht in der Lage, die\nVerfahrensweise des Schiedsgerichts festzulegen. Insbesondere sind sie\naußerstande, eine Verfahrensordnung fur das Schiedsgericht zu bestimmen. Zur\nVereinbarung einer solchen Verfahrensordnung mußten sich die Parteien in\nweitem Umfang anwaltlicher Hilfe bedienen, ebenso zur Berufung der\nSchiedsrichter. Dadurch wurden erhebliche Kosten entstehen. Einen derartigen\nAufwand und derartige Kosten haben die Parteien anlaßlich des Abschlusses\nihrer Schiedsgerichtsvereinbarung nicht eingehen wollen. Auch deshalb hat der\nSenat keine Zweifel, daß die Parteien seinerzeit konkludent vereinbart haben,\nim Fall des ersatzlosen Wegfalls des Schiedsgerichts der Landwirtschaftskammer\nWestfalen-Lippe solle die Ersatzbestellung eines Schiedsgerichts, insbesondere\neines Parteienschiedsgerichts, ausgeschlossen sein. Ergebnis der Aufhebung der\nSchiedsgerichtsbarkeit der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe ist mithin,\ndaß die Schiedsgerichtsvereinbarung der Parteien vom 30. 6. 1983 gemaß § 1032\nAbs. 1 ZPO undurchfuhrbar geworden und fur Rechtsstreitigkeiten der Parteien\naus dem vormals zwischen ihnen bestehenden Pachtverhaltnis der ordentliche\nRechtsweg eroffnet ist. Der Antrag des Beklagten auf Feststellung der\nUnzulassigkeit dieses Rechtsweges ist mithin unbegrundet und deshalb\nzuruckzuweisen.\n\n29\n\nDie Kostenentscheidung grundet sich auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des\nStreitwerts auf § 3 ZPO. Der Senat hat den Streitwert mit 1/3 des Werts der\nKlageforderung bemessen.\n\n30\n\nZur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung der Einheitlichkeit der\nRechtsprechung hat der Senat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Soweit\nersichtlich, hat der BGH seit der Neufassung der §§ 1025 ff. ZPO keine\nEntscheidung zu der Frage erlassen, ob der Fortfall eines institutionellen\nSchiedsgerichts zur Undurchfuhrbarkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung\nfuhrt, in der die Zustandigkeit dieses Gerichts festgelegt worden ist.\n\n
294,771
fg-munster-2002-12-18-7-k-536100-kg
792
Finanzgericht Münster
fg-munster
Münster
Nordrhein-Westfalen
Finanzgerichtsbarkeit
7 K 5361/00 Kg
2002-12-18
2019-03-12 10:53:37
2020-12-10 12:54:31
Urteil
ECLI:DE:FGMS:2002:1218.7K5361.00KG.00
## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Kosten des Verfahrens werden der Klagerin auferlegt.\n\n \n1\n\n**G r u n d e :**\n\n2\n\nStreitig ist die Gewahrung von Kindergeld an eine Auslanderin fur die Zeit vor\nihrer Anerkennung als Asylberechtigte durch das Verwaltungsgericht.\n\n3\n\nDie aus Syrien stammende Klagerin (Klin.) ist mit ihrer Familie im November\n1989 nach Deutschland eingereist. Durch Urteil des Verwaltungsgerichts X vom\n23.04.1999 ist die Klin. als Asylberechtigte mit Aufenthaltsbefugnis nach § 51\nAbs. 1 Auslandergesetz (AuslG) anerkannt worden. Das Urteil ist rechtskraftig.\n\n4\n\nNach dem der Klin. und ihrer Familie durch das Bundesamt fur die Anerkennung\nauslandischer Fluchtlinge mit Bescheid vom 25.07.1999 die entsprechende\nAufenthaltsbefugnis erteilt worden ist, stellte die Klin. am 25.08.1999 bei\nder beklagten Familienkasse den Antrag, ihr Kindergeld zu gewahren.\n\n5\n\nDer Beklagte (Bekl.) gewahrte darauf der Klin. laufend Kindergeld ab Juli 1999\nfur die Kinder N, geboren ...1984, L, geboren ...1985 und A, geboren ...1987\nin Hohe von monatlich 800 DM. Mit Bescheid vom 17.07.2000 lehnte der Bekl. die\nGewahrung von Kindergeld fur die Zeit vor Juli 1999 ab.\n\n6\n\nHiergegen legte die Klin. Einspruch ein, mit dem sie die Gewahrung von\nKindergeld ab ihrer Einreise nach Deutschland geltend machte.\n\n7\n\nMit Bescheid vom 27.07.2000 anderte der Bekl. die Kindergeldfestsetzung und\ngewahrte zusatzlich Kindergeld fur die genannten 3 Kinder fur die Zeit von\nApril bis Juni 1999.\n\n8\n\nIm Übrigen wies der Bekl. mit seiner Einspruchsentscheidung (EE) vom\n22.08.2000 den Einspruch als unbegrundet zuruck.\n\n9\n\nHiergegen hat die Klin. die vorliegende Klage eingereicht. Mit der Klage\nverfolgt sie ihr Begehren weiter, ihr Kindergeld ab ihrer Einreise nach\nDeutschland im November 1989 zu gewahren. Die Klin. stutzt sich darauf, dass\ndurch das rechtskraftige Urteil des Verwaltungsgerichts X festgestellt worden\nsei, dass bei ihr die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG von Anfang an\nvorgelegen haben. Danach sei ihr Kindergeld auch fur den zuruckliegenden\nZeitraum bis zur Einreise nach Deutschland zu gewahren. Dies ergebe sich aus\nder Regelung in § 55 Abs. 3 AsylVerfG. Außerdem beruft sich die Klin. auf die\nEG-Verordnung Nr. 1408/71 (VO) und eine hierzu ergangene Entscheidung des EUGH\nvom 11.10.2001. Nach Auffassung der Klin. sind die Voraussetzungen nach dieser\nVO erfullt, da sie sich vor der Einreise nach Deutschland etwa eine Woche in\nÖsterreich aufgehalten habe und sie sich daher auf das in der VO enthaltene\neuropaische Diskriminierungsverbot berufen konne. Weiterhin beruft sich die\nKlin. auf die Genfer Fluchtlingskonvention.\n\n10\n\nDie Klin. beantragt,\n\n11\n\nunter Aufhebung des Bescheides vom 17.07.2000 und des Änderungsbescheides vom\n27.07.2000 in der Fassung der EE vom 22.08.2000 den Bekl. zu verpflichten, der\nKlin. Kindergeld fur die Zeit von Januar 1996 bis einschließlich Marz 1999 zu\ngewahren.\n\n12\n\nDer Bekl. beantragt,\n\n13\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n14\n\nNach Ansicht des Bekl. setzt § 62 Abs. 2 EStG bei Auslandern voraus, dass\ndiese im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sind.\n\n15\n\nDaneben bestehe ein Anspruch fur anerkannte Fluchtlinge, Asylberechtigte oder\nsog. Kontigentfluchtlinge nach § 1 des Gesetzes uber Maßnahmen fur die im\nRahmen humanitarer Hilfsaktionen aufgenommenen Fluchtlinge. Die Gleichstellung\nmit deutschen Staatsangehorigen sei davon abhangig, dass unanfechtbar\nfestgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG\nvorlagen. Daraus folge, dass fur die Klin. Anspruch auf Kindergeld erst ab dem\nMonat bestehe, in dem das Verwaltungsgericht das Vorliegen dieser\nVoraussetzungen festgestellt habe.\n\n16\n\nDie Klin. konne sich nicht auf die VO und die hierzu ergangene Entscheidung\ndes EUGH berufen. Die Entscheidung des EUGH habe bestatigt, dass die VO nicht\nauf Personen anwendbar sei, die unmittelbar in die EU aus einem sog.\nDrittstaat eingereist seien und innerhalb der EU nicht gewandert seien. Die\nAnwendbarkeit der VO setze danach voraus, dass der Betreffende neben der\nAnerkennung als Fluchtling die Voraussetzungen fur die Berucksichtigung als\nWanderarbeitnehmer nach EU-Recht erfulle. Dies treffe auf die Klin. nicht zu.\n\n17\n\nAnspruche fur die Zeit vor Juli 1997 auf steuerrechtliches Kindergeld seien\nzudem nach § 52 Abs. 62 EStG nach der hier zu berucksichtigenden\nAusschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG a. F. ausgeschlossen.\n\n18\n\nWegen des Ergebnisses der mundlichen Verhandlung vom 18.12.2002 wird auf die\nSitzungniederschrift Bezug genommen.\n\n19\n\nDer Senat hat die Klage wegen Kindergeld fur die Zeit vor dem 01.01.1996 auf\nAntrag der Klin. abgetrennt und mit Beschluss vom 30.04.2002 an das zustandige\nSozialgericht X verwiesen.\n\n20\n\nIm Übrigen ist die Klage unbegrundet.\n\n21\n\nGemaß § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung hat ein\nAuslander nur Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer\nAufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG) oder Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG)\nist.\n\n22\n\nDer grundsatzliche Ausschluss des Kindergeldanspruches aufenthaltsrechtlich\nnur geduldeter Auslander gilt daneben nicht fur nach der Genfer Konvention\nanerkannte Fluchtlinge und sonstige politisch Verfolgte im Sinne des § 3\nAsylverfahrensgesetzes (AsylVfg) i. V. m. § 51 Abs. 1 AuslG. In diesen Fallen\nist die Kindergeldberechtigung jedoch davon abhangig, dass der betreffende\nAuslander einen entsprechenden Bescheid des Bundesamtes fur die Anerkennung\nauslandischer Fluchtlinge vorlegt, durch den das Vorliegen der in § 51 Abs. 1\nAuslG normierten Voraussetzungen bestandskraftig festgestellt ist (vgl. BFH-\nBeschluss VI B 43/97 vom 14.08.1997, BFH/NV 1998, 169 und DA 62.4.2 Abs. 2,\nBStBl. I 2002, 366).\n\n23\n\nEntgegen der Auffassung der Klin. begrundet die Anerkennung als\nAsylberechtigte keinen Anspruch auf Kindergeld fur die Vergangenheit. Dies\nliegt an der Tatbestandswirkung der auslanderrechtlichen Entscheidung fur den\nAnspruch auf Kindergeld. Denn im Kindergeldverfahren fur Auslander ist das\nAuslanderrecht nicht eigenstandig anzuwenden; weder den Kindergeldbehorden\nnoch den fur das Kindergeld zustandigen Gerichten obliegt ein eigenstandiges\nPrufungsrecht dahingehend, ob der Auslander unter den Schutz der Genfer\nKonvention oder einer anderen auslanderrechtlichen Norm fallt (vgl. Urteil des\nFG Munchen vom 05.12.2001 9 K 5246/00, JURIS-DOC.). Die Klin. kann sich fur\nihre Ansicht auch nicht auf § 55 Abs. 3 AsylVerfG berufen. Wahrend § 55 Abs. 1\nAsylVerfG die Aufenthaltsgestattung fur Asylbewerber regelt, bestimmt Abs. 3\nfur den Fall der Anerkennung als Asylberechtiger, dass die Dauer des\nAufenthaltes nach Abs. 1 angerechnet wird, wenn der Erwerb oder die Ausubung\neines Rechts von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhangt. Die\nRegelung besagt jedoch nicht, dass die Anerkennung als Asylberechtigter selber\nauf den Zeitpunkt der Antragstellung zuruckwirkt. Da jedoch die Anerkennung\nfur die Gewahrung von Kindergeld rechtsbegrundend ist, kommt eine ruckwirkende\nZahlung von Kindergeld nicht in Betracht.\n\n24\n\nEin Kindergeldanspruch ergibt sich auch nicht aus der VO. Dies ist zwischen\nden Beteiligten nicht mehr streitig. Der Vertreter der Klin. hat seine\nbisherige Argumentation in der mundlichen Verhandlung ausdrucklich aufgegeben.\n\n25\n\nDer Senat halt die Regelung des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG fur verfassungsgemaß.\nDer Senat folgt der bisher vom BFH vertretenen Auffassung, die auch von den\nFinanzgerichten uberwiegend geteilt wird (vgl. BFH-Beschlusse in BFH/NV 1998,\n169; BFH/NV 1998, 696 und BFH/NV 1999, 310; FG Munchen vom 05.12.2001 9 K\n5246/00, JURIS-DOC; FG Dusseldorf vom 13.11.2001 18 K 1922/01 Kg, EFG 2002,\n475 m. w. N., FG Munster vom 05.05.2000 11 K 7518/99 Kg, EFG 2002, 1461; FG\nBaden-Wurttemberg vom 22.10.1998 6 K 83/97, JURIS-DOC und FG Rheinland-Pfalz\nvom 05.11.1999 3 K 2396/96, JURIS-DOC).\n\n26\n\nAllerdings hat der BFH im Beschluss VI B 134/00 vom 13.09.2000, BStBl. II\n2001, 108 in einem Verfahren wegen Prozesskostenhilfe ausgefuhrt, dass bei\nsummarischer Prufung entgegen der fruheren Auffassung gegen die\nVerfassungsmaßigkeit des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG Bedenken bestunden. Es\nbedurfe einer eingehenden Prufung im Hauptverfahren, ob die Vorschrift\ninsbesondere mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. Der\nBFH begrundet dies damit, dass inzwischen zahlreiche Verfahren beim Senat\nanhangig seien, in denen Bedenken gegen die Verfassungsmaßigkeit der\nVorschrift vorgetragen wurden. Außerdem seien gewichtige Grunde durch die\nProzessbevollmachtigten des Verfahrens vorgetragen worden, die darauf\nhingewiesen hatten, der Kl. habe auf Grund des Erlasses des niedersachsichen\nInnenministeriums vom 18.10.1990 eine Rechtsstellung erlangt, die der eines\nAuslanders mit Aufenthaltserlaubnis gleichkomme.\n\n27\n\nDer Streitfall unterscheidet sich von dem Fall, den der BFH zum Anlass\ngenommen hat, seine Rechtsauffassung zu andern, dadurch, dass eine\nentsprechende Richtlinie des zustandigen Innenministers nicht vorliegt. Daher\ngreifen im Streitfall die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht in gleichem\nMaße Platz.\n\n28\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.\n\n
296,024
lagk-2002-09-30-2-sa-42202
795
Landesarbeitsgericht Köln
lagk
Nordrhein-Westfalen
Arbeitsgerichtsbarkeit
2 Sa 422/02
2002-09-30
2019-03-12 13:51:54
2020-12-10 12:55:12
Urteil
ECLI:DE:LAGK:2002:0930.2SA422.02.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**E n t s c h e i d u n g s g r u n d e**\n\n2\n\nVon der Darstellung des Tatbestandes wird gemaß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.\n\n3\n\nDie fristgerechte und im ubrigen zulassige Berufung ist unbegrundet. Der\nKlagerin steht kein zivilrechtlicher Anspruch gegenuber der Beklagten,\ninsbesondere kein Anspruch aus § 613 a BGB wegen eines etwaigen\nBetriebsubergangs zu.\n\n4\n\nDie erkennende Kammer tritt insoweit voll umfanglich den erstinstanzlichen\nAusfuhrungen des Arbeitsgerichts Koln bei. Die Beklagte hat durch hoheitliches\nHandeln zur Gefahrenabwehr der Firma R untersagt, das arbeitgeberseitige\nDirektionsrecht auszuuben. Sie hat statt dessen angeordnet, dass dieses zur\nGefahrenabwehr durch Herrn S N ausgeubt werden soll und er hierzu die\nPersonen, die auf der Liste des derzeitigen Personals aufgefuhrt waren,\neinsetzen kann. Durch dieses hoheitliche Handeln wird die Beklagte nicht\nArbeitsvertragspartnerin der Klagerin. Insbesondere geht die\nBetriebsinhaberschaft im Falle des Erlasses einer Ordnungsverfugung auch\ndeshalb nicht auf die Ordnungsbehorde uber, da die offentlich-rechtlichen\nVorschriften, die das Eingreifen der Ordnungsbehorde ermoglichen, kein\nRechtsgeschaft i. S. d. § 613a BGB darstellen.\n\n5\n\nOb die Klagerin fur die Zeit vom 21. bis zum 29.06.2001 einen Anspruch gegen\ndie Beklagte aufgrund Inanspruchnahme als Nichtstorerin gemaß §§ 19, 35 ff.\nOBG NW hat, kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, da die\nKlarung dieser Frage in die ausschließliche Zustandigkeit der\nVerwaltungsgerichte fallt.\n\n6\n\nIm ubrigen wird die Klagerin, um die Fuhrung unnotiger Arbeitsgerichtsprozesse\nzu vermeiden, bereits darauf hingewiesen, dass fur fehlende Vergutung, die ihr\nArbeitsvertragspartner vor Insolvenzeroffnung (01.08.2001) schuldet, der\nAnspruchsubergang aus § 187 Abs. 3 SGB III zu beachten ist und dass fur die\nVergutung, die nach Insolvenzeroffnung geschuldet ist (und wegen des Wegfalls\nder Lohnfortzahlungsverpflichtung aufgrund langanhaltender Erkrankung nur bis\nzum 10.08. geschuldet ist) nicht die Anmeldung als Insolvenzforderung, sondern\ndie Geltendmachung als Masseforderung richtig ist.\n\n7\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.\n\n8\n\nR e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g\n\n9\n\nDie Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung der Angelegenheit nicht\nzugelassen.\n\n10\n\n(Olesch) (Bierhoff) (Schnelle)\n\n
296,136
ovgnrw-2002-09-20-5-e-502
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
5 E 5/02
2002-09-20
2019-03-12 13:54:49
2020-12-10 12:55:29
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2002:0920.5E5.02.00
## Tenor\n\nDer Antrag des Antragsgegners, festzustellen, dass die Durchsuchungsanordnung\nim Beschluss des Verwaltungsgerichts Dusseldorf vom 11\\. Dezember 2001\nrechtswidrig gewesen ist, wird abgelehnt.\n\nDie Beschwerde des Antragsgegners gegen die Beschlagnahmeanordnung in dem\ngenannten Beschluss wird zuruckgewiesen.\n\nDer Antragsgegner tragt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.\n\nDer Streitwert fur das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nDer Antragsgegner wendet sich gegen eine im Rahmen vereinsrechtlicher\nErmittlungsverfahren erlassene verwaltungsgerichtliche Durchsuchungs- und\nBeschlagnahmeanordnung.\n\n4\n\nMit Blick auf das erwartete Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des\nVereinsgesetzes und der damit bewirkten Streichung des Privilegs der\nReligionsgemeinschaften beabsichtigte das Bundesministerium des Innern (BMI)\nzum Ende des Jahres 2001 den Erlass einer sofort vollziehbaren\nVerbotsverfugung gegenuber dem sog. "Kalifatstaat" (Hilafet Devleti) sowie\ngegenuber 17 Teilorganisationen und der inlandischen Teilorganisation\n"Stichting Dienaar aan Islam" der gleichnamigen, in den Niederlanden\nregistrierten Stiftung.\n\n5\n\nUnter dem 6. Dezember 2001 ersuchte das BMI das Innenministerium des Landes\nNordrhein-Westfalen (IM NRW), die Verbotsverfugung am 12. Dezember 2001 um\n6.00 Uhr zuzustellen und um 6.15 Uhr mit dem Vollzug der Verbotsverfugung und\nder Beschlagnahme gegenuber den in einer dem Ersuchen beigefugten Anlage 1\n(Nr. 1 - 24) aufgefuhrten Personen und Organisationen zu beginnen. Daruber\nhinaus ersuchte das BMI das IM NRW gemaß § 4 Abs. 1 VereinsG um weiterfuhrende\nErmittlungen, sofern sich hierfur wahrend des Vollzugs ein Anlass ergebe.\n\n6\n\nEbenfalls unter dem 6. Dezember 2001 teilte das BMI dem IM NRW in einem\nweiteren Schreiben mit, die in der beigefugten Anlage 1 zu diesem Schreiben\naufgefuhrten Vereinigungen seien verdachtig, Teilorganisationen des\n"Kalifatstaats" zu sein. Das BMI habe gegen sie ein Ermittlungsverfahren nach\n§ 4 VereinsG eingeleitet und ersuche das IM NRW, die Vereins- und Privatraume\nder in der Anlage 1 aufgefuhrten Personen und Organisationen (Nr. 1 - 46 der\nAnlage 1) mit dem Ziel zu durchsuchen, Beweismaterial, das fur ein Verbot\ndieser Organisationen geeignet sei, sicherzustellen. Am 8. Dezember 2001 trat\ndas Erste Gesetz zur Änderung des Vereinsgesetzes in Kraft (Art. 2 des\nÄnderungsgesetzes vom 4. Dezember 2001, BGBl. I S. 3319).\n\n7\n\nAm 10. Dezember 2001 beantragte die Antragstellerin unter Hinweis auf das\nvereinsrechtliche Verbotsverfahren den Erlass eines gegen den Antragsgegner\ngerichteten Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses. Zur Begrundung trug\nsie vor, der " ", dessen Vorsitzender der Antragsgegner sei, stehe im\nVerdacht, eine Teilorganisation des verbotenen Vereins "Kalifatstaat" zu sein.\nEs gelte, in der Wohnung des Antragsgegners Beweismaterial sicherzustellen,\ndas die Verbindung des Vereins " " zum "Kalifatstaat" dokumentiere.\n\n8\n\nMit Beschluss vom 11. Dezember 2001 ordnete das Verwaltungsgericht die\nDurchsuchung der Wohnung des Antragsgegners an zum Zwecke der Beschlagnahme\nvon Beweismaterial, das die Verbindung des Vereins " " zu dem verbotenen\nVerein "Kalifatstaat" dokumentiert und fur ein Verbot des Antragsgegners\ngeeignet ist. Auf der Grundlage dieses Beschlusses wurde in den Morgenstunden\ndes 12. Dezember 2001 die Wohnung des Antragsgegners durchsucht. Dabei wurden\nzahlreiche Gegenstande beschlagnahmt.\n\n9\n\nAm 19. Dezember 2001 hat der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss des\nVerwaltungsgerichts eingelegt. Zur Begrundung fuhrt er aus, dass Anhaltspunkte\ndafur, dass der Verein " " als Teilorganisation des "Kalifatstaats" anzusehen\nsei, der Verbotsverfugung des BMI vom 8. Dezember 2001 nicht zu entnehmen\nseien. Daruber hinaus seien die beschlagnahmefahigen Beweismittel nicht\nkonkret bezeichnet worden. In dem Beschluss seien den Verein " " betreffende\nVerbotsgrunde nicht benannt. Ebenso mangele es an einer Begrundung, warum von\nder vorherigen Anhorung abgesehen worden sei; entsprechendes gelte fur\nErwagungen zur Verhaltnismaßigkeit. Auch fehle die Unterschrift des Richters,\nder den Beschluss erlassen habe. Es konne nicht nachvollzogen werden, weshalb\ndas gesamte Inventar beschlagnahmt worden sei; dies spreche dafur, dass es\nsich nicht um eine Ermittlungsmaßnahme, sondern um den - rechtswidrigen -\nVollzug der Verbotsverfugung gegenuber dem Verein " " gehandelt habe.\n\n10\n\nDer Antragsgegner beantragt - sinngemaß -,\n\n11\n\n1\\. festzustellen, dass die Durchsuchungsanordnung im Beschluss des\nVerwaltungsgerichts Dusseldorf vom 11\\. Dezember 2001 rechtswidrig gewesen\nist,\n\n12\n\n2\\. die Beschlagnahmeanordnung aufzuheben.\n\n13\n\nDie Antragstellerin beantragt,\n\n14\n\ndie Beschwerde zuruckzuweisen.\n\n15\n\nZur Begrundung tragt sie vor, der Verdacht, dass es sich bei dem Verein " " um\neine Teilorganisation des "Kalifatstaats" handelt, habe sich auf Grund der\nDurchsuchung bestatigt. Die Maßnahme sei auch nicht unverhaltnismaßig.\nHinsichtlich der Ruckgabe der nachweislich privaten Gegenstande, die nicht\nrelevant fur eine Untersuchung i.S.d. § 4 Abs. 2 VereinsG seien, werde sie\nsich umgehend mit dem Antragsgegner in Verbindung setzen.\n\n16\n\nII.\n\n17\n\nDie Beschwerde des Antragsgegners ist gemaß § 88 VwGO hinsichtlich der bereits\nvollzogenen Durchsuchungsanordnung als Antrag auf Feststellung der\nRechtswidrigkeit dieser Anordnung (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog)\nauszulegen,\n\n18\n\nvgl. BVerfG, Senatsbeschluss vom 30. April 1997 \\- 2 BvR 817/90, 728/92, 802\nu. 1065/95 -, BVerfGE 96, 27 (41), Kammerbeschluss vom 15. Juli 1998 \\- 2 BvR\n446/98 -, NJW 1999, 273 f.; VGH Bad.- Wurtt., Beschluss vom 14. Mai 2002 - 1 S\n10/02 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 3. Marz 1994 - 4 M 142/93 -,\nInfAuslR 1994, 210 ff.;\n\n19\n\nhinsichtlich der Beschlagnahmeanordnung verfolgt sie deren Aufhebung.\n\n20\n\nDie mit diesem Inhalt zulassige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die\nDurchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung des Verwaltungsgerichts vom 11\\.\nDezember 2001 ist rechtmaßig.\n\n21\n\nRechtsgrundlage fur diese Anordnung ist § 4 Abs. 4 VereinsG i.V.m. §§ 94 ff.\nStPO. Die hiernach erforderlichen Voraussetzungen fur die getroffenen\nErmittlungsmaßnahmen waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der\nDurchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung\n\n22\n\n\\- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. August 1994 - 5 E 59/94 -, NWVBl. 1995, 69;\nBeschluss vom 29\\. August 1994 - 5 E 859/94 -, DÖV 1995, 339 f.; Beschluss vom\n29. Juni 1993 - 5 E 83/93 -\n\n23\n\ngegeben.\n\n24\n\nVon einer Anhorung des Antragsgegners vor dem Erlass des Beschlusses konnte\ndas Verwaltungsgericht zu Recht absehen, weil bei einer vorherigen Anhorung\ndamit zu rechnen gewesen ware, dass Beweismittel beiseite geschafft oder\nvernichtet worden waren.\n\n25\n\nVgl. Hess.VGH, Beschluss vom 16. Februar 1993 - 11 TJ 185 u. 186/93 -, NJW\n1993, 2826 f., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1988 - 1 A\n89.83 -, BVerwGE 80, 299 (303).\n\n26\n\nGemaß § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG kann die Durchsuchung der Raume des Vereins\nsowie der Raume, der Sachen und der Person eines Mitglieds oder Hintermannes\ndes Vereins angeordnet werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafur bestehen,\ndass eine Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln i.S.d. § 4 Abs. 4 Satz\n1 VereinsG fuhren wird.\n\n27\n\nHinreichende Anhaltspunkte in diesem Sinn lagen im maßgeblichen Zeitpunkt vor.\nSo wurden die Raume in der , dem Sitz des Vereins " ", sowohl durch diesen\nselbst als auch durch den Verein "Islamischer Verein e.V.", eine mit der\nVerfugung des BMI vom 8. Dezember 2001 verbotene Teilorganisation des\n"Kalifatstaats", gemeinsam und ohne raumliche Trennung voneinander genutzt.\nDie auf dem Vereinsgelande betriebene Moschee wurde ebenfalls von den\nMitgliedern des Antragsgegners und der verbotenen Teilorganisation genutzt.\nDer Imam der Moschee hatte seinen amtlichen Wohnsitz in , , dem Hauptsitz des\nverbotenen "Kalifatstaats". Diese enge Verzahnung des Vereins " " mit der\nverbotenen Teilorganisation des "Kalifatstaats" begrundete trotz ggf. anders\nlautender Bekundungen in der Vereinssatzung des Vereins " " hinreichende\nkonkrete Anhaltspunkte fur die Annahme, dass der in den Nrn. 22 und 23 der\nAnlage 1 zum Ermittlungsersuchen des BMI vom 6. Dezember 2001 namentlich\nbezeichnete Verein " " ebenfalls eine Teilorganisation des Kalifatstaats ist\nund dass die angeordnete Durchsuchung bei dem Antragsgegner, dem Vorsitzenden\ndieses Vereins, zur Auffindung von Beweismitteln fuhren werde, die gemaß § 4\nAbs. 4 Satz 1 VereinsG i.V.m. §§ 94, 99 ff. StPO fur diejenigen\nvereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren von Bedeutung sein konnen, die gegen\ndie bereits verbotenen Organisationen und gegen die noch nicht verbotenen, als\nTeilorganisationen des Kalifatstaates jedoch verdachtigten Organisationen\ngefuhrt werden.\n\n28\n\nEntgegen der Auffassung des Antragsgegners war eine konkrete Bezeichnung der\nbeschlagnahmefahigen Beweismittel in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts\nnicht erforderlich. Fur strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist anerkannt,\ndass unter dem Aspekt der Verhaltnismaßigkeit Beweismittel dann ihrem Inhalt\nnach zu kennzeichnen sind, wenn solche Kennzeichnungen - und sei es auch nur\nannaherungsweise, etwa in Form beispielhafter Angaben - moglich und den\nZwecken der Strafverfolgung nicht abtraglich sind.\n\n29\n\nVgl. BVerfG, Senatsbeschluss vom 26. Mai 1976 \\- 2 BvR 294/76 -, BVerfGE 42,\n212 (220).\n\n30\n\nOb diese Anforderungen auf vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren, die nicht\nan einen begrenzten individuellen Tatvorwurf anknupfen, sondern der Aufklarung\nder mit der vereinsrechtlichen Organisationsform begrundeten besonderen\nGefahrenlage dienen,\n\n31\n\nvgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1988, a.a.O.,\n\n32\n\ngenerell ubertragen werden konnen, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls war\nim vorliegenden Fall nach den genannten Maßstaben ein Absehen von einer\nweitergehenden Kennzeichnung der beschlagnahmefahigen Beweismittel\ngerechtfertigt. Vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren, die - wie hier - der\nVorbereitung bzw. Untermauerung des Verbots eines gegen die verfassungsmaßige\nOrdnung gerichteten Vereins und seiner Teilorganisationen dienen, erfordern\nregelmaßig die Moglichkeit eines umfassenden Zugriffs auf samtliche potenziell\ngeeignete Beweismittel. Eine nahere - auch nur schlagwortartige - Bestimmung\nund Aufzahlung aller in derartigen Fallen in Betracht zu ziehenden\nBeweismittel uber die ohnehin geltende Evidenzgrenze hinaus,\n\n33\n\nvgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 25. August 1994, a.a.O.,\n\n34\n\nist im Sinne der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts\nnicht moglich. Bei einer Beschrankung auf die in den zu durchsuchenden Raumen\nvermuteten Beweismittel ware der sofortige Zugriff auf andere potenziell\ngeeignete Beweismittel von dem Beschluss nicht mehr gedeckt, was dem Zweck des\nvereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens zuwiderliefe.\n\n35\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2002 - 5 E 112/02 -.\n\n36\n\nEbenso wenig war es geboten, in dem angefochtenen Beschluss etwaige den\nAntragsgegner betreffende Verbotsgrunde im Einzelnen zu bezeichnen. § 4 Abs. 1\nVereinsG verlangt fur die Einleitung eines vereinsrechtlichen\nErmittlungsverfahrens einen konkreten, auf bestimmte Tatsachen gestutzten\nVerdacht, dass der Verein, gegen den sich das Ermittlungsverfahren richten\nsoll, eine nach Art. 9 Abs. 2 GG oder § 3 VereinsG verbotene Tatigkeit oder\nZielsetzung verfolgt,\n\n37\n\nvgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 1994 - 5 E 24/94 -, Beschluss vom 25.\nAugust 1994, a.a.O.,\n\n38\n\nohne eine daruber hinausgehende schriftliche Fixierung dieser Tatsachen in dem\nBeschluss zu fordern; entsprechendes gilt fur die hinreichenden Anhaltspunkte\nnach § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG.\n\n39\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2002 - 5 E 111/02 -.\n\n40\n\nEine eigenhandige Unterzeichung des dem Antragsgegner bekannt gemachten\nGerichtsbeschlusses durch den Richter war ebenfalls nicht erforderlich. Der\nangefochtene Beschluss tragt in der Urschrift die Unterschrift des Richters,\nder den Beschluss erlassen hat. Weder das Vereinsgesetz noch die in § 4\nVereinsG in Bezug genommenen Regelungen der Strafprozessordnung oder die\nBestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung erfordern uber die - hier durch\ndie Übergabe einer Ausfertigung erfolgte - Bekanntmachung des Beschlusses\nhinaus die Aushandigung eines Beschlussexemplars mit der handschriftlichen\nUnterschrift des den Beschluss erlassenden Richters.\n\n41\n\nDer Beschluss des Verwaltungsgerichts ist auch nicht unverhaltnismaßig. Die\nmit der vereinsrechtlichen Organisationsform begrundete besondere\nGefahrenlage,\n\n42\n\nvgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1988, a.a.O.,\n\n43\n\nrechtfertigt regelmaßig die mit den Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen des § 4\nAbs. 4 VereinsG verbundenen Eingriffe in die geschutzten Rechtsguter der\nhiervon Betroffenen. Dafur, dass von der Anordnung der Maßnahmen wegen der\nSchwere der damit fur den Antragsgegner verbundenen Beeintrachtigungen und des\nBestehens anderer Erkenntnismoglichkeiten abzusehen war,\n\n44\n\nvgl. BVerfG, Teilurteil vom 5. August 1966 \\- 1 BvR 586/62, 610/63 und 512/64\n-, BVerfGE 20, 162 ff. (187, 198 ff.),\n\n45\n\nist nichts ersichtlich.\n\n46\n\nSoweit bei der Durchsuchung Gegenstande beschlagnahmt worden sein sollten,\ndenen die potenzielle Beweiseignung offensichtlich fehlt, betrifft dies\nlediglich die Art und Weise des Vollzuges, nicht aber die Rechtmaßigkeit des\nangefochtenen Beschlusses, der die Durchsuchung und Beschlagnahme auf\npotenziell geeignete Beweismittel beschrankt.\n\n47\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung\nberuht auf §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.\n\n48\n\nDieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).\n\n
296,154
fg-koln-2002-09-19-10-k-890797
791
Finanzgericht Köln
fg-koln
Köln
Nordrhein-Westfalen
Finanzgerichtsbarkeit
10 K 8907/97
2002-09-19
2019-03-12 13:55:17
2020-12-10 12:55:31
Urteil
ECLI:DE:FGK:2002:0919.10K8907.97.00
## Tenor\n\nAnmerkung: Die Klage wurde abgewiesen.\n\n \n1\n\n**Tatbestand:**\n\n2\n\nDie Beteiligten streiten uber die Abziehbarkeit von Zahlungen als dauernde\nLast, die der Klager in den Streitjahren an seine Mutter (M) geleistet hat.\n\n3\n\nDer Vater des Klagers war Eigentumer des Grundstucks A in B. Er verstarb im\nAugust 1987. Alleinerbin war M. Mit notariellem Grundstucksubertragungsvertrag\nvom 17. Mai 1988, der von M, dem Klager und seinen beiden Schwestern\nunterzeichnet wurde, ubertrug M dem Klager zum 1. Juni 1988 das Eigentum am\nGrundstuck A. Der Klager verpflichtete sich im Gegenzug, an M eine\nlebenslangliche Rente in Hohe von monatlich 1.500 DM zu zahlen. Der\nRentenbetrag sollte sich Jahr fur Jahr, erstmalig zum 1. Januar 1989 um funf\nv.H. erhohen und durch die Eintragung einer Reallast auf dem ubertragenen\nGrundstuck dinglich abgesichert werden. Die Eintragung der Reallast wurde\ngleichzeitig mit der Grundstucksubertragung bewilligt. Des Weiteren wurde\nzwischen den Beteiligten vereinbart, dass der Klager nicht verpflichtet sein\nsollte, seinen Schwestern die Zuwendung des Grundstucks beim Todesfall der\nMutter auszugleichen. Der verbleibende Nachlass sollte vielmehr zu gleichen\nTeilen zwischen den Geschwistern aufgeteilt werden. Der Barwert der Rente nach\ndem BewG betrug unstreitig 176.200 DM.\n\n4\n\nIm Anschluss an die Grundstucksubertragung wurden die Anspruche aus dem\nnotariellen Vertrag durch die Eintragung einer Grundschuld in Hohe von 290.000\nDM abgesichert. Der Klager und M schlossen fur den an M uberlassenen Wohnraum\neinen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit ab. Der Klager fuhrte sodann die\nerforderlichen Reparaturen an Dach, Heizung und Fenstern aus und wandte dafur\nca. 36.000 DM auf. In den Folgejahren wurden weitere Reparaturen ausgefuhrt,\ndie zu Wertverbesserungen am Grundstuck fuhrten.\n\n5\n\nEntgegen der notariellen Vereinbarung zahlte der Klager auch in den\nStreitjahren monatlich nur jeweils 1.500 DM an M.\n\n6\n\nIn den Einkommensteuererklarungen der Streitjahren erklarte der Klager die von\nihm vereinnahmten Mieten fur das Erdgeschoss und fur die uberlassene Wohnung\nim\n\n7\n\n2\\. OG als Einkunfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Zahlungen an M machte\nder Klager in voller Hohe als Sonderausgaben (dauernde Last) geltend.\nAbsetzungen fur Abnutzung (AfA) wurden in den Steuererklarungen der Jahre 1990\nbis 1992, 1996 und 1997 nicht geltend gemacht, weil der Klager von einer\nunentgeltlichen Vermogensubertragung ausging. Lediglich im Jahr 1993 wurden\nAfA von 4.396 DM angesetzt.\n\n8\n\nDer Beklagte sah die Zahlungen in den angefochtenen Bescheiden als Rente an\nund berucksichtigte jeweils nur Sonderausgaben in Hohe des Ertragsanteils\n(4.320 DM entsprechend 24 v.H.).\n\n9\n\nMit dem Einspruch begehrte der Klager den Abzug als dauernde Last. Im Zuge des\nEinspruchsverfahrens wies der Beklagte den Klager mit Schreiben vom 26. August\n1997 unter Hinweis auf § 367 Abs. 2 AO 1977 darauf hin, die an die Mutter\ngeleisteten Zahlungen seien nichtabziehbar, weil es an der tatsachlichen\nDurchfuhrung des Vertrags mit M fehle. Der Klager hielt gleichwohl an seinem\nEinspruch fest.\n\n10\n\nEntsprechend dem Verboserungshinweis wurde der Abzug der an M in den\nStreitjahren geleisteten Zahlungen im der Einspruchsentscheidung vom 27.\nOktober 1997 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 15. Juli 1992 X R 165/90\n(BFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020) vollstandig versagt. Denn die\nvertraglichen Vereinbarungen seien nicht konsequent umgesetzt worden, sodass\ndie an M geleisteten Zahlungen als steuerlich unbeachtliche Zuwendungen\nanzusehen seien.\n\n11\n\nDer Klager macht geltend, das Haus habe im Übertragungszeitpunkt einen\nReparaturstau aufgewiesen. Dach, Heizung und Fenster hatten saniert werden\nmussen. Die Beteiligten hatten dem Grundstuck im Übertragungszeitpunkt daher\neinen Verkehrswert von ca. 270.000 DM beigemessen. M habe außer dem\nubertragenen Grundstuck kein eigenes Vermogen besessen. Eigenes Einkommen habe\nsie nur aus der teilweisen Vermietung des Grundstucks und einer geringen\nWitwenrente gehabt. Bei dem Grundstuck handle es sich daher um\nexistenzsicherndes Vermogen, das im Wege der vorweggenommene Erbfolge\nubertragen worden sei. Dabei sei von einer Versorgung der M unter angemessener\nBerucksichtigung ihrer Lebensbedurfnisse ausgegangen worden. Es habe sich\ndaher um eine unentgeltliche Vermogensubertragung und nicht um einen\nAnschaffungsvorgang gehandelt. Dementsprechend seien in den Steuererklarungen\nder Streitjahre auch keine Absetzungen fur Abnutzung geltend gemacht worden.\n\n12\n\nBei den an M geleisteten Zahlungen habe es sich entgegen der Ansicht des\nBeklagten nicht um eine Rente sondern um eine dauernde Last gehandelt. Zwar\nfehle in dem notariellen Vertrag die ausdruckliche Bezugnahme auf § 323 ZPO,\ndie Abanderbarkeit der vereinbarten Leistungen ergebe sich jedoch aus dem\nVertragsinhalt. Nach dem BFH-Urteil vom 11. Marz 1992 X R 141/88 (BFHE 166,\n564, DStR 1992, 645) seien Versorgungsleistungen in einem Altenteilsvertrag\noder in einem vergleichbaren Vertrag (im Streitfall Übertragung eines\nWohnhauses gegen eine Versorgungsrente) regelmaßig als abanderbar anzusehen,\nauch wenn keine ausdruckliche Änderungsklausel vorhanden sei.\n\n13\n\nNach der Übertragung des Grundstucks sei vereinbart worden, die vertraglichen\nRentenerhohungen nicht durchzufuhren. Die in dem Haus von M bewohnte Wohnung\nsei ihr mietweise uberlassen gewesen. Im Gegenzug fur den Verzicht auf die\nRentenanpassung habe der Klager trotz der am Grundstuck vorgenommenen\nVerbesserungen auf Mieterhohungen verzichtet. Aus diesem Grunde seien die\nZahlungen auch als dauernde Last geltend gemacht worden. Denn Leistung und\nGegenleistung sollten sich gleichwertig gegenuberstehen und nicht nur reinen\nVersorgungscharakter haben.\n\n14\n\nDer Klager beantragt, die Einkommensteuerbescheide 1990 vom 5. August 1992,\n1991 vom 8. Oktober 1993, 1992 vom 2. November 1994 und 1993 vom 6. Oktober\n1995, jeweils in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 1997 dahin zu\nandern, dass die an M in den Streitjahren geleisteten Zahlungen in Hohe von\njeweils 18.000 DM als Sonderausgaben (dauernde Last) berucksichtigt werden.\n\n15\n\nDer Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.\n\n16\n\nEr meint zur Änderung der notariellen Rentenvereinbarung hatte es eines\nerneuten notariellen Vertrags und einer entsprechenden Änderung der\neingetragenen Reallast bedurft. Dies sei jedoch nicht geschehen. Im Übrigen\nhalt der Beklagte unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 18. Dezember 1991 XI R\n2/88 (BFH/NV 1992, 382) daran fest, dass es sich bei den an M geleisteten\nZahlungen nicht um eine dauernde Last, sondern um eine Rente gehandelt habe.\nDa der Barwert der Rente (ca. 175.000 DM) dem Verkehrswert des Grundstucks im\nÜbergabezeitpunkt (270.000 DM) bei Weitem nicht entsprochen habe, es sich also\num eine unentgeltliche Vermogensubertragung gehandelt habe, konnten AfA\nlediglich in der Hohe berucksichtigt werden, in der sie auch dem\nRechtsvorganger zugestanden hatten. Der Klager habe seine Mitwirkungspflichten\nverletzt, weil er keine Angaben uber die dem Vater zustehenden AfA gemacht\nhabe. Deshalb konne kein AfA-Betrag angesetzt werden.\n\n17\n\n**Entscheidungsgr unde**\n\n18\n\nDie Klage ist unbegrundet. Die vom Klager geltend gemachten Zahlungen waren\nnicht als Sonderausgaben in Form einer dauernden Last zu berucksichtigen, weil\nder Vermogensubertragungsvertrag tatsachlich nicht wie vereinbart durchgefuhrt\nworden ist.\n\n19\n\n1\\. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgrunden\nberuhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkunften in\nZusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs.\n1 Nr. 1 a EStG). Dauernde Lasten sind in vollem Umfang abziehbar (§ 10 Abs. 1\nNr. 1 a Satz 1 EStG). Leibrenten konnen --nach naherer Maßgabe des § 10 Abs. 1\nNr. 1 a Satz 2 EStG-- nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus\nder in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG aufgefuhrten Ertragswerttabelle\nergibt.\n\n20\n\n2\\. Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Lasten sind\nVersorgungsleistungen (Geld, Natural- und Sachleistungen, insbesondere\nAltenteilsleistungen), die in sachlichem Zusammenhang mit einem\nVermogensubergabevertrag vereinbart worden sind, auch wenn es an einer\nausdrucklichen Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) fehlt. Wird\nin einem Vertrag existenzsicherndes Vermogen (im Wege der vorweggenommenen\nErbfolge) gegen die Zusage von Versorgungsleistungen ubertragen, handelt es\nsich um einen Versorgungsvertrag, der dem in einigen Landesrechten geregelten\nAltenteilsvertrag zumindest vergleichbar ist. Aus der zivil- und\nsteuerrechtlichen Rechtsnatur der Versorgungsleistungen als vorbehaltene\nVermogensertrage folgt, dass die wirtschaftlichen Risiken des Vertrags nicht\nein fur allemal unabanderlich nach den im ursprunglichen Vertrag festgelegten\nBedingungen verteilt sind, sondern dass die Versorgungsleistungen im Regelfall\nabanderbar sind. Ein solcher Vertrag entspricht dem Typus des\n"Versorgungsvertrags"/"Altenteilsvertrags", bei dem die wiederkehrenden\nLeistungen aufgrund der Zuordnung des Gesetzgebers in der Regel als dauernde\nLast abziehbar sind (BFH-Urteil vom 15. Juli 1992 X R 165/90, BFHE 168, 561,\nBStBl II 1992, 1020 fur einen unter Beteiligung der Geschwister des\nSteuerpflichtigen geschlossenen Vermogensubergabe- und Erbverzichtsvertrag\ngegen Zahlung einer wertgesicherten lebenslangen Rente an die Eltern; BFH-\nUrteile vom 25. August 1999 X R 94/98, BFH/NV 2000, 418, vom 28. Juni 2000 X R\n48/98, BFH/NV 2000, 1468, vom\n\n21\n\n11\\. Marz 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499, jeweils unter\nHinweis auf BFH-Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, 328,\nBStBl II 1990, 847; zusammenfassend ferner BFH-Urteil vom 27. August 1997 X R\n54/94, BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813).\n\n22\n\n3\\. Im Streitfall kann offen bleiben, ob die Übertragung des Hausgrundstucks,\ndas vom Klager und der Übergeberin (M) selbst bewohnt wird, dem Typus des\nVersorgungsvertrags zugeordnet werden konnte. Es handelt sich bereits deshalb\nnicht um eine steuerrechtlich privilegierte Vermogensubertragung, die entgegen\nden Wertungen des § 12 Nr. 1 und 2 EStG zum Abzug der Aufwendungen als\nSonderausgaben (dauernde Last) berechtigt, weil die Leistungen des Klagers\nnicht wie vereinbart erbracht wurden; der Abzug der Aufwendungen als\nSonderausgaben ist deshalb ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteile vom 24. Marz 1993\nX R 4/92, BFH/NV 1993, 717; vom 31. August 1994 X R 115/92, BFH/NV 1995, 498).\n\n23\n\na) Die steuerliche Anerkennung eines Übergabevertrags unter nahen Angehorigen\nerfordert zunachst, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten im\nÜbergabevertrag klar und eindeutig vereinbart sind. Der rechtliche\nMindestbestand der den Vertragstypus pragenden Rechtsfolgen muss klar\nfestgelegt sein. Denn mit der Bestimmung der Versorgungsleistungen nach Art\nund Hohe legen die Beteiligten eine wesentliche Grundlage fur eine dem\nRechtstypus gemaße bedarfs- bzw. leistungsabhangige Abanderbarkeit der\nVersorgungsleistungen. Nur wenn der Vertrag diese wesentlichen Bestandteile\nenthalt, ist er burgerlich-rechtlich als Versorgungsvertrag zu beurteilen. Die\nklaren und ernsthaft gewollten Vereinbarungen mussen zu Beginn des\nmaßgeblichen Rechtsverhaltnisses oder - bei einer Änderung der Verhaltnisse -\nfur die Zukunft getroffen werden; ruckwirkende Vereinbarungen sind\nsteuerrechtlich nicht anzuerkennen (BFH-Urteil vom 15. Juli 1992 X R 165/90,\nBFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020; ferner BFH-Urteile vom 25. August 1999 X R\n94/98, BFH/NV 2000, 418; vom 28. Juni 2000 X R 48/98, BFH/NV 2000, 1468\nbetreffend den Eintritt in eine KG; vom 24. Marz 1993 X R 4/92, BFH/NV 1993,\n717 betreffend die Übertragung von Gesellschaftsanteilen; vom 31. August 1994\nX R 79/92, BFH/NV 1995, 382; vom 15. Juli 1992 X R 165/90, BFHE 168, 561, 565,\nBStBl II 1992, 1020; vom 24. Marz 1993 X R 4/92, BFH/NV 1993, 717; ferner BFH-\nBeschluss vom 1. April 1998 X R 198/97, BFH/NV 1998, 1467).\n\n24\n\nb) Des Weiteren erfordert die Anerkennung eines Übergabevertrags unter nahen\nAngehorigen, dass die vertraglich geschuldeten Leistungen tatsachlich\nvereinbarungsgemaß erbracht werden. Denn nach den allgemeinen\nsteuerrechtlichen Grundsatzen uber Vertrage zwischen nahen Angehorigen steht\nes den Vertragspartnern nicht frei, ob und in welchem Umfang sie ihren\nVertragspflichten nachkommen wollen (BFH-Urteile vom 15. Juli 1992 X R 165/90,\nBFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020; vom\n\n25\n\n25\\. August 1999 X R 94/98, BFH/NV 2000, 418; vom 14. Juli 1993 X R 54/91,\nBFHE 172, 324, BStBl II 1994, 19; vom 24. Marz 1993 X R 4/92, BFH/NV 1993,\n717; vom 31. August 1994 X R 79/92, BFH/NV 1995, 382).\n\n26\n\nc) Obwohl mit dem Übergabevertrag gegen Versorgungsleistungen typischerweise\ngegenlaufige Interessen von Übergeber und Übernehmer des Vermogens\nausgeglichen werden, kann auf die Anwendung dieser Grundsatze nicht verzichtet\nwerden. Denn solche Vertrage werden in der Regel nur zwischen nahestehenden\nPersonen abgeschlossen. Da die steuerliche Anerkennung eines\nVermogensubertragungsvertrags nicht davon abhangt, ob der Übergeber fur seine\nVersorgung auf die zugesagten Versorgungsleistungen angewiesen ist, kann nicht\nausgeschlossen werden, dass der durch gegenlaufige Interessen gewahrleistete\nMechanismus eines vertragsgemaßen Interessenausgleichs deswegen nicht wirkt,\nweil die Vertragspartner aus personlichen Interessen an einer korrekten\nDurchfuhrung des Vertrages nicht interessiert sind. Steuerrechtliche Folgen\nkonnen daher nur anerkannt werden, wenn die Parteien den Vertrag nachprufbar\ndurchfuhren (BFH-Urteile vom 25. August 1999 X R 94/98, BFH/NV 2000, 418; vom\n15. Juli 1992 X R 165/90, BFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020; vom 24. Marz\n1993 X R 4/92, BFH/NV 1993, 717).\n\n27\n\nd) Die tatsachliche Durchfuhrung des Vertrags setzt u.a. voraus, dass der\nÜbernehmer des Vermogens die Versorgungsleistungen tatsachlich erbringt und\ndass der Übergeber uber die ihm zugeflossenen Einnahmen auch tatsachlich\nverfugen kann. Werden vertraglich geschuldete Betrage nicht zum\nFalligkeitszeitpunkt ausgezahlt, sondern beim Verpflichteten ,,stehengelassen"\noder sonst verrechnet, schließt dies die steuerliche Anerkennung zwar nicht\nvon vornherein aus. Zur steuerlichen Anerkennung ist in einem solchen Fall\nallerdings erforderlich, dass ein wie unter Fremden ublicher Vertrag die\nAbanderung eindeutig regelt. Fur die Annahme ,konkludenter Vertragsanderungen"\nbesteht im Regelfall kein Raum (vgl. BFH-Urteile vom 24. Marz 1993 X R 4/92,\nBFH/NV 1993, 717, vom 31. August 1994 X R 115/92, BFH/NV 1995, 498, jeweils\nm.w.N.).\n\n28\n\ne) Im Streitfall wurde der Vermogensubertragungsvertrag nach diesen\nGrundsatzen nicht wie vertraglich vereinbart durchgefuhrt. Die\nInstandhaltungsaufwendungen und der angebliche Verzicht auf Mieterhohungen\ngegenuber M rechtfertigen es nicht, eine konkludente Vertragsanderung\nanzunehmen und die vertraglich vereinbarte Steigerungsklausel zu ignorieren.\nAus den Angaben des Klagers zum Grundstuckswert im Übertragungszeitpunkt, zum\nReparaturstau und aus der Beseitigung des Reparaturstaus im unmittelbaren\nAnschluss an die Vermogensubertragung ergibt sich, dass die\nInstandhaltungsaufwendungen des Klagers keine Reaktion auf eine "geanderte"\nBedarfslage sind. Dementsprechend hat der BFH entschieden, dass\nInstandhaltungsaufwendungen - auch wenn sie tatsachlich die Altenteilswohnung\nbetreffen - nicht zuletzt wegen des offenkundigen Interesses des Eigentumers\nan Modernisierungsmaßnahmen nur als dauernde Last abziehbar sind, wenn sich\nder Übernehmer hierzu im Übergabevertrag eindeutig und klar gegenuber dem\nÜbergeber verpflichtet hat (BFH-Urteile vom 25. August 1999 X R 94/98, BFH/NV\n2000, 418; vom 25. Marz 1992 X R 196/87, BFHE 167, 408, BStBl II 1992, 1012).\n\n29\n\n4\\. Zu Recht hat der Beklagte schließlich auch die Berucksichtigung von AfA\nabgelehnt. Da es sich um eine unentgeltliche Vermogensubertragung und nicht um\neinen Anschaffungsvorgang handelte, konnten AfA lediglich in der Hohe\nberucksichtigt werden, in der sie auch dem Rechtsvorganger zugestanden hatten.\nDa der Beklagte keine Hinweise darauf hatte, ob und in welcher Hohe den\nRechtsvorgangern des Klagers noch AfA zustanden und der Klager trotz Hinweises\ndes Beklagten keine Angaben dazu gemacht hat, konnten keine AfA-Betrage\nberucksichtigt werden.\n\n30\n\n5\\. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.\n\n
296,181
olgk-2002-09-18-5-u-8601
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
5 U 86/01
2002-09-18
2019-03-12 13:56:01
2020-12-10 12:55:35
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2002:0918.5U86.01.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**Entscheidungsgr unde**\n\n2\n\nDie zulassige Berufung des Beklagten hat in der Sache zum Teil Erfolg.\n\n3\n\nDer Klager ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren\nnicht verpflichtet, die Aufwendungen, die der Beklagte ihm fur die\nUnterkieferprothetik in Rechnung gestellt hat, zu zahlen. Insoweit war die\nBehandlung durch den Beklagten fehlerhaft und fur den Klager wertlos, so dass\ner die Zahlung verweigern kann. Nach den uberzeugenden Ausfuhrungen der\nSachverstandigen Dr. R. hat der Beklagte die Unterkieferprothetik nicht\npassgenau gefertigt; dies hat auch der Sachverstandige Dr. F. bei seiner\nUntersuchung der Prothetik so festgestellt. Die von Anfang an fehlende\nPassgenauigkeit erklart auch den weiteren Behandlungsverlauf mit zahlreichen\nNachbesserungsversuche und die schließlich aufgetretene Problematik\n(Zahnfraktur 43, Lockerung Innenteleskop 33, andauernde\nDruckstellenproblematik) nachvollziehbar. Zudem waren, wie die Sachverstandige\nDr. R. bei ihrer Anhorung vor dem Senat naher erlautert hat, die temporaren\nUnterfutterungsmaßnahmen (Viscogel) mit einer Woche zu lang. Es trat eine zu\nstarke Friktion in den Teleskopkronen ein. Der Prothesensattel lag nicht\nrichtig auf, er federte. Dies fuhrte zu ungleichmaßiger Belastung und damit\nletztlich zur Lockerung der Kronen. Es ware Aufgabe des Beklagten - bzw.\nseiner Mitarbeiterin - gewesen, die Friktion vor dem definitiven Einsetzen\nabzubauen. Nachdem allerdings massive Folgeschaden aufgetreten sind, ist eine\nNachbesserung nicht mehr moglich, sondern es musste eine Neuversorgung\nstattfinden. Nach diesen uberzeugenden Ausfuhrungen der Sachverstandigen Dr.\nR. ist der Klager nicht verpflichtet, die Aufwendungen fur die\nUnterkieferprothetik zu zahlen.\n\n4\n\nHingegen steht nach den Ausfuhrungen der Sachverstandigen Dr. R. nicht mit der\nfur eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit fest, dass auch die\nOberkieferprothetik fehlerhaft war. Eine eigene Überprufung war der\nSachverstandigen nicht moglich, da der Zahnersatz inzwischen vom Nachbehandler\nDr. G. verandert worden war. Zwar habe - so die Sachverstandige Dr. R. - Dr.\nF. bei seiner Untersuchung des Klagers festgestellt, dass die Prothese bei\nBelastung kippe. Der Grund hierfur sei indes von Dr. F. nicht angegeben\nworden, so dass in der Ruckschau auch jetzt nicht sicher gesagt werden konne,\nob insoweit eine fehlerhafte Behandlung durch den Beklagten vorgelegen habe.\nAuch der aufgetretene Sprung der Prothese sei nicht notwendig auf eine\nFehlbehandlung durch den Beklagten zuruckzufuhren. Eine Armierung der\nProthese, um einen Bruch zu verhindern, habe der Beklagte nicht schon von\nvornherein vornehmen mussen. Dies alles hat die Sachverstandige Dr. R. sowohl\nin ihrem schriftlichen Gutachten als auch bei ihrer Anhorung vor dem Senat\nnachvollziehbar und uberzeugend dargelegt; der Senat folgt ihren Ausfuhrungen.\n\n5\n\nDie Aufwendungen fur den Oberkiefer, die der Klager mithin zu zahlen hat,\nbemisst der Senat entsprechend den Angaben der auch hierzu befragten\nSachverstandigen Dr. R. mit rund 1.350,- EUR. Die Sachverstandige hat die\nKosten uberschlagig ermittelt und nachvollziehbar dargelegt. Soweit der\nBeklagte nach Schluss der mundlichen Verhandlung auf der Grundlage einer erst\njetzt vorgelegten Laborrechnung einen Betrag von 3.182,12 DM errechnet hat,\nsieht der Senat keinen zureichenden Anlass, nochmals in eine Beweiserhebung\neinzutreten. Der Beklagte hatte ausreichend Gelegenheit, bis zur mundlichen\nVerhandlung die entsprechenden Unterlagen vorzulegen. Dies ist nicht\ngeschehen. Es hat deshalb bei der Kostenberechnung durch die Sachverstandige\nDr. R. zu verbleiben.\n\n6\n\nDie insoweit zur Überzeugung des Senats feststehende Fehlbehandlung des\nUnterkiefers durch den Beklagten rechtfertigt ein Schmerzensgeld von 500,-\nEUR. Insoweit ist zwar zu berucksichtigen, dass der Klager sich nicht nur\nzahlreichen Nachbesserungsversuchen, sondern letztlich auch einer\nNeuversorgung unterziehen musste. Andererseits zeigt der Umstand, dass der\nKlager erst nach rund 8 Monaten wieder zu einem Zahnarzt gegangen ist, dass\nseine Beschwerden, soweit sie von der Unterkieferprothese herruhrten, nicht\nsonderlich gross waren; dies hat die Sachverstandige Dr. R. nachvollziehbar\ndamit erklart, dass der Patient die Veranderungen im Unterkieferbereich\nzunachst nicht registriert. Auch unter Berucksichtigung der Notwendigkeit der\nExtraktion der Zahnstumpfe 43 und 33 erscheint dem Senat ein Schmerzensgeld\nvon 500,- EUR ausreichend.\n\n7\n\nDa - auch wenn der Klager inzwischen im Unterkiefer neu versorgt worden ist -\nmogliche Folgeschaden nicht sicher ausgeschlossen werden konnen, ist auch der\nFeststellungsantrag begrundet.\n\n8\n\nDie prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713\nZPO.\n\n9\n\nDie Voraussetzungen fur die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO n.F.\nliegen nicht vor.\n\n10\n\nBerufungsstreitwert: 12.249,06 EUR\n\n
296,230
ovgnrw-2002-09-13-19-a-537000
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
19 A 5370/00
2002-09-13
2019-03-12 13:57:25
2020-12-10 12:55:42
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2002:0913.19A5370.00.00
## Tenor\n\nDas angefochtene Urteil wird geandert.\n\nDer Beklagte wird verpflichtet, den Klagern einen Ausweis uber ihre\nRechtsstellung als Deutsche auszustellen.\n\nDer Beklagte tragt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.\n\nDer Beschluss ist wegen der Kosten vorlaufig vollstreckbar.\n\nDer Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder\nHinterlegung in Hohe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die\nKlager vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Hohe leisten.\n\nDie Revision wird zugelassen.\n\nDer Streitwert wird fur das Verfahren zweiter Instanz auf (48.000 DM : 1,95583\n=) 24.504,42 EUR festgesetzt.\n\n \n1\n\nGrunde:\n\n2\n\nWegen des Sach- und Streitstandes bis zum Erlass des angefochtenen Urteils\nwird entsprechend § 130 b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen\nUrteils Bezug genommen. Der Senat macht sich die dort enthaltenen\nFeststellungen in vollem Umfang zu Eigen.\n\n3\n\nDas Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen\nund zur Begrundung ausgefuhrt: Die Klager seien nicht Deutsche im Sinne des\nArt. 116 Abs. 1 GG. Mit der Erteilung des Aufnahmebescheides des\nBundesverwaltungsamtes vom 21. Marz 1994 hatten sie zwar in Deutschland\nAufnahme gefunden. Allein die Einreise mit einem Aufnahmebescheid begrunde\njedoch nicht die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG.\nDanach musse die Aufnahme als Fluchtling oder Vertriebener deutscher\nVolkszugehorigkeit erfolgt sein. Diese Voraussetzungen seien in Bezug auf die\nKlager nicht erfullt. Unbeschadet der Frage, ob mit der Ablehnung der\nbeantragten Ausstellung einer Spataussiedlerbescheinigung auch fur das\nvorliegende staatsangehorigkeitsrechtliche Verfahren mit bindender Wirkung\nentschieden sei, dass die Klager nicht deutsche Staatsangehorige seien, sei\nder Klager zu 1. auf Grund seiner unzureichenden Kenntnisse der deutschen\nSprache nicht deutscher Volkszugehorigkeit. Auch die Klager zu 2. und 3.\nhatten bei Verlassen des Vertreibungsgebietes nicht uber hinreichende\nDeutschkenntnisse verfugt. Die Klager konnten die Rechtsstellung als Deutsche\nzudem nicht von den Eltern des Klagers zu 1. herleiten. Zwischen ihrer\nEigenschaft als Abkommlinge der Eltern des Klagers zu 1. und ihrer Aufnahme in\nDeutschland bestehe keine Kausalitat. Der Aufnahmebescheid sei auf Grund der\nim Aufnahmeverfahren angenommenen eigenen deutschen Volkszugehorigkeit des\nKlagers zu 1. und nicht wegen der Eigenschaft der Klager als Abkommlinge\nerteilt worden. Daruber hinaus bestehe auch kein enger zeitlicher Zusammenhang\nzwischen der Aufnahme der Klager und der Aufnahme der Eltern des Klagers zu 1.\n\n4\n\nDie Berufung der Klager ist mit Beschluss vom 16. Mai 2001 zugelassen worden.\nZur Begrundung ihrer Berufung tragen die Klager vor: Sie hatten schon mit\nErteilung des Aufnahmebescheides den Status als Deutsche im Sinne des Art. 116\nAbs. 1 GG erworben. Insoweit komme es nicht darauf an, dass im Verfahren auf\nAusstellung einer Spataussiedlerbescheinigung die deutsche Volkszugehorigkeit\ndes Klagers zu 1. verneint worden sei. Unabhangig davon hatten sie auch als\nAbkommlinge Vertriebener deutscher Volkszugehorigkeit Aufnahme im Bundesgebiet\ngefunden. Art. 116 Abs. 1 GG setze insoweit allein voraus, dass die\nVoraussetzungen als Abkommling Vertriebener deutscher Volkszugehorigkeit bei\nder Aufnahme erfullt seien. Das sei der Fall. Der Begriff Abkommling\nbeschranke sich auch nicht auf die erste Generation. Schließlich komme es nach\nArt. 116 Abs. 1 GG nicht darauf, dass sie nicht im engen zeitlichen\nZusammenhang mit der Ausreise der Eltern des Klagers zu 1. in das Bundesgebiet\neingereist seien.\n\n5\n\nDie Klager beantragen,\n\n6\n\ndas angefochtene Urteil zu andern und nach dem Klageantrag zu erkennen.\n\n7\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n8\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n9\n\nEr tragt vor: Der Regelungsgehalt des Aufnahmebescheides erschopfe sich in der\nAufnahme. Die im Aufnahmeverfahren getroffenen Feststellungen zum\nSpataussiedlerstatus seien nicht bindend, weil im Aufnahmeverfahren nur eine\nvorlaufige Prufung erfolge. Mit der Ablehnung der Spataussiedlerbescheinigung\nhabe der Aufnahmebescheid seine Wirkung verloren.\n\n10\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der\nBeteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und die\nbeigezogenen Verwaltungsvorgange Bezug genommen.\n\n11\n\nII.\n\n12\n\nDer Senat entscheidet uber die Berufung durch Beschluss gemaß § 130 a Satz 1\nVwGO, weil er sie einstimmig fur begrundet und eine mundliche Verhandlung\nnicht fur erforderlich halt. Die Beteiligten sind gemaß § 130 a Satz 2 iVm §\n125 Abs. 2 Satz 3 VwGO gehort worden. Ihrer Zustimmung zu der Entscheidung\ndurch Beschluss gemaß § 130 a Satz 1 VwGO bedarf es nicht.\n\n13\n\nDie zugelassene und auch im Übrigen zulassige Berufung ist begrundet. Das\nVerwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.\n\n14\n\nDie Klage ist als Feststellungsklage im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO zulassig.\n\n15\n\nDas Bestehen der Rechtsstellung als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG\nist ein der Feststellung nach § 43 Abs. 1 VwGO zugangliches Rechtsverhaltnis.\nDie Klager haben auch wegen der Vielzahl der von dieser Rechtsstellung\nabhangigen Wirkungen ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO\nan der baldigen Feststellung gegenuber dem Beklagten, weil dieser als\nzustandige Staatsangehorigkeitsbehorde den geltend gemachten Rechtsstatus nach\nArt. 116 Abs. 1 GG bestreitet.\n\n16\n\nDie Subsidiaritatsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO steht der Zulassigkeit der\nFeststellungsklage nicht entgegen. Die Klager sind nicht darauf verwiesen, die\nvon ihnen erstrebte Klarung ihrer Rechtsstellung als Deutsche im Sinne des\nArt. 116 Abs. 1 GG durch Klage auf Erteilung eines Ausweises uber die\nRechtsstellung als Deutsche herbeizufuhren. Die Feststellungsklage fuhrt\nnamlich zu einer umfassenderen Bindung der Beteiligten, weil bei dieser Klage\nanders als bei einer Leistungsklage auf Ausstellung eines\nStaatsangehorigkeitsausweises die von den Klagern begehrte Klarung ihrer\nRechtsstellung als Deutsche nicht eine (bloße) Vorfrage, sondern selbst den\nder Rechtskraft (§ 121 VwGO) zuganglichen Gegenstand des Rechtsstreits bildet.\n\n17\n\nVgl. auch BVerwG, Urteile vom 21. Mai 1985 - 1 C 12.84 -, Buchholz 130, § 25\nRuStAG, Nr. 5, S. 9 (11), und vom 23. Februar 1993 - 1 C 16.87 -, NVwZ 1993,\n781 (782); OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2002 - 19 A 199/91 -.\n\n18\n\nDie Feststellungsklage ist auch begrundet. Die Klager sind Deutsche ohne\ndeutsche Staatsangehorigkeit im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG.\n\n19\n\nSie haben zwar nicht im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG als Fluchtlinge oder\nVertriebene deutscher Volkszugehorigkeit Aufnahme gefunden. Dem steht\njedenfalls entgegen, dass auf Grund der unanfechtbaren Versagung einer\nSpataussiedlerbescheinigung an den Klager zu 1., fur den allein eine deutsche\nVolkszugehorigkeit geltend gemacht worden ist, mit bindender Wirkung auch fur\ndas vorliegende staatsangehorigkeitsrechtliche Verfahren feststeht, dass er\nnicht deutscher Volkszugehoriger ist.\n\n20\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2001 - 1 C 26.00 -, DVBl 2002, 50 (52).\n\n21\n\nDie Klager sind jedoch Deutsche ohne deutsche Staatsangehorigkeit, weil sie im\nSinne des Art. 116 Abs. 1 GG als Abkommlinge von Vertriebenen deutscher\nVolkszugehorigkeit in Deutschland Aufnahme gefunden haben.\n\n22\n\nDie Klager sind Abkommlinge Vertriebener deutscher Volkszugehoriger, weil die\nEltern des Klagers zu 1. als Vertriebene deutscher Volkszugehorigkeit\nanerkannt sind und der Begriff Abkommling im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG\nnicht nur die eigenen Kinder des Fluchtlings oder Vertriebenen deutscher\nVolkszugehorigkeit, sondern jedenfalls auch die ehelichen Kindeskinder\numfasst.\n\n23\n\nVgl. auch Kanein/Renner, Staatsangehorigkeitsrecht, 3. Auflage 2001, Art. 116\nGG, Rdn 86; Masing, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, 4.\nAuflage, 2000, Art. 116, Rdn 130; von Munch/Kunig, Grundgesetz- Kommentar, 3.\nAuflage, 1996, Art. 116, Rdn 46, m. w. N.\n\n24\n\nFur diese - dem § 1924 BGB entsprechende - weite Auslegung des Begriffs\nAbkommling spricht sowohl der Wortlaut des Art. 116 Abs. 1 GG, der keine\nEinschrankung enthalt, als auch Sinn und Zweck dieser Bestimmung. Mit der die\nDeutschen ohne deutsche Staatsangehorigkeit betreffenden Regelung in Art. 116\nAbs. 1 GG soll das auf Grund der Folgen des 2. Weltkrieges ungewisse\nstaatsangehorigkeitsrechtliche Schicksal vertriebener Volksdeutscher\neinschließlich ihrer Familienangehorigen, die mit ihnen im Gebiet des\nDeutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden\nhaben, aufgefangen werden, indem ihnen familieneinheitlich ein angemessener,\nihre Eingliederung ermoglichender Status verschafft wird, der sie den\ndeutschen Staatsangehorigen weitgehend gleichstellt und sie zu einem Teil des\ndeutschen Staatsvolkes macht.\n\n25\n\nVgl. nur BVerwG, Urteil vom 12. Mai 1992 - 1 C 54.89 -, NVwZ 1993, 273 (273);\nOVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2002 - 19 A 199/01 -.\n\n26\n\nKonnten allein die eigenen (ehelichen) Kinder Vertriebener deutscher\nVolkszugehorigkeit die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1\nGG mit ihrer Aufnahme in Deutschland erwerben, so wurde der genannte Zweck des\nArt. 116 Abs. 1 GG jedenfalls in Fallen der vorliegenden Art verfehlt, in\ndenen ein Kind Vertriebener deutscher Volkszugehoriger, hier der Klager zu 1.,\nmit seinen minderjahrigen (ehelichen) Kindern in dem Konflikt zwischen\nVerbleib im Herkunftsland und familiarer Verbindung zu seinen im Bundesgebiet\nlebenden Eltern,\n\n27\n\nvgl. zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 12. Mai 1992 - 1 C 37.90 -,\nNVwZ-RR 1993, 105 (106),\n\n28\n\nsteht. Es liegt auf der Hand, dass er regelmaßig nicht ohne seine\nminderjahrigen Kinder um Aufnahme in Deutschland nachsuchen wird, um die\nfamiliare Einheit zwischen ihm und seinen vertriebenen Eltern bzw. Großeltern\nseiner Kinder wiederherzustellen.\n\n29\n\nDie Klager haben auch im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme in Deutschland\ngefunden.\n\n30\n\nAufnahmefinden im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG setzt voraus, dass der\nBetroffene mit dem Zuzug einen standigen Aufenthalt im Bundesgebiet erstrebt\nund diesen auf Grund eines Tatigwerdens oder sonstigen Verhaltens der Behorden\nmit deren Billigung in Deutschland genommen hat.\n\n31\n\nBVerwG, Beschluss vom 12. November 1997 - 9 B 597.97 -, und Urteil vom 12. Mai\n1992 - 1 C 54.89 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2002 - 19 A\n199/01 -.\n\n32\n\nEine solche Aufnahme des Betroffenen erfolgt nach Einfuhrung des\nAufnahmeverfahrens durch Art. 1 des Gesetzes zur Regelung des\nAufnahmeverfahrens fur Aussiedler (Aussiedleraufnahmegesetz) vom 28. Juni\n1990, BGBl I S. 1247, durch die Erteilung eines Aufnahmebescheides nach §§ 26,\n27 BVFG, wobei dahinstehen kann, ob dies der einzige Weg ist, Aufnahme im\nSinne des Art. 16 Abs. 1 GG zu finden.\n\n33\n\nBVerwG, Beschluss vom 29. April 1997 - 9 C 4.96 -; OVG NRW, Beschluss vom 3.\nJuli 2002 - 19 A 199/01 -; VGH Baden-Wurttemberg, Urteil vom 27. Januar 1999 -\n13 S 1616/96 -, DVBl 1999, 1216 (1216 f.).\n\n34\n\nDanach haben die Klager Aufnahme im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG gefunden. Sie\nsind nach Erteilung des Aufnahmebescheides vom 21. Marz 1994 am 27. Dezember\n1997 erkennbar in der Absicht, ihren standigen Aufenthalt in Deutschland zu\nnehmen, in das Bundesgebiet eingereist. Diese Absicht der Klager wird auch vom\nBeklagten nicht in Zweifel gezogen.\n\n35\n\nDie Klager haben daruber hinaus im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG als Abkommling\nVertriebener deutscher Volkszugehorigkeit, namlich als Abkommlinge der seit\nJuli 1990 in Deutschland lebenden und als Vertriebene anerkannten Eltern des\nKlagers zu 1., Aufnahme gefunden.\n\n36\n\nVoraussetzung fur die Aufnahme als Abkommling eines vertriebenen\nVolksdeutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist grundsatzlich, dass die mit\nbehordlicher Zustimmung erfolgte Begrundung des dauernden Aufenthalts durch\nden Abkommling im Hinblick darauf erfolgte, dass der Vertriebene deutscher\nVolkszugehorigkeit ebenfalls seinen dauernden Aufenthalt in Deutschland\ngenommen hat. Dieser Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn die familiare\nVerbundenheit den wesentlichen Grund fur die Aufnahme des Abkommlings bildet,\nsie also aus Grunden der familiaren Einheit erfolgt.\n\n37\n\nBVerwG, Urteil vom 12. Mai 1992 - 1 C 54.89 -, a. a. O., S. 273 f.; OVG NRW,\nBeschluss vom 3. Juli 2002 - 19 A 199/01 -.\n\n38\n\nDaran fehlt es hier insoweit, als die Klager zwar durch Erteilung des\nAufnahmebescheides mit behordlicher Zustimmung Aufnahme gefunden haben und\ntatsachlich aus Grunden der familiaren Einheit in das Bundesgebiet eingereist\nsind, die behordliche Zustimmung, also der Aufnahmebescheid, aber nicht zum\nInhalt hat, die Klager in ihrer Eigenschaft als Abkommlinge der als\nVertriebene anerkannten Eltern des Klagers zu 1\\. aufzunehmen.\n\n39\n\nDer enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Einreise der Eltern des Klagers\nzu 1. im Juli 1990 und der Stellung des Aufnahmeantrags vom 26. August 1991\nspricht dafur, dass die Klager die Aufnahme in Deutschland zum Zwecke der\nFamilienzusammenfuhrung erstrebten. Nach den Angaben im Aufnahmeantrag sollte\nauch die Wohnsitznahme in L. erfolgen mit der Begrundung, "weil hier die\nEltern sind". Damit ist die angestrebte Familienzusammenfuhrung zumindest\nschlussig auch im Aufnahmeverfahren fur das Bundesverwaltungsamt erkennbar zum\nAusdruck gebracht worden.\n\n40\n\nAllerdings ist den Klagern zu diesem Zweck der Aufnahmebescheid nicht erteilt\nworden. Vielmehr heißt es in dem Aufnahmebescheid, der Klager zu 1. erfulle\ndie Voraussetzungen "fur die Aufnahme als Spataussiedler". Damit ist dem\nKlager zu 1. der Aufnahmebescheid vom 7. Oktober 1994, in den die Klager zu 2.\nbis 4. - und die im staatsangehorigkeitsrechtlichen Verfahren nicht beteiligte\nEhefrau des Klagers zu 1. - gemaß § 27 Abs. 1 Satz 2 des\nBundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai 1953, BGBl I S. 201, in der bei\nErteilung des Aufnahmebescheides maßgebenden Fassung des Gesetzes vom 26. Mai\n1994, BGBl I S. 1014, (im Folgenden: BVFG) einbezogen worden sind, wegen\nseiner eigenen im Aufnahmeverfahren angenommenen deutschen Volkszugehorigkeit\nund damit aus eigenem Recht, nicht aber wegen seiner Eigenschaft als\nAbkommling Vertriebener deutscher Volkszugehorigkeit erteilt worden. Dies\nsteht jedoch der Annahme einer Aufnahme der Klager als Abkommlinge\nVertriebener deutscher Volkszugehoriger im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG nicht\nentgegen. Bei Abkommlingen Vertriebener deutscher Volkszugehorigkeit, die -\nwie hier - nach der Einfuhrung des Aufnahmeverfahrens durch Art 1 des am 1.\nJuli 1990 in Kraft getretenen Aussiedleraufnahmegesetzes mit einem\nAufnahmebescheid in das Bundesgebiet eingereist sind und deren Bezugsperson -\nhier die Eltern des Klagers zu 1. - nicht als Spataussiedler, sondern als\nVertriebene Aufnahme gefunden haben, genugt es, dass das Bundesverwaltungsamt\nals die fur die Erteilung des Aufnahmebescheides zustandige Behorde der\nAufnahme des Abkommlings mit Erteilung des Aufnahmebescheides zugestimmt hat\nund der aufgenommene Abkommling objektiv-rechtlich - also unabhangig von einem\ndarauf gerichteten Behordenwillen bei seiner Aufnahme - als Abkommling eines\nVertriebenen deutscher Volkszugehorigkeit Aufnahme gefunden hat.\n\n41\n\nOffen gelassen BVerwG, Beschlusse vom 17. August 1999 - 1 B 47/99 -, juris,\nund vom 17. Juli 1998 - 1 B 68.98 -; a. A. VGH Baden-Wurttemberg, Urteile vom\n4. Marz 1999 - 13 S 313/97 -, juris, vom 4. Marz 1999 - 13 S 1228/96 -, juris\n= DVBl 1999, 1231 f. (nur Leitsatze), und vom 27. Januar 1999 - 13 S 1616/96\n-, a. a. O., 1217; vgl. auch fur Falle, in denen den Abkommlingen eine\nÜbernahmegenehmigung erteilt worden ist: OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2002 -\n19 A 199/01 -.\n\n42\n\nAndernfalls ware der Zweck des Art. 116 Abs. 1 GG, den vertriebenen\nVolksdeutschen einschließlich ihrer Familienangehorigen familieneinheitlich\neinen angemessenen ihre Eingliederung ermoglichenden Status zu verschaffen,\nnicht hinreichend gewahrt und wurde die in Art. 116 Abs. 1 GG fur Abkommlinge\nvertriebener Volksdeutscher vorgesehene Moglichkeit des Erwerbs der deutschen\nStaatsangehorigkeit durch Aufnahmefinden gerade fur diese Personengruppe\nweitgehend leer laufen. Nach der Einfuhrung des Aufnahmeverfahrens durch das\nAussiedleraufnahmegesetz kann namlich ein Abkommling im Sinne des Art. 116\nAbs. 1 GG, der einen Aufnahmeantrag stellt, nur als Spataussiedler, nicht aber\nals Abkommling vertriebener Volksdeutscher Aufnahme finden. Die Frage, ob er\nAbkommling vertriebener Volksdeutscher ist, ist nicht Gegenstand der Prufung\nim Aufnahmeverfahren und damit auch nicht - sei es im positiven oder negativen\nSinne - Regelungsinhalt des den Klagern erteilten Aufnahmebescheides. Vor\ndiesem Hintergrund ist mit Blick auf Art. 116 Abs. 1 GG und auch sonst kein\nrechtfertigender Grund dafur ersichtlich, dem Abkommling vertriebener\nVolksdeutscher, der einen Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides\ngestellt hat und seine Absicht, zur (Wieder-) Herstellung der familiaren\nEinheit Aufnahme in Deutschland zu finden, fur das Bundesverwaltungsamt\nerkennbar in dem Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides zum Ausdruck\ngebracht hat, und der auch objektiv aus diesen familiaren Grunden eingereist\nist, nachdem ihm antragsgemaß der Aufnahmebescheid, der einen Aufnahmeakt im\nSinne des Art. 116 Abs. 1 GG darstellt, erteilt worden ist, dessen Eigenschaft\nals Spataussiedler aber in dem dem Aufnahmeverfahren nachfolgenden Verfahren\nauf Ausstellung einer Spataussiedlerbescheinigung bestandskraftig verneint\nworden ist, den Status als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG nur\ndeshalb zu versagen, weil es an der behordlichen Zustimmung zur\nAufenthaltsnahme "als Abkommling" vertriebener Volksdeutscher fehlt, die im\nAufnahmeverfahren weder beantragt noch erteilt werden konnte. Dass die\nErteilung einer solchen Zustimmung im Aufnahmeverfahren nicht vorgesehen ist,\nergibt sich aus folgenden Überlegungen:\n\n43\n\nNach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit\nWohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Verlassen dieser\nGebiete die Voraussetzungen als Spataussiedler (§ 4 BVFG) erfullen. Der\nEhegatte und die Abkommlinge von Personen im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG\nwerden gemaß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in den Aufnahmebescheid einbezogen,\nsoweit sie selbst die Voraussetzungen des § 4 BVFG nicht erfullen.\n\n44\n\nAus diesen Bestimmungen folgt, dass - folgerichtig - im Aufnahmeverfahren der\nKlager und der Ehefrau des Klagers zu 1. allein gepruft worden ist, ob der\nKlager zu 1. nach Verlassen seines Heimatstaates bei vorlaufiger Prufung,\n\n45\n\nvgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 5 C 10/01 -, NVwZ-RR, 387 (387) -,\n\n46\n\ndie Voraussetzungen als Spataussiedler gemaß § 4 Abs. 1 BVFG erfullt sowie\nseine Ehefrau und Kinder, fur die im Aufnahmeverfahren keine deutsche\nVolkszugehorigkeit geltend gemacht worden ist, gemaß § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG\nin den Aufnahmebescheid einbezogen werden konnen. Unerheblich war und ist\ndemgegenuber die Eigenschaft der Klager als Abkommlinge der Eltern des Klagers\nzu 1. Hierauf kam es schon deshalb nicht an, weil das Vorliegen der\nVoraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satze 1 und 2 BVFG wegen der im\nAufnahmeverfahren angenommenen deutschen Volkszugehorigkeit des Klagers zu 1.\nbejaht worden ist und dementsprechend eine weiter gehende\nvertriebenenrechtliche Prufung entbehrlich war. Daruber hinaus war die\nEigenschaft der Klager als Abkommlinge Vertriebener deutscher Volkszugehoriger\nrechtlich ohne Belang, weil bei Ehegatten und Abkommlingen, die die\nVoraussetzungen des § 4 BVFG nicht erfullen, nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG\nallein die Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid moglich ist. Ein solcher\nAufnahmebescheid ist den Eltern des Klagers zu 1. aber nicht erteilt worden.\nAus diesem Grund war im Aufnahmeverfahren von vornherein eine Einbeziehung der\nKlager in die Rechte der Eltern des Klagers zu 1. als Vertriebene aus\nRechtsgrunden nicht moglich. Eine andere als die in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG\nvorgesehene Aufnahme von Ehegatten und Abkommlingen, die nicht Spataussiedler\nim Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG sind, ist seit dem am 1\\. Januar 1993 erfolgten\nInkrafttreten des Gesetzes zur Bereinigung von Kriegsfolgengesetzen\n(Kriegsfolgenbereinigungsgesetz) vom 21. Dezember 1992, BGBl I S. 2094, nicht\n(mehr) moglich. Durch Art. 1 Nr. 32 des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes sind\ndie Bestimmungen uber die Familienzusammenfuhrung in § 94 des\nBundesvertriebenengesetzes vom 19. Mai 1953, zuletzt geandert durch Gesetz vom\n18. Dezember 1992, BGBl I S. 2044, (im Folgenden: BVFG a. F.) aufgehoben\nworden. Diese Bestimmungen sind nach der amtlichen Begrundung des\nKriegsfolgenbereinigungsgesetzes durch die Rechtsentwicklung entbehrlich\ngeworden, weil "der weitaus großte Teil der ... Angehorigen ohnehin selbst die\nVoraussetzungen fur die Feststellung als Spataussiedler erfullt".\n\n47\n\nVgl. BT-Drs. 12/3212, S. 27.\n\n48\n\nAuch sonst bestand fur das Bundesverwaltungsamt im Aufnahmeverfahren kein\nAnlass zu prufen, ob eine Aufnahme der Klager wegen ihrer Eigenschaft als\nAbkommling Vertriebener Volksdeutscher in Betracht kam. Die Regelungen in §§ 4\nAbs. 3, 7 Abs. 2 und 15 Abs. 2 BVFG betreffen wie die Vorschrift des § 27 Abs.\n1 Satz 2 BVFG lediglich Ehegatten und Abkommlinge von Spataussiedlern.\n\n49\n\nDer Registrierschein des Bundesverwaltungsamtes vom 4. Juni 1996 steht\nebenfalls nicht der Annahme entgegen, dass die Klager als Abkommling der\nEltern des Klagers zu 1. im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme gefunden\nhaben. Die durch den Registrierschein erfolgte Einbeziehung des Klagers zu 1.\n"als Spataussiedler" und der Klager zu 2. und 3. "als Abkommlinge des\nSpataussiedlers" ist schon deshalb nicht aussagekraftig, weil eine\nabschließende und bindende Prufung der Eigenschaft als Spataussiedler im\nRegistrierscheinverfahren nicht erfolgte. Der Regelungsinhalt des\nRegistrierscheins erschopft sich in der Entscheidung daruber, ob der\nBetroffene in das Verteilungsverfahren einbezogen wird. Vor diesem Hintergrund\nermoglicht der Registrierschein keine Ruckschlusse darauf, ob der Betroffene\naus eigenem Recht oder als Abkommling eines volksdeutschen Elternteils\naufgenommen worden ist.\n\n50\n\nVgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2002 - 19 A 199/01 -.\n\n51\n\nIm Übrigen ist den Klagern der Registrierschein vom 12. Dezember 1994 nach\nEinfuhrung des Aufnahmeverfahrens durch Art. 1 des Aussiedleraufnahmegesetzes\nvom 28. Juni 1990 erteilt worden. Nach der Einfuhrung des Aufnahmeverfahrens\nkommt aber der Erteilung eines Registrierscheins nicht mehr die Bedeutung\neiner Aufnahme im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG zu.\n\n52\n\nBVerwG, Beschluss vom 29. April 1996 - 9 C 4.96 -; OVG NRW, Beschluss vom 3.\nJuli 2002 - 19 A 199/01 -.\n\n53\n\nUnerheblich ist auch, dass die Klager nahezu sechs Jahre nach der Einreise der\nEltern des Klagers zu 1. in das Bundesgebiet einreisten. Der nach Art. 116\nAbs. 1 GG erforderliche Kausalzusammenhang setzt nicht voraus, dass zwischen\nder Aufnahme des vertriebenen Volksdeutschen und der Aufnahme des Abkommlings\nein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.\n\n54\n\nBVerwG, Urteil vom 12. Mai 1992 - 1 C 54.89 -, a. a. O., S. 274; OVG NRW,\nBeschluss vom 3. Juli 2002 - 19 A 199/01 -.\n\n55\n\nFur das Bestehen des nach Art. 116 Abs. 1 GG vorausgesetzten\nKausalzusammenhangs kommt es daruber hinaus nicht darauf an, ob der Abkommling\nim Zeitpunkt der Vertreibung des vertriebenen Volksdeutschen oder seiner\nAufnahme minderjahrig oder volljahrig war. Der Abkommling muss auch nicht bei\nder Vertreibung seiner Bezugsperson mit dieser in einer Haushaltsgemeinschaft\ngelebt oder eine solche bei seiner Aufnahme im Bundesgebiet angestrebt haben.\n\n56\n\nBVerwG, Urteil vom 12. Mai 1992 - 1 C 54.89 -, a. a. O., S. 274; OVG NRW,\nBeschluss vom 3. Juli 2002 - 19 A 199/01 -.\n\n57\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.\n\n58\n\nDie Revision ist gemaß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die\nRechtssache grundsatzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob und in welchen Fallen\nes fur den nach Art. 116 Abs. 1 GG erforderlichen Kausalzusammenhang genugt,\ndass das Bundesverwaltungsamt als die fur die Erteilung des Aufnahmebescheides\nzustandige Behorde dem Abkommling einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet nicht\nverweigert und ihm mit Erteilung des Aufnahmebescheides objektiv-rechtlich ein\nZuzugsrecht als Abkommling eines Vertriebenen deutscher Volkszugehorigkeit\nzugestanden hat, ist, wie ausgefuhrt, hochstrichterlich noch nicht geklart.\n\n59\n\nDie Streitwertfestsetzung beruht auf § 73 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes\n(GKG) iVm §§ 13 Abs. 1, 14 GKG alter Fassung und erfolgt unter\nBerucksichtigung des Art. 3 Nr. 11 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses\nvom 27. Juli 2001, BGBl I S. 1887, iVm Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1103/97\ndes Rates vom 17. Juni 1997 uber bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit\nder Einfuhrung des Euro, Abl. EG Nr. L 162 S. 1, sowie Art. 14 der Verordnung\n(EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 uber die Einfuhrung des Euro, Abl.\nEG Nr. L 139 S. 1.\n\n60\n\n
296,358
olgk-2002-09-04-16-wx-16002
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
16 WX 160/02
2002-09-04
2019-03-12 14:01:10
2020-12-10 12:56:01
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:2002:0904.16WX160.02.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e :**\n\n2\n\nDie sofortige Beschwerde ist zulassig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.\n\n3\n\nDie Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit kommt nur in\nBetracht, wenn Grunde vorliegen, die geeignet sind, das Misstrauen gegen die\nUnparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Dazu zahlen\nnur solche objektiven Grunde, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei\nvernunftiger\n\n4\n\nBetrachtung die Befurchtung wecken konnen, der Richter stehe der Sache nicht\nunvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenuber.\n\n5\n\nSolche objektiven Grunde sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.\n\n6\n\nDie Ablehnung der Amtsrichterin begrundet der Antragsteller zu 4) in seinem\nAblehnungsgesuch vom 15.05.00 allein damit, dass er trotz seiner Bitten mit\nSchriftsatz vom 25.04.2000 und Fax vom 04.05.2000, ihm zwischenzeitliche\nVorgange seit dem 07.03.1997 zur Kenntnis zu bringen, keinerlei Information\nuber das Verfahren betreffend das Ablehnungsgesuch der Antragsteller zu 1 und\n2 vom 17.05.1999 erhalten habe.\n\n7\n\nZwar beruhrt die Frage, ob Befangenheitsgrunde gegen die Ausubung des\nRichteramtes sprechen, im Hinblick auf Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 GG die\nprozessuale Rechtsstellung aller Verfahrensbeteiligten, so dass ihnen auch\ninsoweit rechtliches Gehor zu gewahren ist (vgl. BVerfG NJW 1993, 2229). Auch\nwenn der abgelehnten Richterin deshalb insoweit ein Verfahrensfehler\nunterlaufen sein sollte, reicht dies indes nicht aus, um hieraus aus\nobjektiver Sicht der ablehnenden Partei auf eine Voreingenommenheit der\nRichterin zu schließen. Verfahrensverstoße im Rahmen der Prozessleitung\nstellen nur dann einen Ablehnungsgrund dar, wenn sie auf Willkur oder einer\nunsachlichen Einstellung des Richters gegenuber der ablehnenden Partei beruhen\n(vgl. Zoller-VollKommer, ZPO, 22. Aufl., § 42 Rz. 28 m. w. N.). Fur eine\nsolche Annahme bestehen hier keine Anhaltspunkte. Der dienstlichen Äußerung\nder abgelehnten Richterin vom 17.05.2000 ist vielmehr zu entnehmen, dass sie\nden Antragsteller zu 4) nur deshalb nicht uber das von Rechtsanwaltin G. R.\nbetriebene Ablehnungsverfahren unterrichtet hat, weil sie irrtumlich der\nAuffassung war, dass er an dem Ablehnungsverfahren nicht beteiligt gewesen\nsei. Ein durch einen solchen Irrtum ausgeloster Verfahrensverstoß gibt einer\nvernunftig denkenden Partei keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit der\nRichterin zu zweifeln.\n\n8\n\nSoweit der Antragsteller zu 4) mit der sofortigen Beschwerde unter Bezugnahme\nauf das Ablehnungsgesuch der Rechtsanwaltin G. R. vom 11.05.2000 erstmals\nweitere Ablehnungsgrunde vortragen will, ist er hiermit in der\nBeschwerdeinstanz ausgeschlossen. Gegenstand des Verfahrens sind allein die im\nGesuch vorgetragenen Ablehnungsgrunde. Deshalb konnen mit der Beschwerde keine\nneuen Ablehnungsgrunde geltend gemacht werden (vgl. Zoller-Vollkommer, a. a.\nO. § 46 Rz. 17).\n\n
296,414
fg-koln-2002-08-29-6-k-142001
791
Finanzgericht Köln
fg-koln
Köln
Nordrhein-Westfalen
Finanzgerichtsbarkeit
6 K 1420/01
2002-08-29
2019-03-12 14:02:47
2020-12-10 12:56:10
Urteil
ECLI:DE:FGK:2002:0829.6K1420.01.00
## Tenor\n\nAnmerkung: Die Klage wurde abgewiesen.\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d**\n\n2\n\nDie Klager werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie beziehen jeweils\nEinkunfte aus nichtselbstandiger Tatigkeit. Die Klagerin war im Streitjahr\n1999 vom 01.01. bis 31.10.1999 im Rahmen eines geringfugigen\nArbeitsverhaltnisses - auf 630 DM - Basis - beschaftigt. In dieser Zeit bezog\nsie einen Arbeitslohn von 3.920 DM, den der Arbeitgeber auf Grund der\nvorgelegten Freistellungsbescheinigung nach § 3 Nr. 39 i.V.m. § 39a Abs. 6\nEStG steuerfrei auszahlte. Zum 01.11.1999 wurde das Beschaftigungsverhaltnis\nin eine Festanstellung umgewandelt. Fur die Monate November und Dezember 1999\nerhielt sie einen nach Steuerklasse V versteuerten Arbeitslohn von 3.400 DM.\n\n3\n\nBei der ESt-Veranlagung 1999 erfasste das beklagte FA auch den steuerfrei\nausgezahlten Arbeitslohn von 3.920 DM. Hiergegen richtet sich die nach\nerfolglosem Einspruch erhobene Klage.\n\n4\n\nDie Klager sind der Ansicht, die den 3.400 DM entsprechenden Einkunfte seien\nkeine "anderen Einkunfte" i.S. des § 3 Nr. 39 EStG, da unter diesen Begriff\nnicht Einkunfte aus demselben Beschaftigungsverhaltnis beim selben Arbeitgeber\nfielen. Gemeint sein konne nur, dass zeitgleich __ keine weiteren Einkunfte\nerzielt werden durfen _._ Jede andere Auslegung von § 3 Nr. 39 EStG wurde dem\nWillen des Gesetzgebers zuwiderlaufen.\n\n5\n\nDie Klager beantragen,\n\n6\n\nden ESt-Bescheid vom 30.10.2000 und die Einspruchsentscheidung\n\n7\n\nvom 28.02.2001 dahingehend abzuandern, daß bei der Ermittlung\n\n8\n\ndes zu versteuernden Einkommens die Einkunfte der Klagerin aus\n\n9\n\nder geringfugigen Beschaftigung nicht berucksichtigt werden;\n\n10\n\nhilfsweise, die Revision zuzulassen.\n\n11\n\nDas FA beantragt,\n\n12\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n13\n\n**Entscheidungsgr unde:**\n\n14\n\nDie Klage ist nicht begrundet.\n\n15\n\n1\\. Das FA hat zu Recht bei den Einkunften der Klagerin aus nichtselbstandiger\nArbeit auch den aus dem geringfugigen Beschaftigungsverhaltnis erzielten\nArbeitslohn i.H. von 3.920 DM erfasst.\n\n16\n\nNach § 3 Nr. 39 EStG ist das Arbeitsentgelt aus einer geringfugigen\nBeschaftigung i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch\n(SGB IV) nur steuerfrei, wenn die Summe der anderen Einkunfte des betreffenden\nArbeitnehmers nicht positiv ist. Daraus folgt, dass die Steuerbefreiung\nentfallt, wenn bei dem Arbeitnehmer zu den Einkunften aus der geringfugigen\nBeschaftigung andere Einkunfte hinzukommen, deren Summe positiv ist.\n\n17\n\nNach dem unmissverstandlichen Wortlaut des § 3 Nr. 39 EStG kommt es dabei\nweder darauf an, zu welcher Einkunftsart diese anderen Einkunfte gehoren, noch\ndarauf, ob sie innerhalb des Veranlagungszeitraums zeitlich vor, wahrend oder\nnach dem Bezug der Einkunfte aus der geringfugigen Beschaftigung erzielt\nwerden. Es sind sowohl Einkunfte aus anderen Arbeitsverhaltnissen mit anderen\nArbeitgebern, als auch bei demselben Arbeitgeber erzielte Einkunfte zu\nerfassen. Das Gesetz sieht keine Ausnahme fur solche Einkunfte vor, die - wie\nim Streitfall - im Anschluss an eine geringfugige Beschaftigung i.S. von § 8\nAbs. 1 Nr. 1 SGB IV vom bisherigen Arbeitgeber fur eine nicht begunstigte\nBeschaftigung zugewendet werden (BFH-Beschluß vom 26. Marz 2002 VI B 1/O2,\nBFH/NV 2002, 864; FG Munster vom 21.11.2001, EFG 2002, 310; Niedersachsisches\nFG vom 4.4.2001, EFG 2001, 1022).\n\n18\n\nDer Senat folgt dieser Rechtsprechung. Hinsichtlich der Begrundung verweist er\ninsbesondere auf die Entscheidungsgrunde des BFH- Beschlusses vom 26. Marz\n2002. Danach liegen im Streitfall die Voraussetzungen des § 3 Nr. 39 EStG\nnicht vor, da die Klagerin - bei Berucksichtigung des\nArbeitnehmerpauschbetrages von 2000 DM - in der Zeit vom 1. November bis 31.\nDezember 1999 sonstige (positive) Einkunfte aus nichtselbstandiger Arbeit i.H.\nvon 1.400 DM erzielt hat.\n\n19\n\nDie Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsatzliche\nBedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer\neinheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanhofs erfordert\n(§ 115 Abs. 2 FGO): Über die vorliegende Streitfrage hat der BFH bereits mit\nBeschluß vom 26. Marz 2002 VI B 1/O2 entschieden.\n\n20\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.\n\n
296,429
vg-dusseldorf-2002-08-28-19-l-277802
842
Verwaltungsgericht Düsseldorf
vg-dusseldorf
Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
19 L 2778/02
2002-08-28
2019-03-12 14:03:08
2020-12-10 12:56:13
Beschluss
ECLI:DE:VGD:2002:0828.19L2778.02.00
## Tenor\n\nDer Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.\n\nDie Antragstellerin tragt die Kosten des Verfahrens, fur das Gerichtskosten\nnicht erhoben werden.\n\n \n1\n\nGrunde:\n\n2\n\nDer am 20. Juli 2002 gestellte Antrag auf die Gewahrung vorlaufigen\nRechtsschutzes mit dem Begehren der Antragstellerin,\n\n3\n\nden Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr -\nder Antragstellerin - „entsprechend ihrem Antrag vom 16. April 2002 weiterhin\nHilfe zur Erziehung zu gewahren"\n\n4\n\nhat keinen Erfolg.\n\n5\n\nNach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung\neines vorlaufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhaltnis nur\ngetroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile notig erscheint.\nDies setzt gemaß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO voraus,\ndass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die\nbesondere Eilbedurftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden.\n\n6\n\nUnabhangig von der Frage, ob und inwieweit ein Anordnungsanspruch auf die\nbegehrte Sozialhilfeleistung glaubhaft gemacht ist, kann eine einstweilige\nAnordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur dann ergehen, wenn es zur\nVermeidung unzumutbarer Folgen fur den betreffenden Antragsteller notwendig\nist, dass seinem Begehren sofort entsprochen wird. Durch diese besondere\nRegelung des Prozessrechts soll verhindert werden, dass das fur die Klarung\nvon Streitfragen zwischen Burgern und Behorden vorgesehene Klageverfahren, in\ndem der Sachverhalt erschopfend und ohne Zeitdruck aufgeklart werden kann,\nseinem eigentlichen Zweck entkleidet und die Streitfragen in Abweichung von\nder gesetzlichen Regelung in das Verfahren des vorlaufigen Rechtsschutzes\nvorverlagert werden. Die gerichtliche Entscheidung in einem\nHauptsacheverfahren (Klageverfahren) soll namlich regelmaßig nicht durch eine\nEilentscheidung im Verfahren des vorlaufigen Rechtsschutzes, in dem\nzwangslaufig nur die summarische Prufung des Sach- und Streitstandes erfolgen\nkann, vorweggenommen werden. Nur wenn es um die Vermeidung unzumutbarer Folgen\noder eines irreparablen Schadens fur den betreffenden Antragsteller geht, kann\neine Sachentscheidung - etwa durch Erlass einer einstweiligen Anordnung - in\nErwagung gezogen werden.\n\n7\n\nNach diesen strengen Maßstaben fehlt es im vorliegenden Fall bereits an den\nbesonderen Voraussetzungen.\n\n8\n\nDies gilt zunachst soweit die Antragstellerin Jugendhilfeleistungen vor dem\n20. Juli 2002 - mithin vor Eingang des Antrages bei Gericht - verlangt sowie\nfur den Zeitraum nach Ablauf des Monats, in dem die gerichtliche Entscheidung\nergeht (hier also ab September 2002). Diese Zeitraume stehen nicht zur\nEntscheidung im Rahmen dieses Verfahrens an, denn die einstweilige Anordnung\ndient ausschließlich der Abwendung einer gegenwartigen Notlage im oben\ngenannten Sinne. Die Entscheidung uber die Zeitraume im Übrigen bleibt dem\nsich gegebenenfalls anschließenden Widerspruchs- und Klageverfahren\nvorbehalten.\n\n9\n\nFur den verbliebenen zur Entscheidung anstehenden Zeitraum 20. Juli bis 31\\.\nAugust 2002 hat die Antragstellerin eine besondere Eilbedurftigkeit - in dem\noben genannten Sinne - nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht ersichtlich dass\nihr bzw. insbesondere letztlich ihrem Sohn xxxxxx besonderer Schaden droht,\nwenn die beantragte einstweilige Anordnung nicht ergeht. Der Antragsgegner hat\nnamlich die Kosten fur die Pflegefamilie xxxxx/xxxxxxx auf xxxxx an diese\nselbst fur die Monate Juli, August und September 2002 uberwiesen, nachdem sie\nihre Kontonummer angegeben hatte. Damit wurde der Unterhalt fur xxxxxx\nvorlaufig sichergestellt. Auch Krankenhilfe ist fur eine kieferorthopadische\nBehandlung in Aussicht gestellt und die Übernahme von Kosten fur die\nBeschulung xxxxxxx zugesichert worden. Damit kann die Erziehungshilfemaßnahme\nvor Ort zunachst fortgefuhrt werden. Demzufolge ist fur ein Eingreifen des\nGerichts kein Anlass geboten.\n\n10\n\nEs ist auch nicht davon auszugehen, dass die Pflegefamilie xxxxx/xxxxxxx die\nBetreuung von xxxxxx einstellt, weil die Pflegegeldleistungen vorubergehend an\nsie selbst und nicht an einen Betreuungsverein erbracht werden. Eine derartige\nVorgehensweise wurde ihrem Betreuungsauftrag so fundamtental widersprechen,\ndass dies grundsatzlich die Eignung der Pflegefamilie auf Dauer in Frage\nstellen durfte. Denn dies wurde eine Funktionalisierung des hilfebedurftigen\nJugendlichen im Rahmen wirtschaftlicher Interessen der Pflegefamilie und eines\nvon ihr bevorzugten Betreuungsvereines bedeuten, die das hier an erste Stelle\nstehende Kindeswohl vernachlassigte.\n\n11\n\nEin Anlass fur ein Eingreifen des Gerichts ist derzeit auch nicht in dem\nWechsel des Betreuungsvereins durch die Pflegefamilie xxxxx/xxxxxxx zur\nxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxx zu sehen, mit der zwischenzeitlich offenbar einen\nKooperationsvertrag abgeschlossen wurde. Hinsichtlich zukunftiger Auftrage mag\nsich die beauftragte Pflegefamilie gebunden haben, in welcher Form, ist fur\ndas vorliegende Verfahren unbedeutend. Soweit es um die weitere Durchfuhrung\nlaufender Auftrage - wie dem Hilfefall „xxxxxxxxxxxxx" - geht, muss das\nJungendamt unter verschiedenen Gesichtspunkten zunachst eine Prufung vornehmen\nkonnen, die durch das gerichtliche einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht\nersetzt werden kann. Der Antrag der Personensorgeberechtigten muss auf die\ninsoweit andere Maßnahme hin unter Umstanden erneut gestellt werden.\n\n12\n\nDas Jugendamt hat die Eignung der nunmehr in Aussicht genommenen Hilfe zu\nprufen, so unter anderem, worin sich die Art und Durchfuhrung der\nGesamtmaßnahme gegenuber der durch den bisher tatigen Betreuungsverein\n„xxxxxxxx" unterscheidet, warum hohere Kosten anfallen, ob diese\ngerechtfertigt sind und vor allem, ob die Eignung der Maßnahme unter diesen\nBedingungen noch als geeignet angesehen werden kann. Dabei ist hinsichtlich\nder Eignung der Pflegefamilie sowie auch der xxxxxxxxxxxxxxxxxxx als\nTragerverein durch das Jugendamt zu untersuchen, ob die Eignung schon deshalb\nin Frage zu stellen ist, weil hier eine neue vertragliche Situation, die ohne\nPrufung durch das Jugendamt eingegangen wurde, unter Druck auf die\nBetreuungssituation gegenuber dem hilfebedurftigen Kind xxxxxx durchgesetzt\nwerden soll. Die Schreiben der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx vom 4. April 2002\n(„....wurde das bedeuten, dass der Junge" \\- gemeint ist xxxxxx - „in eine\nandere Familie gegeben werden musste") und der Pflegefamilie xxxxx/xxxxxxx vom\n28. Juni sowie 22. August 2002 an den Antragsgegner sprechen nicht dafur, dass\nfur die genannten das Kindeswohl an erster Stelle steht sondern lasst\nvorrangig anderweitige Interessen vermuten.\n\n13\n\nDaruber hinaus fehlt es bei der hier anstehenden summarischen Prufung der\nSach- und Rechtslage insoweit auch am Anordnungsanspruch, als die\nAntragstellerin bislang - trotz Hinweises des Gerichts per Fax am 21. August\n2002 - nicht vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht hat, dass sie allein das\nPersonensorgerecht besitzt. Der hier der Sache nach geltend gemachte Anspruch\nrichtet sich nach § 27 SGB VIII. Danach hat ein Personensorgeberechtigter bei\nder Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe zur\nErziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende\nErziehung nicht gewahrleistet und die Hilfe fur seine Entwicklung geeignet und\nnotwendig ist. Die Personensorge steht den Eltern regelmaßig gemeinsam zu.\nDafur, dass dies auch im vorliegenden Fall so ist, spricht der Umstand, dass\nder Grundantrag fur die Hilfe im August 2000 von beiden Elternteilen\nunterschrieben wurde. Der Vater des Kindes xxxxxxxxxxxxx hat aber den neuen\nAntrag vom 16. April 2002 jedenfalls nach Aktenlage nicht unterschrieben. Er\nwird als Antragsteller im Verfahren nicht benannt und hat auch die auf die\nRechtsanwalte xxxxxxxxxxx ausgestellte Vollmacht nicht unterzeichnet. Der\njungste Schriftsatz der Prozessbevollmachtigten der Antragstellerin - hier\neingegangen am 26. August 2002 - enthalt zu dieser Frage des Gerichts\nkeinerlei Hinweise.\n\n14\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.\n\n15\n\n
296,457
olgd-2002-08-27-4-u-3201
820
Oberlandesgericht Düsseldorf
olgd
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
4 U 32/01
2002-08-27
2019-03-12 14:03:59
2020-12-10 12:56:17
Urteil
ECLI:DE:OLGD:2002:0827.4U32.01.00
## Tenor\n\nAuf die Berufung der Beklagten wird das am 22. November 2000 verkundete Urteil\nder 11. Zivilkammer des Landgerichts Dusseldorf - Einzelrichter - teilweise\nabgeandert.\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Kosten des Rechtsstreits tragt die Klagerin.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar. Die Klagerin kann die Vollstreckung\nder Beklagten gegen Sicherheit in Hohe von 120 % des jeweils zu\nvollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der\nVollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\nT a t b e s t a n d\n\n2\n\nDie Klagerin ist die Witwe des im Alter von 43 Jahren verstorbenen Prof. R...\nB....\n\n3\n\nDer Ehemann der Kagerin schloss mit Wirkung ab 1. Mai 1998 bei der Beklagten\neine Risikolebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 100.000 DM ab.\nBezugsberechtigt ist die Klagerin. Dem Versicherungsvertrag liegen die\nallgemeinen Bedingungen fur die Risikoversicherung der Beklagten (Blatt 35\nff.) zugrunde. Die in dem Versicherungsantrag vom 17. April 1998 (Blatt 44) zu\nZiffer 2 gestellte Frage "Sind Sie in den letzten funf Jahren arztlich\nuntersucht, beraten oder behandelt worden? Wenn ja, wann? Weshalb? Und von\nwelchen Ärzten?" beantwortete der Ehemann der Klagerin unter Bezugnahme auf\neine im August 1997 durchgefuhrte Einstellungsuntersuchung mit:\n"Gesundheitsamtliche Untersuchung fur Tatigkeiten im Staatsdienst,\nGesundheitsamt H..., ohne Befund". Die zu Ziffer 4 formulierte Frage "Nahmen\noder nehmen Sie regelmaßig Arzneimittel, Schlafmittel, Beruhigungsmittel,\nMorphium oder andere Rauschmittel?" verneinte er. Auf die Frage nach den Arzt,\nder uber seine gesundheitlichen Verhaltnisse am besten informiert sei, gab er\n"keiner" an (Blatt 45).\n\n4\n\nProf. B... verstarb am 28. September 1998. Die Notarztin, Frau Dr. B..., gab\nin der Todesbescheinigung als Todesursache "reflektorischer Herzstillstand"\nals Folge von Aspiration an (Blatt 312).\n\n5\n\nNachdem die Klagerin der Beklagten den Versicherungsfall angezeigt hatte,\nforderte die Beklagte bei dem in der Todesbescheinigung als Hausarzt benannten\nDr. M... Informationen zu den gesundheitlichen Verhaltnissen ihres\nVersicherungsnehmers an. Aus dem von Dr. M... ubersandten Bericht vom 28.\nOktober 1998 (Blatt 18) ergibt sich, dass der Ehemann der Klagerin in der\nPraxis Dres. K.../M... seit dem 5. Februar 1996 wegen arterieller Hypertonie\nbehandelt wurde. Ausweislich der mit Schriftsatz vom 19. September 2001 durch\ndie Klagerin zur Akte gereichten Behandlungsunterlagen wurde deren Ehemann in\ndem Zeitraum zwischen der amtsarztlichen Untersuchung im August 1997 und der\nAntragstellung am 17. April 1998 wiederholt das Praparat Methohexal (Beta-\nRezeptoren-Blocker) sowie das Medikament Nifehexal (Kalzium-Kanalblocker)\nverordnet (Blatt 344R, 345).\n\n6\n\nIm Hinblick auf den Arztbericht vom 28. Oktober 1998 erklarte die Beklagte mit\nSchreiben vom 12. November 1998 gegenuber der Klagerin den Rucktritt von dem\nVersicherungsvertrag und verweigerte unter Verweisung auf § 12 Abs. 3 VVG\njegliche Zahlung (Blatt 10).\n\n7\n\nMit der vorliegenden Klage begehrt die Klagerin Zahlung der\nVersicherungssumme.\n\n8\n\nDie Klagern hat vorgetragen, ihr Ehemann habe seine vorvertraglichen\nAnzeigepflichten gegenuber der Beklagten nicht verletzt. Aufgrund der ohne\nBefund verlaufenen amtsarztlichen Untersuchung habe er davon ausgehen durfen,\ndass pathologische Befunde nicht mehr gegeben seien. Die von Dr. M...\nattestierte und behandelte Hypertonie sei nicht gefahrerheblich und von vollig\nuntergeordneter Bedeutung gewesen. Auch bestehe kein ursachlicher Zusammenhang\nzwischen der Hypertonie und dem Todesfall. Die Blutdruckwerte ihres Ehemannes\nseien, wie die amtsarztliche Untersuchung belege, stabil gewesen. Ihr Ehemann\nhabe dem Versicherungsagenten der Beklagten gegenuber angegeben, er nehme\nderzeit keine Arzneimittel ein. Diese Angabe sei zutreffend gewesen. Ihr\nEhemann habe die von Dr. M... gegen Hypertonie verordneten Arzneimittel nur im\nNotfall, d.h. bei Bedarf eingenommen. Medikamente habe ihr Ehemann sich nur\nfur den Fall einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands verschreiben\nlassen. Im Zeitpunkt der Antragstellung habe er keinerlei Anzeichen oder\nBeschwerden einer Hypertonie verspurt.\n\n9\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n10\n\ndie Beklagte zu verurteilen, an sie 100.000 DM nebst Zinsen fur den Zeitraum\nvom 21. Dezember 1998 bis 14. Juli 1999 in Hohe von 5,6 % und fur den Zeitraum\nvom 15. Juli 1999 bis 30. April 2000 in Hohe von 4,99 % sowie ab 01. Mai 2000\nin Hohe von 7,42 % zu zahlen.\n\n11\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n12\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n13\n\nSie hat vorgetragen, im Hinblick auf die unzutreffenden Angaben des Ehemanns\nder Klagerin zum Rucktritt von dem Versicherungsvertrag berechtigt gewesen zu\nsein. Die ihr verschwiegene Erkrankung des Ehemanns der Klagerin sei fur den\nTodesfall jedenfalls mitursachlich gewesen, sodass sie auch nicht nach § 21\nVVG leisten musse. Die Beklagte hat behauptet, in Kenntnis der Vorerkrankungen\nund Behandlungen ware der Vertrag nur gegen einen Risikozuschlag von\nmindestens vier Promille der Versicherungssumme abgeschlossen worden.\n\n14\n\nNach Einholung eines internistisch-kardiologischen Gutachtens hat das\nLandgericht der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Zur\nBegrundung hat es im wesentlichen ausgefuhrt, die Beklagte sei trotz wirksamen\nRucktritts von dem Versicherungsvertrag nach § 21 VVG zur Leistung\nverpflichtet, weil ein Kausalzusammenhang zwischen der verschwiegenen\nErkrankung und dem Tod des Ehemanns der Klagerin nicht erkennbar sei. Nach den\nuberzeugenden Feststellungen des Sachverstandigen Prof. Dr. N... sei bereits\nzweifelhaft, ob der Ehemann der Klagerin uberhaupt an Hypertonie gelitten\nhabe. Jedenfalls sei sein Blutdruckleiden so geringfugig gewesen, dass es als\nUrsache fur den plotzlichen Tod des Versicherungsnehmers nicht in Betracht\nkomme.\n\n15\n\nGegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Unter Vertiefung\nund Erganzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens rugt sie, das Gutachten von\nProf. Dr. N... sei nicht aussagekraftig, da er nicht alle zur Verfugung\nstehenden Krankenunterlagen ausgewertet habe. Mit Schriftsatz vom 17. Juni\n2002 hat die Beklagte den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Tauschung\nangefochten. Ihre Anfechtung hat sie damit begrundet, durch die mit\nSchriftsatz vom 19. September 2001 uberreichten Behandlungsunterlagen der\nGemeinschaftspraxis Dres. K.../M... erstmals erfahren zu haben, dass der\nEhemann der Klagerin sich entgegen den Angaben in dem Antragsformular auch\nnach der Einstellungsuntersuchung bei dem Gesundheitsamt Helmstedt in\ndauernder arztlicher Behandlung befunden habe und bis unmittelbar vor der\nAntragstellung wegen Hypertonie medikamentos behandelt worden sei. Das\nVerhalten des Ehemanns der Klagerin lasse darauf schließen, dass er Ruckfragen\nbei den behandelnden Ärzten habe unterbinden wollen, um so seine Vorerkrankung\nihr gegenuber zu verheimlichen. Dies begrunde den Vorwurf der Arglist.\n\n16\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n17\n\ndie Klage unter Abanderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.\n\n18\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n19\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n20\n\nUnter Vertiefung und Erganzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens meint sie,\ndie Beklagte habe nicht vom Versicherungsvertrag zurucktreten konnen. Dennoch\nsei die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn\ndie Beklagte sei jedenfalls nach § 21 VVG zur Leistung verpflichtet. Der\nTodesfall ihres Ehemannes stehe, wie das uberzeugende Gutachten des\nSachverstandigen Prof. Dr. N... ergeben habe, nicht in ursachlichem\nZusammenhang mit Vorerkrankungen ihres Ehemanns.\n\n21\n\nDer Senat hat Beweis erhoben, durch Einholung eines fachinternistisch-\nkardiologischen Gutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf\ndas schriftliche Gutachten des Sachverstandigen Prof. Dr. H... vom 15. Februar\n2002 verwiesen (Blatt 401 ff.). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und\nStreitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.\n\n22\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e\n\n23\n\nDie Berufung ist begrundet.\n\n24\n\nI.\n\n25\n\nDie Klagerin hat keinen Anspruch aus § 1 (1) AVB auf Zahlung der vereinbarten\nVersicherungssumme gegen die Beklagte.\n\n26\n\n1\\. Die Beklagte ist nach § 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 VVG i.V.m. § 7 (3) S. 1 AVB\nvon der Leistungspflicht frei geworden, weil der Ehemann der Klagerin eine\nvorvertragliche Anzeigenobliegenheit verletzt hat, ohne dass sich feststellen\nlasst, dass die Verletzung der Anzeigepflicht keinen Einfluss auf den Eintritt\ndes Versicherungsfalls gehabt hat (§ 21 VVG).\n\n27\n\na) Der Versicherungsnehmer hat die Frage 2 in dem Antragsformular\nunvollstandig und damit objektiv falsch beantwortet, indem er auf die Frage,\nob er in den letzten funf Jahren arztlich untersucht, beraten oder behandelt\nworden sei, lediglich die vom Gesundheitsamt H... durchgefuhrte Untersuchung\nangab (vgl. Blatt 45, 47) und unerwahnt ließ, dass er sich seit Anfang 1996\nwegen Bluthochdrucks einer medikamentosen Behandlung unterzogen hatte. Der\nEhemann der Klagern hat dadurch, dass er auf die gezielte Frage nach einer\narztlichen Untersuchung und deren Grunden die Behandlung seines\nBluthochdruckleidens nicht mitgeteilt hat, einen fur die Lebensversicherung\ngefahrerheblichen Umstand verschwiegen. Die uber einen langeren Zeitraum\nandauernde Behandlung mit Bluthochdruck senkenden Medikamenten ist ein\ngefahrerheblicher Umstand, uber den die Beklagte vor Abschluss des Vertrages\nAufklarung erwarten konnte. Bei der Erkrankung handelte es sich - dem Ehemann\nder Klagerin ohne weiteres erkennbar - nicht lediglich um eine\nBagatellerkrankung, die fur die Bewertung des Risikos ohne Bedeutung war. Beim\nEhemann der Klagerin waren mehrfach erhohte Blutdruckwerte gemessen worden. Er\nhatte sich deswegen wiederholt, auch noch wenige Tage vor Antragstellung,\nBluthochdruck senkende Mittel, darunter den Betablocker Metohexal****\nverordnen lassen (vgl. Blatt 344R, 345). Es kann als allgemeinen bekannt\nvorausgesetzt werden, dass Bluthochdruck im Laufe der Zeit zu\nGefaßveranderungen fuhren und das Infarktrisiko erhohen kann. Damit lag es fur\nden Ehemann der Klagerin bei Antragstellung auf der Hand, dass die\nBehandlungen im Zusammenhang mit dem Bluthochdruck fur die Entschließung der\nBeklagten, den Antrag auf Abschluss der Lebensversicherung anzunehmen, von\nBedeutung sein konnten (vgl. OLG Hamm, MDR 1991, 946; Senat r+s 1997, 126).\nDaran andert auch der Umstand nichts, dass die Untersuchung des\nVersicherungsnehmers bei dem Gesundheitsamt Helmstedt ohne Befund verlief,\ndenn dem Ehemann der Klagerin war bekannt, dass er immer noch unter\nBluthochdruck litt. So ließ er sich nach dieser Untersuchung wiederholt\nBlutdruck senkende Mittel verordnen. Eine andere plausible Erklarung dafur,\ndass der Ehemann der Klagerin sich in der Zeit von September 1997 bis April\n1998 wiederholt Metohexal und Nifehexal verschreiben ließ, ist weder von der\nKlagerin nachvollziehbar dargetan worden noch sonst ersichtlich.\n\n28\n\nDer Ehemann der Klagerin hat die umfassende medizinische Behandlung seiner\nErkrankung schuldhaft verschwiegen (§ 16 Abs. 3 VVG i.V.m. § 7 (3) S. 4 AVB).\nDie Beklagte hat unter Ziffer 2 ihres Antragsformulars unmissverstandlich nach\nsamtlichen arztlichen Konsultationen in den letzten funf Jahren gefragt. Dass\nder Ehemann der Klagerin sich uber die Bedeutung der Frage im Irrtum befunden\nhatte, ist nicht ersichtlich.\n\n29\n\nDie Beklagte hat den Rucktritt innerhalb der nach § 20 Abs. 1 VVG i.V.m. § 7\n(3) S. 2 AVB zu beachtenden Frist erklart. Nach diesen Vorschriften muss der\nRucktritt innerhalb eines Monats erfolgen, nachdem der Versicherer von der\nVerletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat. Die Beklagte hat von den\nihr bei Vertragsabschluss nicht offenbarten Behandlungen erst durch den\narztlichen Todesfallbericht des Herrn Dr. M... vom 28. Oktober 1998 Kenntnis\nerhalten und darauf binnen eines Monats, namlich durch Schreiben vom 12.\nNovember 1998, gegenuber der Klagerin, als der nach § 7 (7) AVB maßgeblichen\nRucktrittsgegnerin, den Rucktritt vom Versicherungsvertrag erklart.\n\n30\n\nb) Die Beklagte ist infolge des Rucktritts von der Leistungspflicht\nfreigeworden, denn es lasst sich nicht feststellen, dass der verschwiegene\nUmstand keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt hat (§\n21 VVG). Will der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung den Versicherer -\nobwohl diesem ein relevanter Umstand bei Vertragsschluss verschwiegen worden\nist - mit Erfolg auf Zahlung der Versicherungssumme in Anspruch nehmen, hat er\ndarzutun und zu beweisen (vgl. Romer/Langheid, § 21 Rdnr. 6; Prolss/Martin, §\n21 Rdnr. 8), dass der von dem Versicherungsnehmer verschwiegene Umstand keinen\nEinfluss auf den Versicherungsfall gehabt hat (vgl. Romer/Langheid, a.a.O.).\nDies lasst sich nicht feststellen. Vielmehr ist nach dem Ergebnis der\nBeweisaufnahme davon auszugehen, dass der verschwiegene Umstand, die\nBluthochdruckerkrankung des Ehemanns der Klagerin, die Moglichkeit eines\nErfolgs der eingetretenen Art generell nicht unerheblich erhoht hat.\n\n31\n\nDer von dem Senat beauftragte Sachverstandige Prof. Dr. H... ist in seinem\numfangreichen, gut nachvollziehbaren und uberzeugenden Gutachten zu dem\nSchluss gekommen, es lasse sich aus medizinischer Sicht nicht feststellen,\ndass die aus den Behandlungsunterlagen ersichtlichen medizinischen Befunde,\ninsbesondere die dokumentierten Blutdruckwerte, keinen Einfluss auf den\nVersicherungsfall, namlich den Tod des Herrn Prof. Dr. R... B..., hatten\n(Blatt Bl. 415).\n\n32\n\nDer Sachverstandige Prof. Dr. H... hat in seinem Gutachten unter umfassender\nAuswertung der vorliegenden Befunde ausgefuhrt, nach derzeit gultigen\ndiagnostischen Maßstaben seien die Kriterien fur die Diagnose einer\narteriellen Hypertonie erfullt, wenn an drei aufeinanderfolgenden Zeitpunkten\neinen Blutdruck von RR > 140/90 mmHg gemessen werde (Blatt 411). Aus den zur\nAkte gereichten Behandlungsunterlagen - insgesamt seien neun\nBlutdruckmessungen dokumentiert (Blatt 15 u. 60) - ergebe sich, dass diese\nVoraussetzungen erfullt seien. Allerdings sei aus den unter einer relativ\nniedrig dosierten Medikation gemessenen Blutdruckwerten (26. November 1996 -\n150/80 mmHg; 5. Juli 1997 [richtig 5. August 1997] - 130/80 mmHg - und 11.\nAugust 1997 - 110/65 mmHg) darauf zu schließen, dass der Ehemann der Klagerin\nnicht an einer schwerwiegenden Form des arteriellen Hypertonus gelitten habe\n(vgl. Blatt 412). Diesen uberzeugenden und unter umfassender Auswertung der\nvorliegenden Befunde gewonnen Feststellungen des Sachverstandigen schließlich\nder Senat auf Grund eigener Überzeugungsbildung an.\n\n33\n\nDer leichte Hypertonus, an dem der Ehemann der Klagerin litt, hat zu einer\nnicht unerheblichen Erhohung des Risikos einen Herzinfarkt zu erleiden,\ngefuhrt. Der Sachverstandige Prof. Dr. H... hat in seinem Gutachten, das auch\ninsoweit uberzeugt, ausgefuhrt, dass der Ehemann der Klagerin ferner an einer\nAdipositas, einem Nikotinabusus und einer Fettstoffwechselstorung litt. Auf\nGrund dieser Risikokonsultationen sei - im Zusammenhang mit der milden\narteriellen Hypertonie - das Risiko eines Herzinfarkts als leicht erhoht\neinzustufen. Beschwerden einer manifesten koronaren Herzerkrankung seien nicht\ndokumentiert. Ein Belastungs-EKG aus den Jahren 1997 sei unauffallig gewesen.\nUnter Zugrundelegung der ungunstigsten Parameter des Jahres 1996 sei das\nRisiko, einen Herzinfarkt in den nachsten acht Jahren zu erleiden, mit 23%\nrelativ hoch gewesen. Das Risiko, einen Herzinfarkt in diesem Zeitraum nicht\nzu uberleben, sei mit etwa 7% anzunehmen. Vor dem Hintergrund der gunstigen\nStoffwechselsituation des Jahres 1997 wurde dagegen die alleinige Erhohung des\nBlutdrucks bis 167 mmHg das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, nur von 1%\nauf 1,9% erhohen (Blatt 413).\n\n34\n\nOb sich das - durch die beim Ehemann der Klagerin vorliegende arteriellen\nHypertonie - erhohte Risiko konkret ausgewirkt hat, hat sich nicht feststellen\nlassen. Die Todesursache ist ungeklart. Die Todesbescheinigung hat, das haben\nsowohl der Sachverstandige Prof. Dr. N... als auch der Sachverstandige Prof.\nDr. H... uberzeugend ausgefuhrt, die genaue Todesursache nicht zutreffend\nwiedergegeben, die unklar geblieben ist (Blatt 186 u. 416). Dies fuhrt dazu,\ndass aus der konkreten Todesursache keine Ruckschlusse darauf gezogen werden\nkonnen, ob die Bluthochdruckerkrankung des Ehemanns der Klagerin fur den\nTodesfall zumindest mitursachlich war oder ob der Todesfall auf ganz andere\nUmstande zuruckzufuhren ist. Deswegen kann mangels eines eindeutigen Hinweises\nauf ein deutlich erhohtes Risiko einer koronaren Herzerkrankung (vgl. Blatt\n205 u. 414) ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den dokumentierten\nBlutdruckwerten und dem Tod des Ehemanns der Klagerin nicht hergestellt werden\n(vgl. Blatt 414). Dies brachte es mit sich, dass die Sachverstandigen sich in\nihren Gutachten darauf beschranken mussten, das Mortalitatsrisiko in der\nPerson des Ehemanns der Klagerin anhand der ihnen vorliegenden\nBehandlungsunterlagen sowie allgemeiner Erkenntnisse uber das biologische\nRisiko eines Todes (in Folge der aus den Krankenunterlagen ersichtlichen\nBefunde), zu bewerten (vgl. Blatt Bl. 186). Dies hat den Sachverstandigen\nProf. Dr. H..., was gut nachvollziehbar ist und den Senat uberzeugt, dazu\nveranlasst, davon auszugehen, dass es sich - wenn auch ein kausaler\nZusammenhang zwischen denen dokumentierten Blutdruckwerten und dem Tod des\nEhemanns der Klagerin als gering einzustufen sei - aus medizinischer Sicht\nnicht ausschließen lasse, dass die medizinischen Befunde Einfluss auf den\nVersicherungsfall gehabt hatten (vgl. Blatt 415).\n\n35\n\nDamit hat die Klagerin den ihr obliegenden Beweis nicht gefuhrt.\n\n36\n\nEs steht fest, dass der Ehemann der Klagerin an einer arteriellen Hypertonie\nlitt, die - selbst wenn die gunstige Stoffwechselsituation des Jahres 1997\nzugrundegelegt wird - zu einer nicht unerheblichen Erhohung des Risikos einen\nHerzinfarkt zu erleiden gefuhrt hat. Allein der erhohte Blutdruck hat zu einem\nvon 1% um 0,9 Prozentpunkte auf 1,9% erhohten Herzinfarktrisiko gefuhrt,\ndieses Risiko also beinahe verdoppelt. Es lasst sich nach allem nicht\nfeststellen, dass sich die Vorerkrankung des Ehemanns der Klagerin nicht\nausgewirkt hat.\n\n37\n\n2\\. Daruber hinaus ist die Beklagte, nachdem sie mit Schriftsatz vom 17. Juni\n2002 den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Tauschung angefochten hat,\nnach § 22 VVG i.V.m. §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht\nfrei geworden. Denn der Ehemann der Klagerin hat die Beklagte, was sich aus\nden mit Schriftsatz vom 19. September 2001 uberreichten Behandlungsunterlagen\nergibt, arglistig uber einen gefahrerheblichen Umstand, namlich Art und Umfang\nder Medikation, getauscht, soass die Beklagte deswegen zur Anfechtung des\nVertrages berechtigt war.\n\n38\n\nArglistig tauscht, wer als Versicherungsnehmer wissentlich falsche Angaben\nuber gefahrerhebliche Umstande macht, um auf die Entschließung des\nVersicherers Einfluss zu nehmen (Romer/Langheid, § 22 Rdnr. 3). Dies setzt\nvoraus, dass der Versicherungsnehmer sich bewusst sein muss, dass der\nVersicherer seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen\nannehmen werde, wenn er die Wahrheit offenbare (vgl. BGH NJW-RR 1991, 411,\n412). Der Ehemann der Klagerin hat die unter Nr. 4 des Antragsformulars\neindeutig und unmissverstandlich gestellte Frage, ob er regelmaßig Medikamente\neinnehme, verneint. Tatsachlich er hat aber regelmaßig Blutdruck senkende\nArzneien eingenommen, was aus denen Behandlungsunterlagen des Dr. M...\nherzuleiten ist. Er hat, was die Klagerin auch nicht ernsthaft in Abrede\nstellt, die ihm verordneten Medikamente bei Bedarf eingenommen. In der\nKlageschrift hat die Klagerin dazu vortragen lassen, die Blutdruckwerte ihres\nEhemanns seien stabil gewesen, weil er regelmaßig Medikamente eingenommen habe\n(vgl. Blatt 6). Wenn er dem das Antragsformular ausfullenden\nVersicherungsagenten auf die Frage nach Arzneimitteln geantwortet hat, er\nnehme derzeit keine Arzneimittel ein (vgl. Blatt 64), hat er damit objektiv\ndie Unwahrheit gesagt. Dem Ehemann der Klagerin sind noch wenige Tage vor\nAntragstellung die Medikamente Metohexal und der Nifehexal verordnet worden,\ndie ihm auch in den Monaten davor wiederholt verschrieben wurden, wobei -\nunter Berucksichtigung des Vorbringens der Klagerin - nach der Lebenserfahrung\ndavon auszugehen ist, dass er diese Praparate auch eingenommen hat.\n\n39\n\nDamit hat der Ehemann der Klagerin bei Stellung seines Versicherungsantrags\neinen gefahrerheblichen Umstand verschwiegen. Die regelmaßige Einnahme\nBlutdruck senkender Mittel, insbesondere die Einnahme eines Betablockers, ist\nein gefahrerheblicher Umstand uber den die Beklagte vor Abschluss des\nVertrages Aufklarung erwarten konnte. Aus dem Antragsformular der Beklagten,\nin dem unter Nr. 4 nach der regelmaßigen Einnahme von Medikamenten gefragt\nwurde, ergab sich eindeutig - und auch dem Antragsteller deutlich erkennbar -\ndass die Beklagte umfassend uber die Einnahme von Medikamenten unterrichtet\nwerden wollte. Dies erfolgte, um es ihr zu ermoglichen, das Risiko, das sie\nmit dem Vertragsabschluss eingeht, einschatzen zu konnen.\n\n40\n\nDie Tauschung ist auch arglistig, d.h. in dem Bewustsein vorgenommen worden,\nhierdurch Einfluss auf die Willensentschließung der Beklagten bei Annahme des\nAntrags zu nehmen. Fur die Annahme des Tauschungswillens reicht es aus, wenn\nder Tauschende mit der Moglichkeit rechnet, dass die unrichtige Beantwortung\nvon Frage nach gefahrerheblichen Umstanden auf die Willensbildung des\nGetauschten Einfluss nehmen konnte.\n\n41\n\nDem Ehemann der Klagerin wurde in den Monaten vor Antragstellung, zuletzt am\n4. April 1998, das Medikament Metohexal verordnet, also nur 13 Tage vor\nAntragstellung (Blatt 344R). Das ebenfalls Blutdruck senkende Medikament\nNifehexal wurde ihm noch am 16. April 1998 verordnet (Blatt 345), also\nunmittelbar vor Antragstellung am 17. April 1998. Aufgrund der zeitlichen Nahe\nzwischen Antragstellung und Medikation, ist davon auszugehen, dass der Ehemann\nder Klagerin die Einnahme und Verordnung der Praparate vorsatzlich\nverschwiegen hat, um die Beklagte zu tauschen. Denn er musste damit rechnen,\ndass die Beklagte - zumal sie bei wahrheitsgemaßer Beantwortung dieser Frage\nerkannt hatte, dass er sich in arztlicher Behandlung befinden musste - weitere\nInformationen uber seinen Gesundheitszustand einholen wurde, wenn er ihr die\nBehandlung mit Metohexal wahrheitsgemaß offenbaren wurde. Dies um so mehr, als\ndie letzte Verordnung dieses Medikaments erst 13 Tage zurucklag und damit ein\nversicherungstechnisches Risiko darstellte. Dieses Bild wird dadurch\nabgerundet, dass der Ehemann der Klagerin den ihn behandelnden Arzt, Herrn Dr.\nM..., verschwiegen hat. Dr. M... war, ohne dass es darauf ankommt, ob er bei\nAntragstellung noch als "Hausarzt" des Ehemanns der Klagerin anzusehen war\noder nicht, der Arzt, der am besten uber seine gesundheitlichen Verhaltnisse\ninformiert war. Dass der Ehemann der Klagerin, die - eindeutig und\nunmissverstandlich formulierte - Frage nach dem Arzt, der am besten uber seine\ngesundheitlichen Verhaltnisse ist, mit "keiner" beantwortet hat, zeigt\nebenfalls, dass er es darauf anlegte, die Beklagte uber seinen\nGesundheitszustand zu tauschen.\n\n42\n\nDie Tauschung der Beklagten ist auch fur die Annahme des Antrags des Ehemanns\nder Klagerin ursachlich gewesen. Der Ehemann der Klagerin hat die Beklagte\nuber gefahrerhebliche Umstande getauscht. Die Beklagte hat, was nach der\nLebenserfahrung plausibel erscheint, substantiiert dargetan, dass sie die\nRisikolebensversicherung in Erkenntnis der verschwiegen Gefahrenumstande nicht\nzu den Bedingungen abgeschlossen hatte, zu denen sie abschloss. Vielmehr hatte\nsie in Kenntnis der Umstande nach ihren Risikoprufungsgrundsatzen eine\nbesondere Risikopramie beansprucht (vgl. Blatt 31). Es ist daher davon\nauszugehen, dass die Tauschung durch den Klager ursachlich fur die\nEntscheidung der Beklagten war, den Vertrag zu den konkreten Konditionen\nabzuschließen.\n\n43\n\nDie mit Schriftsatz vom 17. Juni 2002 erklarte Anfechtung ist auch innerhalb\nder Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt. Die Beklagte hat erstmals\nmit dem Schriftsatz der Klagerin vom 19. September 2001 Kenntnis von den\ngesamten Behandlungsunterlagen erhalten. Erst mit Zugang dieses Schriftsatzes\nwaren ihr Art und Umfang der medikamentosen Behandlung des Ehemanns der\nKlagerin vollstandig bekannt geworden und damit die Umstande, die auf eine\n_arglistige_ Tauschung uber die Medikation schließen lassen.\n\n44\n\nII.\n\n45\n\nDie Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die\nEntscheidungen zur vorlaufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 708 Nr. 10, 711\nZPO.\n\n46\n\nDie Voraussetzungen fur die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543\nAbs. 2 ZPO).\n\n47\n\nDer Streitwert und die Beschwer werden auf 100.000 DM festgesetzt.\n\n
296,734
ovgnrw-2002-08-01-8-a-240300
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
8 A 2403/00
2002-08-01
2019-03-12 14:11:23
2020-12-10 12:56:59
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2002:0801.8A2403.00.00
## Tenor\n\nDer Antrag des Klagers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des\nVerwaltungsgerichts Minden vom 21. Marz 2000 wird abgelehnt.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Antragsverfahrens.\n\nDer Streitwert wird fur das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- DM = 5.112,92\nEUR festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag des Klagers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die\ngeltend gemachten Zulassungsgrunde entweder nicht hinreichend dargelegt sind\noder aber nicht vorliegen. Maßgeblich fur die Zulassungsprufung ist insoweit\ngemaß § 194 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in der Fassung durch das RmBereinVpG vom 20\\.\nDezember 2001 (BGBl I S. 3987) das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Recht.\n\n3\n\nDie innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO a.F. erfolgten\nDarlegungen des Klagers geben zu keinen ernstlichen Zweifeln an der\nRichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Anlass (§ 124 Abs. 2 Nr.\n1 VwGO).\n\n4\n\nNamentlich die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beklagte sei als Natur-\nund Landschaftsbehorde berechtigt, den Betrieb mit Modellflugzeugen unter\nlandschaftsschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu regeln und ggf. zu untersagen,\nbegegnet keinen Bedenken. Es kann dahinstehen, ob der Klager mit der\nZulassungsschrift insoweit lediglich seinen bisherigen Vortrag wiederholt und\nes deshalb an der fur die Darlegung ernstlicher Zweifel erforderlichen\nAuseinandersetzung mit der beachtenswerten Argumentation des\nVerwaltungsgerichts fehlt.\n\n5\n\nVgl. etwa VGH Baden-Wurttemberg, Beschluss vom 3. Dezember 2001 - 8 S 2385/01\n-, NVwZ-RR 2002, 472; Thuringer OVG, Beschluss vom 15. Juni 1999 - 4 ZEO\n1283/98 -, Thur. VGRspr. 2000, 14; OVG Luneburg, Beschluss vom 12. Dezember\n1997 \\- 12 M 5470/97 u.a. -, InfAuslR 1998, 123; OVG NRW, Beschluss vom 28.\nAugust 1997 - 13 B 1800/97 -, NWVBl 1998, 285; Beschluss vom 9. Juli 1997 - 12\nA 2047/97 -, NVwZ 1998, 193.\n\n6\n\nJedenfalls greifen die Vorbehalte des Klagers, der Beklagte sei nicht befugt,\nden Betrieb des Modellflughafens zu verbieten, nicht durch. Nach § 15 Abs. 2\nBNatSchG und § 34 Abs. 2 LG NRW sind in Landschaftsschutzgebieten nach Maßgabe\nnaherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes\nverandern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Damit ist es dem\nTrager der Landschaftsplanung auch aufgegeben, bei der Festsetzung von\nLandschaftsschutzgebieten naher zu bestimmen, welche Handlungen verboten sind.\nMaßgebliches Kriterium ist die Wirkung der jeweiligen Handlung fur das Gebiet\nund den dort verfolgten Schutzzweck. Eine irgendwie geartete begrenzende\nInbezugnahme des Bereichs, dem die zu verbietende Handlung zuzuordnen ist oder\nin dem sich das Verbot auswirkt, ist weder dem Naturschutzrecht und\nLandschaftsschutzrecht noch der grundgesetzlichen Kompetenzzuordnung fur diese\nMaterie zu entnehmen. Es stellt sich insoweit lediglich die Frage, ob es fur\nbestimmte Sachgebiete Befugnisverleihungen gibt, die auch gegenuber\nnaturschutzenden und landschaftsschutzenden Anforderungen gesichert sind.\n\n7\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2000 - 20 A 722/00 -, NuR 2001, 343.\n\n8\n\nDass dies fur das Luftverkehrsrecht zu verneinen ist, hat das\nBundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf die im Luftverkehrsgesetz selbst -\nwenn auch in anderem Zusammenhang (§ 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG) - enthaltene\nÖffnung fur die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege\nwiederholt geklart,\n\n9\n\nvgl. Beschluss vom 29. Juli 1986 - 4 B 73.86 -, NVwZ 1987, 493; Beschluss vom\n4. Juni 1986 - 4 B 94.86 - NVwZ 1987, 130,\n\n10\n\nund zwar auch und gerade in Auseinandersetzung mit dem vom Klager\nhervorgehobenen Kompetenzaspekt. Die Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts\nist uberzeugend, weil sie zu einer Einbindung der Gewahrleistung des § 1 Abs.\n1 LuftVG in allgemein geltende Regelungen zum Schutz anderer Rechtsguter\nfuhrt.\n\n11\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2000, a.a.O.\n\n12\n\nDass die Luftfahrtbehorden, auch wenn eine Erlaubnispflicht nach dem\nLuftverkehrsrecht nicht gegeben ist, zur Abwehr von Gefahren fur die\nSicherheit des Luftverkehrs sowie aus Grunden der offentlichen Sicherheit und\nOrdnung nach § 29 Abs. 1 Satz 1, 2 LuftVG Verfugungen erlassen konnen, vermag\ndie Naturschutzbehorden nicht zu hindern, in dieser Konstellation die\nnaturschutzrechtlichen Bestimmungen selbst gegenuber den Modellfliegern zu\nvollziehen.\n\n13\n\nVgl. etwa OVG Saarlouis, Urteil vom 13. Juni 1986 - 2 R 13/85 -, NuR 1987,\n134; VGH Munchen, Beschluss vom 7. Juni 1977 - 14 IX 77 -, NuR 1980, 25.\n\n14\n\nDavon geht auch das Bundesverwaltungsgericht aus, wenn es die Moglichkeit\neiner "doppelten Zustandigkeit" unterstellt, die keine Beschwer bedeute, und\nauf die unterschiedlichen Zielsetzungen der jeweiligen Ermachtigungsgrundlagen\nhinweist.\n\n15\n\nVgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 1986, a.a.O.\n\n16\n\nDie Zustandigkeit des Beklagten als der fur den Naturschutz und die\nLandschaftspflege zustandigen Behorde ergibt sich aus der in den Landern\nunmittelbar geltenden Vorschrift des § 3 Abs. 1 BNatSchG a.F., soweit in\nRechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Eine solche anderweitige\nZustandigkeitsbestimmung besteht in Bezug auf Sachverhaltsgestaltungen der\nvorliegenden Art aber nicht. Fur die Falle eines Eingriffs in Natur und\nLandschaft raumt § 6 Abs. 1 LG NRW der nach anderen Rechtsvorschriften\nzustandigen Behorde eine Einschreitensbefugnis nur unter der Voraussetzung\nein, dass nach den fremden Rechtsvorschriften eine behordliche Bewilligung,\nErlaubnis, Genehmigung, Zustimmung, Planfestellung, sonstige Entscheidung\n(behordliche Erstattung) oder eine Anzeige vorgeschrieben ist. Bei der hier\nstreitigen Grundstucksnutzung handelt es sich aber - mangels Einschlagigkeit\neines der Genehmigungstatbestande des Luftverkehrsgesetzes oder der Vorschrift\ndes § 16 Abs. 4 bis 6 LuftVO - nicht um ein der luftverkehrsrechtlichen\nZulassungspflicht unterliegendes Vorhaben. Soweit - wie hier - keiner\nGestattung nach luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen bedurfende\nModellsportflugplatze bzw. ihr Betrieb mit naturschutzrechtlichen Normen\nkollidieren, ergibt sich aus dem nordrhein-westfalischen Naturschutzrecht\nmithin nicht, dass die Landschaftsschutzbehorden sachlich nicht zustandig\nwaren, Maßnahmen zur Behebung des Gesetzesverstoßes zu ergreifen. Etwas\nanderes folgt nicht aus der die grundsatzliche Befugnis zur Überwachung der\nLuftfahrt auch in naturschutzrechtlicher Hinsicht begrundenden Vorschrift des\n§ 29 Abs. 1 LuftVG. Indem sie die Luftfahrtbehorden allgemein mit der Abwehr\nvon Gefahren fur die offentliche Sicherheit und Ordnung beauftragt, enthalt\ndiese Regelung eine (auf das Luftverkehrsrecht bezogene) Generalermachtigung.\nAls solche ist sie nach allgemeinen Grundsatzen jedoch subsidiar, greift also\nnur ein, wenn und soweit keine spezielle Norm Anwendung findet.\n\n17\n\nVgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 13. Juni 1986, a.a.O., m.w.N.\n\n18\n\nIn § 6 Abs. 4 und 5, § 69 Abs. 1 und 3 sowie § 9 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 34 Abs. 2\nLG NRW sind derartige speziellere Vorschriften fur den Fall der Beruhrung\nnatur- bzw. landschaftsschutzrechtlicher Bestimmungen vorhanden. Die Annahme\ndes Klagers, der nach dem Luftverkehrsrecht genehmigungsfreie\nModellflugbetrieb sei nach dem Willen des Gesetzgebers einer Einschrankung\nunter umwelt- bzw. naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten entzogen, wurde\ndemgegenuber eine Konzentrationwirkung des Luftverkehrsrechtes voraussetzen\nund ist nach der dargestellten Rechtslage und der hierzu ergangenen ober- und\nhochstrichterlichen Rechtsprechung abwegig.\n\n19\n\nMit dem Zulassungsvorbringen wird auch die Annahme des Verwaltungsgerichts\nnicht in Frage gestellt, der Betrieb des Modellflugplatzes sei nach der\nOrdnung zum Schutze von Landschaftsteilen im Kreis Buren vom 1. November 1994\nverboten. Soweit durch Auslegung zu ermitteln ist, ob eine\nLandschaftsschutzverordnung, die den Flugmodellsport nicht ausdrucklich\nverbietet, durch das generelle Verbot, die Landschaft zu verunstalten, die\nNatur zu schadigen oder den Naturgenuss zu beeintrachtigen (vgl. § 2 Abs. 2\nder Verordnung), dennoch den Flugmodellsport in dem betreffenden Gebiet\nuntersagt,\n\n20\n\nvgl. VGH Mannheim, Urteil vom 6. April 1990 - 8 S 744/89 -, NVwZ 1991, 82 (83)\nmit Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 1986 - 4 B 73.86 -, NVwZ 1987,\n493,\n\n21\n\nist das Verwaltungsgericht dem ausweislich der Seite 9 unten und 10 des\nUrteilsabdrucks nachgekommen. Dass die diesbezugliche - u.a. mittels\nVerweisung auf die Ausfuhrungen im Widerspruchsbescheid gemaß § 117 Abs. 5\nVwGO erfolgte \\- ausfuhrliche Begrundung Wertungsfehler beinhaltet, legt der\nZulassungsantrag nicht dar und ist auch sonst wie nicht ohne weiteres\nersichtlich.\n\n22\n\nEbenso wenig vermag der Senat festzustellen, dass ein Verstoß gegen Art. 2\nAbs. 1 GG vorliegen konnte. Der vom Klager aufgezeigte angebliche\nWertigkeitsunterschied zwischen der grundgesetzlich geschutzten allgemeinen\nHandlungsfreiheit, die nur unter dem Vorbehalt der Wahrung der\nverfassungsmaßigen Ordnung gewahrleistet wird, und dem Natur- und Umweltschutz\nexistiert so nicht. Durch Gesetz vom 27. Oktober 1994 (BGBl I S. 3146) ist\nArt. 20 a in das Grundgesetz aufgenommen worden, wonach der Staat auch in\nVerantwortung fur die kunftigen Generationen die naturlichen Lebensgrundlagen\nim Rahmen der verfassungsmaßigen Ordnung durch die Gesetzgebung nach Maßgabe\nvon Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und Rechtsprechung schutzt.\nDanach kommt auch dem Natur- und Umweltschutz Verfassungsrang zu. Durch den\nmit Gesetz vom 19. Marz 1985 (GV NRW S. 255) eingefugten Artikel 29 a der\nVerfassung des Landes Nordrhein-Westfalen hat auch der Landesgesetzgeber den\nSchutz der naturlichen Lebensgrundlagen und der Umwelt einen ahnlich hohen\nStellenwert eingeraumt. Bei der Abwagung, ob die Einschrankung des\nModellflugsports, der als hobbymaßige Betatigungsform des menschlichen\nHandelns zwar in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG fallt, aber nicht zum\nKernbereich privater Lebensgestaltung gehort, durch die Regeln des\nNaturschutzes eine dem Grundsatz der Verhaltnismaßigkeit genugende\nEinschrankung erfahrt,\n\n23\n\nvgl. zur Einschrankung des Reitens in der Natur: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai\n2000 - 6 CN 2.99 -, mit Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989 \\- 1\nBvR 921.85 -, BVerfGE 80, 137 (154 f.),\n\n24\n\nist die sich so darstellende Wertigkeit des Naturschutzes zu beachten. Erweist\nsich die von der Sportausubung betroffene Natur und Landschaft als so\nschutzenswert, dass die Voraussetzungen einer Unterschutzstellung erfullt\nsind, und fuhrt der Sportbetrieb zu nicht unerheblichen und nachhaltigen\nSchadigungen der schutzenswerten Natur und Landschaft, hat der Natur- und\nLandschaftsschutz regelmaßig Vorrang. Seine Belange sind in jedem Fall\ngeeignet, der nicht zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung gehorenden\nHobbyausubung durch den Schutzzweck eines Landschaftsschutzgebietes gebotene\nGrenzen zu setzen.\n\n25\n\nVgl. zum Gleitflugsport in der freien Landschaft: VGH Mannheim, Urteil vom 14.\nOktober 1997 - 5 S 1765/95 -, NuR 1998, 312.\n\n26\n\nVor diesem Hintergrund unterliegen auch die vom Verwaltungsgericht angewandten\nMaßstabe keinen ernstlichen Bedenken. Die Abwagung vermag nicht deshalb anders\nauszufallen, weil die Vereinsmitglieder keine Moglichkeit haben, ihren Sport\nanderweitig auszuuben. Der Klager ist der Behauptung des Beklagten, dass dem\nVerein in der Region andere zugelassene Modellflugplatze als geeignete\nAusweichgelande zur Verfugung stehen wurden, nicht entgegen getreten.\n\n27\n\nDie Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsachlicher oder rechtlicher\nSchwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.\nDahinstehen kann, ob Rechtssachen mit tatsachlichen oder rechtlichen\nSchwierigkeiten solche sind, die voraussichtlich in tatsachlicher oder\nrechtlicher Hinsicht großere, d.h. uberdurchschnittliche das normale Maß nicht\nunerheblich uberschreitende Schwierigkeiten verursachen, oder solche, deren\nSchwierigkeiten sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst\nin einem Berufungsverfahren klaren und entscheiden lassen.\n\n28\n\nZum Meinungsstand vgl. naher Seibert, in: Sodan-Ziekow, VwGO, 3.\nErganzungslieferung (Juli 2000), § 124 Rdnr. 152 ff.\n\n29\n\nWie aus den vorstehenden Ausfuhrungen hervorgeht, liegt - bezogen auf die hier\nzu beurteilenden Rugen - keine dieser Alternativen vor. Die Schwierigkeiten\ndes vorliegenden Verfahrens bewegen sich im Rahmen eines normalen Maßes und\nlassen sich ohne Weiteres im vorliegenden Zulassungsverfahren klaren.\nNamentlich der vermeintliche Mangel an juristischer Befassung mit der -\njenseits des ublichen liegenden - Materie ist kein Indiz fur die besondere\nProblemtrachtigkeit, sondern kann seine Ursache außer in der fehlenden\nBreitenwirkung der Fragen gerade auch in einer bereits erfolgten Klarung in\nrechtlicher und tatsachlicher Hinsicht haben. Angesichts der vorhandenen\nRechtsprechung und vorliegender Beitrage auch zur okologischen Problematik der\nFreizeitaktivitat Modellfliegen\n\n30\n\nvgl. zu Letzterem: Stollmann in NuR 1997, 476 m.w.N.\n\n31\n\nlassen sich jedenfalls keine besonderen Schwierigkeiten erkennen, die\nrelevanten Fragen einer Losung zuzufuhren.\n\n32\n\nEntgegen der Auffassung des Klagers stutzt sich der Beklagte bei der\nUntersagung nicht nach 15 Jahren Modellflugbetrieb immer noch auf Hypothesen,\nUnterstellungen, Vermutungen und vage Moglichkeiten. Wie aus dem\nWiderspruchsbescheid der Bezirksregierung Detmold vom 12. Januar 1999, Seite\n4, hervorgeht, ist dem Klager vielmehr bereits mit Schreiben der Unteren\nLandschaftsbehorde vom 3. Dezember 1986 mitgeteilt worden, dass der\nModellflugbetrieb nicht mit geltendem Landschaftsrecht vereinbar sei. Im\nÜbrigen liegen den Maßnahmen laut Widerspruchsbescheid, dessen Ausfuhrungen\nsich das angefochtene Urteil insoweit gemaß § 117 Abs. 5 VwGO zu eigen macht,\ndie - durch Äußerungen in der Fachliteratur abgesicherten - Ergebnisse einer\nlangerfristigen Beobachtung durch das Fachpersonal des Beklagten und\nentsprechende Felduntersuchungen, wie z.B. die Ornithologische Untersuchung\nder Almaue zwischen C. und C. durch Dr. M. aus dem Jahre 1998, zu Grunde. Vor\ndiesem Hintergrund lasst sich ein zusatzlicher besonderer Klarungsbedarf nicht\nerkennen.\n\n33\n\nSchon wegen des in den Jahren 1985/86 negativ verlaufenen\nGenehmigungsverfahrens lassen sich ferner keine rechtlichen Ansatzpunkte dafur\nfinden, aus dem jahrelangen illegalen Betrieb des Modellflugplatzes konne eine\nfiktive Zustimmung des Beklagten abgeleitet werden oder der Klager konne sich\nauf Vertrauens- bzw. Bestandsschutz berufen.\n\n34\n\nSoweit der Klager sich darauf beruft, das Gericht habe die Voraussetzungen fur\ndie Erteilung einer Ausnahmegenehmigung insoweit fehlerhaft bewertet, als die\n15jahrige ununterbrochene Tatigkeit des Vereins und das Fehlen eines\nAusweichgelandes bei der Feststellung des Vorliegens einer besonderen Harte\nnach § 69 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a) aa) LG NRW unberucksichtigt geblieben\nseien, verkennt der Klager, dass personliche Grunde im Rahmen der\nbodenbezogenen Harteregelung von vornherein nicht berucksichtigungsfahig sind.\n\n35\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2002 - 8 A 198/01 -; Urteil vom 19. Januar\n2001 - 8 A 850/99 - ; Urteil vom 17. November 2000 - 8 A 1668/99 -, m.w.N.\n\n36\n\nNach gefestigter Rechtsprechung ist das Tatbestandsmerkmal der "im Einzelfall\nnicht beabsichtigten Harte" durch das Erfordernis eines atypischen\nSachverhalts gekennzeichnet. Eine Befreiung wegen nichtbeabsichtigter Harte\nkommt nur in Betracht, wenn die Anwendung der Ge- oder Verbotsnorm zwar ihrem\nTatbestand nach, nicht jedoch nach ihrem normativen Gehalt "passt", wenn\nmithin die Anwendung der Rechtsvorschrift im Einzelfall zu einem Ergebnis\nfuhren wurde, dass dem Normzweck nicht mehr entspricht und deshalb normativ so\nnicht beabsichtigt ist.\n\n37\n\nVgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 1999 - 10 A 1609/99 -, NVwZ-RR 2000, 210 f;\nUrteil vom 19\\. Januar 2001 - 8 A 1850/99 -, m.w.N., vgl. zu § 31 Abs. 1 Nr. 1\na BNatG a.F. auch: BVerwG, Beschluss vom 14. September 1992 - 7 B 130.92 -,\nNVwZ 1993, 583.\n\n38\n\nDer Zulassungsgrund der grundsatzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO)\nist schon nicht ausreichend im Sinne vom § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO a.F.\ndargelegt. Grundsatzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie\neine grundsatzliche, bisher hochstrichterlich noch nicht geklarte Rechtsfrage\naufwirft, deren im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung\nzur Einhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder fur eine bedeutsame\nWeiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Die in der Antragsschrift\naufgeworfene Frage,\n\n39\n\n"ob ein Modellflugplatz, der lediglich aus einer kurzgemahten Wiese besteht,\neine wesentliche Beeintrachtigung des Naturhaushaltes herbeifuhren kann,"\n\n40\n\nlasst sich jedoch nur anhand der individuellen Umstande beantworten und ist\nals Einzelfallproblematik keiner der Generalisierung fahigen Klarung\nzuganglich. Entsprechendes gilt fur die mit dem Zulassungsantrag ferner\nsinngemaß aufgeworfene Frage,\n\n41\n\n"ob ein Verbot des Luftverkehrs mit Flugmodellen angesichts des geringen\nraumlichen und zeitlichen Ausmaßes gegen das Übermaßverbot verstoßt".\n\n42\n\nDass ein Verbot des Modellflugsports aus landschaftsschutzrechtlichen Grunden\ngenerell moglich ist, ist in der Rechtsprechung sowohl des\nBundesverwaltungsgerichts\n\n43\n\nvgl. Beschluss vom 29. Juli 1986 - 4 B 73.86 - a.a.O.; Beschluss vom 4. Juni\n1986 - 4 B 94.96 -, a.a.O.\n\n44\n\nals auch in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts fur das Land\nNordrhein-Westfalen\n\n45\n\nvgl. Urteil vom 5. September 1985 - 7 A 2523/84 -, NuR 1986, 213\n\n46\n\nbereits geklart. Inwieweit dabei unter dem Gesichtspunkt der\nVerhaltnismaßigkeit das Übermaßverbot verletzt sein konnte, ist eine Frage der\nAbwagung der sich konkret gegenuberstehenden Rechtsguter im Einzelfall.\n\n47\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.\n\n48\n\nDie Streitwertfestsetzung folgt dem erstinstanzlichen Ansatz und beruht auf §\n13 Abs. 1 GKG in der hier maßgeblichen alten Fassung (§ 73 Abs. 1 Satz 1 GKG)\nsowie auf § 14 Abs. 1 und 3 GKG.\n\n49\n\nDieser Beschluss ist gemaß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.\n\n50\n\n
296,737
vg-gelsenkirchen-2002-07-31-7-l-157602
843
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
vg-gelsenkirchen
Gelsenkirchen
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
7 L 1576/02
2002-07-31
2019-03-12 14:11:27
2020-12-10 12:57:00
Beschluss
ECLI:DE:VGGE:2002:0731.7L1576.02.00
## Tenor\n\nDie aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die\nOrdnungsverfugung des Antragsgegner vom 10. Juni 2002 wird insoweit\nangeordnet, als darin unter Ziffer 3 der unmittelbare Verwaltungszwang\nfestgesetzt worden ist; insoweit wird der Antragsgegner angewiesen, die\nVersiegelung zu entfernen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Kosten\ndes Rechtsstreits tragen der Antragsteller zu 4/5 und der Antragsgegner zu\n1/5. Der Streitwert wird auf 5.000,00 ( festgesetzt.\n\n \n1\n\nGrunde:\n\n2\n\nDer sinngemaß gestellte Antrag,\n\n3\n\ndie aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17. Juni 2002 gegen die\nOrdnungsverfugung vom 10. Juni 2002, wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der\nFestsetzung des unmittelbaren Zwanges anzuordnen,\n\n4\n\nist zulassig, aber nur im Umfang der Tenorierung begrundet. Dabei bleibt\ndahingestellt, welche weiteren rechtlichen Folgen sich daraus ergeben, dass\nvorliegend parallel neben der Ordnungsverfugung des Antragsgegners, die nach\nAktenlage gegenuber dem Antragsteller erst nach der am 6. Juni 2002 erfolgten\nVersiegelung erlassen wurde, auch polizeiliche Maßnahmen auf der Grundlage des\nPolizeigesetzes erfolgt sind.\n\n5\n\nNach § 80 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - haben\nWiderspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende\nWirkung. Diese Wirkung entfallt, wenn die Behorde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO\ndie sofortige Vollziehung im offentlichen Interesse anordnet, oder bei\nMaßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung von Gesetzes wegen, §§ 80 Abs. 2 Nr.\n3 VwGO, 8 Satz 1 des Ausfuhrungsgesetzes zur VwGO - AG VwGO -. Das Gericht\nkann jedoch gemaß §§ 80 Abs. 5 VwGO, 8 Satz 2 AG VwGO die aufschiebende\nWirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen bzw. anordnen. Ein\nderartiger Antrag hat Erfolg, wenn das private Interesse des Betroffenen an\nder aufschiebenden Wirkung das offentliche Interesse an der sofortigen\nVollziehung uberwiegt. Das ist der Fall, wenn der angefochtene Verwaltungsakt\noffensichtlich rechtswidrig ist, weil ein uberwiegendes offentliches Interesse\nan der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides\nnicht bestehen kann, oder wenn das private Interesse des Antragstellers aus\nsonstigen Grunden uberwiegt.\n\n6\n\nDie Ordnungsverfugung zu Ziffer 1, die dem Antragsteller den Betrieb der\nWettannahmestelle I. X.----straße 11 untersagt und ihn auffordert, den Betrieb\nohne Fristsetzung einzustellen, ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Bei der\nim Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prufung der Sach- und\nRechtslage spricht vielmehr alles fur ihre Rechtmaßigkeit. Dabei kann in der\nSache offenbleiben, ob die Annahme von Sportwetten vorliegend nach § 14 Abs. 1\ndes Ordnungsbehordengesetzes - OBG - oder nach § 15 Abs. 2 Satz 1 der\nGewerbeordnung - GewO - zu untersagen ist. Denn jedenfalls wirkt der\nAntragsteller durch den Betrieb der Wettannahmestelle an der Durchfuhrung\neines offentlichen Glucksspieles mit, ohne dass er oder die auslandische\nFirma, fur die die Sportwetten vermittelt werden sollen, uber eine behordliche\nErlaubnis verfugt; er erfullt damit (ggfs. durch Beihilfe) den Straftatbestand\ndes § 284 Abs. 1 StGB (iVm § 9 Abs. 1 und 2 StGB).\n\n7\n\nODDSET-Wetten sind Glucksspiele, weil der Erfolg zumindest uberwiegend vom\nZufall abhangt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit ausfuhrlicher\nBegrundung, der die Kammer folgt, entschieden.\n\n8\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 28. Marz 2001 \\- 6 C 2/01 - NJW 2001 2648 ff.,\nGewArchiv 2001, 334 ff.; ebenso BGH, Urteil vom 14. Marz 2002 \\- I ZR 279/99,\nNJW 2002, 2175 f. und OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.01.2002 \\- 1 M 2/02\n-, GewArchiv 2002, S. 199 f.\n\n9\n\nSoweit strafgerichtliche erstinstanzliche Entscheidungen\n\n10\n\nAG Karlsruhe-Durlach, Urteil vom 13.07.2000 \\- 1 Ds 26 Js 31893/98 -, NStZ\n2001, 254 ff.; LG Bochum, Urteil vom 26.02.2002 - 22 KLs 10 Js 12101 I 49/01\n-, soweit ersichtlich nicht veroffentlicht\n\n11\n\nzu anderen Einschatzungen kommen, ist dies nicht uberzeugend. Vielmehr\nerscheint es so, dass auch bei Sportwetten der Erfolg zumindest uberwiegend\nvom Zufall abhangt und dem Zufallselement gegenuber den vom Spieler zu\nbeeinflussenden Umstanden ein deutliches Übergewicht zukommt. Der von den\nerstinstanzlichen Strafgerichten bemuhte Vergleich mit Borsengeschaften fuhrt\nschon mangels Vergleichbarkeit der Tatbestande nicht weiter. Ober- oder gar\nhochstrichterliche Entscheidungen, die Sportwetten nicht als Glucksspiel\neinstufen, sind offenbar bislang nicht ergangen. Deshalb folgt die Kammer -\njedenfalls fur das vorliegende Eilverfahren - der uberzeugenden Rechtsprechung\ndes Bundesverwaltungsgerichts.\n\n12\n\nDie osterreichische Gesellschaft, fur die die Sportwetten vermittelt werden\nsollen, ist - ebenso wie der Antragsteller - nicht im Besitz einer Genehmigung\nnach §§ 1, 2 des nordrhein-westfalischen Sportwettengesetzes (WettG NRW), so\ndass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 StGB vorliegen. Der\nAntragsgegner durfte damit grundsatzlich ordnungsrechtlich gegen den\nAntragsteller einschreiten und den Betrieb der Wettannahmestelle untersagen.\nEine andere Entscheidung ist auch nicht im Hinblick auf die vom Antragsteller\ngeaußerten Bedenken an der Verfassungsmaßigkeit des Sportwettengesetzes und\nden Umstand, dass gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Marz\n2001 (a. a. O.) Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt\nwurde \\- 1 BvR 1054/01 -, geboten. Zum einen halt die Kammer bei der gebotenen\nsummarischen Rechtsprufung die gegen die Verfassungsmaßigkeit eingefuhrten\nEinwande im Ergebnis nicht fur durchschlagend und geht von der\nVerfassungsmaßigkeit des WettG NRW aus. Zum anderen muss - außer ggf. in\nFallen eines offensichtlichen Verfassungsverstoßes - derjenige, der nach der\nbestehenden Rechtslage einer behordlichen Erlaubnis bedarf, diese entweder\nerstreiten oder aber mit der Aufnahme der erlaubnispflichtigen Tatigkeit so\nlange warten, bis das Gesetz durch das Bundesverfassungsgericht fur\nverfassungswidrig erklart wird. Allein die Geltendmachung\nverfassungsrechtlicher Bedenken kann nicht dazu fuhren, dass die Aufnahme der\nan sich erlaubnispflichtigen Tatigkeit auch ohne Erlaubnis seitens der\nzustandigen Behorde hingenommen werden muss. Zudem kann in Verfahren des\nvorlaufigen Rechtsschutzes die Verfassungsmaßigkeit einer Norm nicht\nabschließend geklart werden.\n\n13\n\nAuf dieser Grundlage konnte der Antragsgegner ermessensfehlerfrei - die\nkonkreten Ermessenserwagungen sind in der streitigen Ordnungsverfugung\nausreichend begrundet - den Betrieb auch ohne weitere Fristsetzung untersagen.\nDie insofern erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung ist ausreichend\nbegrundet und in der Sache nicht zu beanstanden.\n\n14\n\nDie gemaß Ziffer 3 verfugte Festsetzung des unmittelbaren Zwangs ist\ndemgegenuber offensichtlich rechtswidrig, so dass dem Antrag auf Anordnung der\naufschiebenden Wirkung des Widerspruchs insoweit stattzugeben ist. Dies ergibt\nsich schon daraus, dass gemaß § 62 Abs. 1 Satz 1 des\nVerwaltungsvollstreckungsgesetzes fur das Land Nordrhein- Westfalen - VwVG NW\n- unmittelbarer Zwang nur angewendet werden darf, wenn andere Zwangsmittel\nnicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmaßig\nsind. Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung der Kammer offensichtlich\nnicht gegeben. Denn es ist nichts dafur ersichtlich, dass der Antragsteller\neine Untersagungsverfugung nicht befolgen wurde bzw. die Androhung eines\nZwangsgeldes nicht zum Erfolg hatte fuhren konnen.\n\n15\n\nVgl. dazu: OVG Berlin, Beschluss vom 14.05.1997 \\- 2 S 6/97 -, NVwZ-RR 98, 412\nf.\n\n16\n\nIm Übrigen hatte das Zwangsmittel in jedem Falle auch angedroht werden mussen,\n§§ 63, 64 VwVG NW, da die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 VwVG NW weder vom\nAntragsgegner angenommen worden sind noch in der Sache vorgelegen haben.\nAngesichts der Tatsache, dass - zumindest in anderen Verfahren - uber mehrere\nMonate uber die Frage der Legalitat der Wettannahmestelle schriftsatzlich\ngestritten worden war, lagen erkennbar die Voraussetzungen eines\nSofortvollzuges gemaß § 55 Abs. 2 VwVG NW nicht vor. Die bereits erfolgte\nVersiegelung ist deshalb ruckgangig zu machen (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO),\nsoweit sie vom Antragsgegner vorgenommen worden ist.\n\n17\n\nDie Kostenquotelung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO und folgt daraus, dass\nder Antrag in der Hauptsache abgelehnt worden ist und nur hinsichtlich des\nZwangsmittels Erfolg hatte. Die Streitwertfestsetzung beruht darauf, dass in\ngewerberechtlichen Klageverfahren von einem Streitwert von 10.000,00 ?\nauszugehen ist, der im Eilverfahren auf die Halfte zu reduzieren ist (vgl. §§\n13 Abs. 1, 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes).\n\n18\n\n
296,765
lg-duisburg-2002-07-30-4-o-2301
807
Landgericht Duisburg
lg-duisburg
Duisburg
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Landgericht
4 O 23/01
2002-07-30
2019-03-12 14:12:10
2020-12-10 12:57:04
Urteil
ECLI:DE:LGDU:2002:0730.4O23.01.00
## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Kosten des Rechtsstreits tragt die Klagerin.\n\nDas Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 3.000,- Euro vorlaufig\nvollstreckbar.\n\n \n1\n\nT a t b e s t a n d :\n\n2\n\nDie Klagerin macht mit der Klage gegen die Beklagte, die ein Altersheim\nbetreibt, Anspruche aus ubergegangenem Recht nach einem Unfall wegen positiver\nVertragsverletzung und unerlaubter Handlung geltend.\n\n3\n\nIn dem Altenheim der Beklagten ist seit 1995 die 1920 geborene Frau\nuntergebracht, die seit Marz 1998 in der Pflegestufe III eingestuft ist. Nach\ndem Ergebnis des Pflegegutachtens vom 17.06.1998 sollen bezuglich des Stutz-\nund Bewegungsapparates bei der Heimbewohnerin folgende Indikationen\nausweislich Pos. 4.2.1. vorliegen; "Schwere Einschrankungen, Hilfe beim\nAufstehen/Hinsetzen, Begleitung beim Laufen, Fallneigung, bewegt den Rollstuhl\nungezielt, freies Stehen nicht moglich, keine Kontrakturen."\n\n4\n\nIn Pos. 4.3.3. des Gutachtens heißt es:\n\n5\n\n"Unselbstandig; nachts mit Pflegedecken fixiert, im Rollstuhl mit Gurtel."\n\n6\n\nAm 16.07.1998 gegen 8.30 Uhr wurde Frau im Rahmen der morgendlichen\nGrundpflege von einer bei der Beklagten angestellten Pflegerin zum Badezimmer\nbegleitet. Obwohl die Pflegerin die Heimbewohnerin stutzte, knickte diese ein\nund sturzte zu Boden. Frau zog sich durch den Sturz eine\nOberschenkelhalsfraktur am linken Bein zu.\n\n7\n\nDie Klagerin verlangt mit ihrer Klage Ersatz der von ihr unstreitig\naufgewendeten Kosten, namlich\n\n8\n\n\\- Pauschale fur ambulante arztliche Behandlung gemaß § 116 Abs. 8 SGB X von\n217 DM\n\n9\n\n\\- Transportkosten am 16.07.1998 von 160 DM\n\n10\n\n\\- Stationare Behandlung vom 16.07. bis 07.08.1998 in Hohe von 12.234,54 DM\n\n11\n\n\\- Krankengymnastik fur die Zeit vom 11.11.1998 bis 22.02.1999, insgesamt 5 x\n464 DM, also\n\n12\n\ngesamt 14.931,54 DM.\n\n13\n\nDie Klagerin ist der Auffassung, dass die Beklagte aufgrund des\nGesundheitszustandes von Frau verpflichtet gewesen sei, die Heimbewohnerin mit\nHilfe eines Rollstuhls zum Badezimmer zu bringen; zumindest sei die Begleitung\nvon zwei Pflegekraften notwendig gewesen. Dies gelte umsomehr, als die\nHeimbewohnerin - unstreitig - unter standigen Durchfall gelitten habe, wodurch\nsie in ihrer gesundheitlichen Konstitution geschwacht gewesen sei. Zudem sei\ndie Heimbewohnerin vor dem Unfall bereits mehrere Male - zuletzt kurz vor dem\nhier in Rede stehenden Unfall - gesturzt.\n\n14\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n15\n\ndie Beklagte zu verurteilen, an sie 14.931,54 DM nebst 5,02 % Zinsen p.a. seit\nRechtshangigkeit zu zahlen.\n\n16\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n17\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n18\n\nSie behauptet, die Heimbewohnerin sei ein Frau mit starkem Bewegungsdrang, die\nbis zum Tag des Unfalls in Begleitung eines Pflegers oder Pflegerin ohne\nSchwierigkeiten den Weg vom Bett ins Badezimmer habe leisten konnen.\n\n19\n\nSie meint, auch durch das Pflegegutachten sei ihr Personal nicht angehalten\nworden, ausschließlich im Rollstuhl zu bewegen oder nur in Begleitung von zwei\nPflegern.\n\n20\n\nSie ist ferner der Auffassung, dass ohnehin nicht jegliches Risiko\nausgeschlossen werden konne; andernfalls seien samtliche Bewohner vollstandig\nzu fixieren. Dies widerspreche aber den Grundsatzen einer modernen Heimpflege.\n\n21\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e :\n\n22\n\nDie Klage ist unbegrundet.\n\n23\n\nDie Klagerin hat keinen Zahlungsanspruch aus PVV des Heimvertrages in\nVerbindung mit § 276, 278 BGB, 116 SGB X oder aus unerlaubter Handlung aus §\n823, 831 BGB, 116 SGB X. Denn die Beklagte hat bewiesen, dass der in Rede\nstehende Sturz nicht auf einem pflichtwidrigen Verhalten der betreuenden\nPflegerin beruhte.\n\n24\n\nNach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverstandigen Prof. Dr. med.\ngenugte es, Frau lediglich von einer Pflegerin beim Gang zum Badezimmer\nstutzen zu lassen. Der Gutachter hat sowohl das Gutachten des medizinischen\nDienstes vom 17.06.1998 als auch die Pflegedokumentation ausgewertet und ist\nzu dem Ergebnis gekommen, dass die Verwendung eines Rollstuhls oder die\nHinzuziehung einer zweiten Hilfsperson nach den Erfahrungen der Vergangenheit\nnicht erforderlich gewesen sei. Der Sturz sei vor diesem Hintergrund nicht\nvoraussehbar gewesen und als schicksalhaftes Geschehen einzustufen.\n\n25\n\nIn dem Zusammenhang stellt der Sachverstandige fest, dass bei Frau -\ninsbesondere im Hinblick auf ihre hochgradige Demenz - zwar ein breites\nRisikoprofil bezuglich eines Sturzereignisses bestehe. Gleichwohl fanden sich\nin der vorliegenden Pflegedokumentation keine Hinweise fur ein stattgehabtes\nSturzereignis bei einem Transfer vom Bett oder Rollstuhl zum Waschbecken oder\nBadezimmer, nach Aktenlage seit der hier in Rede stehende Transfer fachgerecht\ndurchgefuhrt; Fallneigungen seien in der Pflegedokumentation nicht enthalten.\n\n26\n\nDieses schon in seinem schriftlichen Gutachten gefundene Ergebnis hat der\nSachverstandige im Termin vom 30. Juli 2002 - auch auf ausfuhrliches Befragen\ndes Klager-Vertreters - detailliert und fur alle Beteiligten gut\nnachvollziehbar erlautert. Hierbei hat er sich insbesondere mit folgenden -\nvon der Klagerin ins Feld gefuhrten Punkten - auseinandergesetzt.\n\n27\n\n1.\n\n28\n\nDie "funktionellen Einschrankungen des Stutz- und Bewegungsapparates" unter\nPunkt 4.2.1 des Gutachtens des medizinischen Dienstes vom 17.06.1998, auf die\ndie Klagerin ihr Klagebegehren ganz maßgeblich stutzt, hatten nach Mitteilung\ndes Sachverstandigen das Erfordernis einer zweiten Pflegekraft zum Transfer\nausdrucklich konstatieren mussen, sollte der seinerzeit gutachterlich tatige\nArzt hierfur eine Notwendigkeit gesehen haben. Da eine entsprechende\nEintragung unter Punkt 4.2.1 jedoch fehle, konne im Umkehrschluss davon\nausgegangen werden, dass auch der damalige Gutachter eine einzelne Hilfsperson\nfur einen Transfer ausreichend lassen wollte.\n\n29\n\nDie unter Punkt 4.2.1 genannten "schweren Einschrankungen", hat der\nSachverstandige im Hinblick auf die ebenfalls im Gutachten des medizinischen\nDienstes bescheinigten Weglauftendenzen und das funf- bis sechsmalige tagliche\nAufstehen/Zu-Bett-Gehen nachvollziehbar fur widerlegt gehalten.\n\n30\n\n2.\n\n31\n\nMit uberzeugender Begrundung hat der Sachverstandige auch dargelegt, dass im\nHinblick auf die in der Pflegeakte dokumentierten Ereignisse vom 24.05., 11.06\nund 13.06.1998 (Frau hat Gleichgewichtsstorungen, gleitet zur Erde, wird auf\ndem Boden liegende angetroffen, rutscht standig aus dem Rollstuhl) die\nHinzuziehung einer zweiten Pflegekraft nicht erforderlich gewesen sei. Denn\nall diese Zwischenfalle seien nach Mitteilung des Sachverstandigen darauf\nzuruckzufuhren gewesen, dass Frau sich in diesen Situationen alleine\nuberlassen gewesen sei, sich aufgrund ihres Krankheitsbildes der\nentsprechenden Sicherung entledigt habe und eine Bezugsperson nicht in der\nNahe gewesen sei. Fur die vorliegend zu beurteilende Situation, in der es\nlediglich um die Frage der Hinzuziehung einer zweiten Pflegekraft gehe, habe\ndiese Vorgeschichte daher keine Bedeutung.\n\n32\n\n3.\n\n33\n\nEntsprechendes hat der Sachverstandige schließlich fur die im Gutachten des\nmedizinischen Dienstes unter Punkt 2 bemangelte fehlende Kooperation der Frau\nbei der Pflege festgestellt. Diese werde durch gutes Zureden und den\n"Zeitfaktor" ausreichend kompensiert und fuhre nicht zu absichtlichen\n"Sabotageakten" beim Gehen.\n\n34\n\nDie Kammer halt insbesondere die Darlegung des Sachverstandigen bei der\nmundlichen Anhorung vom 30.07.2002 fur ganz und gar nachvollziehbar und\nschließt sich ihnen an. Die Klage war daher mit den Nebenentscheidungen aus §§\n91 Abs. 1, 709 ZPO abzuweisen.\n\n
297,015
lagk-2002-07-12-11-sa-20202
795
Landesarbeitsgericht Köln
lagk
Nordrhein-Westfalen
Arbeitsgerichtsbarkeit
11 Sa 202/02
2002-07-12
2019-03-12 14:19:49
2020-12-10 12:57:44
Urteil
ECLI:DE:LAGK:2002:0712.11SA202.02.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**TATBESTAND**\n\n2\n\nDie Parteien - namlich der am 01. 01. 1946 geborene Klager, gelernter\nElektroinstallateur und staatlich geprufter Elektrotechniker, und die\nbeklagte, in der Rechtsform einer GmbH betriebene, vom Bund bezuschußte\nForschungsanstalt, die ihn im Februar 1970 als Elektrotechniker eingestellt\nhat und ihn seit dem als innerbetrieblichen Ausbilder der angehenden\nPhysiklaboranten beschaftigt - streiten darum, ob die Beklagte zu der mit\nSchreiben vom 05.07.2000 vorgenommenen "korrigierenden Ruckgruppierung" von\nBAT Ill/Fallgruppe 2c nach BAT IVb/ Fallgruppe la berechtigt war. Eingestellt\nwurde der Klager von der mehrere Tausend Mitarbeiter beschaftigenden und den\nBAT samt Vergutungsordnung anwendenden Beklagten unter Einreihung in die\nVergutungsgruppe VII und wurde in den Folgejahren verschiedentlich\nhohergruppiert. Mit Schreiben vom 01. 12. 1975 (Bl. 51) teilte die Beklagte\nihm mit, er werde von Vergutungsgruppe IVb BAT nach Vergutungsgruppe IVa BAT\nhohergruppiert. Weiter heißt es dort: _"Die von Ihnen_ auszuubenden\nTatigkeiten entsprechen nunmehr den Tatigkeitsmerkmalen der Anlage I a zum BAT\n(Allgemeine Vergutungsordnung) Teil I Abschnitt -Unterabschnitt -\nVergutungsgruppe IV a Fallgruppe 10 (Schlussel 101). (...) Diese Mitteilung\nerganzt den zwischen Ihnen und der KFA bestehenden Anstellungsvertrag."\nAnlaßlich des Tarifvertrags zur Änderung der Anlage l a zum BAT vom 24. 04.\n1991 (Strukturverbesserungen bei Technischen. Angestellten) fand eine\nÜberprufung des Arbeitsplatzes statt. Diese fuhrte zur Mitteilung der\nBeklagten vom 22. 01. 1992 (Bl. 53), in der es heißt: "Die von Ihnen\nauszuubenden Tatigkeiten entsprechen ab 1. Dezember 1975 den\nTatigkeitsmerkmalen der Anlage l a zum BAT (Allgemeine Vergutungsordnung) Teil\nI Vergutungsgruppe IV a Fallgruppe 10 (Schlussel 101)." Zugleich wurde dem\nKlager mitgeteilt, daß ihm ab 01.01.1991 durch Bewahrungsaufstieg die Bezuge\nder Vergutungsgruppe III/Fallgruppe 2 c zustunden. Auch in dieser Mitteilung\nheißt es wiederum, sie erganze den Anstellungsvertrag des Klagers. Mitte des\nJahres 1996 legte der Bundesrechnungshof dem Bundesministerium fur Bildung,\nWissenschaft, Forschung und Technologie seinen Bericht uber die\nPersonalausgaben bei der Beklagten vor, in dem es heißt, die Eingruppierung\nder Angestellten sei in den vergangenen Jahren anscheinend allein anhand der\nMoglichkeiten des Stellenplanes vorgenommen worden; deren Bezahlung sei\nvielfach deutlich hoher, als dies die tariflichen Vorgaben zuließen (Bl. 55\nf.). Daraufhin erstellte die Beklagte neue Tatigkeitsdarstellungen und nahm\nneue Bewertungen vor. In Bezug auf den Klager stellte sie anhand der\nTatigkeitsdarstellung per 20.01.2000 (Bl. 58 ff.) fest, die von ihm\nauszuubenden Tatigkeiten rechtfertigten keine Einreihung in die\nVergutungsgruppe IVa/10, sondern nur in IVb/1a. Dies teilte sie ihm mit\nSchreiben vom 05.07.2000 mit; entsprechend verfahrt sie seit August 2000.\nDabei gewahrt sie dem Klager eine ubertarifliche Zulage in Hohe des\nUnterschiedsbetrages gem. Rundschreiben des BMI vom 01.09.1998 (Bl. 72), die\nallerdings bei jeder allgemeinen Vergutungserhohung um ein Funftel reduziert\nwerden soll.\n\n3\n\nDas Arbeitsgericht hat der hiergegen gerichteten Feststellungsklage\nstattgegeben; mit ihrer dagegen eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte\nihren Klageabweisungsantrag weiter und meint, einer korrigierenden Ruck-\ngruppierung konnten Treu und Glauben nicht entgegenstehen, weil andernfalls\ndie Tarifautomatik unterlaufen wurde. Auf einen Vertrauenstatbestand konne\nsich der Klager nicht berufen; dies habe die Rechtsprechung des BAG nur\ngegenuber einem anstehenden Bewahrungsaufstieg zugelassen. I. u. habe sie\nsubstantiiert dargelegt, daß die fruher auf den Klager angewandte\nVergutungsgruppe unzutreffend und die mit der korrigierenden Ruckgruppierung\nangestrebte die richtige sei; dies ergebe sich aus der von ihr vorgelegten\nTatigkeitsdarstellung per 20.01.2000 (Bl. 58 ff.). Der Klager halt die\nbisherige Eingruppierung fur richtig und beruft sich zur Begrundung auf die\ndem seinerzeit erfolgreichen Hohergruppie-rungsantrag vom 20.11.1975 zugrunde\nliegende Tatigkeitsbeschreibung (Bl. 49). Die technischen Fallgruppen der\nVergutungsgruppe IVa/IVb seien einschlagig, wie auch die Tatsache zeige, daß\ndie Beklagte eine seiner Stelle vollig vergleichbare fur einen Ingenieur\nausgeschrieben habe. Die "besonderen Leistungen" der Vergutungsgruppe IVa/10\nlagen insbesondere in seinen padagogischen Leistungen, wie die Beklagte\nseinerzeit bestatigt habe. Sollte seine Tatigkeit nicht als die eines\ntechnischen Angestellten zu bewerten sein, so sei er den allgemeinen\nFallgruppen der Vergutungsgruppe IVa zuzurechnen, wobei sich seine Tatigkeit\ndurch "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" aus der Vergutungsgruppe IVb/la\nheraushebe: Die "besondere Schwierigkeit" liege insbesondere in den\npadagogischen, didaktischen und organisatorischen Anforderungen der Stelle und\nihre Bedeutung in der Gewinnung qualifizierten Nachwuchses fur die Beklagte.\nJedenfalls stehe der Ruckgruppierung § 242 BGB entgegen, zumal er im Vertrauen\nauf die bisherige Vergutungspraxis auf einen Wechsel in die Industrie\nverzichtet habe, der ihm jetzt altersbedingt nicht mehr moglich sei. Vor einer\nRuckgruppierung hatte die Beklagte gegebenenfalls eine entsprechende\nAnreicherung seines Arbeitsplatzes versuchen mussen.\n\n4\n\nE N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E\n\n5\n\nDie Berufung ist unbegrundet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage\nstattgegeben. Die Beklagte muß dem Klager auch uber den 31. 07. 2000 hinaus\nVergutung nach der Vergutungsgruppe III BAT zahlen, so wie sie es bis dahin\ngetan hat. Die von ihr vorgenommene "korrigierende Ruckgruppierung" hat daran\nnichts geandert. Fallgruppe 2c der Vergutungsgruppe III (Anlage la Teil I\nBund, Lander) sieht diese Vergutung fur Angestellte nach achtjahriger\nBewahrung in Vergutungsgruppe lVa/10 vor. Da zwischen den Parteien die\nBewahrung des Klagers unstreitig ist, hangt das Ergebnis allein von der Frage\nab, ob die Bewahrungszeit in der Vergutungsgruppe IVa/10 zuruckgelegt wurde;\ndie Frage ist zu bejahen:\n\n6\n\nI. Das Gericht geht davon aus, daß dem Klager die Vergutungsgruppe IVa\narbeitsvertraglich zugesagt worden ist ebenso wie die Tatsache, daß er die\nVoraussetzungen von deren Fallgruppe 10 erfullt, und zwar ohne Rucksicht auf\ndie Frage, ob dies den wahren Verhaltnissen entspricht. Fur diese Einschatzung\nsind folgende Umstande maßgebend;\n\n7\n\n1) Die Mitteilung der Beklagten vom 01.12.1975 (Bl. 51), die nach eigener\nAussage eine Erganzung des Arbeitsvertrages sein will, setzt den Klager nicht\nnur von der nunmehr fur ihn geltenden Vergutungsgruppe IVa in Kenntnis; sie\nbescheinigt ihm daruber hinaus, daß seine Tatigkeiten dieser Vergutungsgruppe\nund daruber hinaus auch der dortigen Fallgruppe 10 entsprechen. Damit geht sie\ndeutlich uber das hinaus, wozu der BAT den Arbeitgeber in § 7 Abs.3\nverpflichtet. Danach ist namlich nur "die Vergutungsgruppe (...) im\nArbeitsvertrag anzugeben" - d.h. daß nicht die Fallgruppe anzugeben und auch\nnicht die Versicherung abzugeben ist, daß die Tatigkeiten des Angestellten\ndiesen Gruppen entsprechen.\n\n8\n\nIn der Angabe der Fallgruppe und der Zusicherung, daß die Tatigkeiten des\nAngestellten deren Voraussetzungen entsprechen, hat die Rechtsprechung ein\nstarkes Indiz dafur gesehen, daß der Inhalt der Fallgruppe Gegenstand der\nvertraglichen Vereinbarung geworden ist {BAG, urteil vom 17.08.1994 - 4 AZR\n623/93 in AP Nr.35 zu §§ 22,23 BAT Lehrer unter A II 2 a der Grunde).\n\n9\n\n 1. Diese Formulierungen hat die Beklagte in der Mitteilung vom 22.01.1992 (Bl. 53) wiederholt und damit den Eindruck beim Klager verstarkt, es handele sich um eine ohne Rucksicht auf die Sach- und Rechtslage erteilte vertragliche Zusage.\n 2. Die von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit fur sich in Anspruch genommene Evidenz spricht dafur, daß sie seinerzeit bewußt eine uberhohte Eingruppierung vornehmen wollte. Wenn ihr dies heute derart unubersehbar in die Augen springt, konnte ihr es damals kaum verborgen geblieben sein.\n 3. Der Bundesrechnungshof selbst hatte laut seinem Bericht an das Bundesministerium fur Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie den Eindruck, daß die Eingruppierung der Angestellten vom Beklagten in den vergangenen Jahren allein anhand der Moglichkeiten des Stellenplans vorgenommen worden sei - was nichts anderes bedeutet als den Vorwurf, die Angestellten seien nicht nach den tariflichen Vorgaben, sondern nach den zur Verfugung stehenden Mitteln eingruppiert worden. Nimmt ein Arbeitgeber eine Eingruppierung nach diesem Maßstab vor, gibt er zu erkennen, daß er keine Eingruppierungsautomatik deklaratorisch vollziehen, sondern eine davon unabhangige Zusage erteilen will.\n\n10\n\nBeruht aber die Eingruppierung des Angestellten nicht auf einer nur\ndeklaratorisch nachvollzogenen Automatik, sondern auf einer vertraglichen\nZusage, steht dem Arbeitgeber die Moglichkeit einer "korrigierenden\nRuckgruppierung" nicht offen (BAG, Urteil vom 16. 02. 2000 -4 AZR 62/99 in AP\nNr.3 zu § 2 NachwG).\n\n11\n\nII. Letztlich kann diese Frage offen bleiben. Denn selbst wenn man in den\nMitteilungen der Beklagten in Verbindung mit ihrem Verhalten keine\nvertragliche Zusage sehen wollte, ware die Beklagte durch Treu und Glauben (§\n242 BGB) daran gehindert, sich auf eine fehlerhafte Eingruppierung des Klagers\nzu berufen und darauf eine korrigierende Ruckgruppierung zu stutzen.\n\n12\n\n1) Daß Treu und Glauben den offentlichen Arbeitgeber an einer "korrigierenden\nRuckgruppierung" hindern konnen, ist von der hochstrichterlichen\nRechtsprechung zumindest mittelbar anerkannt. Zwar mag die Beklagte mit ihrem\nEinwand Recht haben, daß die Entscheidungen sich mit der Abwehr des\nArbeitgebers gegen einen vom Angestellten geforderten Bewahrungsaufstieg\nbefaßt haben (BAG, Urteil vom 17. 08. 1994 - 4 AZR 623/93 in AP Nr.35 zu §§\n22, 23 BAT Lehrer; Urteil vom 08. 10. 1997 - 4 AZR 167/96 in AP Nr.2 zu § 23b\nBAT). Zwischen der passiven Rolle des Arbeitgebers im Streit um einen\nBewahrungsaufstieg und der aktiven bei der "korrigierenden Ruckgruppierung"\nkann jedoch in diesem Punkt nicht differenziert werden - wenn auch der\nGrundsatz von Treu und Glauben wegen der unterschiedlichen Streitposition des\nArbeitgebers im letzteren Fall eher als Verwirkung (des Rechts auf\nRuckgruppierung) denn als widerspruchliches Verhalten (bei der Stellungnahme\nzum Aufstiegsverlangen) auftritt. Denn eine Differenzierung fuhrte zu nicht\nhinnehmbaren Wertungswiderspruchen: Sie stellte die Aufforderung an den\nArbeitgeber dar, zunachst den Bewahrungsaufstieg eintreten zu lassen, um dem\nfur den Fall der Weigerung drohenden Arglisteinwand zu entgehen, um dann\nanschließend eine korrigierende Ruckgruppierung vorzunehmen, die keinen\nArglisteinwand zu befurchten hatte. Gerade das ist es, was die Beklagte\nbeabsichtigt: Nachdem sie den Bewahrungsaufstieg vor Jahren ausdrucklich\ngewahrt hat, will sie ihm durch nunmehrige Ruckgruppierung den Boden wieder\nentziehen. Dabei will sie den Arglisteinwand nicht dulden, wahrend sie ihn vor\nBewilligung des Bewahrungsaufstiegs der Rechtsprechung folgend hingenommen\nhatte.\n\n13\n\n2) Die Voraussetzungen einer Verwirkung sind erfullt:\n\n14\n\na) Dem Klager wird seit 24,5 Jahren - mithin seit fast einem\nVierteljahrhundert - die Vergutungsgruppe IVa/10 zugebilligt. Damit ist das\nZeitmoment erfullt (BAG, Urteil vom 17. 08. 1994 a.a.O.: uber 15 Jahre; Urteil\nvom 08.10.1997 a.a.O.: uber 17 Jahre).\n\n15\n\n 1. Das Umstandsmoment liegt in der mehrmaligen Bestatigung der richtigen Vergutungsgruppe und der richtigen Fallgruppe: Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 01.12. 1975 bestatigt, die Bestatigung nach Arbeitsplatzuberprufung anlaßlich des Tarifvertrags vom 24. 04. 1991verbal bekraftigt und durch Zubilligung des Bewahrungsaufstiegs tatsachlich vollzogen.\n 2. Auch das Zumutbarkeitsmoment liegt vor: Der Klager war bei Vornahme der Ruckgruppierung 54 Jahre alt. In diesem Alter kann keine neue berufliche Karriere mehrbegonnen werden. Es ist dem Klager zu glauben, zumal sein Vortrag unwidersprochen geblieben ist, daß er in den davor liegenden 24 Jahren berufliche Alternativen etwa in der Industrie anders wahrgenommen und gewertet hatte, wenn er sie nicht im Vertrauen auf die ihm zugesicherte Vergutung gepruft, sondern die ihm nunmehr von der Beklagten zugedachte Vergutung zugrunde gelegt hatte. Die Enttauschung des Klagers wurde durch die ihm zugedachte ubertarifliche Zulage in Hohe des Unterschiedsbetrages gem. Rundschreiben des BMI vom 01. 09.1998 (Bl. 72) nur unzureichend gemindert, da diese im Falle des Klagers bei jeder allgemeinen Vergutungserhohung um ein Funftel reduziert werden soll. Damit ist von ihr bei Erreichung des Ruhestandes und damit rentenwirksam nichts mehr vorhanden, wodurch gerade die Altersplanung des Klagers in die Irre ginge.\n\n16\n\nIII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.\n\n17\n\nWeil der Rechtsstreit nicht von grundsatzlicher Bedeutung ist, wurde die\nRevision nicht zugelassen. Auf die Moglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde\nnach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.\n\n
298,119
lsgnrw-2002-04-29-l-3-rj-4701
799
Landessozialgericht NRW
lsgnrw
Nordrhein-Westfalen
Sozialgerichtsbarkeit
L 3 RJ 47/01
2002-04-29
2019-03-12 14:49:20
2020-12-10 12:58:01
Urteil
ECLI:DE:LSGNRW:2002:0429.L3RJ47.01.00
## Tenor\n\nAuf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf\nvom 23.04.2001 geandert. Die Klage wird abgewiesen.\n\nAußergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszugen nicht zu erstatten.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\n**Tatbestand**\n\n2\n\nDie Beteiligten streiten daruber, ob die Klagerin zur Entrichtung von\nfreiwilligen Beitragen berechtigt ist. Dabei geht es vor allem darum, ob die\nArbeit der Klagerin in einem Ghetto bzw. Zwangsarbeitslager im damaligen\nGeneralgouvernement fur die besetzten Gebiete in der Zeit von Februar 1941 bis\nJuni 1944 rentenversicherungsrechtlich zu berucksichtigen ist.\n\n3\n\nDie im Jahre 1925 geborene Klagerin ursprunglich polnischer\nStaatsangehorigkeit ist als Verfolgte im Sinne des\nBundesentschadigungsgesetzes (BEG) anerkannt. Im damaligen\nEntschadigungsverfahren kam die beim Israelischen Finanzministerium\nangesiedelte Kommission zur Feststellung der Zugehorigkeit zum deutschen\nSprach- und Kulturkreis (dSK) im Juni 1972 zu dem Ergebnis, dass im Elternhaus\nund im personlichen Lebensbereich bei Verfolgungsbeginn die deutsche Sprache\nvorherrschend gewesen sei, und die Klagerin uberwiegend dem dSK angehort habe.\nDie Klagerin lebte vor dem Krieg in T/Polen. Auf der Grundlage der bei dem\nInternational Tracing Service (ITS) noch vorhandenen Unterlagen konnte\nfestgestellt werden, dass sie ab Oktober 1941 im Ghetto und\nZentralarbeitslager T und ab Juni 1943 im KZ Auschwitz festgehalten worden\nwar. Nach Beendigung der Verfolgung wanderte die Klagerin im Dezember 1946\nnach Israel aus, dessen Staatsangehorigkeit sie besitzt.\n\n4\n\nIn ihrem Antrag auf Bewilligung einer Altersrente vom 14.09.1998 gab die\nKlagerin an, sie habe im Jahre 1940 verschiedene Zwangsarbeiten verrichtet.\nVon 1941 bis 1944 habe sie im Arbeitslager T in der Munitionsfabrik\ngearbeitet. Gleichzeitig beantragte sie die Zulassung zur Zahlung freiwilliger\nBeitrage.\n\n5\n\nDie Beklagte zog die Entschadigungsakte der Klagerin bei dem Amt fur\nWiedergutmachung in Saarburg bei und lehnte den Rentenantrag mit\nbestandskraftigem Bescheid vom 23.03.1999 ab. Die von der Klagerin geltend\ngemachten Beitrags- und Beschaftigungszeiten im Ghetto T konnten nicht\nberucksichtigt werden, da es sich um Zwangsarbeiten oder unentgeltliche\nTatigkeiten gehandelt habe, so dass Beschaftigungsverhaltnisse im\nsozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht vorgelegen hatten. Mit ihrem\nWiderspruch vom 29.04.1999 machte die Klagerin geltend, sie sei gezwungen\nworden, im Ghetto T in einer Fabrik fur Gewehre ohne Entgelt und nur fur die\nErnahrung zu arbeiten. Mit dem am 13.08.1999 zugestellten Widerspruchsbescheid\nvom 05.08.1999 wies die Beklagten den Widerspruch als unbegrundet zuruck.\n\n6\n\nDie Beklagte lehnte mit Bescheid vom 03.02.2000 den Antrag der Klagerin auf\nEntrichtung freiwilliger Beitrage ab. Aufgrund des Abkommens zur Änderung des\nAbkommens vom 17.12.1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat\nIsrael uber soziale Sicherheit (DISVA) vom 07.01.1986 (Änderungsabkommen -\nBGBl. II S. 863) sei eine freiwillige Versicherung fur israelische\nStaatsangehorige mit gewohnlichem Aufenthalt in Israel nur moglich, wenn\nmindestens ein Beitrag aus der Zeit vor Ausubung dieses Rechts in der\ndeutschen Rentenversicherung anrechnungsfahig sei. Dies sei bei der Klagerin\nnicht der Fall. Mit ihrem Widerspruch vom 23.02.2000 machte die Klagerin\ngeltend, sie habe von 1941 bis ungefahr 1944 zusammen mit S M, A V, T1 Q und\nM1 I volle Zwangsarbeit im Ghetto T verrichtet. Soviel sie wisse, bekamen\ndiese das volle Recht der Versicherung. Mit Widerspruchsbescheid vom\n11.04.2000 hat die Beklagte den Widerspruch zuruckgewiesen.\n\n7\n\nMit ihrer am 18.05.2000 bei dem Sozialgericht (SG) Dusseldorf erhobenen Klage\nhat die Klagerin geltend gemacht, sie sei gezwungen worden, im Ghetto T volle\nZwangsarbeit zu verrichten und habe dies nicht freiwillig gemacht.\n\n8\n\nDas SG hat die Beklagte mit Urteil vom 23.04.2001 (zugestellt am 23.05.2001)\nunter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Klagerin ab dem\n01.01.1998 zur Entrichtung freiwilliger Beitrage gemaß § 7 des\nSozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in Verbindung\nmit Nr. 2 c) des Zusatzabkommens zum DISVA zuzulassen. Entgegen der vom\nBundessozialgericht (BSG) vertretenen Rechtsprechung sei im Rahmen der\nBewertung der von judischen Verfolgten geleisteten Arbeiten hinsichtlich der\nrentenrechtlichen Systematik unter Berucksichtigung der damaligen historischen\nund rechtlichen Umstande ausschließlich vom wiedergutmachungsrechtlichen\nBegriff der Beschaftigungsverhaltnisse ohne weitergehende Prufung hinsichtlich\ndes Zustandekommens und der Entgeltlichkeit der Tatigkeit auszugehen. Diese\nfur die Sozialversicherungspflicht von abhangig Beschaftigten entwickelten\nBegriffsmerkmale seien wahrend der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft\nmit ihrem beispiellosen, einzigartigen Zivilisationsbruch und ihrer zutiefst\ninhumanen, rechtsstaatsfeindlichen Rechts- und Rassenideologie hinsichtlich\nder von den judischen Verfolgten geleisteten Arbeiten nicht ubertragbar. Fur\ndas Bestehen eines rentenversicherungspflichtigen Beschaftigungsverhaltnisses\nsei bei den vom NS-Regime zur Arbeit gezwungenen judischen Verfolgten unter\nZugrundelegung einer objektiven Betrachtungsweise zu prufen, ob eine Tatigkeit\nverrichtet wurde, die in rechtsstaatlich gepragten Gesellschaften gewohnlich\nvon freien, bezahlten Arbeitskraften ausgeubt werde, wobei auch bei einer\nBeschaftigung im Generalgouvernement reichsgesetzliche Vorschriften Anwendung\nfanden. Die von der Klagerin zuruckgelegten Arbeitszeiten im Ghetto bzw.\nZentralarbeitslager T seien als glaubhaft gemachte (fiktive) Beitragszeiten zu\nbewerten.\n\n9\n\nMit ihrer Berufung vom 12.06.2001 hat die Beklagte vorgetragen, das SG gehe zu\nUnrecht fur die Zeit von Februar 1941 bis Juni 1944 von dem Vorliegen eines\nversicherungspflichtigen Beschaftigungsverhaltnisses der Klagerin aus, da\ndiese nach eigenen Angaben unter haftahnlichen Bedingungen zwangsweise\ngearbeitet habe. In dem Urteil werde verkannt, dass uber die\nVersicherungspflicht der Tatigkeit der Klagerin nach dem zur Zeit der\nBeschaftigung gultigen und nicht ruckwirkend geanderten Recht zu entscheiden\nsei.\n\n10\n\nDem schriftsatzlichen Vorbringen der Klagerin ist zu entnehmen, dass sie\nbeantragt,\n\n11\n\ndas Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf vom 23.04.2001 zu andern und die\nBeklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.02.2000 in der Fassung des\nWiderspruchsbescheides vom 11.04.2000 zu verurteilen, sie zur Entrichtung von\nfreiwilligen Beitragen zuzulassen.\n\n12\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n13\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n14\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakte, der Rentenakte der Beklagten und der vom SG\nbeigezogenen Entschadigungsakte der Klagerin bei dem Amt fur Wiedergutmachung\nin Saarburg Bezug genommen, die Gegenstand der mundlichen Verhandlung gewesen\nsind.\n\n15\n\n**Entscheidungsgr unde**\n\n16\n\nDer Senat konnte die Streitsache ohne mundliche Verhandlung entscheiden, weil\ndie Beteiligten ihr Einverstandnis hierzu erteilt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).\n\n17\n\nDie zulassige Berufung der Beklagten ist begrundet, da das SG die Beklagte zu\nUnrecht unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt hat, die\nKlagerin zur Entrichtung von freiwilligen Beitragen zuzulassen.\n\n18\n\nNach Nr. 2 Buchstabe c des Schlussprotokolls zum Abkommen zwischen der\nBundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel uber Soziale Sicherheit vom\n17.12.1953 in der Fassung des Änderungsabkommens ist eine freiwillige\nVersicherung fur israelische Staatsangehorige mit gewohnlichem Aufenthalt in\nIsrael nur moglich, wenn mindestens ein Beitrag aus der Zeit vor Ausubung\ndieses Rechts in der deutschen Rentenversicherung anrechnungsfahig ist.\n\n19\n\nDa das Vorliegen weiterer in der deutschen Rentenversicherung\nanrechnungsfahiger Zeiten im vorliegenden Fall nicht behauptet wird und auch\nnicht ersichtlich ist, kommt hier allein die Anrechnung der Zeit in der\ndeutschen Rentenversicherung in Betracht, in der die Klagerin zunachst in dem\nGhetto und anschließend in dem Zentralarbeitslager in T gearbeitet hat.\n\n20\n\nGemaß § 55 Abs. 1 SGB VI sind Beitragszeiten solche Zeiten, fur die nach\nBundesrecht Pflichtbeitrage (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beitrage\ngezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, fur die\nPflichtbeitrage nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Da die Stadt\nT im sogenannten Generalgouvernement fur die besetzten polnischen Gebiete lag,\nkommt eine Berucksichtigung von Versicherungszeiten nur gemaß §§ 15, 16 des\nFremdrentengesetzes (FRG) in Betracht. Als polnische Staatsangehorige gehorte\ndie Klagerin nicht zu den von den Reichsversicherungsgesetzen erfassten\nPersonen (BSG, Urteil vom 23.08.2001 - B 13 RJ 59/00 R -). § 15 Abs. 1 Satz 1\nFRG sieht vor, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Trager der\ngesetzlichen Rentenversicherung zuruckgelegt sind, den nach Bundesrecht\nzuruckgelegten Beitragszeiten gleichstehen. Nach Maßgabe des § 16 FRG gilt\nentsprechendes fur Beschaftigungszeiten im Vertreibungsgebiet. Unter\nBerucksichtigung des positiven Ergebnisses der bereits im Jahre 1972\ndurchgefuhrten Sprachprufung kommt eine (ehemalige) Zugehorigkeit zum dSK und\ndamit eine Anwendung der genannten FRG-Vorschriften uber § 17a FRG oder 20\nWGSVG grundsatzlich in Betracht.\n\n21\n\nBeitragszeiten nach § 15 FRG liegen jedoch nicht vor, da eine tatsachliche\nBeitragsentrichtung zu keinem Zeitpunkt vorgetragen worden ist. Nach dem im\nGeneralgouvernement in Kraft gebliebenen und damit hier anwendbaren polnischen\nSozialversicherungsrecht (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001 - B 13 RJ 89/00 R -)\nunterlagen nur die in einem Lohnarbeits- oder Dienstverhaltnis stehenden\nPersonen der Versicherungspflicht (Art. 2 des polnischen\nSozialversicherungsgesetzes vom 28.03.1933). Die Klagerin hat jedoch\ndurchgangig das Vorliegen von Zwangsarbeit ohne Entlohnung angegeben.\n\n22\n\nUnabhangig hiervon hat die Klagerin auch keine Zeiten zuruckgelegt, fur die\nnach Bundesrecht Beitrage zu zahlen gewesen waren (§ 15 Abs. 3 Satz 1 FRG).\nEntsprechendes gilt hinsichtlich des in § 16 Abs. 1 Satz 2 FRG vorgesehenen\nErfordernisses, dass die fragliche Beschaftigung nach dem am 1. Marz 1957\ngeltenden Bundesrecht Versicherungspflicht in der gesetzlichen\nRentenversicherung hatte begrundet haben mussen, wenn sie im Bundesgebiet\nverrichtet worden ware.\n\n23\n\nNach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt die\nAnnahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschaftigungsverhaltnisses auch\nunter Berucksichtigung der menschenunwurdigen und zu verachtenden Zwangslage\nder Juden in den von Deutschen besetzten Gebieten Grundelemente eines aus\nbeidseitigem freien Willensentschluss begrundeten Arbeitsverhaltnisses\njedenfalls solange voraus, wie der Gesetzgeber keine entschadigungsrechtlichen\nSondertatbestande schafft. Ein Arbeits-/ Beschaftigungsverhaltnis in diesem\nSinne kommt durch Vereinbarung zwischen den Beteiligten zu Stande. Es\nbeinhaltet den Austausch von Arbeit und Lohn. Als weitere Abgrenzungsmerkmale\ngegenuber anderen Formen der Verrichtung von Arbeit dienen unter anderem die\npersonliche Abhangigkeit des Arbeiters, das Weisungs- bzw. Direktionsrecht des\nArbeitgebers und das Eingebundensein des Arbeitnehmers in den\norganisatorischen Ablauf eines Betriebes (Eingliederung). Eine wirtschaftliche\nGleichwertigkeit der Leistungen braucht nicht gegeben zu sein. Das\nArbeitsentgelt muss allerdings einen Mindestumfang erreichen. Die Beweggrunde,\ndie jemanden zur Aufnahme einer Beschaftigung veranlassen, sowie allgemeine\nLebensumstande, die nicht die Arbeit oder das Arbeitsentgelt selbst, sondern\ndas hausliche, familiare, wohnungs- und aufenthaltsmaßige Umfeld betreffen,\nbleiben außer Betracht. Nicht entscheidend ist daher, ob Personen, die sich in\neinem Beschaftigungsverhaltnis befinden, zwangsweise ortsgebunden sind (z.B.\nGhetto) oder sich in einem Lager aufhalten mussen. Gemessen an diesen\nGesichtspunkten ist unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit\ngrundsatzlich nicht als versicherungspflichtige Beschaftigung einzustufen (BSG\nSozR 3-2200 § 1248 Nr. 15; BSG SozR 3-5070 § 14 Nrn. 2 und 3; Urteile des\nSenats vom 23.10.2000 - L 3 RJ 60/99 - und vom 19.02.2001 - L 3 RJ 212/99 -).\n\n24\n\nEs besteht entgegen der Ansicht des SG kein Anlass, angesichts der besonderen\nVerhaltnisse im damaligen Generalgouvernement von dieser Rechtsprechung\nabzuweichen, wenn es um die von § 15 Abs. 3 Satz 1 FRG und § 16 Abs. 1 Satz 2\nFRG geforderte Prufung geht, ob es sich um eine Beschaftigung gehandelt hat,\ndie nach Bundesrecht versicherungspflichtig gewesen ware. Es wurde den Rahmen\ndes Typusbegriffs der (versicherungspflichtigen) Beschaftigung sprengen, bei\nder damaligen Arbeit von judischen Verfolgten allein darauf abzustellen, ob\neine Tatigkeit verrichtet wurde, die in rechtsstaatlich gepragten\nGesellschaften gewohnlich von freien, bezahlten Arbeitskraften ausgeubt wird,\nd.h. ob im Ergebnis - auch wirtschaftlich gesehen - Erwerbsarbeit geleistet\nwurde (BSG, Urteil vom 23.08.2001 - B 13 RJ 59/00 R). Mit dem Gesetz zur\nErrichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" vom\n02.08.2000 (BG Bl. 2000 I 1263) wurden zudem (endlich)\nEntschadigungsregelungen fur Zwangsarbeiter außerhalb des Rentenrechts\ngeschaffen.\n\n25\n\nIn Anwendung dieser Kriterien halt es der Senat nicht fur nachgewiesen oder\nzumindest glaubhaft gemacht, dass die Klagerin in dem behaupteten Zeitraum\neiner versicherungspflichtigen Beschaftigung nachgegangen ist. Nach den\nAngaben der Klagerin und ihrer Zeugen im Entschadigungsverfahren handelte es\nsich bei der von ihr verrichteten Tatigkeit in der Munitionsfabrik um\nZwangsarbeit. Im Entschadigungs- sowie auch im jetzigen Rentenverfahren hat\ndie Klagerin immer dargelegt, sie habe sowohl im Ghetto als auch im\nZwangsarbeitslager durchgangig Zwangsarbeiten verrichtet. Unabhangig von\ndieser Bezeichnung sind auch die von der Klagerin und ihren Zeugen im\nEntschadigungsverfahren geschilderten Umstande charakteristisch fur\nZwangsarbeit. So hatte die Klagerin offenbar keinen Einfluss auf die Art der\nzu verrichtenden Tatigkeit, da ihr die Arbeit in der Munitionsfabrik\nzwangsweise zugewiesen wurde. Nach Angaben der Zeugen T2, Q und B aus den\nJahren 1953 und 1956 im Entschadigungsverfahren sind die Klagerin und ihre\nLeidensgenossen taglich unter Bewachung in Marschkolonnen von und zur\nZwangsarbeit gefuhrt worden. Schließlich haben weder die Klagerin noch die\nZeugen im Entschadigungsverfahren bzw. Rentenverfahren eine Entlohnung fur die\nTatigkeit in der Munitionsfabrik behauptet. Naheliegend ist daher, dass auch\ndie von der Klagerin benannten Personen ihre Rentenzahlungen nicht allein\naufgrund der geleisteten Zwangsarbeiten erhielten. Unabhangig hiervon kann die\nKlagerin aus diesem Umstand keine Rechte ableiten.\n\n26\n\nFur die Zulassung zur Nachentrichtung anrechenbare Beitrags- bzw.\nBeschaftigungszeiten bzw. anrechenbare Ersatzzeiten sind nach allem nicht\ngegeben.\n\n27\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.\n\n28\n\nDie Voraussetzungen fur die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht\nvor.\n\n
298,166
lg-krefeld-2002-04-25-3-o-24801
813
Landgericht Krefeld
lg-krefeld
Krefeld
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Landgericht
3 O 248/01
2002-04-25
2019-03-12 14:50:40
2020-12-10 12:58:08
Urteil
ECLI:DE:LGKR:2002:0425.3O248.01.00
## Tenor\n\nDie Beklagte wird verurteilt, an den Klager 41.455,17 DM (21.195,69 EUR) nebst\n5 % Zinsen uber dem Basiszinssatz von 29.541,99 DM (15.104,58 EUR) seit dem\n23.6.2001 und von 11.913,18 DM (6.091,11 EUR) seit dem 25.09.2001 zu zahlen.\n\nIm ubrigen wird die Klage abgewiesen.\n\nDie Beklagte tragt die Kosten des Rechtsstreits.\n\nDas Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung des Klagers in Hohe von 110 %\ndes zu vollstreckenden Betrages vorlaufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann\nauch in Form einer Bank- oder Sparkassenburgschaft erbracht werden.\n\n \n1\n\nTatbestand\n\n2\n\nMit Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 1.12.2000 ist das\nInsolvenzverfahren uber das Vermogen der K GmbH eroffnet und der Klager zum\nInsolvenzverwalter bestellt worden. In dieser Eigenschaft forderte der Klager\ndie Beklagte mit Schreiben vom 14.12.2000 auf, die Guthaben der K GmbH seit\ndem 26.10.2000 auf sein Anderkonto auszukehren. Mit Schreiben vom 16.1.2001\nerklarte die Beklagte, die Auskehrung von vorerst 1 Mio. DM sei vorgesehen. Da\njedoch Widerrufe von Einzugsermachtigungslastschriften mit einem Volumen von\n90.000,- DM zu befurchten seien, habe der Klager die Erklarung abzugeben, dass\ner die Beklagte von jeglichen Betragen aus eingehenden Rucklastschriften\nunwiderruflich freistellen werde. Mit Schreiben vom 12.2.2001 erklarte der\nKlager, dass er die Beklagte von den Kosten aus eingehenden Rucklastschriften\nfreistelle. Mit Schreiben vom 13.2.2001 mahnte er nochmals die Auskehrung der\nGuthaben unter Fristsetzung bis zum 20.2.2001 an. Mit Schreiben vom 15.2.2001\nerklarte die Beklagte, dass die Auskehrung erst erfolgen konne, wenn die\nFreistellungserklarung durch die Worte "von jeglichen Betragen" und\n"unwiderruflich freistellen" erganzt werde. Der Klager beauftragte am\n19.3.2001 seine jetzigen Prozessbevollmachtigten damit, die\nAuszahlungsanspruche außergerichtlich durchzusetzen. Mit Schreiben vom\n22.3.2001 forderten diese die Beklagte nochmals zur Zahlung bis zum 31.3.2001\nauf. Mit Schreiben vom 26.4.2001 erklarte der Klager dennoch die Freistellung\nin der gewunschten Form. Am 4.5.2001 ging der Guthabenbestand der K GmbH auf\ndem Anderkonto des Klagers ein. Die Prozessbevollmachtigten stellten dem\nKlager fur ihr Tatigwerden eine 7,5/ 10 Gebuhr nebst einer Auslagenpauschale,\ninsgesamt einen Betrag in Hohe von 5.383,80 DM in Rechnung. Diese beglich der\nKlager in der Folgezeit. Mit Anwaltsschreiben vom 22.5.2001 forderte der\nKlager die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 1.6.2001 auf, die Verzugszinsen\nfur den Zeitraum vom 20.2.2001 bis zum 4.5.2001 in Hohe von 24.158,19 DM nebst\nden entstandenen Anwaltskosten zu zahlen. Eine Zahlung erfolgte nicht. Der\nKlager ist der Ansicht, die Beklagte habe sich seit dem 14.1.2001 mit der\nAuszahlung der Guthaben in Verzug befunden. Ein Zuruckbehaltungsrecht der\nBeklagten bis zur Abgabe einer Freistellungserklarung habe nicht bestanden. Es\nsei durch die umfassende Beauftragung der Prozessbevollmachtigten durch den\nKlager eine Geschaftsgebuhr nach § 118 Abs. 1 Ziffer 1 BRAGO entstanden, eine\nMittelgebuhr von 7,5 / 10 sei angemessen. Der Klager beantragt, die Beklagte\nzu verurteilen, an ihn 41.455,17 DM nebst jeweils 5 % Zinsen uber dem\njeweiligen Basiszinssatz gemaß von 29.541,99 DM seit dem 2.6.2001 sowie von\nweiteren 11.913,18 DM seit Rechtshangigkeit zu zahlen. Die Beklagte beantragt,\ndie Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe die Auszahlung\nder Guthaben bis zur Erklarung einer umfassenden und unwiderruflichen\nFreistellung verweigern durfen. Verzug sei aber auch deshalb nicht\neingetreten, da der Klager ihr, der Beklagten keine Rechnung oder eine\ngleichwertige Zahlungsaufforderung im Sinne des § 284 Abs. 3 BGB habe zukommen\nlassen. Im ubrigen musse sich der Klager ein Mitverschulden vorwerfen lassen,\nda er die Erklarung verspatet abgegeben habe. Er habe sie, die Beklagte,\nzumindest zugiger darauf hinweisen konnen, dass nach seiner Ansicht eine\nFreistellungserklarung nicht notwendig sei. Zudem sei auch lediglich eine\nGebuhr nach § 120 BRAGO angefallen. Hilfsweise erklart die Beklagte die\nAufrechnung mit einer Gegenforderung in Hohe von 13.650,- DM. Einen Betrag in\ndieser Hohe hat die Beklagte am 5.10.2001 an den Vermieter der Keiner GmbH\ngezahlt zu haben. Sie, die Beklagte, war aus der fur die K GmbH ubernommenen\nMietburgschaft in Anspruch genommen worden.\n\n3\n\nEntscheidungsgrunde\n\n4\n\nDie Klage ist nur hinsichtlich des Zinsanspruchs teilweise unbegrundet.\n\n5\n\nI.\n\n6\n\nDem Klager steht der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus\n§ 286 Abs. 1 BGB in voller Hohe zu.\n\n7\n\n1) Die Beklagte befand sich mit der Verpflichtung zur Auskehrung des Guthabens\nseit dem 14.1.2001 in Verzug.\n\n8\n\na) Dem Klager stand am 14.12.2001 ein falliger Auszahlungsanspruch gegen die\nBeklagte in Hohe von 1.281.411,87 DM zu. Denn der Anspruch des Klagers auf\nAuskehrung der Bankguthaben gemaß §§ 675, 667 BGB war am 1.12.2000 fallig\ngeworden. Mit der Eroffnung des Insolvenzverfahrens endete der Giro- bzw.\nBankvertrag zwischen der Beklagten und der K GmbH (§§ 116 iVm 115 InsO).\n\n9\n\nDer Auszahlungsanspruch bezog sich auch auf die im Lastschriftverfahren\neingezogenen Betrage. Mit der Einlosung der Lastschriften erhalt der Bankkunde\nim Rahmen eines Girovertrages einen Auszahlungsanspruch gegen seine Bank. Von\neiner Einlosung ist vorliegend auszugehen. Gemaß Ziffer 9 Abs. 2 AGB-Banken\nsind Lastschriften eingelost, wenn die Belastungsbuchungen nicht spatestens am\nzweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme ruckgangig gemacht werden.\nTatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Einlosung nicht erfolgte,\nhat die Beklagte nicht vorgetragen.\n\n10\n\nb) Das Schreiben vom 14.12.2001 stellt eine gleichwertige Zahlungsaufforderung\nim Sinne des § 284 Abs. 3 BGB dar, da ihm zu entnehmen war, worauf sich die\nZahlungsaufforderung bezog. Ein Schreiben erfullt die Anforderungen an eine\nRechnung oder gleichwertige Zahlungsaufforderung im Sinne des § 284 Abs. 3 BGB\nbereits dann, wenn es den Schuldner in die Lage versetzt, die Forderung 30\nTage lang prufen zu konnen (MuKo, Band2, 4. Aufl., § 284 RNr. 71).\n\n11\n\n2) Der Verzugseintritt war auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die\nBeklagte auf ein Zuruckbehaltungsrecht berief. Denn ein solches stand ihr\nnicht zu. Die Beklagte hat Tatsachen, die die Annahme einer falligen\nGegenforderung gegen den Klager oder einen Anspruch auf Abgabe der von ihr\nverlangten Freistellungserklarung rechtfertigen wurden, nicht vorgetragen.\n\n12\n\nEin Zuruckbehaltungsrecht gemaß § 273 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass dem\nSchuldner aus demselben Verhaltnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, ein\nfalliger Anspruch gegen den Glaubiger zusteht. Die Gegenforderung muss\nvollwirksam entstanden und durchsetzbar sein. Bedingte, kunftige oder\nunvollkommene Anspruche scheiden daher in der Regel aus (Jauernig, 6.Aufl., §\n273). Die Voraussetzungen fur eine solche Gegenforderung hat die Beklagte\nnicht dargelegt. Der allgemeine Hinweis der Beklagten auf die Moglichkeit des\nWiderrufs von Lastschriften reicht insofern nicht aus.\n\n13\n\nDie Beklagte hat nicht vorgetragen, dass tatsachlich Lastschriften widerrufen\nworden waren. Insofern ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des\nAuszahlungsbegehrens des Klagers Ruckzahlungsverpflichtungen nicht bestanden.\n\n14\n\nEs bestand auch kein Anspruch der Beklagten auf Bestellung einer Sicherheit.\nZwar kann eine Bank gemaß Ziffer 13 der AGB-Banken verlangen, dass fur alle\nAnspruche aus der laufenden Bankverbindung bankmaßige Sicherheiten bestellt\nwerden. Nach dieser Geschaftsbedingung kann eine Sicherheitsbestellung aber\nnur zur Sicherung von bestehenden oder bedingten Anspruchen verlangt werden.\nEine gegenwartige Forderung der Beklagten - weder bedingt noch unbedingt -\nbestand zu keiner Zeit. Die Beklagte beruft sich insoweit lediglich auf ein\nallgemeines Regressrisiko. Sie hat nicht dargelegt, dass es Anhaltspunkte fur\nihre Inanspruchnahme durch Schuldner der K GmbH gab. Der Hinweis auf Anspruche\nrein theoretischer Natur genugt nicht. Im Rahmen eines Girovertrages muss\nverlangt werden, dass die Bank zumindest dartut, dass der Bedingungseintritt\nnaher in Betracht kommt (vgl. OLG Dusseldorf, Urt. v. 8.1.1998, 6 U 224/96).\nWenn Lastschriften gemaß Nr. 9 Abs. 2 AGB-Banken zwei Tage nach der\nBelastungsbuchung eingelost sind, muss der Bankkunde dann auch - ungeachtet\netwaiger Widerrufe - uber dieses Guthaben ungehindert verfugen konnen. Es\nliegt gerade im Wesen des Girovertrages, dass er den bargeldlosen\nZahlungsverkehr ermoglicht und dem Kunden jederzeit das ausgewiesene Guthaben\nzur Verfugung steht. Dies wurde durch die Moglichkeit der Bank, jede\nAuszahlung von Guthaben aus dem Lastschriftverkehr wegen theoretisch moglicher\nWiderspruche von der Leistung einer Sicherheit abhangig zu machen,\nkonterkariert. Die Beklagte muss sich insofern darauf verweisen lassen,\netwaige Anspruche, die ihr nach Eroffnung des Insolvenzverfahrens entstehen,\nim Rahmen des § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO geltend zu machen (vgl. Ott in MuKo\n"InsO", § 116 RNr. 37).\n\n15\n\n3) Der Schadensersatzanspruch besteht auch in der vom Klager geltend gemachten\nHohe. Insbesondere hat die Beklagte auch die Anwaltskosten zu ersetzen. Die\nBeklagte hat nicht bestritten, dass der Klager seinen Anwalten den umfassenden\nAuftrag erteilte, die Auszahlungsforderung außergerichtlich geltend zu machen.\nIn diesem Fall darf der Anwalt aber die Gebuhr nach § 118 Abs. 1 Ziffer 1\nBRAGO abrechnen. Soweit die Beklagte vortragt, die Anwalte hatten lediglich\nein weiteres Mahnschreiben verfasst, ist dies unerheblich. Denn nach\nherrschender Meinung gilt § 120 BRAGO auch dann nicht, wenn der Rechtsanwalt\nnur einfache Schreiben fertigt, obwohl er zur Gesamtangelegenheit beauftragt\nist (Riedel-Sußbauer, 8.Aufl., § 120 RNr. 1). Die Berechnung einer\nMittelgebuhr von 7,5/10 erscheint im Hinblick auf den Gegenstand der\nBeauftragung angemessen.\n\n16\n\n4) Ein Mitverschulden des Klagers im Sinne des § 254 BGB liegt nicht vor.\nInsbesondere musste der Klager die Beklagte nicht darauf hinweisen, dass er\ndie Freistellungserklarung nicht fur erforderlich hielt. Es war der Beklagten\nebenso gut moglich wie dem Klager, sich uber die geltende Rechtslage zu\ninformieren. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Klager hier eine besondere\nSchutz- oder Aufklarungspflicht bezuglich der Beklagten zugekommen sein\nsollte.\n\n17\n\nII.\n\n18\n\nDie von der Beklagten hilfsweise erklarte Aufrechnung ist unzulassig. Sie ist\ngemaß § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO ausgeschlossen. Die Forderung des Klagers war\nunbedingt und fallig, bevor eine Aufrechnung durch die Beklagte erfolgen\nkonnte.\n\n19\n\nZwar ist der Ruckgriffsanspruch der Beklagten, mit dem sie aufrechnen mochte,\nbereits vor der Eroffnung des Insolvenzverfahrens, namlich mit Übernahme der\nBurgschaft entstanden. Er war jedoch aufschiebend bedingt durch die\nInanspruchnahme der Beklagten durch den Vermieter. Der Anspruch aus § 774 BGB\nentsteht im Sinne des § 95 InsO aufschiebend bedingt mit Übernahme der\nBurgschaft; Bedingung ist die Befriedigung des Glaubigers durch den Burgen\n(Palandt, 61. Aufl., § 774 RNr. 5). Eine Aufrechnung konnte somit gemaß § 95\nAbs. 1 Satz 1 InsO erst erfolgen, nachdem die Beklagte den Anspruch des\nVermieters befriedigt hatte. Dies geschah aber erst zu einem Zeitpunkt, als\nder Anspruch des Klagers bereits fallig geworden war, namlich am 5.10.2001.\nWird aber die Verbindlichkeit an die Masse fallig, bevor der Burge die\nBurgschaftsverbindlichkeit erfullt, so muss er voll an die Masse leisten und\nkann seine spatere Regressforderung aus der Burgschaft nur noch zur Tabelle\nanmelden (Luke in Kubler / Prutting, Lfg. 6/99, § 95 RNr. 25).\n\n20\n\nIII.\n\n21\n\nDer Zinsanspruch ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begrundet.\n\n22\n\n1) Aus dem Betrag in Hohe von 29.541,99 DM (Verzugszinsen 20.02. bis\n04.05.2001 zzgl. Anwaltskosten 5.383,80 DM) kann der Klager Zinsen gemaß §§\n286 Abs. 1 iVm 288 Abs. 1 BGB verlangen, dies jedoch erst seit dem 23.6.2001.\nAm 2.6.2001 befand sich die Beklagte noch nicht in Zahlungsverzug.\n\n23\n\nDer Klager hatte die Beklagte mit Schreiben vom 22.5.2001 zur Zahlung in Hohe\nvon 29.541,99 DM aufgefordert. Dieses Schreiben stellt eine gleichwertige\nZahlungsaufforderung im Sinne des § 284 Abs. 3 BGB dar. In Verzug befand sich\ndie Beklagte dann jedoch erst nach Ablauf der 30-Tagesfrist, also mit Ablauf\ndes 22.6.2001. Auch durch die Setzung einer Zahlungsfrist, hier dem 1.6.2001,\nkonnte der Klager den Eintritt des Verzuges nicht fruher herbeifuhren. Denn\ndie Regelung des § 284 Abs. 3 BGB ist fur Geldforderungen abschließend\n(Palandt, 61. Aufl., § 284 RNr. 24).\n\n24\n\n2) Bezuglich des Teilbetrags in Hohe von 11.913,18 DM steht einem Zinsanspruch\n§ 289 Satz 1 BGB entgegen. § 291 Satz 2 BGB verweist ausdrucklich nicht auf §\n289 Satz 2 BGB.\n\n25\n\nEin Zinsanspruch aus § 288 BGB besteht nicht, da der Klager die Beklagte\ninsofern nicht gemaß § 284 Abs. 3 BGB wirksam in Verzug gesetzt hat.\n\n26\n\nIV.\n\n27\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Die Kosten waren der\nBeklagten in vollem Umfang aufzuerlegen, da sich die Zuvielforderung des\nKlagers nur auf einen geringen Teil des Zinsanspruches bezog und keine\nbesonderen Kosten verursacht hat.\n\n28\n\nDie Entscheidung zur vorlaufigen Vollstreckbarkeit ist in § 709 ZPO begrundet.\n\n29\n\nStreitwert: 41.455,17 DM (EUR 21.195,69)\n\n
298,173
lsgnrw-2002-04-25-l-16-kr-3900
799
Landessozialgericht NRW
lsgnrw
Nordrhein-Westfalen
Sozialgerichtsbarkeit
L 16 KR 39/00
2002-04-25
2019-03-12 14:50:49
2020-12-10 12:58:09
Urteil
ECLI:DE:LSGNRW:2002:0425.L16KR39.00.00
## Tenor\n\nAuf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koln vom 08.\nNovember 1999 geandert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten\nhaben die Beteiligten einander in beiden Rechtszugen nicht zu erstatten. Die\nRevision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDer Klager begehrt die vollstandige Erstattung der Kosten einer Excimer-Laser-\nBehandlung seiner Augen (photorefraktive Keratektomie - PRK).\n\n3\n\nIm Januar 1999 begehrte der pflichtversicherte Klager bei der beklagten\nKrankenkasse die Kostenubernahme fur eine PRK seines rechten Auges unter\nVorlage eines Kostenvoranschlags des Arztes fur Augenheilkunde K ... uber\ninsgesamt 3404,86 DM. Beigefugt war eine Bescheinigung dieses Arztes vom\n12.01.1999, wonach bei dem Klager auf dem rechten Auge eine einseitige\nKurzsichtigkeit von minus 6,0 Dioptrien bei geringem hyperopen Astigmatismus\ndes linken Auges besteht. Aufgrund eines Brechungsungleichgewichtes\n(Anisometropie) von fast 8 Dioptrien sei eine Korrektur des Sehfehlers durch\nBrille nicht moglich. Eine monokular optimale Brillenkorrektur fuhre bei dem\nKlager zur absoluten Brillenunvertraglichkeit mit Kopfschmerzen, Augendruck,\nDoppelbildwahrnehmung und Schwindelgefuhl. Eine binokular vertragliche\nBrillenkorrektur fuhre zu einer erheblichen Sehscharfenherabsetzung auf dem\nrechten Auge. Der Versuch, die hohe Kurzsichtigkeit des rechten Auges durch\nAnpassung einer Kontaktlinse auszugleichen, sei an der Trockenheit des Auges\nmit fortgeschrittener Keratitis sicca sowie dem Unvermogen des Klagers, eine\nKontaktlinse zu gebrauchen (konsequenter Lidkrampf beim Einsetzungsversuch),\ngescheitert. Die refraktive Laserchirurgie sei daher die einzige Moglichkeit,\neinen Ausgleich der Anisometropie zu erreichen. Der Einsatz dieser Methode sei\nim Bereich von - 2,0 bis - 6,0 Dioptrien durch den Berufsverband der\nAugenarzte der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft sowie der Kommission\nfur refraktive Laserchirurgie (KRC) klinisch anerkannt.\n\n4\n\nDer Medizinische Dienst der Krankenversicherung - MDK - Nordrhein, Dr. M ...,\nkam zu dem Ergebnis, dass die PRK grundsatzlich nicht zu Lasten der\ngesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfahig sei, jedoch konne bei\nBestatigung der Kontaktlinsen-Unvertraglichkeit als Einzelfallentscheid die\nKostenubernahme der Operation zu einfachen Satzen des Kostenvoranschlags plus\nmaterieller Kosten empfohlen werden.\n\n5\n\nMit formlosem Bescheid vom 05.03.1999 sagte die Beklagte eine entsprechende\nKostenubernahme dem Klager zu. Dieser legte am 11.03.1999 Widerspruch ein und\nbat um Benennung alternativer Behandlungen bzw. eines Augenarztes, der einen\nEingriff zu einfachen Kassensatzen abrechne.\n\n6\n\nMit Bescheid vom 18.03.1999 sagte die Beklagte dem Klager daraufhin eine\nKostenubernahme in Hohe von 2000,-- DM zu. Auch hiergegen legte der Klager am\n22.03.1999 Widerspruch ein, weil ein weiterer Arzt ihm bescheinigt habe, dass\ndie PRK die einzige Behandlungsmoglichkeit in seinem Falle sei.\n\n7\n\nMit Widerspruchsbescheid vom 24.06.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als\nunbegrundet zuruck, weil die begehrte Behandlung nach den Richtlinien uber die\nEinfuhrung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden als Leistung\nausgeschlossen sei, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung\nerbracht werden durfe. Aus Vertrauensgesichtsgrunden verbleibe es bei der\nZusage uber 2000,-- DM.\n\n8\n\nDer Klager hat am 20.07.1999 vor dem Sozialgericht - SG - Koln Klage erhoben.\nEr hat die Auffassung vertreten, da die PRK die einzige Behandlungsmoglichkeit\nin seinem Fall darstelle, konne die Beklagte trotz der entgegenstehenden\nRichtlinien aufgrund des Ausnahmefalls die Kosten ubernehmen.\n\n9\n\nMit Urteil vom 08.11.1999 hat das SG die Beklagte antragsgemass verurteilt,\ndem Klager 3.404,86 DM zu zahlen. Auf die Entscheidungsgrunde wird Bezug\ngenommen.\n\n10\n\nGegen das ihr am 11.02.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, den\n13.03.2000, Berufung eingelegt.\n\n11\n\nSie ist der Auffassung, aus Grunden des Systemversagens konne eine durch den\nBundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht empfohlene Leistung dem\nVersicherten nur gewahrt werden, wenn der Ausschuss seine Aufgaben nicht\nordnugsgemass wahrgenommen habe. Davon konne vorliegend keine Rede sein.\nAllein die Übernahme eines Teils der Kosten konne nicht dazu fuhren, dass auch\nauf den restlichen Betrag ein gesetzlicher Anspruch bestehe. Im ubrigen sei\nder zugesagte Betrag von 2000,-- DM am 29.04.1999 auf das Konto des Klagers\nuberwiesen worden.\n\n12\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n13\n\ndas Urteil des SG Koln vom 08.11.1999 abzuandern und die Klage abzuweisen.\n\n14\n\nDer Klager beantragt,\n\n15\n\ndie Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil des SG Koln\nzuruckzuweisen.\n\n16\n\nEr halt das angefochtene Urteil fur zutreffend und stellt unstreitig, dass\nbereits 2.000,-- DM seitens der Beklagten gezahlt worden sind.\n\n17\n\nDer Senat hat ein Gutachten von Prof. Dr. St ..., Chefarzt der Augenabteilung\ndes ...hospitals D ... eingeholt, das dieser am 26.05.2001 in Zusammenarbeit\nmit dem Assistenzarzt Dr. G ... erstattet hat. Der Sachverstandige hat\ndargelegt, da die berufliche Situation des Klagers - regelmassiger Kontakt mit\nMehlstaub als Speditionskaufmann - den Einsatz von Kontaktlinsen\nausgeschlossen habe, sei fur die Verringerung der Sehbeeintrachtigung nur der\nphotorefraktive Eingriff als letztes therapeutisches Instrument in Betacht\ngekommen. Dieser konne daher nicht als lediglich kosmetische Maßnahme\nangesehen werden. Schon 1999 habe fur den Bundesausschuss der Ärzte und\nKrankenkassen Anlass bestanden, sich mit der PRK neu zu befassen, da einen\nMonat spater seitens der KRG Richtlinien zur Bewertung refraktiv chirurgischer\nEingriffe unter Qualitatssicherung dieser Chirurgie herausgegeben worden\nseien. Danach sei bis zu einer Myopie von -6 Dioptrien die PRK als\nwirtschaftlich anerkanntes Verfahren anzusehen. PRK-Eingriffe der Hornhaut\nhatten sich bis 1999 jedoch noch nicht flachenhaft durchgesetzt, da diese\nTherapieform in erster Linie als kosmetischer Eingriff gewertet worden sei und\nwerde.\n\n18\n\nDer Senat hat zu diesem Gutachten eine erganzende Stellungnahme des\nBundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 30.08.2001 sowie eine\nStellungnahme der KRC vom 22.01.2002 eingeholt. Wegen der Auskunfte wird auf\ndie Stellungnahmen Bezug genommen.\n\n19\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten\nverwiesen, die Gegenstand der mundlichen Verhandlung gewesen sind.\n\n20\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n21\n\nDie zulassige Berufung ist begrundet.\n\n22\n\nDie Klage ist unzulassig, soweit der Klager die Verurteilung der Beklagten zur\nZahlung von mehr als 1.404,86 DM begehrt. Die weitergehenden Kosten der PRK in\nHohe von 2.000,-- DM sind bereits durch die Beklagte befriedigt worden, so\ndass kein Rechtsschutzbedurfnis fur den weitergehenden Klageantrag besteht.\n\n23\n\nIm ubrigen hat das SG die Beklagte zu Unrecht zur Kostenerstattung\nverpflichtet, weil ein solcher Anspruch dem Klager nicht zusteht.\n\n24\n\nNach § 13 Abs. 3 2. Alt. Funftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche\nKrankenversicherung - (SGB V), der allein als Anspruchsgrundlage in Betracht\nkommt, sind, sofern die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat\nund dadurch Versicherten fur die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden\nsind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Hohe zu erstatten, soweit\ndie Leistung notwendig war. Es ist schon fraglich, ob die begehrte Behandlung\nnotwendig i.S.d. §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V gewesen ist. Der\nSachverstandige hat anders als der behandelnde Augenarzt die Notwendigkeit der\nentsprechenden Versorgung mit der Staubentwicklung am Arbeitsplatz des Klagers\nbegrundet, die den Gebrauch von Kontaktlinsen nicht zulasse. Dabei ist aber\nnicht ersichtlich, warum nicht der Einsatz einer zusatzlichen Schutzbrille\nwahrend der Staubexposition einen ausreichenden Schutz gewahrleisten konnte.\n\n25\n\nLetztlich kann dies aber auf sich beruhen, weil die PRK nicht zu den\nvertragsarztlichen Leistungen zahlt. § 135 Abs. 1 SGB V bestimmt, dass neue\nUntersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsarztlichen Versorgung zu\nLasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden durfen, wenn der\nBundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1\nSatz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. uber die Anerkennung des diagnostischen\nund therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Die PRK hat\nkeinen Eingang in den einheitlichen Bewertungsmaßstab fur vertragsarztliche\nLeistungen (EBM-Ä) gefunden und ist nach den Feststellungen des\nSachverstandigen auch nicht Bestandteil des vertragsarztlichen\nLeistungsspektrums geworden, so dass sie als neue Behandlungsmethode i.S.d. §\n135 Abs. 1 SGB V anzusehen ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7 S. 50). Die\ndanach fur eine Anwendung in der vertragsarztlichen Versorgung notwendige\nEmpfehlung durch den Bundesausschuss ist nicht erfolgt, sondern diese Therapie\nist unter dem synonymen Begriff der refraktiven Augenchirurgie durch Beschluss\ndes Bundesausschusses vom 11.05.1993 aus der vertragsarztlichen Versorgung\nausgeschlossen und in der Anlage 2 (Nr. 13) der Richtlinien uber neue\nUntersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-RL; veroffentlicht im\nBundesanzeiger vom 21.08.1993, S. 7869) unter die Behandlungsmethoden gefasst\nworden, deren therapeutischer Nutzen nicht festgestellt werden kann (jetzt\nAnlage B Nr. 13 der Richtlinien uber die Bewertung arztlicher Untersuchungs-\nund Behandlungsmethoden gemaß § 135 Abs. 1 SGB V [BUB-RL] vom 10.12.1999\n[BAnz. 2000 Nr. 56 S. 4602]).\n\n26\n\nDie NUB-RL sind untergesetzliche Rechtsnormen, die verbindlich das\nvertragsarztliche Leistungsspektrum regeln (vgl. BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 6 S.\n30; Nr. 7 S. 55; § 135 Nr. 14 S. 66). Infolgedessen ist dem Versicherten, der\nsich die Leistung gleichwohl selbst beschafft, im Kostenerstattungsverfahren\nder Einwand verwehrt, die Behandlungsmethode sei in seinem konkreten Fall\nzweckmaßig und wirksam gewesen.\n\n27\n\nDa dem Normgeber ein eigener Gestaltungs- und Beurteilungsspiel raum zukommt,\nkonnen die Richtlinien durch die Gerichte nur insoweit uberpruft werden, ob\nsie im Rahmen der gesetzlichen Ermachtigung zustandegekommen sind,\ninsbesondere ob sie dem Gleichbehandlungsgebot und dem Willkurverbot genugen,\ndas Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsatzen ausgestaltet gewesen ist und\ndie verfugbaren Beurteilungsgrundlagen ausgeschopft worden sind (vgl. BSG SozR\n3-2500 § 92 Nr. 7 S. 60). Dass die hier maßgebliche NUB-RL Anlage 2 Nr. 13\nunter Verletzung dieser Grundsatze oder unter Verstoß gegen hoherrangiges\nRecht zustandegekommen ist, ist nicht ersichtlich (so schon LSG NRW Urt. vom\n26.01.1999 - L 5 KR 101/98 -). Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen\nhat in seiner vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 30.08.2001\nhervorgehoben, dass die refraktive Hornhautchirurgie entsprechend den\nStellungnahmen der von ihm gehorten Sachverstandigen mit einer erheblichen\nartifiziellen Schadigung der Hornhaut einhergeht, deren Langzeiteffekte nicht\nabzusehen sind und die im Alter haufig zu sogenannten Dystrophien fuhren, die\neine Keratoplastik notwendig machen (vgl. dazu auch Internet-Information der\nLasergeschadigten-Organisation Surgical Eyes mit Sitz in Tampa im US-\nBundesstaat Florida unter www.surgicaleyes.org). Angesichts dieser Gefahren\nspricht nichts fur eine sachwidrige Entscheidung des Bundesausschusses.\n\n28\n\nIm Zeitpunkt der Behandlung des Klagers im Jahr 1999 hatte sich die Sachlage\nauch nicht so verandert, dass unter dem Gesichtspunkt eines Systemversagens\nein Anspruch auf die begehrte Leistung trotz der entgegenstehenden Richtlinie\ngegeben gewesen ist. Ein solches Systemversagen ist dann anzunehmen, wenn die\nfehlende Anerkennung der neuen Behandlungsmethode darauf zuruckzufuhren ist,\ndass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfullung der fur eine\nÜberprufung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder\nnicht zeitgerecht durchgefuhrt wird (vgl. BSG SozR 3- 2500 § 135 Nr. 4 S. 21;\nNr. 14 S. 66). Es kann dahinstehen, ob in dem insoweit maßgeblichen\nBehandlungszeitpunkt (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 12) schon mangels\neines erneuten Antrags seitens der zustandigen Gremien die formalen\nVoraussetzungen fur eine Überprufung gefehlt haben. Die Anerkennung einer\nneuen Behandlungsmethode setzt den Nachweis ihrer Wirksamkeit voraus, der\ngrundsatzlich dadurch zu fuhren ist, dass in einer fur die sichere Beurteilung\nausreichenden Zahl von Behandlungsfallen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei\ngefuhrter Statistiken ausreichende Behandlungserfolge belegt werden (BSG SozR\n3-2500 § 27 Nr. 5; § 109 Nr. 5). Solche Statistiken, die insbesondere einen\nAufschluss uber die Langzeitrisiken der PRK geben, lagen aber nach der\nAuskunft der KRC vom 22.01.2002 auch Anfang dieses Jahres noch nicht vor.\nNichts anderes ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverstandigen, der sich\nallein auf die Erkenntnisse der KRC bezogen hat. Unter diesen Umstanden\nbestand aber fur den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen kein Anlass,\nsich im Jahr 1999 erneut mit der PRK zu befassen. Dass die KRC gleichwohl\neigene Richtlinien uber den Einsatz der PRK herausgegeben hat, ist dabei ohne\nBelang, da - wie auch der Bundesausschuss ausgefuhrt hat - nicht ersichtlich\nist, auf welchen wissenschaftlich fundierten Erkenntnisquellen, die einen\nallgemeinen Konsens in der Augenmedizin gefunden haben, diese Richtlinien\nberuhen.\n\n29\n\nNur ausnahmsweise kann, sofern ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des\nVerlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher\nErkenntnisse auf erhebliche Schwierigkeiten stoßt, darauf abgestellt werden,\nob sich die angewendete Therapie in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat\n(BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 21 f.; Nr. 14 S. 68). Da weder seitens der KRC\nnoch nach den Ausfuhrungen des Sachverstandigen solche Schwierigkeiten\nbezuglich der Erstellung wissenschaftlicher Studien bestehen, kann es jedoch\nauf den Gesichtspunkt der allgemeinen Verbreitung der PRK in der medizinischen\nPraxis nicht ankommen. Im ubrigen hat der Sachverstandige eine solche\nallgemeine Verbreitung gerade verneint.\n\n30\n\nDer Klager kann schließlich aus der teilweisen Kostenubernahme durch die\nBeklagte keine weitergehenden Rechte herleiten. Diese Kostenzusage war zum\neinen entsprechend der vorstehenden Darlegungen rechtswidrig und zum anderen\nwar der Klager ausdrucklich dar auf hingewiesen worden, dass ein hoherer\nKostenzuschuss nicht in Betracht komme, so dass er die Behandlung nicht im\nVertrauen auf die Einstandspflicht der Beklagten vorgenommen hat.\n\n31\n\nDie Berufung musste daher mit der auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG)\nberuhenden Kostenentscheidung zuruckgewiesen werden.\n\n32\n\nDie Voraussetzungen fur die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind\nnicht erfullt.\n\n
298,380
vg-dusseldorf-2002-04-11-23-k-519899
842
Verwaltungsgericht Düsseldorf
vg-dusseldorf
Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
23 K 5198/99
2002-04-11
2019-03-12 14:56:31
2020-12-10 12:58:41
Urteil
ECLI:DE:VGD:2002:0411.23K5198.99.00
## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDie Kosten des Verfahrens tragt der Klager.\n\nDie Kostenentscheidung ist vorlaufig vollstreckbar. Der Klager kann die\nVollstreckung in Hohe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht das\nbeklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDer Klager steht als Lehrer seit 1979 im Dienst des beklagten Landes und\nunterrichtet an dem Gymnasium Tstraße in X.\n\n3\n\nUnter dem 5. April 1999 beantragte der Klager die Anerkennung eines wahrend\nder Lehrerkonferenz am 1. Februar 1999 eingetretenen Vorfalls und seiner\nFolgen als Dienstunfall. Er gab an, wahrend der in der Mensa der Schule\nabgehaltenen Konferenz sei es durch eine Ruckkopplung der eingesetzten\nVerstarkeranlage zu einem ohrenbetaubenden Pfeifen gekommen. Der am nachsten\nTag aufgesuchte Arzt Dr. R habe ein Larmtrauma des rechten Ohres festgestellt.\nDer Klager legte zwei schriftliche Zeugenaussagen von Kollegen vor, die die\nAuslosung eines langeren, ohrenbetaubenden Ruckkopplungstones bestatigten.\nWeiter gab eine Zeugin an, der Klager habe im Anschluss im Gesprach erhebliche\nSchwierigkeiten gehabt, sie zu verstehen. Außerdem legte der Klager eine\nBescheinigung des Ohrenarztes Dr. R vom 19. April 1999 vor, wonach der Klager\nbei ihm vom 2. bis 5 Februar 1999 wegen Larmtraumas in medikamentoser\nBehandlung gewesen sei. Die durchgefuhrten Spielgeluntersuchungen seinen\nunauffallig gewesen, das Reintonaudiogramm habe keine Veranderung gegenuber\nden bereits bekannten Werten erbracht.\n\n4\n\nIn der Folgezeit reichte der Klager bei der Bezirksregierung E eine Rechnung\ndes Herrn Dr. R vom 30. Marz 1999 fur arztliche Untersuchungen am 2. und 5\\.\nFebruar 1999 uber 365,30 DM sowie ein Rezept des Herrn Dr. R vom 2\\. Februar\n1999 ein, mit dem der Klager Medikamente zum Preis von 58,29 DM erworben\nhatte.\n\n5\n\nMit Bescheid vom 27. Mai 1999 lehnte die Bezirksregierung E die Anerkennung\ndes Vorfalls vom 1. Februar 1999 und die darauf zuruckgefuhrten Folgen als\nDienstunfall nach § 31 Abs. 1 des ?eamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) ab. Auf\nGrund der arztlichen Bescheinigung des Herrn Dr. R sei davon auszugehen, dass\nbeim Klager bereits vor dem 1. Februar 1999 ein entsprechendes Leiden\nvorhanden gewesen sei. Der Umstand, dass nicht auch bei anderen Kollegen\nentsprechende Beschwerden aufgetreten seien, lasse darauf schließen, dass das\nUnfallereignis vom 1\\. Februar 1999 nur von untergeordneter Bedeutung fur den\neingetretenen Korperschaden gewesen sei. Larmbelastigungen bei Verrichtungen\ndes taglichen Lebens hatten jederzeit denselben Schaden herbeifuhren konnen.\n\n6\n\nAm 18. Juni 1999 legte der Klager Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid\nvom 27. Mai 1999 ein. Zur Begrundung fuhrte er aus, er habe in seinem Leben\nnoch kein weiteres Larmtrauma erlitten, sodass nicht davon ausgegangen werden\nkonne, dass „jedes andere ahnliche, alltaglich vorkommende Ereignis denselben\nErfolg herbeigefuhrt hatte". Vielmehr sei der Ruckkopplungston sehr wohl\nwesentliche Ursache fur den Korperschaden.\n\n7\n\nMit Bescheid vom 7. Juli 1999 wies die Bezirksregierung E den Widerspruch des\nKlagers unter Wiederholung der Argumentation aus dem Ausgangsbescheid zuruck.\n\n8\n\nDie vom Klager zur Erstattung eingereichte Arztrechnung sowie das zum\nMedikamentenerwerb verwendete Rezept gab die Bezirksregierung E dem Klager\nunter Bezugnahme auf die Widerspruchsentscheidung zuruck.\n\n9\n\nDer Klager hat am 6. August 1998 Klage erhoben. Zur Begrundung tragt er vor,\ndie Ursachlichkeit des Ereignisses wahrend der Lehrerkonferenz am 1. Februar\n1999 fur das Larmtrauma konne nicht in Zweifel gezogen werden, da er nie zuvor\nunter vergleichbaren Beschwerden gelitten habe. Zur Untermauerung legt er eine\narztliche Bescheinigung des Herrn Dr. R vom 8. Marz 2001 vor, wonach 1995 und\nim Oktober 1997 beim Klager eingetretene Horsturze nach entsprechender\nBehandlung folgenlos verheilt seien. Am 2. Februar 1999 habe nur ein leichtes\nAbsinken der Horschwelle festgestellt werden konnen.\n\n10\n\nIn der mundlichen Verhandlung hat der Klager erganzend darauf hingewiesen,\ndass es sich bei dem durch die 200-Watt-Verstarkeranlage ausgelosten\nRuckkopplungsgerausch um einen extrem lauten und langer anhaltenden Ton\ngehandelt habe.\n\n11\n\nDer Klager beantragt,\n\n12\n\nden Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 1999 in Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 7. Juli 1999 aufzuheben und den in der\nDienstunfallanzeige naher beschriebenen Vorfall am 1\\. Februar 1999 und das im\nAnschluss festgestellte Larmtrauma als Dienstunfall anzuerkennen sowie die\nBeklagte zu verpflichten, ihm im Rahmen der Unfallfursorge Behandlungskosten\nin Hohe von 423,59 DM zu erstatten.\n\n13\n\nDas beklagte Landes beantragt,\n\n14\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n15\n\nZur Begrundung nimmt das beklagte Land auf die vom Klager vorgelegte\nohrenarztliche Bescheinigung vom 8. Marz 2001 Bezug, die belege, dass der\ngeltend gemachte Korperschaden auf eine anlagebedingte Anfalligkeit des\nHororganes zuruckzufuhren sei.\n\n16\n\nDas Gericht hat eine Stellungnahme des den Klager behandelnden Ohrenarztes Dr.\nR eingeholt. Danach wurde der Klager u.a. in den Jahren 1995 und 1997 wegen\nHorsturzes, im Jahr 1998 wegen subjektiver Horstorung und im Jahr 1999 wegen\nLarmtraumas behandelt. Im Hinblick auf den wiederholten Horsturz konne eine\nanlagebedingte Schwache sowie ein erhohtes Risiko fur den Eintritt von\nErkrankungen dieser Art beim Klager nicht ausgeschlossen werden. Eine\nbesondere Empfindlichkeit des Klagers gegenuber starken akustischen Reizen wie\nLarm musse als sehr wahrscheinlich angesehen werden.\n\n17\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nInhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgange der\nBezirksregierung E Bezug genommen.\n\n18\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n19\n\nDie Klage hat keinen Erfolg.\n\n20\n\nDie angegriffenen Bescheide der Bezirksregierung E vom 27. Mai und 7\\. Juli\n1999 sind rechtmaßig. Der Klager hat weder einen Anspruch auf Anerkennung des\nGeschehens am 1. Februar 1999 und des nachfolgenden Larmtraumas als\nDienstunfall noch auf Übernahme der in diesem Zusammenhang angefallen\nBehandlungskosten durch die Unfallfursorge.\n\n21\n\n§ 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG definiert einen Dienstunfall als ein Ereignis, das\nin Ausubung des Dienstes eingetreten ist und einen Korperschaden verursacht\nhat. Ein dienstunfallbedingter Korperschaden liegt vor, wenn das als\nDienstunfall in Betracht kommende Ereignis bei dem Beamten allein oder als\nwesentliche, zumindest gleichgewichtige Ursache neben anderen einen vom\ngesundheitlichen Normalzustand abweichenden Zustand herbeigefuhrt hat.\nWesentliche (Teil-)Ursache in diesem Sinne kann ein außeres Ereignis auch dann\nsein, wenn es ein anlagebedingtes Leiden auslost oder beschleunigt, wenn es\nnicht gegenuber anderen Bedingungen - wozu auch die vorhandene Anlage gehort -\nvon untergeordneter Bedeutung ist. Danach sind sog. Gelegenheitsursachen, bei\ndenen zwischen dem Dienst und dem eingetretenen Schaden eine nur zufallige\nBeziehung besteht, weil eine krankhafte Veranlagung oder ein anlagebedingtes\nLeiden so leicht ansprechbar war, dass auch ein anderes im alltaglichen Leben\nvorkommendes ahnliches Ereignis denselben Erfolg herbeigefuhrt hatte, nicht\nals Ursachen im dienstunfallrechtlichen Sinne anzusehen.\n\n22\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1988 - 2 C 77.86 -, ZBR 1989,57; OVG NRW,\nUrteile vom 17. Januar 1990 - 6 A 2506/87 -, vom 30. Januar 1990 - 1 A 129/88\n- und vom 6. April 1995 - 6 A 1203/94 -, Schutz/Maiwald, Beamtenrecht,\nEntscheidungssammlung C II 3.1 Nr. 36, 38, 56.\n\n23\n\nDemnach scheitert die vom Klager begehrte Dienstunfallanerkennung jedenfalls\ndeshalb, weil das angeschuldigte Ereignis - hohe Gerauschentwicklung durch\nRuckkopplung der schulischen Verstarkeranlage - nicht als wesentliche Ursache\nim dienstunfallrechtlichen Sinne fur das am nachsten Tag durch einen Facharzt\ndiagnostizierte Larmtrauma angesehen werden kann.\n\n24\n\nNach den vorliegenden arztlichen Bescheinigungen des den Klager behandelnden\nOhrenarztes Dr. R muss davon ausgegangenen werden, dass es beim Klager bereits\nvor dem 1. Februar 1999 mehrfach zu pathologischen Zustanden im Bereich des\nHororganes gekommen ist. Nach Einschatzung von Herrn Dr. R konnen sowohl eine\nanlagebedingte Schwache als auch eine (mittlerweile) erhohte Anfalligkeit fur\nBeschwerden im Bereichs des Ohres nicht ausgeschlossen werden und muss mit\nhoher Wahrscheinlichkeit von einer besonderen Empfindlichkeit des Klagers fur\nakustische Reize ausgegangen werden. Gegenteiliges hat der Klager, der\nzunachst lediglich behauptet hatte, nie vergleichbare Beschwerden gehabt zu\nhaben, nicht uberzeugend dargelegt. Es ist von daher davon auszugehen, dass\nneben der extremen Gerauschbelastung durch die Ruckkopplung der\nVerstarkeranlage auch eine besondere Empfindlichkeit des Klagers ursachlich\nfur das eingetretene Larmtrauma war. Fur diese Schlussfolgerung spricht auch\nder Umstand, dass keine vergleichbaren Beschwerden bei anderen der etwa\nhundert anwesenden Kollegen des Klagers bekannt geworden sind.\n\n25\n\nDaruber hinaus sieht das Gericht das angeschuldigte Unfallereignis als ein\nEreignis an, das so oder in nach der Gerauschentwicklung vergleichbarer Weise\nauch jederzeit im alltaglichen Leben auftreten kann. Zum einen besteht bei\njeder großeren Veranstaltung (Konzert, Tanzveranstaltung, Vereinsversammlung\nu.a.), bei der eine Verstarkeranlage großeren Zuschnitts benutzt wird, die\nrealistische Moglichkeit einer ungewollt ubermaßigen Larmentwicklung. Zum\nanderen kommt es auch in vielen anderen alltaglichen Situationen (im\nStraßenverkehr, in der Nahe von Baustellen, beim Einsatz großerer Maschinen)\nunerwartet zu hohen Larmbelastungen. Konkrete Anhaltspunkte dafur, dass der\nvom Klager beklagte Korperschaden stattdessen nur auf Grund der besonderen,\nunersetzlichen Eigenart des angeschuldigten Unfallereignisses erklarbar ware,\nsind weder ersichtlich noch vom Klager plausibel dargelegt. Auf diesem\nHintergrund muss es als eher zufallig angesehen werden, dass die erhohte\nLarmbelastung und die auf Grund der besonderen Empfindlichkeit des Klagers fur\nakustische Reize nachfolgenden Horprobleme wahrend der Dienstzeit und nicht\nbei einer vergleichbaren anderen Gelegenheit außerhalb des Dienstes\naufgetreten sind. Damit kann das in die Dienstzeit fallende Unfallereignis\nnicht neben der besonderen Disposition des Klagers als wesentliche Ursache des\nLarmtraumas im dienstunfallrechtlichen Sinne angesehen werden.\n\n26\n\nHat demnach die Bezirksregierung E zu Recht die Anerkennung des Vorfalls am\n1\\. Februar 1999 und des nachfolgenden Larmtraumas als Dienstunfall nach § 31\nAbs. 1 BeamtVG abgelehnt, ist fur eine Übernahme der im Zusammenhang mit dem\nLarmtrauma entstandene Behandlungskosten durch die Unfallfursorge nach § 33\nBeamtVG kein Raum.\n\n27\n\nDie Klage war von daher in vollem Umfang mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1\nVwGO abzuweisen.\n\n28\n\nDie Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO\ni.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.\n\n29\n\n
298,620
ovgnrw-2002-03-21-7-b-6302
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
7 B 63/02
2002-03-21
2019-03-12 15:03:41
2020-12-10 12:59:17
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2002:0321.7B63.02.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDie Antragstellerin tragt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich\nder außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.\n\nDer Streitwert wird fur das Zulassungsverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag ist gemaß § 194 Abs. 2 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur\nBereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) vom\n20\\. Dezember 2001, BGBl. I Seite 3987, weiterhin als Antrag auf Zulassung der\nBeschwerde anzusehen. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Zulassigkeit\neines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung nach dem bis zum 31\\.\nDezember 2001 geltenden Recht, wenn - wie hier - die gerichtliche Entscheidung\nvor dem 1. Januar 2002 bekannt gegeben worden ist.\n\n3\n\nDer zulassige Antrag ist unbegrundet.\n\n4\n\nAus den im Zulassungsantrag dargelegten Grunden ergeben sich weder die\nAbweichung des angefochtenen Beschlusses von einer Entscheidung des\nOberverwaltungsgerichts (Zulassungsgrund gemaß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 4\nVwGO a.F.) noch die behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des\nangefochtenen Beschlusses (Zulassungsgrund gemaß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr.\n1 VwGO a.F.).\n\n5\n\nFur eine Zulassung der Beschwerde wegen Abweichung von einer Entscheidung des\nOberverwaltungsgerichts ist schon deshalb kein Raum, weil das\nOberverwaltungsgericht NRW in den von der Antragstellerin aufgefuhrten\nBeschlussen,\n\n6\n\nOVG NRW vom 27. Marz 2000 - 7 B 439/00 - und vom 20. August 2001 - 10 B 733/01\n-,\n\n7\n\nkeinen Rechtssatz aufgestellt hat, dem die Entscheidung des\nVerwaltungsgerichts widerspricht. In den angefuhrten Entscheidungen hat das\nOberverwaltungsgericht bestimmte Kriterien zur Bewertung der Frage angefuhrt,\nob eine durch Vor- und Rucksprunge von Wandteilen gegliederte Außenwand bei\nnaturlicher Betrachtungsweise noch als eine einheitliche Außenwand angesehen\nwerden kann. Entscheidend fur die Bewertung ist es danach, ob trotz des\nVersatzes der Wandflachen noch der Eindruck von Einheitlichkeit des\nWandverlaufs im konkreten Fall festzustellen ist. Fur die Frage dieser\nEinheitlichkeit konnen daruber hinaus die jeweiligen - ggf. unterschiedlichen\n- Hohen oder Tiefen der in Betracht stehenden Wandflachen, ihre\nGemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten im außeren Erscheinungsbild und ggf.\nauch ihre gemeinsamen oder unterschiedlichen Funktionalitaten in Bezug auf das\ngesamte Bauwerk in Betracht gezogen werden.\n\n8\n\nVgl. auch OVG NRW, Urteil vom 17. August 2001 - 7 A 2286/00 - m.w.N.\n\n9\n\nAn dieser Rechtsprechung hat sich das Verwaltungsgericht ausdrucklich\norientiert und unter Anwendung der vorgenannten Kriterien eine\nEinzelfallbewertung der nordwestlichen Außenwand des Bauvorhabens des\nBeigeladenen vorgenommen (Beschlussabdruck S. 4 f.). Entgegen der Ansicht der\nAntragstellerin haben die beiden Bausenate nicht einen abstrakten Rechtssatz\naufgestellt, ob und wann die Außenwand einer Gebaudeseite als zwei Außenwande\nanzusehen ist. Vielmehr haben sie nach Maßgabe der vorgenannten Kriterien den\njeweils vorliegenden konkreten Einzelfall entschieden.\n\n10\n\nSoweit die Antragstellerin behauptet, das Verwaltungsgericht habe das Gebot\nder Rucksichtnahme verkannt, begrunden ihre Darlegungen im Zulassungsantrag\nkeine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen\nverwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Eine Verletzung des Rucksichtnahmegebots\nliegt nicht deshalb vor, weil - wie die Antragstellerin meint - vom\nVerwaltungsgericht eine "Gesamtbetrach-tung" hatte vorgenommen werden mussen.\nDas Rucksichtnahmegebot ist keine allgemeine Harteklausel, die uber den\nspeziellen Vorschriften des Stadtebaurechts oder gar des gesamten offentlichen\nBaurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des\nBaurechts. Im vorliegenden Fall kommt das Gebot der Rucksichtnahme allein uber\ndas in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Tatbestandsmerkmal des "Einfugens" zur\nAnwendung. Dies ist vom Verwaltungsgericht zutreffend gesehen und bewertet\nworden (S. 7 ff. des Beschlussabdrucks). Ein Rucksichtnahmeverstoß ist auch\nnicht deshalb gegeben, weil die Antragsgegnerin durch Anwendung des\nSchmalseitenprivilegs gemaß § 6 Abs. 6 Satz 1 BauO NRW zu einer Verkurzung der\nAbstandflachen gelangt ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter\nHeranziehung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts ausgefuhrt hat,\nliegt ein Abstandflachenverstoß im vorliegenden Fall nicht vor. Werden die\nAbstandflachenvorschriften aber eingehalten, dann ist das Rucksichtnahmegebot\nzumindest aus tatsachlichen Grunden im Regelfall nicht verletzt.\n\n11\n\nVgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 \\- 4 B 128.98 - BRS 62 Nr. 102 (S.\n459).\n\n12\n\nEine vom Regelfall abweichende Fallgestaltung hat die Antragstellerin nicht\nvorgetragen. Sie wird insbesondere nicht durch eine fruhere rechtliche\nBewertung der Antragsgegnerin zur Nichtbebauung des Grundstucks des\nBeigeladenen begrundet, die auf Grundlage der Annahme einer\nAußenbereichsbebauung erfolgte. Eine Zusicherung i.S. d. § 38 Abs. 1 Satz 1\nVwVfG NRW wird selbst von der Antragstellerin nicht angenommen. Das Gebot der\nRucksichtnahme vermittelt eine drittschutzende Wirkung allein uber die durch\ndas Merkmal des "Einfugens" in § 34 Abs. 1 BauGB in Bezug genommenen\nNormelemente: Art und Maß baulicher Nutzung, Bauweise und uberbaubare\nGrundstucksflache; auf andere als die genannten vier Merkmale, insbesondere\n"mundliche Zusagen", bezieht es sich deshalb nicht.\n\n13\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - 4 C 34.85 -, BRS 46 Nr. 176 (S. 413).\n\n14\n\nDas Verwaltungsgericht hat bei seiner Bewertung der Umgebungsbebauung auch die\nGrundstuckssituation der Antragstellerin - namentlich die Hanglage zum\nGrundstuck des Beigeladenen - berucksichtigt, wie sich aus den Grunden des\nangefochtenen Beschlusses ergibt (S. 9 f. des Beschlussabdrucks). Ernstliche\nZweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses ergeben sich auch\ninsoweit nicht.\n\n15\n\nSoweit sich die Antragstellerin mit ihren Darlegungen gegen die vom\nVerwaltungsgericht bewertete Unzulassigkeit ihres Antrags auf Stilllegung der\nArbeiten an dem Bauvorhaben des Beigeladenen wendet, ist ihr Vorbringen schon\nnicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag aus\nselbstandig tragenden Erwagungen als unbegrundet abgelehnt. Einwendungen\nhiergegen hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht.\n\n16\n\nVon einer weiteren Begrundung sieht der Senat gemaß §§ 146 Abs. 6 Satz 2, 124a\nAbs. 2 Satz 2 VwGO a.F. ab.\n\n17\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.\n\n18\n\nDie Streitwertfestsetzung stutzt sich auf §§ 20 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.\n\n19\n\nDer Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).\n\n20\n\n
298,684
ovgnrw-2002-03-19-15-a-73702
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
15 A 737/02
2002-03-19
2019-03-12 15:06:05
2020-12-10 12:59:27
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2002:0319.15A737.02.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Zulassungsverfahrens.\n\nDer Streitwert fur das Zulassungsverfahren wird auf 482,24 EUR festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgrunde\nnicht vorliegen. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an\nder Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor, weil es\nnicht uberwiegend wahrscheinlich ist, dass der Klage aus den im\nZulassungsverfahren vorgebrachten Grunden in einem durchzufuhrenden\nBerufungsverfahren stattzugeben ware. Soweit der Klager der Auffassung ist,\ndie Straße sei mit 5,5 m uberbreit, sodass der Einbau sieben neuer Sinkkasten\nkeine Verbesserung darstelle, und die Ersetzung zweier Sinkkasten durch\nkleinere habe zu einer Verschlechterung gefuhrt, begrundet dies keine solchen\nZweifel. Die Art des Ausbaus liegt im weiten Ausbauermessen der Gemeinde. Erst\ndessen Überschreitung kann beitragsrechtlich von Bedeutung sein. Überschritten\nist es erst, wenn sich die getroffene Ausbauentscheidung nicht mehr im Rahmen\ndes sachlich Vertretbaren bewegt. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, im Rahmen\nder Beitragserhebung inzident zu prufen, ob die Gemeinde die sinnvollste und\nzweckmaßigste Ausbaumaßnahme gewahlt hat.\n\n3\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2000 - 15 A 747/00 -, S. 2 des\namtlichen Umdrucks; Urteil vom 22. November 1995 - 15 A 1432/93 -, Gemhlt.\n1997, 63 (64).\n\n4\n\nWeder die angelegte Straßenbreite noch die Art und Weise des Ausbaus der\nEntwasserungseinrichtung legen es nahe, dass ein im oben verstandenen Sinne\nunvertretbarer Ausbau vorliegt. Fur die Entwasserungseinrichtung gilt dies\nschon deshalb, weil nicht die Entwasserungsleistung einzelner Sinkkasten,\nsondern die Entwasserungsleistung der Straßenentwasserungsanlage insgesamt fur\ndas Vorliegen einer Verbesserung maßgeblich ist. Auch der geltend gemachte\nZulassungsgrund eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden\nVerfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5\nVwGO), liegt nicht vor. Der geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung\nder Aufklarungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt weder deshalb vor, weil das\nGericht eine Pflicht des Herrn V hatte feststellen mussen, dass er fur die\nKosten der Entwasserungseinrichtung aufkommen musse, noch deshalb, weil das\nGericht die besondere Form und Beschaffenheit der Beleuchtungskorper nicht\nweiter aufgeklart hat. Es ist nicht erkennbar, warum sich dem Gericht insoweit\neine uber den geschehenen Umfang hinaus weitere Sachverhaltsaufklarung\naufgedrangt haben sollte.\n\n5\n\nVgl. zur Notwendigkeit des Aufdrangens fur eine Verletzung der\nAufklarungspflicht BVerwG, Beschluss vom 28. November 1995 - 8 B 104.95 -,\nBuchholz 448.0 § 12 Wehrpflichtgesetz Nr. 189.\n\n6\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung uber den\nStreitwert ergibt sich aus §§ 14 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 2 GKG.\n\n7\n\nDieser Beschluss ist unanfechtbar.\n\n8\n\n
298,758
olgham-2002-03-13-13-u-10900
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
13 U 109/00
2002-03-13
2019-03-12 15:08:01
2020-12-10 12:59:39
Urteil
ECLI:DE:OLGHAM:2002:0313.13U109.00.00
## Tenor\n\nAuf die Berufung der Klager wird unter Zuruckweisung des Rechtsmittels im\nubrigen das am 20. Januar 2000 verkundete Urteil der 4. Zivilkammer des\nLandgerichts Essen abgeandert.\n\nDie Beklagte wird verurteilt, an den Klager zu 1) 3.118,88 Euro nebst 4 %\nZinsen von 3.067,75 Euro seit dem 1.5.1999 und von weiteren 51,13 Euro seit\ndem 9.7.1999 zu zahlen.\n\nEs wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Klagern samtliche\nzukunftigen Kosten der Heilung sowie alle zukunftigen Vermogensnachteile zu\nersetzen, die die Klager dadurch erleiden, daß infolge ihrer\nTrichinoseerkrankung im Oktober 1998 zeitweise oder dauernd ihre\nErwerbsfahigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder ihre Bedurfnisse vermehrt\nsind.\n\nIm ubrigen bleibt die Klage abgewiesen.\n\nVon den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen\nder Klager zu 1) 43 % und die Klagerin zu 2) 41 %, weitere 16 % tragt die\nBeklagte.\n\nVon den außergerichtlichen Kosten des Klagers zu 1) tragt dieser 79 % selbst,\nweitere 21 % tragt die Beklagte.\n\nVon den außergerichtlichen Kosten der Klagerin zu 2) tragt diese 89 % selbst,\nweitere 11 % tragt die Beklagte.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\nEs beschwert den Klager zu 1) in Hohe von 21.474,86 Euro und die Klagerin zu\n2) um 20.451,68 Euro und die Beklagte um 8.231,80 Euro.\n\n \n1\n\n** _Tatbestand:_**\n\n2\n\nDer Klager verlangt nach einer Erkrankung an Trichinose von den Beklagten die\nZahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und die Feststellung deren\nEintrittspflicht fur materielle und immaterielle Schaden.\n\n3\n\nDer Klager (Ehemann) kaufte am 05. Oktober 1998 in dem Geschaft der Beklagten,\nN-Straße in F, u.a. 15 rohe Mettwurstchen die er und die Klagerin zu 2)\n(Ehefrau) zumindest teilweise roh aßen. Am 15. Oktober 1998 erkrankte der\nKlager zunachst an Durchfall und litt in der Folgezeit wiederholt an hohem\nFieber. Auch die Klagerin zu 2) erkrankte Ende Oktober. Die arztlichen\nBehandlungen fuhrten zunachst nicht zum Erfolg. Der Klager begab sich deshalb\nAnfang November 1998 in stationare Behandlung des Klinikums F, wo schließlich\nder Verdacht auf eine Trichinenerkrankung aufkam. Auf eine entsprechende\nUntersuchung bestatigte sich dieser Verdacht. Seither leidet er an Beschwerden\nund Beeintrachtigungen, die typischerweise mit dieser Erkrankung verbunden\nsind.\n\n4\n\nDie Feststellung der Trichinose, einer meldepflichtigen Krankheit, loste\ndiverse Ermittlungen des Gesundheitsamtes, des staatlichen Veterinaramtes, des\nGesundheitsministeriums des Landes NRW und des Bundes sowie der Kommission der\nEuropaischen Gemeinschaft aus. Die Untersuchungen ergaben zwei epidemische\nHerde, einen im Raum F mit insgesamt 41 Erkrankungen und einen weiteren Herd\nim Raum N mit 8 Erkrankungen. Die Erkrankung einer Person (T4) konnte beiden\nHerden nicht zugeordnet werden. Von den im Raum F betroffenen Personen machen\naußer den Klagern die Eheleute N3 und M3, M2, L, die Eheleute E3 und E2 und N\nAnspruche gegen die Beklagten in Parallelverfahren geltend. Wegen der\nFeststellungen und Krankheitsverlaufe in diesen Fallen wird auf die\nbeigezogenen Akten M3/M4 u.a. 13 U 129/00, V/G GmbH - 13 U 109/00, L/G GmbH\n13 U 190/00 - und E2/M4 u.a. - 13 U 107/00 - und N/G GmbH u.a. - 13 U 104/00 -\nBezug genommen.\n\n5\n\nDie von der Beklagten an den Klager zu 1) verkauften Wurste hatte sie selbst\nhergestellt. In diesen Wursten war Schweinefleisch verarbeitet, das die\nBeklagte am 29.09.1998 von der Fa. T GmbH & Co. in H bezogen hatte. Diese\nhatte das Fleisch - Saunacken aus Spanien - von einem Zerlegebetrieb D\nimportiert, der seinerseits die geschlachteten Tiere von dem Schlachtbetrieb F\nin C bekommen hatte. Die Beklagte erhielt das Fleisch in der\nOriginalverpackung des Zerlegebetriebes und produzierte daraus ca. 2000\nWurste, die zeitnah u.a. uber die Beklagte vermarktet wurden. Die amtlichen\nErmittlungen ergaben, daß mit Wahrscheinlichkeit der Ursprung fur das\nepidemische Auftreten der Trichinose im Raum F im Verzehr der rohen Mettwurste\nder Beklagten liege. Auf die veterinaramtliche Stellungnahme M2 vom\n12.07.1999, auf die Stellungnahme I vom 27.05.1999, den Bericht der\nEuropaischen Kommission vom 26.05.1999 und den Bericht E, L3, Ministerium fur\nUmwelt, Raumordnung und Landwirtschaft NRW wird Bezug genommen.\n\n6\n\nAus den Ermittlungen ergibt sich, daß das von der Beklagten zu 2) verarbeitete\nrohe Schweinefleisch anhand der Kennzeichnung auf der Verpackung der in\nStuckgroßen von ca. 20 cm Durchmesser zerlegten Saunacken zu den spanischen\nBetrieben zuruckverfolgt werden konnte. In dem Final Report der Europaischen\nKommission vom 26.05.1999 wird festgestellt, daß die Veterinarkontrollen in\nden spanischen Betrieben nicht den Anforderungen der Richtlinien entsprechen.\nDie spanischen Behorden werden deshalb darin zu weitergehenden Kontrollen\naufgefordert.\n\n7\n\nDie Klager behaupten, sie seien wegen des Verzehrs der rohen Mettwurste der\nBeklagten erkrankt. Die Beklagte habe bei der Herstellung der rohen\nMettwurstchen mit Trichinen befallenes Fleisch verwendet.\n\n8\n\nDie Klager haben beantragt,\n\n9\n\n 1. die Beklagte zu verurteilen, a) an den Klager zu 1) ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 09.07.1999 zu zahlen, b) an die Klagerin zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 09.07.1999 zu zahlen; c) an den Klager zu 1) 8.100,00 DM Verdienstausfall nebst 4 % Zinsen seit dem 09.07.1999 zu zahlen, \n 2. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen samtliche materiellen und immateriellen Schaden, letztere, soweit sie nach dem 09.07.1999 entstehen zu ersetzen, die ihnen durch die Trichinoseerkrankung noch entstehen werden.\n\n10\n\nDie Beklagten haben beantragt,\n\n11\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n12\n\nSie hat bestritten, daß der Klager zu 1) die Wurste in ihrem Geschaft gekauft\nhabe. Sie hat ferner bestritten, daß das von ihr zur Herstellung der Wurste\nverwendete rohe Schweinefleisch und infolgedessen die Wurste selbst mit\nTrichinen befallen gewesen seien. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein\nsollte, sei der Verzehr dieser Wurste nicht ursachlich fur die Erkrankung der\nKlager.\n\n13\n\nDas Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen L4, I, M2,\nHerrn N2 im Parallelverfahren 4 O 284/99 (N/M4 u.a.) die Klage abgewiesen. Zur\nBegrundung hat es sich darauf gestutzt, die Klager hatten nicht bewiesen, daß\nsie wegen des Verzehrs von Wursten der Beklagten erkrankt seien. Ihnen komme\nauch nicht der Anscheinsbeweis zugute. Der direkte Beweis eines Befalls des\nspanischen Fleischs mit Trichinienlarven sei nicht erbracht. Die Ergebnisse\ndes Veterinaramtes reichten nicht aus, die Ursachlichkeit anderer Produkte und\nanderer Hersteller auszuschließen. Eine Trichinose konne auch durch andere\nLebensmittel ausgelost werden als durch rohe Mettwurste. Die Anzahl der\nerkrankten Personen sei zu gering, um einen sicheren Schluß auf die vom Klager\nbehauptete Ursache zuzulassen. Auch musse berucksichtigt werden, daß die\namtlichen Erhebungen zielgerichtet erfolgt seien, so daß sich Fehler bei der\nZuordnung angeblicher Gemeinsamkeiten ergaben. Es stehe fest, daß in den\nspanischen Betrieben die erforderlichen Kontrollen vorgenommen worden seien.\nDaß die Prufnummer auf der Banderole der Verpackung nicht mit der nach den\nUnterlagen in Spanien erteilten Veterinarkontrollnummer ubereinstimme, sei\nunerheblich. Auch wenn bei nachtraglicher Überprufung der spanischen Betriebe\ndurch die EU-Kommission Unzulanglichkeiten der alten Veterinaruberwachung\nfestgestellt worden seien, rechtfertige dies nicht den positiven Schluß\ndarauf, daß die Mettwurste der Beklagten mit Trichinen befallen gewesen seien.\n\n14\n\nGegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klager, mit der sie ihr\nerstinstanzliches Klageziel weiterverfolgen. Unter Wiederholung und Vertiefung\nihres Vorbringens fuhren sie aus, die Ursachlichkeit des von ihnen behaupteten\nVerzehrs von rohen Mettwursten der Beklagten sei nach den Umstanden erwiesen.\nDazu berufen sie sich insbesondere auf weiteren Erkrankungen von Betroffenen\nin der Zeit von Oktober/November 1998, denen gemeinsam sei, daß in allen\nFallen rohe Mettwurste der erworben und gegessen wurden. Andere\nInfektionsherde seien ausgeschlossen, insbesondere komme nicht die in gleicher\nZeit aufgetretene Quelle N in Betracht, die nach den amtlichen Erhebungen\neindeutig abgrenzbar sei. Der Einzelfall T4 begrunde keine Zweifel. Da mit den\nKlagern insgesamt 41 Falle von in gleicher Zeit aufgetretener Trichinosefalle\nvon den amtlichen Erhebungen der Quelle M4 zugeordnet werden, sei die Anzahl\nbei 2000 verkauften Wursten auch nicht verdachtig gering. Ferner stehe fest,\ndaß die Fleischkontrollen unzureichend gewesen seien und eine Verseuchung\ndaher nicht fernliege. In der Gesamtschau aller Indizien sei es zwingend, daß\n- entgegen der Auffassung des Landgerichts - die Erkrankung auf dem Verzehr\nder Mettwurste der Beklagten beruhe. Er meint, die Beklagten seien selbst\nverpflichtet gewesen, daß Fleisch auf seine Genußtauglichkeit zu untersuchen.\nDazu habe Anlaß bestanden, weil die Veterinarkontrollnummer des\nZerlegebetriebes auf dem Begleitdokument gefehlt habe. Außerdem sei bekannt,\ndaß bei der Verarbeitung von aus Spanien importierten Schweinefleisch Risiken\nbestunden. Auch der gunstige Preis habe Verdacht auslosen mussen. Schon durch\neine Untersuchung mit bloßem Auge hatte der Befall mit Trichinenlarven erkannt\nwerden konnen. Jedenfalls hatten die Beklagten durch Einfrieren des Fleisches\nder Seuchengefahr entgegenwirken mussen.\n\n15\n\nDer Klager beantragt, unter Abanderung des angefochtenen Urteils\n\n16\n\n 1. die Beklagte zu verurteilen a) an den Klager zu 1) 8.100,00 DM nebst Zinsen aus den Teilbetragen von 8.000,00 DM seit dem 01.05.1999 und von weiteren 100,00 DM ab Rechtshangigkeit zu zahlen und zwar je bis zum 30.04.2000 in Hohe von 4 % und ab dem 01.05.2000 in Hohe von 8,42 %; b) an den Klager zu 1) und an die Klagerin zu 2) jeweils ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen seit dem 01.05.1999 zu zahlen, und zwar bis zum 30.04.2000 in Hohe von 4 % und ab dem 01.05.2000 in Hohe von 8,42 %, \n\n17\n\nund\n\n18\n\n 2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Klagern samtliche weiteren materiellen sowie immaterielle Schaden zu ersetzen, die diese durch die von der Beklagten verursachte und im Oktober 1998 ausgebrochene Trichinoseerkrankung entstanden sind bzw. entstehen werden, soweit Anspruche nicht auf Sozialversicherungstrager oder sonstige Dritte ubergegangen sind. \n\n19\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n20\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n21\n\nSie bestreitet weiterhin die Behauptung der Klager, durch den Verzehr von\nrohen Mettwursten an der Trichinose erkrankt zu sein. Sie bestreitet ferner,\nunter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, daß das\nverarbeitete Fleisch mit Trichinen verseucht gewesen sei und meint, sie treffe\njedenfalls kein Verschulden.\n\n22\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens in erster und zweiter Instanz\nwird auf die gewechselten Schriftsatze nebst Anlagen Bezug genommen.\n\n23\n\nDer Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlich erstatteten\nGutachtens des Sachverstandigen O, der sein Gutachten in der mundlichen\nVerhandlung vom 13. Marz 2002 erlautert hat. Wegen des Ergebnisses der\nBeweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks in Sachen 13 U\n104/00 vom 15.03.2002 Bezug genommen. Im ubrigen hat der Senat im\nEinverstandnis der Parteien das Ergebnis der Beweisaufnahme in dem fuhrenden\nVerfahren 13 U 104/00 verwertet.\n\n24\n\n** _Entscheidungsgr unde:_**\n\n25\n\nDie Berufung ist teilweise begrundet.\n\n26\n\nDer Klager zu 1) hat einen Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfallschaden in\nzuerkannter Hohe; beide Klager haben einen Anspruch auf Feststellung der\nVerpflichtung der Beklagten, ihnen zukunftige Schaden auf Grund ihrer\nErkrankung an einer Trichinose zu ersetzen. Die Anspruche beruhen auf §§ 1\nAbs. 1, 4, 8 ProdHaftG.\n\n27\n\nIm ubrigen ist die Berufung unbegrundet.\n\n28\n\nI.\n\n29\n\nDie Beklagte ist auf der genannten gesetzlichen Grundlage den Klagern zum\nSchadensersatz verpflichtet. Denn sie ist Herstellerin der Mettwurste. Nach\ndem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß diese mit Trichinen belastet\nwaren und deren Verzehr zu der Erkrankung der Klager gefuhrt hat.\n\n30\n\n1.\n\n31\n\nDie Haftungsvoraussetzungen liegen vor.\n\n32\n\na)\n\n33\n\nDer Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon uberzeugt, daß die\nMettwurste, die die Beklagte unter Verwendung des aus Spanien importierten\nSchweinefleischs (Saunacken) hergestellt hat, mit Trichinen belastet waren.\nDie Beweisaufnahme hat ferner ergeben, daß sich die Klager daran infiziert\nhaben.\n\n34\n\nZwar ist der direkte Nachweis nicht gefuhrt worden, da die gesamte Produktion\nvor dem Ausbruch der epidemischen Trichinose im Raum F verbraucht waren. Hier\ngreift jedoch der Indizienbeweis ein, der zulassig ist (BGH VersR 1998, 1302),\nbei dem fur das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts unter einer\nGesamtschau aller Umstande in einer fur das praktische Leben brauchbaren Weise\nein Grad von Gewißheit gewonnen werden kann, der den Anforderungen des § 286\nZPO genugt (BGH NJW 1999, 488; BVerfG NJW 2001, 1640). Die Fulle der\nvorliegenden Indizien lassen keine vernunftigen Zweifel daran zu, daß sich die\nKlager, wie auch die anderen in der gleichen Zeit im Raume F erkrankten\nPersonen die Trichinose zugezogen haben, weil sie rohe Mettwurste aus der hier\nin Rede stehen Charge der Produktion der Beklagten gegessen hatten.\n\n35\n\nDer Verzehr roher Mettwurste ist, soweit sie mit Trichinen befallen sind, nach\nden ubereinstimmenden Erklarungen des Sachverstandigen und der\nveterinaramtlichen Stellungnahmen geeignet, den Parasiten zu ubertragen. Das\nbestreitet auch die Beklagte nicht.\n\n36\n\nDer Klager zu 1) hat als Zeuge in den genannten Parallelverfahren sein\nParteivorbringen bestatigt (vgl. Berichterstattervermerk in Sachen 13 U\n104/00). Seiner Aussage kommt besonderes Gewicht zu. Da er die Mettwurstchen\nunmittelbar bei der Beklagten in Vorbereitung seines Geburtstages am\n05.10.1998 gekauft hat, ist eine Verwechslungsgefahr mit dem Erwerb der\nMettwurste bei einem Konkurrenten der Beklagten auszuschließen. Zweifel an der\nRichtigkeit der Darstellung des Klagers hat der Senat nicht.\n\n37\n\nNach der Bekundung der Zeugin N3. M3 steht fest, daß auch sei rohe\nMettwurstchen an einem Stand gekauft hat, der von der Beklagten beliefert\nwurde. Nach ihrer Bekundung ist eine Verwechslung mit dem Stand des\nMitbewerbers L5 ausgeschlossen. Die Personen, die die von ihr gekauften\nMettwurste roh gegessen haben, namlich sie, die Zeugin M2, der Zeuge N3 und\nder Zeuge N sind - wie die Klager - in der fur eine Trichinose typischen\nInkubationszeit erkrankt. Bei den Klagern, wie auch bei den ubrigen\nBetroffenen in den Paralleverfahren sind andere, gemeinsame Risiken fur den\nZeitraum des Oktober 1998 nicht ersichtlich. Auch im Falle der betroffenen\nEheleute E2 bestehen keine Zweifel, daß ein enger sachlicher und zeitlicher\nZusammenhang mit dem Verzehr von Mettwursten der Beklagten vorliegt. Dies\ntrifft auch im Falle des Zeugen L zu. Außer diesen erkrankten im Raume F nach\nden Ermittlungsergebnissen des Veterinaramtes mehr als 30 Personen an einer\nTrichinose, die Wurste der Beklagten gegessen hatten. Dies ergiebt sich aus\nder veterinaramtlichen Stellungnahme M2 vom 12.07.1999 und dessen\nErlauterungen im Rahmen der Beweisaufnahme erster Instanz, wie auch aus der\nStellungnahme der Bekundung des Zeugen I in erster Instanz.\n\n38\n\nDer Sachverstandige O hat in seinem schriftlichen und mundlich erlauterten\nGutachten des dabei zugrunde liegenden Verfahren der sog. Fallkontrollstudien\nfur zuverlassig und ordnungsgemaß durchgefuhrt angesehen. Unter Einbeziehung\nder Unwagbarkeiten, die sich gerade aus der retrospektiven Untersuchung des\ndamals tatig gewordenen S-Instituts ergaben, hat sich nach seiner begrundeten\nAuffassung herauskristallisiert, daß die Mettwurste der Beklagten der\ngemeinsame Nenner der aufgetretenen und bekannt gewordenen Falle an\nTrichinoseerkrankungen waren. Zur Methode der Fallkontrollstudien hat er\nausgefuhrt, daß die Symptomtrager zwar gezielt angesprochen worden seien, daß\nauch gezielt nach deren Konsumverhalten, ihren Einkaufsgewohnheiten und der\nArt der Produkte, die sie gegessen hatten, speziell nach Rohprodukten gefragt\nwurde. Dabei hat sich herausgestellt, daß der Kauf solcher Wurste auf\nTrodelmarkten die spezifische Gemeinsamkeit war. Die gezielte Frage von M2\nnach Verkaufsstanden der Firma M4 sei deshalb erforderlich gewesen, um im\nRahmen der Fallkontrollstudien auch herauszufinden, ob noch Chargen auf dem\nMarkt seien. Herausgekommen sei dabei ein Wahrscheinlichkeitsergebnis, das\nsich jedoch deutlich von dem Seuchenherd N abgrenzen lasse, weil das dort\nursachliche Rohprodukt - Mett - noch vorhanden gewesen sei und gezielt mit\neinem positiven Ergebnis untersucht werden konnte.\n\n39\n\nAuch den Fall T4 hat der Sachverstandige eindeutig abgrenzen konnen. In diesem\nFall konnte nicht ermittelt werden, wann die Trichinose erworben wurde. Die\nDiagnose ergab sich vielmehr zufallig. Der Sachverstandige hat ferner darauf\nhingewiesen, daß keine Anhaltspunkte in den untersuchten Fallen vorliegen, die\nauf andere Lebensmittel als Ursache der Erkrankung der Betroffenen in der hier\nin Rede stehenden Zeit und im gleichen Umfeld schließen lassen.\n\n40\n\nDiese Feststellungen des Sachverstandigen uberzeugen. Der sachliche Bezug zu\nden bekannt gewordenen Erkrankungsfallen ist untersuchungstypisch und\nnotwendig. Eine gezielte Befragung der Betroffenen zur Ruckverfolgung auf die\nGefahrenquelle ist nicht zu beanstanden. Diese Befragung war nicht\nergebnisorientiert in Bezug auf die Beklagten sondern diente deren Ermittlung.\nMit zunehmenden Hinweisen auf die Betriebe der Beklagten mag auch im Rahmen\nder fortgefuhrten Ermittlungen gezielt nach einem Einkauf an einem Stand der\nFirma M4 gefragt worden sein; das konnte den einmal aufgetretenen Verdacht\njedoch nur erharten und nicht allein begrunden. Vor allem steht dem entgegen,\ndaß sich im Falle der Eheleute V ein von den anderen Fallen unterscheidbarer\nVerlauf ergab, der auch zu dem Verdacht gegen die Mettwurstchen aus der in\nRede stehenden Produktion fuhrte und diesen deshalb erhartet.\n\n41\n\nFur die Ursachlichkeit spricht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch\ndie Anzahl der Erkrankungen. Es handelte sich gerade nicht um einen Einzelfall\nsondern um eine epidemisch auftretende Trichinose, die nach dem Standart der\nZuverlassigkeit und Intensitat der vorgeschriebenen Fleischkontrollen selten\nauftritt. Die Anzahl der zu erwartenden Erkrankungen ist nicht so gering, daß\nsich hier Zweifel an der Zuordnung zum Betrieb der Beklagten zu 1) ergeben\nmussen. Denn nach dem Ergebnis des Gutachtens O ist die Anzahl der zu\nerwartenden Falle zum einen von der Infektionsdosis des verarbeiteten\nFleisches und der Art der Verarbeitung in einen oder mehreren Ansatzen\nabhangig. Nicht alle Wurste mussen in der allein gefahrbringenden Weise des\nrohen Verzehrs verbraucht worden sein. Werden namlich befallene rohe\nMettwurste heiß zubereitet, sterben die Erreger nach gesicherter Erkenntnis\nab. Fur das Auftreten der Erkrankungen spielen ferner individuelle Faktoren\nder einzelnen Verbraucher eine Rolle. Dazu hat der Sachverstandige ausgefuhrt,\ndaß es auch bei einem rohen Verzehr nicht zwingend zu einer Infektion kommen\nmuß. Denkbar ist nach der Einschatzung des Sachverstandigen auch, daß Falle\nunbekannt geblieben sind. Auffallig ist hier, daß es sich nicht nur um einen\nsingularen Fall, bezogen auf eine bestimmte Charge Fleisch handelt, die zu\neinem Endprodukt von 2000 Mettwursten verarbeitet worden ist. Die Wurste sind\nauch als Rohprodukt in kurzer Zeit vermarktet worden und in kurzer Zeit sind\nauch die bekannt gewordenen Falle aufgetreten. Durchgreifende Zweifel ergeben\nsich auch nicht daraus, daß aus der Charge von 2000 Mettwursten nach Angaben\ndes Geschaftsfuhrers der Beklagten zu 2) Lieferungen an Großverbraucher\n(Großkuchen) erfolgt sind. Dass deshalb auch an anderen Orten eine epidemische\nTrichinose aufgetreten sein musse ist nicht zwingend. Denn es ist denkbar, daß\ndiese Abnehmer die Wurste erhitzt haben und infolgedessen die Erreger\nabgetotet wurden.\n\n42\n\nDer Senat verkennt nicht das Argument der Beklagten, dem sich das Landgericht\nangeschlossen hat, wonach auch andere rohe Lebensmittel, wie z.B. roher\nSchinken, der mit Trichinen befallen ist, den Erreger ubertragen kann. Es sind\njedoch im Rahmen der Fallkontrollstudien gerade keine Anhaltspunkte dafur\naufgetreten, die auf eine solche, andere, Gemeinsamkeit der bekannt gewordenen\nFalle schließen lassen. Im Rahmen der hier gebotenen Gesamtschau erwachst\ndaraus mithin kein selbstandiges Indiz, daß die Gefahrenquelle nicht bei den\nrohen Mettwursten lag. Zwar hat es der Sachverstandige O fur unwahrscheinlich\nangesehen, daß sich die Zahl der Erkrankungen auf die bekannt gewordenen Falle\nbeschrankt hatte, wenn die Gesamtliefermenge des frisch verarbeiteten\nSaunackenfleisches von insgesamt 700 kg zur Produktion solcher Wurste verwandt\nworden ware. Der Geschaftsfuhrer der Beklagten zu 2) hat dazu jedoch erklart,\ndaß die in Rede stehenden 2000 Stuck Mettwurste aus einer sogenannten\nKuttercharge hergestellt wurden, d.h. aus einer Fleischmenge von 100 kg, wobei\n35 kg aus frischem Saunacken und 65 kg aus anderen Fleischmengen stammen, die\naus Deutschland, Belgien und I bezogen wurden und die zuvor tiefgefroren waren\nund deshalb keine Gefahr einer Trichineninfektion begrundeten. Daraus ergibt\nsich nach der uberzeugenden Darlegung des Sachverstandigen O ein weiteres\nIndiz dafur, daß die Mettwurste der Beklagten zu 2) wegen der Verarbeitung der\naus Spanien gelieferten Saunacken mit Trichinenlarven belastet waren. Nach dem\nInspektionsbericht vom 26.05.1999 der seitens der EU-Kommission aus Anlaß des\nFalles angeordneten Kontrollen der spanischen Betriebe F und D waren die\nVeterinarkontrollen _v ollig unzureichend_ und zwar quantitativ wie\nqualitativ. Sie sind im Zerlegebetrieb entgegen der Richtlinie 64/433 EWG\nnicht arbeitstaglich sondern nur zwei bis viermal wochentlich erfolgt. Aus\ndiesem Bericht ergibt sich ferner, daß die _gegenw artigen_ Verhaltnisse zu\ngravierenden Problemen fuhren konnten, die Auswirkungen auf die offentliche\nGesundheit nach sich ziehen. Es spricht alles dafur, daß diese Verhaltnisse\nauch schon bei der Herstellung der hier in Rede stehenden Lieferung von\nSeptember 1998 vorlagen. Die Sicherheitsmangel lassen den Schluß zu, daß ein\neinzelnes befallenes Tier nicht unbedingt entdeckt werden mußte. Deshalb\nberechtigte das Zertifikat des Herstellers (Blatt 398 der Akte) nicht zu der\nvom Landgericht getroffenen Feststellung, in Spanien seien schließlich die\nKontrollen mit negativen Ergebnissen durchgefuhrt worden. Der Sachverstandige\nO hat bei seiner Anhorung erneut betont, daß die Trichinose bei Schweinen eine\nEinzeltiererkrankung sei, so daß es auf eine luckenlose Untersuchung ankomme.\nGeht man davon aus - wofur alles spricht -, daß die im Inspektionsbericht vom\n26.05.1999 beschriebenen Defizite in dem spanischen Zerlegebetrieb auch schon\nfruher vorgelegen haben, bestand eine erhebliche Sicherheitslucke. Es liegt\nnahe, daß diese hier wirksam geworden ist, zumal in dem Schlacht- und\nZerlegebetrieb auch Schweine aus bauerlichen Kleinbetrieben verarbeitet\nwurden.\n\n43\n\nNach allem konnen keine vernunftigen Zweifel verbleiben, daß die Mettwurste\nder Beklagten von Trichinenlarven belastet waren.\n\n44\n\nb.\n\n45\n\nDie Ursachlichkeit der trichinosen Mettwurste der Beklagten zu 2) fur die\nErkrankung der Klager folgt auf der Grundlage dieser Feststellungen aus dem\nAnscheinsbeweis. Wie dargelegt, sind andere Gefahrenquellen, die zu der\nErkrankung der Klager an einer Trichinose im Oktober 1998 hatten fuhren\nkonnen, nicht ersichtlich. Da bewiesen ist, daß die Klager rohe Mettwurste aus\nder Produktion der Beklagten zu 2) als Gast der Familie M3 gegessen hat, also\nin geeigneter Weise mit der Gefahrenquelle in Beruhrung gekommen ist, ware der\nAnscheinsbeweis nur durch Tatsachen zu erschuttern, aus denen sich die\nernsthafte Moglichkeit eines anderen Kausalverlaufs ergibt. Diesen Beweis hat\ndie Beklagte zu 2) nicht gefuhrt.\n\n46\n\n2\\.\n\n47\n\nAusschlußgrunde fur die Herstellerhaftung nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 ProdHaftG\nliegen nicht vor.\n\n48\n\n3.\n\n49\n\nDie Rechtsfolge der verschuldensunabhangigen Haftung der Beklagten zu 2) fur\ndie Herstellung des fehlerhaften Produkts ergibt sich aus § 8 ProdHaftG.\nDanach sind samtliche materiellen Schaden zu ersetzen. Von dem\nFeststellungsanspruch werden jedoch nur die kunftigen Schaden erfaßt, die nach\nKlageeinreichung entstehen (BGH VersR 2000, 1521 = MDR 2000, 1334). Den\nmateriellen Schaden des Klagers schatzt der Senat gemaß § 287 Abs. 1 ZPO auf\n6.100,00 DM = 3.188,88 DM. Dabei sind die geltend gemachten Attestkosten\nberucksichtigt und der Verdienstausfallschaden in Form nicht verdienter\nProvisionen. Der Klager zu 1) hat bei seiner Anhorung bestatigt, daß er in den\nMonaten November und Dezember 1998 noch gearbeitet und in dieser Zeit - wie in\nden Zeitraumen zuvor - Provisionen verdient hatte. Aus den von ihm vorgelegten\nUnterlagen ergibt sich, daß dabei im Durchschnitt Provisionen von 3.000,00 DM\nmonatlich angefallen waren. Daß er in dieser Zeit nicht in der Lage war, diese\nzu verdienen, ergibt sich aus den nachgewiesenen Erkrankungen in den Monaten\nNovember und Dezember 1998.\n\n50\n\nDer Zinsanspruch ist nach § 291 BGB a.F. begrundet.\n\n51\n\nDer Feststellungsantrag ist zuverlassig und begrundet. Das\nFeststellungsinteresse ergibt sich aus der nicht auszuschließenden Moglichkeit\nweiterer Krankheitsschube und dem Interesse, der Verjahrung entgegenzuwirken.\n\n52\n\nII.\n\n53\n\nDie Klager haben jedoch keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.\nDenn es laßt sich nicht feststellen, daß die Beklagte - bzw. deren\nGeschaftsfuhrer - Verkehrssicherungspflichten zum Schutze der Rechtsguter des\n§ 823 Abs. 1 BGB\n\n54\n\n- schuldhaft - verletzt hat oder gegen Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verstoßen hat. Insbesondere ist ihr nicht vorzuwerfen, sie sei besonderen Untersuchungspflichten nicht nachgekommen. \n\n55\n\n1.\n\n56\n\nNach § 17 FleischhyG, wonach die Richtlinie 89/662/EWG in innerstaatliches\ndeutsches Recht umgesetzt ist, durfen am Bestimmungsort Fleischsendungen aus\nanderen Vertragsstaaten nur stichprobenweise und in einer gegenuber\nFleischsendungen aus dem Inland nicht diskriminierenden Weise von der\nstaatlichen Überwachung daraufhin untersucht werden, ob sie von den\nvorgeschriebenen Urkunden begleitet und den Vorschriften des FleischhyG oder\nden auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen\nentsprechen. Bei Verdacht eines Verstoßes sind weitere Überprufungen moglich.\n\n57\n\nNach § 12 FleischhyVO darf Fleisch aus anderen Mitgliedsstaaten nur in Verkehr\ngebracht werden, wenn es vorschriftsmaßig und mit einem amtlichen\nGenußtauglichkeitskennzeichen gekennzeichnet ist _und_ mit einem\nHandelsdokument versehen ist, auf dem die Veterinarkontrollnummer des\nVersandtbetriebes (Zerlegebetriebes) angegeben ist. Bei dieser Bestimmung\nhandelt es sich um die Umsetzung von Artikel 3 Abs. 1 Abschnitt A, e, f, Ziff.\nI der Richtlinie 64/433/EWG.\n\n58\n\n2.\n\n59\n\nNach den Ergebnissen der amtlichen Untersuchungen und nach den Feststellungen\ndes Sachverstandigen O ergaben sich hier keine wesentlichen Beanstandungen an\nder Kennzeichnung des Fleisches in den spanischen Betrieben und in den\nHandelspapieren, die einen irgendwie gearteten Verdacht auf unzureichende\nveterinaramtliche Kontrollen begrundeten.\n\n60\n\na)\n\n61\n\nDie Veterinarkontrollnummer des Schlachtbetriebes, die im Rahmen der\nUntersuchung des Fleisches auf den toten Tierkorper aufgestempelt wurde und\ndeshalb das Genußtauglichkeitssiegel darstellt, mußte im Zerlegebetrieb\nuntergehen und durfte mit der Veterinarkontrollnummer des Zerlegebetriebes und\nderen Genußtauglichkeitskennzeichnung auf der Verpackung der Fleischstucke\nersetzt werden. Dies ist auch geschehen. Aus der Bekundung des Zeugen N2, den\nFeststellungen des Sachverstandigen O und den amtlichen Untersuchungen ergibt\nsich zweifelsfrei, daß die Herkunft des Fleisches einwandfrei zuruckverfolgt\nwerden konnte.\n\n62\n\nb.\n\n63\n\nDie einzige Regelwidrigkeit gegenuber den Anordnungen nach § 12 FleischhyVO\nund der EU-Richtlinie 64/433/EWG bestand darin, daß die\nVeterinarkontrollnummer des Zerlegebetriebes (D) nicht auf den begleitenden\nHandelsdokumenten vermerkt war. Daraus ergibt sich nach Auffassung des\nSachverstandigen jedoch nur ein Formfehler, der nicht den Verdacht begrundete,\ndaß moglicherweise keine ordnungsgemaße veterinarmedizinische Untersuchung des\nFleisches stattgefunden hatte. Der Sachverstandige hat in diesem Zusammenhang\nausgefuhrt, der Verarbeitungsbetrieb der Beklagten zu 2) habe sich auf die\nvorliegende Genußtauglichkeitsbescheinigung des Zerlegebetriebes verlassen und\ndavon ausgehen durfen, daß die ordnungsgemaße Trichinenuntersuchung erfolgt\nist.\n\n64\n\nDer Senat folgt dieser Beurteilung. Die Bestimmungen uber die Handelsdokumente\nin § 10 Abs. 1 Nr. 4, 12 Abs. 1 FleischhyVO dienen dem Zweck, die Herkunft des\nFleisches zuruckverfolgen zu konnen. Diese Moglichkeit war hier\nunproblematisch gegeben. In den Schutz dieser Vorschriften ist auch der\nVerbraucher einbezogen, da seine Moglichkeit der Geltendmachung von Anspruchen\ngegen Hersteller von der Einhaltung der Formvorschriften abhangt. Dieser\nFehler hat sich im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgewirkt. Die Beklagte\nkonnte aus dem Fehlen der Veterinarkontrollnummer auf dem Handelsdokument\nkeinen Verdacht auf Unsorgfaltigkeiten der Trichinenuntersuchung schopfen. Zum\neinen handelte es sich um einen haufig beanstandeten Formfehler (vgl.\nGutachten O Seite 25). Schon deshalb kann nicht auf Unzuverlassigkeiten im\nubrigen geschlossen werden. Zum anderen wurde das beanstandete Begleitdokument\nnicht vom Zerlegebetrieb in Spanien sondern vom deutschen Zwischenhandler T\nGmbH & Co. KG ausgestellt. Selbst wenn der Beklagten pflichtgemaß der Fehler\naufgefallen ware, hatte sich fur sie nur der Ruckschluß auf einen\nSorgfaltsverstoß dieses Betriebes ergeben, nicht jedoch auf Unsorgfaltigkeiten\nim spanischen Zerlegebetrieb, der die Genußtauglichkeit, ersichtlich auf der\nVerpackung bescheinigt hatte.\n\n65\n\n2\\.\n\n66\n\nEs sind auch keine weiteren Grunde dafur feststellbar, daß die Beklagte zu 2)\nMißtrauen gegenuber der Qualitat der veterinaramtlichen Untersuchungen und\nmithin des importierten Fleisches hatte haben mussen.\n\n67\n\nDas Schweinefleisch war nach Darlegung des Sachverstandigen O entgegen der\nAuffassung des Klagers nicht auffallig preiswert. Der Sachverstandige hat\nweiter ausgefuhrt, daß dem aus Spanien importierten Schweinefleisch\ngrundsatzlich nicht der Verdacht entgegengebracht werden musse, es sei mit\nTrichinen befallen. Zwar hat der Sachverstandige ein gewisses hoheres Risiko\ndes Trichinenbefalls bejaht, aber nur im Verhaltnis zu dem in Deutschland\nproduzierten Schweinefleisch. Das haufigere Auftreten von Trichinosefallen\nu.a. in Spanien sei außerdem kein Kriterium, zusatzliche Untersuchungen zu\nfordern. Diese hoheren Risiken sind in den Herkunftslandern bei korrekter\nHandhabung beherrschbar. Nach der binneneuropaischen Rechtslage konnen und\nmussen sich deutsche Verarbeitungsbetriebe ebenso wie die deutschen\nVeterinaramter darauf verlassen. Daß der Trichinenbefall im Betrieb der\nBeklagten zu 2) nicht mit bloßem Auge erkannt werden konnte, hat der\nSachverstandige O bestatigt. Er hat daruber hinaus ausgefuhrt, daß eine\nUntersuchung der in Einzelstucke zerlegten Saunacken auch praktisch nicht\nmoglich gewesen ware. Die Beklagte zu 2) durfte und mußte sich auf die - hier\nvorliegende - Genußtauglichkeitsbescheinigung verlassen. Sie war deshalb auch\nnicht verpflichtet, einem Trichinenrisiko bei der Weiterverarbeitung durch\nerhitzen oder einfrieren des Fleisches entgegenzuwirken.\n\n68\n\nIII.\n\n69\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.\n\n70\n\nDie Revision ist nicht zuzulassen, da die Grunde des § 543 Abs. 2 ZPO nicht\nvorliegen.\n\n
298,765
lagk-2002-03-13-7-sa-38001
795
Landesarbeitsgericht Köln
lagk
Nordrhein-Westfalen
Arbeitsgerichtsbarkeit
7 Sa 380/01
2002-03-13
2019-03-12 15:08:14
2020-12-10 12:59:40
Urteil
ECLI:DE:LAGK:2002:0313.7SA380.01.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**Tatbestand**\n\n2\n\nDie Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen\nVerdachtskundigung.\n\n3\n\nDer am 11.08.1968 geborene, ledige Klager war seit dem 28.06.1991 bei der\nBeklagten als angestellter Burosachbearbeiter fur dezentrale\nDatenverarbeitung/Maschinenbedienung beschaftigt. In der Zeit vom 01.09.1988\nbis 31.08.1991 hatte der Klager bei der Beklagten eine Ausbildung absolviert.\nEr verdiente zuletzt 4.184,58 DM brutto monatlich.\n\n4\n\nDer Klager war im dezentralen IT-Service (DITS) des A tatig. Der DITS befindet\nsich in einem abgeschlossenen Bereich einer Außenstelle des A . Zu diesem\nBereich hatten außer dem Hausmeister und dem Abschnittsleiter Allgemeine und\nSachverwaltung nur die Leiterin des DITS sowie der Klager und seine drei\nKollegen K , K und C Zugang. Diese Personen verfugten auch außerhalb der\nDienstzeit uber einen Schlussel. Den funf Mitarbeitern des DITS einschließlich\ndes Klagers sowie dem Abschnittsleiter war außerdem das Kennwort bekannt, mit\ndem bei der menugesteuerten Telekommunikationsanlage die Ebene des\nSystemadministrators erreicht werden kann. Das Systemterminal der\nTelekommunikationsanlage befindet sich im abgeschlossenen Bereich des DITS.\nÜber die Sperrliste der Telefonanlage waren 0 190-Telefonnummern gesperrt.\n\n5\n\nAm 24.01.2000 ging dem A die Rechnung des von ihm beauftragten Providers, der\nFirma M fur den Berechnungszeitraum 01.12. bis 31.12.1999 zu, aus der sich\nergab, dass vom DITS aus 14 Verbindungen uber insgesamt 200 Minuten mit Sex-\nHotlines der "Service 0 190"-Nummern zum Preise von 350,53 DM gefuhrt worden\nwaren, und zwar am 28.12.1999 vier Anrufe von der Nebenstelle 425, am\n29.12.1999 weitere funf Anrufe von der Nebenstelle 425 und am 31.12.1999\nweitere funf Anrufe von der Nebenstelle 453. Bei der Nebenstelle 425 handelt\nes sich um einen Anschluss, der intern als Verbindung fur Storungsnachrichten\nmit dem Zentralamt in Nurnberg genutzt wird. Bei der Nebenstelle 453 handelt\nes sich um einen allgemeinen Anschluss fur das DITS.\n\n6\n\nAm 08.02.2000 wurden der zustandige Abschnittsleiter und die Mitarbeiter des\nDITS uber den Sachverhalt informiert. Alle Mitarbeiter erklarten, solche\nTelefongesprache nicht gefuhrt zu haben.\n\n7\n\nEs wurde gemeinsam beschlossen, uber die Telekom (DT-System) zu klaren, um\nwelche Uhrzeit jeweils die Gesprache gefuhrt worden seien. Dies ergibt sich\nnamlich nicht schon aus den Telefonrechnungen des Providers. Ferner sollte\nggf. geklart werden, ob und, falls ja, wie es technisch moglich sei, die\nNebenstellen des DITS von außen zu manipulieren.\n\n8\n\nAus der Telefonrechnung vom 25.02.2000 fur den Monat Januar 2000 ergab sich,\ndass unter dem 04.01.2000 wiederum von der Nebenstelle 453 vier 0\n190-Gesprache zum Gesamtpreis von 114,36 DM gefuhrt wurden. Die Rechnung vom\n30.03.2000 fur den Monat Februar 2000 weist ein weiteres solches Gesprach fur\nden 03.02.2000 zum Preis von 6,51 DM aus. Schließlich beinhaltete die Rechnung\nvom 24.05.2000 fur den Monat Marz 2000 ein letztes Gesprach am 13.03.2000 zum\nPreis von 49,90 DM.\n\n9\n\nAm 23.03.2000 erfuhr die Leiterin des DITS von der Telekom telefonisch, dass\nsich der Anrufer der 0 190-Nummern in der Anlage so angemeldet gehabt habe,\nwie dies ublicherweise im DITS geschehe, dann auf normalem Weg die Sperrliste\naufgerufen, die dort aufgefuhrte 0 190 mit vier Nullen uberschrieben und\ndiesen Vorgang spater nach den jeweils gefuhrten Telefonaten wieder ruckgangig\ngemacht habe. Anhaltspunkte dafur, dass die Telefonate in Wirklichkeit von\nextern gefuhrt worden seien konnten, ließen sich aus der Protokolldatei nicht\nnachvollziehen. Mit Schreiben vom 19.04.2000 teilte die Telekom das\nVorstehende dem Landesarbeitsamt NRW schriftlich mit. Außerdem wurden mit\ndiesem Schreiben die Logbuchdateien fur den 28. und 29.12.1999 ubersandt, aus\ndenen sich erstmals auch die Uhrzeiten der Manipulationen ergaben. Mit\nerganzendem Schreiben vom 19.05.2000 ubersandte die Telekom die Logbuchauszuge\nfur den 31.12.1999, den 04.01.2000, den 03.02.2000 und den 13.03.2000.\n\n10\n\nDie Beklagte uberprufte nunmehr die Gleitzeitnachweise der Mitarbeiter des\nDITS. Dabei stellte sich heraus, dass jeweils zu den Uhrzeiten, an denen am\n28.12.1999, am 29.12.1999, am 31.12.1999, am 03.02.2000 und am 13.03.2000 die\n0 190-Nummern angerufen worden waren, jedes Mal immer der Klager im DITS\nanwesend war, außer ihm aber kein einziger anderer Mitarbeiter. Fur den\n04.01.2000 ergab sich, dass der Klager an diesem Tag Urlaub hatte, dass aber\nauch kein anderer Mitarbeiter Dienst im DITS hatte.\n\n11\n\nNunmehr wurde unter dem 07.06.2000 der Klager zu dem bisher ermittelten\nSachverhalt angehort. Der Klager bestritt, die 0 190-Telefonate gefuhrt zu\nhaben. Er raumte jedoch ausdrucklich ein, zu den fraglichen Zeiten mit\nAusnahme nur des 4.1.2000 jeweils im DITS anwesend gewesen zu sein, und zwar\nallein. Auch der Hausmeister habe allenfalls kurz die Post gebracht, sei aber\nnicht an der TK-Anlage gewesen. Am 04.01.2000 sei er, der Klager jedoch nicht\nnur nicht im Dienst, sondern auch nicht in Bruhl gewesen. Vielmehr sei er\nbereits am 03.01.2000 um 21:00 Uhr mit acht Freunden zu einem Urlaub nach\nÖsterreich aufgebrochen. Hierfur wurde der Klager von der Beklagten um einen\nNachweis gebeten.\n\n12\n\nMit Schreiben vom 08.06.2000 teilte der Klager der Beklagten mit, dass er sich\nbei seinen Angaben uber die Urlaubsreise geirrt habe. Er habe diese Reise in\nWirklichkeit nicht am 03.01., sondern erst am 08.01.2000 angetreten. Seine\nEltern konnten aber bestatigen, dass er am 04.01.2000 ganztagig zu Hause\ngewesen sei.\n\n13\n\nAm 13.06.2000 fragte die Beklagte bei der Telekom an, unter welchen\nVoraussetzungen Gesprache von extern uber eine Nebenstelle des Arbeitsamtes\ngefuhrt werden konnten. Am 15.06.2000 wurde der Klager mit seinem\nEinverstandnis umgesetzt. Er wurde daruber informiert, dass noch ein Gutachten\nuber die Moglichkeiten der Fernmanipulation erwartet werde und die\nTelefonrechnungen fur April und Mai abgewartet werden sollten. Mit Schreiben\nvom 03.07.2000 (Bl. 119 f. d. A.) teilte die Telekom dem Landesarbeitsamt NRW\nmit, unter welchen Voraussetzungen Gesprache von extern uber eine Nebenstelle\ndes Arbeitsamtes gefuhrt werden konnten und dass solche Programmierarbeiten\n"im Zusammenhang der Manipulation der Sperrliste nicht entdeckt werden\nkonnten". Weiter heißt es in dem Schreiben vom 03.07.2000: "Die Administration\nmusste somit schon Tage vorher geschehen und unentdeckt geblieben seien". Die\nBeklagte bat daraufhin die Telekom nochmals, diese Aussage zu prazisieren, und\nerhielt daraufhin am 17.07.2000 folgende Antwort: "Unsere Überprufungen haben\nergeben, dass drei Tage vor den Terminen 28.12.1999, 29.12.1999, 31.12.1999,\n04.01.2000, 03.02.2000, 13.03.2000 keine Programmierarbeiten an den\nNebenstellen 425 und 453 vorgenommen worden sind, die es moglich gemacht\nhatten, Gesprache uber diese Nebenstellen von extern zu fuhren. Es kann davon\nausgegangen werden, dass die Gesprache von den Nebenstellen 425 und 453 vor\nOrt gefuhrt worden sind" (Bl. 121 d. A.).\n\n14\n\nIn einem erneuten Personalgesprach vom 20.07.2000 wurde dem Klager die\nMoglichkeit eingeraumt, bis zum 24.07.2000 einem Aufhebungsvertrag\nzuzustimmen. Nachdem der Klager hiervon keinen Gebrauch machte, informierte\ndie Beklagte am 24.07.2000 den Personalrat uber die Absicht, eine\naußerordentliche Verdachtskundigung auszusprechen.\n\n15\n\nNachdem der Personalrat am 26.07.2000 Stellung genommen hatte, kundigte die\nBeklagte das Arbeitsverhaltnis mit dem Klager mit Schreiben vom 27.07.2000,\ndem Klager zugegangen am 28.07.2000, außerordentlich und fristlos.\n\n16\n\nGegen die Kundigung reichte der Klager am 11.08.2000 Klage ein. Hierin berief\nsich der Klager nunmehr darauf, sich am 04.01.2000 bei seiner Freundin in\nMettmann aufgehalten zu haben.\n\n17\n\nDer Klager hat bestritten, fur die 0 190-Telefonate verantwortlich zu sein und\nunter anderem die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB gerugt.\n\n18\n\nDer Klager hat beantragt,\n\n19\n\n 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhaltnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kundigung vom 27.07.2000 nicht aufgelost worden ist;\n\n20\n\n 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn fur den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskraftigen Entscheidung uber den Feststellungsantrag weiterzubeschaftigen. \n\n21\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n22\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n23\n\nDie Beklagte hat unter anderem geltend gemacht, dass die Anhorung des Klagers\nvom 07.06.2000 zu weiteren Ermittlungen gefuhrt habe, die das Ergebnis\nerbracht hatten, dass eine Manipulation der Telefonanlage von außen\nausgeschlossen werden konne. Erst am 17.07.2000 habe sich der Verdacht\ngegenuber dem Klager so erhartet, dass er allein als Urheber der Manipulation\nund Telefonierender in Frage gekommen sei. Auf Grund dieses dringenden\nVerdachts gegenuber dem Klager sei eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht\nmehr zuzumuten.\n\n24\n\nDas Arbeitsgericht Koln hat mit Urteil vom 09.01.2001 (17 Ca 6754/00) der\nKlage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begrundung hat es darauf abgestellt,\ndass die Beklagte nichts Hinreichendes zur Frage der Ausschlussfrist gemaß §\n626 Abs. 2 BGB vorgetragen habe.\n\n25\n\nDie technischen Überprufungsmaßnahmen in dem Zeitraum zwischen dem 07.06.2000\nund dem 17.07.2000 seien, was den Zeitaufwand angehe, womoglich noch\nhinnehmbar. Nicht hinnehmbar erscheine jedoch der Zeitaufwand zwischen Februar\n2000 und Anfang Juni 2000.\n\n26\n\nDas Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 16.03.2001 zugestellt.\nSie hat hiergegen am 11.04.2001 Berufung eingelegt und diese nach Verlangerung\nder Begrundungsfrist bis zum 11.06.2001 am 06.06.2001 begrundet.\n\n27\n\nDie Beklagte macht geltend, dass sie erst mit Zugang des Telefaxes der\nSachverstandigen der DT-System vom 17.07.2000 ausreichend sichere Kenntnis\ndavon erlangt habe, dass der Verdacht gegenuber dem Klager dringend sei. Auch\ndie vorherigen Ermittlungen nach der erstmaligen Kenntnis der Manipulationen\nseien - nicht zuletzt in Anbetracht des technisch komplizierten Sachverhalts -\nzugig durchgefuhrt worden. Das Entlastungsvorbringen des Klagers bezuglich des\n04.01.2000 sei auch schon auf Grund seines widerspruchlichen Vorbringens nicht\nerheblich.\n\n28\n\nDie Beklagte und Berufungsklagerin beantragt nunmehr,\n\n29\n\ndas Urteil des Arbeitsgerichts Koln vom 09.01.2001 \\- 17 Ca 6754/00 -\nabzuandern und die Klage abzuweisen.\n\n30\n\nDer Klager und Berufungsbeklagte beantragt,\n\n31\n\ndie Berufung der Beklagten zuruckzuweisen.\n\n32\n\nDer Klager und Berufungsbeklagte halt die streitgegenstandliche Kundigung\nweiterhin fur verfristet. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB habe\nspatestens mit Zugang des Schreibens der Firma DT-System vom 03.07.2000 zu\nlaufen begonnen. Im Übrigen halt der Klager und Berufungsbeklagte auch sein\nAlibivorbringen fur den 04.01.2000 fur erheblich.\n\n33\n\nEntscheidungsgrunde\n\n34\n\n 1. Die Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil ist zulassig. Sie ist gemaß § 64 Abs. 2 b) und c) ArbGG a. F. statthaft. Sie wurde auch gemaß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG a. F. fristgerecht eingelegt und begrundet. \n\n35\n\n 1. Die Berufung der Beklagten ist auch erfolgreich. Sie fuhrt zur Abanderung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 09.01.2001 und zur Abweisung der Kundigungsschutzklage des Klagers und Berufungsbeklagten. \n\n36\n\n 1. Keine Meinungsverschiedenheit besteht daruber, dass das der streitigen Kundigung vom 27.07.2000 zu Grunde liegende Fehlverhalten grundsatzlich geeignet ist, eine außerordentliche Kundigung nach § 626 Abs. 1 BGB und § 54 Abs. 1 Manteltarifvertrag fur die Angestellten der Bundesanstalt fur Arbeit zu rechtfertigen. Das Verhalten ist in mehrfacher Hinsicht geeignet, den Arbeitgeber zu schadigen. Zum einen entsteht ein wirtschaftlicher Schaden dadurch, dass dem Telefonanbieter durch die inkriminierten Telefonate ein Gebuhrenanspruch erwachst. Zum zweiten entsteht ein wirtschaftlicher Schaden dadurch, dass an funf der sechs betroffenen Tage in nicht unerheblichem Umfang Arbeitszeit fur private Vergnugungen zweckentfremdet wurde. Weiterhin entsteht ein immaterieller Schaden der Beklagten dadurch, dass der Missbrauch von Arbeitszeit zum Fuhren derartiger spezieller Telefonate das Ansehen der beklagten Bundesanstalt in der Öffentlichkeit beeintrachtigt. \n\n37\n\nDer Missbrauch von Arbeitszeit sowie von wirtschaftlichen Mitteln und\ntechnischen Einrichtungen der Beklagten zum Fuhren privater Sex-Telefonate\nbegrundet eine schwerwiegende Storung im Vertrauensbereich, die geeignet ist,\nauch dann eine außerordentliche Kundigung gemaß § 626 BGB zu rechtfertigen,\nwenn die Taterschaft eines bestimmten Arbeitnehmers noch nicht mit letzter\nSicherheit feststeht, jedoch ein sehr dringender Verdacht gegen ihn gegeben\nist.\n\n38\n\n 1. Der Klager steht auch in dringendem Verdacht, derjenige gewesen zu sein, welcher die hier in Rede stehenden Telefonate mit den verschiedenen Sex-Hotlines gefuhrt hat. Die Dringlichkeit des gegenuber dem Klager bestehenden Verdachts erreicht diejenige Intensitat, die erforderlich ist, im Einklang mit der hochstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Verdachtskundigung rechtfertigen zu konnen. \n\n39\n\n 1. Hat man davon auszugehen, dass die fraglichen Telefonate vor Ort aus den Raumlichkeiten des DITS heraus gefuhrt worden sind, so kommt jedenfalls fur die Telefonate vom 28.12.1999, 29.12.1999, 31.12.1999, 03.02.2000 und 13.03.2000 kein anderer Tater als der Klager in Betracht. An allen funf Tagen hat sich der Klager unstreitig jeweils zu den Zeitpunkten, an denen die Telefonate gefuhrt wurden, im DITS aufgehalten. Ebenso unstreitig befand er sich zu den Zeiten dieser Telefonate allein im DITS. Der Klager hat in der Anhorung vom 07.06.2000 wie auch in der Folgezeit eingeraumt, dass zu den fraglichen Zeiten kein anderer Mitarbeiter des DITS, bzw. des A im DITS anwesend war und dass auch der Hausmeister der Nebenstelle, in welcher das DITS untergebracht ist, allenfalls nur kurz Post vorbeigebracht und sich jedenfalls nicht an der Telekommunikationsanlage zu schaffen gemacht hat. War zu den fraglichen Zeiten keine andere Person anwesend, so kann auch niemand anders als der anwesende Klager die fraglichen Telefonate gefuhrt haben, wobei es dann noch nicht einmal darauf ankommt, dass - ebenfalls unstreitig - zu dem abgeschlossenen Bereich des DITS außer den funf dort beschaftigten Angestellten und dem zustandigen Abschnittsleiter sowie dem Hausmeister niemand anders Zugang hat. \n\n40\n\n 1. Wurden die Telefonate vor Ort aus dem DITS heraus gefuhrt und kann an funf der sechs Tage, an denen die Hotline 0 190 entsperrt und benutzt wurde, nur der Klager der Tater gewesen sein, kommt es ersichtlich auch nicht darauf an, wer am 04.01.2000 telefoniert hat. \n\n41\n\n 1. Zunachst bleibt festzuhalten, dass auch fur den 04.01.2000 der Klager grundsatzlich als Tater in Betracht kommt, auch wenn er an diesem Tage sich unstreitig nicht dienstlich im DITS aufgehalten hat. Immerhin war an diesem Tage auch kein anderer Mitarbeiter mit Zugang zum DITS dort dienstlich anwesend. Auch hatte sich der Klager unstreitig mit Hilfe des ihm zur Verfugung stehenden Schlussels jederzeit auch wahrend seines Urlaubs Zugang verschaffen konnen. Auch der Einwand, es sei widersinnig, wahrend seines Urlaubs nur zum Zwecke des Telefonierens den Arbeitsplatz aufzusuchen, relativiert sich, wenn man bedenkt, dass derjenige, der ausgiebig mit Sex-Hotlines zu telefonieren beabsichtigt, dabei typischerweise gerne ungestort ist. Diese Voraussetzung, verbunden mit dem Umstand, auf Kosten eines anderen telefonieren zu konnen, war am Arbeitsplatz des Klagers gewahrleistet. Immerhin sind am 04.01.2000 vier Gesprache zu insgesamt 88 Minuten in einem Gebuhrenwert von 111,36 DM gefuhrt worden. Dabei hat der Klager auch selbst dazu beigetragen, die gegen ihn auch bezuglich des 04.01.2000 bestehenden Verdachtsmomente noch dadurch zu verstarken, dass er gegenuber der Beklagten im Laufe der Zeit drei verschiedene und sich gegenseitig ausschließende Versionen uber seinen Aufenthalt am 04.01.2000 geliefert hat. \n\n42\n\n 1. Hat man davon auszugehen, dass die 0 190-Telefonate vor Ort aus den Raumlichkeiten des DITS heraus gefuhrt wurden, so ware aber die Taterschaft des Klagers fur die Tage 28. und 29.12.1999, 31.12.1999, 03.02.2000 und 13.03.2000 selbst dann nicht in Frage gestellt, wenn feststunde, dass sich am 04.01.2000 zur Tatzeit nicht der Klager, sondern jemand anders im DITS aufgehalten hatte. Es ware dann eben von zwei verschiedenen Tatern auszugehen, ohne dass sich an der Intensitat des Kundigungsvorwurfs oder der Verdachtsintensitat bezuglich der anderen funf Tage etwas anderte. \n\n43\n\n 1. Die Dringlichkeit des gegenuber dem Klager bestehenden Verdachtes konnte somit allenfalls dann in Frage gestellt werden, wenn die Moglichkeit bestunde, dass die fraglichen Telefonate nicht vor Ort aus den Raumen des DITS heraus gefuhrt wurden, sondern die Telefonanlage des DITS von außerhalb hatte manipuliert worden seien konnen. In Anbetracht des Ergebnisses der sorgfaltigen Ermittlungen der Beklagten erscheint diese Moglichkeit zur Überzeugung der Berufungskammer jedoch nur theoretischer Natur und vermag nach Lage der Dinge den gegen den Klager vorliegenden dringenden Tatverdacht ebenfalls nicht entscheidend zu entkraften.\n\n44\n\n 1. Die Beklagte hat mit Hilfe der Firma D ermittelt, welche technischen Schritte in der im DITS vorhandenen Telekommunikationsanlage hatten vorgenommen werden mussen, um sich von außen in diese Anlage einloggen, bzw. die in der Telekommunikationsanlage des DITS vorhandenen Anschlusse zur Fuhrung oder zur Tarnung derartiger Telefonate missbrauchen zu konnen. Danach ist eine derartige Manipulation der Anlage von außen zwar grundsatzlich moglich, hinterlasst jedoch Spuren und bleibt auf Grund der automatisch erfolgenden Protokollierung der in der Anlage vorgenommenen Programmierschritte im Nachhinein rekonstruierbar. Die Beklagte hat die Firma D sodann weitere Überprufungen vornehmen lassen mit dem Ergebnis, dass an den sechs ermittelten Tattagen und jeweils bis zu drei Tage vorher die fur eine Manipulation von außen notwendigen Schritte nicht vorgenommen wurden. \n\n45\n\nDiese Ermittlungsergebnisse sind in sich stimmig und nachvollziehbar und\nschließen bereits fur sich betrachtet mit hoher Wahrscheinlichkeit aus, dass\neine Manipulation der Anlage von außen tatsachlich stattgefunden hat.\nInhaltlich stichhaltige Einwande gegen dieses Ermittlungsergebnis konnte der\nKlager nicht vorbringen.\n\n46\n\n 1. Fur die Berufungskammer kommt jedoch noch folgender Gesichtspunkt entscheidend hinzu: Stellt man sich vor, dass ein Dritter die theoretische Moglichkeit einer technischen Manipulation von außen genutzt hatte, um unerkannt die 0 190-Telefonate fuhren zu konnen, so andert dies doch nichts an dem Umstand, dass dies in funf von sechs Fallen immer gerade dann erfolgte, wenn ausschließlich der Klager und zwar der Klager allein im DITS dienstlich anwesend war, und auch an dem sechsten Tag, dem 04.01.2000, war nachweisbar jedenfalls kein anderer dienstlich anwesend. Schließt man einmal die Moglichkeit aus, dass ein Dritter, der dann auch genauestens mit den dienstlichen Verhaltnissen hatte vertraut sein mussen, den Klager gezielt hatte in Verruf bringen wollen, wofur nicht die geringsten Anhaltspunkte ersichtlich sind, so erscheint ein solcher Zufall dermaßen unwahrscheinlich, dass er vollends dazu fuhren muss, die vom Klager ins Spiel gebrachte Moglichkeit einer Manipulation von außen als vernachlassigenswert anzusehen. \n\n47\n\n 1. Der dringende Verdacht gegenuber dem Klager ist somit zu bejahen, ohne dass es auf eine Beweisaufnahme uber das vom Klager fur den 04.01.2000 vorgebrachte Alibi in seiner letzten Version ankame. \n\n48\n\n 1. Bei alledem ist der weitere Einwand des Klagers, er sei technisch gar nicht in der Lage gewesen, die 0 190-Nummern in der Telekommunikationsanlage des DITS zu entsperren, zur Überzeugung der Berufungskammer als Schutzbehauptung zu werten. Die Beklagte hat dargelegt, mit wie wenigen Schritten ein Mitarbeiter wie der Klager, der uber das notige Passwort verfugt, die Entsperrung vornehmen konnte. Es ist unglaubhaft, dass der Klager, welcher hauptberuflich als Burosachbearbeiter fur dezentrale Datenverarbeitung/Maschinenbedienung tatig war, zu diesen Schritten in der menugesteuerten Telekommunikationsanlage nicht in der Lage gewesen seien sollte.\n\n49\n\n 1. Entgegen der Auffassung des Klagers, aber auch des Arbeitsgerichts kann nach Überzeugung der Berufungskammer der Beklagten im Ergebnis auch nicht der Vorwurf gemacht werden, die streitgegenstandliche Kundigung erst außerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen zu haben. Die Ausschlussfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kundigungsberechtigte von den fur die Kundigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. \n\n50\n\n 1. Zwar ist dem Arbeitsgericht grundsatzlich darin Recht zu geben, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklarung des Sachverhalts zugig durchzufuhren hat, aber andererseits ist, wie das Arbeitsgericht ebenfalls festgestellt hat, eine moglichst sichere und vollstandige positive Kenntnis der fur die Kundigung maßgebenden Tatsachen wunschenswert und die Gefahr eines voreiligen Kundigungsentschlusses auf Grund in hektischer Eile durchgefuhrter Aufklarungsmaßnahmen nach Moglichkeit zu vermeiden. \n\n51\n\nb. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Beklagten nicht der Vorwurf\ngemacht werden, im vorliegenden Fall die notwendigen Aufklarungen ubergebuhr\nverzogert zu haben.\n\n52\n\naa. Das Berufungsgericht tritt dem Arbeitsgericht bei, wenn dieses ausfuhrt,\ndass der in der Zeit vom 07.06.2000 bis 17.07.2000 erfolgte Zeitaufwand fur\nsubstantielle technische Abklarungen noch hinnehmbar sei. Die in dieser Zeit\nvorgenommenen Abklarungen dienten gerade der Überprufung des klagerischen\nEinwands, dass die Telekommunikationsanlage des DITS von außen manipuliert\nworden sein musse. Auch hatte es einen guten Grund, dass sich die Beklagte\nnicht bereits mit der Auskunft der D vom 03.07.2000 zufrieden gab; denn mit\ndieser Auskunft waren zwar die technischen Manipulationsmoglichkeiten als\nsolche geklart, jedoch noch nicht die wesentliche Feststellung getroffen, ob\nin der Telekommunikationsanlage zu den fraglichen Zeitpunkten tatsachlich\nManipulationsspuren erkennbar waren. Diese Aufklarung erfolgte erst mit dem\nweiteren Schreiben der D vom 17.07.2000. Erst von diesem Zeitpunkt ab begann\nsomit nach Auffassung des Berufungsgerichts die 14-Tagefrist des § 626 Abs. 2\nBGB zu laufen.\n\n53\n\n 1. Bei der Beurteilung ist auch zu beachten, dass die Beklagte bei der Aufklarung des Sachverhalts auf die technische Mithilfe fremder Stellen angewiesen war. Fur die Dauer der Beantwortung ihrer Anfragen insbesondere bei der Firma D kann die Beklagte somit nicht verantwortlich gemacht werden. Von dem Sinn und Zweck des § 626 Abs. 2 BGB her erschiene es auch unangemessen, denjenigen Arbeitgeber zu benachteiligen, der, statt voreilige Kundigungsentschlusse zu fassen, gerade auch die potenziell den Arbeitnehmer entlastenden Momente einer sorgfaltigen Aufklarung unterzieht. \n\n54\n\n 1. Wahrend der Klager selbst - wenn auch nach Auffassung des Berufungsgerichts, wie aufgezeigt, zu Unrecht - lediglich die Meinung vertreten hat, dass die 14-Tage-Frist "spatestens am 03.07.2000" zu laufen begonnen habe, hat das Arbeitsgericht der Beklagten gerade den Zeitaufwand zwischen Februar 2000 und Anfang Juni 2000 als nicht hinnehmbar vorgeworfen. \n\n55\n\naa. Dabei ist jedoch zunachst zu bedenken, dass es vorliegend um einen aus\nmehreren Einzelakten zusammengesetzten einheitlichen Kundigungsvorwurf geht.\nIn solchen Fallen kann die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB keinesfalls zu\nlaufen beginnen, bevor dem Arbeitgeber der letzte der maßgeblichen Einzelakte\nbekannt geworden ist. Die 0 190-Telefonate vom 13.03.2000 sind der Beklagten\njedoch erst durch die Telefonrechnung vom 24.05.2000, fruhestens durch die\nschriftliche Mitteilung der Firma D vom 19.05.2000 bekannt geworden.\n\n56\n\nbb. Mit dem Schreiben vom 19.05.2000 wurde die Beklagte auch erst in die Lage\nversetzt, mogliche Verdachtsmomente gegen einzelne konkrete Personen zu\nuberprufen, da ihr jetzt erst die vollstandigen Uhrzeiten der fraglichen\nTelefonate bekannt gegeben wurden. Nach zwischenzeitlich erfolgter Auswertung\nder Gleitzeitnachweise erfolgte dann bereits am 07.06.2000 die erste Anhorung\ndes Klagers.\n\n57\n\nd. Die Beklagte hat somit insgesamt kontinuierlich und folgerichtig ermittelt\nund große Sorgfalt auf die Abklarung moglicher Entlastungsmomente zu Gunsten\nder Beschaftigten des DITS verwandt. Es ist bei alledem nicht erkennbar, dass\nzu irgendeinem Zeitpunkt bei den in Frage kommenden Betroffenen einschließlich\ndes Klagers der Eindruck entstehen konnte, als wurde die Beklagte die den\nArbeitnehmern bereits im Februar 2000 eroffnete Problematik der 0 190-Anrufe\nauf sich beruhen lassen und daraus insbesondere keine arbeitsrechtlichen\nKonsequenzen mehr ziehen wollen.\n\n58\n\n 1. Auch die abschließende Interessenabwagung fallt zu Lasten des Klagers aus. Zu seinen Gunsten spricht zwar sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzes und die einschließlich der Ausbildungszeit im Zeitpunkt der Kundigung knapp 12-jahrige Betriebszugehorigkeit. Gegen ihn spricht jedoch die Schwere des Vorwurfs, wie sie bereits eingangs angesprochen wurde, und der Umstand, dass die Art des Vorwurfs geeignet ist, die Vertrauensgrundlage des Arbeitsverhaltnisses nachhaltig zu zerstoren. Dabei ist zu berucksichtigen, dass der Klager nicht etwa in impulsiver Gemutsregung ein einmaliges Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, sondern seinen Arbeitgeber uber einen langeren Zeitraum hinweg wiederholt und gezielt hintergangen hat. Schon auf Grund der Tatsache, dass die 0 190-Nummern durch technische Vorkehrungen gesperrt waren, konnte nicht der geringste Zweifel daran aufkommen, dass die Benutzung dieser Nummern einem strengen Verbot unterlag und vom Arbeitgeber nicht geduldet werden wurde. Gleichwohl muss die Beklagte den berechtigten und dringenden Verdacht hegen, dass der Klager sich hieruber immer wieder manipulativ hinweggesetzt hat. \n\n59\n\nIn Anbetracht der Eindeutigkeit des Verbots einer derartigen Handlungsweise\nwar auch eine vorherige Abmahnung entbehrlich.\n\n60\n\nBei alledem kann nach Überzeugung des Berufungsgerichts der streitigen\naußerordentlichen Kundigung der Beklagten vom 27.07.2000 die Rechtswirksamkeit\nnicht versagt bleiben.\n\n61\n\n 1. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. ZPO. \n\n62\n\nEin gesetzlicher Grund fur die Zulassung Revision ist nicht ersichtlich.\n\n63\n\nRechtsmittelbelehrung\n\n64\n\nGegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.\n\n65\n\nAuf den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde wird vorsorglich\nhingewiesen.\n\n66\n\n(Dr. Czinczoll) (Seifert) (Bauer)\n\n
298,969
lagd-2002-02-28-11-13-sa-161100
793
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
lagd
Nordrhein-Westfalen
Arbeitsgerichtsbarkeit
11 (13) Sa 1611/00
2002-02-28
2019-03-12 15:13:28
2020-12-10 13:00:11
Urteil
ECLI:DE:LAGD:2002:0228.11.13SA1611.00.00
## Tenor\n\nDie Berufung des Klagers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom\n20.07.2000 6 Ca 2887/00 wird auf seine Kosten zuruckgewiesen.\n\nDie Revision wird fur den Klager zugelassen.\n\n \n1\n\nT A T B E S T A N D :\n\n2\n\nDie Parteien streiten daruber, ob der Klager eine Abgeltung von\nUrlaubsanspruchen fur die Jahre 1998 und 1999 verlangen kann.\n\n3\n\nDer Klager, der anerkannter Schwerbehinderter ist, war bei der Beklagten,\neinem Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, als Betriebselektriker\nim Schaltschrank- und Maschinenbau tatig und erzielte zuletzt eine monatliche\nVergutung in Hohe von DM 4.417,-- brutto. Auf das Arbeitsverhaltnis der\nParteien fand u. a. der Manteltarifvertrag fur die Arbeiter, Angestellten und\nAuszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie\nNordrhein-Westfalen (MTV-Metall NRW) in seiner jeweiligen Fassung Anwendung.\nIn den urlaubsrechtlichen Vorschriften des MTV-Metall NRW vom 29.02.1988 i. d.\nF. des Änderungstarifvertrages vom 23.10.1997 ist u. a. bestimmt:\n\n4\n\n§ 11 Grundsatze der Urlaubsgewahrung\n\n5\n\n...\n\n6\n\n3\\. Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nur zulassig, wenn bei Beendigung\ndes Arbeitsverhaltnisses/Ausbildungsverhaltnisses noch Urlaubsanspruche\nbestehen.\n\n7\n\nDie Urlaubsabgeltung entfallt ausnahmsweise, wenn der Arbeitnehmer durch\neigenes schwerwiegendes Verschulden aus einem Grund entlassen worden ist, der\neine fristlose Kundigung rechtfertigt, oder das Arbeitsverhaltnis unberechtigt\nvorzeitig gelost hat und in diesen Fallen eine grobe Verletzung der\nTreuepflicht aus dem Arbeitsverhaltnis vorliegt.\n\n8\n\nDie hiernach verwirkte Urlaubsvergutung ist im Einvernehmen mit dem\nBetriebsrat einer betrieblichen Unterstutzungseinrichtung zuzufuhren oder\nsonst zugunsten der Arbeitnehmer zu verwenden. Bei Meinungsverschiedenheiten\nuber die Zufuhrung der Verwendung ist nach § 24 zu verfahren.\n\n9\n\n...\n\n10\n\n§ 12 Allgemeine Urlaubsbestimmungen\n\n11\n\n1\\. Der Zeitpunkt des Urlaubs richtet sich nach dem aufgestellten Urlaubsplan.\nSoweit kein Urlaubsplan besteht, kann der Urlaubsanspruch, abgesehen vom\nEintrittsjahr, ab 1. April in voller Hohe geltend gemacht werden.\n\n12\n\n2\\. Im Ein- und Austrittsjahr hat der Arbeitnehmer/Auszubil- dende gegen den\nalten und neuen Arbeitgeber/Ausbildungsbetrieb auf so viele Zwolftel des ihm\nzustehenden Urlaubs Anspruch, als er Monate bei ihnen gearbeitet hat\n(Beschaftigungsmonate) / ausgebildet wurde (Ausbildungsmonate). Ein\nangefangener Monat wird voll gerechnet, wenn die Beschaftigung/Ausbildung\nmindestens zehn Kalendertage bestanden hat. Fur eine Beschaftigung/ Ausbildung\nbis zu zwei Wochen besteht kein Urlaubsanspruch.\n\n13\n\nDieser Anspruch kann bei Eintritt bis zum 31. Mai nach sechsmonatiger\nBetriebszugehorigkeit, bei Eintritt nach dem 31. Mai ab 1. Dezember geltend\ngemacht werden.\n\n14\n\n3\\. In den auf das Eintrittsjahr folgenden Kalenderjahren ist der volle\nJahresurlaub zu gewahren, wenn das Arbeitsverhaltnis durch ordentliche\nKundigung des Arbeitgebers nach dem 1. April beendet wird.\n\n15\n\nBis 31. Dezember 1997 gilt folgender Abs. 2:\n\n16\n\nArbeitnehmer, die wegen Erhalts einer Rente aus der gesetzlichen\nRentenversicherung aus dem Betrieb ausscheiden, haben unabhangig vom Termin\nihres Ausscheidens Anspruch auf den vollen Jahresurlaub, wenn sie im\nAustrittsjahr bis zum 31. Januar tatsachlich gearbeitet haben.\n\n17\n\nAb 1. Januar 1998 gilt folgender Abs. 2:\n\n18\n\nFur Arbeitnehmer, die wegen Erhalts einer Rente aus der gesetzlichen\nRentenversicherung aus dem Betrieb ausscheiden, gilt § 12 Nr. 2 Abs. 1 MTV.\n\n19\n\n...\n\n20\n\n7\\. Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres,\nes sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass Urlaub aus\nbetrieblichen Grunden nicht genommen werden konnte.\n\n21\n\nKonnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, erlischt der\nUrlaubsanspruch zwolf Monate nach Ablauf des Übertragungszeitraums nach Abs.\n1.\n\n22\n\n...\n\n23\n\n§ 13 Urlaubsdauer\n\n24\n\n...\n\n25\n\n3\\. Der Zusatzurlaub fur Schwerbehinderte regelt sich nach dem\nSchwerbehindertengesetz.\n\n26\n\n...\n\n27\n\nDer Klager war seit dem 19.04.1999 durchgehend erkrankt. Gemaß dem\nRentenbescheid der LVA Rheinprovinz vom 09.06.2000 erhielt der Klager auf\nseinen Antrag vom 23.11.1999 mit Wirkung vom 16.03.2000 Rente wegen\nErwerbsunfahigkeit. Zuvor hatte der Klager mit Schreiben vom 19.05.2000 sein\nArbeitsverhaltnis zum Zeitpunkt Beginn der Erwerbsunfahigkeitsrente gekundigt.\n\n28\n\nMit seiner am 05.07.2000 bei dem Arbeitsgericht Wuppertal eingereichten und\nder Beklagten zwei Tage spater zugestellten Klage macht der Klager die\nAbgeltung von insgesamt 57 Urlaubstagen auf der Basis der Berechnungsregelung\nin § 14 Nr. 1 lit. b MTV-Metall NRW in einer Gesamthohe von DM 17.294,37\nbrutto geltend.\n\n29\n\nDer Klager hat hierzu im Wesentlichen geltend gemacht:\n\n30\n\nEr habe im Jahre 1998 aus betriebsbedingten Grunden den ihm zustehenden Urlaub\nnicht vollstandig nehmen konnen. Die deswegen noch offenen 22 Urlaubstage habe\ner nach einer Vereinbarung mit der Beklagten ab dem 19.04.1999 nehmen sollen.\nSeinen Urlaubsanspruch fur 1999 (35 Tage) habe er wegen seiner Erkrankung\nebenfalls nicht realisieren konnen. Seine noch offenen Urlaubsanspruche habe\ner wahrend des Bestandes des Arbeitsverhaltnisses monatelang vergeblich in\nGesprachen mit der Geschaftsleitung angemahnt.\n\n31\n\nDer Klager hat beantragt,\n\n32\n\ndie Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 17.294,13 brutto nebst 4 % Zinsen seit\ndem 02.07.2000 zu zahlen.\n\n33\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n34\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n35\n\nSie hat vor allem geltend gemacht, dass dem Klager wegen seiner nach wie vor\nbestehenden Arbeitsunfahigkeit nach den Regelungen im MTV-Metall NRW kein\nUrlaubsabgeltungsanspruch zustehe.\n\n36\n\nMit seinem am 20.07.2000 verkundeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage\nabgewiesen und zur Begrundung im Wesentlichen ausgefuhrt:\n\n37\n\nSelbst wenn man zugunsten des Klagers davon ausginge, dass ihm zum Zeitpunkt\nder Beendigung des Arbeitsverhaltnisses am 30.06.2000 noch Urlaub aus den\nVorjahren zugestanden hatte, fuhre dies jedenfalls zurzeit nicht zu einer\nAbgeltungsverpflichtung der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des\nBundesarbeitsgerichts setze ein Urlaubsabgeltungsanspruch immer die\nErfullbarkeit des Urlaubsanspruchs voraus. Der hierfur darlegungspflichtige\nKlager habe nichts dazu vorgetragen, in welchem Umfang er nach seinem\nAusscheiden aus den Diensten der Beklagten zur Ausubung seiner bisherigen oder\neiner anderen, von der Beklagten als vertragsgemaß anzunehmenden\nArbeitsleistung in der Lage gewesen sei. An der fur den Klager ungunstigen\nRechtslage habe auch nichts die zum 01.01.1998 in Kraft getretene Neufassung\ndes § 12 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW geandert. Diese Neufassung beschaftige\nsich nur mit der Frage, in welcher Hohe ein aus dem Erwerbsleben\nausscheidender Arbeitnehmer Urlaubsanspruche im Austrittsjahr erwerben konne,\nbefasse sich jedoch nicht mit der Frage, ob der Urlaubsanspruch erfullt und\nabgegolten werden konne. Ebenso wenig konne der Klager aus der\nÜbertragungsvorschrift des\n\n38\n\n§ 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW gunstiges fur sich herleiten. Zwar wurden nach\ndieser Norm Urlaubsanspruche, die wegen Krankheit nicht hatten genommen werden\nkonnen, spater als andere Urlaubsanspruche verfallen. Aus dieser zeitlichen\nPrivilegierung konne jedoch nicht entnommen werden, dies setze - anders als in\n§ 7 Abs. 4 BUrlG geregelt - nicht die Erfullbarkeit des ubertragenen Urlaubs\nvoraus.\n\n39\n\nGegen das ihm am 25.10.2000 zugestellte Urteil hat der Klager mit einem am\n22.11.2000 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung\neingelegt und diese mit einem am 20.12.2000 eingereichten Schriftsatz\nbegrundet.\n\n40\n\nDer Klager macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen\nVorbringens im Wesentlichen geltend:\n\n41\n\nEs sei nicht ausgeschlossen, dass ein Arbeitnehmer erwerbsunfahig, aber\nzugleich dennoch arbeitsfahig sei. Der Urlaubsabgeltungsanspruch sei insoweit\nerfullbar, weil er in der Zeit zwischen Beendigung des Arbeitsverhaltnisses am\n30.06.2000 und dem Erloschen des Urlaubsanspruchs am 31.03.2001 arbeitsfahig\ngewesen sei. Zwar habe er am 07.04.1999 einen Arbeitsunfall mit einer\nknochernen Verletzung am rechten Fuß, die in der Folgezeit zu einem Charcot-\nFuß gefuhrt habe und auf dem die Erwerbsunfahigkeitsrente beruhe, erlitten.\nJedoch habe er bereits vor diesem Arbeitsunfall mit dem Auftreten des Charcot-\nFußes nicht mehr alle Arbeiten ausfuhren konnen und sei in der Werkstatt in\nsitzender Tatigkeit und nicht im Maschinenbau auf Leitern tatig gewesen. Er\nhabe bereits vor dem Arbeitsunfall uberwiegend in sitzender Tatigkeit\nSchaltplane korrigiert und Material vorbereitet, was er ohne weiteres auch\nkunftig im Rahmen einer sitzenden Tatigkeit ausfuhren konne. Insoweit konne\nvon einer durchgehenden Arbeitsunfahigkeit keine Rede sein. Aber selbst wenn\nman von einer weiterbestehenden Arbeitsunfahigkeit ausginge, wurde ihm der\ngeltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch zustehen. Es wurde namlich dem\nTreu- und Glauben-Grundsatz des § 242 BGB und der daraus resultierenden\nTreuepflicht des Arbeitgebers widersprechen, wenn die Beklagte auf die\nNichterfullbarkeit des Urlaubsanspruchs wegen fortdauernder Arbeitsunfahigkeit\nverweise, obwohl diese aus einem Arbeitsunfall resultiere. Des Weiteren stelle\ndie seit dem 01.01.1998 geltende Fassung des § 12 Nr. 2 Abs. 1 MTV nicht mehr\ndarauf ab, ob der Arbeitnehmer tatsachlich gearbeitet habe, sondern es komme\nnur auf die Beschaftigungsmonate an, d. h. ein Beschaftigungsverhaltnis. Damit\nsei bei Erhalt einer Rente, wie bei ihm, der offene Urlaub auf jeden Fall\nabzugelten. Schließlich sei aus § 11 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW zu seinen\nGunsten der Umkehrschluss herzuleiten, dass die Urlaubsabgeltung auf jeden\nFall dann zu erfolgen habe, wenn der Arbeitnehmer aus betrieblichen Grunden\n(Wegeunfall) seine Urlaubsanspruche nicht mehr wahrnehmen konne und auf eine\nUrlaubsabgeltung angewiesen sei.\n\n42\n\nDer Klager beantragt,\n\n43\n\ndas Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.07.2000 (Az. 6 Ca 2887/00)\nabzuandern und nach den Schlussantragen in erster Instanz zu erkennen.\n\n44\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n45\n\ndie Berufung des Klagers zuruckzuweisen.\n\n46\n\nDie Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser\nWiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens erganzend geltend:\n\n47\n\nDer Klager selbst habe auf Nachfrage vor dem Arbeitsgericht Wuppertal zu\nseinem Gesundheitszustand und seiner Arbeitsfahigkeit angegeben, zur\nErbringung seiner Arbeitsleistung nicht mehr im Stande zu sein. Eine rein\nsitzende Tatigkeit, wie etwa bei Fließbandarbeitern, wurde in ihrem Betrieb\nnicht ausgefuhrt. Es wurden nur circa 3 % Tatigkeiten verbleiben, die\ngegebenenfalls auch im Sitzen ausgefuhrt werden konnten, wie Klemmleisten\nbestucken und beschriften, in Teilstuckzahl die Verdrahtung fertigen sowie\nBezeichnungsschilder gravieren. Diese Tatigkeiten wurden nur sehr sporadisch\nund in sehr geringem Umfang anfallen und nicht genugen, einen Teilzeit- oder\ngar Vollzeitarbeitsplatz auszufullen. Arbeitsfahigkeit liege nur vor, wenn der\nArbeitnehmer zu seiner bisherigen oder einer anderen, vom Arbeitgeber als\nvertragsgemaß anzunehmenden Arbeitsleistung im Stande sei. Dies bedeute, dass\nder Klager nach Beendigung des Arbeitsverhaltnisses zur Ausubung einer\nTatigkeit fahig sein musse, die als vertragsgemaß anzuerkennen sei. Dies konne\nnur der Fall sein bei solchen Tatigkeiten, die sie - die Beklagte - im Rahmen\nihres Direktionsrechts dem Klager auferlegen konnte.\n\n48\n\nHinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszugen wird\nauf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsatze\nverwiesen.\n\n49\n\nDas Gericht hat durch Beschluss vom 17.05.2001 ein medizinisches Gutachten\neingeholt zu der Frage, ob der Klager nach Eintritt der Erwerbsunfahigkeit\n(16.03.2000) noch zur Ausfuhrung sitzender Arbeiten in der Lage war (uber den\n30.06.2000 hinaus). Auf das unter dem 07.12.2001 durch den Arzt fur\nArbeitsmedizin, Herrn Dr. med.., erstellte arbeitsmedizinische Gutachten wird\nausdrucklich Bezug genommen.\n\n50\n\nE N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :\n\n51\n\nA.\n\n52\n\nDie Berufung des Klagers, gegen deren Zulassigkeit keinerlei Bedenken\nbestehen, ist unbegrundet. Die Beklagte ist namlich, wie die Vorinstanz zu\nRecht erkannt hat, nicht verpflichtet, urlaubsrechtliche Anspruche des Klagers\nfur die Jahre 1998 und 1999 abzugelten.\n\n53\n\nI. Der Klager hat weder Anspruch auf Abgeltung der von ihm fur 1998 begehrten\n22 Urlaubstagen - zu seinen Gunsten unterstellt, diese seien entsprechend der\nvon ihm behaupteten Vereinbarung zwischen den Parteien auf das Jahr 1999\nubertragen worden - noch auf die von ihm fur 1999 beanspruchten 30 Urlaubstage\n(ohne Zusatzurlaub nach § 47 SchwbG) nach § 11 Nr. 1, § 13 Nr. 1 MTV-Metall\nNRW noch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG,\nder in den Jahren 1998 und 1999 jeweils 24 Werktage betrug.\n\n54\n\n1\\. Zunachst wird die Beklagte nicht durch § 11 Nr. 3 Satz 1 MTV-Metall NRW\nverpflichtet, den fur die Jahre 1998 und 1999 nicht gewahrten tariflichen\nUrlaub abzugelten.\n\n55\n\na) Nach der standigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die\nerkennende Kammer anschließt, ist die in § 7 Abs. 4 BUrlG getroffene\ngesetzliche Abgeltungsregelung auch fur tarifliche Urlaubsanspruche\nmaßgeblich, soweit die Tarifvertragsparteien keine zu Gunsten der Arbeitnehmer\nabweichende Sonderregelung getroffen haben (z. B. BAG 03.05.1994 - 9 AZR\n\n56\n\n522/92 - AP Nr. 64 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - EzA\n§ 4 TVG Metallindustrie Nr. 112). Denn die gesetzliche Regelung der\nersatzweisen Abgeltung von nicht erfullten Urlaubsanspruchen bei Beendigung\ndes Arbeitsverhaltnisses ist auch fur die Tarifvertragsparteien unabdingbar i.\nS. von § 13 Satz 1 BUrlG (vgl. BAG 05.12.1995 - 9 AZR 871/94 - AP Nr. 70 zu §\n7 BUrlG Abgeltung), weil sie insoweit keine Regelung treffen konnen, durch die\ndie gesetzlichen Urlaubsanspruche verkurzt werden.\n\n57\n\nb) Ob in § 11 Nr. 3 Satz 1 MTV-Metall NRW die Tarifvertragsparteien uberhaupt\neine eigenstandige Rechtsgrundlage fur die Abgeltung von Urlaubsanspruchen\nregeln wollten, ist schon nach dem Wortlaut der Bestimmung zweifelhaft. Danach\nist eine Abgeltung nur zulassig, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhaltnisses\n... noch Urlaubsanspruche bestehen . Die gesetzliche Abgeltungsverpflichtung\ndes Arbeitgebers wird danach vorausgesetzt und auf den Fall der Beendigung des\nArbeitsverhaltnisses begrenzt (BAG 27.05.1997\n\n58\n\n\\- 9 AZR 337/95 - a. a. O.). Denn wie bereits der 6. Senat des\nBundesarbeitsgerichts zu der identischen Regelung in § 9 Nr. 3 Satz 1 des MTV-\nMetall NRW vom 30.04.1980 ausgefuhrt hat, ist nicht zugunsten der Arbeitnehmer\nvon den gesetzlichen Abgeltungsregelungen abgewichen worden (BAG 07.11.1985\n\n59\n\n\\- 6 AZR 202/83 - AP Nr. 24 zu § 7 BUrlG Abgeltung).\n\n60\n\nc) Eine Abweichung von den gesetzlichen Urlaubsabgeltungsregeln kann entgegen\nder Auffassung des Klagers nicht aus § 11 Nr. 3 Abs. 2 MTV-Metall NRW\nentnommen werden. Diese Vorschrift enthalt eine zu Lasten der Arbeitnehmer in\nFallen grober Verletzung der Treuepflicht getroffene Sonderregelung. Sie kann\nden gesetzlichen Abgeltungsanspruch nur fur den Teil des Urlaubs ausschließen,\nder den gesetzlichen Mindesturlaub ubersteigt (vgl. BAG 30.11.1977 - 5 AZR\n667/76 - AP Nr. 4 zu § 13 BUrlG Unabdingbarkeit). Aus dieser einschrankenden\nVorschrift kann nicht im Umkehrschluss geschlossen werden, in allen sonstigen\nFallen, wie z. B. im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhaltnisses im\nZusammenhang mit einem Wegeunfall, sei im Verhaltnis zur gesetzlichen Regelung\neine Ausweitung beabsichtigt (BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.).\n\n61\n\nd) Eine von den Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 BUrlG abweichende\nRegelungsabsicht ergibt sich schließlich nicht aus § 12 Nr. 3 Abs. 2 MTV-\nMetall NRW in seiner ab dem 01.01.1998 geltenden Fassung. Diese Vorschrift\nbefasst sich, wie ihre Vorgangerregelung, nur mit der Frage, in welcher Hohe\nein aus dem Erwerbsleben ausscheidender Arbeitnehmer Urlaubsanspruche erwerben\nkann. Wahrend die bis zum 31.12.1997 geltende Fassung des § 12 Nr. 2 Abs. 2\nMTV-Metall NRW fur diesen Fall eine Abweichung von dem in § 12 Nr. 2 Abs. 1\nMTV-Metall NRW geregelten Zwolftelungsprinzip enthielt, gilt seit dem\n01.01.1998 aufgrund der seitdem geltenden Verweisung in § 12 Nr. 2 Abs. 2 MTV-\nMetall NRW n. F. auf § 12 Nr. 2 Abs. 1 MTV-Metall NRW fur einen aus dem\nErwerbsleben ausscheidenden Arbeitnehmer auch das Zwolftelungsprinzip. Eine\nAntwort auf die Frage, ob der Urlaubsanspruch erfullt und abgegolten werden\nkann, enthielt weder § 12 Nr. 2 Abs. 2 MTV-Metall NRW a. F. (so BAG 27.05.1997\n- 9 AZR 337/95 - a. a. O.) noch die seit dem 01.01.1998 geltende Fassung,\nzumal diese entgegen der Ansicht des Klagers auch Arbeit des Arbeitnehmers im\nfraglichen Zeitraum voraussetzt ( ... als er Monate bei ihnen gearbeitet\nhat... ).\n\n62\n\n2\\. Der Klager hat nach § 7 Abs. 4 BUrlG keinen gesetzlichen Anspruch auf\nAbgeltung des nicht gewahrten tariflichen oder gesetzlichen Urlaubs.\n\n63\n\na) Der gesetzliche Abgeltungsanspruch ist als Ersatz fur die wegen Beendigung\ndes Arbeitsverhaltnisses nicht mehr mogliche Befreiung von der Arbeitspflicht\nan die fur den Urlaubsanspruch geltenden Voraussetzung gebunden. Sein Bestand\nsetzt somit voraus, dass der Urlaubsanspruch bei Beendigung des\nArbeitsverhaltnisses nicht erloschen ist und bei Fortbestand des\nArbeitsverhaltnisses noch erfullt werden konnte (st. Rspr., z. B. BAG\n03.05.1994\n\n64\n\n\\- 9 AZR 522/92 - AP Nr. 64 zu § 7 BUrlG Abgeltung; BAG 05.12.1995 - 9 AZR\n871/94 - AP Nr. 70 zu § 7 BUrlG Abgeltung).\n\n65\n\nb) Spatestens mit der Beendigung des Arbeitsverhaltnisses zum 30.06.2000 ist\nder bis dahin noch nicht erfullte Anspruch des Klagers auf tariflichen\n(Grund-)Urlaub von Gesetzes wegen in den Anspruch auf Abgeltung (§ 7 Abs. 4\nBUrlG) umgewandelt worden (vgl. BAG AP Nr. 66 zu § 7 BUrlG Abgeltung).\nUnerheblich ist, dass der Klager bei Beendigung des Arbeitsverhaltnisses\ninfolge Krankheit arbeitsunfahig war (BAG AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung;\nBAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.). Der entstandene Abgeltungsanspruch\nist jedenfalls mit Ablauf des 31.03.2001 erloschen, weil nicht davon\nausgegangen werden kann, dass der Klager bei Fortbestand des\nArbeitsverhaltnisses in der Lage gewesen ware, die vertraglich geschuldete\nArbeitsleistung bis dahin zu erbringen. Bei Beendigung des\nArbeitsverhaltnisses am 30.06.2000 war der aufgrund der wegen angeblicher\nbetrieblicher Grunde nicht genommene Urlaub aus dem Urlaubsjahr 1998 aufgrund\nder vom Klager behaupteten, zu seinen Gunsten unterstellten Vereinbarung uber\neine Übertragung des Urlaubs dem Anspruch aus dem Urlaubsjahr 1999\nhinzugetreten. Der so ubertragene Urlaub hatte bei Fortbestand des\nArbeitsverhaltnisses bis drei Monate nach Ablauf des folgenden Kalenderjahres\n2000 gewahrt werden mussen. Eine weitere Übertragung scheidet aus.\n\n66\n\nc) Die Rechtsfolge des Erloschens von nicht erfullten Urlaubsanspruchen ist in\n§ 12 Nr. 7 MTV-Metall NRW ausdrucklich geregelt. Das Erfordernis der\nErfullbarkeit wird auch nicht sinnlos, wenn der Arbeitnehmer nach Bewilligung\neiner Erwerbsunfahigkeitsrente aus dem Arbeitsverhaltnis ausscheidet. Der\nBegriff Erwerbsunfahigkeit in § 44 Abs. 2 SGB VI setzt nicht voraus, dass der\nArbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung uberhaupt nicht mehr erbringen\nkann. Er ist schon dann erfullt, wenn der Arbeitnehmer auf Dauer gesehen\nkeiner Erwerbstatigkeit in einem Umfang nachgehen kann, die zum Bestreiten des\nLebensunterhalts ausreicht. Die Befreiung des erwerbsunfahigen Arbeitnehmers\nvon der vertraglich geschuldeten Arbeitspflicht kann dann in Betracht kommen,\nwenn er zumindest fur die Dauer des Urlaubs noch eine ihm aus dem\nArbeitsverhaltnis obliegende Arbeitsleistung erbringen kann (vgl. BAG\n08.02.1994 - 9 AZR 332/92 - AP Nr. 17 zu § 47 BAT; BAG AP Nr. 48 zu § 7 BUrlG\nAbgeltung).\n\n67\n\nd) Der Arbeitnehmer tragt fur die Erfullbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs\ndie Darlegungs- und Beweislast (BAG 20.04.1989 - 8 AZR 621/87 -; BAG\n27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.). Der Klager ist seiner Darlegungspflicht\nnicht nachgekommen.\n\n68\n\naa) Arbeitsunfahig ist der Arbeitnehmer, der außer Stande ist, die ihm nach\ndem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten, oder der die Arbeit nur\nunter der Gefahr aufnehmen oder fortsetzen konnte, in absehbar naher Zeit\nseinen Zustand zu verschlimmern (BAG 29.01.1992 - 5 AZR 37/91 - EzA § 74 SGB V\nNr. 1). Dabei bedeutet es keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer durch seine\nKrankheit ganz oder teilweise arbeitsunfahig ist. Auch der vermindert\narbeitsfahige ist arbeitsunfahig, eben weil er seine vertraglich geschuldete\nArbeitsleistung nicht voll erfullen kann (BAG 29.01.1992 - 5 AZR 37/91 - a. a.\nO.).\n\n69\n\nbb) Unter Berucksichtigung dieses Prufungsmaßstabes ist der Klager selbst dann\nnoch arbeitsunfahig nach dem 30.06.2000 gewesen, wenn er bei der Beklagten in\neinem gewissen zeitlichen Umfang korperlich leichte Tatigkeiten im Wechsel von\nSitzen und Gehen sowie kurzerem Stehen (nicht langer als 5 bis 10 Minuten) mit\nHeben und Tragen von Gewichten bis maximal 5 kg hatte verrichten konnen (vgl.\nhierzu arbeitsmedizinisches Gutachten von Dr. med. W.l vom 07.12.2001, Seite\n23) und diese Tatigkeiten vom Klager zumindest teilweise arbeitsvertraglich\ngeschuldet waren. Die damit verbundene generelle Einschrankung des\nDirektionsrechts der Beklagten hatte - abgesehen davon, dass der Gutachter\nauch eine tagliche Arbeitszeit von maximal 4 Stunden empfohlen hat (Gutachten,\nSeite 23) - den Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geandert mit der\nFolge, dass der Klager auf Dauer gehindert war, die von ihm arbeitsvertraglich\ngeschuldete Leistung als Betriebselektriker zu erbringen (vgl. BAG 29.01.1997\n- 2 AZR 9/96 - EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 42).\n\n70\n\n3\\. Der Klager ist auch nicht berechtigt, die Abgeltung des gesetzlichen\nMindesturlaubs zu verlangen. Ebenso wie der tarifliche Urlaubsanspruch fur\n1998 und 1999, sofern ersterer uberhaupt noch bestanden haben sollte, nicht\nerfullbar.\n\n71\n\nII. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Klager die geforderten funf Tage\nZusatzurlaub fur Schwerbehinderte nach § 47 Satz 1 SchwbG (in Kraft bis\n30.06.2001) abzugelten.\n\n72\n\n1\\. Aus dem Wortlaut des § 13 Nr. 3 MTV-Metall NRW folgt, dass sich\nEntstehung, Bestand und Erloschen des Zusatzurlaubs nach dem Gesetz richten.\nDie tarifliche Bestimmung enthalt namlich keine eigenstandige Regelung,\nsondern verweist auf das Schwerbehindertengesetz.\n\n73\n\n2\\. Nach der standigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die\nerkennende Kammer anschließt, erlischt der gesetzliche Zusatzurlaub fur\nSchwerbehinderte in gleicher Weise wie der Erholungsurlaub (BAG 25.06.1996 - 9\nAZR 182/95 - AP Nr. 11 zu § 47 SchwbG 1986; BAG 27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a.\na. O.). Der wegen Beendigung des Arbeitsverhaltnisses unmoglich werdende\nAnspruch auf Arbeitsbefreiung wird nach dem Schwerbehindertenrecht nicht\nabgefunden, sondern nach dem allgemeinen Urlaubsrecht in einen\nAbgeltungsanspruch umgewandelt. Dieser Abgeltungsanspruch ist als befristeter\nAnspruch ebenso wie der Anspruch auf Abgeltung des Erholungsurlaubs spatestens\nmit dem Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums untergegangen (BAG\n27.05.1997 - 9 AZR 337/95 - a. a. O.).\n\n74\n\nIII. Entgegen der Auffassung des Klagers ist es der Beklagten nicht nach § 242\nBGB versagt, sich wegen des vom Klager behaupteten Arbeits- bzw. Wegeunfalls\nauf das Erloschen der hier in Rede stehenden Urlaubsabgeltungsanspruche zu\nberufen. Zum einen kommt es fur die Feststellung des Erloschens des\nUrlaubsabgeltungsanspruches nach gesetzlichem (31.03. des Folgejahres) bzw.\ntariflichem (§ 12 Abs. 2 MTV-Metall NW) Fristablauf nicht auf den Grund fur\ndie Verhinderung des Arbeitnehmers an, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Zum\nanderen zeigt der Gesetzgeber selbst an (vgl. im Zeitraum vom 01.10.1996 bis\nzum 31.12.1998 § 4 Abs. 1 Satz 2 EFZG i. d. F. des Art. 3 Nr. 2 lit. a des\nArbBeschFG vom 25.09.1996, BGBl. I S. 1476), wenn er einen Arbeitsunfall als\nanspruchsbegunstigenden Tatbestand ansieht. Das ist im Bundesurlaubsgesetz\ngerade nicht der Fall.\n\n75\n\nB.\n\n76\n\nDie Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemaß § 97 Abs. 1 ZPO\ni. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG dem Klager aufzuerlegen.\n\n77\n\nDie Kammer hat der Rechtssache grundsatzliche Bedeutung beigemessen und somit\ndie Revision an das Bundesarbeitsgericht gemaß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG\nzugelassen.\n\n78\n\nRECHTSMITTELBELEHRUNG\n\n79\n\nGegen dieses Urteil kann vom Klager\n\n80\n\nREVISION\n\n81\n\neingelegt werden.\n\n82\n\nFur die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.\n\n83\n\nDie Revision muss\n\n84\n\ninnerhalb einer Notfrist von einem Monat\n\n85\n\nnach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim\n\n86\n\nBundesarbeitsgericht,\n\n87\n\nHugo-Preuß-Platz 1,\n\n88\n\n99084 Erfurt,\n\n89\n\neingelegt werden.\n\n90\n\nDie Revision ist gleichzeitig oder\n\n91\n\ninnerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung\n\n92\n\nschriftlich zu begrunden.\n\n93\n\nDie Revisionsschrift und die Revisionsbegrundung mussen von einem bei einem\ndeutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.\n\n94\n\ngez.: Dr. Vossen gez.: Janz gez.: Eckwert\n\n
300,341
olgd-2001-11-22-i-6-u-10301
820
Oberlandesgericht Düsseldorf
olgd
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
I-6 U 103/01
2001-11-22
2019-03-12 15:51:19
2020-12-10 13:01:09
Urteil
ECLI:DE:OLGD:2001:1122.I6U103.01.00
## Tenor\n\nAuf die Berufung des Klagers wird das am 21. Marz 2001 verkundete Urteil der\n12. Zivilkammer des Landgerichts Dusseldorf geandert.\n\nDer Beklagten wird untersagt, in Allgemeinen Geschaftsbedingungen in Be-zug\nauf Reisevertrage die folgende oder dieser inhaltsgleiche Klauseln zu\nverwenden oder sich bei der Abwicklung bestehender Vertrage auf solche\nKlauseln zu berufen, soweit der Vertrag nicht mit einem Unternehmer ge-\nschlossen wird oder wurde:\n\n"a. gmbh behalt sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestatigten\nPreise im Falle der Erhohung der Beforderungskosten oder der Abgaben fur\nbestimmte Leistungen, wie Hafen-\n\noder Flughafengebuhren oder einer Änderung der fur die betreffende Reise\ngeltenden Wechselkurse, in dem Umfang zu andern, wie sich de-ren Erhohung pro\nPerson bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis auswirkt, sofern zwischen\nVertragsschluß und dem vereinbarten Reisetermin mehr als 4 Monate liegen."\n\nDer Beklagten wird fur jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot ein\nOrdnungsgeld bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise gegen ihren Ge-schaftsfuhrer zu\nvollstreckende Ordnungshaft, oder gegen ihren Geschafts-fuhrer zu\nvollstreckende Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.\n\nDie Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\nDie Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Ho-he\nvon 50.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Klager vor der Vollstre-ckung\nSicherheit in gleicher Hohe leistet. Die Sicherheiten konnen auch durch\nBurgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansassigen Bank oder\nSparkasse erbracht werden.\n\nDie Revision wird zugelassen.\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d**\n\n2\n\nDer Klager ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmaßigen Aufgaben es\ngehort, die Interessen der Verbraucher durch Aufklarung und Beratung\nwahrzunehmen. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemaß § 22 a\nAGBG eingetragen. Die Beklagte ist als Reiseveranstalterin tatig. In diesem\nRahmen verwendet sie regelmaßig "Reisebedingungen Pauschal-Reisen" (im\nFolgenden: RBP), die die folgenden Bestimmungen enthalten:\n\n3\n\n"**4.** **Leistungs und Preis anderungen**\n\n4\n\na) ... a. gmbh behalt sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung\nbestatigten Preise im Falle der Erhohung der Beforderungskosten oder der\nAbgaben fur bestimmte Leistungen, wie Hafen- oder Flughafengebuhren oder einer\nÄnderung der fur die betreffende Reise geltenden Wechselkurse, in dem Umfang\nzu andern, wie sich deren Erhohung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den\nReisepreis auswirkt, sofern zwischen Ver-tragsschluß und dem vereinbarten\nReisetermin mehr als 4 Monate liegen. Im Fall einer nachtraglichen Änderung\ndes Reisepreises oder einer Änderung einer wesentlichen Reiseleistung setzt a.\ngmbh den Reisenden unverzuglich, im Fall der Preiserhohung spatestens 21 Tage\nvor Reiseantritt, davon in Kenntnis. Preiserhohungen nach diesem Zeitpunkt\nsind nicht zulassig. Bei Preiserhohungen um mehr als 5 % oder im Fall einer\nerheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ist der Reisende\nberechtigt, ohne Gebuhren vom Reisevertrag zuruckzutreten oder die Teilnahme\nan einer mindestens gleichwertigen Reise zu verlangen, wenn a. gmbh in der\nLage ist, eine solche Reise ohne Mehrpreis fur den Reisenden aus seinem\nAngebot anzubieten. Der Reisende hat diese Rechte unverzuglich nach der\nErklarung von a. gmbh uber die Preiserhohung bzw. Änderung der Reiseleitung\ndieser gegenuber geltend zu machen."\n\n5\n\nDer Klager wendet sich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit der\nUnterlassungsklage nach § 13 AGBG gegen diese Klausel. Er hat geltend gemacht,\n§ 651 a Abs. 3 und 4 AGBG enthalte weder eine abschließende Regelung fur\nnachtragliche Reisepreiserhohungen noch eine Erlaubnisnorm, so dass die\nbeanstandete Formularbestimmung auch nach den Maßstaben der §§ 9 ff. AGBG zu\nbeurteilen sei. § 8 AGBG stelle sie nicht von der Inhaltskontrolle frei, weil\nsie sich nicht in der Wiedergabe einer gesetzlich zugelassenen Vereinbarung\nerschopfe, sondern uber diesen Rahmen hinaus auf eine Erweiterung der Rechte\nder Beklagten gerichtet sei. Die Inhaltskontrolle fuhre gemaß § 10 Nr. 4 AGBG\nzur Unwirksamkeit der Klausel, weil diese keine der Moglichkeit einer\nPreiserhohung entsprechende Verpflichtung zur Preissenkung enthalte, wenn die\nbezeichneten Kosten des Reiseveranstalters sich ermaßigten. Die Richtlinie des\nRates der Europaischen Gemeinschaften vom 13. Juni 1990 uber Pauschalreisen -\n90/314/ EWG - (ABl. EG Nr. L 158 vom 23. Juni 1990, S. 59 ff.; im Folgenden:\nPauschalreiserichtlinie) sehe eine solche Verknupfung vor und sei vom\nBundesgesetzgeber in § 651 a Abs. 3 und 4 BGB insoweit nicht vollstandig\numgesetzt worden. Dieser Mangel sei durch eine richtlinienkonforme Anwendung\ndes § 10 Nr. 4 AGBG zu beheben. Zudem uberschreite die Bestimmung die Grenzen\ndes § 651 a Abs. 3 BGB, belaste den Kunden weitgehend mit dem\nunternehmerischen Risiko und benachteilige ihn entgegen den Geboten von Treu\nund Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG), weil sie Preiserhohungen auch\naufgrund von Umstanden zulasse, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses\nbereits bekannt oder erkennbar gewesen seien. Das verstoße zugleich gegen das\nGebot, Preisanderungen unverzuglich nach Kenntnis von dem Änderungsgrund\nmitzuteilen (§ 651 a Abs. 4 Satz 1 BGB). Schließlich enthalte die Klausel\nkeine ausreichenden Angaben zur Berechnung des neuen Preises. Zwar brauche der\nReiseveranstalter in diesem Zusammenhang nicht die Einzelheiten seiner\nKalkulation offen zu legen. Erforderlich sei jedoch die Bezeichnung des\nungefahren Anteils der maßgeblichen Kostenfaktoren am ursprunglichen\nReisepreis, des Betrages der Erhohung dieser Kostenarten, der\nVergleichszeitpunkte und der zum neuen Preis fuhrenden Rechenschritte. Dem\nwerde die beanstandete Klausel nicht gerecht.\n\n6\n\nDer Klager hat beantragt,\n\n7\n\ndie Beklagte zu verurteilen,\n\n8\n\n1\\. es bei Meidung eines fur jeden Fall der Zuwiderhandlung (unter Ausschluss\ndes Fortsetzungszusammenhangs, soweit es sich um solche Handlungen handelt,\nderen vorsatzliche Begehung der Klager der Beklagten nachweist) falligen\nOrdnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs\nMonaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den\ngesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, die\nnachfolgende oder dieser inhaltsgleiche Klauseln in Allgemeinen\nGeschaftsbedingungen in Bezug auf Reisevertrage zu verwenden, ausgenommen\ngegenuber einer Person, die bei Abschluss des Vertrages in Ausubung ihrer\ngewerblichen oder selbstandigen beruflichen Tatigkeit handelt:\n\n9\n\n"a. gmbh behalt sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestatigten\nPreise im Falle der Erhohung der Beforderungskosten oder der Abgaben fur\nbestimmte Leistungen, wie Hafen- oder Flughafengebuhren oder einer Änderung\nder fur die betreffende Reise geltenden Wechselkurse, in dem Umfang zu andern,\nwie sich deren Erhohung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis\nauswirkt, sofern zwischen Vertragsschluß und dem vereinbarten Reisetermin mehr\nals 4 Monate liegen.";\n\n10\n\n2\\. es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Vertrage\nauf die vorstehend aufgefuhrte Klausel zu berufen.\n\n11\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n12\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n13\n\nSie hat die Auffassung vertreten, die beanstandete Klausel unterliege gemaß §\n8 AGBG nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG, weil § 651 a Abs. 3\nund 4 BGB die Zulassigkeit nachvertraglicher Preiserhohungen abschließend\nregele und keinen Raum fur abweichende oder gesetzeserganzende Gestaltungen\nlasse. Jedenfalls handele es sich um eine Erlaubnisnorm, die die §§ 9 ff. AGBG\nals Prufungsmaßstab ausschließe. Die danach allein zu beachtenden Schranken\nder §§ 651 a Abs. 3 und 4 BGB, 11 Nr. 1 AGBG seien gewahrt. Insbesondere sei\ndie Zulassigkeit von Preiserhohungen weder nach diesen Bestimmungen noch nach\nder - nicht unmittelbar anwendbaren - Pauschalreiserichtlinie an eine\nkorrespondierende Preissenkungsverpflichtung gebunden, so dass der\nBundesgesetzgeber in sachgerechter Weise von seinem Gestaltungsspielraum\nGebrauch gemacht habe und eine "richtlinienkonforme" Anwendung des § 10 Nr. 4\nAGBG im Sinne der Argumentation des Klagers nicht in Betracht komme. Im\nÜbrigen werde der Kunde durch die Moglichkeit von Preiserhohungen, die sich\nauf den Anstieg nicht kalkulierbarer Kostenfaktoren beschranke, angesichts der\nhohen weiteren Anforderungen nicht unangemessen benachteiligt. Einer\nUnterscheidung zwischen vorhersehbaren und unvorhersehbaren Preisaufschlagen\nbedurfe es dabei nicht. Auf bekannte Kostensteigerungen sei bei\nVertragsschluss hinzuweisen. Bei ungewissen oder spateren Kostenerhohungen sei\nder Kunde durch das - von der Klausel nicht in Frage gestellte - Gebot der\nunverzuglichen Unterrichtung hinreichend geschutzt. Schließlich lasse die\nbeanstandete Klausel mit der Bezugnahme auf die Auswirkungen bestimmter\nKostensteigerungen auch den fur die Preiserhohung relevanten Maßstab erkennen.\nWeiter gehende Anforderungen liefen auf eine Offenbarung der\nKalkulationsgrundlagen hinaus, an deren Geheimhaltung der Reiseveranstalter\nein ausgepragtes Interesse besitze.\n\n14\n\nDas Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat § 651 a Abs. 3 und 4 BGB als\nabschließende Regelung fur nachtragliche Preiserhohungen bei Reisevertragen\nbetrachtet und deshalb die Anwendbarkeit der §§ 9, 10 Nr. 4 AGBG verneint.\nAuch die Bezugnahme auf § 11 Nr. 1 AGBG in § 651 a Abs. 3 Satz 3 BGB\nrechtfertige den Schluss, dass die ubrigen Bestimmungen des AGBG nicht\nheranzuziehen seien. Jedenfalls sei § 651 a Abs. 3 BGB als Erlaubnisnorm zu\nwerten, die dem Reiseveranstalter unter den bezeichneten Voraussetzungen eine\nnachtragliche Preiserhohung gestatte und eine solche Regelung von der\nInhaltskontrolle nach den Maßstaben des AGBG freistelle. Die beanstandete\nKlausel halte sich in diesem Rahmen. Eine korrespondierende\nPreissenkungsverpflichtung sei in § 651 a Abs. 3 BGB, der den Vorgaben der\nPauschalreiserichtlinie genuge, ebenso wenig vorgesehen wie eine Beschrankung\ndes Nachforderungsrechtes auf unvorhersehbare Kostensteigerungen. Bereits\nfeststehende Mehrkosten kamen dagegen als Grundlage einer nachtraglichen\nPreiserhohung nicht in Betracht, weil es insoweit am Erfordernis einer\nunverzuglichen Unterrichtung des Kunden fehle. Schließlich enthalte die\nKlausel mit dem von ihr bezeichneten Verteilungsmaßstab auch ausreichende\nAngaben zur Berechnung des neuen Preises. Weiter gehende Auskunfte uber die\nKalkulationsgrundlagen konne der Kunde nicht verlangen.\n\n15\n\nMit der Berufung macht der Klager weiterhin geltend, die zur Prufung gestellte\nKlausel unterliege der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 ff. AGBG. § 651 a Abs. 3\nund 4 BGB eroffne dem Reiseveranstalter einen Gestaltungsspielraum\nhinsichtlich der Fragen, ob und fur welche Kostenarten er sich eine\nPreiserhohung vorbehalten wolle und wie diese zu berechnen sei. Damit\nerfordere das Gesetz eine inhaltliche Konkretisierung, die nach den Maßstaben\ndes AGBG zu beurteilen sei. Diese Prufung fuhre gemaß §§ 9, 10 Nr. 4 AGBG zur\nUnwirksamkeit der Formularregelung. Zum einen werde der Kunde durch den\nVerzicht auf eine nach der Pauschalreiserichtlinie gebotene korrespondierende\nPreissenkungsverpflichtung einseitig und unangemessen benachteiligt. Dem sei\ndurch eine richtlinienkonforme Anwendung des § 10 Nr. 4 AGBG Rechnung zu\ntragen. Zum anderen werde ihm durch die Einbeziehung vorhersehbarer und sogar\nbereits eingetretener Kostensteigerungen in die Erhohungsgrunde uber den\ngesetzlich zulassigen Rahmen hinaus das unternehmerische Risiko des\nReiseveranstalters aufgeburdet, wahrend dieser in den Genuss von\nKostensenkungen komme. Schließlich lasse die Formularregelung konkrete Angaben\nzur Ermittlung des neuen Preises, insbesondere zur Hohe des ursprunglichen\nBeforderungs- bzw. Gebuhrenanteils, zur Erhohung dieses Anteils durch den\nLeistungstrager, zu den Auswirkungen veranderter Wechselkurse und zum fur die\nBerechnung maßgeblichen Bezugszeitpunkt vermissen. Hilfsweise stutzt der\nKlager seine Klage auf § 22 AGBG, weil die Verwendung der beanstandeten\nKlausel ohne Hinweis auf die Verpflichtung zu korrespondierenden\nPreissenkungen und ohne Angabe eines genauen Berechnungsmodus gegen die\nverbraucherschutzenden Bestimmungen des § 651 a Abs. 3 BGB in Verbindung mit\nder zugrunde liegenden Pauschalreiserichtlinie verstoße. Erganzend wiederholt\ner seinen Vortrag des ersten Rechtszuges.\n\n16\n\nDer Klager beantragt,\n\n17\n\nunter Abanderung des am 21. Marz 2001 verkundeten Urteils des Landgerichts\nDusseldorf die Beklagte zu verurteilen,\n\n18\n\n1\\. es bei Meidung eines fur jeden Fall der Zuwiderhandlung (unter Ausschluss\ndes Fortsetzungszusammenhangs, soweit es sich um solche Handlungen handelt,\nderen vorsatzliche Begehung der Klager der Beklagten nachweist) falligen\nOrdnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs\nMonaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den\ngesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, die\nnachfolgende oder dieser inhaltsgleiche Klauseln in Allgemeinen\nGeschaftsbedingungen in Bezug auf Reisevertrage zu verwenden, ausgenommen\ngegenuber einer Person, die bei Abschluss des Vertrages in Ausubung ihrer\ngewerblichen oder selbstandigen beruflichen Tatigkeit handelt:\n\n19\n\n"a. gmbh behalt sich vor, die ausgeschriebenen und mit der Buchung bestatigten\nPreise im Falle der Erhohung der Beforderungskosten oder der Abgaben fur\nbestimmte Leistungen, wie Hafen- oder Flughafengebuhren oder einer Änderung\nder fur die betreffende Reise geltenden Wechselkurse, in dem Umfang zu andern,\nwie sich deren Erhohung pro Person bzw. pro Sitzplatz auf den Reisepreis\nauswirkt, sofern zwischen Vertragsschluß und dem vereinbarten Reisetermin mehr\nals 4 Monate liegen.";\n\n20\n\n2\\. es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Vertrage\nauf die vorstehend aufgefuhrte Klausel zu berufen.\n\n21\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n22\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n23\n\nSie verbleibt dabei, dass § 651 a Abs. 3 und 4 BGB in Verbindung mit § 11 Nr.\n1 AGBG eine abschließende Regelung fur nachtragliche Reisepreiserhohungen\nenthalte, die dem Reiseveranstalter keinen Gestaltungsspielraum belasse und\neine Inhaltskontrolle der entsprechenden Klauseln nach § 9 ff. AGBG\nausschließe. Eine Ausnahme gelte allenfalls bezuglich der Bemessungsgrundlage\nfur die Preiserhohung; im Übrigen erschopfe sich die Klausel in der\ndeklaratorischen Wiedergabe des Gesetzestextes. Sie sei zudem mit den\nVorschriften der §§ 9 ff. AGBG vereinbar. Eine korrespondierende\nPreissenkungsverpflichtung lasse sich weder aus § 651 a Abs. 3 BGB noch aus\nder Pauschalreiserichtlinie herleiten und sei auch nicht Voraussetzung eines\nangemessenen Interessenausgleichs zwischen den Vertragspartnern. Dieser werde\nvielmehr durch die zeitlichen Schranken fur Preiserhohungen, die auch eine\nausgewogene Begrenzung fur voraussehbare Kostensteigerungen enthielten, sowie\ndurch das Losungsrecht und den Anspruch des Kunden auf eine Ersatzreise\ngewahrt. Bei Vertragsabschluss bereits bekannte Kostenanstiege kamen aufgrund\ndes Erfordernisses einer unverzuglichen Unterrichtung des Kunden ohnehin nicht\nals Grundlage einer Preiserhohung in Betracht. Die beanstandete Klausel stelle\nschließlich sicher, dass eine anteilige Reisepreiserhohung den tatsachlichen\nMehrkosten entspreche. Ein schutzwurdiges Interesse des Kunden an einer\nweiteren Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen sei nicht anzuerkennen, musse\naber jedenfalls hinter dem Geheimhaltungsinteresse des Reiseveranstalters\nzurucktreten.\n\n24\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur\nAkte gereichten Schriftsatze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider\nRechtszuge und die tatsachlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil\nund den nachfolgenden Entscheidungsgrunden verwiesen.\n\n25\n\n 1. **E n t s c h e i d u n g s g r u n d e**\n\n26\n\nDie zulassige Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klager ist als\nqualifizierte Einrichtung im Sinne der §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, 22 a Abs. 1 AGBG\nberechtigt, gemaß § 13 Abs. 1 AGBG im Wege der Verbandsklage gegen die\nVerwendung nach §§ 9 bis 11 AGBG unwirksamer Allgemeiner Geschaftsbedingungen\nvorzugehen. Da die zur Überprufung gestellte Preisanderungsklausel die\nVertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben\nunangemessen benachteiligt und damit unwirksam ist (§ 9 Abs. 1 AGBG), ist die\nBeklagte unter Androhung der nach § 890 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Ordnungsmittel\nantragsgemaß zur Unterlassung zu verurteilen.\n\n27\n\n1\\. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die\nPreisanderungsbestimmungen in Abschnitt 4. lit. a) RBP an den Maßstaben der §§\n9 bis 11 AGBG zu messen. § 8 AGBG stellt sie nicht von der Inhaltskontrolle\nfrei.\n\n28\n\na) Die Reisebedingungen Pauschal-Reisen der Beklagten lehnen sich in diesem\nPunkt zwar erkennbar an § 651 a Abs. 3 und 4 BGB an. Die Regelung erschopft\nsich jedoch nicht in der Wiedergabe des Gesetzes. Dieses eroffnet vielmehr\neinen gewissen Gestaltungsrahmen, in dem der Reiseveranstalter daruber\nentscheiden kann, ob und wegen welcher der genannten Kostenarten er sich eine\nPreiserhohung vorbehalten will, und den er hinsichtlich der Berechnung des\nneuen Preises ausfullen muss. Damit kommt der beanstandeten Klausel nicht nur\ndeklaratorischer, sondern gesetzeserganzender Charakter zu, so dass sie nach\nWortlaut und Sinn des § 8 AGBG grundsatzlich an den Bestimmungen der §§ 9 bis\n11 AGBG zu messen ist (vgl. BGHZ 100, 157, 179; BGHZ 106, 42, 45; BGH WM 2001,\n1152, 1153; Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 8 AGBG Rdnr. 8).\n\n29\n\nb) Eine Überprufung nach diesen Maßstaben entfallt auch nicht insoweit, als\nsich die Klausel in dem durch § 651 a Abs. 3 und 4 BGB gezogenen Rahmen halt.\nGesetzliche Vorschriften, die eine bestimmte Vertragsgestaltung zulassen, sind\nim Allgemeinen nicht als ("kontrollfreie") Erlaubnis- oder\nRechtfertigungsnormen anzusehen, die entsprechende Geschaftsbedingungen von\nder Inhaltskontrolle freistellen (vgl. BGHZ 106, 42, 45; Brandner in\nUlmer/Brandner/Hensen, 9. Aufl., § 8 AGBG Rdnr. 34; Wolf in\nWolf/Horn/Lindacher, 4. Aufl., § 8 AGBG Rdnr. 27; Staudinger/Coester, 13.\nAufl., § 8 AGBG Rdnr. 38). Das folgt bereits daraus, dass solche Rechtsnormen\ngleichermaßen fur Individual- und Formularvereinbarungen gelten und damit\nregelmaßig das besondere Schutzbedurfnis des Vertragspartners bei der\nVerwendung Allgemeiner Geschaftsbedingungen nicht berucksichtigen (vgl. Wolf\nin Wolf/Horn/Lindacher, § 8 AGBG Rdnr. 27). Sie sind deshalb grundsatzlich\nwertungsneutral, im Rahmen der Inhaltskontrolle also nicht privilegierend\n(vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, § 8 AGBG Rdnr. 34).\n\n30\n\n§ 651 a Abs. 3 und 4 BGB kommt kein weiter gehender Erlaubnischarakter zu.\nDafur bedurfte es besonderer Anhaltspunkte (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher,\n§ 8 AGBG Rdnr. 27), die hier nicht ersichtlich sind. Im Gegenteil eroffnen der\nbereits erorterte Entscheidungsspielraum des Reiseveranstalters und\ninsbesondere die erforderliche Konkretisierung der Berechnung des neuen\nPreises eine Vielzahl von Gestaltungsalternativen, die nicht samtlich abstrakt\nals angemessen beurteilt werden konnen. § 651 a Abs. 3 und 4 BGB zieht\ninsoweit lediglich einen außersten Rahmen, der weder durch\nIndividualvereinbarungen noch durch Allgemeine Geschaftsbedingungen zum\nNachteil des Kunden uberschritten werden darf (§ 651 m BGB). Innerhalb dieses\nRahmens sind Formularklauseln der Inhaltskontrolle anhand der Klauselverbote\nder §§ 10, 11 AGBG und der Generalklausel des § 9 AGBG unterworfen, so dass\nauch die hier relevante Preisanderungsregelung dieser Prufung unterliegt (vgl.\nAG Kleve RRa 2000, 166, 167 und NJW 2000, 3723, 3724; Brandner in\nUlmer/Brandner/Hensen, Anhang §§ 9 - 11 AGBG Rdnr. 582; Wolf in\nWolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG Rdnr. R 52; Fuhrich, RRa 2000, 43, 46, NJW 2000,\n3672, 3676 und RRa 2001, 59; einschrankend Schmid, NJW 2000, 1301, 1302;\nPalandt/Sprau, § 651 a BGB Rdnr. 9 a).\n\n31\n\nDie Verweisung in § 651 a Abs. 3 Satz 3 BGB rechtfertigt keine abweichende\nBeurteilung. Sie stellt lediglich klar, dass der bis zum In-Kraft-Treten des §\n651 a Abs. 3 und 4 BGB in erster Linie heranzuziehende Prufungsmaßstab des §\n11 Nr. 1 AGBG durch die Gesetzesanderung nicht - wie im Gesetzgebungsverfahren\ngefordert (vgl. Änderungsvorschlag des Ausschusses fur Fremdenverkehr und\nTourismus, BT-Drucksache 12/7334, S. 8; siehe auch Tonner in Munchener\nKommentar, 3. Aufl., § 651 a BGB Rdnr. 74; Soergel/Eckert, 12. Aufl., § 651 a\nRdnr. 64) - durchbrochen, sondern nur erganzt und konkretisiert werden sollte.\nDer Umkehrschluss, dass eine Inhaltskontrolle anhand anderer Bestimmungen des\nAGBG nicht mehr durchzufuhren sei, lasst sich daraus nicht ziehen. Durch die\nErganzung des § 651 a BGB mit Wirkung vom 1. November 1994 kam der Gesetzgeber\nseiner Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie des Rates der Europaischen\nGemeinschaften vom 13. Juni 1990 uber Pauschalreisen (Pauschal-\nreiserichtlinie) nach, die ausweislich ihrer Praambel wesentlich dem\nVerbraucherschutz dient und strengere nationale Vorschriften zum Schutz der\nVerbraucher ausdrucklich zulasst. Entsprechend diesem Zweck beschrankte sich\nder Bundesgesetzgeber darauf, die bereits vorhandenen Reiserechtsnormen\nanzupassen oder zu erganzen, soweit sie den Anforderungen der\nPauschalreiserichtlinie nicht genugten. Weiter gehende, nicht durch die\nRichtlinie veranlasste Änderungen der §§ 651 a ff. BGB sollten nicht\nvorgenommen werden (so ausdrucklich der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur\nDurchfuhrung der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 uber Pauschalreisen,\nBT-Drucksache 12/5354, S. 9). Mit dieser Zielsetzung ist die Annahme, § 651 a\nAbs. 3 Satz 3 BGB beschranke die Inhaltskontrolle von Preiserhohungsklauseln\nauf den Rahmen des § 11 Nr. 1 AGBG und schließe eine Überprufung nach den\nMaßstaben der §§ 9 bis 11 AGBG im Übrigen aus, nicht vereinbar.\n\n32\n\n2\\. Die beanstandete Klausel, die - wie die ausschließliche Anknupfung an eine\nErhohung der maßgeblichen Kostenfaktoren zeigt - unter "Preisanderungen"\nlediglich Preisanhebungen versteht, ist allerdings nicht schon deshalb\nunwirksam, weil sie fur den Fall von Kostenermaßigungen keine Senkung des\nReisepreises vorsieht.\n\n33\n\na) Nach § 651 a Abs. 3 BGB ist das Preiserhohungsrecht nicht an eine\nspiegelbildliche Preissenkungsverpflichtung gebunden, so dass die\nFormularbedingungen der Beklagten nicht von wesentlichen Grundgedanken der\ngesetzlichen Regelung abweichen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). Eine solche\nAbweichung lasst sich auch nicht durch eine "richtlinienkonforme" Auslegung\ndes Gesetzes begrunden:\n\n34\n\nGemaß Art. 4 Abs. 4 lit. a) der Pauschalreiserichtlinie durfen die vertraglich\nfestgelegten Preise "nicht geandert werden, es sei denn, dass der Vertrag die\nMoglichkeit einer Preiserhohung oder -senkung ausdrucklich vorsieht ...".\nDamit knupft die Richtlinie die Zulassigkeit von Preisanderungen nicht an die\nkumulative Vereinbarung von Preiserhohungen und Preissenkungen (so allerdings\nTonner in Munchener Kommentar, § 651 a BGB Rdnr. 71; Tonner, Der Reisevertrag,\n4\\. Aufl., § 651 a BGB Rdnr. 64; Tonner in Grabitz/Hilf, Das Recht der\nEuropaischen Union, Band III, A 12, Art. 4 Pauschalreiserichtlinie Rdnr. 27;\nFuhrich, RRa 2000, 43, 45 und NJW 2000, 3672, 3674), sondern behandelt beide\nMoglichkeiten als - jeweils gesondert zu vereinbarende - Alternativen (vgl.\nTempel, TranspR 2000, 297, 298; Bidinger/Muller, Reisevertragsrecht, 2. Aufl.,\n§ 651 a BGB Anm. 31). Diese Formulierung kann nicht mit dem Hinweis,\nandernfalls sei die Fassung sinnlos, in eine zwingende Koppelung von\nPreiserhohungsrecht und Preissenkungsverpflichtung umgedeutet werden. Zwar\nkonnen die Vertragspartner jederzeit einvernehmlich einen geringeren Preis\nvereinbaren. Ein solches Angebot des Reiseveranstalters wird der Kunde\nregelmaßig nicht ablehnen, so dass eine besondere Regelung dieses Falles in\nder Tat wenig sinnvoll ware. Angesichts der Zulassigkeit strengerer nationaler\nVorschriften ist indes nicht auszuschließen, dass ein Mitgliedstaat\nnachtragliche Preiserhohungen nur in Verbindung mit einer korrespondierenden\nPreissenkungsverpflichtung gestattet. Deshalb erschien es durchaus\nsachgerecht, auch diesen Fall in der Richtlinie zu berucksichtigen und an\neinheitliche Voraussetzungen zu knupfen. Ein Wille des Rates, von sich aus\neine solche Koppelung vorzuschreiben, lasst sich daraus nicht ableiten.\n\n35\n\nDie abweichende Auffassung des Klagers lasst sich auch nicht auf die\nEntstehungsgeschichte der Pauschalreiserichtlinie stutzen. Zwar weisen Tonner\n(in Grabitz/Hilf, Band III, A 12, Art. 4 Pauschalreiserichtlinie Rdnr. 27) und\nFuhrich (NJW 2000, 3672, 3674) zutreffend darauf hin, dass der ursprungliche\nVorschlag der Kommission fur eine Richtlinie des Rates uber Pauschalreisen,\ndarunter auch Pauschalurlaubsreisen und Pauschalrundreisen vom 23. Marz 1988\n(ABl. EG Nr. C 96 vom 12. April 1988, S. 5 ff.) in der Praambel und in Art. 4\nNr. 4 zunachst nur den Schutz der Verbraucher vor "ungerechtfertigten\nPreiserhohungen" erwahnte und auf Preissenkungen nicht einging. Entgegen ihrer\nDarstellung wurde die spater verabschiedete Fassung jedoch nicht bereits durch\nden geanderten Vorschlag der Kommission vom 11. Juli 1989 (ABl. EG Nr. C 190\nvom 27. Juli 1989, S. 10 ff.) eingefuhrt. In Art. 4 Nr. 4 lit. c) dieses\nEntwurfs war als Korrelat fur Preiserhohungen, die zudem einen Kostenanstieg\num mehr als 4 % des vereinbarten Preises voraussetzten (Art. 4 Nr. 4 lit. a)\ndes Entwurfs), vielmehr ausdrucklich ein in gleicher Weise zu berechnender\nRuckerstattungsanspruch des Ver-brauchers fur den Fall vorgesehen, dass sich\ndie variablen Preisfaktoren um mehr als 4 % zugunsten des Reiseveranstalters\nveranderten. Diese Regelung wurde ebenso wie der Schwellenwert von 4 % des\nvereinbarten Preises nicht in die Richtlinie vom 13. Juni 1990 ubernommen. Es\nliegt indes fern, dass der Rat diese eindeutige Bestimmung ohne inhaltliche\nÄnderung durch die unscharfe und missverstandliche Formulierung "Preiserhohung\noder -senkung" ("upward or downward revision") ersetzen wollte, zumal\nPreiserhohungen mit dem Wegfall der Schwelle von 4 % auch im Übrigen\nerleichtert wurden.\n\n36\n\nBei dieser Sachlage lasst sich bereits der Pauschalreiserichtlinie ein\nKoppelungsgebot zwischen Preiserhohungsrecht und Preissenkungsverpflichtung\nnicht entnehmen. Damit scheiden zugleich eine "richtlinienkonforme" Auslegung\ndes § 651 a Abs. 3 BGB oder eine Anwendung des § 10 Nr. 4 AGBG in diesem Sinne\naus.\n\n37\n\nb) Das Fehlen einer Preissenkungsregelung fuhrt auch nach den allgemeinen\nMaßstaben der §§ 9 Abs. 1, 10 Nr. 4 AGBG nicht zur Unwirksamkeit der\nbeanstandeten Klausel. Dabei kann dahinstehen, ob § 10 Nr. 4 AGBG uberhaupt\nÄnderungen der Leistungspflicht des Vertragspartners des Verwenders erfasst\n(so Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, § 10 Nr. 4 AGBG Rdnr. 7) oder ob die\nVorschrift nur die Leistung des Verwenders betrifft und Änderungen der\nGegenleistung - neben § 11 Nr. 1 AGBG - nach § 9 Abs. 1 AGBG zu bewerten sind\n(so OLG Koln ZIP 1999, 21, 22; Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, § 10 Nr. 4\nAGBG Rdnr. 4). Nach beiden Prufungsmaßstaben kommt es auf die Zumutbarkeit\nbzw. die Angemessenheit der Regelung, letztlich also auf die Frage eines\ngerechten Interessenausgleichs an, die unabhangig von der anwendbaren\nGesetzesvorschrift nur einheitlich beantwortet werden kann und unter dem hier\nerorterten Gesichtspunkt keine durchgreifenden Bedenken gegen die Klausel\nbegrundet:\n\n38\n\nAls Erhohungsgrund kommen mit Beforderungskosten, Abgaben fur bestimmte\nLeistungen und Wechselkursanderungen nur Kostenfaktoren in Betracht, die sich\ntypischerweise dem Einfluss des Reiseveranstalters entziehen und nur begrenzt\nkalkulierbar sind. Damit steht der Mehrbelastung des Kunden ein schutzwurdiges\nInteresse des Reiseveranstalters gegenuber, sich gegen unerwartete, je nach\nAusmaß moglicherweise existenzgefahrdende Entwicklungen abzusichern. Die\nInteressen des Kunden werden dabei zunachst durch die zeitlichen Schranken fur\nPreiserhohungen geschutzt. Die beanstandete Klausel schließt in\nÜbereinstimmung mit §§ 651 a Abs. 3 Satz 2 BGB, 11 Nr. 1 AGBG Erhohungen von\nvornhe-rein aus, wenn die Spanne zwischen dem Vertragsschluss und dem\nvereinbarten Reisetermin vier Monate nicht uberschreitet oder das\nErhohungsverlangen spater als drei Wochen vor Reiseantritt gestellt wird. In\ndem verbleibenden Zeitraum kann es nur zu Preiserhohungen kommen, wenn die\nBeklagte die Anpassung "unverzuglich" fordert. Überschreitet die Preiserhohung\ndie Schwelle von 5 %, kann der Kunde ohne Gebuhren vom Vertrag zurucktreten\noder wahlweise die Teilnahme an einer anderen mindestens gleichwertigen Reise\naus dem Angebot der Beklagten verlangen, wenn diese eine solche Reise ohne\nMehrpreis fur den Kunden anbieten kann. Damit sind zum einen die\nErhohungsmoglichkeiten eng begrenzt und an strenge Voraussetzungen geknupft.\nZum anderen wird der Kunde durch ein Losungsrecht vor unzumutbaren\nMehrbelastungen geschutzt, wobei die Schwelle mit 5 % des Reisepreises niedrig\nbemessen ist. Unter Abwagung der beiderseitigen Interessen und Risiken\ngewahrleisten bereits diese Voraussetzungen und Schranken einen angemessenen\nInteressenausgleich zwischen den Vertragspartnern (vgl. Brandner in\nUlmer/Brandner/Hensen, Anhang §§ 9 - 11 AGBG Rdnr. 586), ohne dass es einer\nzusatzlichen Preissenkungsverpflichtung bedarf.\n\n39\n\nEine solche korrespondierende Verpflichtung brachte dem Kunden zudem keine\ngreifbaren Vorteile. Mit einem besonders geltend zu machenden\nErmaßigungsanspruch ware ihm schon deshalb nicht gedient, weil er regelmaßig\nkeinen Einblick in die Kostenstrukturen des Reiseveranstalters besitzt und\nsich die erforderlichen Kenntnisse allenfalls uber einen Auskunftsanspruch\nverschaffen konnte (vgl. auch Tempel, TranspR 2000, 297, 299). Das ware im\nMassengeschaft von Pauschalreiseveranstaltern nicht nur unpraktikabel, sondern\nstunde regelmaßig auch außer Verhaltnis zu den zu erwartenden Vergunstigungen.\nEine automatische Anpassungsverpflichtung konnte diese Schwierigkeiten zwar\nvermeiden, hatte jedoch zur Folge, dass der Reiseveranstalter die maßgeblichen\nKostenfaktoren fur jede einzelne Reise standig beobachten und - mangels eines\nSchwellenwertes - die Preise u. U. mehrfach anpassen musste. Das ware vollig\nunwirtschaftlich, stunde im Regelfall ebenfalls außer Verhaltnis zum Ergebnis\ndieser Überwachung und wurde einen Aufwand erfordern, der sich im Ergebnis\nkostensteigernd und damit verbraucherfeindlich auswirken durfte. Bei dieser\nSachlage kann die Annahme eines gerechten Interessenausgleichs nicht von einer\nder Erhohungsmoglichkeit korrespondierenden Preissenkungsregelung abhangen.\n\n40\n\nSeine abweichende Auffassung kann der Klager schließlich auch nicht auf die\nRechtsprechung zur Konditionenanpassung bei Zinsanderungsklauseln (grund-\nlegend BGHZ 97, 212, 217 ff.) stutzen. Die dafur entwickelten Grundsatze,\nwonach Klauseln, die die darlehensgewahrende Bank zur Erhohung des Zinssatzes\nberechtigen, ohne sie unter bestimmten Umstanden (z. B. bei sinkendem\nZinsniveau und Verbesserung der Refinanzierungskonditionen) auch zur\nHerabsetzung der Zinsen zu verpflichten, den Darlehensnehmer unangemessen\nbenachteiligen und deshalb unwirksam sind, sind auf den vorliegenden\nSachverhalt nicht ubertragbar. Bei Darlehens- und anderen\nFinanzierungsvertragen mit variablem Zins handelt es sich regelmaßig um auf\nlangere Zeit angelegte Dauerschuldverhaltnisse, die dadurch gepragt sind, dass\nsich die Refinanzierungskonditionen wahrend der Vertragslaufzeit\ntypischerweise - oft mehrfach - andern und damit eine hohe Wahrscheinlichkeit\nfur einen Anpassungsbedarf besteht. Zudem geht es haufig um hohe Betrage, die\nschon bei moderaten Zinsanderungen zu spurbaren Mehr- oder Minderbelastungen\nfuhren. Deshalb ware es in der Tat unangemessen, der Bank zwar ein\nAnpassungsrecht bei steigenden Zinssatzen einzuraumen, eine entsprechende\nEntlastung des Darlehensnehmers bei gegenlaufiger Entwicklung jedoch in ihr\nErmessen zu stellen. Pauschalreisevertrage haben dagegen die einmalige\nErbringung eines Leistungspaketes in regelmaßig uberschaubarer Zeit nach dem\nVertragsschluss zum Gegenstand, so dass es nur ausnahmsweise zu nicht\nvorhersehbaren Kostenentwicklungen kommen und sich nur selten ein\nnennenswerter Anpassungsbedarf ergeben wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen\nerreichen regelmaßig nicht annahernd die bei Finanzierungsvertragen ubliche\nGroßenordnung. Damit treten andere tatsachliche Gesichtspunkte in den\nVordergrund, die einer Übertragung der erorterten Rechtsprechung auf den\nvorliegenden Sachverhalt entgegenstehen. Da § 11 Nr. 1 AGBG schließlich\nebenfalls keine korrespondierende Preissenkungsverpflichtung vorsieht und eine\nsolche Verknupfung in Rechtsprechung und Literatur auch im Übrigen nicht\ngenerell gefordert wird (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 AGBG\nRdnr. 51), ist die Preisanderungsklausel der Beklagten in dieser Hinsicht\nnicht zu beanstanden.\n\n41\n\n3\\. Entgegen der Auffassung des Klagers gestattet die Klausel auch keine\nnachtraglichen Preiserhohungen wegen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses\nbereits eingetretener oder hinreichend konkretisierter Kostensteigerungen.\nEine unangemessene Benachteiligung des Kunden (§ 9 Abs. 1 AGBG) oder eine mit\nwesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbarende\nErweiterung der in § 651 a Abs. 3 BGB abschließend (§ 651 m BGB) geregelten\nAnpassungsmoglichkeiten ist bei sachgerechter Auslegung insoweit nicht\nfeststellbar.\n\n42\n\nDer Inhalt einer im Rahmen der Verbandsklage zu uberprufenden Klausel ist\nerforderlichenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln. Bei Mehrdeutigkeit ist\ngrundsatzlich von der kundenfeindlichsten Alternative auszugehen, um dem\nVerwender die Moglichkeit zu nehmen, sich etwa außergerichtlich gegenuber\nseinem Vertragspartner mit Erfolg auf eine denkbare, nach den §§ 9 ff. AGBG\njedoch unwirksame Klauseldeutung zu berufen (vgl. BGHZ 95, 350, 353; BGH NJW\n1993, 1133, 1135; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, § 5 AGBG Rdnrn. 6 und 33;\nHensen in Ulmer/Brandner/Hensen, § 13 AGBG Rdnr. 10; Lindacher in Wolf/Horn/\nLindacher, § 13 AGBG Rdnr. 33; Palandt/Heinrichs, § 5 AGBG Rdnr. 9; alle\nm.w.N.). Diese Betrachtung setzt jedoch voraus, dass bei vernunftiger\nAuslegung aus der Sicht der typischerweise beteiligten Verkehrskreise\ntatsachlich Zweifel am Inhalt der Klausel verbleiben. Vollig fern liegende\nAuslegungsmoglichkeiten, von denen eine Gefahrdung des Rechtsverkehrs\nernstlich nicht zu befurchten ist, rechtfertigen dagegen kein Klauselverbot\n(vgl. BGHZ 91, 55, 61; BGH NJW 1993, 1133, 1135; BGH NJW 1994, 1798, 1799;\nUlmer in Ulmer/Brandner/Hensen, § 5 AGBG Rdnr. 26; Lindacher in\nWolf/Horn/Lindacher, § 13 AGBG Rdnr. 34; Palandt/ Heinrichs, § 5 AGBG Rdnr.\n9).\n\n43\n\nNach diesen Maßstaben lasst die beanstandete Klausel die vom Klager vertretene\nAusdeutung nicht zu. Zwar lassen die Begriffe der "Erhohung" bzw. "Änderung"\nvon Kosten, die die Fortentwicklung eines Sachverhalts uber eine gewisse\nZeitspanne umschreiben, nicht eindeutig erkennen, ob sie an den Zeitpunkt des\nVertragsschlusses oder an den der Preisbildung anknupfen. Damit erfasst die\nFormulierung nach dem Maßstab der kundenfeindlichsten Auslegung zunachst auch\nvorvertragliche Kostensteigerungen. Die beanstandete Klausel verpflichtet die\nBeklagte jedoch andererseits, den Kunden "unverzuglich" von Preiserhohungen zu\nunterrichten. Kostensteigerungen vor Vertragsschluss konnte sie indes schon\nbei der ursprunglichen Vereinbarung berucksichtigen; redlicherweise musste sie\nsie zu diesem Zeitpunkt auch geltend machen. Einem spateren Erhohungsverlangen\nstunde damit Satz 2 der zur Prufung gestellten Formularbestimmung (Abschnitt\n4. lit. a) Satz 6 RBP) entgegen. Die Bezugnahme der Klausel auf die\n"ausgeschriebenen und mit der Buchung bestatigten Preise" andert daran nichts.\nSie verdeutlicht lediglich, dass die Katalogpreise grundsatzlich auch dann\nnoch angehoben werden konnen, wenn sie dem Kunden bereits bestatigt wurden.\nDie Auslegung des Klagers, die ausgeschriebenen und die bestatigten Preise\nseien zwingend identisch, sowie die daraus gezogene Schlussfolgerung, bei\nVertragsschluss bereits eingetretene und bekannte Kostensteigerungen seien\nerst im Rahmen nachtraglicher Preiserhohungen geltend zu machen und das\nErfordernis der "unverzuglichen" Unterrichtung des Kunden werde insoweit\neingeschrankt, liegen dagegen derart fern, dass sie auch im Rahmen einer\nkundenfeindlichen Auslegung außer Betracht bleiben mussen.\n\n44\n\nAllerdings kann der Kunde durch eine nachtragliche Preiserhohung auch dann\nunangemessen benachteiligt werden, wenn die dafur maßgeblichen\nKostensteigerungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht eingetreten,\njedoch bereits konkret voraussehbar waren (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, §\n11 Nr. 1 AGBG Rdnr. 41; Staudinger/Coester-Waltjen, § 11 AGBG Rdnr. 21;\nFuhrich, RRa 2000, 43, 47 und NJW 2000, 3672, 3676). Grundsatzlich fallen die\nmit der geschuldeten Leistung verbundenen Aufwendungen in das\nKalkulationsrisiko des Reiseveranstalters. Die durch § 651 a Abs. 3 BGB\neroffnete Moglichkeit, Kostensteigerungen auf den Kunden abzuwalzen,\nrechtfertigt sich allein daraus, dass der Reiseveranstalter die in Betracht\nkommenden Kosten typischerweise nicht beeinflussen und demgemaß auch nur\nbeschrankt in seiner Kalkulation berucksichtigen kann. Nur unter diesem\nGesichtspunkt fuhren die in den §§ 651 a Abs. 3 und 4 BGB, 11 Nr. 1 AGBG\nvorgesehenen Schranken zu einem gerechten Interessenausgleich. Dieser ist\nnicht mehr gewahrt, wenn der Reiseveranstalter die Kostensteigerungen bereits\nhinreichend konkret absehen und deshalb in die ursprungliche Preisvereinbarung\neinbeziehen konnte. Andererseits kann nicht jede sich vage abzeichnende\nKostenerhohung eine spatere Preisanhebung ausschließen. Abgesehen von\nAbgrenzungsschwierigkeiten wurde der Reiseveranstalter dadurch gezwungen,\nmogliche Kostensteigerungen bereits vorsorglich in der Preisgestaltung\nvorwegzunehmen. Das hatte im Ergebnis preistreibende Wirkung und lage damit\nnicht im Interesse des Verbrauchers. Ein Ausschluss voraussehbarer Mehrkosten\nals Preiserhohungsgrund kommt deshalb nur fur konkret und bestimmt absehbare\nSteigerungen in Betracht (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 AGBG\nRdnr. 41; Schmid, NJW 2000, 1301, 1302). Dafur reicht die allgemeine Kenntnis\ndes Reiseveranstalters von steigenden Kerosinpreisen nicht aus, solange die\nbeauftragte Fluggesellschaft daraus keine Konsequenzen gezogen hat und die aus\neiner einseitigen oder vertraglichen Preisanpassung entstehenden Mehrkosten\nnach Zeitpunkt und Hohe nicht bekannt sind (so auch Schmid, NJW 2000, 1301,\n1302 f.; a. A. wohl Fuhrich, RRa 2000, 43, 46 und NJW 2000, 3672, 3676).\n\n45\n\nVon diesem Ausgangspunkt trifft die beanstandete Klausel auch ausreichende\nVorkehrungen gegen Preiserhohungen aufgrund bei Vertragsschluss voraussehbarer\nKostensteigerungen. Waren diese bereits hinreichend bestimmt, konnten sie bei\nder ursprunglichen Preisgestaltung berucksichtigt werden. Ein nachtragliches\nPreiserhohungsverlangen ware dann nicht mehr "unverzuglich" angebracht und\ndamit unzulassig. Standen Zeitpunkt und Umfang des Kostenanstiegs dagegen noch\nnicht fest, bestehen gegen eine Preisanpassung unter den - inhaltsgleich in\ndie beanstandete Klausel ubernommenen - Voraussetzungen der §§ 651 a Abs. 3\nund 4 BGB, 11 Nr. 1 AGBG keine durchgreifenden Bedenken.\n\n46\n\n4\\. Die zur Prufung gestellte Formularbestimmung enthalt indes keine\nhinreichend genauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises (§ 651 a Abs. 3\nSatz 1 BGB). Der Beklagten verbleibt damit ein Gestaltungsspielraum, der vom\nZweck des Gesetzes nicht mehr gedeckte, mit einem gerechten\nInteressenausgleich nicht zu vereinbarende Berechnungsmoglichkeiten\neinschließt. Dadurch wird der Kunde entgegen den Geboten von Treu und Glauben\nunangemessen benachteiligt, so dass die Preisanpassungsklausel im Ergebnis\ngemaß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist.\n\n47\n\na) Welche Anforderungen an die von § 651 a Abs. 3 Satz 1 BGB geforderten "ge-\nnauen Angaben zur Berechnung des neuen Preises" zu stellen sind, ist im\nEinzelnen streitig. Nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Durchfuhrung\nder Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 uber Pauschalreisen soll es\nausreichen, "wenn hinsichtlich der genannten Erhohungsgrunde allgemein\ndeutlich wird, wie sich eine den Reiseveranstalter treffende Kostensteigerung\nfur den Reisenden auswirken wird, wobei zu berucksichtigen ist, dass gerade\ndie erhohte Kostenbelastung des Reiseveranstalters ursachlich fur den von dem\nReisenden verlangten Mehrbetrag sein muss" (BT-Drucksache 12/5354, S. 9;\nebenso Bechhofer, Reisevertragsrecht, § 651 a BGB Anm. E. I.). Das soll der\nReiseveranstalter "im Streitfall hinsichtlich einer konkret erfolgten\nPreiserhohung darzulegen und zu beweisen" haben (BT-Drucksache 12/5354, S. 9).\nEckert (Soergel/Eckert, § 651 a BGB Rdnr. 61) und Fuhrich (RRa 2000, 43, 45\nund NJW 2000, 3672, 3675; ahnlich RRa 2001, 59, 60) verlangen ubereinstimmend,\ndass der Reisende zumindest nachvollziehbare Angaben erhalten musse, die ihm\ndie Prufung ermoglichen, ob die Preiserhohung auch in der geforderten Hohe\nberechtigt ist. In vergleichbarer Weise stellt Sprau (Palandt/Sprau, § 651 a\nBGB Rdnr. 7 a) darauf ab, ob der Reisende in der Lage ist, im Falle einer den\nReiseveranstalter treffenden Kostenmehrbelastung nachzuvollziehen, wie sich\ndiese auf den konkreten Reisepreis auswirkt. Das Amtsgericht Kleve (RRa 2000,\n166 und NJW 2000, 3723) halt eine "- wenn auch allgemeine - Beschreibung des\nBerechnungsweges fur die Erhohung der betroffenen Kostenposition" fur\nerforderlich, wahrend Bidinger/Muller (§ 651 a BGB Anm. 28) von einer\nzulassigen Klausel erwarten, "den Weg aufzuzeigen, wie sich die jeweilige\nKostenmehrbelastung des Reiseveranstalters fur ... (den Kunden) auswirkt".\nNach Auffassung von Schmid (NJW 2000, 1301, 1304) soll es sogar genugen, "wenn\nder Reiseveranstalter darlegt, dass gerade die vom Leistungstrager geforderten\nMehrkosten (alleinige) Ursache des vom Reisenden verlangten Mehrpreises sind\nund nicht der nachtraglichen Gewinnerhohung dienen sollen". Andererseits\nverlangt Tonner (Munchener Kommentar, § 651 a BGB Rdnr. 70 sowie Der\nReisevertrag, § 651 a BGB Rdnr. 63) eine konkrete Darlegung, wie hoch der\nbetroffene Kostenanteil im ursprunglichen Reisepreis war, um welchen Betrag\ndieser Anteil durch den Leistungstrager erhoht und nach welchem\nVergleichszeitpunkt der neue Preis ermittelt wurde. Seiler (Erman/Seiler, 10.\nAufl., § 651 a BGB Rdnr. 32) schließt sich dem an, sieht diese Voraussetzungen\nindes bereits durch die Formulierung, der Reisepreis sei "in dem Umfang zu\nandern, wie sich ... (die) Erhohung (der Kosten) pro Person bzw. pro\nSitzplatz" auf ihn auswirke, erfullt.\n\n48\n\nb) Bei der Entscheidung der Streitfrage ist zunachst davon auszugehen, dass\ndie Angaben zur Berechnung des neuen Preises nach dem eindeutigen Wortlaut des\n§ 651 a Abs. 3 Satz 1 BGB bereits in der Preisanpassungsklausel enthalten\nsein, mithin vorab abstrakt formuliert werden mussen (vgl. Fuhrich, RRa 2000,\n43, 46, NJW 2000, 3672, 3677 und RRa 2001, 59, 60). Das schließt die\nBezeichnung konkreter - fur jede Reise unterschiedlicher - Anteile der\neinzelnen Kostenpositionen am Gesamtpreis oder gar deren jeweiliger Erhohung\naus. Die Auffassung von Tonner kann damit allenfalls fur die nachtragliche\nKonkretisierung der Berechnung im Streitfall, nicht jedoch fur die Gestaltung\nder Preisanpassungsklausel Geltung beanspruchen. Andererseits genugt es nicht,\ndie Preiserhohung nach Grund und Hohe lediglich kausal an einen Anstieg der in\nBetracht kommenden Kostenpositionen zu knupfen. Der Kunde muss zwar erkennen\nkonnen, dass die Nachforderung des Reiseveranstalters ausschließlich auf\nKostensteigerungen beruht und nicht der Gewinnmaximierung oder dem Ausgleich\nvon Fehlkalkulationen dient. Daruber hinaus verlangt § 651 a Abs. 3 Satz 1 BGB\nnach seinem eindeutigen Wortlaut jedoch "genaue Angaben zur Berechnung des\nneuen Preises". Dadurch sollen die Transparenz der neuen Preisbildung\ngewahrleistet und die Beschrankung der Anhebung auf die den Reiseveranstalter\ntreffenden Mehrkosten sichergestellt werden. Auch das Erfordernis eines\ngerechten Interessenausgleichs zwischen den Vertragspartnern (§ 9 Abs. 1 AGBG)\ngebietet es, den Kunden nur mit Preiserhohungen zu belasten, deren\nBerechtigung er uberprufen kann. Bereits die Preisanpassungsklausel muss\ndeshalb die maßgeblichen Berechnungskriterien zur Ermittlung des neuen Preises\nbenennen und den Kunden in die Lage versetzen, diesen anhand der\ngegebenenfalls mitzuteilenden Einzelangaben fur die betreffende Reise nach\nGrund und Hohe nachzuvollziehen. Dazu gehort zumindest die Bezeichnung der\nrelevanten Kostenpositionen, der fur die Berechnung der Kostensteigerung\nentscheidenden Bezugszeitpunkte, der fur die einzelnen Kostenpositionen\nanzuwendenden Verteilungsmaßstabe und des daran anknupfenden Berechnungsweges.\nNur auf diese Weise kann verdeutlicht werden, "wie sich eine den\nReiseveranstalter treffende Kostensteigerung fur den Reisenden auswirken wird"\nund dass "gerade die erhohte Kostenbelastung des Reiseveranstalters ursachlich\nfur den von dem Reisenden verlangten Mehrbetrag" ist.\n\n49\n\nc) Diesen Anforderungen wird die beanstandete Klausel nicht gerecht. Zwar\nbezeichnet sie in Übereinstimmung mit § 651 a Abs. 3 Satz 1 BGB die\nKostenpositionen, die als Grundlage einer Preiserhohung in Betracht kommen. Es\nfehlt jedoch bereits die Angabe der Bezugszeitpunkte fur die Ermittlung der an\nden Kunden weiterzureichenden Kostensteigerungen. Insbesondere bleibt unklar,\nob alle seit der Preisbildung oder der Drucklegung des Prospektes\neingetretenen Mehrbelastungen der Beklagten oder nur diejenigen nach\nVertragsschluss mit dem Kunden in die Berechnung einzubeziehen sind. Im ersten\nFall ware ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern\nnicht mehr gewahrt (vgl. LG Berlin RRa 2000, 27 f.; Schmid, NJW 2000, 1301,\n1303 f.; Fuhrich, RRa 2000, 43, 46 f., NJW 2000, 3672, 3676 und RRa 2001, 59,\n60; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 AGBG Rdnr. 41). Die Unklarheit\nlasst sich auch nicht im Wege der Auslegung beheben. Das Gebot der\n"unverzuglichen" Unterrichtung des Kunden von Nachforderungen hindert die\nBeklagte nur, die Entscheidung uber eine Preiserhohung langere Zeit\nhinauszuschieben, nicht jedoch, in eine rechtzeitig mitgeteilte Erhohung\nfruhere, selbst vorvertragliche Kostensteigerungen einzuschließen. Damit\nverbleibt ihr schon im Ansatz ein erheblicher Gestaltungsspielraum, der sich\nauch auf unangemessene Berechnungsweisen erstreckt, wahrend der Kunde weder\ndie moglichen Preiserhohungen uberblicken noch diese anhand vorgegebener\nBerechnungskriterien nachvollziehen kann. Schon dies fuhrt zu einer\nunangemessenen Benachteiligung des Kunden und damit zur Unwirksamkeit der\nKlausel gemaß § 9 Abs. 1 AGBG (so auch AG Kleve RRa 2000, 166, 167 und NJW\n2000, 3723, 3724; Fuhrich, RRa 2000, 43, 46 f., NJW 2000, 3672, 3676 f. und\nRRa 2001, 59; Kappus in Graf von Westphalen, AGB-Klauselwerke, Reise- und\nHotelaufnahmebedingungen, Rdnr. 59).\n\n50\n\nDaruber hinaus enthalt die Klausel keine ausreichenden Angaben zu den fur die\neinzelnen Kostenpositionen heranzuziehenden Verteilungsmaßstaben.\nReiseveranstalter buchen bei den Leistungstragern in der Regel nicht\nEinzelleistungen fur jede einzelne Pauschalreise, sondern bestimmte - u. U.\nvariable - Kontingente. Kommt es dabei zu Kostensteigerungen, mussen diese auf\ndie einzelnen Pauschalreisevertrage umgelegt werden. Zwar liegt es nahe,\ninsoweit den auch der ursprunglichen Preiskalkulation zugrunde liegenden\nMaßstab anzuwenden. Dieser ist dem Kunden aber regelmaßig nicht bekannt. Zudem\nwerden haufig mehrere Verteilungsmaßstabe in Betracht kommen. So konnen\nerhohte Beforderungskosten etwa fur jeden einzelnen Transport (Flug, Bahn-\noder Schiffsreise, Bustransfer etc.) auf die jeweiligen Teilnehmer, alternativ\naber auch die Gesamtkosten eines Reiseveranstalters auf alle betroffenen\nKunden umgelegt werden. Sie konnen nach der Zahl der vom Reiseveranstalter\ngebuchten Platze (Gesamtkontingent), aber auch nach der voraussichtlichen\nAuslastung verteilt werden, so dass der Reiseveranstalter u. U. den auf nicht\nverkaufte Reisen entfallenden Eigenanteil auf die gewonnenen Kunden verlagern\nkann. Wechselkursbedingte Mehrkosten fur Hotelzimmer, Ferienhauser etc. lassen\nsich nach der Zahl der Einheiten, der Kapazitat, der tatsachlichen oder\nvoraussichtlichen Belegung (nach Kopfteilen) oder dem Preisverhaltnis umlegen.\nDabei verkennt der Senat nicht, dass Vertrage mit auslandischen\nHotelbetreibern regelmaßig als Wahrungsfestgeschafte abgeschlossen werden\n(vgl. Kappus in Graf von Westphalen, AGB-Klauselwerke, Reise- und\nHotelaufnahmebedingungen, Rdnr. 58) und manche Reiseveranstalter deshalb auf\neinen Wechselkursvorbehalt in ihren Preisanpassungsklauseln verzichten (vgl.\nStellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur\nDurchfuhrung der Richtlinie des Rates vom 13. Juni 1990 uber Pauschalreisen,\nBT-Drucksache 12/5354, S. 21; siehe auch die im Parallelverfahren 6 U 30/01\nzur Prufung stehende Klausel). Enthalt die Klausel gleichwohl einen solchen\nVorbehalt, muss sie sich indes an den dadurch eroffneten Moglichkeiten messen\nlassen. Abschnitt 4 lit. a) RBP begnugt sich zu all diesen Fragen mit der\nBezeichnung zweier Maßstabe ("pro Person bzw. pro Sitzplatz"), ohne diese\nkonkreten Kostenfaktoren zuzuordnen und klarzustellen, ob jeweils nur einer\ndieser Umlegungsschlussel in Betracht kommen oder der Beklagten ein Wahlrecht\nzustehen soll. Damit verbleibt ihr wiederum ein Gestaltungsspielraum, den sie\ngegebenenfalls zum eigenen Vorteil nutzen kann. Der Kunde ist dagegen nicht in\nder Lage, das Ergebnis an vorgegebenen Berechnungskriterien zu messen. Auch\ndies fuhrt zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit zur Unwirksamkeit\nder Klausel gemaß § 9 Abs. 1 AGBG.\n\n51\n\nSchließlich ist der Klausel nicht zu entnehmen, auf welchem Berechnungsweg\n(durch welche Rechenoperation) der neue Preis ermittelt werden soll. Sie\nbeschrankt sich auf die Feststellung, dass der Reisepreis in dem Umfang\ngeandert werden kann, wie sich die Kostensteigerungen auf ihn auswirken. Das\nzu beantworten ist indes gerade Aufgabe der "genauen Angaben zur Berechnung\ndes neuen Preises". Dem Kunden mussen insoweit Kriterien an die Hand gegeben\nwerden, mit deren Hilfe er den ihm abverlangten Erhohungsbetrag uberprufen und\nnachvollziehen kann. Er muss mithin ersehen konnen, ob der Reisepreis um den\nabsoluten Betrag der auf die Reise entfallenden Mehrbelastung erhoht, ob die\nvon der Kostenerhohung betroffenen Kalkulationsansatze - gegebenenfalls unter\nBerucksichtigung bereits einkalkulierter Sicherheitsmargen - prozentual\nangehoben oder ob fur bestimmte Gruppen von Reisen einheitliche Pauschalen\nangesetzt werden sollen. Davon hangt letztlich ab, ob sich die Preiserhohung\ntatsachlich auf den zulassigen, durch die kausale Verknupfung zwischen\nKostenanstieg und Nachforderung vorgegebenen Rahmen beschrankt. All dies lasst\ndie beanstandete Klausel offen, so dass nicht nur die Ausfullung der\nBerechnungskriterien durch bestimmte Betrage, sondern auch die Konkretisierung\nund Prufung dieser Kriterien in das Nachforderungsverfahren verlagert wird.\nDas ist mit § 651 a Abs. 3 Satz 1 BGB, der entsprechende Angaben bereits in\nder Anpassungsregelung verlangt, nicht vereinbar, wird dem Erfordernis einer\ntransparenten Preisbildung nicht gerecht und benachteiligt den Kunden entgegen\nden Geboten von Treu und Glauben unangemessen, so dass die zur Prufung\ngestellte Formularbestimmung gemaß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist (im Ergebnis\nebenso AG Kleve RRa 2000, 166 f. und NJW 2000, 3723; Fuhrich, RRa 2000, 43, 45\nf., NJW 2000, 3672, 3675 und RRa 2001, 59 f.; Kappus in Graf von Westphalen,\nAGB-Klauselwerke, Reise- und Hotelaufnahmebedingungen, Rdnr. 59; zweifelnd\nauch Brandner in Ulmer/ Brandner/Hensen, Anhang §§ 9 - 11 AGBG Rdnr. 586; a.\nA. Tempel, TranspR 2000, 297, 298; Bidinger/Muller, § 651 a BGB Anm. 28;\nErman/Seiler, § 651 a BGB Rdnr. 32; uberwiegend zu der ubereinstimmenden\nRegelung in Nr. 4 Abs. 4 der Konditionenempfehlung des Deutschen Reiseburo-\nVerbandes von 1994 \\- ARB 1994, BAnz. 1994, 6767 -).\n\n52\n\n5\\. Bei dieser Sachlage kann der Klager die Beklagte gemaß § 13 Abs. 1 AGBG\nauf Unterlassung in Anspruch nehmen, soweit die beanstandete Klausel nicht\ngegenuber einer naturlichen oder juristischen Person oder einer rechtsfahigen\nPersonengesellschaft, die bei Abschluss des Vertrages in Ausubung ihrer\ngewerblichen oder selbstandigen beruflichen Tatigkeit handelt (Unternehmer; §§\n13 Abs. 3 AGBG, 14 Abs. 1 BGB), verwendet wird. Die Unterlassungsverpflichtung\numfasst auch das Verbot, sich bei der Abwicklung bestehender Vertrage auf die\nunwirksame Klausel zu berufen (vgl. BGH NJW 1981, 1511 f.; BGHZ 127, 35, 38;\nHensen in Ulmer/Brandner/Hensen, § 13 AGBG Rdnr. 27 und § 15 AGBG Rdnr. 7).\n\n53\n\nAuf den Antrag des Klagers sind der Beklagten fur den Fall der Zuwiderhandlung\nzugleich die nach § 890 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Ordnungsmittel anzudrohen.\nDiese Androhung ist auch auf das Verbot, sich bei der Abwicklung bestehender\nVertrage auf die unwirksame Klausel zu berufen, zu erstrecken, da diesem\nAusspruch im Rahmen des allgemeinen Verwendungsverbotes nur klarstellende\nFunktion zukommt (vgl. Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, § 13 AGBG Rdnr. 27 und\n§ 15 AGBG Rdnr. 7) und der Antrag des Klagers auf Androhung von\nOrdnungsmitteln damit ohne weiteres auch diesen Teil des Verbotes einschließt.\nDie Beurteilung moglicher Verstoße bleibt dagegen einem etwaigen Verfahren\nnach §§ 890 f. ZPO vorbehalten. Der Senat sieht deshalb entgegen der Anregung\ndes Klagers keinen Anlass, sich bereits in der Androhung erlauternd oder sogar\nmodifizierend zur Frage eines moglichen Fortsetzungszusammenhanges zu außern.\n\n54\n\n6\\. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur\nvorlaufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.\n\n55\n\nGemaß § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO wird die Revision zugelassen, weil der\nhochstrichterlich noch nicht entschiedenen, in der Instanzrechtsprechung und\nder Literatur kontrovers diskutierten Frage, welche Anforderungen an die -\ngemaß §§ 651 a Abs. 3 Satz 1, 651 m BGB zwingenden - Angaben zur Berechnung\ndes neuen Preises in Allgemeinen Geschaftsbedingungen zu stellen sind,\ngrundsatzliche Bedeutung zukommt und die Entscheidung des Rechtsstreits von\ndieser Frage abhangt. Preisanpassungsklauseln nach § 651 a Abs. 3 und 4 BGB\nwerden bundesweit von allen großeren Reiseveranstaltern verwendet. Es besteht\ndeshalb ein erhebliches Bedurfnis, ihre Wirksamkeit unter dem genannten\nGesichtspunkt im Rahmen der vorliegenden Verbandsklage zu klaren.\n\n56\n\nDer Streitwert fur den zweiten Rechtszug wird auf 5.000,00 DM festgesetzt\n(vgl. Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, § 15 AGBG Rdnr. 33 m.w.N.).\n\n57\n\nDie Beschwer der Beklagten liegt unter 60.000,00 DM.\n\n
300,732
lagk-2001-10-22-2-5-sa-12701
795
Landesarbeitsgericht Köln
lagk
Nordrhein-Westfalen
Arbeitsgerichtsbarkeit
2 (5) Sa 127/01
2001-10-22
2019-03-12 16:02:38
2020-12-10 13:02:07
Urteil
ECLI:DE:LAGK:2001:1022.2.5SA127.01.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d :**\n\n2\n\nDie Parteien streiten um die Frage, ob es sich bei einem dem Grunde nach\nunstreitigen, aus § 113 BetrVG hergeleiteten Anspruch der Klagerin auf\nNachteilsausgleich um eine Insolvenzforderung oder eine Masseforderung\nhandelt. Zusatzlich ist die Hohe dieses Anspruchs, soweit er 41.266,00 DM\nuberschreitet zwischen den Parteien streitig.\n\n3\n\nDie Klagerin war seit dem 15.05.1984 Arbeitnehmerin der Gemeinschuldnerin. Ihr\ndurchschnittliches Bruttomonatseinkommen betrug zuletzt 6.871,00 DM.\n\n4\n\nEnde 1999 wurde das Insolvenzeroffnungsverfahren uber das Vermogen der\nGemeinschuldnerin, deren Insolvenzverwalter der jetzige Beklagte ist,\neingeleitet. Mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 17.11.1999 ( AZ: 99 IN\n154/99) wurde der Beklagte zum vorlaufigen Insolvenzverwalter bestellt. In dem\nBeschluss wurde einerseits angeordnet, dass die Gemeinschuldnerin nur noch mit\nZustimmung des vorlaufigen Insolvenzverwalters wirksam uber ihr Vermogen\nverfugen kann (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Der Beklagte als vorlaufiger\nInsolvenzverwalter wurde ausdrucklich nicht als allgemeiner Vertreter der\nGemeinschuldnerin eingesetzt. Allerdings wurde er ermachtigt, auch allein mit\nrechtlicher Wirkung fur die Gemeinschuldnerin zu handeln, wobei er\nverpflichtet wurde, von dieser Ermachtigung nur in dringend erforderlichen\nFallen Gebrauch zu machen.\n\n5\n\nAm 18.01.2000 beschlossen der Geschaftsfuhrer der Schuldnerin und der Beklagte\nals deren vorlaufiger Insolvenzverwalter die Betriebsstilllegung. Hiervon\nwurde der Betriebsrat am darauffolgenden Tag unterrichtet. Ein\nInteressenausgleich mit dem Betriebsrat konnte nicht erzielt werden. Der\nBetriebsrat unterlag auch in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren auf Erlass\neiner einstweiligen Verfugung, mit dem der drohende Ausspruch der Kundigungen\nverhindert werden sollte. Mit Schreiben vom 27.01.2000 wurde der Klagerin wie\nauch den weiteren Mitarbeitern, deren Kundigung keinem Zustimmungsvorbehalt\nunterlag, die Kundigung durch die Gemeinschuldnerin mit Zustimmung des\nBeklagten ausgesprochen. Vorangegangen war eine schriftliche\nKundigungsanhorung des Betriebsrats. Am 01.02.2000 wurde das\nInsolvenzverfahren eroffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter uber das\nVermogen der Gemeinschuldnerin bestellt. Nach der Insolvenzeroffnung einigten\nsich der Betriebsrat und der Beklagte auf einen Sozialplan. Derzeit ist das\nVerfahren nicht massearm. Auf die Insolvenzforderungen konnen voraussichtlich\n10 % geleistet werden.\n\n6\n\nDer Betrieb ist zwischenzeitlich vollstandig stillgelegt worden. Nach der\nStilllegung der Verwaltungsabteilung zum 31.05.2000 fand keine betriebliche\nTatigkeit mehr statt.\n\n7\n\nDie Klagerin halt den dem Grunde nach unstreitigen Anspruch aus § 113 BetrVG\nfur eine Masseforderung im Sinne des § 55 InsO.\n\n8\n\nDies folge daraus, dass das Arbeitsverhaltnis erst nach Insolvenzeroffnung\nende und unter Entlassung im Sinne des § 113 BetrVG die Einstellung der Arbeit\nanzusehen sei. Selbst wenn man dieser Argumentation nicht folge, sei\njedenfalls wegen der im Bestellungsbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom\n17.11.1999 enthaltenen Ermachtigung des vorlaufigen Insolvenzverwalters zur\nalleinigen Handlung fur die Schuldnerin in dringenden Fallen § 55 Abs. 2 InsO\nanalog anzuwenden, so dass es sich auch aus diesem Grunde bei der\nNachteilsausgleichforderung um eine Masseverbindlichkeit handeln musse.\n\n9\n\nHinsichtlich der Hohe der Nachteilsausgleichsforderung setzt die Klagerin fur\njedes Beschaftigungsjahr ein Bruttogehalt an, begrenzt durch die\nHochstbetragsregelung aus § 10 KSchG.\n\n10\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n11\n\n 1. den Beklagten zu verurteilen, an sie eine Abfindung in Hohe von 103.065,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshangigkeit zu zahlen,\n\n12\n\n 1. hilfsweise die Nachteilsausgleichsforderung der Klagerin in Hohe von 103.065,00 DM als Insolvenzforderung gemaß § 38 InsO zur Insolvenztabelle festzustellen, abzuglich bereits anerkannter 6.444,00 DM.\n\n13\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n14\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n15\n\nHinsichtlich der Nachteilsausgleichsforderung ist der Beklagte der Ansicht,\ndass es sich um eine Insolvenzforderung handele, da die Betriebsschließung vor\nInsolvenzeroffnung beschlossen worden sei und die Kundigungen ebenfalls vor\nInsolvenzeroffnung ausgesprochen worden seien. Fur eine Analogie des § 55 Abs.\n2 InsO sei kein Raum, da der Gesetzgeber hier ausdrucklich nur den sogenannten\n"starken" Insolvenzverwalter gemeint habe. Hinsichtlich der Hohe des\nNachteilsausgleichsanspruchs hielt er zunachst ein Bruttomonatsgehalt wegen\nder Unabweisbarkeit der Betriebsstilllegung fur angemessen.\n\n16\n\nDas Arbeitsgericht Bonn hat durch Urteil vom 04.10.2000 die\nNachteilsausgleichsforderung der Klagerin im Rahmen des geltend gemachten\nHochstbetrages zur Insolvenztabelle festgestellt und die Klage im Übrigen\nabgewiesen. Hiergegen hat die Klagerin Berufung eingelegt. Der Beklagte hat\nzwischenzeitlich eine Nachteilsausgleichsforderung in Hohe von 6\nBruttomonatsvergutungen zur Insolvenztabelle festgestellt und hinsichtlich der\ndaruber hinaus gehenden Feststellung Berufung eingelegt.\n\n17\n\nDie Klagerin beantragt unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn\nvom 04.10.2000 - 2 Ca 1348/00 -,\n\n18\n\nden Beklagten zu verurteilen, an die Klagerin eine Abfindung in Hohe von\n103.065,00 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshangigkeit bis zum 30. April 2000 und\nZinsen in Hohe von 5 % uber dem Basiszinssatz seit 1. Mai 2000 zu zahlen.\n\n19\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n20\n\ndie Berufung der Klagerin zuruckzuweisen.\n\n21\n\nEr beantragt,\n\n22\n\nunter teilweiser Abanderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom\n04.10.2000 - 2 Ca 415/00 - die Klage insoweit abzuweisen, als ein weiterer\nNachteilsausgleich von mehr als 34.782,00 DM zur Insolvenztabelle festgestellt\nwird.\n\n23\n\nDie Klagerin beantragt insoweit,\n\n24\n\ndie Berufung des Beklagten zuruckzuweisen.\n\n25\n\nBeide Parteien wiederholen ihren Vortrag und vertiefen ihre Rechtsansichten.\n\n26\n\n27\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e :\n\n28\n\nDie fristgerechten und im Übrigen zulassigen Berufungen beider Parteien sind\nnicht begrundet.\n\n29\n\nDer Klagerin steht der dem Grunde nach unstreitige Nachteilsausgleichsanspruch\naus § 113 BetrVG nicht als Masseforderung, sondern lediglich als einfache\nInsolvenzforderung nach § 38 InsO zu.\n\n30\n\nMaßgeblich fur die Abgrenzung, ob ein Nachteilsausgleichsanspruch aus § 113\nAbs. 3 BetrVG Masseforderung oder Insolvenzforderung ist, ist die Frage, ob\ndie Klagerin zur Zeit der Eroffnung des Insolvenzverfahrens bereits einen\nbegrundeten Vermogensanspruch an die Gemeinschuldnerin hatte. Fur das\nVorliegen eines solchen Anspruchs ist es ausreichend, wenn der Rechtsgrund fur\ndie Entstehung bereits vor Insolvenzeroffnung gelegt wurde, ob der Anspruch in\ndiesem Zeitpunkt bereits fallig ist, ist ohne Bedeutung (vgl. BAG vom\n03.04.1990 - 1 AZR 150/89 - AP-Nr. 20 zu § 113 BetrVG 1972).\n\n31\n\nDie erkennende Kammer folgt dem Bundesarbeitsgericht auch dahingehend, dass\ndie Grundlage fur den Nachteilsausgleichsanspruch bereits dann gelegt ist,\nwenn mit der Betriebsanderung ohne zuvor versuchten Interessenausgleich\nbegonnen wurde und damit das betriebsverfassungs-widrige Vorgehen des\nArbeitgebers feststeht. Denn § 113 BetrVG ist die Sanktion dafur, dass der\nArbeitgeber den Verhandlungsanspruch des Betriebsrates vereitelt. Die\nEntlassung einzelner Arbeitnehmer im Sinne des Ausspruchs der Kundigung kann\ndabei auch erst nach Insolvenzeroffnung vorgenommen werden. Denn ausgehend von\ndem Zweck des § 113 BetrVG ist der Verhandlungsanspruch des Betriebsrates dann\nzunichte gemacht, wenn bereits so viele Kundigungen zugegangen sind, dass der\nArbeitgeber die geplante Betriebsstilllegung nicht mehr einseitig ruckgangig\nmachen kann. Aus der Sicht des Betriebsrates werden Verhandlungen mit dem\nArbeitgeber dann sinnlos, wenn dieser bereits in der Weise Fakten geschaffen\nhat, dass er die Planungshoheit uber die Stilllegung oder Fortfuhrung des\nBetriebes verloren hat. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber als\nVerhandlungspartner ein mogliches Ergebnis, welches auf Fortsetzung des\nBetriebes lauten wurde, nicht mehr alleine umsetzen kann, weil er hierzu der\nZustimmung aller bereits gekundigten Arbeitnehmer bedurfte.\n\n32\n\nAus den vorgenannten Urteil des Bundesarbeitsgerichts sowie aus dem Urteil vom\n23.08.1988 - 1 AZR 276/87 - NZA 1989 Seite 31 ergibt sich zudem auch, dass das\nBundesarbeitsgericht den Tatbestand der Entlassung im Sinne des § 113 BetrVG\nnicht mit dem letzten Verlassen des Betriebsgelandes gleichsetzt, sondern\nunter diesen Begriff sowohl die arbeitgeberseitige als auch die\nArbeitnehmerkundigung und den Aufhebungsvertrag subsumiert.\n\n33\n\nDanach ergibt sich, dass die geplante Betriebsstilllegung bereits mit dem\n27.01.2000, dem Tag, an dem durch den Geschaftsfuhrer der Gemein-schuldnerin\nalle nicht zustimmungsbedurftigen Kundigungen ausgesprochen wurden, begonnen\nwurde. Nach diesem Datum war der Verhandlungsanspruch des Betriebsrates\nvereitelt, da ein anderes Ergebnis als die Betriebsstilllegung vom Arbeitgeber\nnicht mehr einseitig betrieblich umgesetzt werden konnte. Demgegenuber ist die\nEntlassung der Klagerin im Sinne des Ausspruchs der letztendlich ihr\nArbeitsverhaltnis beendenden Kundigung vom 14.02.2000 fur die Begrundung des\nAnspruchs als Insolvenzforderung nicht mehr maßgeblich. Es handelt sich\ninsoweit lediglich um den noch erforderlichen Schadenseintritt, der zu der\nVereitelung des Verhandlungsanspruchs des Betriebsrates hinzutreten muss.\nDieser Schadenseintritt kann, wie das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung\nvom 03.04.1990 ausgefuhrt hat, auch erst nach Eroffnung des\nInsolvenzverfahrens liegen.\n\n34\n\nDie Nachteilsausgleichsforderung aus § 113 BetrVG ist auch nicht deshalb als\nMasseforderung zu behandeln, weil es sich um eine Verbindlichkeit im Sinne des\n§ 55 Abs. 2 InsO handeln wurde. Aus dem Beschluss des Amtsgerichts Bonn (99 IN\n155/99) vom 17.11.1999 ergibt sich, dass der Beklagte gerade nicht als\nsogenannter "starker" vorlaufiger Insolvenzverwalter im Sinne des § 21 Abs. 2\nNr. 2 erste Alternative eingesetzt wurde. Zwar ist der Wortlaut des § 55 Abs.\n2 InsO (Verfugungsbefugnis ubergegangen) und derjenige des § 21 Abs. 2 Nr. 2\nerste Alternative (Allgemeines Verfugungsverbot auferlegt) nicht identisch.\nAllerdings ergibt sich aus § 22 Abs.1 InsO, dass die Verwaltungs- und\nVerfugungsbefugnis nur dann auf den vorlaufigen Insolvenzverwalter ubergeht,\nwenn ein Verfugungsverbot fur den Schuldner angeordnet wurde. Daneben kann das\nGericht Einzelanordnungen nach § 22 Abs. 2 InsO treffen, die nicht zum\nÜbergang der Verfugungsbefugnis fuhren. Damit ergibt sich, dass bei\nunmittelbarer Anwendung des § 55 Abs.2 S.1 InsO vorliegend keine\nMasseverbindlichkeiten entstanden sind, da die Verfugungsbefugnis nicht durch\nErlass eines allgemeinen Verfugungsverbots ubergegangen war.\n\n35\n\nVorliegend kann allerdings dahingestellt bleiben, ob auf eine im Einzelfall\nerteilte Ermachtigung an den vorlaufigen Insolvenzverwalter, in dringenden\nFallen allein zu handeln, wahrend grundsatzlich lediglich Zustimmungsvorbehalt\nangeordnet ist, § 55 Abs.2 InsO zumindest analog angewandt werden kann.\nInsoweit wird eine analoge Anwendung zumindest fur den Fall in Erwagung\ngezogen, dass ein Insolvenzverwalter mit partieller Ermachtigung an Stelle der\nGemeinschuldnerin tatig geworden ist. ( Vergl.: Spliedt, ZIP 2001 S.1941) Denn\nselbst bei einer analogen Anwendung des § 55 Abs.2 InsO fehlt es hier\njedenfalls an der Voraussetzung, dass der streitige Anspruch eine\nVerbindlichkeit ist, die vom vorlaufigen Insolvenzverwalter aufgrund der\nAusubung der ihm eingeraumten Ermachtigung, allein fur die Gesamtschuldnerin\nzu handeln, begrundet worden ist. Denn die vor Insolvenzeroffnung\nausgesprochenen, den Nachteilsausgleich auslosenden Kundigungen sind durch den\nGeschaftsfuhrer der Gemeinschuldnerin lediglich mit Zustimmung des vorlaufigen\nInsolvenzverwalters ausgesprochen worden. Somit beruhen die\nNachteilsausgleichsanspruche jedenfalls nicht auf einem allein vom\nInsolvenzverwalter bestimmten Sachverhalt, sondern stellen sich als solche im\nRahmen des regularen Zustimmungsvorbehaltes dar. Bei dem Beginn der\nDurchfuhrung der Betriebsstilllegung durch Ausspruch der Kundigungen hat der\nBeklagte in seiner Eigenschaft als vorlaufiger Insolvenzverwalter gerade nicht\nvon der Moglichkeit des Alleinhandelns im Rahmen des Beschlusses des\nAmtsgerichts Bonn vom 17.11.1999 Gebrauch gemacht. Es bleibt damit bei dem\nRegelfall, dass die Masse gerade nicht dadurch geschmalert werden soll, dass\nvor Insolvenzeroffnung bereits Masseverbindlichkeiten begrundet werden. Gerade\ndie Tatsache, dass der Gesetzgeber einerseits den Zustimmungsvorbehalt des\nvorlaufigen Insolvenzverwalters einfuhrt, andererseits alle die aus diesen\nGeschaften regelmaßig herruhrenden Verpflichtungen gleichwohl einfache\nInsolvenzforderungen werden, belegt, dass es sich bei § 55 Abs. 2 InsO um eine\neng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt, die allenfalls im Rahmen einer\ngroßtmoglichen Masseerhaltung ausgelegt werden kann. ( Spliedt, a.a.O.)\n\n36\n\nAuch die Berufung des Beklagten ist unbegrundet. Das Arbeitsgericht hat\nzutreffend bei der Berechnung der Hohe des Nachteilsausgleichs berucksichtigt,\ndass dieser zum einen Ersatz fur den Verlust des Arbeitsplatzes als solchen\nbezweckt, zum anderen die Komponente beinhaltet, dass eine fuhlbare Sanktion\nfur die Vereitelung des Verhandlungsanspruchs des Betriebsrats erforderlich\nist. Wenn das Arbeitsgericht in diesem Fall unter Beachtung der Hochstgrenze\ndes § 10 KSchG ein ganzes Gehalt pro Beschaftigungsjahr festlegt, so wird\ndiese Überlegung auch von der erkennenden Kammer getragen. Berucksichtigung\nfindet dabei, dass regelmaßig im Kammerbezirk bereits der Verlust des\nBestandes des Arbeitsverhaltnis mit einem halben Gehalt pro Beschaftigungsjahr\nbewertet wird. Die Aufstockung auf ein ganzes Gehalt wegen der\nSanktionsfunktion erscheint damit im Verhaltnis angemessen. Zudem ist zu\nberucksichtigen, dass der vorlaufige Insolvenzverwalter und jetzige Beklagte\nin der sicheren Erwartung, dass es sich ohnehin spater nur um eine quotenmaßig\nzu befriedigende Insolvenzforderung handeln werde, den Verhandlungsanspruch\ndes Betriebsrates ubergangen hat. Er hat dabei bewusst in Kauf genommen, dass\nder Wert des zu realisierenden Nachteilsausgleichsanspruchs letztlich immer\nnoch deutlich unter den moglichen Anspruchen liegt, die sich bei einer\nVerzogerung des Kundigungsausspruchs zugunsten der Arbeitnehmer ergeben\nhatten.\n\n37\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO und berucksichtigt die\nForderung des Beklagten nach ihrem tatsachlich zu realisierenden Wert.\n\n38\n\nR e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g\n\n39\n\nGegen dieses Urteil kann von beiden Parteien Revision eingelegt werden. Die\nRevision muss innerhalb einer Notfrist (eine Notfrist ist unabanderlich und\nkann nicht verlangert werden) von einem Monat nach der Zustellung dieses\nUrteils schriftlich beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084\nErfurt, eingelegt werden. Die Revision ist gleichzeitig oder innerhalb eines\nMonats nach ihrer Einlegung schriftlich zu begrunden. Die Revisionsschrift und\ndie Revisionsbegrundung mussen von einem bei einem deutschen Gericht\nzugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.\n\n40\n\n(Olesch) (Pohen) (Wittig)\n\n
300,973
olgk-2001-09-19-27-wf-17701
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
27 WF 177/01
2001-09-19
2019-03-12 17:04:56
2020-12-10 13:02:43
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:2001:0919.27WF177.01.00
## Tenor\n\n \n1\n\nGrunde\n\n2\n\nDie zulassige Beschwerde ist unbegrundet.\n\n3\n\nNach § 124 Nr. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe\naufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlassigkeit\nunrichtige Angaben uber die personlichen und wirtschaftlichen Verhaltnisse\ngemacht hat. Die Pflichtverletzung kann darin liegen, dass die Partei die\ngeplante oder bereits eingeleitete Veraußerung eines Grundstucks verschweigt\n(Zoller/Philippi, ZPO, 22. Aufl. § 124 Rdn. 7). Die Antragstellerin hat den\nnotariellen Veraußerungsvertrag betreffend das Grundstuck am 21.2.2001\nabgeschlossen. Damit stand fest, dass sie aus der Veraußerung einen\nerheblichen Kapitalbetrag zu erwarten hatte. Die in der Erklarung uber ihre\npersonlichen und wirtschaftlichen Verhaltnisse vom 8.2.2001 gemachten Angaben\nerwiesen sich damit im Hinblick auf die nachgesuchte Prozesskostenhilfe als\nunrichtig. Sie war gehalten, dem Gericht vor der Bewilligung der\nProzesskostenhilfe ihre jedenfalls nunmehr nicht mehr zutreffenden Angaben\nrichtig zu stellen. Das hat sie aus grober Nachlassigkeit unterlassen. Im\nHinblick auf die Hohe des zu erwartenden Kapitalbetrages ware fur sie ohne\nweiteres erkennbar gewesen, dass sie dadurch, dass sie ihre Angaben nicht\nberichtigte, eine fehlerhafte Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkte.\n\n
301,014
ovgnrw-2001-09-14-12-a-236000
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
12 A 2360/00
2001-09-14
2019-03-12 17:06:05
2020-12-10 13:02:49
Urteil
ECLI:DE:OVGNRW:2001:0914.12A2360.00.00
## Tenor\n\nDas angefochtene Urteil wird geandert.\n\nDer Bescheid des Beklagten vom 28. Mai 1998 in der Fassung des\nWiderspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 wird aufgehoben, soweit darin die\nÜberweisung des Tagespflegegeldes auf das Konto der Beigeladenen verfugt ist.\n\nDer Beklagte wird verurteilt, an die Klagerin Tagespflegegeld in Hohe von\n1.036 DM zu zahlen.\n\nDer Beklagte und die Beigeladene tragen ihre außergerichtlichen Kosten in\nbeiden Rechtszugen selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Klagerin in\nbeiden Rechtszugen tragt der Beklagte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung\ndurch Sicherheitsleistung in Hohe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn\nnicht der Glaubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDie Beteiligten streiten darum, an wen ein der Klagerin gemaß § 23 Abs. 3 Satz\n2 SGB VIII bewilligtes Tagespflegegeld auszuzahlen war bzw. ist.\n\n3\n\nAm 23. Marz 1998 erschien die Beigeladene bei dem Jugendamt des Beklagten und\nstellte einen Antrag auf Forderung zweier ihrer Kinder, der am 20. November\n1995 geborenen S. und der am 9. Juli 1997 geborenen D. , in Tagespflege.\nAusweislich des Vermerks der Zeugin A. -L. - Mitarbeiterin des Jugendamtes -\nvom 28. Mai 1998 gab die Beigeladene dabei an, die Klagerin habe die\nVersorgung und Erziehung der beiden Kinder im Haushalt der Beigeladenen\nubernommen. Am 23. April 1998 – so der Vermerk - fand ein Gesprach im Haushalt\nder Beigeladenen gemeinsam mit der Klagerin und der Zeugin A. -L. statt. Auf\nWunsch der Klagerin - so der Vermerk weiter - sollten die Zahlungen direkt von\nder Beigeladenen an die Klagerin erfolgen. Die vom Jugendamt gezahlten\nAufwendungen sollten daher auf das Konto der Beigeladenen uberwiesen werden.\n\n4\n\nMit dem an die Klagerin gerichteten und mit Rechtsmittelbelehrung versehenen\nBescheid vom 28. Mai 1998 bewilligte der Beklagte der Klagerin fur die\nBetreuung der Kinder der Beigeladenen ein monatliches Pflegegeld ab dem 23\\.\nMarz 1998 in Hohe von 313 DM je Kind; zugleich stellte er fest, der Betrag in\nHohe von 2.036 DM fur die Zeit vom 23. Marz 1998 bis einschließlich Juni 1998\nwerde auf das Konto der Beigeladenen uberwiesen.\n\n5\n\nDiese Überweisung erfolgte am 4. Juni 1998.\n\n6\n\nAusweislich des Vermerks des Mitarbeiters des Jugendamtes M. vom 22. Juni 1998\nrief die Klagerin ihn am Vormittag des 22. Juni 1998 an und teilte mit, sie\nwerde die Tagespflege mit Ablauf des Juni 1998 beenden. Am Nachmittag\ndesselben Tages rief ihn diesem Vermerk zufolge die Beigeladene an und\nbestatigte den Sachverhalt, sie gab an, bereits eine andere Tagespflegeperson\nzu haben.\n\n7\n\nMit Schreiben vom 24. Juni 1998 legte die Klagerin Widerspruch gegen den\nBescheid des Beklagten vom 28. Mai 1998 ein, soweit darin die Überweisung des\nPflegegeldes auf das Konto der Beigeladenen angeordnet worden war. Sie machte\ngeltend, vorher nicht gefragt worden zu sein, ob sie mit dieser Regelung\neinverstanden sei. Das Geld habe auf ihr Konto fließen sollen. Nach einem\nAnruf der Beigeladenen sei das Geld dann aber auf deren Konto uberwiesen\nworden. Diese habe ihr das Geld mit fadenscheiniger Begrundung nicht\nvollstandig ausgezahlt.\n\n8\n\nNach Hinweis des Beklagten, die Auszahlung an die Beigeladene sei aufgrund\neiner „privaten Vereinbarung" zwischen der Klagerin und der Beigeladenen\nerfolgt, machte die Klagerin geltend, eine derartige private Vereinbarung\nexistiere nicht. Es sei vielmehr mit dem Jugendamt ausdrucklich vereinbart\nworden, das Pflegegeld auf ihr Konto auszuzahlen. Auch habe eine Zahlung mit\nbefreiender Wirkung an die Beigeladene vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht\nerfolgen konnen. Da die Beigeladene ihr lediglich einen Betrag von 1.000 DM\ngezahlt habe, erwarte sie nunmehr die Zahlung des Restbetrages in Hohe von\n1.036 DM.\n\n9\n\nMit einer schriftlichen Erklarung vom 2. September 1998 versicherte die\nBeigeladene dem Beklagten, das ausgezahlte Tagespflegegeld in voller Hohe an\ndie Klagerin weitergeleitet zu haben. Mit Schreiben vom 18. September 1998\nteilte der Beklagte der Klagerin daraufhin mit, die Beigeladene habe am 2\\.\nSeptember 1998 angegeben, ihr - der Klagerin - sowohl einen Scheck\nausgehandigt als auch das restliche Tagespflegegeld uberwiesen zu haben.\nAusweislich des Vermerks des Beklagten vom 29\\. Oktober 1998 versicherte die\nBeigeladene gegenuber dem Mitarbeiter des Jugendamt M. dann telefonisch, den\nBetrag an die Klagerin in bar ausgehandigt zu haben.\n\n10\n\nIm Rahmen einer Vorsprache am 2. November 1998 gab die Beigeladene eine\nschriftliche Erklarung ab, derzufolge sie der Klagerin zwei Schecks uber je\n300 DM und den Restbetrag in Hohe von 1.436 DM Ende Juni 1998 bar ubergeben\nhabe. Auch die Zeugin Z. unterzeichnete an diesem Tag eine Erklarung, in der\nsie versicherte, die von der Beigeladenen gemachten Angaben entsprachen der\nWahrheit, sie - die Zeugin - sei bei der Übergabe des Betrages in Hohe von\n1.436 DM personlich anwesend gewesen.\n\n11\n\nMit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1998 wies der Beklagte den\nWiderspruch der Klagerin - unter Rucknahme zweier zuvor erlassener\nWiderspruchsbescheide - als unbegrundet zuruck. Er verwies darauf, die\nAuszahlung des Pflegegeldes an die Beigeladene finde ihre Rechtsgrundlage in §\n23 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 47 1. Halbs. SGB I. Gemaß §\n53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I konnten Geldleistungen auf eine andere Empfangsperson\nubertragen werden, wenn der zustandige Leistungstrager feststelle, dass die\nÜbertragung im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten liege. Hier sei die\nÜbertragung des Auszahlungsanspruchs der Klagerin und damit dessen Abtretung\nan die Beigeladene, verbunden mit der Überweisung auf das Konto der\nBeigeladenen, im allseitigen Einverstandnis im Rahmen einer Vereinbarung\nzwischen der Klagerin und der Beigeladenen und im Interesse aller Beteiligten\nerfolgt. Damit sei die Zahlung des Tagespflegegeldes mit befreiender Wirkung\nrechtmaßig an die Beigeladene geleistet worden.\n\n12\n\nDie Klagerin hat am 16. November 1998 Klage erhoben. Zur Begrundung ihrer\nKlage hat sie vorgetragen: Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den ihr\nbewilligten Betrag in Hohe von 2.036 DM auf das Konto der Beigeladenen zu\nuberweisen. Eine Vereinbarung zwischen ihr und der Beigeladenen, auf die sich\nder Beklagte stutze, existiere nicht. Die Beigeladene habe an sie lediglich\neinen Betrag von 1.000 DM weitergeleitet.\n\n13\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n14\n\nden Bescheid des Beklagten vom 28\\. Mai 1998 in der Fassung des\nWiderspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 insoweit aufzuheben, als darin die\nÜberweisung des Tagespflegegeldes auf das Konto der Beigeladenen verfugt ist\nund den Beklagten zur Zahlung von Tagespflegegeld in Hohe von 1.036 DM zu\nverurteilen.\n\n15\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n16\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n17\n\nEr hat erganzend darauf verwiesen, die Beigeladene habe durch Vorlage von\nKontoauszugen und durch die Aussage der Zeugin Z. nachgewiesen, dass das\nTagespflegegeld in voller Hohe an die Klagerin weitergegeben worden sei.\n\n18\n\nDie Beigeladene hat beantragt,\n\n19\n\ndie Klage abzuweisen\n\n20\n\nund erklart, den Betrag von 2.036 DM an die Klagerin weitergeleitet zu haben.\n\n21\n\nDas Verwaltungsgericht hat in der mundlichen Verhandlung vom 21\\. Marz 2000\ndurch Vernehmung der Zeugin A. -L. Beweis erhoben und die Klagerin sowie die\nBeigeladene informatorisch angehort. Mit Urteil vom 21. Marz 2000 hat es die\nKlage abgewiesen und u.a. darauf verwiesen, der Beklagte habe die Beigeladene\nals fur den Empfang des Aufwendungsersatzes ermachtigt ansehen mussen. Wegen\nder weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgrunde des angegriffenen\nUrteils verwiesen.\n\n22\n\nMit der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Klagerin geltend: Aufgrund\ndes Anrufs der Beigeladenen nach dem gemeinsamen Gesprach am 23. April 1998\nhabe der Beklagte nicht davon ausgehen durfen, die Beigeladene sei zum Empfang\ndes Aufwendungsersatzes ermachtigt. Die Zeugin A. -L. habe in ihrer Aussage am\n21. Marz 2000 bestatigt, dass sie die Auszahlung an die Beigeladene lediglich\naufgrund eines Anrufs der Beigeladenen vorgenommen habe. Ebenfalls habe sie\nbestatigt, keine weitere Nachfrage bei der Klagerin gehalten zu haben, obwohl\ndies problemlos kurzfristig per Telefon moglich gewesen sei. Da die Zeugin A.\n-L. in dem Gesprach am 23\\. April 1998 ihre Kontonummer aufgenommen habe, habe\nsie davon ausgehen mussen, dass der Aufwendungsersatz auf ihr Konto zu zahlen\nsei. Die Aufnahme ihrer Kontonummer habe auch die Beigeladene im Termin\nbestatigt. Die bloße Akzeptanz eines Telefonanrufs durch die Beigeladene konne\neinen Vertrauenstatbestand nicht begrunden.\n\n23\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n24\n\ndas angefochtene Urteil zu andern und den Bescheid des Beklagten vom 28\\. Mai\n1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 insoweit\naufzuheben, als darin die Überweisung des Tagespflegegeldes auf das Konto der\nBeigeladenen verfugt ist, sowie die Beklagte zur Zahlung von Tagespflegegeld\nin Hohe von 1.036 DM an sie zu verurteilen.\n\n25\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n26\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n27\n\nEr verweist darauf, es habe kein Anhaltspunkt dafur bestanden, an der Wahrheit\nder telefonischen Angaben der Beigeladenen in dem Gesprach vom 23. April 1998\nzu zweifeln. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass die\nZeugin A. -L. im Laufe des Gesprachs am 23. April 1998 die Kontonummer der\nKlagerin aufgenommen habe. Denn zu diesem Zeitpunkt sei der Zeugin A. -L. die\nVereinbarung zwischen der Klagerin und der Beigeladenen nicht bekannt gewesen.\n\n28\n\nDie Beigeladene beantragt,\n\n29\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n30\n\nIm Erorterungs- und Beweistermin am 22. August 2001 hat der Senat durch die\nBerichterstatterin als beauftragte Richterin durch Vernehmung der Zeugin Z.\nBeweis erhoben zu der Frage, ob die Beigeladene der Klagerin im Sommer 1998\neinen Betrag in Hohe von 1.436 DM ubergeben hat. Ferner sind die Klagerin und\ndie Beigeladene informatorisch angehort worden. Wegen des Ergebnisses der\nBeweisaufnahme sowie der Anhorung wird auf die Niederschrift uber den Termin\nvom 22. August 2001 verwiesen.\n\n31\n\nZugleich haben die Beteiligten in diesem Termin erklart, auf die Durchfuhrung\neiner mundlichen Verhandlung gemaß § 101 Abs. 2 VwGO zu verzichten.\n\n32\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird erganzend auf\nden Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgange des\nBeklagten verwiesen.\n\n33\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n34\n\nDas Gericht konnte angesichts des Einverstandnisses der Beteiligten gemaß §\n101 Abs. 2 VwGO ohne mundliche Verhandlung entscheiden.\n\n35\n\nDie zulassige Berufung der Klagerin ist begrundet.\n\n36\n\nDie Klage ist zulassig und begrundet.\n\n37\n\nDer Bescheid des Beklagten vom 28. Mai 1998 in der Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 ist rechtswidrig und verletzt die\nKlagerin in ihren Rechten, soweit darin die Überweisung des Tagespflegegeldes\nauf das Konto der Beigeladenen verfugt ist, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO\n(I.). Ist diese Auszahlungsbestimmung damit aufzuheben, steht der Klagerin der\nerhobene Zahlungsanspruch aus dem Bewilligungsbescheid vom 28. Mai 1998 zu. Es\nlaßt sich nicht feststellen, dass dieser Anspruch bereits erfullt worden ist.\n(II.).\n\n38\n\nI. Zu dem fur die Überprufung der Rechtmaßigkeit eines angefochtenen\nBescheides im Rahmen einer Anfechtungsklage grundsatzlich maßgeblichen\nZeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides,\n\n39\n\nvgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27\\. November 2000 - 2 B 42/00 -, Juris;\nUrteil vom 6. April 2000 \\- 3 C 6.99 -, DVBl 2000, 1614, 1616; Beschluss vom\n21. Dezember 1989 \\- 7 B 21/89 -, NVwZ 1990, 653 und Urteil vom 3. November\n1987 \\- 9 C 254.86 -, BVerwGE 78, 243; ferner Redeker/von Oertzen,\nVerwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., § 108, Rdnr. 17, m.w.N.,\n\n40\n\nerweist sich die Entscheidung des Beklagten zur Auszahlung des der Klagerin\nbewilligten Tagespflegegeldes in Hohe von 2.036 DM an die Beigeladene als\nrechtswidrig (1.). Das materielle Recht gebietet es auch nicht, den fur die\nPrufung der Rechtmaßigkeit des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Zeitpunkt\nvorzuverlagern (2.).\n\n41\n\n1\\. Ein Anspruch auf Aufwendungs- und Kostenersatz fur eine Tagespflegeperson\ngemaß § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII steht der Tagespflegeperson zu.\n\n42\n\nVgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Juni 2001 - 12 A 31/01 - m.w.N..\n\n43\n\nDemgemaß hat der Beklagte der Klagerin mit Bescheid vom 28. Mai 1998\nAufwendungs- und Kostenersatz - hier in Form eines Tagespflegegeldes - in Hohe\nvon 2.036 DM bewilligt. Als Anspruchsberechtigte war die Klagerin damit\nzugleich befugt, die Auszahlung des ihr bewilligten Betrages an ihre Person zu\nverlangen und zwar gemaß § 47 SGB I auf ihr Konto.\n\n44\n\nDie Voraussetzungen fur eine hiervon abweichende Regelung einer Auszahlung an\ndie Beigeladene lagen am 9. Dezember 1998 – dem Zeitpunkt des Erlasses des\nWiderspruchsbescheides - nicht vor und zwar auch dann nicht, wenn\ndiesbezuglich zu Gunsten des Beklagten die Richtigkeit der\nSachverhaltsdarstellung der Beigeladenen unterstellt wird. Eine\nAuszahlungsanordnung zu Gunsten der Beigeladenen kam weder auf der Grundlage\ndes vom Beklagten in seinem Bescheid vom 28. Mai 1998 in der Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 9. Dezember 1998 als Rechtsgrundlage herangezogenen\n§ 53 Abs. 2 SGB I (a.) noch einer Weisung oder Bitte der Klagerin – als\nBerechtigter - zur Auszahlung auf das Konto der Beigeladenen (b.) in Betracht.\n\n45\n\na. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I konnen Anspruche auf Geldleistungen nach dem\nSGB I ubertragen - mithin abgetreten - werden, wenn der zustandige\nLeistungstrager feststellt, dass die Übertragung im wohlverstandenen Interesse\ndes Berechtigten liegt.\n\n46\n\nIndes bedarf es keiner Entscheidung, ob die Abtretung des hier in Rede\nstehenden Anspruchs zulassig ist.\n\n47\n\nvgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Juni 2001 - 12 A 31/01 - S. 18 f. der\nAusfertigung und Beschluss vom 25\\. Februar 1999 - 16 E 102/99 - (im Ergebnis\noffen gelassen); vgl. auch Mrozynski, Sozialgesetzbuch \\- Allgemeiner Teil -\n(SGB I), Kommentar, 2. Aufl. § 53 Rdnr. 5.\n\n48\n\nSelbst die Schilderung der Beigeladenen rechtfertigt nicht die Annahme, sie\nund die Klagerin hatten einen Abtretungsvertrag uber den Anspruch auf Zahlung\ndes Tagespflegegeldes geschlossen, mithin ein Verfugungsgeschaft i. S. d. §§\n398 ff. BGB, mit dem die Beigeladene Inhaberin des Zahlungsanspruchs werden\nsollte.\n\n49\n\nDer Darstellung der Beigeladenen lasst sich namlich lediglich entnehmen, dass\ndas Tagespflegegeld nach Absprache mit der Klagerin auf ihr - der Beigeladenen\n- Konto gezahlt werden sollte. Ihre Pflicht, das Tagespflegegeld - nach Abzug\ndes von ihr erbrachten Vorschusses - an die Klagerin weiterzuleiten, hat auch\ndie Beigeladene zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt. Diese Einschatzung\nwird durch die Aussage der Zeugin A. -L. in der mundlichen Verhandlung vor dem\nVerwaltungsgericht bestatigt; sie hob dabei hervor, es sei vereinbart worden,\ndas Geld auf das Konto der Beigeladenen zu zahlen, damit diese es dann sofort\nweiterleiten konne.\n\n50\n\nSelbst wenn es sich hier um einen Abtretungsvertrag handeln sollte, ware\ndieser gemaß § 58 SGB X i.V.m. § 125 BGB nichtig, weil er nur mundlich\ngeschlossen worden ware.\n\n51\n\nVgl. auch Mrozynski, SGB I, § 53 Rdnr. 7.\n\n52\n\nBei der Abtretung eines Anspruchs auf Auszahlung des Tagespflegegeldes nach §\n23 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 53 Abs. 2 SGB I handelt es sich - ungeachtet\ndessen, dass die Vertragspartner, die Tagespflegeperson und die Kindesmutter,\nkeine Rechtstrager des offentlichen Rechts sind - um einen offentlich-\nrechtlichen Vertrag nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X,\n\n53\n\nvgl. BSG, Urteile vom 27. November 1991 - 4 RA 80/90 -, BSG Sgb 1994, 80 und\nvom 8. Dezember 1993 - 10 Rkg 1/92 -, NJW 1994, 2310 f.,\n\n54\n\nder gemaß §§ 56, 61 SGB X, § 126 BGB der Schriftform bedarf.\n\n55\n\nb. Es kann offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen der\nSozialhilfetrager auf eine Anweisung oder Bitte des Berechtigten hin\nverpflichtet ist, einen diesem bewilligten Betrag an einen Dritten\nauszuzahlen. Denn zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des\nWiderspruchsbescheides fehlte es jedenfalls an einer wirksamen Weisung oder\nBitte der Klagerin, den ihr bewilligten Betrag auf das Konto der Beigeladenen\nauszuzahlen.\n\n56\n\nSelbst wenn die Klagerin, die Richtigkeit der Angaben der Beigeladenen\nunterstellt, zunachst mit der Beigeladenen die Auszahlung des\nTagespflegegeldes auf das Konto der Beigeladenen vereinbart und die\nBeigeladene sodann in Abstimmung mit der Klagerin dem Beklagten eine Weisung\nbzw. Bitte zur Auszahlung des Tagespflegegeldes auf das Konto der Beigeladenen\nubermittelt hatte, hatte die Klagerin diese Weisung bzw. Bitte mit Einlegung\ndes Widerspruchs vom 24. Juli 1998 wirksam widerrufen.\n\n57\n\n2\\. Das materielle Recht gebietet es nicht, den fur die Prufung der\nRechtmaßigkeit des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Zeitpunkt\nvorzuverlagern - hier auf den Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides\nvom 28. Mai 1998.\n\n58\n\nWenn der Beklagte eine Modifizierung des der Klagerin als Tagespflegeperson\nzustehenden Anspruchs auf Bewilligung und Auszahlung des Tagespflegegeldes\nmittels eines mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsaktes vornimmt,\ndie Klagerin mithin auf die Moglichkeit des Widerspruchs gegen die zu ihren\nLasten ergangene Auszahlungsanordnung zu Gunsten der Beigeladenen verweist,\nhat er bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist abzuwarten, ob die Klagerin von\ndem ihr eroffneten Rechtsbehelf Gebrauch macht. Dies gilt umso mehr, als die\nKlagerin ihm gegenuber keine Erklarung abgegeben hat, die darauf schließen\nließe, auf die Einlegung dieses Rechtsbehelfs werde hinsichtlich der\nAuszahlungsbestimmung verzichtet. Auf eine eventuell der Beigeladenen\ngegenuber abgegebene Erklarung konnte er sich jedenfalls, wie aus den zu II.\n1. folgenden Ausfuhrungen hervorgeht, nicht berufen.\n\n59\n\nII. Ist die Auszahlungsanordnung zu Gunsten der Beigeladenen aufzuheben, steht\nder Klagerin ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Hohe von 1.036 DM aus\ndem Bewilligungsbescheid vom 28\\. Mai 1998 gegen den Beklagten zu. Diesem\nAnspruch kann der Beklagte nicht entgegenhalten, ihn durch Auszahlung des\nTagespflegegeldes in Hohe von 2.036 DM an die Beigeladene erfullt zu haben\n(1). Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass Erfullung durch Zahlung eines\nBetrages in Hohe von 1.436 DM durch die Beigeladene an die Klagerin\neingetreten ist (2).\n\n60\n\n1\\. Selbst wenn eine Vereinbarung der Klagerin und der Beigeladenen betreffend\ndie Auszahlung des Tagespflegegeldes auf das Konto der Beigeladenen zunachst\nvorgelegen und die Beigeladene die Weisung bzw. Bitte der Klagerin zur\nÄnderung der Auszahlung auf Wunsch der Klagerin dem Beklagten ubermittelt hat\n- die Richtigkeit der Angaben der Beigeladenen unterstellt - ist es dem\nBeklagten verwehrt, sich auf die rechtsvernichtende Einwendung der Erfullung\ndes Anspruchs der Klagerin durch Auszahlung an die Beigeladene (§ 362 Abs. 1\nund 2 BGB analog) zu berufen. Der Geltendmachung dieser Einwendung steht der –\nauch im offentlichen Recht anzuwendende - Grundsatz von Treu und Glauben (§\n242 BGB) entgegen. Der Beklagte verhalt sich widerspruchlich, wenn er\neinerseits in seinem Bewilligungsbescheid vom 28. Mai 1998 einen die Klagerin\nbelastenden Verwaltungsakt in Form einer Auszahlungsbestimmung zu Gunsten der\nBeigeladenen erlasst und ausdrucklich mit der angefugten Rechtsmittelbelehrung\nauf die Angreifbarkeit dieser Bestimmung durch die Klagerin hinweist,\nandererseits aber nicht abwartet, ob die Klagerin von der ihr eroffneten\nWiderspruchsmoglichkeit Gebrauch macht, sondern stattdessen direkt die\nAuszahlung vornimmt. Will der Beklagte namlich eine von der gesetzlichen\nRegelung abweichende - hier unterstellte - Vereinbarung unmittelbar zwischen\nTagespflegeperson und Kindesmutter betreffend die Auszahlung eines\nTagespflegegeldes durch Verwaltungsakt umsetzen und so den Anspruch der\nKlagerin modifizieren, hat er den sich hierdurch ergebenden\nverfahrensrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen. Die sofortige\nVollziehung der die Klagerin belastenden Regelung setzt eine hierauf\ngerichtete Anordnung gemaß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO voraus. Jedenfalls hatte es\naber dem Beklagten oblegen, eine Erklarung der Klagerin - ggf. auch\ntelefonisch - einzuholen, die hinsichtlich ihrer Eindeutigkeit und gewollten\nWirkung einem Rechtsbehelfsverzicht gleichgekommen ware. Dies gilt umso mehr,\nals die der Auszahlungsanordnung zugrunde liegende Annahme des Beklagten, die\nKlagerin habe eine Weisung bzw. Bitte zur Auszahlung des Tagespflegegeldes an\ndie Beigeladene erklart, allein auf den Angaben der Beigeladenen beruhte. Noch\nin dem Gesprach zwischen der Klagerin, der Beigeladenen und der Zeugin A. -L.\nam 23\\. April 1998 hatte die Klagerin, wie sie und die Beigeladene\nubereinstimmend vortragen, ihre Kontoverbindung angegeben und damit gegenuber\ndem Beklagten ihren Willen dokumentiert, selbst das Tagespflegegeld in Empfang\nnehmen zu wollen.\n\n61\n\n2\\. Es kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht\nund durch den Senat sowie der informatorischen Befragung der Klagerin und der\nBeigeladenen vor dem Verwaltungsgericht und im Erorterungstermin ferner nicht\nfestgestellt werden, dass der streitbefangene Teilbetrag in Hohe von 1.036 DM\ndes der Beigeladenen ausgezahlten Tagespflegegeldes durch diese an die\nKlagerin weitergeleitet und damit die Forderung der Klagerin in entsprechender\nAnwendung der §§ 362 Abs. 1, 267 Abs. 1 BGB erfullt worden ist (a). Die\nUnaufklarbarkeit der fur die Antwort auf die Frage nach einer Erfullung durch\nWeitergabe durch die Beigeladene erheblichen Tatsachen geht zu Lasten des\nBeklagten (b).\n\n62\n\na. Eine Übergabe des in Rede stehenden Geldbetrages durch die Beigeladene im\nJuni 1998 stellt die Klagerin in Abrede. Die Aussage der Zeugin Z. sowie die\nAusfuhrungen der Beigeladenen, die die Übergabe eines Betrages in Hohe von\n1.436 DM an die Klagerin im Juni 1998 bestatigen, sind nicht glaubhaft.\n\n63\n\nDie Zeugin Z. erklart zwar, die Übergabe eines Betrages in Hohe von 1.436 DM\ndurch die Beigeladenen an die Klagerin beobachtet zu haben. Die Aussage weist\nim Übrigen aber erhebliche Ungereimtheiten auf. So zog die Zeugin zu Beginn\nihrer Vernehmung auch die Moglichkeit in Betracht, die Tochter der\nBeigeladenen habe der Klagerin die Tur geoffnet. Dies hatte nach der weiteren\nDarstellung der Zeugin Z. aber allein die Tochter der Beigeladenen namens D.\nsein konnen, die seinerzeit erst ca. 1 Jahr alt und damit nicht in der Lage\nwar, die Klagerin hereinzulassen. Im Übrigen blieb die Aussage der Zeugin\nselbst auf wiederholte Nachfragen und Vorhalte, das Geschehen in Einzelheiten\nund Details zu berichten, uberaus knapp und zielorientiert auf die\nGeldubergabe ausgerichtet. Bemerkenswert war auch, dass die Zeugin Z. auf die\nFrage, ob sie etwas zum Hintergrund dieser Zahlung erfahren habe, einerseits\nvehement vortrug, das alles habe sie nicht interessiert. Andererseits wollte\nsie jedoch die Auszahlung konkret des Betrages von 1.436 DM in Erinnerung\nbehalten haben. Bezuglich der Erinnerung an diesen Betrag schwankten uberdies\ndie Angaben der Zeugin im Laufe der weiteren Vernehmung. Auf Nachfrage, woher\nsie wisse, dass es genau 1.436 DM gewesen seien, erklarte sie zunachst, doch\ndabei gewesen zu sein. Dies relativierte sie dann jedoch, indem sie darauf\nverwies, dass dieser Betrag in dem Anschreiben des Gerichts gestanden habe.\nWenn darin der Betrag nicht gestanden hatte, hatte sie vielleicht gesagt, es\nseien 1.400 DM gewesen. Wahrend diese Aussage zu Protokoll genommen wurde,\nruckte die Zeugin hiervon wiederum ab und sah sich in der Lage, exakt\nanzugeben, dass es 1.436 DM gewesen seien und zwar 100-Mark-Scheine, ein\n20-Mark- Schein, ein 10-Mark-Schein, ein 5-Mark-Stuck und ein Markstuck. Auf\ndie Frage, warum sie sich nach drei Jahren noch so genau an die Stuckelung\nerinnere, vermochte sie eine nachvollziehbare, sich aus der Situation oder dem\nFolgegeschehen schlussig ergebende Antwort nicht zu geben. Sie erklarte, zu\nwissen, wie ein 1000-Mark-Schein aussehe und wie ein 100-Mark-Schein aussehe,\nsie habe doch am Tisch gesessen und habe es gesehen; der Vorgang beim\nVorrechnen sei auch viel langer, wenn 100-Mark-Scheine hingelegt wurden.\n\n64\n\nDie Beigeladene bestatigt zwar wie die Zeugin grundsatzlich die Geldubergabe.\nÜber dieses Kerngeschehen hinaus weisen indes die Aussage der Zeugin Z. und\ndie Erklarung der Beigeladenen hinsichtlich des Ablaufs des Treffens und der\nDauer deutliche Abweichungen auf. Wahrend die Beigeladene erklarte, die\nKlagerin sei ca. eine Dreiviertelstunde geblieben, gab die Zeugin Z. an, sie\nsei lediglich eine Viertelstunde geblieben. Auf den Vorhalt der Angabe der\nBeigeladenen korrigierte die Zeugin ihre Aussage nicht, sondern verwies\ndarauf, dass sich die Beigeladene mit der Klagerin vielleicht draußen noch vor\nder Tur unterhalten habe. Die Beigeladene schilderte den Ablauf des Besuchs\ndahingehend, die Zeugin Z. sei bei ihr gewesen, als die Klagerin gekommen sei,\nsie – die Beigeladene - habe dann Kaffee gekocht und sich, als der Kaffee\nfertig gewesen sei, zu den beiden gesetzt. Die Zeugin Z. dagegen erklarte, zu\nder Zeit, als die Klagerin gekommen sei, habe sie bereits mit der Beigeladenen\ngemeinsam Kaffee getrunken. Die Beigeladene habe dann nur fur die Klagerin\neine Tasse geholt, so dass man dann zu Dritt Kaffee getrunken habe.\n\n65\n\nDiese Abweichungen lassen sich nicht allein mit einem Zeitablauf von nunmehr\nca. drei Jahren erklaren, zumal weder die Beigeladene noch die Klagerin sich\ndiesbezuglich auf Erinnerungslucken berufen haben. Denn beide haben noch im\nJahr 1998 Kenntnis davon erlangt, dass es im Zusammenhang mit der Auszahlung\ndes Tagespflegegeldes Unstimmigkeiten gab und die Klagerin den von der\nBeigeladenen und der Zeugin Z. geschilderten Vorgang der Geldubergabe in\nAbrede stellt. Die Auszahlung des Tagespflegegeldes in Hohe von 2.036 DM\nbestatigte die Beigeladene sowohl am 2. September 1998 mit ihrer schriftlichen\nErklarung gegenuber dem Jugendamt als auch nochmals ausdrucklich mit\nschriftlicher Erklarung vom 2\\. November 1998. An diesem Tag erschien auch die\nZeugin Z. bei dem Jugendamt des Beklagten und bestatigte die Aussage der\nBeigeladenen. Daher musste fur beide diesem Sachverhalt in ihrer Erinnerung\neine besondere Bedeutung zukommen.\n\n66\n\nDie Kontoauszuge der Beigeladenen schließlich belegen die Übergabe eines\nGeldbetrages in Hohe von 1.436 DM nicht, zumal die Beigeladene in dem Zeitraum\nvom 18. Juni bis zum 3. Juli 1998 drei Abhebungen in Hohe von 1.000 DM, 2.000\nDM und 1.300 DM getatigt hat.\n\n67\n\nb) Unter Beachtung der aus § 86 Abs. 1 VwGO folgenden umfassenden\nVerpflichtung des Verwaltungsgerichts, jede Moglichkeit der Aufklarung des\nSachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies fur die\nEntscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist,\n\n68\n\nvgl. BVerwG, z.B. Urteil vom 28\\. Februar 2001 - 8 C 10/00 -, Juris, Beschluss\nvom 26. August 1998 \\- 5 B 66/98 -, Juris und Urteil vom 26\\. August 1983 - 8\nC 76.80 -, BayVBl. 84, 87 f.,\n\n69\n\nsieht der erkennende Senat keine Moglichkeit fur weitere Ermittlungen zur\nKlarung der Frage der Übergabe eines Geldbetrages von 1.436 DM durch die\nBeigeladene an die Klagerin. Andere Zeugen, die Angaben zu dieser behaupteten\nGeldubergabe im Juni 1998 machen konnten, sind weder vom Beklagten oder der\nBeigeladenen benannt worden noch sonst ersichtlich. Weitere\nErkenntnismoglichkeiten zu diesem Geschehen bestehen nicht.\n\n70\n\nDie Frage, wer die Folgen dieser Unaufklarbarkeit zu tragen hat, beantwortet\nsich nach dem materiellen Recht. Hiernach gilt der Grundsatz, dass die\nUnerweislichkeit einer Tatsache zu Lasten des Beteiligten geht, der aus ihr\neine ihm gunstige Rechtsfolge herleiten will. Beruft sich damit ein\nVerfahrensbeteiligter, wie hier der Beklagte, mit der rechtsvernichtenden\nEinwendung der Erfullung auf eine Norm, die den durch eine "Grundnorm"\ngewahrten - gegen ihn gerichteten - Anspruch vernichtet, hindert oder hemmt,\nso trifft ihn fur das Vorliegen der insoweit erforderlichen Tatsachen die\nobjektive Beweislast.\n\n71\n\nVgl. z.B. BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 5 RJ 52/94 -, BSGE 80, 41;\nRedeker/von-Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., § 108 Rdnrn. 12\nff, jeweils m.w.N..\n\n72\n\nFur eine Beweislastumkehr besteht im vorliegenden Fall kein Anlass. Diese\nkonnte allenfalls in Betracht gezogen werden, wenn die Klagerin den\nBeweisnotstand der Beklagten verschuldet hatte.\n\n73\n\nVgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 \\- 5 RJ 52/94 -, a.a.O..\n\n74\n\nDavon kann indes auch fur den Fall nicht ausgegangen werden, dass die\nDarstellung des Beklagten und der Beigeladenen zutrifft, der zufolge die\nKlagerin zunachst eine Weisung oder Bitte zur Auszahlung des ihr bewilligten\nTagespflegegeldes an die Beigeladene erklart hat. Dabei ist zu\nberucksichtigen, dass der Beklagte mit der Auszahlung des Tagespflegegeldes an\ndie Beigeladene - trotz der eroffneten Widerspruchsmoglichkeit zugunsten der\nKlagerin gegen diese Auszahlungsanordnung - das Risiko einer "fehlerhaften"\nErfullung und damit auch das Risiko einer unterlassenen Weiterleitung des\nGeldes an die Klagerin eingegangen ist.\n\n75\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 188 Satz 2 VwGO.\n\n76\n\nDie Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167\nAbs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.\n\n77\n\nDie Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2\nVwGO nicht gegeben sind.\n\n78\n\n
302,173
olgk-2001-04-24-9-u-17400
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
9 U 174/00
2001-04-24
2019-03-12 17:37:12
2020-12-10 13:03:14
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2001:0424.9U174.00.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**Entscheidungsgr unde**\n\n2\n\nDie zulassige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begrundete\nBerufung hat in der Sache selbst keinen Erfolg.\n\n3\n\nDas Landgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Klagers gegen die\nBeklagte auf Freistellung wegen samtlicher in dem Verfahren 2 0 2140/98 LG\nNurnberg-Furth sowie in dem Berufungsverfahren 8 U 12/99 OLG Nurnberg\nentstandener Kosten verneint. Denn der Klager hat keinen Anspruch auf\nVersicherungsschutz nach § 1 ARB 75 aus der mit der Beklagten vereinbarten\nRechtsschutzversicherung.\n\n4\n\nEntgegen der Meinung des Landgerichts steht dem zwar nicht der\nRisikoausschluss nach § 4 Abs. 1 k ARB 75 entgegen. Danach ist das sogenannte\nBaurisiko, das heißt die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bauvorhaben des\nVersicherungsnehmers stehenden Rechtsstreitigkeiten, vom Versicherungsschutz\nausgenommen. Hierzu zahlen jedoch nicht solche Streitigkeiten, in denen das\nausgeschlossene Rechtsgebiet "Bauvorhaben" nur insofern eine Rolle spielt, als\nder Rechtsverstoß eines anderen auf diesem Gebiet dazu gefuhrt hat, dass der\nVersicherungsnehmer letztlich einen Schaden erleidet. Dann handelt es sich in\nder Regel nicht oder nicht primar um eine Interessenwahrnehmung aus dem\nausgeschlossenen Rechtsgebiet (Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB-\nKommentar, 5.Auflage, § 4 Rn. 11).\n\n5\n\nSo liegt der Fall hier. Der Klager nimmt in dem Verfahren vor dem LG Nurnberg-\nFurth, das in erster Instanz auf seine Berufung vor dem OLG Nurnberg zur\nAufhebung des angefochtenen Urteils und Zuruckverweisung gefuhrt hat, seine\nvormaligen Rechtsanwalte wegen angeblicher Schlechterfullung des\nAnwaltsvertrages in Zusammenhang mit der rechtlichen Beratung in\nBaustreitigkeiten in Anspruch. Ist aber sein behaupteter Schaden durch eine\nangeblich fehlerhafte Beratung auf einem in seinem Vertrag ausgeschlossenen\nRechtsgebiet eingetreten, beeinflusst dies die vertraglich vorgesehene\nVersicherungsdeckung fur die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches\nnicht (Harbauer,a.a.O., § 14 Rn. 27).\n\n6\n\nDie Beklagte ist aber leistungsfrei nach § 15 Abs. 1 d cc., Abs. 2 ARB 75 in\nVerbindung mit § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG.\n\n7\n\nDer Klager hat mehrfach seine Obliegenheit zur Abstimmung kostenauslosender\nMaßnahmen verletzt. Der Versicherungsnehmer hat vor kostenauslosenden\nMaßnahmen, wenn sie mangels Zeitdrucks ohne weiteres mit dem Versicherer\nabgesprochen werden konnen, diesen von den geplanten Maßnahmen zu\nunterrichten.\n\n8\n\nDemgegenuber hat der Klager ohne Unterrichtung der Beklagten am 9.3.1998 einen\nAntrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt und nach Abgabe des Verfahrens\nan das zustandige Gericht eine Anspruchsbegrundung eingereicht. Damit hat er\neine mit Kosten verbundene Maßnahme getroffen, wobei dies schon fur den Antrag\nauf Erlass des Mahnbescheides gilt (Harbauer, a.a.O., § 15 Rn. 20 m.w.N.).\nDenn damit war die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu erwarten. Der\nKlager musste mit dem Widerspruch des zunachst allein in Anspruch genommenen\nRechtsanwalts N. rechnen, der immerhin auf Zahlung von 100.000 DM nebst 11 %\nZinsen angegangen worden ist und der darauf folgenden Abgabe an das zustandige\nGericht auf den Antrag einer Partei nach § 696 Abs. 1 ZPO auf Durchfuhrung des\nstreitigen Verfahrens. Der Fall liegt nicht anders als im Fall der sofortigen\nKlageerhebung, die als kostenauslosende Maßnahme anerkannt ist (Prolss/Martin,\nVVG Kommentar, 26.Auflage, § 15 ARB 75 Rn. 7). Angesichts eines Streitwerts\nvon 100.000 DM fur das Mahnverfahren und das folgende streitige Verfahren\nsteht die Kostentrachtigkeit der Handlung außer Zweifel. Anhaltspunkte fur\neine besondere Eilbedurftigkeit der Angelegenheit bestehen nicht.\n\n9\n\nDiese objektive Obliegenheitsverletzung hat sich spater wiederholt. Der Klager\nhat namlich auch das nach Erlass der klageabweisenden erstinstanzlichen\nEntscheidung anhangig gemachte Berufungsverfahren nicht mit der Beklagten\nabgestimmt. Da die Deckungszusage des Versicherers jeweils nur fur eine\nInstanz gilt, ist die Abstimmung wegen eines Rechtsmittels erforderlich\n(Harbauer, a.a.O., § 15 Rn. 20). Eine derartige Bitte um Deckungsschutz ist\nnie erfolgt. Gegenteiliges hat der Prozessbevollmachtigte des Klagers auch auf\nNachfrage in der mundlichen Verhandlung vom 20.3.2001 nicht darlegen konnen.\n\n10\n\nSoweit eine derartige Bitte um Deckungsschutz erstmals mit der Klageschrift\nerfolgt ist, hat dies keine Bedeutung fur die bereits begangene\nObliegenheitsverletzung. Die Abstimmung soll dem Versicherer eine\nEinflussmoglichkeit auf kostenintensive Maßnahmen erhalten, die nach\nEinleitung dieser Maßnahmen gerade nicht mehr moglich ist.\n\n11\n\nDiese zweifach begangene objektive Obliegenheitsverletzung erfolgte mindestens\ngrob fahrlassig, soweit es die mangelnde Abstimmung des Klagers vor Einleitung\ndes Mahnverfahrens betrifft - und vorsatzlich, soweit es die fehlende\nAbstimmung der Prozessbevollmachtigten des Klagers wegen der Klage und des\nBerufungsverfahrens betrifft, wie sich aus der Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3\nSatz 1 VVG ergibt. Einen geringeren Schuldgrad hat der hierfur beweisbelastete\nKlager weder dargelegt noch bewiesen. Wie sich aus der Bitte um Deckungsschutz\nvom 3.7.1997 fur ein fruheres Verfahren ergibt, war dem Klager und auch seinen\nProzessbevollmachtigten Rechtsanwalte G., L. ##blob##amp; W. aus N. bekannt,\ndass der Klager eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hatte. Auch der\nKlager wusste deshalb, dass Deckungsschutz begehrt werden muss, wenn die\nVersicherung spater die Kosten des Rechtsstreites zahlen soll. Dass diese\nAbstimmung im Vorfeld erfolgen muss und nicht in einem Zeitpunkt, in dem die\nVersicherung keinerlei Einfluss mehr nehmen kann, muss unter den gegebenen\nUmstanden jedem einleuchten. Der Versicherungsnehmer, der eine solche\nnaheliegende Obliegenheit verletzt, handelt danach grob fahrlassig (Harbauer,\na.a.O., § 15 Rn. 28).\n\n12\n\nDiese unterlassene Abstimmung hat auch die Feststellung und den Umfang der\nVersichererleistung beeinflusst. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ARB 75 ist zu prufen,\ninwieweit aufgrund des jeweiligen Sachverhaltes bei rechtzeitiger Abstimmung\nErfolgsaussichten hatten bejaht werden mussen. Die Beklagte hat hierzu, ohne\ndass der Klager dem in ausreichend substantiierter Weise entgegengetreten ist,\nbereits in erster Instanz dargelegt, sie habe mangels Schlussigkeit fur den\nZahlungsantrag uber 100.000 DM keinen Kostenschutz gewahrt. Gleiches gilt fur\ndas sich anschließende Klageverfahren. Den Klagevortrag hat die Beklagte fur\nnicht ausreichend substantiiert erachtet. Soweit der Klager die gegenteilige\nAuffassung vertritt, kann dem nicht gefolgt werden. In der Tat war die\nKlagebegrundung zur jeweiligen Mandatierung der Anwalte N. und B. vollig\nunsubstantiiert, Angaben zu Zeit und Ort der angeblichen Empfehlungen des\nAnwaltes N. fehlen, hinsichtlich der Komplexe d., e. und f. der\nKlagebegrundung war vollig unklar, inwieweit ein Schaden des Klagers uberhaupt\nschon eingetreten war. Gleiches gilt fur den Vortrag zum Komplex f. Anderes\nergibt sich entgegen der Auffassung des Klagers auch nicht aus den\nAusfuhrungen des OLG Nurnberg im Berufungsverfahren auf Seite 13 des Urteils.\nWenn es dort heißt "Eine eigene Sachentscheidung des Senates ware nur dann\nsachdienlich, falls nur noch eine wenig umfangreiche Sachaufklarung ausstunde.\nDas ist hier jedoch nicht der Fall. Da das Vorbringen des Klagers nebst\numfangreichen Beweisangeboten bereits von Anfang an ohne weitere Prufung\nzuruckgewiesen wurde, bedarf der Rechtsstreit noch einer umfangreichen\nSachaufklarung.", so bedeutet dies nicht, dass das klagerische Vorbringen\nausreichend substantiiert war. Vielmehr bedeutet dies, dass das Landgericht -\nwas zuvor noch nicht geschehen war - zunachst zu prufen hatte, ob der Vortrag\nausreichend substantiiert war, gegebenenfalls im Rahmen der Sachaufklarung\nHinweise zu erteilen hatte und dann eventuell Beweis zu erheben hatte.\nWeiteres ist dieser Passage nicht zu entnehmen.\n\n13\n\nMangels ausreichenden Vortrages des Klagers dazu, aus welchem Grund dennoch\nDeckung zu bestatigen gewesen ware, liegt eine Beeinflussung der Feststellung\nund des Umfanges der Versichererleistung infolge fehlender Abstimmung vor.\n\n14\n\nDie Obliegenheitsverletzung betreffend die mangelnde Abstimmung fur das\nBerufungsverfahren erfolgte demgegenuber vorsatzlich. Einen geringeren\nVerschuldensgrad hat der hierfur nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG\ndarlegungspflichtige Klager nicht vorgetragen. Wenn der Prozessbevollmachtigte\ndes Klagers in erster Instanz in der Replik vom 30.3.2000 behauptet hat, das\nBestehen einer Rechtsschutzversicherung sei ihm erst "im Zuge des Verfahrens"\nbekannt geworden (Bl. 118), ergibt sich aus dem an die namliche Kanzlei\ngerichteten Schreiben der Beklagten vom 22.7.1997 (Bl. 282) das genaue\nGegenteil. Obwohl also das Bestehen der Rechtsschutzversicherung auch den\nProzessbevollmachtigten des Klagers bekannt war, haben diese aus\nunerfindlichen Grunden die elementare Bestimmung des § 15 Abs. 1 d cc. ARB 75\nverletzt.\n\n15\n\nSoweit die Abstimmung hinsichtlich des Berufungsverfahrens nicht erfolgt ist,\ndrangt sich ein vorsatzliches Handeln formlich auf. Obwohl die\nProzessbevollmachtigten des Klagers am 3.12.1998 offensichtlich erkannten,\ndass bislang kein Deckungsschutz eingeholt worden war und sie deshalb am\ngleichen Tag ein entsprechendes Schreiben an die Beklagte verfassten (Bl. 95),\nwurde fur die Berufung kein Deckungsschutz begehrt. Vielmehr wurde die\nBeklagte mit dem genannten Schreiben erstmals uber das laufende\n\n16\n\nVerfahren unterrichtet. Obwohl den Prozessbevollmachtigten des Klagers das in\njenem Verfahren am 26.11.1998 verkundete Urteil am 3.12.1998, also am Tag\nihres Schreibens an die Beklagte, ausweislich des Eingangsstempels dieser\nKanzlei auf der im hiesigen Verfahren eingereichten Urteilsausfertigung (Bl.\n33) zugestellt worden ist, erfolgte eine diesbezugliche naheliegende und\nerforderliche Information der Beklagten nicht. Vielmehr wurde aufgrund der\nBezugnahme auf in Kopie anliegende diverse Schriftsatze mit Ausnahme des\nUrteils, denen die Beklagte "den detaillierten Sachverhalt entnehmen" sollte,\nganz bewusst der Eindruck erweckt, es handele sich um ein noch offenes\nVerfahren. Gerade um der Beklagten das bereits verkundete Urteil nicht offen\nlegen zu mussen, ist offensichtlich nicht bereits zu diesem Zeitpunkt, was\nnahegelegen hatte, Deckungsschutz fur das Berufungsverfahren begehrt worden.\nDieses Verhalten ist nicht mehr nur grob fahrlassig, sondern vorsatzlich.\n\n17\n\nDieses Verhalten des Anwaltes ist dem Versicherungsnehmer zuzurechnen, weil\nder Anwalt entweder als sein Reprasentant gehandelt hat oder jedenfalls als\nsein Wissensvertreter entsprechend § 166 Abs. 1 BGB anzusehen ist (vgl. hierzu\nHarbauer, a.a.O. § 15 Rn 31 / 30 m.w.N.).\n\n18\n\nEiner Belehrung des Klagers uber die Folgen eines Verstoßes gegen § 15 Abs. 1\nd cc. ARB 75 bedurfte es nicht (Harbauer, a.a.O., § 15 Rn. 32), weil es sich\nbei der Abstimmungsobliegenheit um eine spontan zu erfullende Obliegenheit\nhandelt.\n\n19\n\nNach allem ist die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO\nzuruckzuweisen. Die Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit hat\nihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.\n\n20\n\nStreitwert fur das Berufungsverfahren und zugleich Beschwer des Klagers: bis\n35.000 DM\n\n
302,223
ovgnrw-2001-04-12-5-b-49201
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
5 B 492/01
2001-04-12
2019-03-12 17:38:29
2020-12-10 13:03:22
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2001:0412.5B492.01.00
## Tenor\n\nDer Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss\ndes Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 9. April 2001 wird abgelehnt.\n\nDer Antragsteller tragt die Kosten des Zulassungsverfahrens.\n\nDer Streitwert wird auch fur das Zulassungsverfahren auf 8.000,-- DM\nfestgesetzt.\n\nDer Beschluss soll den Beteiligten vorab per Fax bekannt gegeben werden.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist unbegrundet.\n\n3\n\n1\\. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der\nerstinstanzlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)\ngreifen nicht durch.\n\n4\n\nDas Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers,\n\n5\n\ndie aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 3. April 2001 gegen die\nVerbotsverfugung des Antragsgegners vom 3. April 2001 wiederherzustellen,\n\n6\n\nim Ergebnis zu Recht abgelehnt.\n\n7\n\nEs ist dabei der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts gefolgt. Nach\ndieser Rechtsprechung lasst sich eine rechtsextremistische Ideologie wie der\nNationalsozialismus unter dem Grundgesetz nicht - auch nicht mit den Mitteln\ndes Demonstrationsrechts - legitimieren; bei der Auslegung des Grundrechts der\nDemonstrationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 GG) ist dieser\nverfassungsimmanenten Beschrankung auch unterhalb der Schwelle\nstrafrechtlicher und verfassungsgerichtlicher Verbots- und\nVerwirkungsentscheidungen Rechnung zu tragen, so dass Versammlungen, die durch\nein Bekenntnis zum Nationalsozialismus gepragt sind, wegen Verstoßes gegen die\noffentliche Ordnung gemaß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (VersammlG)\nverboten werden konnen.\n\n8\n\nOVG NRW, Beschluss vom 23. Marz 2001 \\- 5 B 395/01 -.\n\n9\n\nDiese Rechtsprechung hat die 1. Kammer des Ersten Senats des\nBundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. Marz 2001 - 1 BvQ 13/01 -\nmit der Begrundung verworfen, die vom beschließenden Senat bejahte\nverfassungsimmanente Schranke gebe es nicht. Eine Grenze der Meinungsaußerung\nbildeten gemaß Art. 5 Abs. 2 GG die Strafgesetze, die zum Rechtsguterschutz\nausnahmsweise bestimmte geaußerte Inhalte untersagten. Daneben kamen\nzusatzliche verfassungsimmanente Grenzen der Inhalte von Meinungsaußerungen\nentgegen der Auffassung des beschließenden Senats nicht zum Tragen. Eine\nÄußerung aber, die nach Art. 5 Abs. 2 GG nicht unterbunden werden durfe, konne\nauch nicht Anlass fur versammlungsbeschrankende Maßnahmen nach Art. 8 Abs. 2\nGG sein.\n\n10\n\nNach dieser Bewertung des Bundesverfassungsgerichts fallen grundsatzlich auch\ndas offentliche Auftreten von Neonazis und die Verbreitung\nnationalsozialistischen Gedankengutes in offentlichen Versammlungen und\nAufzugen, soweit sie die Strafbarkeitsschwelle nicht uberschreiten, unter den\nSchutz des Grundgesetzes.\n\n11\n\nDer beschließende Senat teilt diese Auffassung nicht und halt die mit ihr\nverbundenen Konsequenzen fur problematisch. Vor dem Hintergrund der jungeren\ndeutschen Geschichte werden durch das offentliche Auftreten von Neonazis und\ndas Verbreiten entsprechenden Gedankenguts grundlegende soziale und ethische\nAnschauungen einer Vielzahl von Menschen - zumal der in Deutschland lebenden\nauslandischen und judischen Mitburger - in erheblicher Weise verletzt. Dieser\nBefund gilt nicht nur an Tagen mit gewichtiger Symbolkraft wie dem Holocaust-\nGedenktag, sondern an jedem Tag des Jahres. Dies ist ein wesentlicher Aspekt\nder Verfassungswirklichkeit im wiedervereinten Deutschland, den es bei der\nAuslegung und Anwendung der hier in Rede stehenden Normen zu berucksichtigen\ngilt. Der Hinweis der 1. Kammer des Ersten Senats des\nBundesverfassungsgerichts (a.a.O.) auf die vom Grundgesetz getroffenen\nVorkehrungen der Gefahrenabwehr als Ausdruck einer wehrhaften und streitbaren\nDemokratie tragt dem nicht hinreichend Rechnung. Die in Art. 9 Abs. 2, Art.\n18, Art. 21 Abs. 2 GG enthaltenen Regelungen dienen zwar auch dem Ziel, ein\nWiederaufleben des Nationalsozialismus zu verhindern. Angesichts der nahezu\nunuberwindbaren Hurden, die das Bundesverfassungsgericht insoweit aufgestellt\nhat, konnen jene Vorkehrungen in der Verfassungswirklichkeit jedoch nur in den\nseltensten Fallen ihre Schutzwirkung entfalten. Sie erweisen sich jedenfalls\nals ungeeignet, die mit dem Auftreten von Neonazis verbundenen - hier in Rede\nstehenden - Verletzungen grundlegender sozialer und ethischer Anschauungen\neiner Vielzahl von Menschen zu verhindern.\n\n12\n\nUnabhangig davon spricht vorliegend nach summarischer Prufung alles dafur,\ndass die angegriffene Verbotsverfugung rechtmaßig ist. Von der fur den\nOstermontag - ohne spateren Ausweichtermin - geplanten Versammlung in der Form\neines "Nationalen Ostermarsches" geht namlich nach aktueller Sachlage eine\nunmittelbare Gefahrdung der offentlichen Ordnung aus, die die erlassene\nVerbotsverfugung auch nach den Maßstaben der 1. Kammer des Ersten Senats des\nBundesverfassungsgerichts rechtfertigt.\n\n13\n\nDie offentliche Ordnung kann nach diesen Maßstaben betroffen sein, wenn einem\nbestimmten Tag ein in der Gesellschaft eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger\nSymbolkraft zukommt, der bei der Durchfuhrung eines Aufzuges an diesem Tage in\neiner Weise angegriffen wird, dass dadurch zugleich grundlegende soziale oder\nethische Anschauungen in erheblicher Weise verletzt werden.\n\n14\n\nBVerfG, Beschluss vom 26. Januar 2001 - 1 BvQ 9/01 -.\n\n15\n\nSo liegt der Fall hier. Das alljahrlich von Millionen von Menschen begangene\nOsterfest gilt als hochstes Fest der Christenheit und wird als Fest der\nHoffnung, des Lebens, des Friedens und der Versohnung gefeiert. Mit diesem\nCharakter des Osterfestes ist in einer christlich gepragten Gesellschaft die\nDurchfuhrung einer Versammlung mit erkennbar neonazistischem Geprage\nunvereinbar; sie wurde den religiosen Anschauungen einer Vielzahl von Menschen\nzuwiderlaufen und das sittliche Empfinden einer Vielzahl von Burgerinnen und\nBurgern in erheblicher Weise verletzen.\n\n16\n\nDass der Antragsteller und seine Versammlungen dem rechtsextremen Spektrum\nzuzuordnen sind, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 26.\nJanuar 2001 - 1 BvQ 9/01 - ausdrucklich bestatigt. Diese Einschatzung folgt\nuberdies aus zahlreichen Tatsachen: Der Antragsteller gehorte in den 80er\nJahren als sog. ANS-Sonderfuhrer dem Fuhrungskader der verbotenen,\nrechtsextremen Organisation "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale\nAktivisten" (ANS/NA) um den verstorbenen Neonazi Michael Kuhnen an, die sich\nunter dem Leitsatz "Durch Einheit zur nationalen Revolution" u.a. die\nAufhebung des NS-Verbots und Wiedereinfuhrung der NSDAP, Auslanderruckfuhrung\nund den Kampf fur ein unabhangiges, sozialistisches Großdeutschland zum Ziel\ngesetzt hatte.\n\n17\n\nUrteil des Landgerichts Stuttgart vom 15. Marz 1995 - 17 Kls 3/90 -, S. 14, 23\ndes Urteilsabdrucks.\n\n18\n\nTrotz des Verbots fuhrte der Antragsteller diese Organisation weiter fort und\nwurde deshalb und wegen weiterer einschlagiger Straftaten bisher mehrfach zu\nlangeren Freiheitsstrafen verurteilt.\n\n19\n\nVgl. Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 10. Oktober 1994 - 5/23 Kls 50\nJs 27125/88 -\n\n20\n\nIn den 90er Jahren gehorte der Antragsteller als stellvertretender\nVorsitzender der seit 1995 ebenfalls verbotenen rechtsextremen Organisation\n"Nationale Liste" (NL) an. Seit Jahren betatigt sich der Antragsteller\nschließlich als fuhrender Aktivist im sog. Nationalen Widerstand, der sich zu\neinem Sammelbecken fur gewaltbereite Neonazis aus der verbotenen FAP, der NPD,\nder Skinhead-Szene und den sog. freien Kameradschaften entwickelt hat. Im\nbereits zitierten Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. Oktober\n1994, S. 38 des Urteilsabdrucks, wird der Antragsteller uberdies als\n"unbelehrbarer Überzeugungstater, der seine nationalsozialistische Gesinnung\nnie abgelegt hat", eingestuft. Der Verfassungsschutzbericht des Landes\nNordrhein- Westfalen 1999, S. 81, 97, qualifiziert den Antragsteller als\nbundesweit agierenden Neonazi. Die nationalsozialistische Gesinnung des\nAntragstellers ist ferner in zahlreichen von ihm initiierten Veranstaltungen\nzum Ausdruck gekommen, worauf der Antragsgegner in seiner Verbotsverfugung zu\nRecht hinweist und wie dem Senat im Übrigen aus anderen Verfahren hinlanglich\nbekannt ist. Den Umfang dieser Aktivitaten bestatigt der Antragsteller selbst,\nindem er in seiner Antragsbegrundung vom 3\\. April 2001 darauf hinweist, dass\ner seit dem Sommer 2000 in verstarktem Maße als Veranstalter, Anmelder und\nLeiter von Demonstrationen in Erscheinung getreten ist.\n\n21\n\nBei der Bewertung der geplanten Versammlung hat der Antragsgegner uberdies zu\nRecht berucksichtigt, dass Versammlungsteilnehmer bei den vom Antragsteller\ninitiierten Veranstaltungen in der Vergangenheit wiederholt durch einschlagige\nStraftaten (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und\nMeinungsbekundungen mit eindeutig nationalsozialistischem Bezug (z.B.\nSkandieren der Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS") aufgefallen sind. Auch\ndie Resonanz, die die Versammlungen des Antragstellers auf\nrechtsextremistischen Internet-Seiten finden, und der ausschließlich dem\nrechtsextremistischen Spektrum angehorende Kreis der Versammlungsteilnehmer\nbestatigen die Einschatzung, dass die geplante Versammlung ein neonazistisches\nGeprage aufweist. Dass der Zweck der Versammlung in der Öffentlichkeit auch in\ndiesem Sinne wahrgenommen wird, belegen schließlich die zahlreichen\nPresseveroffentlichungen im Vorfeld einer jeden vom Antragsteller geplanten\nAktion.\n\n22\n\nVor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass die geplante Versammlung\nden Frieden des Osterfestes nachhaltig storen und das sittliche Empfinden\nzahlloser Burgerinnen und Burger erheblich verletzen wurde. Eine Verschiebung\nder Veranstaltung auf einen Termin nach dem Osterfest wurde dem Sinn und Zweck\ndes vom Antragsteller geplanten "Nationalen Ostermarsches" zuwiderlaufen.\nDementsprechend hat denn auch der Antragsteller das Angebot des Antragsgegners\nzu einem Kooperationsgesprach uber den konkreten Versammlungstermin abgelehnt.\nDamit ist hier auch nach den Maßstaben der 1. Kammer des Ersten Senats des\nBundesverfassungsgerichts (a.a.O.) das vom Antragsgegner verfugte\nVersammlungsverbot gerechtfertigt.\n\n23\n\nEbenso wie in dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.\nJanuar 2001 - 1 BvQ 9/01 - zu Grunde liegenden Fall kann hier der\nunmittelbaren Gefahrdung der offentlichen Ordnung nicht durch ein milderes\nMittel begegnet werden.\n\n24\n\n2\\. Die geltend gemachten Zulassungsgrunde der grundsatzlichen Bedeutung und\nder Divergenz (§ 146 Abs. i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO) greifen\nebenfalls nicht durch, da sich die Verbotsverfugung auch auf der Grundlage der\nzitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als rechtmaßig erweist.\n\n25\n\n3\\. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.\n\n26\n\nDie Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1\nund 3 GKG.\n\n27\n\nDieser Beschluss ist gemaß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.\n\n28\n\n
302,348
vg-dusseldorf-2001-03-29-7-l-81001
842
Verwaltungsgericht Düsseldorf
vg-dusseldorf
Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
7 L 810/01
2001-03-29
2019-03-12 17:41:40
2020-12-10 13:03:40
Beschluss
ECLI:DE:VGD:2001:0329.7L810.01.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird zuruckgewiesen.\n\nDie Antragstellerin tragt die Kosten des Verfahrens.\n\nDer Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,00 DM festgesetzt.\n\n \n1\n\nGrunde:\n\n2\n\nDer Antrag,\n\n3\n\n1.\n\n4\n\nfestzustellen dass das Impfverbot gemaß § 2 der Verordnung zum Schutz gegen\ndie Maul- und Klauenseuche (MKS-Verordnung) vorlaufig nicht beachtet werden\nmuss, sowie\n\n5\n\n2.\n\n6\n\n3.\n\n7\n\nden Antragsgegner zu verpflichten, der xxxxxxxx, xxxxxxxxxxxxxxxxxxx,\nxxxxxxxxxx, als zugelassener Stelle zur Herstellung von MKS-Impfstoffen gemaß\nAnhang A der Richtlinie des Rates vom 18.11.1985 zur Einfuhrung von Maßnahmen\nder Gemeinschaft zur Bekampfung der Maul- und Klauenseuche (85/511/EWG) zu\ngestatten, Impfstoff zur Impfung der Maul- und Klauenseuche an die\nAntragstellerin zwecks Impfung der im Bestand der Antragstellerin gehaltenen\nRinder herauszugeben,\n\n8\n\n4.\n\n9\n\nhat keinen Erfolg.\n\n10\n\nDer Antrag zu 1. ist unbegrundet. Er ware, wenn man ihn wortlich nahme,\nunzulassig. Nach seiner Formulierung und der dazu gegebenen Begrundung ist er\ndarauf gerichtet, die Unwirksamkeit der Vorschrift des § 2 der Verordnung zum\nSchutz gegen die Maul- und Klauenseuche (MKS-Verordnung) festzustellen. Die in\ndem Antrag gemachte Einschrankung, dass nur die vorlaufige Nichtanwendbarkeit\nfestgestellt werden soll, ist allein damit zu erklaren, dass es sich\nvorliegend um ein Verfahren des vorlaufigen Rechtsschutzes handelt, andert\naber nichts daran, dass der Antrag auf die Feststellung der Unwirksamkeit der\nVorschrift gerichtet ist. Selbst im Klageverfahren konnte ein derartiger\nAntrag nicht gestellt werden. Gemaß § 43 Abs. 1 VwGO kann, was hier allein in\nBetracht kommt, die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines\nRechtsverhaltnisses begehrt werden. Bei der Feststellung der Unwirksamkeit\neiner Rechtsnorm geht es aber nicht um ein derartiges Rechtsverhaltnis.\n\n11\n\nVgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 43 Rdnr. 8.\n\n12\n\nEine auf eine derartige Feststellung gerichtete Klage liefe auf eine\nunzulassige Ausweitung des § 47 VwGO hinaus, welcher in Verbindung mit den\neinschlagigen landesrechtlichen Regelungen abschließend die Voraussetzungen\nfestlegt, unter denen uber die Gultigkeit einer im Rang unter dem Landesgesetz\nstehenden Rechtsnorm entschieden werden kann. Im Wege des hier allein\nbeantragten vorlaufigen Rechtsschutzes konnen weiter gehende Moglichkeiten der\n(vorlaufigen) Nichtigkeitsfeststellungen nicht gegeben sein.\n\n13\n\nDa aber einerseits nicht davon ausgegangen werden kann, dass die\nAntragstellerin einen unzulassigen Antrag stellen wollte, andererseits auch\nder Antrag zu 2. zur Auslegung heranzuziehen ist, legt die Kammer den Antrag\nzu 1. dahin aus, dass beantragt werden soll,\n\n14\n\nfestzustellen, dass die Antragstellerin berechtigt ist, ihren Bestand an\nRindern gegen die Maul- und Klauenseuche impfen zu lassen.\n\n15\n\nAus dem Antrag zu 2. ergibt sich, dass die Antragstellerin darum bemuht ist,\nihren Tierbestand impfen zu lassen. Da sie zugleich in der Antragsbegrundung\ndie Auffassung vertritt, § 2 der MKS-Verordnung sei unwirksam, ergibt sich die\nnunmehr gefundene Auslegung, die tatsachlich auf die Feststellung eines\nRechtsverhaltnisses im Sinne von § 43 VwGO gerichtet ist. Der so verstandene\nAntrag konnte auch gegen den Antragsgegner als oberste Landesbehorde gerichtet\nwerden, obwohl in erster Linie die Kreisordnungsbehorde, vgl. § 1 Abs. 5 des\nAusfuhrungsgesetzes zum Tierseuchengesetz (AG-TierSG-NW), das heißt hier der\nOberburgermeister der Stadt xxxxxxxxxx, vgl. § 3 Abs. 1 OBG, zum Einschreiten\nberufen ware. Das folgt bereits daraus, dass gemaß § 1 Abs. 4 AG-TierSG-NW der\nMinister im Einzelfall befugt ist, Aufgaben der nachgeordneten oder ihrer\nAufsicht unterstehenden Behorden wahrzunehmen, wenn Art oder Umfang einer\nSeuchengefahr dies erfordern. Es ist nahe liegend, dass eine derartige\nSituation hier gegeben ist. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, konnte\ndie Antragstellerin davon ausgehen, dass die nachgeordneten Behorden sich bei\neiner Stattgabe des gegen die oberste Landesbehorde gerichteten Antrages nicht\ndarauf berufen wurden, die Rechtskraft erstrecke sich nicht unmittelbar auf\nsie.\n\n16\n\nDer so verstandene Antrag ist jedoch unbegrundet. Die oberste Landesbehorde\nkann nicht durch gerichtlichen Beschluss dazu verpflichtet werden, das\nImpfverbot des § 2 MKS- Verordnung unbeachtet zu lassen. Das folgt daraus,\ndass dieses Impfverbot durch die einschlagigen Regelungen des ubernationalen\nEG-Rechts zwingend vorgeschrieben ist. Die Richtlinie des Rates vom 26. Juni\n1990 - 90/423/EWG - schreibt, unmittelbar an die Mitgliedstaaten gerichtet,\nvgl. Art. 9, vor, dass diese in ihrem Hoheitsgebiet die bis dahin\ndurchgefuhrten Impfungen gegen die Maul- und Klauenseuche spatestens am 1.\nJanuar 1992 einstellen. Die von der Antragstellerin begehrte Feststellung\nwurde darauf hinauslaufen, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, diese die\nBundesrepublik Deutschland bindende Regelung des EG-Rechts zu missachten.\n\n17\n\nOb die soeben zitierte Bestimmung aus der EG-Richtlinie vom 26\\. Juni 1990\ngegen hoherrangiges EG-Recht verstoßt, konnte von dem erkennenden Gericht\nallenfalls mit dem Ergebnis gepruft werden, dass eine Vorabentscheidung des\nEuropaischen Gerichtshofes gemaß Art. 234 EGV beantragt wurde. Zu einer\nderartigen Vorlage ware das erkennende Gericht berechtigt, jedoch, weil es\nnicht in letzter Instanz entscheidet, nicht verpflichtet.\n\n18\n\nVgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 94 VwGO Rdnr. 21.\n\n19\n\nVon einer Vorlage sieht das Gericht hier angesichts der Kurze der zur\nVerfugung stehenden Zeit ab und fugt an, dass bei einer Prufung der Frage des\nVerstoßes gegen hoherrangiges EG-Recht auch der Umstand zu berucksichtigen\nware, dass das Verbot der Impfung gegen die Maul- und Klauenseuche nicht\nausnahmslos gilt. Vielmehr sieht Art. 16 der hier gleichfalls einschlagigen\nRichtlinie des Rates vom 18. November 1985 \\- 85/511/EWG - ein Verfahren vor,\nwelches in Ausnahmefallen auch dazu fuhren kann, dass Notimpfungen\ndurchgefuhrt werden konnen, deren Voraussetzungen wiederum in Art. 13 Abs. 3\nder zuletzt genannten EWG-Richtlinie aufgefuhrt sind. Bei einer Entscheidung\nnach diesem Verfahren ist gemaß Art. 13 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie\n85/511/EWG auch die „Notwendigkeit, spezielle Rassen zu schutzen" zu\nberucksichtigen. Es ist damit eine Ausnahme von dem generellen Impfverbot\nvorgesehen, die gerade das von der Antragstellerin vorgetragene Anliegen des\nErhalts der von ihr gezuchteten Rasse berucksichtigt. Im Verfahren uber die\nDurchfuhrung einer Notimpfung ist es moglich, der jeweiligen konkreten\nSituation Rechnung zu tragen und so Verstoße des Impfverbotes gegen\nhoherrangiges Recht zu vermeiden.\n\n20\n\nDer Antrag zu 2. ist unzulassig. An der isolierten Freigabe des von der\nAntragstellerin genannten Impfstoffes hat diese kein rechtlich schutzenswertes\nInteresse, solange eine Nichtbeachtung des Impfverbotes des § 2 der MKS-\nVerordnung nicht gegeben ist.\n\n21\n\nDie Stellung eines Antrages auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Anordnung\neiner so genannten Gebietsimpfung gemaß § 11 a der MKS-Verordnung hat die\nKammer nicht angeregt, weil nicht ersichtlich ist, dass ein derartiger Antrag\nErfolg haben wurde. Dabei mag zunachst unberucksichtigt bleiben, dass der\nAntragsgegner als oberste Landesbehorde nach dieser Vorschrift eine\nGebietsimpfung nur im Benehmen mit dem Bundesminister fur Ernahrung,\nLandwirtschaft und Forsten anordnen kann und dieser deshalb am Verfahren\nzumindest zu beteiligen ware. Ein auf die Durchfuhrung einer Gebietsimpfung\ngerichteter Antrag musste aber deshalb erfolglos bleiben, weil es sich bei der\nEntscheidung uber die Anordnung einer Gebietsimpfung nach dem Wortlaut des §\n11 a der MKS-Verordnung um eine Ermessensentscheidung handelt, die zudem alle\nRinder in dem fraglichen Gebiet betreffen wurde. Wenn man zu Gunsten der\nAntragstellerin in rechtlicher Hinsicht davon ausgeht, dass ein Anspruch auf\ndie Anordnung einer derartigen Gebietsimpfung gegeben sein kann, so lasst sich\nnicht feststellen, dass das Ermessen des Antragsgegners auf die Anordnung\neiner derartigen Gebietsimpfung reduziert ware. Es kann insbesondere nicht\nausgeschlossen werden, dass andere Tierhalter, welche Tiere einer weniger\nseltenen Rasse zur bloßen Fleischproduktion halten, eine andere Interessenlage\nhaben, als sie die Antragstellerin fur sich dargelegt hat. Insbesondere musste\nin die Ermessenserwagung auch einfließen, dass geimpfte Tiere gemaß § 11 a\nSatz 3 Nr. 2 der MKS- Verordnung fur die Dauer von 12 Monaten grundsatzlich\nnicht aus dem Impfgebiet verbracht werden durfen. In dem komplexen Gefuge der\nzu berucksichtigenden Gesichtspunkte in dem vorliegenden Verfahren auf\nGewahrung einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, dass nur die von der\nAntragstellerin angestrebte Entscheidung die einzig richtige ware, durfte\ndeshalb auch auf einen entsprechenden Antrag hin nicht moglich sein.\n\n22\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.\n\n23\n\nDer Streitwert wurde gemaß §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG fur jeden der beiden\nAntrage in Hohe des halben Regelwertes festgesetzt.\n\n
302,593
lsgnrw-2001-03-07-l-11-ka-15099
799
Landessozialgericht NRW
lsgnrw
Nordrhein-Westfalen
Sozialgerichtsbarkeit
L 11 KA 150/99
2001-03-07
2019-03-12 17:48:36
2020-12-10 13:04:17
Urteil
ECLI:DE:LSGNRW:2001:0307.L11KA150.99.00
## Tenor\n\nDie Berufung der Klager gegen das Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf vom\n30.06.1999 wird zuruckgewiesen. Die Klager haben die außergerichtlichen Kosten\nder Beklagten auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht\nzugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDie Klager beruhmen sich eines weiteren Honoraranspruchs fur das Quartal\nIII/1997 in Hohe von 154.720 DM.\n\n3\n\nDie Klager sind HNO-Ärzte und in D ... zur vertragsarztlichen Versorgung\nzugelassen. Die Beklagte berechnete das ihnen fur das Quartal III/1997\nzustehende Honorar in Hohe von 272.773,06 DM. Das Praxisbudget betrug fur das\nstreitige Quartal 2.249.646,8 Punkte bei 2932 budgetrelevanten Fallen; daneben\nwurden seitens der Beklagten die anerkannten Zusatzbudgets Allergologie\n(112.160 Punkte), Diagnostik von Schlafstorungen (14.020 Punkte),\notoakustische Emmissionen (30.844 Punkte), Otoneurologie (56.080 Punkte),\nPhoniatrie und Padaudiologie (56.080 Punkte), Psychosomatik, ubende Verfahren\n(11.216 Punkte) sowie Teilradiologie, Unfallchirurgie (95.336) zugrundegelegt.\nMit Ausnahme des Zusatzbudgets "Psychosomatik, ubende Verfahren" wurden von\nden Klagern alle Budgets deutlich uberschritten.\n\n4\n\nDie Entwicklung des Leistungsumfangs und der Honorarberechnung der Klager fur\ndie Quartale I/1997 bis II/1998 stellt sie wie folgt dar:\n\n5\n\nMit ihrem Widerspruch gegen den Honorarbescheid fur das Quartal III/1997\ntrugen die Klager im wesentlich vor, der Bewertungsausschuss habe durch die\nVereinbarungen der Praxisbudgets den Rahmen seiner gesetzlichen Legitimation\nverlassen, indem er eine gravierende Systemkorrektur und eine weitreichende\nMengenbegrenzung vorgenommen habe. Dies habe zur Folge, dass jeder Arzt\nnunmehr gezwungen sei, seine arztliche Tatigkeit und seine Arztpraxis faktisch\nohne Gegenleistung zur Verfugung zu stellen, wenn er die Mengenbegrenzung\nerreiche. Fur derart gravierende Vergutungsveranderungen konne nicht der\nBewertungsausschuss, sondern nur der Gesetzgeber zustandig sein. Die sich aus\n§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V ergebende Leistungsbezogenheit der arztlichen\nVergutung werde aufgegeben. Fur die entsprechende Regelung im Einheitlichen\nBewertungsmaßstab (EBM) fehle es auch an einer verfassungsmaßigen\nRechtsgrundlage, denn § 85 Abs. 3 a) SGB V sei verfassungswidrig. Der einzelne\nVertragsarzt werde, ohne eine angemessene Vergutung zu erhalten, fur die\nErfullung offentlicher Interessen in Anspruch genommen. Durch die Einfuhrung\nder Praxisbudgets werde in das Recht der freien Berufswahl eingegriffen, wenn\ninsoweit dies dazu fuhre, dass Vertragsarzte dauerhaft unterhalb der\nKostendeckung arbeiten mussten. Es werde ebenfalls Art. 14 GG verletzt, wenn\nes einer Vertragsarztpraxis nicht mehr moglich gemacht werde, wirtschaftlich\narbeiten zu konnen. Letztlich liege auch eine Verletzung des\nGleichheitsgrundsatzes (Art. 3 GG) vor, wenn durch einen bundeseinheitlichen\nKostensatz Ungleiches gleich gemacht werde. Auch die Praxiskostensatze seien\nfur mehrere Arztgruppen falsch, was sich aus entsprechenden wissenschaftlichen\nUntersuchungen ergebe. Im Ergebnis fuhre das Konzept des Praxisbudgets dazu,\ndass die Behandlung der gesetzlich Krankenversicherten durch die Behandlung\nder ubrigen Patienten subventioniert werde.\n\n6\n\nMit Bescheid vom 25.08.1998 wies die Beklagte den Widerspruch der Klagerin\nzuruck und fuhrte im Einzelnen aus, der angefochtene Bescheid stehe im\nEinklang mit den fur die Abrechnung geltenden Regeln, wie sie sich\ninsbesondere aus dem Honorarverteilungsmaßstab der Kassenarztlichen\nVereinigung Nordrhein (HVM) ergaben.\n\n7\n\nIm Klageverfahren haben die Klager zur Begrundung Bezug genommen auf ihre\nAusfuhrungen und Begrundungen im Widerspruchsverfahren.\n\n8\n\nDie Klager haben beantragt,\n\n9\n\nden Honorarbescheid fur das Quartal III/1997 in der Fassung des\nWiderspruchsbescheides vom 25.08.1998 aufzuheben und die Beklagte zu\nverurteilen, sie neu zu bescheiden.\n\n10\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n11\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n12\n\nSie hat die Einfuhrung von Praxis- und Zusatzbudgets fur rechtmaßig gehalten.\n§ 87 Abs. 2 a) Satz 8 SGB V stelle eine ausreichende Ermachtigungsgrundlage\nfur die Budgetierung dar; die Budgetierungsregelung sei auch gleichzeitig mit\nder Ermachtigungsgrundlage in Kraft getreten. Im ubrigen habe der Gesetzgeber\ndamit nur die sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)\nergebende Rechtslage nachvollzogen. Die Einfuhrung von Praxis- und\nZusatzbudgets vermeide eine ubermassige Ausweitung der Menge der abgerechneten\nvertragsarztlichen Leistungen und stabilisiere damit den Punktwert. Es sei\nnicht erkennbar, dass dieser Steuerungseffekt auch durch ein milderes Mittel\nhatte erreicht werden konnen. Die streitige Regelung der Praxis- und\nZusatzbudgets sei auch nicht unverhaltnismaßig, denn Praxisbesonderheiten\nkonnten durch qualifikations- oder bedarfsabhangige Zusatzbudgets sowie\nErweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets bei einem besonderen\nVersorgungsbedarf berucksichtigt werden.\n\n13\n\nMit Urteil vom 30.06.1999 hat das Sozialgericht Dusseldorf die Klage\nabgewiesen. Zur Begrundung wird auf die Ausfuhrungen in den\nEntscheidungsgrunden Bezug genommen.\n\n14\n\nMit ihrer Berufung verfolgen die Klager ihr Begehren weiter. Sie nehmen\nzunachst Bezug auf ihren Vortrag im Widerspruchs- und Klageverfahren.\nErganzend fuhren sie aus, die Vorschrift des § 87 Abs. 2 a) Satz 8 SGB V konne\nnicht als Ermachtigungsgrundlage in Betracht kommen, da sie erst am 01.07.1997\nin Kraft getreten sei, jedoch der Bewertungsausschuss die streitige EBM-\nRegelung bereits im November 1996 und Marz 1997 beschlossen habe. Soweit das\nSozialgericht die angefuhrte Mengenausweitung als vernunftige Erwagung des\nGemeinwohls ansehe, konne damit ein Eingriff in die Berufsausubungsregelung\nnicht gerechtfertigt werden; es gebe keinerlei Nachweis dafur, dass eine\nsogenannte Mengenausweitung uberhaupt stattgefunden habe. Fur die Auffassung\ndes Sozialgerichts, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot durch massive\n"Gegenanreize" bedroht worden sei, hatte es zunachst nahegelegen, solche\nFormen von Unwirtschaftlichkeit durch geeignete, weniger einschneidende\nMaßnahmen zu sichern. Bei der Budgetregelung handele es sich auch nicht um\neine sehr differenzierte Regelung, da erfahrungsgemaß gerade qualifizierte und\nmit Praxisbesonderheiten versehene Praxen unter der Budgetregelung leiden\nwurden. In seiner Entscheidung vom 08.03.2000 habe das BSG lediglich einige\nAspekte der Praxisbudgets beruhrt. So fehle es in dieser Entscheidung etwa an\nAusfuhrungen zu dem Gesichtspunkt "mangelnde Regelungsbefugnis des\nBewertungsausschusses fur den EBM" sowie zur Verletzung der Berufsfreiheit\n(Art. 12 GG), des Eigentums (Art. 14 GG) und des Gleichheitsgrundsatzes (Art.\n3 GG). Letztlich seien die der Fallpunktzahlberechnung zugrunde gelegten\nKostensatze unzutreffend, wie sich aus dem KPMG-Gutachten ergebe. Deshalb habe\ndas Sozialgericht Munchen in mehreren Entscheidungen eine Überprufung der\nKostensatze gefordert.\n\n15\n\nDie Klager beantragen,\n\n16\n\ndas Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf vom 30.06.1999 abzuandern und nach\ndem Klageantrag zu erkennen.\n\n17\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n18\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n19\n\nSie halt das erstinstanzliche Urteil fur zutreffend.\n\n20\n\nDie Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der\nmundlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der\nStreitakten wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten -\nerganzend Bezug genommen.\n\n21\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n22\n\nDie zulassige Berufung der Klager ist unbegrundet. Das Sozialgericht hat die\nKlage zu Recht abgewiesen, da der Abrechnungsbescheid fur das Quartal III/1997\nrechtmaßig ist und somit die Klager nicht in ihren Rechten im Sinne von § 54\nAbs. 2 SGG verletzt.\n\n23\n\nDie Beklagte hat bei der streitigen Honorarberechnung der Klager die zum\n01.07.1997 eingefuhrten Bestimmungen des EBM uber die Praxisbugets zu Recht\nangewandt. Diese Vorschriften sind mit hoherrangigen Recht vereinbart (BSG\nUrteil vom 08.03.2000 - B 6 KA 7/99 R -).\n\n24\n\nDie Vorschrift des § 87 Abs. 2 a) Satz 8 SGB V stellt die gesetzliche\nErmachtigungsgrundlage fur die Einfuhrung der Praxisbudgets im EBM dar. Zwar\nhat der Bewertungsausschuss bereits mit Beschlussen vom 19.11.1996 und\n11.03.1997 den EBM insoweit neu gefasst, obwohl die Ermachtigungsgrundlage des\n§ 87 Abs. 2 a) Satz 8 SGB V erst am 01.07.1997 in Kraft getreten ist. Jedoch\nist es allein entscheidend, ob zu dem Zeitpunkt, in dem diese Beschlusse fur\ndie Honorarabrechnung des einzelnen Arztes Wirksamkeit erlangten, eine\nhinreichend bestimmte gesetzliche Ermachtigungsgrundlage vorlag (BSG a.a.O.).\nDas war fur das Quartal III/1997 der Fall.\n\n25\n\nEntgegen der Ansicht der Klager wird durch die Einfuhrung der Praxisbudgets\nauch die Verhinderung einer sogenannten Mengenausweitung erreicht. Denn eine\nBegrenzung der Punktmenge fuhrt zu einer Stabilisierung des Punktwertes und\nnimmt damit den Anreiz, uber eine Steigerung des Leistungsvolumens im Sinne\ndes sogenannten Hamsterradeffektes ein zumindest gleichbleibendes Einkommen zu\nerzielen. Die Einfuhrung des Praxisbudgets reduziert den Anreiz zur immer\nweiteren Vermehrung der abrechenbaren Leistungen, weil die Wahl des Arztes fur\ndie Leistungen des budgetierten Bereiches allein durch das Produkt aus\narztbezogener Fallpunktzahl und Zahl der Behandlungsfalle bestimmt wird.\nInsofern vermag der Senat auch durch die Einfuhrung der Praxisbudgets keinen\nrechtswidrigen Eingriff in die Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG zu sehen.\nDabei schließt sich der Senat nach eigener Prufung der Rechtsauffassung des\nBSG im Urteil vom 08.03.2000 ausdrucklich an.\n\n26\n\nGerade die Honorarentwicklung der Klager in den Quartalen I/1997 bis II/1998\nmacht deutlich, dass durch die streitige Budgetierungsregelung Eingriffe in\ndie Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG nicht einmal vorliegen. Der Vergleich\nder Quartale II/1997 und III/1997 zeigt, dass die Klager im Quartal III/1997\nbei einer gegenuber den Vorquartalen um rund 10 % geringeren Fallzahl und\neinem ebenfalls um 10 % geringeren Leistungsvolumen (Punktzahlanforderung) ein\nannahernd gleiches Honorar erwirtschaftet haben. Zwar ist es zutreffend, dass\nder der Honorarberechnung zugrundegelegte Faktor der Punktemenge im Quartal\nIII/1997 gegenuber dem Vorquartal nur 2,7 Millionen Punkte statt 4,2 Millionen\nPunkte betrug, jedoch wird damit auch deutlich, dass der vom Normgeber\ngewunschte Effekt einer Punktwertstabilisierung eingetreten ist. Denn im\nRahmen der anerkannten Budgets sind die Leistungen der Klager im streitigen\nQuartal mit 8,05 Pfennigen (Primarkassen) und 9,87 Pfennigen (Ersatzkassen)\nstatt vorher 5,97 Pfennigen und 7,65 Pfennigen vergutet worden, also\ndurchschnittlich um 30 % hoher. Das hat sogar dazu gefuhrt, dass die Klager im\nstreitigen Quartal bei einer um 10 % rucklaufigen Fallzahl und einer ebenfalls\num 10 % geringeren Punktzahlanforderung ein Honorar erhalten haben, dass nur\nrund 3 % unter dem Vorquartalshonorar lag. Dass die Klager durch die\nEinfuhrung des Praxisbudgets besser gestellt und begunstigt worden sind, also\ngerade nicht beschwert sind, zeigt auch die Gesamtbetrachtung der Übersicht\nder Seite 3) und der in den Verwaltungsakten vorhandenen Frequenztabellen und\nAbrechnungsbescheiden. Die Klager haben in den jeweiligen Sommerquartalen II\nund III der Jahre 1996 bis 1998 gleichbleibend Leistungen im Umfang von knapp\nunter 1.600 Punkten pro Fall (1.509 bis 1.590), in den jeweiligen\nWinterquartalen I und IV von knapp uber 1.600 Punkten pro Fall (1.621 bis\n1.650) erbracht. Diese sind ab dem Quartal III/1996 vergutet worden pro Fall\nmit 85,80 DM, 84,80 DM, 79,50 DM, 82,50 DM, 88,70 DM, 87,70 DM, 80,50 DM,\n87,90 DM, 92,60 DM und 86,20 DM (Quartal IV/1998). Im Quartal II/1997 ist ein\nLeistungsvolumen von 1.599 Punkten mit 82,50 DM, im Quartal III/1997 von 1.591\nPunkten aber mit 88,70 DM pro Fall vergutet worden. Auch der\nDurchschnittsfallwert der vier Quartale III/1996 bis II/1997 vor Einfuhrung\nder Praxisbudget liegt mit 84,40 DM niedriger als der Durchschnittsfallwert\nder vier Quartale III/1997 bis II/1998 nach Einfuhrung der Praxisbudget mit\n86,20 DM bei identischem Leistungsvolumen pro Fall. Bei der im Rahmen der\nFestsetzung des Gegenstandswertes erorterten Vorstellung der Klager, weitere\n1.934.000 Punkte mit einem mittleren Punktwert von 8 Pfennigen vergutet zu\nbekommen, wurde sich ein Durchschnittshonorar pro Fall von uber 141,-- DM\nerrechnen, das auch fur die Praxis der Klager realitatsfern liegt.\n\n27\n\nSoweit die Klager die Festsetzung des Praxisbudgets auch im Hinblick auf den\nnach Anlage 3 des EBM zu ermittelnden Kostensatzes fur die einzelnen\nFachgruppen beanstanden, laßt sich daraus - zumindest fur das streitige\nQuartal - eine Rechtswidrigkeit nicht herleiten. Denn bei Inkrafttreten der\nBestimmungen uber das Praxisbudget im Quartal III/1997 stand als\nDatengrundlage allein die Kostenstrukturanalyse der Honorarabteilung der\nKassenarztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Verfugung. Das von den Klagern\nangesprochene Gutachten der KPMG war hingegen zu diesem Zeitpunkt noch nicht\nabgeschlossen. Der Senat verkennt auch nicht, dass es sich bei der Analyse der\nHonorarabteilung der KBV lediglich um eine Auswertung von Sekundarquellen\nhandelt, weil einiges Datenmaterial nicht in ausreichendem Umfang zur\nVerfugung stand. So wurden Daten des Statistischen Bundesamtes, des\nZentralinstitutes der KBV, der Firma D ... sowie Daten verschiedener\nKreditinstitute zusammengefasst. Die Datenreprasentation wurde durch eine\nGewichtung der Angaben nach Umsatzklassen der Praxen erhoht, so dass eine\nausreichende Datenbreite durch diese Zusammenfuhrung erreicht werden konnte.\nDer Senat halt in Übereinstimmung mit den Ausfuhrungen von Prof. Dr. G ...,\nLehrstuhl fur Biometrie und medizinische Dokumentation der Universitat U., wie\nsie im wissenschaftlichen Gutachten vom 02.02.1997 niedergelegt sind, die\nStichproben unter Reprasentativitatsgesichtspunkten fur hinreichend\naussagekraftig und mithin - zumindest im Rahmen einer Anfangsregelung - fur\ndas streitige Quartal III/1997 fur verwendungsfahig.\n\n28\n\nDer Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Kostenstrukturanalyse der KBV -\nHonorarabteilung - wie es das Sozialgericht Munchen S 42 KA 873/98 annimmt -\nverbesserungsfahig ist, weil es auf diese Frage nicht ankommt. Es ist\nlediglich die Rechtmaßigkeit der EBM-Regelung fur das Quartal III/1997 zu\nbeurteilen und zu diesem Zeitpunkt lagen andere zumindest fur eine\nAnfangsregelung ausreichende Analysen und Gutachten nicht vor.\n\n29\n\nDie Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 183 und 193 SGG.\n\n30\n\nAnlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden, da die Voraussetzungen\ndes §§ 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.\n\n
302,627
olgk-2001-03-05-16-u-9300
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
16 U 93/00
2001-03-05
2019-03-12 17:49:49
2020-12-10 13:04:22
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2001:0305.16U93.00.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**E n t s c h e i d u n g s g r u n d e**\n\n2\n\nDas zulassige Rechtsmittel hat in der Sache teilweise Erfolg. Dem Klager steht\nein nicht verjahrter Minderungsanspruch in Hohe des titulierten Betrages gegen\nden Beklagten aufgrund des Gebrauchtwagenkaufs vom 17.03.1998 zu, da der VW\nTransporter eine nicht mehr funktionstuchtigen Motor und damit einen Fehler\naufwies, §§ 462, 459, 472 BGB.\n\n3\n\n1.\n\n4\n\nEin Gewahrleistungsanspruch des Klagers ist nicht bereits durch einen mundlich\nvereinbarten Gewahrleistungsausschluss ausgeschlossen, § 479 BGB. Der\nentsprechende Sachvortrag des Beklagten wurde in der Beweisaufnahme nicht\nbestatigt. Der Zeuge H. konnte sich nicht daran erinnern, dass anlasslich der\nVertragsverhandlungen uber Gewahrleistung oder deren Ausschluss gesprochen\nworden war.\n\n5\n\n2.\n\n6\n\nEin Mangel des Gebrauchtwagens liegt hier auch unter Berucksichtigung der\nBesonderheiten des Gebrauchtwagenkaufs gemaß § 459 Abs. 1 BGB vor. Der Motor\ndes sieben Jahre alten Fahrzeugs war namlich nach den Feststellungen des\nSachverstandigen M. nicht mehr funktionstauglich. Dieser Zustand beruhte nicht\nauf ublichem Verschleiß, sondern ging deutlich uber gewohnliche\nVerschleißerscheinungen hinaus, wie der Sachverstandige auf Frage des\nBeklagten bestatigt hat.\n\n7\n\nNach Ansicht des Senats stellt eine Funktionsuntauglichkeit des Motors, die\nnach kurzer Fahrleistung zum volligen Ausfall des Motors fuhrte, jedenfalls\ndann auch bei einem Gebrauchtwagen einen Mangel dar, wenn dieses Fahrzeug\ndeutlich unter 10 Jahre alt und zu einem Preis veraußert wurde, der als\nGegenleistung ein fahrtaugliches KfZ erwarten lasst. So sind auch bei einem\nGebrauchtwagen Mangel, die aufwendige Reparaturen erfordern, als Fehler im\nSinne des § 459 Abs. 1 BGB anzusehen, wenn sich dies aus der Relation zu Alter\ndes Fahrzeugs, Zahl der gefahrenen Kilometer und Kaufpreis ergibt (vgl.\nMunchKomm/Westermann, BGB, 3. Auflage, § 459 Rz. 38; ebenfalls zum\nFehlerbegriff beim Gebrauchtwagenkauf beispielsweise OLG Karlsruhe, NJW - RR\n88, 1138). Das ist hier bei einem 7 Jahre alten Fahrzeug mit einer\nLaufleistung von 110.000 Kilometern bei einem Kaufpreis von 12.900,00 DM der\nFall. Angesichts dieser Umstande kann der Kaufer damit rechnen, dass ihm ein -\njedenfalls fur einen nennenswerte Zeit - fahrtaugliches Fahrzeug ubereignet\nwird.\n\n8\n\nDie Schadhaftigkeit des Motors folgt aus den uberzeugenden Ausfuhrungen des\nSachverstandigen in Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen C.. Die\ntechnischen Feststellungen, die der Sachverstandige M. an den bei dem Klager\nnoch vorgefundenen restlichen Motorteilen getroffen hat, passen zu den\nBeobachtungen des Zeugen, die dieser bei der ersten Fahrt mit diesem Fahrzeug\nsowie bei der anschließenden Reise nach P. machen konnte. Der Senat hat keine\nZweifel, dass der von dem Sachverstandigen vorgefundene Zylinderkopf sowie die\nzwei Dichtungen, Gluhkerzen, Lichtmaschine und weitere Kleinteile dem Motor\ndes verkauften Fahrzeugs zuzuordnen sind. Dies hat der Sachverstandige\nuberzeugend dargelegt. Zum einen entspricht der Zylinderkopf dem Motortyp des\nin Rede stehenden Fahrzeugs, zum anderen weist der Zylinderkopf eine in\ndeutschen Werkstatten langst nicht mehr praktizierte Schweißung auf, die sich\njedoch nahtlos mit der von dem Zeugen C. geschilderten Reparatur in P. in\nEinklang bringen lasst. Schließlich passen auch die vom Sachverstandigen\nfestgestellten Schaden, namlich Undichtigkeit und Verbrennungsstorungen am\nZylinderkopf, die schließlich zum Ausfall des Motors fuhrten, zu den\nSchilderungen des Zeugen uber Rauchentwicklung wahrend der Fahrt.\n\n9\n\nAndere Schadensursachen, wie eine falsche Fahrweise des Klagers oder die in\nD./P. durchgefuhrte Reparatur am\n\n10\n\nZylinderkopf konnte der Sachverstandige aus technischer Sicht ausschließen.\nDiese Bewertung wird auch nicht widerlegt durch das Ergebnis der ASU vom\n19.03.1998 (Bl. 15 GA), da - so der Sachverstandige - die dort angegebene\nPruftemperatur tatsachlich nicht erreicht wurde. Auch konnte der\nSachverstandige ausschließen, dass die schadensursachliche Undichtheit erst\nspater, d. h. nach Übergabe des Fahrzeugs eingetreten ist.\n\n11\n\nWegen dieses Fehlers - Funktionsuntuchtigkeit des Motors - kann der Klager\nMinderung des Kaufpreises verlangen, die sich nach § 472 BGB bemisst. Der\nKlager hat hierzu unbestritten in erster Instanz vorgetragen - gegenteiliges\nist im ubrigen auch nicht erkennbar -, dass der gezahlte Kaufpreis dem\nVerkehrswert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufvertrages entsprach. Als\nMinderwert der Kaufsache sind dann die Reparaturkosten anzusetzen (vgl. dazu\nPalandt/Putzo, 60\\. Auflage, § 472 Rz. 8). Der Sachverstandige hat diese\nReparaturkosten mit 3.628,48 DM brutto angegeben, wobei er vom Ankauf eines\ngebrauchten Motors mit derselben Laufleistung ausgegangen ist, so dass ein\nzusatzlicher Abzug "neu fur alt" nicht mehr erforderlich ist.\n\n12\n\nDer vom Beklagten behauptete Sachvortrag, die Parteien hatten sich spater uber\ndiesen Mangel verglichen, indem durch Zahlung von 700,00 DM durch den\nBeklagten samtliche weiteren Gewahrleistungsrechte abgegolten sein sollten,\nhat sich nicht bestatigt. Der hierzu vernommene Zeuge D. hatte keinerlei\nErinnerung mehr an eine entsprechende Vereinbarung.\n\n13\n\nEntgegen der Ansicht des Beklagten sind auch die gezahlten 700,00 DM nicht von\ndem Minderungsbetrag in Abzug zu bringen. Der Beklagte hat schon nicht\nschlussig vorgetragen, dass die Zahlung als Tilgung eines moglichen\nMinderungsanspruches erfolgt ist, vielmehr behauptet er selbst, diesen Betrag\nzur Erstattung der in P. erforderlichen Reparaturkosten gezahlt zu haben. Im\nubrigen hat der Zeuge D. - wie gezeigt - dies bei seiner Vernehmung nicht\nbestatigt.\n\n14\n\n3.\n\n15\n\nDer Minderungsanspruch ist nicht verjahrt. Die hier geltende sechsmonatige\nVerjahrungsfrist (§§ 477, 187 BGB), die am 18.03.1998 begonnen hatte, war am\n18.09.1998 abgelaufen. Sie ist jedoch gemaß § 209 BGB durch Klagezustellung am\n2.11.1998 unterbrochen. Zwar ist die Klagezustellung rund 7 Wochen nach dem\nAblauf der Verjahrungsfrist nicht mehr im zeitlichen Rahmen einer ganz\ngeringfugigen Verzogerung, die noch als "demnachstige Zustellung" gesehen\nwerden kann, § 270 Abs. 3 ZPO. Fur eine Zustellung "demnachst" im Sinne dieser\nVorschrift ist erforderlich, dass diese innerhalb einer nach den Umstanden\nangemessenen, selbst langeren Frist erfolgt, sofern die Partei oder ihr\nProzessbevollmachtigter unter Berucksichtigung der Gesamtsituation alles\nzumutbare fur die alsbaldige Zustellung getan hat. Es darf kein nachlassiges,\nauch kein leicht fahrlassiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfugigen\nZustellungsverzogerung beigetragen haben (vgl. BGH, NJW 92, 1820; NJW 93,\n2615; 91, 1745). Das ist hier der Fall. Die Klage ist am 3.09.1998 in\nordnungsgemaßer Form eingereicht worden, mithin noch vor Ablauf der\nVerjahrung. Einer nachfolgenden Zustellung stand nichts im Wege. Zur\nsofortigen Zahlung des Gerichtskostenvorschusses war der Klager nicht\nverpflichtet. Vielmehr kann er die Anforderung zur Zahlung des Vorschusses\ndurch das Gericht abwarten (vgl. Zoller/Greger, ZPO, 22. Auflage, § 270, Rz. 8\nm. w. N.). Die Anforderung des Vorschusses erfolgte am 7.09.1998 und ging dem\nProzessbevollmachtigten des Klagers am 9.09.1998 zu. Eine Mitarbeiterin im\nBuro des Prozessbevollmachtigten hat so dann durch Überweisungsauftrag\ngegenuber der Bank des Prozessbevollmachtigten am 14.09.1998 den\nÜberweisungsauftrag fur die Gerichtskasse weitergeleitet, und zwar mit Angabe\ndes richtigen Aktenzeichens 3 0 458/98 (Bl. 31 GA). Das Konto des\nProzessbevollmachtigten wurde am 16.09.1998 mit diesem Betrag belastet. Es\nkann nicht mehr geklart werden, warum bei der Gerichtskasse mit der\nZahlungsanzeige vom 22.09.1998 dieser Betrag unter dem unrichtigen\nAktenzeichen gebucht worden ist. Ob die Bank das Aktenzeichen falsch\nweitergegeben hat oder ein Mitarbeiter der Gerichtskasse dieses falsch\nabgelesen hat, muss offen bleiben. Jedenfalls habe in dieser Situation der\nKlager und sein Prozessbevollmachtigter alles zumutbare getan, um eine\numgehende Zahlung der Gerichtskosten sicherzustellen. Ein etwaiges Verschulden\nder eingeschalteten Bank ist dem Klager nicht zuzurechnen. Im Rahmen des § 270\nAbs. 3 ZPO ist ihm lediglich Verschulden seines Prozessvertreters anzulasten,\n§ 85 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, NJW 91, 1745). Entgegen der Meinung des\nLandgerichts liegt auch keine Nachlassigkeit darin, dass das Buro des\nProzessbevollmachtigten bei dem Überweisungsauftrag nur das Aktenzeichen,\nnicht die Parteinamen auf dem Überweisungstrager angegeben hat. Hierzu weist\nder Klager zu Recht darauf hin, dass die vom Landgericht zur Verfugung\ngestellten Überweisungstrager nur die Bezeichnung des Gerichts und des\nAktenzeichens vorsehen, was im Normalfall, wie er hier vorliegt, ausreicht.\n\n16\n\nAuch im weiteren Verlauf des Verfahrens ist kein Verschulden des\nProzessbevollmachtigten des Klagers festzustellen. Dass er bis zur erfolgten\ngerichtlichen Nachfrage vom 7.10.1998 keinerlei Verdacht bezuglich einer\nFehlbuchung der eingezahlten Gerichtskosten hatte, ist ihm nicht vorwerfbar.\nDenn der fragliche Betrag war auf seinem Konto langst abgebucht. Die Frist von\nder Abbuchung bis zur gerichtlichen Anfrage war auch nicht so ungewohnlich\nlang (3 Wochen), dass allein deshalb ein Grund zu Nachforschungen bestanden\nhatte. Auf die weitere Anfrage vom 7.10.1998 hat der Prozessbevollmachtigte\nmit seiner Antwort vom 14.10.1998 umgehend reagiert. Mithin liegen keinerlei\nAnhaltspunkte fur eine Nachlassigkeit des Klagers oder seines\nProzessbevollmachtigten vor.\n\n17\n\nVielmehr lasst sich hier eher an eine Verzogerung im Geschaftsgang des\nGerichts denken, da die Gerichtskosten punktlich eingezahlt wurden und seitens\ndes Gerichts die Zahlung nicht zugeordnet werden konnte. Immerhin hatte auch\nunschwer durch eine telefonische Nachfrage der Geschaftsstelle bei dem\nKlagervertreter diese Unklarheit uber das (falsche) Aktenzeichen geklart\nwerden konnen, da die fragliche Zahlungsanzeige in der richtigen\nGeschaftsstelle eingegangen ist. Bei diesem Vorgehen ware keine erhebliche\nVerzogerung entstanden (vgl. dazu OLG Stuttgart, VersR 80, 157).\n\n18\n\nDer Zahlungsanspruch des Klagers ist seit Rechtshangigkeit zu verzinsen, §§\n284, 288, 291 BGB alte Fassung.\n\n19\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO; die Entscheidung zur\nvorlaufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.\n\n20\n\nStreitwert fur das Berufungsverfahren: 6.963,34 DM.\n\n21\n\nBeschwer des Beklagten: 3.628,48 DM;\n\n22\n\nBeschwer des Klagers: 3.334,86 DM.\n\n
302,705
olgham-2001-02-23-20-u-9700
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
20 U 97/00
2001-02-23
2019-03-12 17:51:48
2020-12-10 13:04:33
Urteil
ECLI:DE:OLGHAM:2001:0223.20U97.00.00
## Tenor\n\nDie Berufung der Klagerin gegen das am 13. April 2000 verkundete Urteil der 2.\nZivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zuruckgewiesen.\n\nDie Kosten der Berufung tragt die Klagerin.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\nDer Klagerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch\nSicherheitsleistung von 32.500,00 DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte\nzuvor Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\nBeiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische\nBurgschaft einer Großbank, Genossenschaftsbank oder offentlichen Sparkasse zu\nerbringen.\n\n \n1\n\n** _Tatbestand:_**\n\n2\n\nDie Klagerin nimmt die Beklagte aus einer Gebaudeversicherung vereinbart sind\ndie VGB 88/Fassung 1.95 (Bl. 6 ff der Anlagenmappe zur Klageschrift) auf\nEntschadigungsleistung fur einen Leitungswasserschaden in Anspruch, der sich,\nausgehend vom Bad der Dachgeschoßwohnung, am 21.12.1997 im versicherten\nGebaude in I2,P xx, ereignet hat.\n\n3\n\nMit der Klage hat sie in Abweichung von der im Sachverstandigenverfahren\nerfolgten Schadenermittlung (vgl. Gutachten Behrendt/Kelling vom 13.11.1998\n(Bl. 17 ff der Anlagenmappe zur Klageschrift) auf der Grundlage des von ihr\neingeholten Gutachtens T vom 01.12.1998 den darin ausgewiesenen Neuwertschaden\nzuzuglich Abbruch- und Aufraumkosten abzuglich von der Beklagten im Mai und\nSeptember 1998 geleisteter Abschlagszahlungen in Hohe von insgesamt 65.000,00\nDM geltend gemacht.\n\n4\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n5\n\ndie Beklagte zu verurteilen, an sie 403.101,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem\n08.10.1999 zu zahlen.\n\n6\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n7\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n8\n\nSie hat mit Schreiben vom 10.02.1999 (Bl. 47 f. d.A.) Deckungsschutz abgelehnt\nund den Versicherungsvertrag, soweit die Leitungswasser- und Sturmversicherung\nbetroffen ist, gekundigt. An dieser Leistungsablehnung hat sie auch im\nRechtsstreit festgehalten und sich insoweit jeweils mit naherer Begrundung\nauf Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhohung aufgrund monatelangen Leerstands\ndes versicherten Gebaudes (§§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG i.V.m. § 10 Nr. 2 und 3\nlit. b VGB 88), Obliegenheitsverletzungen nach §§ 11 Nr. 1 lit. c, 20 Nr. 1\nlit. c, d und e VGB 88, grob fahrlassiger Herbeifuhrung des\nVersicherungsfalles gem. § 61 VVG sowie arglistiger Tauschung nach § 21 Nr. 1\nVGB 88 berufen. Hilfsweise hat sie die Hohe der geltend gemachten\nEntschadigungsforderung bestritten und den Ansatz des Neuwertschadens gerugt,\nweil eine Sicherstellung der Wiederherstellung des Gebaudes (§ 15 Nr. 4 VGB\n88) bisher nicht gegeben sei.\n\n9\n\nDas Landgericht hat die Zeugen E, I und T uneidlich vernommen sowie die\nKlagerin nach § 141 ZPO angehort. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und\nder Anhorung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.03.2000 (Bl. 113 ff\nd.A.) Bezug genommen.\n\n10\n\nDurch Urteil vom 13.04.2000, auf das ebenfalls verwiesen wird (Bl. 137 ff\nd.A.), hat es die Klage mit der Begrundung abgewiesen, die Beklagte sei nach §\n11 Nr. 1 lit. c VGB 88 i.V.m. § 6 Abs. 1 und 2 VVG leistungsfrei geworden. Die\nKlagerin habe grob fahrlassig die Obliegenheit verletzt, alle wasserfuhrenden\nAnlagen und Einrichtungen nicht genutzter Gebaude abzusperren, zu entleeren\nund entleert zu halten. Das versicherte Objekt sei spatestens ab 05.12.1997\nnicht genutzt worden.\n\n11\n\nMit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt die Klagerin ihr\nKlagebegehren weiter, reduziert ihren Zahlungsantrag allerdings nunmehr auf\nden im Sachverstandigenverfahren ermittelten Zeitwertschaden von 213.807,00 DM\nabzuglich der Abschlagszahlungen von 65.000,00 DM. Sie wiederholt und vertieft\nihr erstinstanzliches Vorbringen und greift mit naherer Begrundung die vom\nLandgericht angenommene Gefahrerhohung durch Nichtnutzung des versicherten\nGebaudes an.\n\n12\n\nSie beantragt,\n\n13\n\nabandernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 148.807,00 DM nebst 4 % Zinsen\nseit dem 21.12.1997 zu zahlen.\n\n14\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n15\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n16\n\nSie verteidigt das landgerichtliche Urteil, indem auch sie ihr\nerstinstanzliches Vorbringen wiederholt und erganzt. Hilfsweise beruft sie\nsich nunmehr auch auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlassiger\nObliegenheitsverletzung nach § 11 Nr. 1 lit. d VGB 88\\. Dazu behauptet sie,\ndie Heizungsanlage im versicherten Gebaude sei spatestens seit dem 05.12.1997\naußer Betrieb gewesen.\n\n17\n\nDer Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen C, L, E\nund T. Außerdem wurde die Klagerin nach § 141 ZPO gehort. Wegen des\nErgebnisses der Beweisaufnahme und der Anhorung wird auf den\nBerichterstattervermerk vom 24.01.2001 (Bl. 264 ff d.A.) sowie die\nSitzungsniederschrift vom gleichen Tag (Bl. 249 R d.A.) Bezug genommen.\n\n18\n\nDie Beiakten 6 Js 26/98 StA Dortmund und 2 OH 24/98 LG Dortmund lagen vor und\nwaren Gegenstand der mundlichen Verhandlung.\n\n19\n\n** _Entscheidungsgr unde:_**\n\n20\n\nDie zulassige Berufung der Klagerin ist unbegrundet. Die Beklagte ist ihr\nnicht gem. §§ 1, 49 VVG; 4 Nr. 1 lit. b, 6 VGB 88 zur Regulierung des\nLeitungswasserschadens vom 21.12.1997 verpflichtet. Leistungsfreiheit des\nVersicherers ist jedenfalls wegen versuchter arglistiger Tauschung nach § 21\nNr. 1 VGB 88 eingetreten.\n\n21\n\n1.\n\n22\n\nAuf entsprechendes Auskunftsverlangen der Beklagten vom 26.01.1999 (Bl. 43 f.,\n45 f. d.A.) hat die Klagerin mit Anwaltschreiben vom 03.02.1999 (Bl. 41 f.\nd.A.) geantwortet. Dieses Antwortschreiben war in mindestens zwei Punkten\nobjektiv unrichtig.\n\n23\n\na)\n\n24\n\nZur Frage 2. wurde angegeben, die Heizungsanlage im versicherten Objekt sei\nsowohl im Zeitpunkt der auf den 05.12.1997 datierten Übergabe des Gebaudes vom\nMieter an die Klagerin als auch im spateren Zeitraum funktionsbereit gewesen.\nDies war zumindest insoweit falsch, als es den Zeitpunkt der Übergabe\n(05.12.1997) betrifft.\n\n25\n\nUnter Berucksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des\nErgebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß bei\nder Begehung des Gebaudes am 05.12.1997, an der neben der Klagerin die Zeugen\nC und E teilgenommen haben, die Heizung nicht lief, sondern eine\nBetriebsstorung anzeigte. Die Zeugen C und E, die seinerzeit den\nBegehungstermin in ihrer Eigenschaft als Anwaltin des Fordervereins des\nX-Kindergartens (Mieter des versicherten Gebaudes) bzw. als Vertreter der\nStadt I2 (Verkauferin des Grundstucks P xx) wahrgenommen hatten, haben\nubereinstimmend bekundet: Man sei auch im Heizungskeller gewesen, um nach der\nHeizungsanlage zu sehen. Diese sei nicht in Betrieb gewesen; der rote\nStorknopf habe aufgeleuchtet. Mehrfache Versuche des Zeugen E, durch Druck auf\nden Storknopf die Heizung zu starten, seien vergeblich gewesen. Daraufhin sei\nman gemeinsam in den Tankkeller gegangen. Der Zeuge E habe an den Tank\ngeklopft und den Peilstab herausgezogen, an dem kaum Öl gewesen sei. Er habe\ngeaußert, wahrscheinlich sei kein Öl mehr im Tank; uberdies sitze wohl\nÖlschlamm im Brenner, was die Heizung defekt mache.\n\n26\n\nDer Senat hat keinen Anlaß gesehen, die Richtigkeit dieser Bekundungen in\nZweifel zu ziehen, zumal sich wie der Zeuge L (anwaltlicher Vertreter der\nBeklagten) bekundet hat der Zeuge E sich auch ihm gegenuber bei einem\nTelefonat im Februar 1999 gleichermaßen geaußert hat. Die bei der\nerstinstanzlichen Vernehmung des Zeugen E aufgetretenen Irritationen, die der\nZeuge mit seinerzeitiger Unkenntnis uber das Beweisthema und eine darauf\nzuruckzufuhrende mangelnde Vorbereitung auf die Vernehmung zuruckgefuhrt hat,\nsind im Rahmen seiner vom Senat wiederholten Befragung ausgeraumt worden.\n\n27\n\nNach alledem ist die Sachdarstellung der Klagerin, die zwar einraumt, an der\nBegehung vom 05.12.1997 teilgenommen zu haben, aber einen Ausfall der Heizung\nzu diesem Zeitpunkt bestreitet, widerlegt. Die Bekundung des Zeugen T ist\ninsoweit unergiebig, weil er ausgesagt hat, am 05.12.1997 und im Zeitraum\ndavor nicht im versicherten Gebaude gewesen zu sein.\n\n28\n\nDer Beklagten ist es auch nicht verwehrt, sich auf diese Falschangabe zu\nberufen. Zwar war Anlaß fur ihr Auskunftsverlangen vom 26.01.1999 ein zuvor\nvon der Zeugin C (erstmals) am 13. oder 14.01.1999 telefonisch erhaltener\nHinweis auf die Begehung vom 05.12.1997 und den dabei festgestellten\nHeizungsausfall. Damit war aber ein Aufklarungsbedurfnis auf seiten der\nBeklagten, das sie zur klarenden Anfrage bei der Klagerin berechtigte, noch\nnicht entfallen. Es war ohne weiteres sachgerecht, die Klagerin, die an der\nHausbegehung selbst teilgenommen hatte, zum Heizungsbetrieb zu befragen.\n\n29\n\nDie Beklagte war auch nicht gehalten, nach Erhalt des Antwortschreibens vom\n03.02.1999 der Klagerin die gegenteilige Auskunft der Zeugin C vorzuhalten,\nbevor sie sich insoweit auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger Tauschung\nberufen konnte. Der Senat hat zwar durch Urteil vom 18.02.2000 (NVersZ 2000,\n525) entschieden, der Versicherer musse beim VN klarend nachfragen, wenn\ndessen Angaben im Schadenanzeigeformular (oder einem anderen der\nSchadenregulierung dienenden Fragebogen) widerspruchlich, sonstwie unklar oder\nerkennbar unrichtig sind; andernfalls konne er sich nach Treu und Glauben\nnicht auf Leistungsfreiheit wegen Aufklarungsobliegenheitsverletzung berufen.\nEine derartige Nachfrageobliegenheit des Versicherers kommt jedoch nur in\nFallen in Betracht, in denen im Urteil vom 18.02.2000 ging es um die\nLaufleistung eines entwendeten Fahrzeugs ein Irrtum oder Mißverstandnis des VN\nnicht fernliegt, jedenfalls aber moglich ist. Dann und nur dann hat der Senat\nden Versicherer nach Treu und Glauben als verpflichtet angesehen, auf seine\nanderweitige Kenntnis hinzuweisen, um so den VN zu einer Überprufung und\nKorrektur seiner Falschangaben zu veranlassen. Im Streitfall konnte von einem\nIrrtum oder Mißverstandnis auf seiten der Klagerin keine Rede sein, weil sie\nselbst bei der Begehung vom 05.12.1997 beteiligt war. Abgesehen davon ist ein\nSchutzbedurfnis des VN dann nicht gegeben, wenn wie hier seine Falschangaben\nnachweislich auf Arglist beruhen (vgl. unten zu 2.).\n\n30\n\nb)\n\n31\n\nEbenfalls objektiv unrichtig ist die Beantwortung der Frage zu 5 des\nAuskunftsverlangens der Beklagten vom 26.01.1999 jedenfalls insoweit, als im\nAntwortschreiben der Klagerin dazu ausgefuhrt worden ist: "Die Heizungsanlage\nist mehrfach wochentlich von der Mandantin und der Firma I inspiziert worden.\nDie Firma I war beauftragt, im Rahmen der anstehenden Renovierungsarbeiten die\nnotwendigen Arbeiten durchzufuhren und hat sich daher mehrfach wochentlich in\ndem Objekt befunden."\n\n32\n\nDiese von der Klagerin auch noch in der Klageschrift (Bl. 5 f. d.A.)\nwiederholte Angabe ist falsch. Im Laufe des Rechtsstreits ist unstreitig\ngeworden, daß die auf die Heizungsanlage bezogene Auftragserteilung an die\nFirma I erst unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen 1997 und damit _nach_\nEintritt des Versicherungsfalls erfolgt ist. Dementsprechend war Arbeitsbeginn\nauch erst im Januar 1998. Der Zeuge I hat vor dem Landgericht bekundet, er\nhabe das versicherte Gebaude erstmals nach dem Versicherungsfall betreten.\n\n33\n\n2.\n\n34\n\nDie Falschangaben der Klagerin waren arglistig i.S.d. § 21 Nr. 1 VGB 88\\. Der\nSenat ist davon uberzeugt, daß sie wissentlich in dem Bewußtsein erfolgt sind,\ndaß dadurch die Beklagte bei der Schadensregulierung moglicherweise beeinflußt\nwerden konne (vgl. BGH VersR 1987, 149 zu § 16 Nr. 2 VHB 74).\n\n35\n\nEine Erklarung ihrer unrichtigen Angaben in einer Weise, die Arglist entfallen\nließe, hat die Klagerin nicht gegeben. Zur Falschangabe bzgl. der Tatigkeit\nder Firma I vor dem Versicherungsfall hat sie sich uberhaupt nicht geaußert.\nIhre Behauptung, bzgl. des Heizungsbetriebs am 05.12.1997 keine Falschangaben\ngemacht zu haben, ist widerlegt.\n\n36\n\nUnter Berucksichtigung der Gesamtumstande kommt ein anderes Motiv als Arglist\nim o.g. Sinne fur den Senat vernunftigerweise nicht in Betracht. Aufgrund der\nTatsache, daß die Beklagte in ihrem Schreiben vom 26.01.1999 insgesamt funf\nFragen zum Betrieb der Heizung vor dem Versicherungsfall gestellt hatte, mußte\nder Klagerin klar sein und war es zur Überzeugung des Senats auch , daß der\nVersicherer dieser Problematik im Rahmen der Schadenregulierung große\nBedeutung beimaß. Das war auch naheliegend, weil der Versicherungsfall sich im\nzeitlichen Zusammenhang mit Frosttagen im Dezember 1997 ereignet hatte. Wenn\ndaraufhin die Klagerin bewußt wahrheitswidrig das Funktionieren der Heizung\nam 05.12.1997 behauptete und uberdies die Gas-Installationsfirma I gleichsam\nals "Kronzeugen" fur den durchgangigen Heizungsbetrieb in der Folgezeit bis\nzum Eintritt des Versicherungsfalls bezeichnete, kann dies nur damit erklart\nwerden, daß sie dadurch etwaige Bedenken der Beklagten im Interesse einer\nreibungslosen Schadenregulierung ausraumen wollte.\n\n37\n\nOb wie der Zeuge T behauptet hat die Heizung im Zeitraum nach dem 05.12.1997\nwahrend des Leerstandes des Hauses wieder in Betrieb war, ist insoweit\nunerheblich. Abgesehen davon spricht fur die Richtigkeit der Bekundung des\nSohns der Klagerin nichts. Es ist weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich,\nauf welche Weise die am 05.12.1997 nachweislich betriebsgestorte Heizung in\nder Zeit bis 21.12.1997 wieder in Gang gesetzt worden sein sollte. Ohne\nEingriff von außen ist das technisch unmoglich. Die Firma I oder eine andere\nInstallationsfirma ist unstreitig nicht tatig geworden. Sollte Heizolmangel\nder Grund fur den Betriebsausfall gewesen sein, ist ebenfalls unstreitig Öl\nin diesem Zeitraum nicht nachgefullt worden.\n\n38\n\n3.\n\n39\n\nBei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf die weiteren Einwande der\nBeklagten nicht mehr entscheidend an.\n\n40\n\nDie Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.\n\n41\n\nDie Beschwer der Klagerin betragt 148.807,00 DM.\n\n
302,746
lg-bonn-2001-02-20-11-o-8300
804
Landgericht Bonn
lg-bonn
Bonn
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Landgericht
11 O 83/00
2001-02-20
2019-03-12 17:52:56
2020-12-10 13:04:39
Urteil
ECLI:DE:LGBN:2001:0220.11O83.00.00
## Tenor\n\n1.\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\n2 .\n\nDie Klager tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Halfte.\n\n3.\n\nDas Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 7.000,00 DM, die auch in\nForm einer selbstschuldnerischen, unwiderruflichen, unbedingten und\nunbefristeten Burgschaft einer deutschen Bank, Sparkasse oder\nKreditgenossenschaft erbracht werden kann, vorlaufig vollstreckbar.\n\n \n1\n\n**Tatbestand:**\n\n2\n\nDie Klager, Professor Dr. X, Klager zu 1), und Rechtsanwalt D, Klager zu 2),\nsind Aktionare der Beklagten. Diese ist eine borsennotierte Aktiengesellschaft\nmit Sitz in C. Auf der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 25. Mai\n2000 stand unter den Tagesordnungspunkten 9, 10 und 11, zur Beschlussfassung\nan:\n\n3\n\n9\\. Beschlussfassung uber ein bedingtes Kapital zur Bedienung des E\nAktienoptionsplans 2000 und die entsprechende Satzungsanderung. Vorstand und\nAufsichtsrat schlagen vor, folgenden Beschluss zu fassen:\n\n4\n\na) Das Grundkapital der Gesellschaft wird um bis zu nominal 64.000.000 durch\nAusgabe neuer Aktien bedingt erhoht. Die bedingte Kapitalerhohung dient der\nAusgabe von bis zu 25.000.000 neuen, auf den Namen lautenden Stuckaktien, auf\ndie Bezugsrechte im Rahmen des E Aktienoptionsplans ("Aktienoptionsplan")\ngewahrt werden. Die bedingte Kapitalerhohung ist nur insoweit durchzufuhren,\nwie im Rahmen des Aktienoptionsplans Bezugsrechte ausgegeben werden und die\nInhaber dieser Bezugsrechte hiervon Gebrauch machen. Sofern die Bezugsrechte\nbis zum Ende des Ausubungszeitraumes nicht ausgeubt werden oder nicht ausgeubt\nwerden konnen, verfallen sie. Die neuen Aktien nehmen vom Beginn des\nGeschaftsjahres an, in dem die Ausgabe erfolgt, am Gewinn teil. Aktien, die\nnach Abschluss eines Geschaftsjahres, aber vor der ordentlichen\nHauptversammlung ausgegeben werden, die uber die Verwendung eines\nBilanzgewinns fur das abgelaufene Geschaftsjahr beschließt, sind vom Beginn\ndes abgelaufenen Geschaftsjahres an am Gewinn beteiligt. Der Aufsichtsrat wird\nermachtigt, Bezugsrechte an Mitglieder des Vorstandes nach Maßgabe der\nnachfolgenden Bestimmungen auszugeben. Der Vorstand wird ermachtigt,\nBezugsrechte an die weiteren Bezugsberechtigten nach Maßgabe der nachfolgenden\nBestimmungen auszugeben. Der E Aktienoptionsplan ("Aktienoptionsplan") hat\nfolgende Eckpunkte:\n\n5\n\n(1) Bezugsberechtigte\n\n6\n\nDie bedingte Kapitalerhohung dient im Rahmen des Aktienoptionsplans\nausschließlich dem Zweck der Gewahrung von Bezugsrechten auf Aktien an\nMitglieder des Vorstandes der E AG, an Fuhrungskrafte der Ebenen unterhalb des\nVorstandes der E AG sowie an Vorstandsmitglieder, Mitglieder der\nGeschaftsfuhrung und weitere Fuhrungskrafte von Konzernunternehmen im In- und\nAusland (bezugsberechtigte Planteilnehmer), an denen unmittelbar oder\nmittelbar eine Mehrheitsbeteiligung der E AG besteht. Die Gesamtsumme der\nBezugsrechte wird auf die einzelnen Gruppen der Bezugsberechtigten wie folgt\naufgeteilt: max. 20% auf Mitglieder des Vorstandes der E AG, max. 65% auf\nFuhrungskrafte der Ebenen unterhalb des Vorstandes der E AG und max. 15% auf\nVorstandsmitglieder, Mitglieder der Geschaftsfuhrungen und weitere\nFuhrungskrafte von Konzernunternehmen im In- und Ausland.\n\n7\n\n(2) Ausgestaltung des Aktienoptionsplans\n\n8\n\nJahrliche Tranchen, Erwerbszeitraume\n\n9\n\nBezugsrechte konnen in jahrlichen Tranchen ausgegeben werden. Die Bezugsrechte\nwerden jeweils innerhalb von acht Wochen nach der ordentlichen\nHauptversammlung der Gesellschaft ausgegeben, erstmals jedoch im Geschaftsjahr\n2000. Die letztmalige Gewahrung von Bezugsrechten kann im Geschaftsjahr 2004\nerfolgen.\n\n10\n\nSperrfrist, Ausubungszeitraum\n\n11\n\nDie Bezugsrechte durfen erst nach Ablauf einer Sperrfrist von zwei Jahren -\ngerechnet von dem Tage der Gewahrung der Bezugsrechte an - ausgeubt werden.\nFur die Ausubung der Bezugsrechte ist nach Ablauf der Sperrfrist jeweils ein\nZeitraum von weiteren drei Jahren vorgesehen (Ausubungszeitraum).\n\n12\n\nBasispreis, Referenzzeitraum, Handelstage\n\n13\n\nJedes Bezugsrecht berechtigt zum Bezug einer Aktie der E AG (T-Aktie) zum\nBasispreis. Dieser wird auf Basis des arithmetischen Durchschnitts der\nSchlusskurse der .E-Aktie im XETRA-Handel der E2 AG oder eines an die Stelle\ndes XETRA-Systems getretenen Nachfolgesystems (der "durchschnittliche\nSchlusskurs der E-Aktie") wahrend der letzten 30 Handelstage vor dem Tag der\nGewahrung der Bezugsrechte (der "Referenzzeitraum") ermittelt. Die Festlegung\nerfolgt durch den Vorstand und den Aufsichtsrat bzw. durch diese ermachtigte\nAusschusse.\n\n14\n\nErfolgsziele\n\n15\n\nDie Bezugsrechte konnen nach Ablauf der Sperrfrist an jedem beliebigen\nBorsentag in G bis zum Ende des Ausubungszeitraumes ausgeubt werden, nachdem\nkumulativ zwei Erfolgsziele erreicht worden sind:\n\n16\n\nabsolutes Erfolgsziel\n\n17\n\nDie Ausubung der Bezugsrechte ist nur dann moglich, wenn der gleitende 30-\nTage-Durchschnitt der E-Aktie im XETRA-Handel der E2 AG oder einem an die\nStelle des XETRA-Systems getretenen Nachfolgesystem nach Ablauf der Sperrfrist\num mehr als 20% gegenuber dem festgelegten Basispreis gestiegen ist.\n\n18\n\nrelatives Erfolgsziel\n\n19\n\nZusatzlich wird die Ausubung der Bezugsrechte an die Entwicklung der E- Aktie\nim Vergleich zur Entwicklung des Performance-Index "Dow Jones Euro Stoxx 50®"\ngebunden (relative Performance). Eine Ausubung der Bezugsrechte ist danach nur\nzulassig, wenn sich nach Ablauf der Sperrfrist der zu Grunde gelegte Kurs der\nE-Aktie im XETRA-Handel der E2 AG oder einem an die Stelle des XETRA-Systems\ngetretenen Nachfolgesystem angepasst* um Dividendenzahlungen, Optionsrechte\nund andere Sonderrechte (Total Shareholder Return Basis) - gemessen auf Basis\nder Werte zum Zeitpunkt der Gewahrung der Optionsrechte - besser als der oben\ngenannte Aktienindex auf einer gleitenden 30-Tage-Durchschnitt-Basis\nentwickelt hat.\n\n20\n\nDem Kurs der E-Aktie werden nach anerkannten Methoden Dividendenzahlungen\nsowie der Wert von Bezugsrechten aus Kapitalerhohungen und von sonstigen\nSonderrechten zwischen dem Referenzzeitraum und dem jeweiligen Zeitraum von 30\naufeinanderfolgenden Handelstagen hinzugerechnet (Total Shareholder Return\nAnsatz).\n\n21\n\nNichtubertragbarkeit\n\n22\n\nDie Bezugsrechte sind abgesehen vom Erbfall nicht veraußerbar, ubertragbar\noder verpfandbar. Sie konnen grundsatzlich nur ausgeubt werden, wenn der\nBezugsberechtigte im Zeitpunkt der Ausubung noch in einem ungekundigten\nDienst- oder Anstellungsverhaltnis zur E AG oder einem nachgeordneten\nverbundenen Unternehmen steht. Fur Sonderfalle des Ausscheidens, insbesondere\nfur Eintritt in den Ruhestand oder fur den Todesfall sowie fur das Ausscheiden\nvon Unternehmen oder Betrieben aus der E-Gruppe, konnen Sonderregelungen in\nden Optionsbedingungen getroffen werden.\n\n23\n\n(3) Weitere Regelungen\n\n24\n\nDie Einzelheiten fur die Ausgabe der Aktien aus der bedingten Kapitalerhohung\nund fur die Gewahrung der Bezugsrechte sowie die weiteren Bedingungen des\nAktienoptionsplans werden durch den Aufsichtsrat festgesetzt, soweit der\nAktienoptionsplan den Vorstand der E AG betrifft. Im Übrigen liegt die\nZustandigkeit beim Vorstand.\n\n25\n\nZu den Einzelheiten gehoren insbesondere Bestimmungen uber die technische\nDurchfuhrung und das Verfahren der Zeichnung und der Ausubung der\nBezugsrechte, die Aufteilung der Bezugsrechte innerhalb der Gruppen der\nBerechtigten und die Bestimmung des Ausgabebetrages. Die Optionsbedingungen\nkonnen auch vorsehen, dass die E AG berechtigt ist, den Bezugsberechtigten an\nStelle neuer E-Aktien einen Barausgleich in Hohe des Unterschiedsbetrages\nzwischen dem Basispreis und dem Kurs der E-Aktie am Ausubungstag zu zahlen. In\nden Optionsbedingungen konnen auch Sperrfristen festgelegt werden, in denen\ndie Ausubung der Bezugsrechte nicht zulassig ist.\n\n26\n\nb) In § 5 der Satzung wird als neuer Absatz 5 folgende Bestimmung eingefugt;\ndie bisherigen Absatze 5-8 werden zu Absatzen 6-9:\n\n27\n\n"(5) Das Grundkapital ist um bis zu 64.000.000, eingeteilt in bis zu\n25.000.000 Aktien bedingt erhoht. Die bedingte Kapitalerhohung dient\nausschließlich der Gewahrung von Bezugsrechten an Vorstandsmitglieder und\nFuhrungskrafte der Gesellschaft sowie an Vorstandsmitglieder, Mitglieder der\nGeschaftsfuhrung und weitere Fuhrungskrafte nachgeordneter verbundener\nUnternehmen auf\' Grund eines Aktienoptionsplans nach Maßgabe des Beschlusses\nder Hauptversammlung vom 25. Mai 2000. Sie wird nur insoweit durchgefuhrt, wie\nvon diesen Bezugsrechten Gebrauch gemacht wird. Die neuen Aktien nehmen vom\nBeginn des Geschaftsjahres an, in dem die Ausgabe erfolgt, am Gewinn teil.\nWerden neue Aktien nach Ablauf eines Geschaftsjahres, aber vor der\nordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft ausgegeben, die uber die\nVerwendung des Bilanzgewinns fur das abgelaufene Geschaftsjahr beschließt, so\nnehmen die neuen Aktien vom Beginn des abgelaufenen Geschaftsjahres an am\nGewinn teil. Der Aufsichtsrat wird ermachtigt, die Fassung der Satzung\nentsprechend der jeweiligen Aktienausgabe zu andern."\n\n28\n\n10\\. Erganzung der Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 9 uber ein bedingtes\nKapital zur Schaffung einer zusatzlichen Moglichkeit zur Ausnutzung des E\nAktienoptionsplans 2000, sog. „Innovatives Settlement".\n\n29\n\nVorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Beschluss uber die bedingte\nKapitalerhohung in Tagesordnungspunkt 9, letzter Satz unter (3) „Weitere\nRegelungen" um folgende Bestimmungen zu erganzen:\n\n30\n\nDie Optionsbedingungen konnen auch vorsehen, dass der Vorstand (und fur\nMitglieder des Vorstands der Aufsichtsrat) berechtigt ist, zu bestimmen, dass\nje ausgeubtem Bezugsrecht an Stelle einer Aktie zu dem in (2) festgesetzten\nBasispreis eine geringere Anzahl von Aktien zum geringsten Ausgabebetrag (§ 9\nAbs. 1 AktG) ausgegeben werden. Wird von dieser Moglichkeit Gebrauch gemacht,\nso berechtigt nicht jedes Bezugsrecht zum Bezug einer Aktie zu dem bei\nGewahrung festgesetzten Basispreis, sondern nur eine bestimmte Vielzahl von\nBezugsrechten zum Bezug je einer Aktie zum geringsten Ausgabebetrag. Die\nAnzahl der fur den Bezug je einer Aktie auszuubenden Bezugsrechte wird nach\nfolgender Formel ermittelt:\n\n31\n\n![Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine\nGrafik.](11_O_83_11_Urteil_20010220_0.jpeg)\n\n32\n\nHierbei bedeuten:\n\n33\n\nA Anzahl der fur den Bezug einer E-Aktie auszuubenden Optionen X Basispreis\n\n34\n\nK Kurs der E-Aktie im Zeitpunkt der Optionsausubung\n\n35\n\nM Mindestpreis (geringster Ausgabebetrag gemaß § 9 Abs. 1 AktG: 2,56)\n\n36\n\n11\\. Beschlussfassung uber ein genehmigtes Kapital zur Bedienung des E\nAktienoptionsplans und die entsprechende Satzungsanderung.\n\n37\n\nAufsichtsrat und Vorstand schlagen vor, folgenden Beschluss zu fassen:\n\n38\n\na) Der Vorstand wird ermachtigt, im Rahmen des E Aktienoptionsplans das\nGrundkapital bis zum 25. Mai 2005 mit Zustimmung des Aufsichtsrates durch\nAusgabe von bis zu 5.000.000 neuen, auf den Namen lautenden Stuckaktien gegen\nBar- oder Sacheinlage einmalig oder mehrmals um bis zu 12.800.000 zu erhohen.\nDas Bezugsrecht der Aktionare wird ausgeschlossen. Zur Zeichnung der neuen\nAktien ist allein ein Kreditinstitut zugelassen. Dieses wird die Aktien mit\nder Verpflichtung ubernehmen, sie den bezugsberechtigten Planteilnehmern\n(siehe Tagesordnungspunkt 9) zu einem noch festzulegenden Platzierungspreis\nzum Kauf anzubieten, der dem Eroffnungskurs der E-Aktie im XETRA-Handel der E2\nAG oder einem an die Stelle des XETRA-Systems getretenen Nachfolgesystem am\nTag des Kaufes entspricht. Der Kreis der bezugsberechtigten Planteilnehmer und\nder Umfang der ihnen jeweils anzubietenden Aktien werden durch den Vorstand\nder E AG festgelegt. Soweit Mitgliedern des Vorstands der E AG Aktien\nangeboten werden sollen, obliegt diese Festlegung sowie das Angebot, Aktien zu\nerwerben, ausschließlich dem Aufsichtsrat der E AG. Die neuen Aktien nehmen\nvom Beginn des Geschaftsjahres an, in dem sie geschaffen werden, am Gewinn\nteil. Der Vorstand wird ermachtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die\nweiteren Bedingungen der Aktienausgabe festzulegen. Soweit Mitglieder des\nVorstands betroffen sind, werden die weiteren Bedingungen der Aktienausgabe\ndurch den Aufsichtsrat festgelegt.\n\n39\n\nb) § 5 der Satzung erhalt folgenden neuen Absatz 3, der bisherige Absatz 3\nwird zu Absatz 4:\n\n40\n\n"(3) Der Vorstand ist ermachtigt, im Rahmen des E Aktienoptionsplans das\nGrundkapital bis zum 25. Mai 2005 mit Zustimmung des Aufsichtsrats durch\nAusgabe von bis zu 5.000.000 neuen, auf den Namen lautenden Stuckaktien gegen\nBar- oder Sacheinlagen einmalig oder mehrmals um bis zu 12.800.000 zu erhohen.\nDas Bezugsrecht der Aktionare wird ausgeschlossen. Zur Zeichnung der neuen\nAktien ist allein ein Kreditinstitut zugelassen. Dieses wird die Aktien mit\nder Verpflichtung ubernehmen, sie den bezugsberechtigten Planteilnehmern zu\neinem noch festzulegenden Platzierungspreis zum Kauf anzubieten, der dem\nEroffnungskurs der E-Aktie im XETRA-Handel der E2 AG oder einem an die Stelle\ndes XETRA-Systems getretenen Nachfolgesystem am Tag des Kaufes entspricht. Der\nKreis der bezugsberechtigten Planteilnehmer und der Umfang der ihnen jeweils\nanzubietenden Aktien werden durch den Vorstand der E AG festgelegt. Soweit\nMitgliedern des Vorstands Aktien angeboten werden sollen, obliegt diese\nFestlegung sowie das Angebot, Aktien zu erwerben, ausschließlich dem\nAufsichtsrat der E AG. Die neuen Aktien nehmen vom Beginn des Geschaftsjahres\nan, in dem sie geschaffen werden, am Gewinn teil. Der Vorstand wird\nermachtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Bedingungen der\nAktienausgabe festzulegen. Soweit Mitglieder des Vorstands betroffen sind,\nwerden die weiteren Bedingungen der Aktienausgabe durch den Aufsichtsrat\nfestgelegt."\n\n41\n\nDer Klager zu 1) wurde auf der Hauptversammlung durch Frau I, der Klager zu 2)\ndurch den Prozessbevollmachtigten der Klager, Herrn P, vertreten. Beide\nVertreter stimmten gegen die zitierten Hauptversammlungsbeschlusse und\nerklarten Widerspruch zur Niederschrift. Frau I richtete in einem Redebeitrag\nauf der Hauptversammlung verschiedene Fragen an den Vorstand der Beklagten,\ndie von dessen Vorsitzendem wie folgt beantwortet wurden: Durch den\nAktienoptionsplan entstunden der Gesellschaft administrative Kosten in Hohe\nvon ca. 120.000 DM. Die Begunstigten erhielten die ihnen zugeteilten\nBezugsrechte unentgeltlich. Bei dem fur eine Bezugsrechtsausubung\nerforderlichen Erreichen des absoluten Erfolgszieles werde der Aktienkurs\nnicht um Dividendenausschuttungen, Optionsrechte und andere Sonderrechte\nbereinigt. Absolutes und relatives Erfolgsziel mussten auch nicht zeitgleich\nerreicht werden. Der Zeitwert der im Rahmen der ersten Tranche ausgegebenen\nOptionen liege auf der Basis einer Berechnung nach der _Black/Scholes-_\nMethode bei Annahme eines Aktienkurses und Ausubungspreises von 60 bei 25,56\npro Option und damit bei der beabsichtigten Ausgabe von 1,27 Mio. Optionen bei\ninsgesamt ca. 32,5 Mio. Die mit ca. 60% am Grundkapital der Beklagten\nbeteiligte Bundesrepublik Deutschland habe keinen Druck auf die Wahl einer\nsteuerlich nachteiligen Gestaltung des Optionsprogramms ausgeubt. Auch auf\nmehrmaliges Nachfragen von Herrn P gab der Vorstandsvorsitzende das\nGesamtvolumen des Planes ("Gesamtwert: der Optionen") bzw. die mit ihm\nverbundene wirtschaftliche Gesamtbelastung der Aktionare („Gesamtkosten")\nnicht an. Er beantwortete auch nicht eine Frage Frau Is nach der\nVerfahrensweise bei der Evaluation der in die Optionsbewertung eingehenden\nParameter aktueller Aktienkurs, Basispreis, sicherer Zinssatz, erwartete\nDividendenrendite, Laufzeit und Volatilitat. Frau I rugte die\nNichtbeantwortung der Frage nach den Gesamtkosten des Plans beim\nFinanzvorstand der Beklagten. Die derzeitige jahrliche Grundvergutung des\nachtkopfigen Vorstandes der Beklagten betragt einschließlich der\nRuckstellungen fur Pensionen insgesamt mindestens 10.404.853,99 bzw.\n20.350.125,58 DM und damit durchschnittlich fur jedes Vorstandsmitglied mehr\nals 2,5 Mio. DM. Der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland stimmte in der\nHauptversammlung fur die zitierten Beschlusse. Die Beklagte ließ sich zudem\nden Ruckkauf von 10% aller Aktien uber die Borse genehmigen. Die von der\nBundesrepublik Deutschland gehaltenen Aktien werden nicht an der Borse\ngehandelt. Der Kurs der Aktie lag Anfang Marz 2000 bei ca. 104 zum Zeitpunkt\nder Hauptversammlung bei ca. 60 und liegt inzwischen bei ca. 34 Das\nGrundkapital der Beklagten ist in 3.030 Mio. Aktien zerlegt. Bei voller\nAusnutzung des Optionsplans umfasst er 0,83% dieses Grundkapitals.\n\n42\n\nDie Klager vertreten die Ansicht, daß die zitierten\nHauptversammlungsbeschlusse gegen § 87 Abs. 1 AktG verstoßen, da sie den\nAufsichtsrat ermachtigten, dem Vorstand eine unangemessene Vergutung zu\ngewahren. Die im Kursverlauf der Aktie liegende Bemessungsgrundlage fur die in\nder Gewahrung der Optionen liegende zusatzliche Entlohnung des Managements sei\num Einflusse zu eliminieren, die nicht auf einer besonderen Leistung des\nManagements beruhten, wie etwa bei einer Veraußerung von Tochtern, der.\nVeranderung von Bilanzansatzen, Marketingkampagnen oder\nAktienruckkaufprogrammen. Dies sei beim Optionsplan der Beklagten nicht der\nFall. Weiterhin habe das Fehlen einer Dividendenbereinigung beim absoluten\nErfolgsziel negative Anreize fur die Ausschuttungspolitik der Beklagten zur\nFolge. Zudem sei wegen der Nichtausrichtung der Erfolgsziele an einem\nBranchenindex oder am tatsachlichen Gewinn pro Aktie eine zusatzliche\nVergutung des Managements auch bei unterdurchschnittlichen\nManagementleistungen denkbar, wegen der Moglichkeit einer separaten Erfullung\nvon absolutem und relativem Erfolgsziel sogar im Falle operativer Verluste.\nDie Klager vertreten ferner die Ansicht, daß der beschlossene\nAktienoptionsplan zu einem unverhaltnismaßigen Sondervorteil fur die\nGroßaktionarin Bundesrepublik Deutschland fuhre. Hierzu behaupten sie, die\nGroßaktionarin verfolge mit ihrem Stimmverhalten Interessen, die ihr\nSteueraufkommen begunstigten, der Beklagten und allen anderen Aktionaren\njedoch schadeten. Sie vertreten die Ansicht, im Falle eines nur "virtuellen"\nOptionsprogramms in Gestalt einer direkten Auszahlung des bei einer fiktiven\nBezugsrechtsausubung zu realisierenden Gewinns konne die Beklagte diese\nZahlungen in der Gewinn- und Verlustrechnung als Personalaufwand steuerlich\ngeltend machen. Dies sei aber nicht moglich, wenn bei der Bezugsrechtsausubung\ntatsachlich neue Aktien ausgegeben wurden, da die Aktienausgabe fur die\nBeklagte keinen Aufwand darstelle. Die Klager vertreten schließlich die\nAnsicht, der Aktienoptionsplan sei wegen der Nichtbeantwortung der Frage zum\n"Gesamtwert" bzw. seinen "Gesamtkosten" anfechtbar. Der Vorstand der Beklagten\nhabe das Auskunftsrecht der Aktionare verletzt. Fur diese sei von zentraler\nBedeutung, wie hoch der okonomische Gesamtwert des Optionsplans sei, da sie\nnur mit dessen Kenntnis die Angemessenheit der zusatzlichen Vergutung des\nManagements beurteilen konnten, zu der sie ermachtigten. Selbst konnten die\nAktionare diesen Wert nicht ermitteln, so daß er von der Beklagten habe\ngenannt werden mussen. Die Wertangabe sei zudem auch unter dem Aspekt des\n"(quiet) hedging" von Bedeutung.\n\n43\n\nDie Klager beantragen,\n\n44\n\n1.die oben bezeichneten Beschlusse der Hauptversammlung vom 25. Mai 2000 fur\nnichtig zu erklaren,\n\n45\n\n2.hilfsweise festzustellen, daß die oben bezeichneten Beschlusse der\nHauptversammlung vom 25. Mai 2000 nichtig sind,\n\n46\n\n3.außerst hilfsweise festzustellen, daß die oben bezeichneten Beschlusse der\nHauptversammlung vom 25. Mai 2000 unwirksam sind.\n\n47\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n48\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n49\n\nSie vertritt die Ansicht, eine Verletzung des § 87 AktG konne nicht im Wege\nder Anfechtungsklage geltend gemacht werden, da die Kompetenz zur Entscheidung\nuber die Vergutung des Vorstandes eine ausschließliche Kompetenz des\nAufsichtsrates sei, in die die Hauptversammlung nicht eingreifen konne. Selbst\nbei Durchfuhrung des Optionsplans liege aber keine uberhohte Vergutung des\nVorstandes vor. Die Beklagte ware ohne ein derartiges Optionsprogramm im\nWettbewerb um geeignete Fuhrungskrafte national wie international auf Dauer\nnicht konkurrenzfahig. Im nationalen wie internationalen Vergleich zu den\nOptionsplanen anderer Unternehmen sei derjenige der Beklagten zudem noch\nzuruckhaltend. Bei der Festsetzung der Erfolgsziele handele es sich\nschließlich um nicht justitiable Ermessensentscheidungen der Hauptversammlung.\nDer Großaktionarin werde auch kein Sondervorteil gewahrt. Der gerugte\nNachteil, daß die von den Begunstigten realisierte Zuwendung fur die Beklagte\nkeinen steuerlich abzugsfahigen Aufwand darstelle, sei Aktienoptionsplanen im\nSinne von § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG immanent und werde zudem durch den Vorteil,\ndaß tatsachlich kein Liquiditatsabfluss, sondern vielmehr ein\nLiquiditatszufluss in Hohe der zu erbringenden Einlageleistung stattfinde,\nkompensiert. Dies gelte auch in der Variante des "Innovativen Settlement".\nZudem habe sich die Beklagte im Hauptversammlungsbeschluss einen Barausgleich\nanstelle einer Aktienausgabe ausdrucklich vorbehalten. Die Beklagte habe auch\nkeine Informations- oder Auskunftspflichten verletzt. Dazu behauptet sie, Frau\nI habe nach der Beantwortung ihrer Fragen durch den Vorstandsvorsitzenden\nweder Nachfragen gestellt noch in anderer Weise zu verstehen gegeben, daß sie\nmit seinen Antworten unzufrieden gewesen sei. Auch Herr P habe nach Angabe des\nWertes der in der ersten Tranche auszugebenden Optionen und nach Erlauterung\nder Berechnung dieses Wertes nicht weiter nachgefragt oder zu erkennen\ngegeben, aus welchem Grund seine Fragen unbeantwortet oder unvollstandig\nbeantwortet sein sollten. Er habe auch keinen Widerspruch erhoben, als der\nVersammlungsleiter am Schluss der Diskussion erklarte, er ginge davon aus, daß\nalle Fragen beantwortet seien. Kein Aktionar oder Aktionarsvertreter habe\nirgendeine Frage als unbeantwortet zu Protokoll gegeben. Die Beklagte vertritt\ndie Ansicht, daß unabhangig davon im Rahmen von § 131 AktG aber auch keine\nuber die erfolgten Angaben hinausgehende Auskunftspflicht bestehe. Der\nGesamtwert der Optionen uber die gesamte Laufzeit des Plans sei fur eine\nsachgemaße Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung nicht erforderlich\ngewesen. Die Beeintrachtigung der Aktionare bestimme sich ausschließlich nach\ndem mit maximal 0,83% angegebenen Verwasserungseffekt. Samtliche fur die\nBelastung der Aktionare relevanten Faktoren seien mitgeteilt und anhand von\nBeispielrechnungen erlautert worden. Ein Zeitwert fur die Optionen spaterer\nTranchen habe auf serioser Basis uberhaupt nicht ermittelt werden konnen, da\ndie kunftigen Marktrahmendaten noch nicht einmal grob abschatzbar gewesen\nseien. Im Rahmen der Schaffung eines bedingten Kapitals zur Bedienung von\nAktienoptionsplanen gabe es auch keine erweiterte Berichtspflicht nach § 186\nAbs. 4 Satz 2 AktG.\n\n50\n\nHinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der\nSchriftsatze der Parteien und auf die umfangreichen zu den Akten gereichten\nAnlagen verwiesen.\n\n51\n\n**Entscheidungsgr unde:**\n\n52\n\nHauptantrag und Hilfsantrage sind zulassig, aber unbegrundet.\n\n53\n\nA. Die mit dem Hauptantrag zulassig verfolgte aktienrechtliche\nAnfechtungsklage (§§ 241 Nr. 5, 243, 246 AktG) ist unbegrundet. Es besteht\nnamlich kein Anfechtungsgrund. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn die\nangegriffenen Beschlusse der Hauptversammlung das Gesetz oder die Satzung der\nGesellschaft verletzen (§ 243 Abs. 1 AktG) oder ein Aktionar mit der Ausubung\nseines Stimmrechts fur sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der\nGesellschaft oder der anderen Aktionare zu erlangen suchte und die Beschlusse\ngeeignet sind, diesem Zweck zu dienen (§ 243 Abs. 2 Satz 1 AktG). Keiner\ndieser Falle ist einschlagig.\n\n54\n\nI. Verstoße gegen allgemeine Beschlusserfordernisse sind nicht ersichtlich.\nInsbesondere war die einmonatige Einberufungsfrist (§ 123 Abs. 1 AktG) mit der\nam 19. April 2000 im Bundesanzeiger veroffentlichten Einladung zur\nHauptversammlung gewahrt und die Tagesordnung dort ordnungsgemaß\nbekanntgemacht (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AktG). Über die bekanntgemachte\nTagesordnung hinausgehende Gegenstande wurden nicht beschlossen (§ 124 Abs. 4\nSatz 1 AktG).\n\n55\n\nII. Die unter TOP 9 und 10 gefassten Beschlusse zur bedingten Kapitalerhohung\nverstoßen auch nicht gegen die §§ 179, 192, 193 AktG.\n\n56\n\n1\\. Die sowohl fur die bedingte Kapitalerhohung (§§ 119 Abs. 1 Nr. 6, 192 Abs.\n1 AktG) wie auch fur die Satzungsanderung (§§ 119 Abs. 1 Nr. 5, 179 Abs. 1\nSatz 1 AktG) erforderliche Form des Hauptversammlungsbeschlusses wurde\ngewahrt.\n\n57\n\n2\\. Die bedingte Kapitalerhohung verfolgt gemaß § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG auch\neinen zulassigen Zweck. Sie dient der Ausgabe von bis zu 25.000.000 neuen, auf\nden Namen lautenden Stuckaktien, auf die Mitgliedern des Vorstandes der\nBeklagten, Fuhrungskraften der Ebenen unterhalb des Vorstandes sowie\nVorstandsmitgliedern, Mitgliedern der Geschaftsfuhrung und weiteren\nFuhrungskraften von Konzernunternehmen im In- und Ausland, an denen\nunmittelbar oder mittelbar eine Mehrheitsbeteiligung der Beklagten besteht,\nBezugsrechte im Rahmen eines Aktienoptionsplans gewahrt werden sollen.\n\n58\n\n3\\. Dieser Zweck wurde gemaß § 193 Abs. 2 Nr. 1 AktG auch im\nHauptversammlungsbeschluss festgestellt (TOP 9 a vor 1). Festgestellt wurde\ngemaß § 193 Abs. 2 Nr. 2 AktG auch der Kreis der bereits genannten\nBezugsberechtigten (TOP 9 a 1).\n\n59\n\n4\\. Der Hauptversammlungsbeschluss erfolgte gemaß § 192 Abs. 2 Nr. 3 a. E.\nAktG zulassigerweise als Beschluss, durch den Vorstand bzw. Aufsichtsrat der\nBeklagten zur Durchfuhrung der Bezugsrechtsgewahrung (TOP 9 a* vor 1) und zur\nFestlegung der naheren Einzelheiten fur die Aktienausgabe, die\nBezugsrechtsgewahrung und die weiteren Bedingungen des Aktienoptionsplans\nermachtigt wurden (TOP 9 a 3 und TOP 10).\n\n60\n\n5\\. Der Hauptversammlungsbeschluss verstoßt auch nicht gegen § 192 Abs. 3 Satz\n1 AktG. Nach dieser Vorschrift darf der Nennbetrag des bedingten Kapitals im\nFalle des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG den zehnten Teil des Grundkapitals, das zur\nZeit der Beschlussfassung vorhanden ist, nicht ubersteigen. Der Nennbetrag des\nbedingten Kapitals erfasst hier lediglich 0,83% des Grundkapitals. Dieses war\nzur Zeit der Beschlussfassung uber das bedingte Kapital in 3.030 Mio.\nStuckaktien zerlegt. Im Zuge der Kapitalerhohung konnen nur bis zu 25 Mio.\nneue Stuckaktien ausgegeben werden (TOP 9 a).\n\n61\n\n6\\. Die gemaß § 193 Abs. 1 Satz 1 AktG fur die bedingte Kapitalerhohung (TOP 9\na) und gemaß § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG fur die entsprechende Satzungsanderung\n(TOP 9 b) erforderlichen Mehrheiten von drei Vierteln des bei der\nBeschlussfassung vertretenen Grundkapitals wurden erreicht.\n\n62\n\n7\\. Es liegt auch kein Verstoß gegen § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG vor. Diese\nVorschrift verlangt, daß der Betrag, zu dem die jungen Aktien ausgegeben\nwerden, bzw. die Grundlagen, nach denen dieser Betrag errechnet wird, im\nHauptversammlungsbeschluss genannt werden. In den Hauptversammlungsbeschlussen\nzu TOP 9 und 10 werden zwei alternative Berechnungsverfahren angegeben. Im\nRahmen des Aktienoptionsplans der Beklagten berechtigt grundsatzlich jedes\nOptionsrecht zum Bezug einer Aktie der Beklagten zum Basispreis, der auf Basis\ndes arithmetischen Durchschnitts der Schlusskurse der Aktie im XETRA-Handel\nder E2 AG oder eines an die Stelle des XETRA-Systems getretenen\nNachfolgesystems wahrend der letzten 30 Handelstage vor dem Tag der Gewahrung\nder Bezugsrechte ermittelt und durch den Vorstand und den Aufsichtsrat bzw.\ndurch von diesen ermachtigte Ausschusse festgelegt wird (TOP 9 a 2) .\nAlternativ kann in den Optionsbedingungen auch vorgesehen werden, daß der\nVorstand (und fur Mitglieder des Vorstands der Aufsichtsrat) berechtigt ist,\nzu bestimmen, daß je ausgeubtem Bezugsrecht an Stelle einer Aktie zum\nBasispreis eine geringere Anzahl von Aktien zum geringsten Ausgabebetrag (§ 9\nAbs. 1 AktG) ausgegeben werden (TOP 10). Wird von dieser Moglichkeit Gebrauch\ngemacht, so berechtigt nicht jedes Bezugsrecht zum Bezug einer Aktie zu dem\nbei Gewahrung festgesetzten Basispreis, sondern nur eine bestimmte Vielzahl\nvon Bezugsrechten zum Bezug je einer Aktie zum geringsten Ausgabebetrag, wobei\ndie Anzahl der fur den Bezug je einer Aktie auszuubenden Bezugsrechte nach der\nFormel\n\n63\n\n![Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine\nGrafik.](11_O_83_11_Urteil_20010220_1.jpeg)\n\n64\n\nermittelt wird. Hierbei ist A die Anzahl der fur den Bezug einer Aktie der\nBeklagten auszuubenden Optionen, X der Basispreis, K der Kurs der Aktie im\nZeitpunkt der Optionsausubung und M der geringste Ausgabebetrag gemaß § 9 Abs.\n1 AktG (2,56).\n\n65\n\n8\\. Die Hauptversammlungsbeschlusse verletzen auch nicht die Erfordernisse des\n§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG. Nach dieser Vorschrift mussen bei einer bedingten\nKapitalerhohung nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG im Beschluss die wesentlichen\nEckdaten des Bezugsrechts festgestellt werden, namlich die Aufteilung der\nBezugsrechte, Erfolgsziele, Erwerbs- und Ausubungszeitraume sowie eine\nmindestens zweijahrige Wartezeit fur die erstmalige Ausubung. Die Vorschrift\nist Kompetenznorm, indem sie die Zustandigkeit der Hauptversammlung fur die\ninhaltliche Ausgestaltung eines Optionsplans begrundet, die nach allgemeinen\nGrundsatzen teils beim Aufsichtsrat, teils beim Vorstand liegen wurde. Bei\ndieser inhaltlichen Ausgestaltung ist der Hauptversammlungsmehrheit ein\ngerichtlich nicht nachprufbarer Bereich unternehmerischen\nBeurteilungsermessens zuzugestehen, so daß der Beschluss im Rahmen einer\nAnfechtungsklage nur einer Plausibilitatskontrolle hinsichtlich der Einhaltung\ngewisser Mindestanforderungen im Interesse der Aktionare unterliegen kann\n_(Kallmeyer,_ AG 1999, 97, 100). Diese Mindestanforderungen werden hier\ngewahrt.\n\n66\n\na) Im Hauptversammlungsbeschluss (TOP 9 a 1) wird die Aufteilung der\nBezugsrechte auf die einzelnen Gruppen der Begunstigten zulassigerweise (vgl.\nEntwurf der Bundesregierung zum KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2068; _Kallmeyer,_ AG\n1999, 97, 101) nach Vomhundertsatzen des Gesamtvolumens angegeben.\n\n67\n\nb) Die "Wartezeit" zwischen der Begrundung des Bezugsrechts und seiner\nerstmaligen Ausubung betragt nach dem Hauptversammlungsbeschluss (TOP 9 a 2)\ngenau zwei Jahre und entspricht damit dem Klammerzusatz in § 193 Abs. 2 Nr. 4\nAktG.\n\n68\n\nc) Der Beschluss legt auch "Erwerbs- und Ausubungszeitraume" fest. Aus der\nVerwendung des Plurals "Erwerbszeitraume" folgt zunachst die Moglichkeit,\neinen Aktienoptionsplan in mehrere Tranchen zu strukturieren _(Wei ß,_ WM\n1999, 353, 357). Dies sieht der Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten mit\nder Ausgabe von Bezugsrechten in jahrlichen Tranchen vor. Als konkrete\nErwerbszeitraume werden sodann die jeweiligen acht Wochen nach einer\nordentlichen Hauptversammlung genannt, erstmalig im Geschaftsjahr 2000,\nletztmalig im Geschaftsjahr 2004 (TOP 9 a 2). Der Begriff "Ausubungszeitraume"\nbetrifft bei objektiv- teleologischer Interpretation unter Zuruckstellung\nhistorischer Bedenken (vgl. Entwurf der Bundesregierung zum KonTraG, ZIP 1997,\n2059, 2068, wo von sogenannten "Ausubungsfenstern" die Rede ist) die\nOptionslaufzeit. Da es sich bei ihr um ein wesentliches Kriterium fur die\nBestimmung des Optionswertes und damit fur die Bewertung der moglichen\nNachteile der Aktionare handelt, ist sie zu den wesentlichen Bedingungen eines\nAktienoptionsplans zu zahlen, die nach dem Regelungsplan des KonTraG den\nverscharften Transparenz- und Beschlussanforderungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 4\nAktG unterfallen sollen _(Wei ß,_ WM 1999, 353, 358). Im Aktienoptionsplan der\nBeklagten ist fur die Ausubung der Bezugsrechte nach Ablauf der Sperrfrist\njeweils ein Zeitraum von drei Jahren vorgesehen (TOP 9 a 2).\n\n69\n\nd) Der Hauptversammlungsbeschluss enthalt auch zulassige "Erfolgsziele". Der\nAktienoptionsplan formuliert zwei Erfolgsziele, die fur eine Ausubung der\nBezugsrechte kumulativ erreicht sein mussen: Zum einen muss der gleitende\n30-Tage- Durchschnitt der Aktie der Beklagten im XETRA-Handel der E2 AG oder\neinem an die Stelle des XETRA-Systems getretenen Nachfolgesystem nach Ablauf\nder Sperrfrist um mehr als 20% gegenuber dem festgelegten Basispreis gestiegen\nsein. Zusatzlich muss sich nach Ablauf der Sperrfrist der zu Grunde gelegte\nKurs der Aktie im XETRA-Handel der E2 AG oder einem an die Stelle des XETRA-\nSystems getretenen Nachfolgesystem angepasst um Dividendenzahlungen,\nOptionsrechte und andere Sonderrechte gemessen auf Basis der Werte zum\nZeitpunkt der Gewahrung der Optionsrechte besser als der Performance-Index\n"Dow Jones Euro Stoxx 50® " auf einer gleitenden 30-Tage-Durchschnitt-Basis\nentwickelt haben, wobei dem Kurs der Aktie nach anerkannten Methoden\nDividendenzahlungen sowie der Wert von Bezugsrechten aus Kapitalerhohungen und\nvon sonstigen Sonderrechten zwischen dem Referenzzeitraum und dem jeweiligen\nZeitraum von 30 aufeinanderfolgenden Handelstagen hinzugerechnet werden. Die\nBeklagte hat damit ein absolutes Erfolgsziel, das Kursziel einer 20%igen\nSteigerung, zugleich mit einem relativem Erfolgsziel, der Outperformance\ngegenuber der genannten Benchmark, gewahlt. Beide Erfolgsziele sind vor dem\nHintergrund des hier anzulegenden Maßstabs der bloßen Plausibilitatskontrolle\nals zulassig anzusehen. Da der Begriff "Erfolgsziele" in § 193 Abs. 2 Nr. 4\nAktG unspezifisch verwandt wird, deckt er auch andere Ziele als Kursziele ab\n(Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum KonTraG, ZIP 1998, 487, 488; _H\nuffer,_ a. a. 0., Rdnr. 9 zu § 193 AktG m. w. Nachw.), jedenfalls aber diese,\nso daß bereits die Anknupfung an den Borsenkurs ohne zusatzlichen\nErfolgsmaßstab genugt, was zwar im Einzelfall problematisch sein kann, nach\nden Vorstellungen des Gesetzgebers aber grundsatzlich zulassig ist (ebenso _H\nuffer,_ a. a. 0., Rdnr. 9 zu § 193 AktG; _Wei ß,_ WM 1999, 353, 358). Mag auch\nsogenanntes Benchmarking vielfach vorzugswurdig sein _(H uffer,_ a. a. 0\'.,\nRdnr. 9 zu § 193 AktG m. w. Nachw.; dagegen etwa _Aha, BB_ 1997, 2225, 2226\nf.), so sollte es ausweislich der Materialien zum KonTraG nach dem Willen des\nGesetzgebers gerade nicht zwingend vorgeschrieben werden (vgl. Entwurf der\nBundesregierung zum KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2068). Zwar konnen angesichts der\nstandigen Unsicherheiten in den makrookonomischen Rahmenbedingungen und der\nMoglichkeiten der "Kurspflege" mittels kurzfristig verstarkten Investor-\nRelation-Aktivitaten Vorbehalte hinsichtlich der Aussagekraft des Borsenkurses\nuber Leistungsfahigkeit, Ertragsstarke oder Wert eines borsennotierten\nUnternehmens ins Feld gefuhrt werden (dazu etwa _H uffer,_ ZHR 161 [1997],\n214, 235 f.; _Kallmeyer,_ AG 1999, 97, 98; _K uhnberger/Keßler,_ AG 1999, 453,\n455 ff.; _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 797). Dennoch wird im Borsenkurs jedenfalls\nlangfristig ein hinreichend aussagekraftiger Maßstab fur die Wertentwicklung\neines Unternehmens veranschaulicht (ebenso schon OLG Stuttgart, 12.8.1998,20 U\n111/97, ZIP 1998,1482,1488 sub 11 I 2; OLG Braunschweig, 29.7.1998, 3 U 75/98,\nZIP 1998, 1585, 1589 sub 11 2 b cc : LG Frankfurt/Main, 10.2.1997, 3/1 0\n119/96, ZIP 1997, 1030, 1033) . Es kann davon ausgegangen werden, daß das\nManagement bei einer Orientierung an der Kursentwicklung zu einer an der\nlangfristigen Wertsteigerung orientierten Unternehmensstrategie motiviert\nwird, so daß die Interessen der durch den Aktienoptionsplan begunstigten\nManager und die der Aktionare mit dem Ziel einer fur alle Beteiligten\npositiven Entwicklung der Gesellschaft zusammengefuhrt werden konnen (Entwurf\nder Bundesregierung zum KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2067; vgl. auch _Kallmeyer,_\nAG 1999, 97, 100). Der Gesellschaft steht es daher frei, die Maßgeblichkeit\ndes Borsenkurses des eigenen Unternehmens als Maßstab des vorausgesetzten\nUnternehmenserfolgs als Erfolgsziel zu bestimmen, so daß es ihr unbenommen\nist, als Erfolgsziel ein "Kursziel" zu wahlen (jungst auch LG Stuttgart,\n9.10.2000, 7 KfH 0 66/2000, ZIP 2000, 2110, 2113). Dazu bedarf es entgegen der\nAnsicht der Klager auch nicht der gesonderten Berucksichtigung von Einflussen\naus der Veraußerung von Tochtern, der Veranderung von Bilanzansatzen,\nMarketingkampagnen oder Aktienruckkaufprogrammen nach § 71 AktG. Daß hierbei\nim Einzelfall ungerechtfertigte Mitnahmegewinne (sog. windfall profits)\nerzielt werden konnen, ist als unvermeidlich hinzunehmen (ebenso OLG\nStuttgart, ZIP 1998, 1483, 1489 sub II I 7 m. _w._ Nachw.; _J ager,_ DStR\n1999, 28, 32 in Fußn. 59). Es besteht auch nicht die Gefahr einer restriktiven\nDividendenausschuttungspolitik. Da der Hohe der zu erwartenden Dividende in\nDeutschland namlich nach wie vor eine sehr große Bedeutung fur die\nAnlageentscheidung zukommt, wird der durchschnittliche Anleger erst dann\nbereit sein, in einen Wert zu investieren, wenn eine bestimmte Mindestrendite\nuber die Dividende als gesichert gilt. Will das Management also den Borsenkurs\nnachhaltig steigern, so muss es auch diesem Interesse gerecht werden, wozu\nauch eine entsprechende Ausschuttungspolitik gehort _(Aha,_ BB 1997, 2225,\n2228). Auch die Wahl des relativen Erfolgszieles in Gestalt der Outperformance\ndes „Dow Jones Euro Stoxx 50® " ist nicht zu beanstanden. Zwar mag die\nAusrichtung an einem Branchenindex im Einzelfall vorzugswurdig sein. Da aber\nschon keine Pflicht besteht, uberhaupt ein relatives Erfolgsziel zu wahlen,\ndie Beklagte also auch isoliert auf das absolute Kursziel als Erfolgsziel\nabstellen konnte, besteht erst recht keine Pflicht das absolute Erfolgsziel\nmit nur einem ganz bestimmten relativen Erfolgsziel zu kombinieren. Jedenfalls\nist davon auszugehen, daß mehrere denkbare Alternativen fur eine Anknupfung\nbestehen. Die Auswahl unter diesen bestehenden Alternativen ist eine\nEntscheidung der Hauptversammlung, bei der sie in Ausubung unternehmerischen\nErmessens handelt. Als solche ist sie der richterlichen Kontrolle jenseits der\nPlausibilitatsgrenze entzogen (so auch OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1483, 1488 sub\n11 12m. w. Nachw.). Gleiches gilt fur die Forderung der Klager nach einer\nOrientierung am erzielten Gewinn pro Aktie.\n\n70\n\nIII. Es liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot eines ausdrucklichen\nBezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 AktG, gegen das Erfordernis eines\nformlichen Vorstandsberichtes nach § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG sowie gegen das\nvon der Rechtsprechung aufgestellte Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung\neines Bezugsrechtsausschlusses bzw. seiner Verhaltnismaßigkeit (Eignung,\nErforderlichkeit und Angemessenheit zur Verfolgung legitimer\nGesellschaftsinteressen) vor. Die Vorgaben, die fur Aktienoptionsplane in den\n§§ 192, 193 AktG aufgestellt werden, sind namlich abschließend. Aus § 193 Abs.\n1 Satz 2 AktG kann e contrario geschlossen werden, daß bei der bedingten\nKapitalerhohung abgesehen von den §§ 182 Abs. 2, 187 Abs. 2 AktG die\nVorschriften uber die „gewohnliche" Kapitalerhohung, also auch die Vorschrift\ndes § 186 AktG, nicht anwendbar sind (so auch _Ge ßler,_ Aktiengesetz , Lsbl.,\n31. Erg. -Lfg., Neuwied 2000, Rdnr. 11 zu § 193 AktG; _H uffer,_ a. a. 0.,\nRdnr. 16 zu § 192 AktG; _Martens,_ AG S/1997, 83, 89). Die Statthaftigkeit\neines argumentum e contrario ist durch eine Art „Gesetzesinterpretation im\nweiteren Sinne" festzustellen, wobei systematische, historische und\nteleologische Argumente herangezogen werden konnen, letztendlich aber eine\nwertende Entscheidung zu treffen ist (vgl. nur _K. Engisch,_ Einfuhrung in das\njuristische Denken, 9. AufI., Stuttgart u. a. 1997, S. 190; _K. Larenz,_\nMethodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. AufI., Berlin u. a. 1991, 11 5, 2 b,\nS. 391). Insoweit ist hier die Erwagung maßgebend, daß es bei der Schaffung\neines bedingten Kapitals uberhaupt kein gesetzliches Bezugsrecht der (Alt-\n)Aktionare geben kann (OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1483, 1489 sub II I 9;\n_Baums,_ in: Festsehr. f. Claussen [1997], 3, 42; _K uhnberger/Keßler,_ AG\n1999, 453, 460; _Schwarz/Michel,_ BB 1998, 489, 491 f.), der\nBezugsrechtsausschluss vielmehr schon in der Natur der bedingten\nKapitalerhohung liegt (Entwurf der Bundesregierung zum KonTraG, ZIP 1997,\n2059, 2068; _Schaefer,_ NZG 1999, 531, 533), da sie nur bestimmten, in § 192\nAbs. 2 AktG abschließend genannten Zwecken dient (LG Braunschweig, 11.3.1998,\n22 0 234/97, ZIP 1998, 914, 917 sub IV 2; _Ge ßler,_ Rdnr. 11 zu § 193 AktG;\n_H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 3 zu § 192 AktG; _J ager,_ DStR 1999, 28, 30 f.).\nZudem passen die §§ 182 ff. AktG schon deshalb nicht fur die bedingte\nKapitalerhohung, weil es die fur die regulare Kapitalerhohung kennzeichnende\nAbfolge Vollzeichnung, Eintragung der Durchfuhrung mit konstitutiver Wirkung\n(§ 189 AktG) und Ausgabe der Aktien nach dieser Eintragung (§ 191 AktG) bei\nder bedingten Kapitalerhohung nicht gibt, da sie im Rahmen des beschlossenen\nHochstbetrags bedarfsabhangig erfolgt _(B uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 6 zu § 192\nAktG) . § 186 AktG ist daher nicht, auch nicht analog (ausdrucklich etwa _H\nuffer,_ a. a. 0., Rdnr. 16 zu § 192 AktG; _Wei ß,_ WM 1999, 353, 360) auf die\nbedingte Kapitalerhohung anzuwenden. Damit entfallen der gesonderte\nBezugsrechtsausschluss durch die Hauptversammlung gemaß § 186 Abs. 3 Satz 1\nAktG (LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2112; _K uhnberger/Keßler,_ AG 1999, 453,\n460 f.; _Martens,_ S/1997, 83, 89; _Schaefer,_ NZG 1999, 531, _533; Wei ß,_ WM\n1999,353,359; a. A. _Lutter,_ ZIP 1997,1,8; _Paefgen,_ AG 1999, 67, 72), der\nVorstandsbericht gemaß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG (Regierungsentwurf zum\nKonTraG, ZIP 1997, 2059, 2068; OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1483, 1489 f. sub 11 I\n9; _Baums,_ in: Festschr. f. Claussen [1997], 3, 42; _H uffer,_ a. a. 0.,\nRdnr. 16 zu § 192 AktG; _Kallmeyer,_ AG 1999, 97, 101; _Schwarz/Michel,_ BB\n1998, 489, 492; a. A. _Lutter,_ ZIP 1997, 1, 8 f.; _ders.,_ EWiR 1999, 195,\n195; _Paefgen,_ AG 1999, 67, 73; _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 797) sowie\nschließlich auch das von der Rechtsprechung aufgestellte Erfordernis einer\nsachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses _(Aha,_ BB 1997, 2225,\n_2225; H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 18 zu § 192 AktG; _K uhnberger/Keßler,_ AG\n1999, 453, 461 f.; _Schwarz/Michel,_ BB 1998, 489, 4 9 2; _Wei ß,_ WM 1 999,\n353, 359; a. A. Lutt _er,_ ZIP 1997 , 1, 9; _ders.,_ EWiR 1999, 195, 196;\n_Paefgen,_ AG 1999, 67, 72; _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 794). Letzteres\nresultiert daraus, daß eine Inhaltskontrolle allgemein dann nicht stattfindet,\nwenn sich ein gesetzlich vorgesehener Eingriff in die Interessen der Minoritat\nals Ausdruck einer normativen Abwagung darstellt und somit seine sachliche\nRechtfertigung bereits in sich tragt _(H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 24 a. E. zu §\n243 AktG; _Wei ß,_ WM 1999, 353, 359 m. w. Nachw. in Fußn., 84 ff.). Dies ist\nhier der Fall: Der Gesetzgeber setzt bei einer grundsatzlich positiven\nEinschatzung von Aktienoptionsplanen auf die inhaltliche Richtigkeitsgewahr im\nWege einer informierten Entscheidung der Aktionare sowie die\nSteuerungsmechanismen der Kapitalmarkte. Zur Gewahrleistung der\nFunktionsfahigkeit dieser Entscheidungs- und Kontrollmechanismen stellt die\nNeuregelung im KonTraG strenge Anforderungen an die Transparenz sowie an den\nInhalt des Hauptversammlungsbeschlusses (§ 193 Abs. 2 AktG) und legt\nzusatzlich inhaltliche Kriterien im Hinblick auf Sperrfrist (§ 193 Abs. 2 Nr.\n4 a. E. AktG) und Emissionsvolumen (§ 192 Abs. 3 Satz 1 AktG) fest.\nFlankierend wird durch die Ausdehnung der Publizitatsvorschriften (§§ 160 Abs.\n1 Nr. 3 AktG, 285 Nr. 9 lit. a HGB, 55 Borszulvo ) die Kapitalmarktkontrolle\nintensiviert. Die Ziele dieses Regelungskonzepts werden unter Abwagung der\nInteressen samtlicher Beteiligter, insbesondere auch der uberstimmten\nMinderheit verfolgt _(Wei ß,_ WM 1999, 353, 359). Die Neufassung des § 192\nAbs. 2 Nr. 3 AktG ist damit Ausdruck einer gesetzgeberischen\nAbwagungsentscheidung, die ihrer Intention nach grundsatzlich keiner weiteren\ngerichtlichen Kontrolle des Bezugsrechtsausschlusses auf seine sachliche\nRechtfertigung hin zuganglich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus\nden Vorgaben von Art. 29 der Kapitalrichtlinie von 1976 (Zweite Richtlinie des\nRates vorn 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den\nMitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 58 Abs. 2 des Vertrages\nim Interesse der Gesellschafter sowie Dritter fur die Grundung der\nAktiengesellschaft sowie fur die Erhaltung und die Änderung ihres Kapitals\nvorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten\n_[77/91/EWG],_ ABI. Nr. L 26 v. 31.1. 1977, abgedruckt bei Lutter,\nEuropaisches Unternehmensrecht, 3. Aufl., Berlin und New York 1991, S. 176\nff.). Der im Schrifttum _(Lutter,_ ZIP 1997, 1, 8 f.; vgl. auch _dens.,_ EWiR\n1999, 195, 195 f.) vertretenen Auffassung, wegen des Verbots eines allgemeinen\nBezugsrechtsausschlusses durch den nationalen Gesetzgeber bei der\nKapitalerhohung gegen Bareinlagen in Art. 29 Abs. 1 RL _77/91/EWG_ sei auch\nbei der bedingten Kapitalerhohung nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG gemaß Art. 29\nAbs. 4 Satz 2 RL _77/91/EWG_ ein ausdrucklicher Bezugsrechtsausschluss durch\ndie Hauptversammlung, ferner gemaß Art. 29 Abs. 4 Satz 3 RL _77/91/EWG_ ein\nformlicher Vorstandsbericht uber diesen Ausschluss sowie schließlich die\nVerhaltnismaßigkeit des Ausschlusses zu verlangen, kann nicht gefolgt werden.\nArt. 29 RL _77/191/EWG_ ist namlich wegen des Ausschlusstatbestandes in Art.\n41 RL _77/191/EWG_ nicht einschlagig (so auch Entwurf der Bundesregierung zum\nKonTraG, ZIP 1997, 2059, 2068; _H uffer,_ ZHR 161 [1997],214,239 f.;\n_Martens,_ AG _S/1997,_ 83, 89; _Wei ß,_ WM 1999,353,359 m. w. Nachw. in Fußn.\n80). Art. 41 Abs. 1 RL _77/91/EWG_ erlaubt den Mitgliedstaaten, von Art. 29 RL\n_77/91/EWG_ abzuweichen, "soweit dies fur den Erlass von Vorschriften\nerforderlich ist, welche die Beteiligung der Arbeitnehmer oder anderer durch\neinzelstaatliches Recht festgelegter Gruppen von Personen am Kapital der\nUnternehmen fordern sollen." § 192 Abs. 2 Nr.3 AktG legt mit den Worten\n"Mitglieder der Geschaftsfuhrung der Gesellschaft oder eines verbundenen\nUnternehmens" eine solche Gruppe anderer Personen als Arbeitnehmer fest, der\ndurch die Einraumung von Aktienbezugsrechten das Angebot einer\nKapitalbeteiligung gemacht, die Beteiligung dieser bezeichneten Gruppe am\nKapital des Unternehmens mithin im Sinne von Art. 41 Abs. 1 RL 77/91/EWG\ngefordert werden soll.\n\n71\n\nIV. Der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss verstoßt auch nicht gegen § 87\nAbs. 1 Satz 1 AktG. Nach dieser Vorschrift mussen die Gesamtbezuge jedes\neinzelnen Vorstandsmitglieds in einem angemessenen Verhaltnis zu seinen\nAufgaben und zur Lage der Gesellschaft stehen, wobei beide Vergleichsmaßstabe\nkumulativ zu beachten sind _(H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 2 zu § 87 AktG). Auch\nAktienoptionsplane sind so zu gestalten, daß die Ermessensschranken des § 87\nAbs. 1 AktG eingehalten werden (ebenso _H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 2a zu § 87\nAktG). Im Regierungsentwurf zum KonTraG heißt es ausdrucklich, daß fur den\nGesamtumfang der Vergutung die allgemeinen Grundsatze gelten, die sich, soweit\nder Vorstand betroffen ist, nach § 87 AktG bestimmen (Entwurf der\nBundesregierung zum KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2067). Daß die Klammerdefinition\ndes Begriffs „Gesamtbezuge" in § 87 AktG anders als in § 285 Nr. 9 lit. a HGB\ndurch das KonTraG nicht um die „Bezugsrechte" erganzt wurde, muss als\nRedaktionsversehen des Gesetzgebers betrachtet werden. Eine inhaltliche\nKontrolle der Optionsrechtsgewahrung auf ihre Angemessenheit im Rahmen der\nPrufung der streitgegenstandlichen Hauptversammlungsbeschlusse scheidet jedoch\naus, weil die Bestimmung der Angemessenheit von Vorstandsbezugen nach § 87\nAbs. 1 Satz 1 AktG ausschließlich dem Aufsichtsrat obliegt (so auch OLG\nBraunschweig, ZIP 1998, 1585, 1589 sub 11 2 b bb ccc; _H uffer,_ ZHR 161\n[1997], 214, 219; _J ager,_ DStR 1999, 28, 33 in Fußn. 69; _K\nuhnberger/Keßler,_ AG 1999, 453, 459; _Lutter,_ EWiR 1999, 195, 196;\n_Zeidler,_ NZG 1998, 789, 792, 794). Nur er wird durch die Vorschrift\ngebunden. Er hat die Auswirkungen, den Umfang und die Verhaltnismaßigkeit\neiner Zuwendung von Aktienoptionen an Vorstandsmitglieder zu prufen. Verletzt\ner diese Pflicht, so knupfen sich hieran Schadensersatzanspruche. Daß insoweit\nim Einzelfall abstrakte Missbrauchsmoglichkeiten bestehen mogen, kann eine\nAnfechtung noch nicht rechtfertigen (ebenso OLG Braunschweig, ZIP 1998, 1585,\n1586 sub 11 1 b; LG Frankfurt/Main, ZIP 1997, 1030, 1032). Demgegenuber\nbesteht die Zustandigkeit der Hauptversammlung nur hinsichtlich der\nBereitstellung der Anteilsrechte. Die Angemessenheit der Gesamtbezuge darf\ndabei allenfalls insoweit eine Rolle spielen, als sie - z. B. bei vollig\nuberdimensioniertem Umfang - uber den bereits angesprochenen\nVerwasserungseffekt die Anteilsrechte der Aktionare beeintrachtigt _(H uffer,_\nZHR 161 [1997], 214, 229; _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 797). Diesbezuglich hat\ndas KonTraG die Grenze zulassiger Verwasserung jedoch in § 192 Abs. 3 Satz 1\nAktG geregelt. Hiervon war bereits an anderer Stelle die Rede (siehe oben II\n5.). Ein Verstoß konnte insoweit nicht festgestellt werden. Im ubrigen ist es\nauch nicht richtig, daß in dem Aktienoptionsplan der Beklagten eine\nunzulassige Vergabe von Gratisoptionen liegt. Ziel der Vergabe ist es, die\nbezugsberechtigten Manager an einem den Unternehmenserfolg reflektierenden\ngestiegenen Borsenkurs zwischen Optionsgewahrung und Optionsausubung teilhaben\nzu lassen. Daß darin ein Angebot unter Marktwert besteht, liegt in der Natur\nder Sache begrundet, denn sonst bestunde ein Anreiz zu einer Beteiligung am\nAktienoptionsprogramm und dies im Sinne einer auf der Anreizfunktion\nberuhenden variablen Zusatzvergutung gerade nicht (so auch OLG Stuttgart, ZIP\n1998, 1483, 1489 sub 11 16m. w. Nachw.).\n\n72\n\nV. Die Hauptversammlungsbeschlusse verstoßen auch nicht gegen das\naktienrechtliche Gleichbehandlungsgebot aus § 53a AktG. Es liegt zwar eine\nsogenannte materielle Ungleichbehandlung vor; diese ist jedoch sachlich\ngerechtfertigt. Von einer materiellen Ungleichbehandlung kann dann ausgegangen\nwerden, wenn die Aktionare durch eine Maßnahme ihrer Gesellschaft zwar formal\ngleich behandelt, jedoch in ihren Rechten unterschiedlich betroffen werden _(H\nuffer,_ a. a. 0., Rdnr. 9 zu § 53a AktG). Hier werden die Großaktionare in\nBundesrepublik Deutschland einerseits und die ubrigen Aktionare andererseits\nmateriell unterschiedlich betroffen. Dies ergibt sich aus folgendem Umstand:\nDie von der Gesellschaft bei einer tatsachlichen Ausgabe neuer Aktien\nerlittene „Einbuße" in Hohe der Differenz zwischen Optionspreis und Borsenkurs\nim Zeitpunkt der Optionsausubung stellt steuerlich keinen Aufwand der\nGesellschaft dar, ist also steuerlich nicht als Betriebsausgabe abzugsfahig.\nDen Aufwand tragen allein die Aktionare, indem bei den von ihnen gehaltenen\nAktien eine Verwasserung eintritt, die sich in einem vorubergehenden\nKursruckgang niederschlagen wird. Ihnen entgeht eine mogliche Kurssteigerung,\ndie steuerfrei ware, wenn sie im Privatvermogen erfolgen und die\nSpekulationsfrist beachtet wurde _(Kallmeyer,_ AG 1999, 97, 99; _K\nuhnberger/Keßler,_ AG 1999, 453, 463 f.). Anders ist dies bei der Vergabe sog.\nvirtueller Aktien (phantom stocks bzw. stock appreciation rights), die sich\ndie Beklagte ausdrucklich vorbehalten hat (TOP 9a 3). Hier kann der den\nBegunstigten gezahlte Barausgleich als Personalaufwand in der Gewinn- und\nVerlustrechnung steuermindernd erfasst werden, wird also nicht uber die\nVerwasserung von den bisherigen Aktionaren bezahlt _(K uhnberger/Keßler,_ AG\n1999, 453, 463 f.). Der Weg uber eine tatsachliche Kapitalerhohung ist somit\ngegenuber der Vergabe virtueller Aktien steuerlich nachteilig. Diesem Nachteil\nkorrespondiert ein Vorteil seitens der Großaktionarin, deren Steueraufkommen\ndurch die mangelnde *Absetzbarkeit der Optionsvergabe nicht gemindert wird,\nsie also in den Genuss steuerlicher Mehreinnahmen kommt. Einen vergleichbaren\nVorteil haben die anderen Aktionare nicht. Ein Verstoß gegen § 53a AktG liegt\naber deshalb nicht vor, weil diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt\nist. Dies ist namlich dann der Fall, wenn die Maßnahme geeignet und\nerforderlich ist, ein bestimmtes Interesse der Gesellschaft zu wahren und auch\nunter Berucksichtigung der Aktionarsinteressen verhaltnismaßig erscheint _(H\nuffer,_ a. a. 0., Rdnr. 10 zu § 53a AktG). Die dabei erforderliche Abwagung\nkann der Gesetzgeber selbst vornehmen und damit fur die Rechtsanwendung\nverbindlich machen _(H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 11 zu § 53a AktG). Genau dies\nist hier geschehen. Bereits an anderer Stelle wurde ausgefuhrt, daß bei Wahl\ndes Weges uber § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG eine Inhaltskontrolle nicht stattfinden\nkann, da sich der mit der Kapitalerhohung verbundene Eingriff in die\nInteressen der Minoritat als Ausdruck einer normativen Abwagung darstellt und\nsomit seine sachliche Rechtfertigung bereits in sich tragt. Der bedingten\nKapitalerhohung nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ist schlichtweg immanent, daß der\nBundesrepublik Deutschland mehr Steuern zufließen als bei Vergabe virtueller\nAktien. Dieser steuerliche Nachteil ist vom Gesetzgeber im Hinblick auf andere\nVorteile bewusst als hinnehmbar betrachtet worden. Eine willkurliche\nUngleichbehandlung kann hierin nicht liegen. Andernfalls konnte keine\nGesellschaft, an der die Bundesrepublik Deutschland unmittelbar oder mittelbar\nbeteiligt ist, einen Aktienoptionsplan mit effektiver Ausgabe neuer Aktien\ngemaß § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG beschließen. Dies aber widersprache der\ngesetzlichen Konzeption des KonTraG.\n\n73\n\nVI. Auch eine Anfechtung nach § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG kommt nicht in\nBetracht. Gemaß § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG. kann die Anfechtung darauf gestutzt\nwerden, daß ein Aktionar mit der Ausubung seines Stimmrechts fur sich oder\neinen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen\nAktionare zu erlangen suchte und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu\ndienen. Unter einem "Sondervorteil" ist ohne Rucksicht auf die Art der\nErlangung jedweder Vorteil zu verstehen, sofern es bei einer Gesamtwurdigung\nder Umstande als eine sachwidrige Bevorzugung erscheint, dem einzelnen\nAktionar den Vorteilserwerb zu gestatten oder den bereits vollzogenen Erwerb\nhinzunehmen (BGH, 9.2.1998, 11 ZR 278/96, BGHZ 138, 71, 81 sub I 5 a; OLG\nBraunschweig, ZIP 1998, 1585, 1592 sub 115m. w. Nachw.; _H uffer,_ a. a. 0.,\nRdnr. 35 zu § 243 AktG). Hinsichtlich des Werturteils der Sachwidrigkeit wird\ndabei uberwiegend darauf abgestellt, daß der betreffende Vorteil nicht allen\nzufließt, die sich der Gesellschaft gegenuber in der gleichen Lage befinden\n(OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1483, 1491 sub II K m. w. Nachw.; LG Frankfurt/Main,\nZIP 1997, 1030, 1034; LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2114; _H uffer,_ a. a. 0.,\nRdnr. 35 zu § 243 AktG). Aus den soeben im Rahmen der Ausfuhrungen zu § 53a\nAktG dargelegten und hier nicht zu wiederholenden Grunden kann der im Fehlen\nder steuerlichen Abzugsfahigkeit der Ausgabe neuer Aktien im Falle einer\ntatsachlichen Kapitalerhohung und der damit verbundenen Mehrung des\nSteueraufkommens liegende Vorteil fur die Großaktionarin bei der gebotenen\nGesamtwurdigung auch im Rahmen von § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG nicht als\nsachwidrig beurteilt werden.\n\n74\n\nVII. Auch der unter TOP II gefasste Beschluss zum genehmigten Kapital verstoßt\nnicht gegen das Gesetz. Der bei einer nachtraglichen Ermachtigung des\nVorstandes zur Kapitalerhohung gegen Einlagen gemaß §§ 202 Abs. 2 Satz 1, 179\nAbs. 1 Satz 1 AktG erforderliche satzungsandernde Hauptversammlungsbeschluss\nwurde gefasst (TOP II a und b). Dabei wurde auch die gemaß § 202 Abs. 2 Satz 2\nAktG erforderliche Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung\nvertretenen Grundkapitals erreicht. Die Ermachtigung wahrt auch die Grenze der\nfunf jahrigen Dauer aus § 202 Abs. 1 AktG sowie die Grenze einer Erhohung um\nmaximal die Halfte des Grundkapitals in § 202 Abs. 3 Satz 1 AktG, denn die\nKapitalerhohung betrifft lediglich 0,165% des Grundkapitals. Auch der\nAusschluss des Bezugsrechts der Aktionare ist rechtmaßig erfolgt. Der gemaß §§\n203 Abs. 1 Satz 1, 186 Abs. 3 Satz 1 AktG erforderliche ausdruckliche\nBeschluss der Hauptversammlung wurde gefasst (TOP II a und b), Die gemaß §§\n203 Abs. 1 Satz 1, 186 Abs. 3 Satz 2 AktG erforderliche Mehrheit von drei\nVierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals wurde\nerreicht. Der Bezugsrechtsausschluss wurde auch gemaß §§ 203 Abs. 1 Satz 1,\n186 Abs. 4 Satz 1 AktG ausdrucklich und nach Maßgabe des § 124 AktG\nordnungsgemaß bekanntgemacht. Über den Grund des Bezugsrechtsausschlusses hat\nder Vorstand auch den von §§ 203 Abs. 1 Satz 1, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG\ngeforderten schriftlichen Bericht vorgelegt. Der Ausschluss des Bezugsrechts\nwar schließlich auch sachlich gerechtfertigt. Nach der neueren Rechtsprechung\ndes Bundesgerichtshofes zum Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eines genehmigten\nKapitals (BGH, 23.6.1997, 11 ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 139 sub I 2 b aa) - der\nsich die Kammer anschließt - genugt es, daß die Maßnahme, zu deren\nDurchfuhrung der Vorstand ermachtigt werden soll, im wohlverstandenen\nInteresse der Gesellschaft liegt und der Hauptversammlung allgemein und in\nabstrakter Form bekanntgegeben wird. Dies war hier der Fall. Im\nVorstandsbericht heißt es insoweit, daß der Bezugsrechtsausschluss der\nBereitstellung von Aktien dient, die den Teilnehmern des Aktienoptionsplans\nzum Eigeninvestment mit einem Teil ihrer jahrlich erreichten variablen\nVergutung angeboten werden sollen. Über dieses Eigeninvestment soll es den\nPlanteilnehmern dann auch ermoglicht werden, einen (weiteren) Teil der\nOptionen auf die Aktien aus der schon genannten bedingten Kapitalerhohung zu\nerwerben. Diese Maßnahme liegt auch im wohlverstandenen Interesse der\nGesellschaft, da sie eine Beteiligung der Fuhrungskrafte am Kapital der\nBeklagten mit Eigenmitteln fordert, die uber die Beteiligung im Wege der\nAusubung von Optionen auf Aktien aus der bedingten Kapitalerhohung hinausgeht.\nHinzuweisen ist ferner auf § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG: Nach dieser Vorschrift\nist ein Ausschluss des Bezugsrechts insbesondere dann zulassig, wenn eine\nKapitalerhohung gegen Bareinlagen zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht\nubersteigt und der Ausgabebetrag den Borsenpreis nicht wesentlich\nunterschreitet. Die Vorschrift ist hier zwar nicht unmittelbar anwendbar, denn\nder Beschluss ermachtigt nicht lediglich zur Kapitalerhohung gegen Bar-,\nsondern auch gegen Sacheinlagen. Angesichts der deutlichen Unterschreitung der\nGrenzen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG Kapitalerhohung um lediglich 0,165% des\nGrundkapitals bei einer Aktienausgabe zum Borsenpreis erscheint es jedoch\ngerechtfertigt, den Bezugsrechtsausschluss jedenfalls nach dem Rechtsgedanken\nauch dieser Vorschrift als zulassig anzusehen. Eine nennenswerte Verwasserung\nder Rechte der Aktionare ist nicht zu besorgen.\n\n75\n\nVIII. Es liegt schließlich auch kein Verstoß gegen § 131 AktG vor. Gemaß § 131\nAbs. 1 Satz 1 AktG ist jedem Aktionar auf Verlangen in der Hauptversammlung\nAuskunft uber Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur\nsachgemaßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich sind.\nWird eine Auskunft verweigert, so ist ein daraufhin ergehender Beschluss nach\n§ 243 Abs. 1 AktG anfechtbar, sofern die verweigerte Auskunft den\nBeschlussgegenstand betrifft (OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1483, 1491 sub II M 2;\n_H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 44 zu § 131 AktG m. w. Nachw.), und zwar auch dann,\nwenn - wie hier - der Anfechtungsklage kein Verfahren nach § 132 AktG\nvorgeschaltet wird (OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1483, 1491 sub II M _1; H uffer,_\na. a. 0., Rdnr. 44 zu § 131 AktG m. w. Nachw.). Darin, daß der Vorstand der\nBeklagten die Fragen Frau Is und Herrn Ps nach dem Gesamtvolumen des\nAktienoptionsplanes („Gesamtwert") bzw. der mit ihm verbundenen\nwirtschaftlichen Gesamtbelastung fur die Aktionare ("Gesamtkosten") und die\nFrage Frau Is nach der Verfahrensweise bei der Evaluation der in die\nOptionsbewertung eingehenden Parameter aktueller Aktienkurs, Basispreis ,\nsicherer Zinssatz, erwartete Dividendenrendite, Laufzeit und Volatilitat nicht\nbzw. nicht vollstandig beantwortet hat, liegt jedoch keine Verletzung des §\n131 AktG. Die begehrten Auskunfte waren namlich zur sachgemaßen Beurteilung\nder Tagesordnung nicht im Sinne des § 131 AktG erforderlich. Bei der Frage\nnach der Erforderlichkeit kommt es auf den Standpunkt eines objektiv denkenden\nund vernunftigen Durchschnittsaktionars an, der die Gesellschaftsverhaltnisse\nnur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt. Fur ihn muss die begehrte\nAuskunft ein fur seine Urteilsfindung wesentliches Element bilden (OLG\nBraunschweig, ZIP 1998, 1585, 1591 sub 11 3; OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1483,\n1491 sub 11 M 3; LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2113 f.; _H uffer,_ a. a. 0.,\nRdnr. 12 zu § 131 AktG m. w. Nachw.). Der Vorstand muss sich dabei zwar auch\nauf Fragen zu Gegenstanden der Tagesordnung einstellen, die er ohne\nVorbereitung nicht beantworten kann _(H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 9 zu § 131\nAktG m. w. Nachw.). Andererseits zeigt die Pflicht, in der Hauptversammlung\nAuskunft zu geben, aber auch die immanente Beschrankung des Auskunftsrechts\nauf Fragen, die ein ordentlich praparierter Vorstand in diesem Rahmen zu\nbeantworten vermag _(H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 10 zu § 131 AktG m. w. Nachw.).\nLetztendlich kommt es auf eine Betrachtung des Einzelfalls an (OLG Stuttgart,\nZIP 1998, 1483, 1491 sub 11 M 3; LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2113 f.; _H\nuffer,_ a. a. 0., Rdnr. 17 zu § 131 AktG).\n\n76\n\n1\\. Die Auskunft uber den Gesamtwert des Optionsprogramms war jedenfalls im\nErgebnis nicht in diesem Sinne erforderlich.\n\n77\n\na) Grundsatzlich muss der Aktionar allerdings bereits bei Auflage eines\nAktienoptionsplans daruber informiert werden, welchen Wert die Optionen haben\nkonnen, die auf der Grundlage eines von der Hauptversammlung zu beschließenden\nbedingten Kapitals an das Management ausgegeben werden durfen. Die Kenntnis\nvom Gesamtvolumen ist ein fur die sachgemaße Beurteilung der Tagesordnung\nerforderlicher Umstand (ebenso LG Braunschweig, ZIP 1998, 914, 916 sub 111 3\nb; _Bayer/Ernst,_ EWiR 1998, 1013, 1014; _Knoll,_ ZIP 1998, 413, 413; _Knall/M\noller,_ ZBB 1999, 69, 71; _Lutter,_ ZIP 1997, 1, 5; _ders.,_ EWiR 1999, 195,\n_196; Paefgen,_ AG 1999, 67, 73; _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 798).\nAusschlaggebend dafur ist, daß sich der Sinn eines Aktienoptionsplans erst bei\neinem Blick auf die Vorteile erschließt, die den Begunstigten konkret in\nAussicht gestellt werden. Diese Vorteile konnen im Gesamtwert der Optionen\nveranschaulicht werden. Durch den „fair value" wird es moglich zu bestimmen,\nwieviel den Begunstigten des Optionsplans zugewendet wird _(Knoll,_ ZIP 1998,\n413, 414). Wird dem Aktionar dieser Wert nicht genannt, so muss er uber die\nbedingte Kapitalerhohung und damit uber eine Erganzung der moglichen\nVergutungsarten entscheiden, ohne daß er erfahrt, welche potentiellen Vorteile\ndas begunstigte Management daraus ziehen kann. Aus der Sicht der Gesellschaft\nist der Wert der Option dabei der Betrag, welcher der Gesellschaft bei einer\nzukunftigen Veraußerung der Aktien zum dann geltenden Marktpreis mehr\nzufließen wurde als bei einer Veraußerung an das Management. Mit der Gewahrung\nvon Optionen zum Aktienbezug an das Management nimmt die Gesellschaft also\npotentielle Mindereinnahmen in Kauf. Ist dies aber der Fall, so haben die\nAktionare letztlich daruber zu entscheiden, welchen potentiellen\nEinnahmeverzicht fur die Gesellschaft sie um der beabsichtigten, die Manager\nzu erhohter Leistung motivierenden Wirkung eines Optionsprogramms willen\nhinzunehmen bereit sind. Dieses Abwagen von Einnahmeverzicht und\nMotivationseffekt kann ohne Angaben zum Gesamtwert des Optionsprogramms fur\ndas Management nicht vollzogen werden (so zu Recht _Knoll/M oller,_ ZBB 1999,\n69, 70; ahnlich auch _Paefgen,_ AG 1999, 67, 72). Zu wenig ist nutzlos, zu\nviel ein unverhaltnismaßiger Eingriff in die Rechte der Aktionare _(Lutter,_\nZIP 1997, 1, 5; _ders.,_ EWiR 1999, 195, 196; _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 798).\nAngaben uber den Wert der zugewendeten Optionen muss man daher aus\nAktionarssicht bereits zur Beurteilung der Eignung des Aktienoptionsplans als\nzusatzlicher Anreiz fur das Management fur erforderlich halten _(Zeidler,_ NZG\n1998, 789, 798). Weder die Zahl der Optionen oder die Angabe der\nerforderlichen Erhohung des Grundkapitals noch die Bedingungen nach § 193 Abs.\n2 Nr. 4 AktG oder das Vorrechnen eines Stimmrechtsverwasserungseffekts allein\nversetzen den Durchschnittsaktionar namlich in die Lage, die okonomischen\nKonsequenzen seiner Entscheidung abschließend beurteilen zu konnen (vgl. etwa\n_Knoll,_ ZIP 1998, 413, 414 f.; _Knoll/M oller,_ ZBB 1999, 69, 72; _Lutter,_\nZIP 1997, 1, 5; _ders.,_ EWiR 1999, 195, _196; Zeidler,_ NZG 1998, 789, 798).\nDabei geht es nicht um die Kontrolle einer angemessenen Vergutung im Sinne von\n§ 87 AktG, die dem einzelnen Aktionar wie auch der Hauptversammlung verwehrt\nist, sondern allein um die den Aktionaren im Rahmen ihrer\nErmessensentscheidung zu § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG abverlangte Abwagung des\nVorteils einer moglichen Motivationswirkung mit dem Nachteil des\nVerwasserungseffekts _(Zeidler,_ NZG 1998, 789, 798). Diese Abwagung ist nur\nmoglich, wenn den Aktionaren durch Angabe des Gesamtwerts der Optionen eine\nGewinnperspektive vorgestellt wird, da sie erst dann uberschauen konnen, um\nwas es wirklich gehen soll und kann, sie also erst dann das ihnen eroffnete\nEntscheidungsermessen wirklich wahrnehmen konnen (vgl. auch LG Braunschweig,\nZIP 1998, 914, 916 sub 111 3 b; _Paefgen,_ AG 1999, 67, 73 in Fußn. 45). Auch\ndie Folgeverantwortung des Vorstandes bzw. Aufsichtsrates enthebt nicht der\nPflicht, die Aktionare zunachst uber das Gesamtvolumen des Planes vollstandig\nund zum Kern zu informieren. Die Einschatzungsprarogative liegt im geltenden\nSystem namlich bei der Hauptversammlung, die nicht schlicht dazu berufen ist,\nvorgegebene Entschließungen hinzunehmen (LG Braunschweig, ZIP 1998, 914, 916\nsub III 3 b ) . Dies gilt ganz besonders fur das derzeitige Stadium der\nEntwicklung, in welchem es in Deutschland noch an Erfahrungen uber die\nfinanziellen Auswirkungen von Aktienoptionsprogrammen fehlt (vgl. _Knoll/M\noller,_ ZBB 1999, 69, 71). Die Kenntnis jedes Aktionars vom Bezugsrechtswert\nist zudem umso mehr unabdingbar, als andernfalls einige wenige Aktionare uber\neinen Informationsvorsprung verfugen wurden, dessen Fortbestand bei der\nBeschlussfassung uber ein bedingtes Kapital weder juristisch noch okonomisch\ngeboten erscheint _(Knoll,_ ZIP 1998, 413, 415). Im ubrigen liegt es auch\nschon deshalb nahe, der Auskunftspflicht die Angabe des konkreten Wertes der\nauszugebenden Optionen zuzurechnen, weil in der umfassenden Auskunftspflicht\ndas notwendige Korrelat zur weitgehenden Zuruckhaltung bei der richterlichen\nBeschlusskontrolle gesehen werden muss _(Wei ß,_ WM 1999, 353, 356, 360).\nGerade dann, wenn bei der materiellen Beschlusskontrolle großzugige Maßstabe\ngelten, muss auf die gesetzlichen und rechtsfortbildend statuierten\nInformationspflichten besonderer Wert gelegt werden (in diesem Sinne etwa _J\nager,_ DStR 1999, 28, 33; _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 797). Gerade das, was\nseitens der Gerichte inhaltlich nicht geleistet wird, muss schon im Vorfeld\ndurch Publizitat ausgeglichen werden _(H uffer,_ ZHR 161 [1997], 214, 229 f.\nm. w. Nachw.). Ist mangels Bezugsrechtsausschluss zudem kein Vorstandsbericht\nerforderlich, so entfallt auch diese Informationsquelle _(Baums,_ in:\nFestschr. f. Claussen [1997], 3, 47). Die notwendige Information der Aktionare\nkann deshalb nur auf dem Weg uber das Auskunftsrecht nach § 131 AktG erfolgen.\nEin Vorenthalten des Gesamtwerts des Optionsprogramms stunde im ubrigen in\neinem gewissen Gegensatz zu den weitreichenden Bemuhungen des Gesetzgebers,\nden Finanzmarkt in Deutschland durch eine Erhohung gerade der Transparenz zu\nfordern. Insoweit sei hier nicht nur an den programmatischen Titel des\nGesetzes zur "Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich" erinnert (vgl.\nauch _Knall/M oller,_ ZBB 1999, 69, 71; _K uhnberger/Keßler,_ AG 1999, 453,\n461), sondern auch auf eine Stelle in den Gesetzesmaterialien zum KonTraG\nhingewiesen, in der es ausdrucklich heißt, daß es sich "von selbst verstehe",\ndaß der Vorstand der Hauptversammlung eine "ausfuhrliche Begrundung" und\n"nahere Erlauterung" geben und "Rede und Antwort stehen musse" (Entwurf der\nBundesregierung zum KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2068). Die Kammer verkennt nicht,\ndaß der hier vertretene Standpunkt in der bisherigen Rechtsprechung\nuberwiegend nicht geteilt wird (LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2114; fur\nAktienoptionsplane vor Inkrafttreten des KonTraG auch OLG Stuttgart, ZIP 1998,\n1483, 1491 sub 11 J 2 e und M 4; OLG Braunschweig, ZIP 1998, 1585, 1589 sub 11\n2 b bb ccc, 11 2 b cc sowie 1591 sub 11 3; a. A. bisher lediglich LG\nBraunschweig, ZIP 1998, 914, 915 ff.). So wird ausgefuhrt, es komme nur auf\nden maximalen Anteil am Grundkapital an, der von den Planteilnehmern durch\nAusubung der Optionen und anschließender Zeichnung der Aktien wahrgenommen\nwerden konne (OLG Braunschweig, ZIP 1998, 1585, 1590 sub 11 2 b dd).\nDemgegenuber sei die mit der Frage nach dem Wert der Optionen verbundene\nGewinnperspektive fur die Entscheidung der Aktionare irrelevant, zumal uber\ndie Vergutung nicht die Hauptversammlung zu entscheiden habe, sondern der\nVorstand bzw. fur den Vorstand der Aufsichtsrat (vgl. OLG Braunschweig, ZIP\n1998, 1585, 1590 sub II 2 b dd ) , Die Hauptversammlung habe lediglich uber\ndie in § 193 Abs. 2 AktG genannten wesentlichen Eckpunkte des in Aussicht\ngenommenen Optionsplans zu beschließen, zu denen sein Gesamtwert nicht gehore\n(LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2113 f.). Hinzu komme, daß eine in vollem\nUmfang zutreffende Antwort regelmaßig gar nicht moglich sei, da der Gesamtwert\nder Optionen von zukunftigen Entwicklungen abhange. Zur Beantwortung von nicht\nbeantwortbaren Fragen sei aber der Vorstand anerkanntermaßen nicht\nverpflichtet (LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2114). Es moge zwar sein, daß es\nBerechnungsverfahren fur einen solchen Wert gabe. Diese beruhten aber im\nwesentlichen auf Annahmen und Prognosen, die keine substantiierte Aussage\nzuließen (LG Stuttgart, ZIP 2000, 2110, 2113). Diese Argumente vermogen jedoch\nnicht vollends zu uberzeugen: Der Umstand, daß der Gesamtwert der Optionen in\n§ 193 Abs. 2 AktG nicht genannt ist, besagt lediglich, daß dieser Punkt nicht\nzu den notwendigen Beschlussinhalten bei der bedingten Kapitalerhohung gehort.\nEr besagt aber nicht, daß eine Auskunft daruber nicht erforderlich ist. Die\ninformationellen Teilhaberechte der Anteilseigner beschranken sich auch sonst\nnicht allein auf die Beschlussinhalte (so auch _K uhnberger/Keßler,_ AG 1999,\n453, 462). Auch der Einwand, eine substantiierte Aussage uber den Gesamtwert\nvon Optionen aus Aktienoptionsprogrammen sei nicht moglich, greift so nicht\ndurch. Hat namlich auch die nicht ausgeubte und nicht borsengehandelte weil\nunubertragbare Option einen Zeitwert, der mit Hilfe verschiedener Verfahren,\ninsbesondere der sogenannten _Black/Scholes/Merton-Formel (Black/Scholes,_ The\nPricing of Options and Corporate Liabilities, in: Journal of Political Economy\n1973, 637-659; _Merton,_ Theory of Rational Option Pricing, in: Bell Journal\nof Economics and Management Science 1973, 141-183); weitere Verfahren zur\nOptionsbewertung werden genannt bei _B uhler,_ in: Wittmann u. a. [Hrsg.],\nHandworterbuch der Betriebswirtschaft, 5. Aufl., 1993, S. 2980 ff.), prazise\nberechnet werden kann, so ist es auch moglich, fur eine bestimmte Summe von\nOptionen einen Gesamtzeitwert anzugeben. In den USA wird denn auch der Wert\nvon nicht handelbaren Optionen aus Aktienoptionsplanen bereits seit langem aus\nverschiedenen rechtlichen Grunden den Aktionaren offengelegt. 1992 unterwarf\ndie Securities and Exchange Commission (SEC) ihre Publizitatsvorschriften\neiner umfassenden Revision. Seither gilt in Grundzugen folgendes (SEC,\nExecutive Compensation Disclosure, 16.10.1992, Securities Act Release No.\n6962; Exchange Act Release No. 31327 [Fed. Register 48, 126; 17 CFR §§ 228,\n229, 240, 249]; dazu w. Nachw. bei _Baums,_ in: Festschr. f. Claussen [1997],\n3, 21 in Fußn. 94): Nach den neuen Regeln mussen in sogenannten proxy\nstatements der Verwaltung an die Aktionare die Gehalter der Chief Executive\nOfficers und der nachsten vier hochstbezahlten Manager unter Namensnennung in\nihrer jeweiligen Hohe und unter Aufschlusselung der jeweiligen Vergutungsart,\neinschließlich einer Vergutung durch Aktienoptionen, detailliert angegeben\nwerden. In einer als Anlage beizufugenden Tabelle ist u. a. auch der\nrechnerische Wert der Aktienoptionen zu nennen. Auch nach den\nRechnungslegungsvorschriften des Financial Accounting Standards Board (FASB)\nist seit 1995 der Wert der Optionen im Zeitpunkt ihrer Einraumung und ihre\nAuswirkungen auf den Jahresabschluss und den Gewinn pro Aktie anzugeben (FASB,\nStatement of Financial Accounting Standards No. 123 [Oktober 1995]).\nAngesichts dieser jahrelangen Praxis in den USA ist es nicht angangig zu\nbehaupten, eine substantiierte Aussage uber den Wert von Optionen aus\nAktienoptionsplanen sei nicht moglich. Dies gilt jedenfalls fur ihren\naktuellen Zeitwert. Fur den Wert von Optionen zu spateren Zeitpunkten gilt\nfreilich anderes (dazu spater). Der Erforderlichkeit der Auskunft stehen auch\nnicht schon die Angaben aus dem Jahresabschluss der Beklagten einschließlich\nAnhang entgegen. Die Angaben im Bilanzanhang nach § 285 Nr. 9 lit. a HGB, zu\ndenen zutreffender Ansicht nach auch Angaben uber den Wert von Aktienoptionen\ngehoren _(Aha,_ BB 1997, 2225, 2227 in Fußn. 48; _Baums,_ in: Festschr. f.\nClaussen [1997], 3, 44 f. m. w. Nachw. in Fußn. 193), haben im Zeitpunkt der\nEntscheidung der Aktionare uber die bedingte Kapitalerhohung noch keinen\nInformationswert, weil sie sich nur auf das abgelaufene Geschaftsjahr\nbeziehen, sich also nicht auf die erst noch zu gewahrenden Optionen\nerstrecken. (vgl. noch _Baums,_ .in: Festschr. f. Claussen [1997],3,47 f.; _J\nager,_ DStR 1999,28, 34). Gleiches gilt auch fur § 160 Abs. 1 Nr. 5 AktG,\nwonach nur die Zahl der schon ausgegebenen Optionen angegeben werden muss, im\nubrigen auch nicht deren Wert.\n\n78\n\nb ) Die Aktionare waren hier jedoch ohne großeren Aufwand in der Lage, den\nGesamtwert der Optionen selbst zu berechnen. In der Regel ist dies zwar nicht\nder Fall (ebenso _Zeidler,_ NZG 1998, 789, 798; a. A. _J ager,_ DStR 1999, 28,\n33); der Durchschnittsaktionar, der nicht uber Spezialkenntnisse auf dem\nGebiet der Optionsbewertungstheorie verfugt, ist regelmaßig nicht dazu\nimstande, von sich aus den Gesamtwert eines Optionsprogramms zu ermitteln.\nHierzu musste er namlich zunachst den Wert einer einzelnen Option errechnen.\nNach der _Black/Scholes/Merton-Formel_ berechnet sich der Optionswert\nfolgendermaßen _(B uhler,_ a. a. 0., S. 2986):\n\n79\n\n![Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine\nGrafik.](11_O_83_11_Urteil_20010220_2.jpeg)\n\n80\n\nDabei ist C der unbekannte Optionswert, _S_ der aktuelle Aktienkurs, N die\nkumulative Normalverteilungsfunktion, _PE_ der Barwert des am Verfallstag bei\nAusubung falligen Basispreises E, S die Renditevolatilitat der Aktie und T die\nOptionslaufzeit in Jahren. Fallen wahrend der Optionslaufzeit Dividenden an,\nso ist der aktuelle Aktienkurs noch um den Barwert der Dividenden zu\nreduzieren _(B uhler,_ a. a. 0., S. 2986). Diese Formel ist fur einen\nDurchschnittsaktionar nicht verstandlich. Mithin ist er auch nicht imstande,\nnach dieser Formel den Wert einer Option selbst zu errechnen. Fehlt ihm aber\ndieser Wert, so kann er auch nicht den Gesamtwert des Optionsprogramms\nermitteln. Etwas anderes muss jedoch dann gelten, wenn der Vorstand den\nAktionaren in der Hauptversammlung den nach der oben genannten Formel\nerrechneten Wert einer einzelnen Option genannt hat. Kennt der Aktionar diesen\nWert, so kann er ihn mit der Zahl der insgesamt im Programm vorgesehenen\nOptionen multiplizieren und erfahrt auf diese Weise den Gesamtwert des\nOptionsprogramms. Werden alle fur die Berechnung dieses Wertes notwendigen\nAngaben gemacht, so daß dem Vorstand am Ende keine andere Berechnungsgrundlage\nzur Verfugung steht als dem einzelnen Aktionar, muss seine Ermittlung von der\nAuskunftspflicht des Vorstandes ausgenommen und dem Verantwortungsbereich der\nAktionare zugewiesen werden (vgl. auch _J ager,_ DStR 1999, 28, 33). Genauso\nverhalt es sich im vorliegenden Fall. Die Beklagte hatte den Wert einer\neinzelnen Option zum Zeitpunkt der Hauptversammlung mit 25,56 angegeben. Da\ndie bedingte Kapitalerhohung die Ausgabe von bis zu 25.000.000 neuen\nStuckaktien ermoglichen und eine Option zum Bezug einer Aktie berechtigen\nsoll, konnen insgesamt auch bis zu 25.000.000 Optionen ausgegeben werden. Das\nGesamtvolumen des Optionsplanes belief sich demnach im Zeitpunkt der\nHauptversammlung am 25. Mai 2000 auf 25.000.000*25,56 also auf 639.000.000,00\nbzw. 1.249.775.370,00 DM. Diesen Wert konnte jeder in der Hauptversammlung\nerschienene Aktionar selbst errechnen. Eine andere Beurteilung konnte nur dann\ngeboten sein, wollte man der Berechnung des Gesamtvolumens nicht lediglich den\nOptionswert zum Zeitpunkt der Hauptversammlung zugrunde legen, sondern den\nWert zum Zeitpunkt der jeweiligen Optionsausgabe. Da hier eine Optionsausgabe\nin funf Tranchen vorgesehen war, wurde dies eine Berechnung mit funf\nverschiedenen Zeitwerten bedeuten. Diese Werte hatte der Vorstand der\nBeklagten in der Hauptversammlung nicht angegeben. Er war aber auch nicht\nverpflichtet, diese Werte anzugeben, weil er dazu nicht in der Lage war (vgl.\nauch _H uffer,_ a. a. 0., Rdnr. 10 zu § 131 AktG). Zum Zeitpunkt der\nHauptversammlung lagen die Daten fur ihre Berechnung namlich weder vor, noch\nwaren sie auch nur annahernd grob abschatzbar. Besonders augenfallig wird dies\nam als Parameter S in die _Black/Scholes/Merton-Formel_ eingehenden Aktienkurs\ndes Zeitpunkts, fur den der Optionswert errechnet werden soll. Bedenkt man\nnur, daß der Kurs der Aktie der Beklagten seit seinem Hoch im Marz 2000 bei\nca. 102 und seit dem Stand zum Zeitpunkt der Hauptversammlung im Mai 2000 bei\nca. 60 in weniger als einem Jahr auf inzwischen nur noch ca. 34 gefallen ist,\nso wird niemand mit Sicherheit voraussagen konnen, welchen Kurs die Aktie der\nBeklagten bei der Ausgabe von Optionen aus spateren Tranchen, also in einigen\nJahren, aufweisen wird. Auch die in der _Black/Scholes/Merton-Formel_ mit dem\nParameter S berucksichtigte Volatilitat der Aktie ist nur auf Grundlage der\naktuellen Marktdaten bekannt. Sie schwankt ebenfalls im Laufe der Zeit. Dem\nVorstand der Beklagten war es daher im Zeitpunkt der Hauptversammlung nicht\nmoglich, auf serioser Basis Optionswerte fur spatere Tranchen zu errechnen.\n\n81\n\n2\\. Aus den vorhergehenden Ausfuhrungen ergibt sich auch, daß die von Frau I\nebenfalls begehrte Auskunft uber die Verfahrensweise bei der Evaluation der\nvon ihr genannten Parameter aktueller Aktienkurs, Basispreis, sicherer\nZinssatz, erwartete Dividendenrendite, Laufzeit und Volatilitat gleichfalls\nnicht im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlich war. Ist namlich\ndavon auszugehen, daß der Durchschnittsaktionar noch nicht einmal mit Hilfe\nder _Black/Scholes/Merton-Formel_ den Wert einer Option errechnen kann, so\nwird er erst recht mit Angaben zur Verfahrensweise bei der Evaluation\neinzelner in diese Formel eingehender Werte nichts anzufangen wissen. Bei der\nBeurteilung der Tagesordnung werden ihm diese Angaben nicht weiterhelfen. Daß\nfur die Klager insoweit anderes gelten konnte, ist bei der im Rahmen des § 131\nAktG angebrachten Betrachtung des Durchschnittsaktionars ohne Bedeutung.\nLediglich berufliche oder personliche Interessen der Klager an der Erteilung\nder Auskunft genugen fur den Anspruch aus § 131 AktG anerkanntermaßen nicht\n(OLG Stuttgart, ZIP 1998, 1482, 1492 sub 11 M 5; _Reuter,_ OB 1988, 2615, 2615\nm. w. Nachw.).\n\n82\n\nB. Auch die beiden Hilfsantrage sind unbegrundet.\n\n83\n\nI. Zunachst ist der Hilfsantrag auf Feststellung der Nichtigkeit (§ 249 AktG)\nder Hauptversammlungsbeschlusse nicht begrundet. Dies wurde namlich\nvoraussetzen, daß einer der im Gesetz abschließend aufgefuhrten\nNichtigkeitsgrunde gegeben ware, was hier ersichtlich nicht der Fall ist.\nInsbesondere ist weder § 241 Nr. 3 AktG noch § 241 Nr. 4 AktG einschlagig. §\n241 Nr. 3 Alt. 1 AktG setzt die Unvereinbarkeit eines\nHauptversammlungsbeschlusses mit dem Wesen der Aktiengesellschaft voraus. Daß\nAktienoptionsprogramme der Aktiengesellschaft in diesem Sinne wesensfremd\nsind, behaupten nicht einmal die Klager. § 241 Nr. 3 Alt. 2 AktG verlangt in\nbeiden Unteralternativen zunachst einen Gesetzesverstoß. Wie im Rahmen der\nAusfuhrungen zum Hauptantrag bereits gezeigt, liegt ein solcher jedoch nicht\nvor. Das Aktienoptionsprogramm verstoßt schließlich auch nicht im Sinne des §\n241 Nr. 4 AktG gegen die guten Sitten.\n\n84\n\nII. Auch der außerst hilfsweise gestellte Antrag ist unbegrundet. Die\nUnwirksamkeit ist eine Rechtsfolge, die nicht einen Gesetzesverstoß, sondern\neinen unvollstandigen rechtsgeschaftlichen Tatbestand voraussetzt _(H uffer,_\na. a. 0., Rdnr. 6 zu § 241 AktG m. w. Nachw.). Es ist kein Grund dafur\nersichtlich, daß die gefassten Hauptversammlungsbeschlusse in diesem Sinne\nunvollstandig sein konnten.\n\n85\n\nc. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 ZPO, die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.\n\n
302,863
olgk-2001-02-09-2-w-1901
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
2 W 19/01
2001-02-09
2019-03-12 17:56:14
2020-12-10 13:04:56
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:2001:0209.2W19.01.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e**\n\n2\n\n1.\n\n3\n\nMit Schreiben vom 24. Januar 2000 hat die Schuldnerin beim Amtsgericht Munster\ndie Eroffnung des Insolvenzverfahrens uber ihr Vermogen beantragt. Der von ihr\nvorgelegte Schuldenbereinigungsplan beinhaltet Forderungen von insgesamt 31\nGlaubigern mit einem Gesamtbetrag von ca. 237.000,00 DM. Die Schuldnerin hat\neine Einmalzahlung von 7.200,00 DM angeboten, wobei auf jeden Glaubiger eine\nQuote von 3,03 % entfiel. Die Beteiligte zu 2) ist in dem Plan mit einer\nForderung von 24.963,66 DM aufgefuhrt und soll einen Betrag von 720,98 DM\nerhalten.\n\n4\n\nAuf Antrag der Schuldnerin, die Einwendungen der dem Schuldenbereinigungsplan\nnicht zuzustimmenden 4 Glaubiger mit einer Forderungssumme von ca. 43.000,00\nDM gemaß § 309 InsO zu ersetzen, hat das Amtsgericht Munster mit Beschluß vom\n10. Oktober 2000 die Einwendungen dieser Glaubiger ersetzt. Zur Begrundung hat\nes ausgefuhrt, die Voraussetzungen fur eine Ersetzung seien gegeben, da mehr\nals die Halfte der benannten Glaubiger dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt\nhatten und die Summe der Anspruche der zustimmenden Glaubiger mehr als die\nHalfte der Summe der Anspruche der benannten Glaubiger betrage. Die Beteiligte\nzu 2) werde durch den Plan nicht schlechter gestellt als bei Durchfuhrung des\nInsolvenzverfahrens und anschließender Restschuldbefreiung. Im letzteren Fall\nverbleibe fur die Glaubiger ein zu verteilender Betrag von nur 6.627,00 DM,\nwahrend sich bei Annahme des vorgelegten Plans insgesamt 7.200,00 DM\nerhielten. Es sei nicht zu beanstanden, daß der Schuldenbereinigungsplan\nlediglich eine einmalige Zahlung vorsehe.\n\n5\n\nMit einem am 16. Oktober 2000 beim Amtsgericht Munster eingegangen Schriftsatz\nvom gleichen Tage hat sich die Beteiligte zu 2) gegen diesen Beschluß mit der\nsofortigen Beschwerde gewandt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Zur\nBegrundung hat sie im wesentlichen ausgefuhrt, sie gehe davon aus, daß bei\neinem Wechsel der Berufstatigkeit der Schuldnerin unter Zugrundelegung der\ngunstigeren Steuerklasse sowie der Kinderfreibetrage ein hoheres Einkommen zu\nerzielen sei. Das Landgericht Munster hat mit Beschluß vom 14. Dezember 2000\ndie sofortige Beschwerde zuruckgewiesen. In den Grunden hat es ausgefuhrt, bei\nder von der Beschwerdefuhrerin geaußerten Hoffnung, die Schuldnerin konne in\nZukunft ein hoheres Einkommen erzielen, handele es sich um eine Vermutung, die\ndurch Tatsachen nicht erhartet werde. Zudem ergaben sich keine Anhaltspunkte\nfur eine Unredlichkeit der Schuldnerin.\n\n6\n\nGegen den ihr am 2. Januar 2001 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu 2)\ndurch ihre Verfahrensbevollmachtigte am 12. Januar 2001 mit Schriftsatz vom\ngleichen Tage sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung,\nim vorliegenden Fall werde insbesondere gegen eine Einheitlichkeit der\nRechtsprechung sowie die Vorschriften des Gesetzes verstoßen, weil "die\nSchuldnerin beabsichtigte, durch eine einmalige Zahlung das Insolvenzverfahren\nabzuschließen. Hierdurch werde versucht, die Wohlverhalt[en]sphase zu\numgehen".\n\n7\n\n2.\n\n8\n\na)\n\n9\n\nDas Oberlandesgericht Koln ist gemaß § 7 Abs. 3 InsO in Verbindung mit § 1 der\nVerordnung des Landes Nordrhein-Westfalen uber die Zusammenfassung der\nEntscheidungen uber die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6.\nNovember 1998 (GVBl. NW 1998, 550; abgedruckt in: NZI 1999, 66) zur\nEntscheidung uber das Rechtsmittel des Antragstellers gegen den Beschluß des\nLandgerichts Munster vom 14. Dezember 2000 berufen.\n\n10\n\nb)\n\n11\n\nDer Senat laßt die weitere Beschwerde gemaß § 7 Abs. 1 InsO zu.\n\n12\n\nDas von der Beteiligten zu 2) angebrachte Rechtsmittel ist statthaft. Es liegt\neine dem Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde grundsatzlich\nzugangliche Ausgangsentscheidung vor (zu diesem Erfordernis: Senat, NZI 2000,\n367 = ZInsO 2000, 334 = ZIP 2000, 1628; HK/Kirchhof, InsO, 2. Auflage 2001, §\n7 Rdnr. 5 jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der\nobergerichtlichen Rechtsprechung). Die Regelung des § 309 Abs. 2 Satz 3 InsO,\nnach der sowohl dem Antragsteller als auch dem Glaubiger, dessen Zustimmung\nersetzt wird, gegen den Beschluß des Insolvenzgerichts die sofortige\nBeschwerde zusteht, bezieht sich auf alle Falle einer Entscheidung gemaß § 309\nAbs. 2 Satz 3 InsO. Deshalb kann sowohl der Schuldner, der die Ersetzung der\nEinwendungen eines Glaubigers durch eine Zustimmung erstrebt hat, gegen einen\ndiese Zustimmung versagenden Beschluß des Insolvenzgerichts, als auch der\nGlaubiger, dessen Zustimmung ersetzt worden ist, gegen die seine Zustimmung\nersetzende Entscheidung des Insolvenzgerichts sofortige Beschwerde einlegen\n(Senat, Beschluß vom 9. Oktober 2000, 2 W 190/00).\n\n13\n\nDie sofortige weitere Beschwerde, die wegen der offenkundigen Interessenlage\nzugleich als Zulassungsantrag der Beteiligten zu 2) auszulegen ist (Senat, NZI\n2000, 80; Senat, ZIP 2000, 462 [463]; Senat, NZI 2000, 134; HK/Kirchhof,\na.a.O., § 7 Rdnr. 7; Becker in: Nerlich/Romermann, InsO, Stand 2. Lfg.\nNovember 2000, § 7 Rdnr. 12), ist form- und fristgerecht eingereicht worden,\n§§ 4, 7 InsO, 569, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO.\n\n14\n\nDie weiteren Voraussetzungen fur eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 7\nAbs. 1 InsO sind ebenfalls gegeben. Die Glaubigerin stutzt ihr Rechtsmittel\nauf eine Verletzung des Gesetzes und die Nachprufung der angefochtenen\nEntscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Zu\nder von der Beschwerdefuhrerin aufgeworfenen Frage, ob die Zustimmung eines\nGlaubigers auch dann ersetzt werden darf, wenn die Schuldnerin einen\nSchuldenbereinigungsplan vorlegt, der nur eine "Einmalzahlung" berucksichtigt,\nhat sich bisher noch keine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung gebildet\n(Zur Moglichkeit der Nachprufung einer noch nicht durch ein Oberlandesgericht\ngeklarten Rechtsfrage zur Vermeidung kunftiger Divergenzen: Senat, NZI 2000,\n80; HK/Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 23; FK/Schmerbach, InsO, 2. Auflage 1999, §\n7 Rdnr. 16).\n\n15\n\nc)\n\n16\n\nDie Rechtsbeschwerde der Glaubigerin ist indes nicht begrundet. Die\nangefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung\ndes Gesetzes (§§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 550 ZPO).\n\n17\n\nDas Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen fur\neine Versagung der Ersetzung der Zustimmung nach § 309 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3\nInsO hier nicht vorliegen. Bei einem vom Schuldner vorgelegten\nSchuldenbereinigungsplan hat bei dem Erreichen einer mindestens einfachen\nKopf- und Summenmehrheit im Sinne des § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO grundsatzlich\nauf Antrag eines Glaubigers oder des Schuldners die Ersetzung der Einwendungen\neines Glaubigers durch Zustimmung zu erfolgen. Eine Ersetzung kommt nur dann\nnicht in Betracht, wenn der Einwendungen erhebende Glaubiger im Verhaltnis zu\nden ubrigen Glaubigern nicht angemessen beteiligt wird (§ 309 Abs. 1 Satz 2\nNr. 1 InsO) oder dieser Glaubiger durch den vorgelegten Plan voraussichtlich\nwirtschaftlich schlechter gestellt wird, als er bei Durchfuhrung des\nVerfahrens uber die Antrage auf Eroffnung des Insolvenzverfahrens und\nErteilung von Restschuldbefreiung stunde (§ 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO).\nWeiterhin scheidet eine Ersetzung aus, wenn sich ernsthafte Zweifel ergeben,\nob eine vom Schuldner angegebene Forderung besteht oder sich auf einen hoheren\noder niedrigeren Betrag richtet als angegeben und wenn vom Ausgang des Streits\nabhangt, ob der Glaubiger im Verhaltnis zu den ubrigen Glaubigern angemessen\nbeteiligt wird (§ 309 Abs. 3 InsO). Das Vorliegen entsprechender Grunde muß\nder Glaubiger, dessen Zustimmung ersetzt werden soll, nach § 309 Abs. 2 Satz 1\nbzw. Abs. 3 InsO glaubhaft machen.\n\n18\n\nDemgegenuber pruft das Insolvenzgericht im Rahmen der Zustimmungsersetzung\nnach § 309 InsO nicht generell die Zulassigkeit oder die Angemessenheit des\ngemaß § 305 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4\n\n19\n\nInsO mit dem Antrag auf Eroffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzuglich\nnach diesem Antrag vorgelegten Schuldenbereinigungsplans. Dem Insolvenzgericht\nsteht im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren fur eine derartige\nallgemeine Prufung bereits kein materielles Prufungsrecht zu (z.B. Senat, NZI\n1999, 494 fur die Prufung der Zulassigkeit eines "Nullplanes"). Der Inhalt\neines Plans unterliegt der Privatautonomie. Der Schuldner ist bei der\nGestaltung grundsatzlich frei. Ebenso wie der Plan, mit dem außergerichtlich\neine Schuldenbereinigung versucht worden ist, kann auch der gerichtliche\nSchuldenbereinigungsplan samtliche rechtlich moglichen Regelungen enthalten,\ndie unter Berucksichtigung der Glaubigerinteressen sowie der Vermogens-,\nEinkommens- und Familienverhaltnisse des Schuldners\n\n20\n\nzur angemessenen Bereinigung des Insolvenzsituation sinnvoll erscheinen\n(Gottwald/Schmidt-Rantsch, Insolvenzrechts-Handbuch, 2. Auflage 2001, § 83\nRdnr. 18). Zu den in Betracht kommenden Regelungen gehoren beispielsweise\nStundungen, Zinsverzichte, das Angebot von Ratenzahlungen oder einer\nquotenmaßigen Befriedigung, desgleichen Anpassungs-, Verfall- und\nBesserungsklauseln (Wenzel in: Kubler/Prutting, InsO, Stand 8. Lfg. November\n2000, § 305 Rdnr. 4d; Romermann in: Nerlich/Romermann, a.a.O., § 305 Rdnr. 38\nff.; Gottwald/Schmidt-Rantsch, a.a.O., § 83 Rdnr. 19 jeweils mit weiteren\nNachweisen).\n\n21\n\nDer Schuldner kann sogar einen Plan vorlegen, der als "Nullplan" oder "Fast-\nNullplan" keine oder nur eine geringe Befriedigung der Glaubiger vorsieht oder\nals "flexibler Nullplan" (vgl. z.B. Senat, NZI 1999, 494; BayObLG, NZI 1999,\n451; OLG Karlsruhe, NZI 2000, 163; HK/Landfermann, a.a.O., § 12, 27 f.;\nFK/Grote, a.a.O., § 309 Rdnr. 36) die Zusage enthalt, bei einer erhofften\nBesserung der Einkommenssituation des Schuldners die Glaubiger an dem\nkunftigen pfandbaren Erwerb partizipieren zu lassen. Im Rahmen der bestehenden\nPrivatautonomie ist ein Schuldner auch nicht gehindert, seinen Glaubigern mit\ndem Plan als Losung seiner finanziellen Schwierigkeiten eine einmalige Zahlung\nanzubieten. Wenn sich die Glaubiger mit einer solchen "Einmalzahlung"\neinverstanden erklaren, ist die Schuldenbereinigung erreicht und dem\nGesetzeszweck Genuge getan. Stehen entsprechende Mittel zum Beispiel durch\nMitwirkung Dritter zur Verfugung, so ist eine Einmalzahlung an die Glaubiger\nin der Regel die beste Losung fur alle Beteiligten (vgl. HK/Landfermann,\na.a.O., § 306 Rdnr. 25a).\n\n22\n\nSoweit ein Glaubiger einen Schuldenbereinigungsplan, der die Zahlung eines\neinmaligen Betrages enthalt, ablehnt und er deshalb hiergegen Einwendungen\nerhebt, fuhrt dies nur indirekt zu einer Überprufung des vom Schuldner\nvorgelegten Plans durch das Insolvenzgericht. Um einen Glaubiger durch einen\nSchuldenbereinigungsplan gegenuber anderen Glaubigern nicht zu benachteiligen\nbzw. schlechter zu stellen als bei Durchfuhrung des Insolvenzverfahrens und\nanschließender Restschuldbefreiung, kann es sich nach den Umstanden des\nEinzelfalls verbieten, die Zustimmung zu einem Schuldenbereinigungsplan zu\nersetzen, der lediglich eine Einmalzahlung vorsieht. Wenn ein Glaubiger Grunde\nund Tatsachen im Sinne des § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 3 InsO\nbenennt und nach § 309 Abs. 2 und Abs. 3 InsO glaubhaft macht, die einer\nErsetzung entgegenstehen, hat sich das Gericht hiermit zu befassen und\ninsoweit die Regelungen im vorgelegten Schuldenbereinigungsplan im Rahmen der\nerhobenen Einwendungen zu prufen (vgl. auch FK/Grote, a.a.O., § 305 Rdnr. 30).\nFehlt es daran oder tragt der Glaubiger nur allgemein seine Unzufriedenheit\nmit dem vorgelegten Schuldenbereinigungsplan vor, so muß sich das Gericht mit\ndiesem Vorbringen nicht einmal befassen, sondern kann den Antrag auf\nAbanderung als unzulassig zuruckweisen (BayObLG, ZIP 2001, 204 [206]).\n\n23\n\nDiese Grundsatze hat das Landgericht beachtet und mit rechtlich nicht zu\nbeanstandenden Grunden die mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen der\nGlaubigerin zuruckgewiesen. Auf Tatsachen, aus denen sich ernsthafte Zweifel\nergeben konnen, ob die von der Schuldnerin angegebenen Forderungen bestehen\noder sich auf einen hoheren oder niedrigeren Betrag richten als angegeben, hat\ndie Beschwerdefuhrerin nicht berufen. Da aus der im vorgelegten\nSchuldenbereinigungsplan vorgesehenen einmalige Tilgungsleistung allen\nbeteiligten Glaubigern ein gleich hohe Befriedigungsquote zustehen soll, ist\nebenfalls eine angemessene Beteiligung der Beschwerdefuhrerin gewahrleistet.\nIm ubrigen hat die Beschwerdefuhrerin keine hinreichende Tatsachen benannt und\nglaubhaft gemacht, aus denen sich ernsthafte Anhaltspunkte dafur ergeben, sie\nwurde im Sinne des § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO gegenuber einer Durchfuhrung\ndes Insolvenzverfahrens schlechter stehen.\n\n24\n\nNicht zu beanstanden ist, daß das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit dem\nInsolvenzgericht den Angaben der Schuldnerin folgt, daß die von ihr angebotene\nZahlung von 7.200,00 DM nicht aus ihrem Vermogen stammt und somit bei\nDurchfuhrung des Insolvenzverfahrens nicht zur Verfugung steht. Umstande, die\ngegen die vorgenommene Wertung sprechen, dieser Betrag stamme von dritter\nSeite, werden von der Glaubigerin nicht aufgezeigt. Mit rechtlich nicht zu\nbeanstandenden Erwagungen hat das Landgericht den Einwand der\nBeschwerdefuhrerin zuruckgewiesen, die Schuldnerin konnte bei Aufgabe der\nSelbstandigkeit ein hoheres Einkommen erzielen. Aus dem Vortrag der\nGlaubigerin ergeben sich bereits keine Angaben dazu, in welchem Umfange sich\ndie wirtschaftlichen Verhaltnisse der Schuldnerin in Zukunft verandern\nkonnten. Insbesondere zeigt sie nicht konkret auf, ob uberhaupt fur die\nSchuldnerin eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, bei Aufgabe ihrer\nSelbstandigkeit eine andere, besser bezahlte Beschaftigung zu finden. Daher\nist das Landgericht bei der Beurteilung der Voraussetzungen einer\nwirtschaftlichen Schlechterstellung und der anzustellenden Prognose fur die\nZukunft zutreffend davon ausgegangen, daß sich die derzeitigen Einkommens-,\nVermogens- und Familienverhaltnisse der Schuldnerin wahrend der gesamten Dauer\ndes Verfahrens maßgeblich bleiben (§ 309 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 2. Halbsatz\nInsO).\n\n25\n\n3.\n\n26\n\nDie weitere Beschwerde muß daher mit der Kostenfolge gemaß den §§ 4 InsO, 97\nAbs. 1 ZPO zuruckgewiesen werden.\n\n27\n\nWert des Beschwerdeverfahrens: bis 2.000,00 DM\n\n28\n\n(wie Vorinstanz)\n\n
304,223
ovgnrw-2000-09-05-12-b-113200
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
12 B 1132/00
2000-09-05
2019-03-12 18:35:55
2020-12-10 13:05:51
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2000:0905.12B1132.00.00
## Tenor\n\nDer angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung\ngeandert.\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDer Antragsteller tragt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszugen mit\nAusnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst\ntragt.\n\nDer Streitwert wird auch fur das Beschwerdeverfahren auf 4.000,.... DM\nfestgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDie vom Senat zugelassene Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Das\nVerwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers,\n\n3\n\ndem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die im\nJustizministerialblatt des Landes Nordrhein..Westfalen vom 1. Marz 2000 (JMBl.\n2000, 53) ausgeschriebene Stelle eines Oberregierungsrates\n/Oberregie..rungsratin .. Geschaftsleiter/in .. bei dem Oberverwaltungsgericht\nin N. mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis er uber die Bewerbung des\nAntragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut\nentschieden hat,\n\n4\n\nzu Unrecht stattgegeben. Die Voraussetzungen fur den Erlass der begehrten\neinstweiligen Anordnung liegen nicht vor.\n\n5\n\n1\\. Gegenstand der Beschwerde ist das Begehren des Antragstellers auf Erlass\neiner einstweiligen Anordnung. Soweit der Antragsteller demgegenuber offenbar\ndavon ausgeht, dass die Befugnis der Beschwerdeinstanz auf eine Überprufung\nder tragenden Grunde des angefochtenen Beschlusses beschrankt sei mit der\nFolge, dass .. "sollte der Beschwerde zum Anordnungsanspruch stattzugeben\nsein" .. "die Vorinstanz noch uber eine evtl. Fehlerhaftigkeit der\nAuswahlentscheidung zu beschließen" hatte, findet dieses Verstandnis keine\nprozessrechtliche Grundlage.\n\n6\n\n2\\. Der Senat legt das streitgegenstandliche Begehren dahin aus, dass der\nAntragsteller nicht ausschließlich eine Beforderung des Beigeladenen vorlaufig\nverhindern mochte, sondern sich sein vorlaufiges Rechtsschutzbegehren (auch)\nschon gegen die .. hier zunachst probeweise .. Besetzung des Dienstpostens des\nGeschaftsleiters/der Geschaftsleiterin bei dem Oberverwaltungsgericht fur das\nLand Nordrhein..Westfalen richtet. Andernfalls wurde es namlich derzeit an dem\nnotigen Rechtsschutzinteresse fur die Inanspruchnahme vorlaufigen\nRechtsschutzes fehlen. Nach dem auch vom Antragsteller nicht in Frage\ngestellten Vortrag des Antragsgegners in seiner Beschwerdezulassungsschrift\nvom 2. August 2000 steht eine Beforderung des Beigeladenen weder unmittelbar\nan, noch ware sie .. wie auch eine Beforderung des Antragstellers .. nach dem\ngeltenden Laufbahnrecht jetzt schon moglich. Letzteres folgt insbesondere aus\nder nach § 10 Abs. 4 LVO in der Fassung der Änderung vom 11. April 2000 (GV\nNRW S. 380) vor einer Beforderung zunachst abzuleistenden .. hier\nneunmonatigen .. Erprobungszeit.\n\n7\n\n3\\. Fur seine Entscheidung kann der Senat letztlich offen lassen, ob der\nAntragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. Dies konnte unter\ndem Gesichtspunkt zweifelhaft sein, dass nach dem Vorstehenden hier aktuell\nlediglich eine sog. "Dienstposten..Konkurrenz" im Streit steht, mit der nicht\nunmittelbar bereits die Übertragung eines Beforderungsamtes (im\nstatusrechtlichen Sinne) verbunden ist. Ob in dieser Konstellation dem\nKonkurrenten um einen hoherwertigen Dienstposten, welcher im Wege eines\neinstweiligen Anordnungsverfahrens die vorlaufige Untersagung der Besetzung\ndes Dienstpostens mit dem vom Dienstherrn ausgewahlten Bewerber erstrebt, ein\nAnordnungsgrund zuzuerkennen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht\neinheitlich beantwortet,\n\n8\n\nbejahend .. zum Teil unter Einschrankungen .. etwa: OVG NRW, Beschluss vom 15.\nNovember 1991 .. 12 B 2440/91 .., DÖD 1993, 90 (91) sowie Beschluss vom 30.\nAugust 1985 .. 1 B 319/85 .., NVwZ 1986, 773 (dort bezogen auf die sog.\nTopfwirtschaft); Hessischer VGH, Beschluss vom 27. Marz 1986 .. 1 TG 678/86\n.., ZBR 1986, 205 (206); Sachsisches OVG, Beschluss vom 15\\. Dezember 1993 ..\n2 S 343/93 .., PersR 1994, 137; Schleswig..Holsteinisches OVG, Beschluss vom\n18. Mai 1994 .. 3 M 17/94 .., NVwZ..RR 1995, 45; Gunther, NVwZ 1986, 697\n(703); Schnellenbach, DÖD 1990, 153 (157); demgegenuber zumindest im Grundsatz\nverneinend: OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10. April 1989 .. 1 W 7/89 ..,\nZBR 1990, 27 (28 f.); OVG Rheinland..Pfalz, Beschluss vom 4. Mai 1995 .. 2 B\n11102/95.OVG .., NVwZ..RR 1996, 51 f.; Thuringer OVG, Beschluss vom 5\\.\nFebruar 1998 .. 2 EO 594/96 .., DÖD 1999, 70 f.; Finkelnburg/Jank, Vorlaufiger\nRechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage 1998, Rdnr. 1158;\nBracher, ZBR 1989, 139 (142 ff.); nicht ganz eindeutig: BVerwG, Urteil vom 9.\nMarz 1989 .. 2 C 4.87 .., DVBl 1989, 1150,\n\n9\n\nohne dass sich dabei bisher eine vorherrschende Meinung klar\nherauskristallisiert hatte. Zweifel am Bestehen eines Anordnungsgrundes\nergeben sich u.a. aus dem Umstand, dass die Dienstpostenubertragung als solche\ngrundsatzlich auch noch nach einem Obsiegen eines Konkurrenten im\nHauptsacheverfahren ohne besondere Schwierigkeiten ruckgangig gemacht werden\nkann und unter diesem Gesichtspunkt .. anders als bei der Beforderung .. keine\n"vollendeten Tatsachen" geschaffen wurden. Auf der anderen Seite ist aber mit\nin den Blick zu nehmen, dass der fur den Beforderungsdienstposten ausgewahlte\nBewerber bereits aufgrund dieser Auswahlentscheidung einen temporaren\nBeforderungsvorsprung erfahrt. Dies gilt auch schon im Hinblick auf das\nkunftige Beforderungsamt, wenn man bedenkt, dass vor der Beforderung eine\nErprobungszeit auf dem Dienstposten zwingend abgeleistet werden muss.\n\n10\n\nVgl. dazu auch Gunther, NVwZ 1986, 697 (707).\n\n11\n\nVor diesem Hintergrund konnte der unberucksichtigt gebliebene Mitbewerber,\nwenn er allein auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wurde, letztlich doch\neinen unzumutbaren Nachteil erleiden, was fur die vorlaufige\nSicherungsfahigkeit seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch in Fallen von\n"Dienstposten..Konkurrenzen" der vorliegenden Art streitet. Hierzu tendiert\nauch der beschließende Senat, ohne diese Frage allerdings anlasslich des\nvorliegenden Falles abschließend beantworten zu mussen.\n\n12\n\n4\\. Einer Entscheidung der Frage des Anordnungsgrundes bedarf es deshalb\nnicht, weil dem Beschluss des Verwaltungsgerichts bereits in dem Punkt nicht\ngefolgt werden kann, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft\ngemacht habe. Dies ergibt sich aus Folgendem:\n\n13\n\na) Der angefochtene Beschluss ist auf die tragende Begrundung gestutzt, ein\nAnordnungsanspruch des Antragstellers lasse sich daraus herleiten, dass der\nBeigeladene .. insbesondere vor dem Hintergrund des § 40 Satz 1 Nr. 3 LVO ..\nzurzeit noch nicht alle laufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur eine\nBeforderung zum Oberregierungsrat bzw. zumindest zum Regierungsrat erfulle. Ob\ndas Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang .. wie der Antragsgegner\nvortragt .. von einem unzutreffenden Sachverhalt, namlich einer unmittelbaren\nVerknupfung der Dienstpostenvergabe mit einer nachfolgenden Beforderung,\nausgegangen ist oder ob es nicht vielmehr seine auf Seite 4 Mitte des\nBeschlussabdrucks formulierte Annahme, dass die "Dienstpostenvergabe an den\nBeigeladenen ... dessen Beforderung einleiten soll" (Hervorhebung durch den\nSenat) in einem umfassenderen, auch eine erst kunftig anstehende Beforderung\nnoch einbeziehenden Sinne verstanden wissen wollte, kann hier dahinstehen.\nJedenfalls ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts zur Bedeutung des\nLaufbahnrechts fur den vom Antragsteller geltend gemachten Anordnungsanspruch\naus den nachstehenden Grunden nicht zu folgen:\n\n14\n\n§ 40 LVO normiert bestimmte Voraussetzungen, die erfullt sein mussen, damit\nein Amt der Laufbahn des hoheren Dienstes derselben Fachrichtung Beamten des\ngehobenen Dienstes, die nach ihrer Personlichkeit und nach ihren Leistungen\nfur den hoheren Dienst geeignet erscheinen, verliehen werden kann. Diese\nRegelung des Laufbahnrechts bezieht sich schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut\nallein auf das Amt im statusrechtlichen Sinne. Sie schließt demzufolge nicht\nvon vornherein die Wahrnehmung von dem Amt der hoherwertigen Laufbahn\nzugeordneten Aufgaben durch solche Beamte aus, die derzeit noch nicht alle\nVoraussetzungen fur den als Endziel angestrebten Laufbahnaufstieg erfullen.\nMit anderen Worten: Trifft der Dienstherr .. wie hier .. eine\nAuswahlentscheidung zunachst nur im Hinblick auf die Besetzung eines\nBeforderungsdienstpostens, so ist er aufgrund des § 40 LVO nicht gezwungen,\ndie Auswahl nur unter solchen Bewerbern zu treffen, die bereits jetzt die\nlaufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur den geplanten spateren Aufstieg in den\nhoheren Dienst voll erfullen.\n\n15\n\nSoweit der Senat in fruheren Entscheidungen ausgefuhrt hat, es sei in aller\nRegel ermessensgerecht, wenn der Beforderungsdienstposten demjenigen Bewerber\nubertragen werde, welcher (anders als der bzw. die Mitbewerber) die\nlaufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur eine Beforderung erfulle, um so die\namtsgemaße Besetzung des Dienstpostens sicherzustellen,\n\n16\n\nvgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 1991 .. 12 B 2440/91 .., DÖD 1993, 90\n(91); ahnlich auch Beschluss vom 20. Juni 1996 .. 12 B 788/96 ..,\n\n17\n\nlasst sich daraus nicht ableiten, dass eine hiervon abweichende Entscheidung\nuber die Besetzung des Dienstpostens notwendigerweise ermessens.. und damit\nrechtswidrig ware. Dem wurde schon die grundsatzlich weite organisatorische\nund personalwirtschaftliche Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn\nentgegenstehen. Diese schließt es z.B. mit ein, einen Beamten zunachst nur\nabzuordnen bzw. ihn .. nach seiner Versetzung .. zumindest vorubergehend im\nWege der Unterbesetzung auf einer im Haushaltsplan ausgebrachten hoherwertigen\nPlanstelle zu fuhren. Ob dabei die Vorschriften des Haushaltsrechts\neingehalten werden, vermag die subjektive Rechtsstellung der anderen Bewerber\nnicht zu beruhren.\n\n18\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 .. 2 C 14.98 .., NVwZ..RR 2000, 172\n(174).\n\n19\n\nDie Frage der etwaigen Ermessenswidrigkeit der endgultigen oder auch nur\nprobeweisen Übertragung eines Beforderungsdienstpostens an einen Beamten, der\n.. schon jetzt deutlich absehbar .. auch kunftig nicht in der Lage sein wird,\ndie laufbahnrechtlichen Voraussetzungen fur seine .. amtsgemaße .. Beforderung\nin vollem Umfang zu erfullen, stellt sich vorliegend nicht. Der Beigeladene\nkann die Voraussetzungen des § 40 Satz 1 Nr. 3 LVO .. zweimaliges Erreichen\nder Bestnote im Abstand von mindestens zwei Jahren .. vor der kunftigen\nVerleihung eines Amtes der angestrebten Laufbahn des hoheren Dienstes\nerfullen; dass zu diesem Zeitpunkt seine neunmonatige Erprobungszeit schon\nabgelaufen sein durfte, spielt dabei keine entscheidende Rolle. Da der\nBeigeladene schon einmal, namlich in seiner bisher letzten Beurteilung vom 28.\nMarz 2000 die beste Beurteilungsnote erhalten hat, ist die Prognose, dass er\nsie ein weiteres Mal erreichen kann, nicht von vornherein unrealistisch. Der\nhohere Schwierigkeitsgrad der neuen Aufgaben muss entgegen dem Vortrag des\nAntragstellers nicht .. quasi automatisch .. ein Absinken in der Note erwarten\nlassen.\n\n20\n\nDer Auffassung des Antragstellers, § 40 Satz 1 Nr. 3 LVO sei dahin auszulegen,\ndass die zweimalige Bestbeurteilung notwendigerweise schon vor einem Wechsel\nin den dem kunftigen Amt der angestrebten Laufbahn zugeordneten\nAufgabenbereich erreicht worden sein musse, vermag sich der Senat nicht\nanzuschließen. Nach Wortlaut und Systematik bezieht sich § 40 Satz 1 Nr. 3 LVO\n.. ebenso wie die Nrn. 1, 2 und 4 .. auf den Zeitpunkt der Verleihung des\n(ersten) Amtes der neuen Laufbahn, mithin den Beforderungszeitpunkt; aus § 40\nSatz 2 LVO ergibt sich nichts Gegenteiliges. Da die Gesamtregelung des § 40\nLVO den oben dargestellten Bezug zum Statusamt aufweist, ergeben auch Sinn und\nZweck der Vorschrift nicht, dass sich der Beamte .. wie der Antragsteller\nmeint .. schon vor der Übertragung von Aufgaben der neuen Laufbahn als\nSpitzenkraft im Sinne der Vorschrift erwiesen haben muss. Es reicht vielmehr,\nwenn er diesen Nachweis bis zu der geplanten Beforderung in Form des Aufstiegs\nin die hohere Laufbahn gefuhrt hat. Soweit § 40 Satz 1 Nr. 3 LVO auch das Ziel\nverfolgt, Patronagebeforderungen zu verhindern,\n\n21\n\nso Hoffken/Kohlen/Kleeberg/Keßler/ Schurcks, Laufbahnrecht des Landes\nNordrhein..Westfalen (Stand April 1999), § 40 Erlauterung 10,\n\n22\n\nlassen sich daraus keine anderen Schlusse ziehen.\n\n23\n\n§ 40 Satz 1 Nr. 3 LVO weist auch keinen so engen Bezug zum Grundsatz der\nBestenauslese auf, dass er aus diesem Grunde .. mittelbar .. schon bei der\nBesetzung von Beforderungsdienstposten Beachtung finden musste. Zum einen sind\ndie Anforderungen des § 40 Satz 1 LVO zumindest nicht in erster Linie als\nAuswahlkriterien fur die Besetzung konkreter Stellen mit dem jeweils\nbestgeeigneten Bewerber ausgestaltet; sie enthalten vielmehr .. vom Grundsatz\nher absolute .. (Mindest..)Voraussetzungen fur eine erfolgreiche\nAufstiegsbeforderung unabhangig von der jeweiligen konkreten\nBewerberkonstellation. Zum anderen kommt hinzu, dass speziell § 40 Satz 1 Nr.\n3 LVO der Sache nach (nur) eine besondere Auspragung des Merkmals der\nLeistungskonstanz ist. Dieses Merkmal konnte bei einer am Grundsatz der\nBestenauslese orientierten Entscheidung hochstens im Falle eines\nQualifikationsgleichstandes in der aktuellen Beurteilung auf der Ebene sog.\nHilfskriterien Bedeutung erlangen. Auf Hilfskriterien ist die vorliegende\nAuswahlentscheidung indes nicht gestutzt worden.\n\n24\n\nSoweit der Antragsteller schließlich noch Erwagungen daruber anstellt, ob eine\nBeforderung, die bei Beachtung des Laufbahnrechts nach Abschluss der\nErprobungszeit nicht sofort moglich ist, personalwirtschaftlich "Sinn macht",\nverkennt er bereits, dass dies nicht die Auswahl der Bewerber nach Eignung,\nBefahigung und fachlicher Leistung betrifft. Da es somit hierbei nicht um die\nAbwagung widerstreitender (Grund..)Rechts..positionen geht, lasst sich auch\naus dem Gebot "rationaler Abwagung" im Sinne der Rechtsprechung des\nBundesverfassungsgerichts\n\n25\n\nvgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 1991 .. 1 BvR 393, 610/85 .., BVerfGE\n85, 36 (57)\n\n26\n\nin diesem Zusammenhang nichts zugunsten eines Anordnungsanspruchs des\nAntragstellers herleiten.\n\n27\n\nb) Der Beschluss des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen\nGrunden als im Ergebnis richtig. Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers\nbesteht nicht. Es ist nicht uberwiegend wahrscheinlich, dass das\nAuswahlverfahren um den im Streit stehenden Beforderungsdienstposten zu Lasten\ndes Antragstellers an solchen Mangeln leidet, die den Anspruch auf\nermessensfehlerfreie Entscheidung uber seine Bewerbung verletzen.\n\n28\n\naa) Nach dem geltenden Dienstrecht hat der Beamte grundsatzlich keinen\nAnspruch auf Übertragung eines Dienstpostens, der wegen seiner Hoherwertigkeit\nvor dem Hintergrund einer zugleich zur Verfugung stehenden Planstelle eine\nkonkrete Beforderungschance eroffnet (Beforderungsdienstposten). Allerdings\nhat der Dienstherr hierbei die Auswahl unter mehreren Bewerbern nach Eignung,\nBefahigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 7 Abs.\n1, 25 Abs. 6 Satz 1 LBG). Der in diesen Bestimmungen zum Ausdruck kommende\nGrundsatz der Bestenauslese (Leistungsgrundsatz) dient nicht nur dem\noffentlichen Interesse an einer bestmoglichen Besetzung der Beamtenstellen,\nsondern auch dem berechtigten Interesse der Beamten, im Rahmen der\ndienstlichen, beamten.. und haushaltsrechtlichen Moglichkeiten angemessen\nberuflich aufzusteigen. Der Beamte hat deshalb einen Anspruch darauf, dass der\nDienstherr uber seine Bewerbung eine am Leistungsgrundsatz ausgerichtete\nermessensfehlerfreie Entscheidung trifft. Dieser Anspruch kann durch eine\neinstweilige Anordnung gesichert werden.\n\n29\n\nVgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 13\\. April 2000 .. 12 B 1959/99 ...\n\n30\n\nDie Notwendigkeit einer Anwendung dieser Grundsatze schon auf der Stufe der\nÜbertragung des hoherwertigen Dienstpostens (und nicht erst derjenigen der\nÜbertragung des zugehorigen Statusamtes) ergibt sich insbesondere dann, wenn\ndie Übertragung und das Innehaben des Dienstpostens sowie hier daruber hinaus\ndie Ableistung einer Erprobungszeit im konkret..funktionellen Amt\nVoraussetzungen fur eine spatere Beforderung sind.\n\n31\n\nVgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 15\\. November 1991 .. 12 B 2440/91 .., DÖD\n1993, 90 (91); Bayer, PersV 1999, 338 (344, 345); in diesem Zusammenhang auch:\nBVerwG, Urteil vom 10. Februar 2000 .. 2 A 10.98 .., Dokumentarische Berichte,\nAusgabe B, 2000, 202.\n\n32\n\nDa es sich hier bei beiden Konkurrenten um sog. Beforderungsbewerber handelt\n.. keiner hat bereits jetzt das dem Dienstposten als Planstelle zugeordnete\nStatusamt inne .., kommt es auf die vom Antragsgegner angesprochene weitere\nFragestellung, ob der Grundsatz der Bestenauslese auch dann Beachtung finden\nmuss, wenn ein Beforderungsbewerber mit einem Versetzungsbewerber konkurriert,\nnicht an.\n\n33\n\nbb) Die Entscheidung des Antragsgegners, die im Streit stehende\nGeschaftsleiterstelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, lasst eine Verletzung\ndes Grundsatzes der Bestenauslese nicht erkennen. Der Beigeladene weist\nnamlich gegenuber dem Antragsteller betreffend seine Eignung fur den\nangestrebten Beforderungsdienstposten einen .. beachtlichen ..\nQualifikationsvorsprung auf.\n\n34\n\nÜber die Auswahlkriterien der Eignung, Befahigung und fachlichen Leistung\nverlasslich Auskunft zu geben, ist grundsatzlich Sache zeitnaher dienstlicher\nBeurteilungen. Zweck der dienstlichen Beurteilung ist es gerade, fur die\nBestenauslese einen moglichst zuverlassigen, sachgerechten Vergleich der\nBeurteilten untereinander zu ermoglichen.\n\n35\n\nAus Anlass der Besetzung der im Streit stehenden Geschaftsleiterstelle sind im\nMarz/April 2000 fur den Antragsteller und den Beigeladenen jeweils dienstliche\nBeurteilungen erstellt worden. In der Leistungsbeurteilung schließen beide\nBeurteilungen mit der Bestnote "sehr gut", in der Eignungsbeurteilung ergibt\nsich indes .. ausgehend von dem maßgeblichen Urteil des hoheren\nDienstvorgesetzten .. ein Vorsprung zugunsten des Beigeladenen. Wahrend dieser\nin seiner Beurteilung vom 28. Marz 2000 durch den Justizminister des Landes\nNordrhein..Westfalen fur das angestrebte Amt fur "hervorragend geeignet"\nbefunden und damit bestbeurteilt wurde, hat der Generalstaatsanwalt I. ..unter\nHerabsetzung der Beurteilung des unmittelbaren Dienstvorgesetzten .. dem\nAntragsteller lediglich das nachstniedrigere Pradikat "besonders geeignet\n(obere Grenze)" zuerkannt.\n\n36\n\nSoweit der Antragsteller im vorliegenden Verfahren Einwendungen gegen die\nRichtigkeit seiner vom hoheren Dienstvorgesetzten vorgenommenen\nEignungsbeurteilung erhebt, sind diese jedenfalls im Ergebnis nicht geeignet,\neine Verletzung des Grundsatzes der Bestenauslese bei der zugunsten des\nBeigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung wahrscheinlich erscheinen zu\nlassen. In diesem Zusammenhang erlangt zunachst der Umstand Bedeutung, dass\ndie Frage der Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung im vorlaufigen\nRechtsschutzverfahren betreffend die Besetzung eines Beforderungsdienstpostens\nin der Regel keiner eingehenden Prufung unterliegt. Zur Aufrechterhaltung der\nFunktionsfahigkeit der offentlichen Verwaltung ist die zeitnahe Besetzung\nfreier oder frei gewordener Dienstposten mit dem Dienstherrn hierfur geeignet\nerscheinenden Beamten zur Wahrnehmung der dort anfallenden Dienstaufgaben\nunerlasslich. Dies rechtfertigt es, im Grundsatz von der Maßgeblichkeit\nerstellter Beurteilungen fur die Auswahlentscheidung auszugehen, es sei denn,\ndie Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung tritt bereits im\nAuswahlverfahren bzw. dem diesbezuglichen vorlaufigen Rechtsschutzverfahren\noffen zu Tage.\n\n37\n\nVgl. VGH Baden..Wurttemberg, Beschluss vom 19. Dezember 1997 .. 4 S 2593/97\n.., NVwZ..RR 2000, 37; ahnlich auch bereits OVG NRW, Beschluss vom 27\\.\nFebruar 1998 .. 12 B 2479/97 .. m.w.N..\n\n38\n\nUnabhangig davon, wie es zu bewerten ist, dass der Antragsteller seine\ndienstliche Beurteilung bisher nicht unmittelbar mit Rechtsbehelfen\nangegriffen hat, lassen sich derartige offensichtliche Beurteilungsfehler in\nseinem Fall nicht feststellen.\n\n39\n\nDies gilt zunachst in Bezug auf die Ruge des Antragstellers, es sei hier der\nGrundsatz missachtet worden, dass die Eignungsbeurteilung aus der\nLeistungsbeurteilung abgeleitet werden musse. Ein derartiger Grundsatz besteht\nzwar, er beinhaltet aber keine starre Koppelung zwischen der Leistungs.. und\nder Eignungsnote.\n\n40\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 1994 .. 12 B 1084/94 .., ZBR 1995, 205.\n\n41\n\nÜberdies ist er nicht so zu verstehen, dass die Eignungsprognose\nausschließlich anhand der im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zu erstellen\nist. Ausgehend vom Anforderungsprofil des angestrebten Dienstpostens kann\nvielmehr auch anderen Umstanden, z.B. bestehenden Erfahrungen im neuen\nArbeitsgebiet, eine mehr oder weniger gewichtige Bedeutung zukommen. Dies gilt\nnamentlich dann, wenn .. wie hier .. ein Wechsel in einen anderen\nGeschaftsbereich angestrebt wird.\n\n42\n\nEs erscheint nicht sachwidrig, dass der Antragsteller das Spitzenpradikat in\nder Eignungsnote deshalb nicht erhalten hat, weil er ein Amt "in einem fremden\nGeschaftsbereich einer Fachgerichtsbarkeit" anstrebt, in dem er nach seinem\nbisherigen beruflichen Werdegang noch nicht tatig war und sich demzufolge auch\nnoch nicht bewahren konnte. Auf diesen Umstand hat sich der\nGeneralstaatsanwalt I. in seiner Beurteilung vom 12. April 2000 ersichtlich\ngestutzt. Dort wird dem Antragsteller zugleich bescheinigt, sich als Leiter\neiner großen Staatsanwaltschaft hervorragend bewahrt zu haben. Aus ahnlichen\nErwagungen heraus hat ferner der Prasident des Oberverwaltungsgerichts fur das\nLand Nordrhein..Westfalen in seinem Besetzungsbericht vom 15. Mai 2000 dem\nBeigeladenen einen eindeutigen Eignungsvorsprung zuerkannt. Er hat dabei die\nBedeutung, die einer langjahrigen Tatigkeit fur die Verwaltungsgerichtsbarkeit\nim Hinblick auf das Anforderungsprofil der im Streit stehenden\nGeschaftsleiterstelle an einem Oberverwaltungsgericht zukommt, besonders\nherausgestellt. So hat er ausgefuhrt, der Geschaftsleiter des\nOberverwaltungsgerichts musse die Gewahr dafur bieten, dass von vornherein die\nKontinuitat in der breit gefacherten Zusammenarbeit mit dem Leiter der\nMittelbehorde und dem Bezirk gewahrt bleibe. Hierfur seien Detailkenntnisse\nder Verwaltungsgerichtsbarkeit und eine entsprechende Verwaltungspraxis in der\nentsprechenden Fachgerichtsbarkeit unerlasslich, uber die der Antragsteller\naufgrund seiner bisherigen dienstlichen Verwendung nicht verfuge.\n\n43\n\nEs obliegt dem fur die Besetzung eines Beforderungsdienstpostens\nverantwortlichen Dienstvorgesetzten, maßgeblich daruber zu entscheiden,\nwelchen Bewerber er gemessen an dem konkreten Anforderungsprofil des\nDienstpostens fur am geeignetsten halt. Dies schließt die Befugnis ein, von\nanderen Dienstvorgesetzten erstellte dienstliche Beurteilungen eigenstandig zu\ngewichten.\n\n44\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 21\\. April 1995 .. 12 B 82/95 .., NWVBl 1995, 384\n(385).\n\n45\n\nDem Vortrag des Antragstellers, diese Gewichtung obliege "allein ... dem\nAntragsgegner" und sei auch nicht auf den Prasidenten des\nOberverwaltungsgerichts delegierbar, war hier nicht weiter nachzugehen. Denn\nin dem Besetzungsvermerk des Justizministeriums vom 19. Mai 2000 wird in der\nEignungsfrage kein vom Inhalt des Besetzungsberichts des Prasidenten des\nOberverwaltungsgerichts abweichender Standpunkt eingenommen. Daruber hinaus\nfinden die vom Prasidenten des Oberverwaltungsgerichts angesprochenen\nGesichtspunkte ihren wesentlichen Niederschlag auch bereits in den\nBestimmungen der Geschaftsstellenordnung fur die Gerichte der allgemeinen\nVerwaltungsgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein..Westfalen (AV d. JM vom 16.\nJanuar 1992, JMBl. NRW S. 37). Dort werden in Abschnitt I. Nr. 2 Absatz 2\nsowohl die unterstutzende Funktion der Geschaftsleitung gegenuber der\nBehordenleitung als auch die Bedeutung eines reibungslosen Ablaufs des\nGeschaftsbetriebs hervorgehoben.\n\n46\n\nEs ist Sache des Dienstherrn bzw. zustandigen Dienstvorgesetzten, das\nAnforderungsprofil eines .. zumal eines herausgehobenen .. Dienstpostens im\nRahmen der bestehenden Regelungen naher festzulegen; insoweit besteht ein\nweites organisatorisches und personalwirtschaftliches Ermessen.\n\n47\n\nVgl. OVG NRW, Beschluss vom 4\\. September 1998 .. 12 B 333/98 ..; ferner z.B.\nOVG Rheinland..Pfalz, Beschluss vom 30. Juni 1997 .. 2 B 11653/97 .., NVwZ..RR\n1999, 49 (50); Niedersachsisches OVG, Beschluss vom 21\\. November 1995 .. 5 M\n6322/95 .., NVwZ..RR 1996, 677.\n\n48\n\nDies schließt es ein, die einzelnen Teilbereiche des Anforderungsprofils\nuntereinander zu gewichten. Hiervon ausgehend ist es nicht sachwidrig, wenn\nder Antragsgegner dem Gesichtspunkt bestehender Erfahrungen und vorhandener\nDetailkenntnisse im Bereich der betroffenen Fachgerichtsbarkeit einen hohen\nund hier letztlich ausschlaggebenden Stellenwert zumisst, der auch durch die\nbeim Antragsteller in Anbetracht seiner bisherigen dienstlichen Verwendung\nu.a. als Geschaftsleiter einer großen Staatsanwaltschaft wohl vorhandene\numfassendere Leitungserfahrung\n\n49\n\nvgl. in diesem Zusammenhang etwa OVG NRW, Beschluss vom 11. August 1999 .. 12\nB 1220/99 ..\n\n50\n\nnicht notwendigerweise kompensiert wird.\n\n51\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Im\nRahmen des billigen Ermessens hat der Senat etwaige außergerichtliche Kosten\ndes Beigeladenen nicht fur erstattungsfahig erklart, weil dieser keinen\nSachantrag gestellt und sich damit auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt\nhat.\n\n52\n\nDie Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.\n\n53\n\n
304,422
olgk-2000-08-15-4-u-4798
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
4 U 47/98
2000-08-15
2019-03-12 18:41:29
2020-12-10 13:06:21
Schlussurteil
ECLI:DE:OLGK:2000:0815.4U47.98.00
## Tenor\n\nAuf die Berufung der Klagerin wird das Urteil des Landgerichts Koln vom 20.\nAugust 1998 - 86 O 141/96 uber das Grund- und Teilurteil vom 26. Marz 1999\nhinaus wei-ter abgeandert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:\n\nDie Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klagerin\n155.132,05 DM nebst Zinsen in Hohe von 4 % uber dem jeweiligen Diskontsatz der\nD.B. seit dem 29.10.1996 und weitere 25.167,95 DM nebst Zinsen in Hohe von 4 %\nuber dem jeweiligen Diskontsatz der D.B. seit dem 28.02.1997 zu zahlen.\n\nIm ubrigen wird die Klage abgewiesen.\n\nDie Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Klagerin zu 1/10 und\nden Beklagten zu 9/10 auferlegt.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\nDie Beklagten konnen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe von\n265.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klagerin vor der Vollstreckung\nentsprechende Sicherheit leistet.\n\nDie Sicherheitsleistung kann auch durch unbefristete und unbedingte\nselbstschuldnerische Burgschaft einer deutschen Großbank oder offentlichen\nSparkasse erbracht werden.\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d**\n\n2\n\nWegen des Sachverhalts wird auf die Darstellung des Tatbestands im Grund- und\nTeil-Urteil des Senats vom 26. Marz 1999 auch hinsichtlich des Vortrags der\nParteien zur Hohe der Klageforderung Bezug genommen.\n\n3\n\nDer Senat hat uber die Hohe der ersparten Aufwendungen der Klagerin Beweis\nerhoben gemaß Beweisbeschluß vom 26. Marz 1999 durch Vernehmung der Zeugen L.,\nB. und J. (der Zeuge H. ist zwischenzeitlich verstorben). Wegen des\nErgebnisses der Beweisaufnahme verweist der Senat auf die Niederschrift der\nSitzung vom 16. Mai 2000 (Bl. 421 ff. d.A.).\n\n4\n\n**E n t s c h e i d u n g s g r u n d e**\n\n5\n\nDer noch streitbefangene, dem Grunde nach berechtigte Anspruch der Klagerin in\nHohe von 155.132,05 DM gemaß ihrer Abrechnung vom 10.09.1996 (Anl. K 21 zur\nKlageschrift) uber ihre aufgrund der Kundigung der Beklagten zu 1) nicht mehr\nerbrachten Leistungen am Bauvorhaben K.-A.-K. ist in vollem Umfang begrundet.\n\n6\n\nDer Vergutungsanspruch des Unternehmers besteht im Fall der Kundigung von\nvornherein nur abzuglich der infolge der Vertragsaufhebung ersparten\nAufwendungen, der durch anderweitigen Einsatz der Arbeitskraft erzielten und\nder boswillig nicht erzielten Erlose, § 649 BGB.\n\n7\n\nSeine Ersparnisse hat der Unternehmer auf der Grundlage des Vertrags und\nseiner Kalkulationsgrundlagen darzulegen und zu beziffern (vgl. Palandt-Sprau,\nBGB, 58. Auflage, § 649 RNr. 3 mit weiteren Nachweisen).\n\n8\n\nDer Vortrag der Klagerin, sie habe 3,90 DM/m² fur den Auf- und Abbau der\nGeruste und 1,00 DM/m² fur die Netzbespannung erspart, weil sie diese Betrage\nan den Subunternehmer, die Firma H. und B., hatte zahlen mussen fur den Auf-\nund Abbau der im Eigentum der Klagerin stehenden Geruste und Netze ist vom\nZeugen J. in vollem Umfang bestatigt worden. Zweifel an der Glaubwurdigkeit\ndieses Zeugen haben sich nicht ergeben.\n\n9\n\nDies mag letztlich aber dahinstehen, weil die Beklagte zu 1) als Bestellerin\nbeweispflichtig dafur ist, daß die Klagerin als Unternehmerin hohere\nErsparnisse als dargelegt gehabt hat. Dieser Nachweis ist ihr mit Hilfe der\nAussage des Zeugen J. in keinem Fall gelungen, ohne daß es noch auf dessen\nGlaubwurdigkeit ankommt.\n\n10\n\nAuch das Ergebnis der Beweisaufnahme im ubrigen stutzt den Vortrag der\nBeklagten nicht.\n\n11\n\nDer Zeuge L., der seinerzeit als Angestellter der Firma B. fur die Klagerin\ntatig war, hat bekundet, daß die Firma B. lediglich das Haus 2 eingerustet\nhat, weil ihr Vertragsverhaltnis mit der Klagerin bereits fruher als das\nVertragsverhaltnis zwischen den Parteien beendet worden ist. Das Haus 2 ist\nvon der hier streitigen Abrechnung aber nicht betroffen. Der Zeuge B. meinte\nzwar, sich auch an ein weiteres Haus zu erinnern. Diese Erinnerung war aber\nsehr unsicher und widerspricht dem unstreitigen Sachverhalt und den\nZeugenaussagen im ubrigen.\n\n12\n\nHinsichtlich der Kosten hat der Zeuge L. zwar bestatigt, daß bezuglich des\nHauses 2 andere Umstande vorlagen, hier die Klagerin hohere Gerustkosten\ngehabt hat. Dies kann aber entgegen der Behauptung der Beklagten nur fur das\nHaus 2 und nicht auch fur die hier betroffenen anderen Hauser festgestellt\nwerden, weil die Zeugen L. und B. uber die Vereinbarungen mit der\nNachfolgefirma nichts bekunden konnten. Hohere als die von der Klagerin\nberechneten Ersparnisse konnen daher nicht festgestellt werden.\n\n13\n\nWenn die Beklagten ohne naheren Tatsachenvortrag behaupten, die Klagerin habe\nsonstige Aufwendungen erspart oder anderweit Erlose erzielt, ist dieser\nVortrag in seiner Pauschalitat unsubstantiiert.\n\n14\n\nDas gleiche gilt, soweit die Beklagten die Richtigkeit der von der Klagerin in\nAnsatz gebrachten m²-Zahlen bestreiten, zumal diese dem Vertragsinhalt\ngewordenen Angebot der Klagerin entsprechen.\n\n15\n\nUnter diesen Umstanden ist die Abrechnung der Klagerin uber die nicht\nerbrachten Leistungen abzuglich der ersparten Aufwendungen sachlich und\nrechnerisch richtig, so daß die Klage insoweit zuzusprechen war.\n\n16\n\nDie Zinsforderung der Klagerin ist wegen Verzugs und in der Hohe nach den AGB\nder Klagerin in Ziff. 8 (1) begrundet.\n\n17\n\nDie prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 10, 711, 546\nAbs. 2 ZPO.\n\n18\n\nBerufungswert: 175.112,05 DM Berufung der Klagerin\n\n19\n\n25.167,95 DM Berufung der Beklagten\n\n20\n\n200.280,00 DM insgesamt\n\n
304,491
ovgnrw-2000-08-03-11-a-207900a
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
11 A 2079/00.A
2000-08-03
2019-03-12 18:43:26
2020-12-10 13:06:32
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2000:0803.11A2079.00A.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Verfahrens, fur das Gerichtskosten nicht\nerhoben werden.\n\n \n1\n\nGrunde:\n\n2\n\nDer Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.\n\n3\n\nDer Zulassungsantrag greift die vom Verwaltungsgericht vorgenommene generelle\nBetrachtung der Gefahrdungslage fur regimekritische Journalisten und fur\nFunktionare oppositioneller Parteien an und behauptet weiter, das\nVerwaltungsgericht hatte bei seiner gleichwohl angestellten\nEinzelfallwurdigung zu dem Ergebnis kommen mussen, daß der Klager als ein\nernstzunehmender Gegner des togoischen Regimes einzuschatzen sei, dem mit\nbeachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohe. Damit hat der\nKlager zunachst nicht die von ihm behauptete grundsatzliche Bedeutung der\nSache dargelegt.\n\n4\n\nDie von ihm aufgeworfene Frage der Gefahrdung heimkehrender Togoer, die in\nDeutschland sich exilpolitisch betatigt haben, wurde, soweit sie einer\ngrundsatzlichen Beurteilung zuganglich ist, in der Rechtsprechung des Senats\nbereits geklart; sie bedarf keiner neuerlichen Wurdigung durch den Senat in\neinem Berufungsverfahren. Der Senat vertritt mit dem Verwaltungsgericht die\nAuffassung, daß die Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Tatigkeit in\nDeutschland auch deswegen als gemindert anzusehen ist, weil Exilorganisationen\nim europaischen Ausland nur eine untergeordnete Rolle als Bedrohungsfaktor fur\nden Herrschaftsapparat spielen konnen. Zwar wirken sich deren Aktivitaten auf\ndas Ansehen des schon wegen seiner Menschenrechtspolitik und der Beschrankung\noppositioneller Parteien in Mißkredit geratenen Regimes im Ausland zusatzlich\nnegativ aus. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß das Regime bereit ware, sich\ndurch eine Verfolgung exilpolitisch tatiger Ruckkehrer aus Europa einem noch\ngroßeren Ansehensverlust auszusetzen.\n\n5\n\nSo auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 30. Marz 1999 \\- 25 BA\n95.34283 -, S. 16 des Entscheidungsabdrucks.\n\n6\n\nDiese Wurdigung wird belegt durch die Vielzahl nicht zum Anlaß fur\nVerfolgungsmaßnahmen genommener oppositioneller Aktivitaten in Togo, die in\nden Lageberichten des Auswartigen Amtes vom 10. Februar 1999 (S. 2) und vom 3.\nJanuar 2000 (S. 3) belegt sind, sowie durch die Erfahrungen des Auswartigen\nAmtes uber die Bemuhungen der togoischen Behorden, Ruckkehrer korrekt zu\nbehandeln. Hierauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen.\n\n7\n\nDer Klager hat keine neuen Aspekte dargelegt, die fur Togoer fur den Fall\nihrer Heimkehr die Annahme rechtfertigen wurden, sie mußten regelmaßig mit\nbeachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung wegen ihrer\nexilpolitischen Betatigung in Deutschland gewartigen. Seine in Deutschland\nentfaltete journalistische Tatigkeit fur die in Togo erscheinende Zeitschrift\n"Le Regard" andert - soweit dies einer grundsatzlichen Beurteilung zuganglich\nist - an diesem Ergebnis nichts. Insoweit befinden sich Togoer, die von\nDeutschland aus als Korrespondenten oder Kommentatoren togoischer Presseorgane\nregimekritisch wirken, in keiner anderen Gefahrdungslage als Journalisten, die\nvor Ort tatig sind und dabei die Machthaber publizistisch angreifen. Die\nEingangsinstanz hat diese Gefahrdungssituation dargestellt und ausgefuhrt, es\nbestehe nicht fur jeden Journalisten, der Artikel fur die Presseorgane der\nOpposition schreibe, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, deswegen\nVerfolgungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein. Diese Auffassung, die der Senat\nteilt, beruht auf der in dem jungsten Lagebericht des Auswartigen Amtes vom 3.\nJanuar 2000 geschilderten Lage in Togo. Danach gibt es in Togo eine außerst\nkritische Oppositionspresse. Die Landesverfassung garantiert die\nPressefreiheit. Allerdings kam es wiederholt zu Einschuchterungsversuchen und\nzu vorubergehenden Verhaftungen einzelner Journalisten; die repressiven\nMaßnahmen gegen einzelne Kritiker haben indes regimekritische Zeitschriften\nnicht zum Schweigen bringen konnen.\n\n8\n\nVgl. Lagebericht des Auswartigen Amtes vom 3. Januar 2000, S. 3, 8 f.\n\n9\n\nEs kann auch anhand der im vorgenannten Lagebericht aufgefuhrten Übergriffe\nauf einzelne Journalisten nicht festgestellt werden, daß jeder Redakteur oder\nKorrespondent einer in Togo erscheinenden regimekritischen Zeitschrift\npolitische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu gewartigen hatte.\nDies gilt in gleicher Weise fur in Togo und im Ausland lebende Angehorige\ndieses Personenkreises.\n\n10\n\nIm Rahmen der Wurdigung des Einzelfalls des Klagers konstatierte das\nVerwaltungsgericht weiterhin, Anhaltspunkte fur eine beachtliche\nWahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung seien auch nicht ausnahmsweise\ngegeben. Auch diese Einzelfallwurdigung stellt der Klager nicht mit\ndurchgreifenden Überlegungen in Frage.\n\n11\n\nEinen in § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmangel (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG)\nhat der Klager ebenfalls nicht dargelegt. Insoweit wendet er sich lediglich im\nunpassenden Gewand der Gehorsruge gegen die Wurdigung seiner\nSachverhaltsdarstellung durch das Verwaltungsgericht.\n\n12\n\nEine weitere Begrundung entfallt gemaß § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG.\n\n13\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b Abs. 1 AsylVfG.\n\n14\n\nDieser Beschluß ist unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist\nnunmehr rechtskraftig.\n\n15\n\n
304,587
olgk-2000-07-12-5-u-5000
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
5 U 50/00
2000-07-12
2019-03-12 18:46:10
2020-12-10 13:06:46
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2000:0712.5U50.00.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**E n t s c h e i d u n g s g r u n d e:**\n\n2\n\nDie zulassige Berufung der Klagerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die\nKlagerin dringt auch mit ihrem in der Berufungsinstanz nunmehr geltend\ngemachten reduzierten Anspruch nicht durch.\n\n3\n\nUnbeschadet der vom Landgericht verneinten Frage der Aktivlegitimation der\nKlagerin scheidet ein Anspruch der Klagerin bereits deshalb aus, weil es schon\nan den Voraussetzungen des versicherten Unfallbegriffes fehlt. Gemaß § 1 AUB\n96, der deckungsgleich ist mit der entsprechenden Bestimmung der AUB 88, liegt\nein Unfall zum einen bei außeren Einwirkungen vor, zum anderen auch bei einer\nauf einer erhohten Kraftanstrengung beruhenden Verrenkung oder Zerrung bzw.\nZerreißung.\n\n4\n\nEin von außen auf den Korper wirkendes Ereignis liegt nicht vor bei einem nur\ninneren Korpervorgang, wie z. B. einem Spontanbruch.\n\n5\n\nZwar konnen auch eigene Bewegungen des Verletzten Unfalle bewirken, namlich\ndann, wenn sie die Gesundheitsbeschadigung zusammen mit einer außeren\nEinwirkung ausgelost haben, z. B. ein Stoss gegen ein Hindernis, Umknicken des\nFußes an einer Bordsteinkante oder infolge einer Bodenvertiefung, Auftreten\nauf eine Bodenunebenheit oder ahnliches; der Unfallbegriff im Sinne der\nVersicherungsbedingungen ist hingegen nicht erfullt, wenn ausschließlich die\ngewollte Bewegung oder aber die unwillkurliche ungeschickte Eigenbewegung eine\nGesundheitsschadigung bewirken (vgl. Prolss/Martin-Knappmann, VVG, 26.\nAuflage, Rdnr. 7 zu § 1 AUB 88 m.w.N.).\n\n6\n\nInsoweit kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob die Klagerin gestolpert\nist, wobei insoweit allerdings bereits hier anzumerken ist, dass in der Tat\nder spatere Vortrag der Klagerin hierzu mit ihrer eigenen ursprunglichen\nSchadensschilderung und der ihres Lebenspartners nicht zu vereinbaren ist; die\nKlagerin hat jedenfalls nicht vorgetragen, dass das Stolpern z. B. auf eine\nBodenunebenheit oder eine andere außere Gegebenheit zuruckzufuhren war;\nvielmehr handelte es sich, falls sie uberhaupt gestolpert sein sollte, um die\nFolge einer ungeschickten oder unvorsichtigen Eigenbewegung ohne außere\nVeranlassung.\n\n7\n\nAuch die Voraussetzungen der erweiterten Versicherungsschutzbedingung sind\nnicht gegeben. Insbesondere ist seitens der Klagerin keine erhohte\nKraftanstrengung und deren Kausalitat fur eine Verrenkung bzw. eine Zerreißung\nund Zerrung dargetan.\n\n8\n\nVoraussetzung fur eine erhohte Kraftanstrengung ist ein erhohter Einsatz von\nMuskelkraft. Nicht ausreichend ist hingegen die Kraftanstrengung, die mit\nnormaler korperlicher Bewegung naturgemaß verbunden ist (vgl. Prolss/Martin-\nKnappmann a. a. O., Rdnr. 24 m.w.N.).\n\n9\n\nEin Fall der letztgenannten Art ist aber vorliegend nur gegeben. Das Tanzen\nist ein normaler korperlicher Vorgang, der keineswegs einen gesteigerten\nkorperlichen Kraftaufwand erforderlich macht. Dass die Klagerin und ihr\nPartner "ausgelassen getanzt" haben, bedeutet nicht etwa bereits, dass damit\neine erhohte Kraftanstrengung verbunden gewesen ware. Hupfen und Drehen sind\nnoch normale korperliche Betatigungen, die keineswegs ein erhohtes Maß an\nMuskeleinsatz erforderlich machen. Es kann dahinstehen, ob z. B. bei\nExtremtanzen wie Rock\'n Roll von einem erhohtem Kraft-/Muskelaufwand\nausgegangen werden kann, denn einen dahingehenden Sachverhalt hat die Klagerin\nnicht substantiiert vorgetragen. Ein erhohter Kraftaufwand liegt jedenfalls\nbei normalen Gesellschaftstanzen, wie sie auch bei Karnevalsveranstaltungen\nnormalerweise praktiziert werden - dazu noch in Gegenden, die man nicht als\nKarnevalshochburgen bezeichnen kann - nicht vor bzw. ist nicht erforderlich.\nDie Klagerin hat insoweit auch nur vorgetragen, es habe sich nicht um einen\nruhigen Tanz wie etwa einen Blues gehandelt; sie hat jedoch in beiden\nInstanzen vermieden, zu sagen, welchen Tanz sie denn ausgefuhrt haben will.\nHupfen und Drehen und auch ein Stolpern aufgrund einer ungeschickten\nEigenbewegung sind nicht geeignet, den Unfallbegriff auszufullen.\n\n10\n\nGegen einen Extremtanz spricht auch die eigene Darstellung ihres\nLebensgefahrten, des Versicherungsnehmers, der in seiner handschriftlichen\nStellungnahme ausgefuhrt hat, er sei am Abend des 11.01.1997 mit der Klagerin\nzur Fastnachtsveranstaltung gegangen. Gegen 22:00 Uhr hatten sie "ganz normal\nmiteinander getanzt". Plotzlich habe die Klagerin sich das rechte Knie\n"verknickt oder verdreht". Dieser Schilderung kann kein Anhaltspunkt fur\nextremen Kraftaufwand im Rahmen des Tanzvorgangs entnommen werden. Auch in der\nSchadensanzeige zur Unfallversicherung der Klagerin selbst wird lediglich\nausgefuhrt, dass sie sich "beim Fastnachtstanz das Bein verdreht" habe. Auch\ndieser Schilderung sind keine Anhaltspunkte fur einen erhohten Kraftaufwand zu\nentnehmen.\n\n11\n\nSoweit die Klagerin im Schriftsatz vom 27.06.2000 weitergehend vorgetragen\nhat, ergibt auch diese Darstellung keine neuen Gesichtspunkte. Sie hat dort\nlediglich behauptet, es sei kein Standardtanz getanzt worden, sondern "ein\nsehr schwungvoller Tanz im Freestyle, der Elemente von Rock\'n Roll, Jive und\nKarnevalstanz aufgewiesen habe; man konne ihn beschreiben als eine\nAneinanderreihung schwungvoller, rhythmischer und kraftvoller\nBewegungselemente". Auch aus dieser Darstellung, die sich zudem in keiner\nWeise insbesondere mit den vorangegangenen Schilderungen der Klagerin und des\nVersicherungsnehmers selbst vereinbaren lasst, ergeben sich kein uber das\nnormale Maß hinausgehender Kraftaufwand und insbesondere keinerlei\nBewegungsablaufe, die einen solchen erhohten Kraftaufwand nachvollziehbar\nplausibel machen konnten. Insbesondere hat die Klagerin z. B. nicht etwa\nvorgetragen, dass sie im Rahmen eine Rock\'n Roll-Tanzes beispielsweise einen\nÜberschlag gemacht und sich dabei verletzt habe. Vor dem Hintergrund ihrer\neigenen sehr allgemein gehaltenen neuerlichen Schilderung und ihrer eigenen\nfruheren Schadensschilderung sowie der ihres Lebenspartners, des\nVersicherungsnehmers, sind Anhaltspunkte fur einen erhohten Kraftaufwand und\neiner hierauf beruhenden Verletzung nicht ersichtlich.\n\n12\n\nDie Berufung der Klagerin war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 ZPO\nzuruckzuweisen.\n\n13\n\nDie Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708\nZiffer 10, 713 ZPO.\n\n14\n\nBerufungsstreitwert und Wert der Beschwer der Klagerin: 5.600,00 DM\n\n
304,768
olgham-2000-06-15-11-wf-12100
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
11 WF 121/00
2000-06-15
2019-03-12 18:51:02
2020-12-10 13:07:13
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2000:0615.11WF121.00.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**Gr unde**\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nDie Parteien sind geschiedene Eheleute. Die Antragstellerin begehrt\nProzeßkostenhilfe fur eine Klage, mit der sie den Antragsgegner auf Zahlung\nvon Unterhalt ab Juli 1998 in Anspruch nehmen will.\n\n4\n\nDas Amtsgericht hat den Antrag zuruckgewiesen mit der Begrundung, ihr Bedarf\nnach den ehelichen Lebensverhaltnissen sei durch die tatsachlichen oder fiktiv\nzuzurechnenden eigenen Einkunfte gedeckt.\n\n5\n\nGegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde.\n\n6\n\nII.\n\n7\n\nDie zulassige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.\n\n8\n\nDas Amtsgericht hat den Bedarf der Antragstellerin zutreffend errechnet und\ndargelegt, dieser Bedarf sei gedeckt, wenn man darauf das tatsachlich erzielte\noder fiktiv zuzurechnende Erwerbseinkommen anrechne.\n\n9\n\nDaß bei Anwendung der Anrechnungsmethode kein Unterhaltsanspruch besteht,\nzieht die Antragsstellerin nicht in Zweifel. Sie macht mit der Beschwerde nur\ngeltend, ihr eigenes Einkommen sei nach der Differenzmethode in die\nBedarfsberechnung einzustellen, auch wenn sie wahrend der Ehe nicht\nerwerbstatig gewesen sei. Ihre der Erwerbstatigkeit des Ehemannes\ngleichwertigen Pflege- und Betreuungsleistungen gegenuber den Kindern hatten\ndie ehelichen Lebensverhaltnisse gepragt; deshalb sei verfassungsrechtlich\ngeboten, auch ihre jetzige Erwerbstatigkeit als ehepragend zu bewerten.\n\n10\n\nFur den Unterhaltsanspruch, der sich bei Anwendung der Differenzmethode\nergebe, sei daher Prozeßkostenhilfe zu gewahren.\n\n11\n\nDer Senat folgt dieser Auffassung nicht. Zwar ist richtig, daß neuerdings vor\ndem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur\nsteuerrechtlichen Berucksichtigung der Kinderbetreung erneut die\nAnrechnungsmethode in Frage gestellt wird. Es wird argumentiert, die\nKinderbetreuung musse aus verfassungsrechtlichen Grunden als werthaltige, die\nEhe pragende Leistung angesehen werden. Deshalb mußten auch die\nErwerbseinkunfte, die der betreuende Elterteil nach Trennung und Scheidung\nerziele, nach der Differenzmethode berucksichtigt werden (so Buttner, FamRZ\n1999, S. 893 ff.).\n\n12\n\nDiese Argumente sind nicht neu. Daß die Haushaltsversorgung bzw. die\nKinderbetreuung die ehelichen Lebensverhaltnisse prage und daher die Anwendung\nder Anrechnungsmethode gegen Art. 3 Abs. 2 GG verstoße, ist schon fruher\nvertreten worden (Buttner, FamRZ 1984, S. 534 ff.). Gleichwohl hat der BGH an\nder Anwendung der Anrechnungsmethode bei Fuhrung einer Hausfrauenehe\nfestgehalten.\n\n13\n\nDer Senat sieht keinen Anlaß, von dieser gefestigten Rechtsprechung des BGH\nabzurucken. Da Unterhaltsanspruche bei Anwendung der Anrechnungsmethode nicht\nbestehen, hat die beabsichtigte Klage keine Aussicht auf Erfolg.\n\n14\n\nHamm, den 15.06.2000\n\n15\n\nOberlandesgericht\n\n16\n\n11\\. Senat fur Familiensachen\n\n
305,059
olgk-2000-05-10-13-u-15099
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
13 U 150/99
2000-05-10
2019-03-12 20:32:47
2020-12-10 13:08:42
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2000:0510.13U150.99.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d**\n\n2\n\nDer am 29.12.1938 geborene Klager war vom 01.01.1978 an uber 16 Jahre lang\nBundesgeschaftsfuhrer der Beklagten, bis er dort am 30.06.1994 nach einer\nKundigung des Beklagten im Alter von 55 Jahren ausschied. Mit der am\n06.04.1999 eignereichten Klage verlangt er eine zusatzliche Altersrente in\nHohe von monatlich 2.219,63 DM, ursprunglich ab Januar 1999, jetzt noch ab\nApril 1999. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:\n\n3\n\nWahrend des noch bestehenden Vertragsverhaltnisses zwischen den Parteien stand\nim Jahre 1987 fur den Klager eine Gehaltserhohung an. Anstelle eines\nGeldbetrages erhielt der Klager von dem Beklagten mit Datum 01.08.1987 zwei\nPensionszusagen. Die erste Pensionszusage (Bl. 7 f. GA) umfasste eine\nAltersrente i.H.v. monatlich 2.300,00 DM ab Vollendung des 60. Lebensjahres,\neine Berufsunfahigkeitsrente sowie eine Witwenrente. Die zweite Pensionszusage\n(Bl. 9 f.) beinhaltete ausschließlich eine Altersrente i.H.v. monatlich\n2.825,00 DM - ebenfalls ab Vollendung des 60. Lebens- jahres - und eine\nBerufsunfahigkeitsrente. Der Gesamtbetrag der Altersrente sollte demnach\n5.125,00 DM/Monat betragen. In beiden Zusagen heißt es ubereinstimmend in der\njeweiligen Ziffer 3.:\n\n4\n\n"Bei einem Ausscheiden aus dem Verband vor Erreichen des 60. Lebensjahres aus\neinem anderen Grund als durch Eintritt der Berufsunfahigkeit gilt als\nvereinbart, dass Sie die bei der S. R. bestehende Ruckdeckungsversicherung zur\neigenen Verwendung uberlassen bekommen."\n\n5\n\nUnstreitig hat der Beklagte bei der S. R. fur den Klager nur einen einzigen\nVersicherungsvertrag abgeschlossen, wobei die Parteien daruber streiten, ob\ndieser sich nur auf die erste Pensionszusage - so der Klager - oder auf beide\nZusagen - so der Beklagte - bezieht.\n\n6\n\nSpater kam es im Rahmen des Vertragsverhaltnisses zu verschiedenen\nAuseinandersetzungen, die u.a. in drei Rechtsstreitigkeiten vor dem\nLandgericht Bonn - 18 O 375-377/95 - mundeten. In der mundlichen Verhandlung\nzu diesen drei Verfahren schlossen die Parteien am 23.01.1996 einen Vergleich\n(Bl. 12 ff. GA), der auszugsweise wie folgt lautet:\n\n7\n\n"1.\n\n8\n\nDie Parteien sind sich daruber einig, dass das Arbeitsverhaltnis zwischen dem\nKlager und dem Beklagten mit dem 30.06.1994 auf arbeitgeberseitige\nVeranlassung aufgehoben worden ist.\n\n9\n\n...\n\n10\n\n3.\n\n11\n\nZum Ausgleich fur den Verlust der sozialen Besitzstande verpflichtet sich der\nBeklagte, als Abfindung an den Klager 500.000,00 DM brutto zu zahlen.\n\n12\n\n...\n\n13\n\n7.\n\n14\n\nDer Beklagte ubertragt den Lebensversicherungsvertrag mit der Schweizer\nRentenanstalt in M., Versicherungs-Nummer: 6386205-3, auf den Klager zur\nFortfuhrung als Versicherungsnehmer.\n\n15\n\n8.\n\n16\n\nDie Parteien sind sich daruber einig, dass mit diesem Vergleich alle Anspruche\nder Parteien aus dem Arbeitsverhaltnis des Klagers mit dem Beklagten erledigt\nsind.\n\n17\n\n...\n\n18\n\n11.\n\n19\n\nDer Beklagte behalt sich Widerruf dieses Vergleichs durch schriftliche Anzeige\nzu den Gerichtsakten bis zum 13.02.1996 vor."\n\n20\n\nAuf eine entsprechende Bitte um Klarstellung gemaß Schreiben der\nseinerzeitigen Beklagtenvertreter vom 01.02.1996 (Bl. 118 f. GA) erklarten die\ndamaligen Prozessbevollmachtigten des Klagers mit Schreiben vom 08.02.1996\n(Bl. 21 GA), also noch innerhalb der Widerrufsfrist des Vergleichs vom\n23.01.1996,\n\n21\n\n"dass fur den Fall der Erfullung des am 23.01.1996 beim Landgericht Bonn\nprotokollierten Vergleiches Herr S. keinerlei Anspruche gegenuber dem\nFachverband Deutscher Heilpraktiker e.V. mehr geltend machen wird. Diese\nErklarung betrifft insbesondere die A. Lebensversicherung und sonstige\nAnspruche auch außerhalb des beendeten Arbeitsverhaltnisses. Ich stelle ferner\nklar, dass die Übertragung der bei der Schweizerischen Rentenanstalt\nbestehenden Lebensversicherung in Erfullung von Ziffer 3 des gerichtlich\nprotokollierten Vergleichs zur Abgeltung der Versorgungszusage vom 01.08.1987\nerfolgt."\n\n22\n\nGegenstand der Klage sind vermeintliche Anspruche des Klagers aus der zweiten\nPensionszusage.\n\n23\n\nDer Klager ist der Auffassung, die zweite Pensionszusage sei durch den\ngerichtlichen Vergleich vom 23.01.1996 nicht erfasst worden. Dazu hat er\nbehauptet, fur die zweite Pensionszusage habe der Beklagte keine\nLebensversicherung bei der S. R. abgeschlossen, sodass die in Ziffer 7. des\nVergleichs vereinbarte Übertragung der Lebensversicherung auf ihn, den Klager,\nals Versicherungsnehmer seinen Anspruch aus der zweiten Zusage unberuhrt\nlasse. Im ubrigen sei diese als unverfallbare Anwartschaft auch nach der\nRechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht von der Ausgleichsklausel\numfasst. Der Klager hat sich aufgrund der zweiten Pensionszusage mit Rucksicht\nauf sein vorzeitiges Ausscheiden bei dem Beklagten eine zusatzliche\nAltersrente von monatlich 2.219,63 DM errechnet. Wegen der Einzelheiten\ninsoweit wird auf die Klageschrift (Bl. 5 GA) verwiesen. Nachdem er mit der am\n06.04.1999 eingereichten Klage zunachst auch entsprechende Ruckstande fur die\nMonate Januar bis Marz 1999 geltend gemacht hatte, hat er spater mit Rucksicht\nauf Ziffer 1.3. der Pensionszusage eine entsprechende Zusatzrente erst ab\nApril 1999 verlangt und beantragt,\n\n24\n\nden Beklagten zu verurteilen, an den Klager 4.439,26 DM nebst 4 % Zinsen aus\n2.219,63 DM seit dem 01.05.1999 und aus weiteren 2.219,63 DM seit dem\n01.06.1999 zu zahlen sowie eine laufende monatliche Altersrente in Hohe von\n2.219,63 DM, beginnend mit dem 01.06.1999.\n\n25\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n26\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n27\n\nEr hat behauptet, die Lebensversicherung Nr. 6386205-3 bei der S. R. sei fur\nbeide Pensionszusagen abgeschlossen worden. Sie sei - dies ist zwischen den\nParteien unstreitig - in Erfullung von Ziffer 7\\. des gerichtlichen Vergleichs\nvom 23.01.1996 auf den Klager als Versicherungsnehmer zur Fortfuhrung\nubertragen worden. Weitergehende Anspruche des Klagers bestunden daher nicht.\n\n28\n\nDurch Urteil vom 29.07.1999 (Bl. 61 ff. GA), auf dessen Inhalt Bezug genommen\nwird, hat das Landgericht die Klage mit der Begrundung abgewiesen, dass durch\nden gerichtlichen Vergleich vom 23.01.1996 die Anspruche des Klagers auf eine\nbetriebliche Altersrente insgesamt miterledigt worden seien. § 17 BetrAVG\nstehe dem nicht entgegen, da der Klager als ehemaliger Geschaftsfuhrer des\nVereins Einfluss auf die Erteilung der Pensionszusage gehabt habe und damit\nnicht einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedurftig sei.\n\n29\n\nHiergegen richtet sich die Berufung des Klagers, der seinen erstinstanzlich\ngestellten Antrag weiterverfolgt. Unter Wiederholung und Vertiefung seines\nerstinstanzlichen Vorbringens macht er geltend:\n\n30\n\nDurch den gerichtlichen Vergleich vom 23.01.1996 habe er nicht auf seine\nAnspruche aus der zweiten Pensionszusage verzichtet. Die Ausgleichsklausel in\nZiffer 8. des Vergleichs habe sich auf diese unverfallbare Anwartschaft nicht\nbezogen. Über diese sei nie verhandelt worden. In dem Schreiben der\nBeklagtenvertreter vom 01.02.1996 sei deshalb auch nur von "der\nVersorgungszusage" im Singular die Rede, womit die erste Pensionszusage uber\n2.300,00 DM/Monat gemeint gewesen sei. Nur fur diese sei auch die\nLebensversicherung bei der S. R. abgeschlossen worden, wie sich schon aus\nderen Rentenberechnung gemaß Schreiben vom 17.01.1995 (Bl. 49 f.) ergebe. Auch\nnach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beziehe sich eine\nAusgleichsklausel grundsatzlich nicht auf unverfallbare Versorgungsanspruche,\nes sei denn, diese waren ausdrucklich erwahnt, was hier gerade nicht der Fall\nsei.\n\n31\n\nSelbst wenn man aber den Vergleich im Sinne eines entsprechenden Verzichts\nauslege, sei eine solche Regelung jedenfalls nach §§ 3, 17 BetrAVG unwirksam.\nDa es sich namlich um einen gemaß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG unverfallbaren\nVersorgungsanspruch gehandelt habe, habe hierauf nach den genannten\nVorschriften allenfalls gegen eine einmalige Abfindung verzichtet werden\nkonnen. Eine solche sei nicht vereinbart worden; insbesondere habe die in\nZiffer 3. des Vergleichs geregelte Abfindung von brutto 500.000,00 DM nicht\nauch Versorgungsanspruche des Klagers, sondern nur den Verlust von\nGehaltsanspruchen sowie Mehrarbeitsvergutungen abgelten sollen. Dies ergebe\nsich schon aus der vorliegenden Korrespondenz der Parteien; außerdem benennt\nder Klager hierzu Zeugen. Die Vorschriften der §§ 3, 17 BetrAVG seien entgegen\nder Auffassung des Landgerichts sehr wohl auf den Klager anwendbar, da dieser\nArbeitnehmer im Sinne der genannten Vorschriften sei. Zumindest lagen die\nVoraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG vor.\n\n32\n\nDer Klager beantragt,\n\n33\n\n1.\n\n34\n\nunter Abanderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an\nden Klager DM 4.439,26 nebst 4 % Zinsen aus DM 2.219,63 seit dem 01.05.1999\nund aus weiteren DM 2.219,63 seit dem 01.06.1999 sowie eine laufende\nmonatliche Altersrente in Hohe von DM 2.219,63, beginnend mit dem 01.06.1999,\nzu zahlen;\n\n35\n\n2.\n\n36\n\nfur jeden Fall der Sicherheitsleistung dem Klager zu gestatten, diese durch\nselbstschuldnerische Burgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland\nansassigen Großbank oder Sparkasse zu erbringen.\n\n37\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n38\n\n1\\. die Berufung zuruckzuweisen,\n\n39\n\n2.\n\n40\n\nihm zu gestatten, Sicherheit auch durch die Burgschaft einer deutschen\nGroßbank, offentliche Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.\n\n41\n\nEr verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt sein erstinstanzliches\nVorbringen. Er bleibt insbesondere dabei, dass fur beide Versorgungszusagen\neine Lebensversicherung abgeschlossen worden sei. Nur weil beide Zusagen das\nselbe Datum trugen, sei im Schreiben vom 01.02.1996 von "der\nVersorgungszusage" gesprochen worden. Durch die Vereinbarungen in den Ziffern\n3., 7. und 8. des Vergleichs vom 23.01.1996 seien jedenfalls die\nVersorgungsanspruche des Klagers umfassend mitgeregelt worden. Hieran konne -\nauch unter Berucksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts -\nwegen der Übertragung der Lebensversicherung in Ziffer 7. des Vergleichs und\nder anschließenden klarstellenden Korrespondenz der Parteien kein Zweifel\nbestehen. Durch die gemaß Ziffer 3. des Vergleichs gezahlte Abfindung von\nbrutto 500.000,00 DM sei der Klager auch bezuglich seiner Anspruche aus der\nzweiten Versorgungszusage abgefunden worden.\n\n42\n\nWegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen\nInhalt der gewechselten Schriftsatze nebst der eingereichten Unterlagen\nverwiesen.\n\n43\n\nDie Akten 18 O 375/95, 18 O 376/95 und 13 O 377/95, samtlich LG Bonn, waren\nGegenstand der mundlichen Verhandlung. Auch auf deren Inhalt wird Bezug\ngenommen.\n\n44\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e\n\n45\n\nDie in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klagers ist zulassig, in\nder Sache selbst jedoch nicht begrundet.\n\n46\n\nIm Ergebnis hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen, wenn auch die\nBegrundung teilweise zu korrigieren ist.\n\n47\n\nDem Klager steht ein Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Altersrente\naufgrund der zweiten Pensionszusage des Beklagten vom 01.08.1987 uber\nmonatlich 2.825,00 DM nicht zu. Grundlage eines solchen Anspruchs kann nur die\nvorgenannte Vereinbarung der Parteien i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative\nBetrAVG sein. Durch den gerichtlich protokollierten Vergleich vom 23.01.1996\nhat der Klager aber auf eine uber die Vergleichsregelungen hinausgehende\nzusatzliche Altersrente entsprechend der zweiten Pensionszusage wirksam\nverzichtet.\n\n48\n\n1.\n\n49\n\nDem Klager ist zunachst zuzugeben, dass er zum Zeitpunkt seines Ausscheidens\naus dem beklagten Verein am 30.06.1994 gemaß § 1 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative\nBetrAVG eine unverfallbare Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung\nab Vollendung des 60. Lebensjahres bzw. - genauer - ab dem 01.04.1999 erworben\nhatte, da er bei seinem Ausscheiden bereits 55 Jahre alt war, er bis dahin\nmehr als 12 Jahre, namlich 16 Jahre, fur den Beklagten tatig gewesen war und\nauch die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 3 Jahre,\nnamlich 6 Jahre, bestand.\n\n50\n\nDer Klager war zwar nicht Arbeitnehmer i.S.v. §§ 1 Abs. 1, 17 Abs. 1 Satz 1\nBetrAVG, weil er als Bundesgeschaftsfuhrer besonderer Vertreter des Beklagten\ngemaß § 30 BGB war (siehe § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG; Steinmeyer in Erfurter\nKommentar zum ArbR, § 17 BetrAVG, Rdnr. 2). Zur Begrundung kann insoweit auf\ndie zutreffenden Ausfuhrungen des Landesarbeitsgerichts (LAG) Koln im\nBeschluss vom 19.05.1995 in der Parallelsache 18 O 376/95 LG Bonn (Bl. 127 ff.\nBA) verwiesen werden. Das LAG hat darin im Hinblick auf die\nVertretereigenschaft des Klagers die Zustandigkeit der Arbeitsgerichte\nverneint und die ordentlichen Gerichte fur zustandig erklart. Dem schließt\nsich der Senat in vollem Umfang an, wie dies auch der Klager in der\nKlageschrift noch getan hat.\n\n51\n\nZu Unrecht hat das Landgericht allerdings auch eine Anwendbarkeit von § 17\nAbs. 1 Satz 2 BetrAVG auf den Klager verneint. Nach dieser Vorschrift gelten\ndie §§ 1-16 BetrAVG fur solche Personen entsprechend, die zwar nicht\nArbeitnehmer sind, denen aber Versorgungsleistungen "aus Anlass ihrer\nTatigkeit fur ein Unternehmen zugesagt worden sind." Dazu konnen nach\nstandiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch Mitglieder von\nGesellschaftsorganen gehoren, fur die diese Erweiterung u.a. gerade geschaffen\nworden ist (BGHZ 77, 94, 98 ff, DB 91, 1231). Eine "Zusage seitens des\nUnternehmens" liegt nur dann nicht vor, wenn das Organmitglied zum einen uber\ndie Geschicke der juristischen Person mitbestimmen kann und es daruber hinaus\neine beherrschende, auf einem genugend hohen Vermogenseinsatz beruhende\nmitgliedschaftliche Stellung inne hat. Nur dann erscheint es vom Zweck des\nBetriebsrentengesetzes her gerechtfertigt, das Organmitglied verantwortungs-\nund risikomaßig wie einen selbstandigen Unternehmer zu betrachten, der vom\nGenuss einer Pensionssicherung ausgeschlossen ist (BGH a.a.O.). Dies wird\nentgegen der Auffassung des Landgerichts auch von dem Kommentator Steinmeyer\nim Erfurter Kommentar nicht anders gesehen (siehe dort zu § 17 BetrAVG nicht\nnur die Rdnr. 4 und 7, sondern auch die Rdnr. 6 und 10). Da vorliegend der\nKlager als Mitglied des Vertretungsorgans zwar Vertretungsmacht fur den\nBeklagten hatte, uber seine Versorgungsanspruche aber ausschließlich vom\nVorstand entschieden wurde und der Klager auch im ubrigen jedenfalls keine\nuberwiegende, auf entsprechender Vermogensbeteiligung beruhende und einem\nselbstandigen Unternehmer gleichkommende Leitungs- und Entscheidungsmacht\nbesaß, sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG gegeben, sodass\ndanach auch die §§ 1 ff. BetrAVG auf den Klager entsprechend anwendbar sind.\n\n52\n\n2.\n\n53\n\nDie sich aus der zweiten Pensionszusage ursprunglich ergebende Anwartschaft\nauf eine weitere betriebliche Altersversorgung konnte aber im April 1999 nicht\nmehr zum Vollrecht erstarken, weil durch den gerichtlich protokollierten\nVergleich vom 23.01.1996 auch die Pensionsanspruche des Klagers abschließend\nmitgeregelt worden sind. Bezuglich der Auslegung dieses Vergleichs kann\nzunachst auf die insoweit im wesentlichen zutreffenden Ausfuhrungen des\nLandgerichts in dem angefochtenen Urteil, denen sich der Senat anschließt,\nverwiesen werden. Dass es sich bei jenem Vergleich um eine Gesamtbereinigung\nhandeln sollte, die auch die Altersversorgung des Klagers mit umfasste, ergibt\nsich nicht nur aus den Ziffern 7. und 8\\. des Vergleichs sowie aus den\nSchreiben der Beklagtenvertreter vom 01.02.1996 und der Klagervertreter vom\n08.02.1996, sondern insbesondere auch aus Ziffer 3. des Vergleichs. Dort heißt\nes ausdrucklich: "Zum Ausgleich fur den Verlust der sozialen Besitzstande\nverpflichtet sich der Beklagte, als Abfindung an den Klager 500.000,00 DM\nbrutto zu zahlen." Durch die vorgenannten Schreiben, die die Parteien noch\nwahrend der Widerrufsfrist bzgl. des Vergleichs gewechselt haben, ist noch\neinmal ausdrucklich klargestellt worden, dass die Übertragung des L.\nVersicherungsvertrages bei der S. R. zur Abgeltung der Versorgungszusage vom\n01.08.1987 erfolgte. Soweit der Klager diesbezuglich auf die Formulierung im\nSingular hinweist, kann er hieraus nichts Entscheidendes herleiten. Abgesehen\ndavon, dass diese Formulierung in Anbetracht der Tatsache, dass beide\nVersorgungszusagen vom selben Tage stammten, sich durchaus auf beide Zusagen\nbezogen haben kann, war jedenfalls nach dem Gesamtzusammenhang klar, dass der\nVergleich Anspruche des Klagers aus der Versorgungszusage des Beklagten in\neinem umfassenden Sinne betraf. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die\nKlagervertreter bei Empfang bzw. Abfassung der zitierten Schreiben gemeint\nhatten, dass die Übertragung der bei der S. R. bestehenden Lebensversicherung\nnur zur Abgeltung der ersten Pensionszusage der Beklagten uber 2.300,00\nDM/Monat erfolgen sollte und nicht zur Abgeltung beider Pensionszusagen vom\n01.08.1987 uber insgesamt 5.125,00 DM (2.300,00 DM + 2.825,00 DM). Denn bei\nder gebotenen Gesamtbetrachtung der Ziffern 3., 7. und 8. des Vergleichs ergab\nsich eindeutig, dass durch die Übertragung des L. Versicherungsvertrages und\ndie Zahlung einer Abfindung von brutto 500.000,00 DM "zum Ausgleich fur den\nVerlust der sozialen Besitzstande" alle Anspruche des Klagers aus dem\nArbeitsverhaltnis erledigt sein sollten. Keinesfalls kann dem Klager in der\nArgumentation dahingehend gefolgt werden, dass die Altersversorgung\nausschließlich in Ziffer 7. des Vergleichs, insoweit aber nur teilweise,\nnamlich nur bezuglich der ersten Pensionszusage uber 2.300,00 DM/Monat,\ngeregelt worden sei. Ein solches Verstandnis muss vielmehr bei einer\nBerucksichtigung von Ziffer 3. und insbesondere auch der der Ziffer 7.\nnachfolgenden Ausgleichsklausel in Ziffer 8. des Vergleichs als fernliegend\nund nicht uberzeugend erscheinen.\n\n54\n\nDie zutreffende Auslegung des Landgerichts tragt, worauf die Kammer mit Recht\nhingewiesen hat, auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Rechnung,\nwonach eine Ausgleichsquittung, in der der Arbeitnehmer alle Anspruche aus dem\nArbeitsverhaltnis als abgegolten erklart, in der Regel nicht auch Anspruche\nauf ein betriebliches Ruhegeld umfasst (BWAG, AP Nr. 163 zu § 242 BGB,\nStichwort "Ruhegehalt"). Anders als in der vorzitierten Entscheidung waren\nhier in Ziffern 3. und 7. des Vergleichs sowie in den noch wahrend des Laufs\nder Widerrufsfrist gewechselten Schreiben der Parteien Versorgungsanspruche\ndes Klagers ausdrucklich angesprochen worden, so dass sich daraus ergab, dass\ndurch die umfassende Ausgleichsklausel auch die Versorgungsanspruche des\nKlagers abschließend geregelt werden sollten.\n\n55\n\n3.\n\n56\n\nDer gerichtlich protokollierte Vergleich vom 23.01.1996 ist auch nicht wegen\nVerstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemaß §§ 3 Abs. 1, 2; 17 Abs. 1 Satz 2\nBetrAVG, 134 BGB unwirksam.\n\n57\n\nZwar liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG im Streitfall\nvor. Nach dieser Vorschrift kann dem Arbeitnehmer oder einem nach § 17 Abs. 1\nSatz 2 BetrAVG gleich zu behandelnden Vertretungsorgan, wenn seine\nAnwartschaft auf betriebliche Altersversorgung unverfallbar geworden ist, die\nVersorgungszusage aber weniger als 10 Jahre vor seinem Ausscheiden erteilt\nwurde, mit seiner Zustimmung eine einmalige Abfindung gewahrt werden, deren\nHohe sich nach §§ 3 Abs. 2; 2 BetrAVG zu bemessen hat. Wenn die vereinbarte\nAbfindung dem nicht entspricht, ist die Vereinbarung, jedenfalls soweit sie\neinen daruber hinausgehenden Verzicht enthalt, wegen Verstoßes gegen ein\ngesetzliches Verbot unwirksam (Steinmeyer in Erfurter Kommentar, § 3 BetrAVG\nRdnr. 16, 18). Da hier die streitgegenstandliche Pensionszusage dem Klager nur\ngut 6 Jahre vor dessen Ausscheiden aus dem beklagten Verein erteilt worden\nwar, war eine einmalige Abfindung des Klagers durch Vergleich grundsatzlich\nzulassig.\n\n58\n\nDafur, dass diese Abfindung der Hohe nach nicht den Vorschriften der §§ 3 Abs.\n2; 2 BetrAVG entsprochen hatte, hat der Klager nicht genugend vorgetragen. Wie\nbereits ausgefuhrt, ist nach Wortlaut und Sinn des Vergleichs davon\nauszugehen, dass sowohl die Übertragung der Lebensversicherung gemaß Ziffer 7.\ndes Vergleichs als auch die Abfindungszahlung von brutto 500.000,00 DM gemaß\nZiffer 3. des Vergleichs zum Ausgleich des gesamten Versorgungsanspruchs des\nKlagers bestimmt waren. Da nach dessen Vortrag der Lebensversicherungsvertrag\nsich nur auf die erste Pensionszusage vom 01.08.1987 uber 2.300,00 DM/Monat\nbezog, hatte der Klager substantiiert darlegen mussen, dass die in Ziffer 3.\ndes Vergleichs festgelegte Abfindungszahlung von 500.000,00 DM brutto entweder\nuberhaupt keine Abfindung von Versorgungsanspruchen des Klagers beinhaltete\noder aber jedenfalls nicht die in §§ 3 Abs. 2; 2 BetrAVG vorgeschriebene Hohe\neiner Abfindung erreichte.\n\n59\n\nDass der Abfindungsbetrag von 500.000,00 DM keine Versorgungsanspruche betraf,\nhat der Klager nicht substantiiert behauptet. Wie erwahnt, spricht schon der\nWortlaut von Ziffer 3. des Vergleichs, "zum Ausgleich fur den Verlust der\nsozialen Besitzstande...", insbesondere auch im Zusammenhang mit den Ziffern\n7\\. und 8. des Vergleichs, dafur, dass die Vergleichssumme gerade auch eine\nAbfindung von Versorgungsanspruchen mit umfasste. Gegenteiliges hat der Klager\nzwar behauptet, aber zahlenmaßig nicht ausreichend belegt. Sein Hinweis auf\nfruhere Korrespondenz der Parteien, das Schreiben der seinerzeitigen\nKlagervertreter vom 25.07.1994 (Bl. 182 GA) und das Schreiben der damaligen\nBeklagtenvertreter vom 12.08.1994 (Bl. 179 f. GA), reicht insoweit nicht aus.\nDanach ist nicht erkennbar, wofur der ursprunglich als Abfindung im Raum\nstehende Betrag von 750.000,00 DM gedacht gewesen sein soll. In den\nVorprozessen 18 O 375-377/95 LG Bonn war an Zahlungsanspruchen lediglich eine\nÜberstundenvergutung i.H.v. zunachst rund 37.600,00 DM, spater nur noch von\nrund 32.000,00 DM anhangig. Im Schreiben der Klagervertreter vom 25.07.1994\nwar die angeblich noch gerichtsanhangige Mehrarbeitsvergutung zwar auf ca.\n104.500,00 DM beziffert worden, diese sollte aber zu dem seinerzeit genannten\nAbfindungsbetrag von 750.000,00 DM noch hinzukommen. Ein Ausgleich fur\nEinkommensverluste durfte in der Vergleichssumme eher nicht enthalten gewesen\nsein, da der Klager laut Schreiben der Beklagtenanwalte vom 12.08.1994\nunmittelbar nach Beendigung seiner Tatigkeit fur den Beklagten eine\nanderweitige Erwerbstatigkeit aufgenommen hatte. Dafur, dass die\nVergleichszahlung von 500.000,00 DM auch der Abfindung von\nVersorgungsanspruchen diente, spricht gerade auch das vorzitierte Schreiben\nder Klageranwalte vom 25.07.1994, in dem bereits die Übertragung der\nLebensversicherung sowie eine "Gesamtregulierung" angesprochen worden waren.\nGegenteiliges hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klager\njedenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Eine Vernehmung des vom Klager in\ndiesem Zusammenhang benannten Zeugen Rechtsanwalt S. kam deshalb nicht in\nBetracht.\n\n60\n\nEbenso wenig hat der Klager dargetan oder ist sonst ersichtlich, dass der\nVergleichsbetrag von 500.000,00 DM nicht die in §§ 3 Abs. 2; 2 BetrAVG\nvorgeschriebene Hohe der Abfindung erreichen wurde. Bei Zugrundelegung einer\nLebenserwartung des Klagers von 75 Jahren (und dementsprechend einer\nVersorgungsdauer von 15 Jahren) sowie der vom Klager in Bezug auf die zweite\nPensionszusage zutreffend errechneten Hohe eines anteiligen\nVersorgungsanspruchs von 2.219,63 DM wurde eine einmalige kapitalisierte\nAbfindung, bei der eine entsprechende Abzinsung vorzunehmen ware, jedenfalls\ndeutlich unter 400.000,00 DM liegen. Hinzu kommt, dass in den oben genannten\nSchreiben der Parteien von Februar 1996 auch eine fur den Klager bestehende\nLebensversicherung bei der A. angesprochen ist, bezuglich derer der Beklagte\nim Termin vom 22.03.2000 behauptet hat, dass er hierfur lange Zeit die\nBeitrage gezahlt habe. Dem hat der Klager nicht substantiiert widersprochen,\nso dass moglicherweise auch dieser Umstand bei der Bemessung der Mindesthohe\nder Abfindung Berucksichtigung finden musste.\n\n61\n\nInsgesamt ist jedenfalls eine Unwirksamkeit des Vergleichs vom 23.01.1996\ngemaß §§ 3 Abs. 1, 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG, 134 BGB vom Klager nicht\nsubstantiiert dargetan worden.\n\n62\n\n4.\n\n63\n\nEbensowenig ergibt sich aus dem Vortrag des Klagers, dass er den Vergleich vom\n23.01.1996 wirksam wegen Inhaltsirrtums gemaß § 119 BGB angefochten hatte.\nAbgesehen davon, dass der Klager eine Anfechtung nicht ausdrucklich erklart\nhat und die Anfechtungsfrist des § 121 BGB bei Klageerhebung bereits\nverstrichen war, ist fur einen Inhaltsirrtum auch nichts ersichtlich. Wie\nschon erwahnt, lasst sich dem klagerischen Vortrag aufgrund der mitgeteilten\nZahlen nicht ausreichend entnehmen, dass der Klager sich uber den Inhalt der\nvon ihm abgegebenen Zustimmungserklarung geirrt hatte. Der bloße Motivirrtum\nreicht zur Inhaltsanfechtung nach § 119 BGB nicht aus. Insoweit liegt der\nSachverhalt hier anders als in dem bereits zitierten, vom BAG entschiedenen\nFall (AP Nr. 163 zu § 242 BGB, Stichwort "Ruhegehalt").\n\n64\n\nNach allem war die Berufung des Klagers zuruckzuweisen.\n\n65\n\nDie Entscheidung uber die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.\n\n66\n\nStreitwert:\n\n67\n\n1)\n\n68\n\nfur die I. Instanz (in Abanderung der Streitwertfestsetzung des Landgerichts\nam Ende des angefochtenen Urteils):\n\n69\n\na)\n\n70\n\nbis 23.06.1999: lfd. Rente gemaß § 17 Abs. 3 GKG (vgl. BGH, NJW 81, 2465 f.;\nHartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 17 GKG Rdnr. 43):\n\n71\n\n36 x 2.219,63 DM 79.906,68 DM\n\n72\n\nRuckstande fur Januar-Marz 1999\n\n73\n\n(§ 17 Abs. 4 GKG): 3 x 2.219,63 DM 6.658,89 DM\n\n74\n\n86.565,57 DM\n\n75\n\nb)\n\n76\n\nab 24.06.1999 79.906,68 DM\n\n77\n\n2)\n\n78\n\nStreitwert fur das Berufungsverfahren\n\n79\n\nund Beschwer des Klagers: 79.906,68 DM\n\n
305,096
ovgnrw-2000-05-08-22-a-112398
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
22 A 1123/98
2000-05-08
2019-03-12 20:33:55
2020-12-10 13:08:47
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2000:0508.22A1123.98.00
## Tenor\n\nDer Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.\n\nDer Beklagte tragt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer auf die Zulassungsgrunde des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestutzte\nAntrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.\n\n3\n\n1\\. Die Ruge des Beklagten, es bestunden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit\ndes erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), greift nicht durch.\nErnstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils in diesem\nSinne liegen nur vor, wenn durch das zu berucksichtigende Vorbringen des\nRechtsbehelfsfuhrers das Ergebnis der Entscheidung ernstlich in Frage gestellt\nist (standige Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschluss vom 29. Marz 2000 - 22\nB 1965/99 -).\n\n4\n\nDas Verwaltungsgericht hat der Klagerin die begehrten Prozesszinsen fur den\nvom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren anerkannten Erstattungsanspruch\nim Wesentlichen mit der Begrundung zuerkannt, der Anspruch ergebe sich aus\neiner entsprechenden Anwendung der §§ 288, 291 BGB. Da § 111 Abs. 2 Satz 2\nBSHG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 14. August 1969 mit Wirkung vom\n1. Januar 1994 aufgehoben worden sei, seien in Ermangelung anderweitiger\nAussagen des aufhebenden Gesetzes die allgemeinen Grundsatze uber Verzinsung\noffentlich- rechtlicher Anspruche wieder in Geltung gesetzt worden, die eine\nGeltendmachung von Verzugszinsen bei den Erstattungsanspruchen der\nSozialhilfetrager zugelassen hatten.\n\n5\n\nDagegen wendet der Beklagte ein, aus dem Wegfall einer Vorschrift lasse sich\nnicht folgern, dass nunmehr das Gegenteil der fortgefallenen Anordnung gelten\nsolle. Die weggefallene Vorschrift konne ebenso gut uberflussig geworden sein,\nweil die in ihr getroffene Anordnung in Folge einer Änderung anderer\nVorschriften inzwischen ohnehin gelte. Letzteres sei der Fall. Der Gesetzgeber\nhabe in den §§ 102 bis 114 SGB X eine abschließende Regelung fur\nErstattungsanspruche der Sozialleistungstrager untereinander getroffen. In\ndiesem Rahmen habe er eine Verzinsung mit einer Ausnahme - § 108 Abs. 2 SGB X\n- ausgeschlossen.\n\n6\n\nDieses Vorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des\nangefochtenen Urteils.\n\n7\n\nDas Bundesverwaltungsgericht hat in einem vergleichbaren Fall im Beschluss vom\n29. Dezember 1995 - 5 B 31.95 - FEVS 47, 9, entschieden, dass mit der\nAufhebung der eine Verzinsung ausschließenden Spezialnorm des § 111 Abs. 2\nSatz 2 BSHG F. 1987 mit Wirkung zum 1. Januar 1994 in Ermangelung\nanderweitiger Aussagen des aufhebenden Gesetzes die allgemeinen Grundsatze\nuber die Verzinsung offentlich-rechtlicher Anspruche insoweit wieder in\nGeltung gesetzt worden seien. Dies ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz und\nrechtfertige daher nicht die Zulassung der Revision hinsichtlich der Frage, ob\nfur Kostenerstattungsanspruche, die unter der Geltung des § 103 Abs. 3 BSHG F.\n1987 entstanden sind, eine Verzinsungspflicht auch unter Berucksichtigung der\nseit 1. Januar 1994 geltenden Neufassung des § 111 Abs. 2 BSHG ausgeschlossen\nsei. Dann kann fur Zinsanspruche fur nach dem 1. Januar 1994 entstandene\nKostenerstattungsanspruche nichts anderes gelten. Zu den allgemeinen\nGrundsatzen uber die Verzinsung offentlich- rechtlicher Anspruche gehort es\nnach der standigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass § 291\nSatz 1 BGB analoge Anwendung findet, wenn das einschlagige Fachgesetz keine\ngegenteilige Regelung trifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 28\\. Juni 1995 - 11 C\n22.94 - BVerwGE 99, 53). Fur das Sozialhilferecht gibt es keine die Anwendung\ndes § 291 Satz 1 BGB ausschließende Regelung. Die vom Beklagten fur sich in\nAnspruch genommene Regelung des § 108 Abs. 2 SGB X ist erst im Jahre 1996 in\nKraft getreten; daraus kann daher fur die Absicht des Gesetzgebers bei der\nAufhebung des fruheren § 111 Abs. 2 Satz 2 BSHG, wonach Verzugszinsen nicht\nerhoben werden konnten, nichts hergeleitet werden. Soweit sich der Beklagte\nauf die Spruchpraxis der Zentralen Spruchstelle fur Fursorgestreitigkeiten\n(Entscheidung vom 13. Februar 1997 \\- B 63/96 - EuG 51, 346) beruft, ist\ndarauf hinzuweisen, dass in dieser Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen\nwird, dass im Rahmen des Verwaltungsrechts kein allgemeiner Grundsatz\nexistiere, der zur Zahlung von Verzugs- oder Prozesszinsen in entsprechender\nAnwendung der §§ 288, 291 BGB verpflichte. Dies trifft hinsichtlich der\nProzesszinsen gerade nicht zu. In der von der Zentralen Spruchstelle zitierten\nEntscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18. Dezember 1979 - Az 2 RU\n3/79 -, BSGE 49, 227) wird insoweit auch ausdrucklich zwischen Verzugszinsen\nund Prozesszinsen unterschieden. Hinsichtlich der Prozesszinsen hat das\nBundessozialgericht aber bereits im Urteil vom 27. Juni 1968 - 2 RU 73/65 -\nFEVS 16, 116, auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen\nund dargelegt, dass sich diese Rechtsprechung auf das Sozialversicherungsrecht\nnicht ubertragen lasse. Angesichts dieser deutlichen Unterscheidung zwischen\nVerzugs- und Prozesszinsen, die dem Gesetzgeber bekannt sein musste, bestehen\ndeshalb auch schon erhebliche Zweifel daran, dass § 111 Abs. 2 Satz 2 a.F.,\nder seinem Wortlaut nach nur die Geltendmachung von Verzugszinsen ausschloss,\nsich auch auf Prozesszinsen bezog (so aber Bay. VGH, Urteil vom 7. November\n1974 - 12 B 93.1264 - unter Bezugnahme auf VGH BW, Urteil vom 17\\. Dezember\n1993 - 6 S 2158/93 -, FEVS 45, 203). Dies braucht der Senat aber vorliegend\nmangels Erheblichkeit fur dieses Verfahren nicht zu entscheiden.\n\n8\n\n2\\. Die Beschwerde kann auch nicht wegen grundsatzlicher Bedeutung der\nRechtssache zugelassen werden (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Zum einen genugt es\nfur die Darlegung der grundsatzlichen Bedeutung nicht, dass die noch offene\nRechtsfrage "fur den Beklagten" von grundsatzlicher Bedeutung sei, da sie in\neiner Vielzahl gleich gelagerter Falle zum Tragen komme, zum anderen ist die\nentscheidungserhebliche Rechtsfrage entgegen der Auffassung des Beklagten\ndurch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Dezember 1995,\na.a.O., beantwortet.\n\n9\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.\n\n10\n\nMit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des\nVerwaltungsgerichts Koln rechtskraftig (§ 124 a Abs. 2 Satz 3 VwGO).\n\n11\n\nDieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).\n\n12\n\n
305,225
ovgnrw-2000-04-12-21-a-459399a
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
21 A 4593/99.A
2000-04-12
2019-03-12 20:37:29
2020-12-10 13:09:06
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2000:0412.21A4593.99A.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird auf Kosten des Klagers abgelehnt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag hat keinen Erfolg.\n\n3\n\nMit seiner allein in Anspruch genommenen Grundsatzruge dringt der Klager nicht\ndurch. Abgesehen von erheblichen Mangeln der Darlegung rechtfertigt die von\nihm fur grundsatzlich bedeutsam gehaltene Frage, "ob der anzulegende Maßstab\nfur die Überprufung der beachtlichen Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 4 AuslG\ni.V.m. Art. 3 EMRK vorliegend identisch ist, wie er angelegt wird bei der\nÜberprufung der Fragen, ob eine Gruppenverfolgung vorliegt", nicht die\nDurchfuhrung eines Berufungsverfahrens. In der Rechtsprechung des Senats ist\nfur Ruckkehrer nach Sri Lanka geklart, dass die Voraussetzungen von\nAbschiebungshindernissen einschließlich derjenigen aus § 53 Abs. 4 AuslG, die\nin der Antragsschrift genannt sind, vorbehaltlich besonderer Umstande, die\nhier nicht dargetan, auch nicht ersichtlich und zudem einem grundsatzlichen\nKlarungsbedarf kaum zuganglich sind, nicht vorliegen (vgl. zuletzt Urteile vom\n22. Oktober 1999 - 21 A 4424/96.A - und vom 17. Dezember 1999 - 21 A 4262/96.A\n-). In dieser Rechtsprechung nicht berucksichtigte Umstande werden in der\nAntragsschrift nicht aufgezeigt.\n\n4\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.\n\n5\n\n
305,344
vg-arnsberg-2000-03-29-12-l-39300a
841
Verwaltungsgericht Arnsberg
vg-arnsberg
Arnsberg
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
12 L 393/00.A
2000-03-29
2019-03-12 20:41:10
2020-12-10 13:09:24
Beschluss
ECLI:DE:VGAR:2000:0329.12L393.00A.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDie Antragstellerin tragt die Kosten des Verfahrens, fur das Gerichtskosten\nnicht erhoben werden.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer sinngemaß gestellte Antrag,\n\n3\n\ndie aufschiebende Wirkung der Klage 12 K 1026/00.A gegen die im Bescheid des\nBundesamtes fur die Anerkennung auslandischer Fluchtlinge vom 2\\. Marz 2000\nenthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen,\n\n4\n\nist nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulassig, hat aber\nin der Sache keinen Erfolg. Denn es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der\nRechtmaßigkeit der Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegrundet\n(vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG), die allein die Anordnung der aufschiebenden\nWirkung rechtfertigen konnten. Das Bundesamt hat in dem angegriffenen Bescheid\nzutreffend festgestellt, daß aufgrund der gravierenden Änderung der\ntatsachlichen Verhaltnisse im Heimatland der Antragstellerin im Zusammenhang\nmit der flachendeckenden Stationierung von KFOR-Truppen im Kosovo fur\nethnische Albaner offensichtlich nicht mehr die Gefahr einer Verfolgung durch\nden serbischen Staat im Sinne von § 51 Abs. 1 des Auslandergesetzes (AuslG)\nbesteht und daß die Sicherheits- und Versorgungslage im Kosovo keine\nAbschiebungshindernisse nach § 53 AuslG begrundet. Die Kammer nimmt insoweit\nzur Vermeidung von Wiederholungen gemaß § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug auf die\nweder rechtlich noch tatsachlich zu beanstandenden Ausfuhrungen in dem\nangegriffenen Bescheid, die auch mit der neuen Rechtsprechung des\nOberverwaltungsgerichts fur das Land Nordrhein-Westfalen,\n\n5\n\nvgl. Urteil vom 10. Dezember 1999 - 14 A 3768/94.A - und Beschluß vom 10.\nDezember 1999 - 13 A 2229/98.A,\n\n6\n\nder sich das erkennende Gericht angeschlossen hat, ubereinstimmen.\n\n7\n\nSoweit die Antragstellerin vortragt, sie gehore der Bevolkerungsgruppe der\nRoma an, ergibt sich keine andere Beurteilung. Denn selbst bei unterstellter\nGlaubhaftigkeit der oberflachlichen und inhaltsleeren Angaben, bestehen gegen\ndie Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegrundet keine\nRechtmaßigkeitsbedenken, weil Roma mit der fur den Offensichtlichkeitsmaßstab\ndes § 30 Abs. 1 AsylVfG aufdrangenden Gewißheit in der Bundesrepublik\nJugoslawien nicht landesweit einer staatlichen Gruppenverfolgung ausgesetzt\nsind. Zwar mogen Roma im Kosovo derzeit zahlreichen Übergriffen der Albaner\nausgesetzt sein.\n\n8\n\nVgl. hierzu auch: Gesellschaft fur bedrohte Volker, Bericht "Die Lage der Roma\nund Aschkali im Kosovo" vom November 1999 und Dokumentation Tillmann-Zulch:\n"Bis der letzte Zigeuner das Land verlassen hat"; amnesty international,\nAuskunfte an das VG Magdeburg vom 24\\. September 1999 und an das VG Wiesbaden\nvom 8\\. September 1999; UNHCR: Bericht uber die Situation ethnischer\nMinderheiten im Kosovo vom 3. November 1999 in der Anlage zur Auskunft an den\nVGH Baden- Wurttemberg vom 9. Dezember 1999; Auswartiges Amt: ad hoc-\nLagebericht vom 8. Dezember 1999; Schweizerische Fluchtlingshilfe: Lagebericht\nKosova vom 20. November 1999 in der Anlage zur Auskunft an das VG Karlsruhe\nvom 8. Dezember 1999\n\n9\n\nInsoweit handelt es sich aber nicht um eine - was jedoch zur Annahme der\nVoraussetzungen des Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. des § 51 Abs. 1 AuslG\nerforderlich ware - staatliche Verfolgung der Roma, da die Übergriffe und\nVertreibungen durch albanische Extremisten erfolgen und diese im Kosovo keine\nstaatsahnliche Gewalt ausuben. Zudem steht den Roma trotz der wirtschaftlichen\nSchwierigkeiten in der Bundesrepublik Jugoslawien insbesondere in der\nTeilrepublik Montenegro eine inlandische Fluchtalternative offen. Auch den\nzitierten neueren Erkenntnissen lassen sich insoweit keine hinreichende\nAnhaltspunkte dafur entnehmen, daß die Roma nunmehr in der Bundesrepublik\nJugoslawien landesweit einer staatlichen Gruppenverfolgung ausgesetzt sind.\n\n10\n\nDer Asylantrag der Antragstellerin ist daher auch bei Berucksichtigung der\ngeltend gemachten Zugehorigkeit zum Volke der Roma im Hinblick auf das\nVorliegen der Voraussetzungen des Art 16 a Abs. 1 GG und des § 51 Abs. 1 AuslG\nzu Recht als offensichtlich unbegrundet abgelehnt worden.\n\n11\n\nDie Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung, daß\nAbschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG vorliegen. Daß fur ethnische\nAlbaner in Bezug auf den Kosovo keine Abschiebungshindernisse gegeben sind,\nist bereits oben unter Hinweis auf die hierzu ergangene obergerichtliche\nRechtsprechung dargelegt worden. Ein Abschiebungshindernis ist auch nicht im\nZusammenhang mit der geltend gemachten Zugehorigkeit der Antragstellerin zur\nVolksgruppe der Roma festzustellen. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1\nAuslG (erhebliche konkrete Gefahr fur Leib, Leben oder Freiheit) liegen auch\ninsoweit nicht vor. Denn nach Satz 2 dieser Vorschrift werden Gefahren, denen\ndie Bevolkerungsgruppe, der der Auslander angehort, allgemein ausgesetzt ist,\nnur bei Entscheidungen nach § 54 AuslG berucksichtigt. Fehlt es aber - wie\nhier - an einer ausdrucklichen Anordnung der obersten Landesbehorde, so ist\naus verfassungsrechtlichen Grunden Abschiebungsschutz wegen allgemeiner\nGefahren zu gewahren, wenn eine solch extreme Gefahrenlage vorliegt, bei der\njeder Auslander im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem\nsicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert wurde.\n\n12\n\nVgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17\\. Oktober 1995 - 9 C\n9.95 -, in: Neue Zeit- schrift fur Verwaltungsrecht (NVwZ) 1996, 199.\n\n13\n\nEs ist in Anwendung dieser Maßstabe verfassungsrechtlich derzeit nicht\ngeboten, wegen der allgemeinen Gefahren Roma aus dem Kosovo Abschiebungsschutz\nzu gewahren. Es ist zunachst nicht feststellbar, daß die oben genannten\nÜbergriffe albanischer Extremisten zu einer landesweiten extremen Gefahrdung\nfur Roma fuhren. Schon fur das Gebiet des Kosovo gilt, daß sich derartige\nGewaltmaßnahmen uberwiegend in bestimmten regionalen Brennpunkten ereignet\nhaben,\n\n14\n\nVgl. Ad-hoc-Bericht des Auswartigen Amtes vom 8\\. Dezember 1999,\n\n15\n\nso daß nicht etwa davon ausgegangen werden kann, alle Angehorigen der\ngenannten Volksgruppe mußten im gesamten Gebiet des Kosovo mit\nlebensgefahrdenden Übergriffen rechnen. Da die Regelung des § 53 Abs. 6 Satz 1\nAuslG keine ortlich begrenzten Aufenthaltsgarantien begrundet, ist es der\nAntragstellerin insofern auch zumutbar, sich außerhalb gefahrdeter Brennpunkte\nim Kosovo niederzulassen, gegebenenfalls unter dem Schutz der KFOR-Truppen,\noder aber wie zahlreiche andere Angehorige der betroffenen Gruppen einstweilen\nden Aufenthalt etwa in Montenegro zu nehmen.\n\n16\n\nZudem ist es auch aus einem weiteren Grunde verfassungsrechtlich nicht\ngeboten, Roma aus dem Kosovo wegen allgemeiner Gefahren Abschiebungsschutz zu\ngewahren. Zwar sollen nunmehr zwangsweise Ruckfuhrungen in den Kosovo im\nFruhjahr 2000 erfolgen. Jedoch kommen fur derartige Abschiebemaßnahmen nach\ndem Erlaß des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29.\nNovember 1999 (Az.I B5/6.2.1.) nur jugoslawische Staatsangehorige albanischer\nVolkszugehorigkeit, die im Kosovo uber Unterbringungsmoglichkeiten verfugen,\nin Betracht. Zu diesem Personenkreis zahlt die Antragstellerin bei\nWahrunterstellung ihrer eigenen jetzigen Angaben jedoch nicht, so daß es auch\nvon daher verfassungsrechtlich nicht geboten ist, ihr Abschiebungsschutz wegen\nallgemeiner Gefahren fur Roma im Kosovo zu gewahren.\n\n17\n\nDer Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die\nGerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 83 b Abs. 1 AsylVfG.\n\n18\n\nDieser Beschluß ist gemaß § 80 AsylVfG unanfechtbar.\n\n19\n\n
305,472
olgk-2000-03-15-2-u-7499
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
2 U 74/99
2000-03-15
2019-03-12 20:44:35
2020-12-10 13:09:43
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2000:0315.2U74.99.00
## Tenor\n\n \n1\n\nTatbestand\n\n2\n\nDie Beklagten bilden die Wohnungseigentumergemeinschaft "V.-V.-Straße/B.er Weg\n1a" in L.. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus einer Vielzahl von\nWohnungen und gewerblichen Flachen. Ursprunglich gehorte die Anlage insgesamt\nder Beklagten zu 38). Diese ist nunmehr noch eingetragene Eigentumerin einer\nGewerbeflache im Erdgeschoß. Mit Vertrag des Notars B. in F. vom 24\\. Februar\n1994 (UR.-Nr. 50/1994, Bl. 58 ff. d.GA.) hatte die Beklagte zu 38) das\nTeileigentum an ihren damaligen alleinvertretungsberechtigten Geschaftsfuhrer,\nHerrn B.O.M., verkauft, wobei eine Eigentumsumschreibung bisher noch nicht im\nGrundbuch eingetragen ist.\n\n3\n\nDie Klagerinnen haben hinsichtlich der Gewerbeeinheit eine Kopie eines\nMietvertrages vom 12. Juni 1990 (Bl. 7 ff. d.GA.) zu den Akten gereicht, den\ndie "E.D. eG" als Mieterin und Herr B.O.M. als Vermieter unterzeichnet haben.\nAls Vermieter war im Vertragstext die Beklagte zu 38) angegeben. Deren\nBezeichnung ist handschriftlich ersetzt worden durch die Angabe "B.O. M.". In\n§ 6 des Mietvertrages heißt es u.a. (Bl. 10 f. d.GA.):\n\n4\n\n##blob##nbsp;\n\n5\n\n"Die Mieterin tragt die Kosten ihres Verbrauchs an\n\n6\n\n\\- Strom, gemaß Zahler\n\n7\n\n\\- Heizung anteilig gemaß Zahler\n\n8\n\n(Energie, Wartung ohne Reparatur, Schornsteinfeger,\n\n9\n\nStrom)\n\n10\n\n\\- Frisch- und Abwasser gemaß Zahler\n\n11\n\n......\n\n12\n\nEine Nebenkostenvorauszahlung in Hohe von DM 500,- (ohne Heizkosten) zuzuglich\nder jeweils geltenden Mehrwertsteuer ist monatlich mit der Miete zu\nuberweisen.\n\n13\n\n...."\n\n14\n\nIn einem auf den 29. Marz 1995 datierten Nachtrag (Bl. 13 f. d.GA.), der von\nder "E. Handelsgesellschaft D. mbH" und ebenfalls Herrn B.O.M. unterzeichnet\nworden ist, heißt es (Bl. 13 d.GA.):\n\n15\n\n1\\. Eigentumsubergang und Vertragsverhaltnis\n\n16\n\nDurch Eigentumsubergang ist Herr B.O.M., U. d. E. 5, W., Eigentumer des\nMietobjekts geworden und somit Vermieter.\n\n17\n\nDie E. Handelsgesellschaft D. mbH, C. Straße , M., ist mit allen Rechten und\nPflichten als Mieterin anstelle der E.D. eG, C. Straße , M., in das\nVertragsverhaltnis eingetreten.\n\n18\n\nDer Mietvertrag vom 12.06.1990 besteht somit zwischen\n\n19\n\n##blob##nbsp;\n\n20\n\n##blob##nbsp;\n\n21\n\nHerrn B.O.M. als Vermieter\n\n22\n\n##blob##nbsp;\n\n23\n\n##blob##nbsp;\n\n24\n\nund der\n\n25\n\n##blob##nbsp;\n\n26\n\n##blob##nbsp;\n\n27\n\nE. Handelsgesellschaft D. mbH als Mieterin."\n\n28\n\nDie Klagerin zu 1) uberließ ihrerseits mit Wirkung vom 1. April 1998 der\nKlagerin zu 2) die Gewerberaume zur Nutzung als Lebensmittelmarkt (Kopie des\nvon der Klagerin vorgelegten Untermietvertrages vom 26. Februar 1998, Bl. 21\nff. d.GA.).\n\n29\n\nDie Wohnungseigentumergemeinschaft hat gegen die Beklagte zu 38) Anspruche auf\nZahlung von ruckstandigen Wohngeldern aus den Wirtschaftsplanen 1995 bis 1998\nin Hohe von mehr als 100.000,00 DM (Aufstellung Bl. 24 ff. d.GA.). Mit\nSchreiben vom 20. August 1998 forderte die Wohnungseigentumergemeinschaft die\nKlagerin zu 1) auf, bis zum 26. August 1998 auf einen Ausgleich dieser\nForderungen durch die Beklagte zu 38) Einfluß zu nehmen. Zugleich drohte sie\neine Unterbrechung der Versorgung des Lebensmittelgeschaftes mit "Strom,\nWasser und Gas/Heizenergie" an, sofern bis zum 26. August 1998 keine\nzufriedenstellende Losung gefunden werde. Die Beklagten genehmigten in der\nEigentumerversammlung vom 9. Juni 1999 einstimmig die Unterbrechung der\nGewerbeeinheit mit Energie, soweit dies rechtlich zulassig ist (Protokoll Bl.\n182 d.GA.). Durch Beschluß vom 3. Dezember 1999 stelle das Amtsgericht\nSiegburg - 3 II 11/99 WEG - fest, daß die Beklagten berechtigt sind, die\nVersorgung des Sondereigentums mit Strom, Energie und Wasser zu unterbrechen.\n\n30\n\nAuf Antrag der Klagerinnen erließ das Landgericht Bonn in dem Verfahren 3 O\n346/98 am 26. August 1998 eine einstweilige Verfugung, durch die den jetzigen\nBeklagten untersagt wurde, die Versorgung der Gewerbeeinheit mit Wasser, Strom\nund Energie (Gas) zu unterbinden. Auf den Widerspruch bestatigte das\nLandgericht mit Urteil vom 17. Februar 1999 die erlassene einstweilige\nVerfugung. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten wies der Senat - 2\nU 40/99 - durch Urteil vom 22. September 1999 zuruck. Bei dem vorliegenden\nRechtsstreit handelt es sich um die Hauptsache zu dem einstweiligen\nVerfugungsverfahren.\n\n31\n\nDie Klagerinnen haben geltend gemacht, sie wurden durch das angedrohte\nVorgehen in ihren Besitzrechten als Mieter bzw. Untermieter gestort. Insoweit\nstelle das angekundigte Verhalten eine verbotene Eigenmacht dar. Zudem haben\ndie Klagerinnen bestritten, daß der erstinstanzliche Prozeßbevollmachtigte\nauch von der Beklagten zu 38) bevollmachtigt sei. Sie haben behauptet, die von\nihnen benotigten Energien (Elektrizitat und Gas) wurden aufgrund unmittelbar\nzwischen der Klagerin zu 2) und den Versorgungsunternehmen abgeschlossener\nVertrage geliefert.\n\n32\n\nSie haben beantragt,\n\n33\n\n##blob##nbsp;\n\n34\n\n##blob##nbsp;\n\n35\n\n##blob##nbsp;\n\n36\n\n1.\n\n37\n\n##blob##nbsp;\n\n38\n\n##blob##nbsp;\n\n39\n\n##blob##nbsp;\n\n40\n\ndie Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die Versorgung der von ihnen\ngemieteten gewerblichen Raumlichkeiten im Objekt, V.-V.-Straße/B.er Weg 1a,\nL., Erdgeschoß, mit Wasser, Strom und Energie (Gas) zu unterbrechen,\n\n41\n\n##blob##nbsp;\n\n42\n\n##blob##nbsp;\n\n43\n\n##blob##nbsp;\n\n44\n\n2.\n\n45\n\n##blob##nbsp;\n\n46\n\n##blob##nbsp;\n\n47\n\n##blob##nbsp;\n\n48\n\nden Beklagten anzudrohen, daß fur jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in\nZiffer 1 ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM\nund fur den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis\nzu 6 Monaten festgesetzt werden kann.\n\n49\n\nDie Beklagten haben beantragt,\n\n50\n\n##blob##nbsp;\n\n51\n\n##blob##nbsp;\n\n52\n\n##blob##nbsp;\n\n53\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n54\n\nSie haben bestritten, daß der Zeuge M. berechtigt gewesen sei, die Raume zu\nvermieten. Dieser sei nicht als Geschaftsfuhrer der Beklagten zu 38) sondern\nim eigenen Namen aufgetreten. Zudem haben sie die Auffassung vertreten, die\nAndrohung der Unterbrechung der Energieversorgung richte sich nicht gegen die\nMieter, sondern gegen die Eigentumerin der Gewerbeeinheit. Insoweit bestehe\nseitens der Wohnungseigentumergemeinschaft ein Zuruckbehaltungsrecht. Eine\nUnterbrechung der Energiezufuhr sei nur insoweit angekundigt, als die\nEnergielieferung uber die Wohnungseigentumergemeinschaft erfolge.\n\n55\n\nDurch Urteil vom 12. Mai 1999 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluß vom\n23. Juni 1999 hat das Landgericht die Beklagten antragsgemaß verurteilt. Zur\nBegrundung hat es ausgefuhrt, die Klagerinnen konnten die Beklagten auf\nUnterlassung in Anspruch nehmen, da die angekundigte Sperrung der\nEnergiezufuhr eine Besitzstorung im Sinne des § 862 BGB darstelle. Die\nKlagerin zu 1) sei mittelbare Besitzerin. Dieser seien durch den Vertrag vom\n29\\. Marz 1995 die Gewerberaume vermietet worden. Dabei konne es dahinstehen,\nob Herr B.O.M. nicht oder noch nicht Eigentumer der Gewerbeeinheit gewesen\nsei. Er sei auf jeden Fall berechtigt gewesen, einen Mietvertrag fur die\nBeklagte zu 38) abzuschließen.\n\n56\n\nGegen das ihnen am 22. Mai 1999 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit\neinem am 21. Juni 1999 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung\neingelegt, die sie nach Verlangerung der Berufungsbegrundungsfrist bis zum 21.\nOktober 1999 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz\nbegrundet haben.\n\n57\n\nDie Beklagten machen mit der Berufung geltend, das Amtsgericht Siegburg habe\ndurch Beschluß vom 19. August 1998 in dem Verfahren 3 II 92/98 WEG\nentschieden, es sei verhaltnismaßig und gerechtfertigt, wenn die\nWohnungseigentumergemeinschaft im Wege der Ausubung eines\nZuruckbehaltungsrechts die Versorgung der der Beklagten zu 38) gehorenden\nGewerbeeinheit mit Gas, Strom und Wasser unterbrechen wurden. Dieses\nZuruckbehaltungsrecht gegenuber der Beklagten zu 38) greife auch im Verhaltnis\nzu den Klagerinnen. Dabei stelle das Absperren der Versorgungsleitungen weder\neine Besitzentziehung noch eine rechtswidrige Besitzstorung dar. Sie seien\nunter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, fur ein Mitglied der\nEigentumergemeinschaft auf Dauer die Versorgung mit Wasser und Warmeenergie\nvorzufinanzieren. Die Klagerinnen als Mieterin bzw. Untermieterin seien nicht\nbesser zu stellen als ein selbstnutzender Eigentumer. Es sei nicht\nbeabsichtigt, samtlichen Leitungen zu der Gewerbeeinheit zu unterbrechen;\nvielmehr solle nur eine Unterbrechung des Allgemeinstroms und der Wasser- und\nder Gasversorgung fur die Aufbereitung des Warmwassers erfolgen. Dies stelle\nnur eine bloße Gebrauchshinderung dar, die fur die Annahme einer Besitzstorung\nnicht ausreichend sei.\n\n58\n\nDie Beklagten beantragen,\n\n59\n\n##blob##nbsp;\n\n60\n\n##blob##nbsp;\n\n61\n\n##blob##nbsp;\n\n62\n\nunter Abanderung des Urteils die Klage abzuweisen.\n\n63\n\nDie Klagerinnen beantragen,\n\n64\n\n##blob##nbsp;\n\n65\n\n##blob##nbsp;\n\n66\n\n##blob##nbsp;\n\n67\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n68\n\nSie verteidigen das angefochtene Urteil und sind der Auffassung, es bestehe\nmangels Konnexitat kein Zuruckbehaltungsrecht. Sie seien nicht Schuldner der\nVerpflichtung zur Zahlung des Wohngeldes. Das Verhalten der\nVerfugungsbeklagten stelle zudem einen objektiv rechtswidrigen Eingriff in\nihren Gewerbebetrieb dar.\n\n69\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den\nInhalt der von ihnen eingereichten Schriftsatze nebst Anlagen Bezug genommen.\nDie Akten 3 II 24/97 WEG Amtsgericht Siegburg, 3 II 92/98 WEG Amtsgericht\nSiegburg und 3 O 346/98 Landgericht Bonn = 2 U 40/99 OLG Koln lagen vor und\nwaren Gegenstand der mundlichen Verhandlung.\n\n70\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e:\n\n71\n\nI.\n\n72\n\nDie zulassige Berufung hat in der Hauptsache keinen Erfolg.\n\n73\n\nDas Landgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Beklagten sind nicht\nberechtigt, die Versorgung der im Erdgeschoß der Eigentumsanlage gelegenen\nGewerbeflachen mit Strom, Wasser und Gas/Heizenergie zu unterbrechen. Die\nhiergegen mit der Berufung erhobenen Einwendungen rechtfertigen keine andere\nBeurteilung.\n\n74\n\n1.\n\n75\n\nEin Rechtsschutzbedurfnis fur die begehrte Verurteilung zu einer\nuneingeschrankten Unterlassung besteht. Die Beklagten konnen sich nicht darauf\nberufen, eine Unterbrechung derjenigen Leistungen der Versorgungsunternehmen,\nfur die die Mieterin des Ladenlokals eigene Liefervertrage abgeschlossen habe,\nsei nicht beabsichtigt. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20. August 1998 haben\nsie die Unterbrechung der Versorgung des E.-Marktes mit Energie fur den Fall\nangedroht, daß nicht im Hinblick auf die Forderungen der\nWohnungseigentumergemeinschaft gegen die Projektgesellschaft B.er Weg L. mbH\nbis Mittwoch, den 26. August 1998 eine fur sie zufriedenstellende Losung\ngefunden werde. Dieser Schriftsatz enthalt weder eine Einschrankung\nhinsichtlich des jeweiligen Abschlusses der Versorgungsvertrage noch eine\nBeschrankung auf eine Unterbrechung des Allgemeinstroms, des Wassers und die\nGasversorgung fur die Aufbereitung von Warmwasser. Vielmehr wird die\nunzweideutige Drohung ausgesprochen, die gesamte Energieversorgung fur die\nGewerbeeinheit zu unterbinden.\n\n76\n\n2.\n\n77\n\nDer Klagerin zu 2) steht als Untermieterin und mithin unmittelbare Besitzerin\ndes im Erdgeschoß gelegenen Ladenlokals ein Anspruch auf Unterlassung einer\nBesitzstorung gemaß §§ 862, 858 BGB zur Seite. Dieses Recht kann die Klagerin\nzu 1) als mittelbare Besitzerin ebenfalls gemaß §§ 869, 862, 858 BGB geltend\nmachen (vgl. allgemein: Palandt/Bassenge, BGB, 57. Auflage 1998, § 869 Rdnr.\n3).\n\n78\n\nDie Klagerin zu 1) ist durch den Abschluß des Hauptmietvertrages vom 12. Juni\n1990 in Verbindung mit dem Nachtrag vom 29. Mai 1995 und die Überlassung der\nMietsache zunachst unmittelbare und nach der Untervermietung mittelbare\nBesitzerin geworden, wobei die Klagerin zu 2) durch die Vermietung und die\nÜberlassung des Ladenlokals unmittelbaren Besitz erlangt hat. Insoweit greifen\ndie Beklagten die vom Landgericht in dem Urteil vorgenommene Wertung, daß\nzwischen der Beklagten zu 38), vertreten durch ihren damaligen\nGeschaftsfuhrer, und der Klagerin zu 1) und zusatzlich zwischen der Klagerin\nzu 1) und der Klagerin zu 2) jeweils wirksam ein Mietvertrag uber die\nstreitbefangenen Raume im Erdgeschoß der Wohnungseigentumsanlage\n"V.-V.-Straße/B.er Weg 1a" zustande gekommen ist, nicht mehr mit der Berufung\nan. Vielmehr gehen sie ebenfalls nunmehr von dem Bestehen entsprechender\nMietverhaltnisse aus.\n\n79\n\nZutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen einer Besitzstorung im\nSinne des § 862 BGB bejaht. Eine Storung im Sinne der Vorschrift ist jede\nBeeintrachtigung des unmittelbaren Besitzers im Genusse des Besitzes in der\nWeise, daß befriedeter Zustand in solchen der Rechtsunsicherheit verwandelt\nwird (Palandt/Bassenge, BGB, 59. Auflage 2000, § 858 Rdnr. 6; MK/Joost,\na.a.O., § 858 Rdnr. 5, 12,; Staudinger/Bund, BGB, 13. Auflage 1995, § 858,\nRdnr. 53 m.w.N.). Durch die angedrohte Unterbrechung der Zufuhr von Wasser,\nStrom und Gas/Heizung wird hinsichtlich des angemieteten Ladenlokals in die\nSachherrschaft der unmittelbaren Besitzerin eingegriffen. Sie kann ohne die\nungehinderte Belieferung mit Energie ihr Lebensmittelgeschaft nicht weiter\nungestort betreiben.\n\n80\n\nDiese Storung ist als verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB zu\nwerten. Verbotene Eigenmacht ist jede gesetzlich nicht besonders gestattete\nHandlung, die den unmittelbaren Besitzer ohne seinen Willen in der Ausubung\nder tatsachlichen Gewalt beeintrachtigt (RGZ 55, 55 [57]; RGRK/Kregel, BGB,\n12. Auflage 1979, § 858 Rdnr. 1; Staudinger/Bund, BGB, 13. Auflage 1995, § 858\nRdnr. 4). Hierbei kann die Befugnis, in einen fremden Rechtskreis und\ninsbesondere in den Besitzstand eines anderen einzugreifen, offentlich-\nrechtlicher oder burgerlich-rechtlicher Art sein (RGRK/Kregel, a.a.O., § 858\nRdnr. 8; MK/Joost, a.a.O., § 858 Rdnr. 10, 11.).\n\n81\n\nHinsichtlich der beabsichtigten Unterbrechung der Energieversorgung liegt\nweder ein Einverstandnis der Klagerin zu 1) als Hauptmieterin noch der\nKlagerin zu 2) als Untermieterin des Ladenlokals vor. Das Vorgehen der in der\nWohnungseigentumergemeinschaft verbundenen Beklagten ist ebensowenig durch\nPrivatrechtsnormen oder durch offentlich-rechtliche Normen gestattet. Den\nBeklagten steht kein Selbsthilferecht (analog § 229 BGB), das ihrem Vorgehen\ndie Widerrechtlichkeit hatte nehmen konnen, zur Seite. Denn ein solches Recht\ngewahrt das Gesetz nur in bestimmten Ausnahmefallen, wenn obrigkeitliche Hilfe\nnicht rechtzeitig zu erlangen ist (vgl. RGRK/Johannsen, BGB, 12. Auflage 1982,\n§ 229 Rdnr. 7 m.w.N.). Ein derartiger Fall ist augenscheinlich nicht gegeben,\nda es der Wohnungseigentumergemeinschaft letztlich nur um die Durchsetzung\neines falligen Anspruchs auf Zahlung ruckstandiger Wohngelder fur die Jahre\n1995 bis 1998 gegen die Verfugungsbeklagte zu 38) geht. Dieser muß im Klage-\nbzw. Vollstreckungswege gegen die Schuldnerin verfolgt werden.\n\n82\n\nSoweit das Amtsgericht Siegburg in dem Beschluß von 19. August 1998 - 3 II\n92/98 WEG - den Feststellungsantrag der dortigen Antragstellerin (= die\nhiesige Beklagte zu 38)) zuruckgewiesen hat, weil es in der Gesamtschau aller\nUmstande des Falles es als verhaltnismaßig und gerechtfertigt ansieht, wenn im\nWege der Ausubung eines Zuruckbehaltungsrechts die Versorgung der\nSondereigentumseinheit mit Heizung, Strom und Wasser unterbrochen wird, und es\nnunmehr mit Beschluß vom 3. Dezember 1999 - 3 II 11/99 WEG - ausgesprochen\nhat, daß die Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits zu einer Unterbrechung\nberechtigt seien, fuhrt dies zu keiner anderen Beurteilung. Es ist schon\nfraglich, ob die Eigentumergemeinschaft im Verhaltnis zu der Beklagten zu 38)\nberechtigt ware, auf der Grundlage eines Zuruckbehaltungsrechts wegen\nruckstandiger Wohngeldzahlungen die weitere Energiezufuhr zu unterbrechen; sie\ndarf jedenfalls hierbei nicht in die ungestorte Besitzausubung eines Dritten,\nhier der Klagerin zu 2), eingreifen.\n\n83\n\nZwar wird in der neueren Literatur und Rechtsprechung (vgl. Bub/Treier,\na.a.O., III.A Rdnr. 1152 m.w.N.) die Ansicht vertreten, das Unterbrechen der\nVersorgungsleitungen stelle im Verhaltnis zwischen Mieter und Vermieter dann\nkeine verbotene, den Besitz des Mieters an den Raumen storende Eigenmacht des\nVermieters dar, wenn der Mieter mit der Zahlung der Nebenkosten mit einem\nerheblichen Teil in Verzug geraten ist. Ebenso wird in Rechtsprechung und\nLiteratur (OLG Celle, NJW-RR 1991, 1118; BayObLG, MDR 1992, 967; OLG Hamm, NJW\n1994, 145; Merle in: Barmann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Auflage\n1997,§ 28 Rdnr. 133) ein Recht der Wohnungseigentumergemeinschaft anerkannt,\nbei erheblichen Ruckstanden ein saumiges Mitglied der Gemeinschaft von der\nweiteren Belieferung mit Energie bis zum Ausgleich der Forderungen\nauszuschließen. Begrundet wird diese Befugnis des Vermieters bzw. der\nWohnungseigentumergemeinschaft mit dem Bestehen schuldrechtlicher Beziehungen,\ndie bei einem erheblichen Zahlungsruckstand des einen Teils ein\nZuruckbehaltungsrecht gemaß § 273 BGB hinsichtlich der Leistungen begrunden,\nzu denen der andere Teil normalerweise verpflichtet ist (OLG Celle, a.a.O.;\nBayObLG, a.a.O.).\n\n84\n\nDiese Grundsatze sind jedoch - wie der Senat bereits in dem den Parteien\nbekannten Urteil vom 22. September 1999, 2 U 40/99, ausgesprochen hat -\nproblematisch, jedenfalls hier nicht einschlagig. Die Anwendbarkeit des § 273\nBGB ist vorliegend schon deswegen fraglich, weil es nicht um die Zuruckhaltung\neiner geschuldeten "Leistung" geht. Die Eigentumergemeinschaft ist nicht\n"Lieferantin" von Strom, Gas und Wasser. Die Unterbrechung von\nVersorgungsleitungen zu Raumlichkeiten eines Miteigentumers ist daher auch\nnicht die Zuruckhaltung einer "Leistung". Der betroffene Miteigentumer wird\nvielmehr am Gebrauch dieser Leitungen und damit an Teilen des\nGemeinschaftseigentums gehindert. Im ubrigen setzt § 273 BGB voraus, daß die\nbeiderseitigen Verpflichtungen aus "demselben rechtlichen Verhaltnis" stammen.\nDieser Begriff ist weit auszulegen (BGH, MDR 1985, 137; BGH, MDR 1993, 972).\nSo ist nicht erforderlich, daß die sich gegenuberstehenden Anspruche auf\ndemselben Rechtsverhaltnis beruhen; vielmehr genugt es, wenn ihnen ein\ninnerlich zusammenhangendes, einheitliches Lebensverhaltnis zugrundeliegt,\nbeide also aus Rechtsgeschaften hervorgegangen sind, die in einem solchen\nnaturlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, daß es gegen Treu und\nGlauben verstoßen wurde, wenn der eine Anspruch ohne Rucksicht auf den der\nanderen Seite zustehenden geltend gemacht und durchgesetzt werden konnte.\n\n85\n\nHiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Es liegt weder eine\nIdentitat der Vertragspartner noch des Vertragsgegenstandes vor. Unmittelbare\nvertragliche Beziehungen hat die Wohnungseigentumergemeinschaft weder zu der\nKlagerin zu 1) noch zu deren Untermieterin; ein wirtschaftlicher und\nsachlicher Zusammenhang ist ebensowenig zu bejahen. Auf der einen Seite werden\nruckstandige Wohngeldanspruche gegen ein Mitglied der\nWohnungseigentumergemeinschaft, der Beklagten zu 38), fur einen Zeitraum\ngeltend gemacht, zu dem die jetzige unmittelbare Besitzerin der Gewerberaume\nuberwiegend uberhaupt noch nicht Mieterin des Ladenlokals war; auf der anderen\nSeite stehen die mietrechtlichen Anspruche der Klagerin zu 1) bzw. zu 2) gegen\ndie jeweilige Vermieterin. Diese verschiedenen Sachverhalte sind\nunterschiedlichen Lebensbereichen zugeordnet, so daß es nicht gegen Treu und\nGlauben verstoßt, wenn die Klagerin zu 2) weiterhin auf einer ungestorten\nNutzung der angemieteten Raume besteht ohne Rucksicht auf die noch bestehenden\nWohngeldruckstande der Beklagten zu 38).\n\n86\n\nDurch die angedrohte Unterbrechung der Versorgungsleitungen greifen die\nBeklagten von außen in die Nutzung des Ladenlokals ein. Dies stellt eine\nverbotene Eigenmacht dar (vgl. allgemein: Staudinger/Bund, a.a.O., § 858 Rdnr.\n53). Anders als in dem von den Berufungsfuhrern herangezogenen Fall einer\nLieferunterbrechung durch ein Versorgungsunternehmen (LG F., MDR 1998, 1023)\ngeht es - wie oben bereits dargestellt - nicht um die Zuruckhaltung einer\n"Leistung", sondern um einen unmittelbaren Eingriff in das Mietobjekt.\nÜberdies ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine vertraglich\nbestehende Leistungsverpflichtung der Versorgungsunternehmen entfallen kann,\nin den Versorgungsbedingungen geregelt. Eine in der Leistungsverweigerung\nliegende Besitzstorung ware somit nicht widerrechtlich und schon deshalb keine\nverbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 BGB. Das Recht der\nEnergieversorgungsunternehmen zur Leistungseinstellung beruht auf einer\nausdrucklichen Gestattung (z.B. §§ 33 Abs. 2 Satz 1 AVBEltV, 33 Abs. 2 Satz 1\nAVBFernwarmeV, 33 Abs. 2 Satz 1 AVBGasV, 33 Abs. 2 Satz 1 AVBWasserV) und\nschließt daher die Widerrechtlichkeit dann aus, wenn zudem die Voraussetzungen\ndes § 273 BGB gegeben sind (BVerfG, NJW 1982, 1511 [1512]; BGH, MDR 1989, 905;\nBGH, MDR 1991, 841; BGH, MDR 1993, 972). Seinen gesetzgeberischen Grund haben\ndie Regelungen darin, daß fur solche Unternehmen eine allgemeine Anschluß\\-\nund Versorgungspflicht besteht. Sie konnen sich ihre Abnehmer - anders als\nPrivatpersonen \\- nicht aussuchen, sondern mussen grundsatzlich mit jedem\nabschließen. Insoweit stellt die Zulassigkeit einer Liefersperre die zur\nAusubung des Zuruckbehaltungsrechts aus § 273 BGB notwendige Maßnahme dar.\n\n87\n\nWie in der mundlichen Verhandlung erortert worden ist, konnen sich die\nBeklagten ebensowenig darauf berufen, es sei unverhaltnismaßig, wenn sie ihre\nForderungen gegen die Beklagten zu 38) nicht durch Ausubung eines\nZuruckbehaltungsrechts hinsichtlich der Energieversorgung durchsetzen konnen.\nEs besteht weder die Notwendigkeit der Sicherstellung der laufenden Zahlungen\nnoch eine Gefahrdung der Erfullung laufender Versorgungsvertrage durch die\nWohnungseigentumergemeinschaft. Ebensowenig geht es darum, daß ein Eigentumer\nsein Sondereigentum unbegrenzt zeitlich nutzen kann, ohne Wohngeld zu zahlen\n(so die den Entscheidungen des BayObLG, MDR 1992, 967, und OLG Celle, NJW-RR\n1991, 1118, zugrunde liegenden Sachverhalte). Der Verwalter der\nEigentumergemeinschaft hat in der mundlichen Verhandlung vor dem Senat\ndargelegt, daß ab Dezember 1998 die laufenden Wohngeldzahlungen entsprechend\ndem jeweiligen Wirtschaftsplan von dem fruheren Geschaftsfuhrer der\nEigentumerin und dem Erwerber der Wohnung gezahlt werden. Somit besteht\nderzeit keine Gefahr, daß sich die Forderungen der Eigentumergemeinschaft aus\nden laufenden Wirtschaftsplanen noch erhohen und es zu einer weiteren\nfortlaufenden Schadigung kommt. Auch die Klagerin zu 2) erbringt ihrerseits\nregelmaßig die vertraglich vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen an den\nVermieter; zudem hat sie in der mundlichen Verhandlung erklart, eventuell fur\nden noch nicht abgerechneten Zeitraum 1998/1999 offenstehende Betrage nach\nVorlage einer entsprechenden Nebenkostenabrechnung auszugleichen. Letztlich\nwill die Wohnungseigentumergemeinschaft - wie vorstehend bereits aufgezeigt -\ndurch das angedrohte Druckmittel von ihrem Mitglied einzig den Ausgleich\nruckstandiger Wohngeldbetrage fur die Vergangenheit erreichen. Diese Betrage\nstammen zudem zum großten Teil aus einer Zeit, zu der die jetzige unmittelbar\nbetroffene Untermieterin das Ladenlokal uberhaupt noch nicht einmal angemietet\nhatte. Zur Durchsetzung dieser, zugegebenermaßen nicht unerheblichen\nRuckstande muß sich die Eigentumergemeinschaft der ihr nach dem\nWohnungseigentumergesetz bzw. nach dem Vollstreckungsrecht zustehenden\nrechtlichen Mitteln bedienen und kann sich nicht gegenuber Dritten auf ein\nZuruckbehaltungsrecht berufen.\n\n88\n\nb)\n\n89\n\nWeiterhin konnen die Klagerinnen ihr Begehren ebenfalls auf einen deliktischen\nUnterlassungsanspruch stutzen. Das von der Wohnungseigentumergemeinschaft\nangedrohte Verhalten stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den\neingerichteten und ausgeubten Gewerbebetrieb der Mieterin gemaß § 823 Abs. 1\nBGB dar. Die Beklagten beabsichtigen nicht nur - wie sie geltend machen - die\nUnterbrechung der Energiezufuhr ausschließlich gegenuber der Beklagten zu 38)\nals Eigentumerin des Sondereigentums. Das Absperren der Versorgungsleitungen\nerfullt zudem die Voraussetzungen eines betriebsbezogenen Eingriffs in den\nBetrieb der Klagerin zu 2). Die Stoßrichtung der angekundigten Maßnahme ist\nsowohl gegen das saumige Mitglied der Eigentumergemeinschaft als auch gegen\ndas Unternehmen der Klagerin zu 2) als solches gerichtet und betrifft vom\nGewerbebetrieb nicht ohne weiteres ablosbare Rechte oder Rechtsguter (vgl.\nhierzu allgemein: MK/Mertens, BGB, 3. Auflage 1997, § 823 Rdnr. 490 mit\nweiteren umfangreichen Nachweisen in FN. 1451). Die Voraussetzungen fur eine\nNutzung der Gewerbeeinheit als Verkaufslokal sollen beseitigt bzw. zumindest\nerheblich beeintrachtigt werden, um so zu erreichen, daß die Beklagte zu 38)\ngezwungen wird, ihrer Zahlungsverpflichtung nachzukommen.\n\n90\n\nDaß die Betriebsunterbrechung oder -stillegung nicht der Endzweck ist, sondern\nihrerseits dazu genutzt wird, mittelbar Druck gegen die Beklagte zu 38)\nauszuuben, steht der Betriebsbezogenheit des Eingriffs in den konkreten\nGewerbebetrieb der Untermieterin nicht entgegen. Ein zielgerichtetes Verhalten\nim finalen Sinn ist nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn der Eingriff in\nseiner objektiven Stoßrichtung auf den Gewerbebetrieb als organische Einheit\nzielt oder sonst nach der Verkehrsauffassung als Storung der Grundlagen dieses\nBetriebes erscheint (RGRK/Steffen, BGB, 12. Auflage, § 823 Rdnr. 43).\n\n91\n\nII.\n\n92\n\nAuf die Berufung war die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils\ndahingehend abzuandern, daß die unterliegenden Beklagten fur die\nKostenerstattung nach Kopfteilen haften, § 100 Abs. 1 ZPO.\n\n93\n\nDie Kostenentscheidung des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 97 Abs. 1,\nAbs. 2, 100 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung uber die vorlaufige\nVollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 10, 711, 108 ZPO.\n\n94\n\nStreitwert des Berufungsverfahrens: 150.000,00 DM\n\n95\n\n(geschatzt wie Vorinstanz)\n\n96\n\nBeschwer fur die Beklagten: uber 60.000,00 DM\n\n
305,640
olgk-2000-02-23-11-u-12699
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
11 U 126/99
2000-02-23
2019-03-12 20:49:21
2020-12-10 13:10:08
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2000:0223.11U126.99.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**Entscheidungsgr unde:**\n\n2\n\nDie zulassige Berufung der Klager hat in der Sache keinen Erfolg.\n\n3\n\nDas Landgericht hat den Beklagten gemaß § 823 Abs. 1 BGB zum Ausgleich von 2/3\ndes den Klagern durch das unsachgemaße Abbrennen eines Feuerwerkskorpers in\nder Silvesternacht 1997/98 verursachten Schadens verurteilt. Die\nweitergehende, auf Ersatz des vollen Schadens gerichtete Klage hat es mit der\nBegrundung abgewiesen, daß die Tochter der Klager den Schaden mitverursacht\nhabe und deshalb der Ersatzanspruch der Klager gemaß §§ 254 Abs. 2 S. 2, 831\nBGB zu kurzen sei.\n\n4\n\nDie Klager wenden sich gegen die Zurechnung einer vom Landgericht angenommenen\nMitverantwortung ihrer Tochter fur die zwischen den Parteien unstreitige\nunerlaubte Handlung des Beklagten mit der Behauptung, sie habe in der\nfraglichen Situation nicht erkennen konnen, daß eine der vom Beklagten\ngezundeten Feuerwerkskorper nicht ordnungsgemaß abgebrannt sei.\n\n5\n\nDieser Einwand ist jedoch im Ergebnis unerheblich.\n\n6\n\n1.\n\n7\n\nDas Landgericht hat den Ersatzanspruch der Klager zutreffend auf § 823 Abs. 1\nBGB und die Zurechnung eines den Schaden mitverursachenden Verhaltens ihrer\nTochter auf §§ 254, 831 BGB gestutzt. Die Anwendung der Vorschrift des § 278\nBGB scheidet als Zurechnungsnorm dagegen aus. Zwischen den Klagern und dem\nBeklagten bestand zur Zeit des Schadensereignisses keine rechtliche\nSonderverbindung, die Voraussetzung fur die Zurechnung fremden Verschuldens\nnach dieser Bestimmung ist (st. Rechtsprechung, vergl. BGHZ 1, 249; 103, 342;\nPalandt/Heinrichs, 59. Auflage 2000, § 254 BGB, Rdn. 60).\n\n8\n\n2.\n\n9\n\nAnspruchsgrundlage fur das Schadensersatzbegehren der Klager ist daher allein\n§ 823 Abs. 1 BGB. Der sich daraus ergebende Ersatzanspruch der Klager ist\nanteilig zu kurzen, weil der Schaden von ihrer Tochter mitverursacht worden\nist.\n\n10\n\nDiese ist, wie das Landgericht zu Recht ausgefuhrt hat, fur die Zeit der\nAbwesenheit der Eltern vom Hausgrundstuck als ihre Verrichtungsgehilfin\nanzusehen. Die rechtliche Einstufung einer Person als Verrichtungsgehilfe im\nSinne von § 831 BGB setzt voraus, daß sie, was die Ausubung der konkreten\nVerrichtung angeht, zum Geschaftsherrn in einem Verhaltnis weisungsgebundener\nAbhangigkeit steht. Die Weisungsgebundenheit kann sich aus gesetzlichen\nBestimmungen oder einer ausdrucklichen oder stillschweigend getroffenen\nvertraglichen Vereinbarung ergeben. Im Verhaltnis von Ehegatten untereinander\n(vergl. dazu Staudinger/Belling/Eberl-Borges, BGB, 13. Aufl. 1997, § 831 BGB\nRdn. 66) und von Eltern zu erwachsenen Kindern fehlt es zwar in der Regel an\nder erforderlichen Weisungsgebundenheit, soweit es allgemein um Tatigkeiten im\nZusammenhang mit einer hauslichen Gemeinschaft geht. Das kann im Einzelfall\naber anders sein, wenn ein Ehegatte oder ein erwachsenes, im Haushalt lebendes\nKind mit bestimmten Verrichtungen besonders betraut ist.\n\n11\n\nSo liegt der Fall hier:\n\n12\n\nDie Klager haben fur die Zeit ihrer Abwesenheit ihre zum Zeitpunkt des\nSchadensereignisses 18jahrige Tochter mit der Beaufsichtigung des\nHausgrundstucks konkret betraut. Das Landgericht hat das zu Recht aus dem\nUmstand gefolgert, daß die Tochter mit Wissen der Klager fur diese Zeit das\nHaus allein bewohnte und wahrenddessen - ebenfalls mit Wissen und Billigung\nihrer Eltern - dort eine Silvesterfeier veranstaltete. Damit ubernahm sie im\nAuftrag der Eltern die Wahrnehmung der bestehenden Verkehrssicherungspflichten\nund die Überwachung des Hauses selbst. Die Situation ist nicht anders zu\nbeurteilen als etwa die - stillschweigende oder ausdruckliche - Übertragung\nvon Streupflichten durch einen Hauseigentumer auf seinen Ehegatten (vergl.\nStaudinger, aaO).\n\n13\n\nDie Zurechnung eines (eigenen) Auswahlverschuldens der Klager erfordert\nweiterhin ein objektiv rechtswidriges Verhalten des Verrichtungsgehilfen. Im\nRahmen von § 254 BGB ist darunter der Verstoß gegen Gebote des eigenen\nInteresses zu verstehen. Das beruht auf dem Rechtsgedanken, daß derjenige, der\ndie nach Lage der Dinge zur Abwendung einer Selbstschadigung erforderliche\nSorgfalt außer acht laßt, den Verlust oder die Kurzung seines\nSchadensersatzanspruchs hinnehmen muß (RGZ 100, 44; BGHZ 9, 318;\nPalandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 254 BGB, Rdn. 1).\n\n14\n\nAuch diese Pflichtverletzung hat das Landgericht rechtsfehlerfrei bejaht,\nindem es angenommen hat, dass sich aus der Situation des Abbrennens einer\nReihe von Feuerwerkskorpern als naheliegende, von der Tochter der Klager aber\nnicht beachtete Vorsichtsmaßnahme ergab, nach moglicherweise nicht oder nicht\nvollstandig abgebrannten Feuerwerkskorpern Nachschau zu halten.\n\n15\n\nMit der Berufung wenden die Klager gegen diese Annahme des Landgerichts ein,\nihre Tochter habe von ihrem Standort aus nicht sehen konnen, daß nicht alle\nvom Beklagten gezundeten Leuchtkorper ordnungsgemaß abgebrannt seien.\n\n16\n\nAn der Annahme einer Pflichtverletzung andert das aber nichts. Die Tochter der\nKlager war vielmehr gerade dann gehalten, die unterlassene Nachschau\ndurchzufuhren, wenn man diesen Vortrag zugrunde legt. Daß nicht alle bei einem\nSilvesterfeuerwerk benutzten Knall- und Leuchtkorper ordnungsgemaß\nfunktionieren, sondern haufig durch falsche Bedienung verursachte oder\nbauartbedingte Defekte auftreten, entspricht allgemeiner Erfahrung. Damit\nmußte deshalb auch die Tochter der Klager rechnen und eine entsprechende\nNachschau entweder selbst vornehmen oder veranlassen. In dem Unterlassen\ndieser Vorsichtsmaßnahme liegt der zurechenbare Verstoß gegen die\nSorgfaltsanforderungen, wenn man von dem mit der Berufung vorgetragenen\nSachverhalt ausgeht.\n\n17\n\nDie Pflichtverletzung des Verrichtungsgehilfen begrundet eine nach § 831 Abs.\n1 S. 2 BGB widerlegbare Vermutung des Geschaftsherrn bei dessen Auswahl oder\nAnleitung. Den ihnen danach obliegenden Entlastungsbeweis haben die Klager\nnicht gefuhrt, da sie weder erst- noch zweitinstanzlich vorgetragen haben,\nihre Tochter auf die besonderen Gefahren eines Feuerwerks hingewiesen und zu\nden erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen veranlaßt zu haben.\n\n18\n\nWas die Haftungsquote angeht, tritt der Senat den Ausfuhrungen des\nLandgerichts bei. Grunde, von der im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten\nHaftungsverteilung zuungunsten des Beklagten abzuweichen, liegen nicht vor.\n\n19\n\nDie Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zuruckzuweisen. Die\nEntscheidung zur vorlaufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 713\nZPO.\n\n20\n\nBerufungsstreitwert und Beschwer der Klager: 5255,80 DM\n\n
305,707
lsgnrw-2000-02-17-l-16-kr-17898
799
Landessozialgericht NRW
lsgnrw
Nordrhein-Westfalen
Sozialgerichtsbarkeit
L 16 KR 178/98
2000-02-17
2019-03-12 20:51:14
2020-12-10 13:10:19
Urteil
ECLI:DE:LSGNRW:2000:0217.L16KR178.98.00
## Tenor\n\nDie Berufung der Klagers gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Koln vom 2.\nNovember 1998 wird zuruckgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch\nim zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDie Beteiligten streiten, ob die beklagte Ersatzkasse verpflichtet ist, den\nKlager mit einem Rollstuhl-Bike zu versorgen.\n\n3\n\nDer Klager ist 1963 geboren und versicherungspflichtiges Mitglied der\nBeklagten. Das Versorgungsamt Koln hat ihm einen Grad der Behinderung von 100\nvH sowie die Nachteilsmerkmale "G", "aG" und "B" zuerkannt; als\nGesundheitsstorungen sind festgestellt:\n\n4\n\n1\\. Verlust beider Beine im Unterschenkel nach Amputation 1989\n\n5\n\n2\\. seelische Storungen (Bescheid vom 12.12.1990).\n\n6\n\nMit formlosem Schreiben vom 29.3.1996 teilte der Chirurg Dr. B aus Koln der\nBeklagten am 9.4.1996 mit, aus Grunden der Rehabilitation befurworte er die\nAnschaffung folgender Hilfsmittel fur den Klager: Rollstuhl-Bike,\nverstellbarer Wandspiegel fur das Bad, 2 Haltegriffe fur die Badewanne und 1\nSpezialtoilettensitz ("Cola ni-Sitzbrille"). Nachgereicht wurde ein\nKostenvoranschlag einer Fa. Stortz vom 30.5.1999 uber 5703,63 DM fur ein\n"Rollibike zum vorhandenen Sopur Easy 300 SB 40 cm".\n\n7\n\nAuf die Mitteilung der Kasse, ein Rollibike sei keine Kassenleistung, wandte\nder Klager ein, das Gerat sei sehr wichtig fur seine Rehabilitation. Die\nBeklagte antwortete mit formellem Bescheid vom 25.6.1996, bei einem Rollibike\nhandle es sich um ein Zusatzgerat, mit Hilfe dessen der Rollstuhl uber eine\nHandkurbel angetrieben und gelenkt werde; die Verordnung erfolge idR als\naktives Trainingsgerat, um die Muskulatur zu kraftigen; dies konne aber auch\ndurch Nutzung herkommlicher Übungsgerate erzielt werden; daher bestehe keine\nLeistungspflicht der Kasse.\n\n8\n\nDer Klager erhob Widerspruch und machte geltend, auch wenn das Rollibike im\nHilfsmittelkatalog nicht verzeichnet sei, habe auch die BEK und hatten auch\nzahlreiche andere Kassen die Kosten schon vollstandig ubernommen, wie dies die\nbeigefugte Auflistung belege. Der Klager fugte seinem Widerspruch ferner bei:\neine Beschreibung des therapeutischen Nutzens des Rollstuhl-Bike durch die Fa.\nS. und ein Urteil des SG Mannheim vom 9.5.1994 (S 5 Kr 981/93). Die Fa. S. sah\nden Vorteil gegenuber der Nutzung eines normalen, handbetriebenen Rollstuhl\ndarin, daß die Fortbewegung mit einem Rollstuhl-Bike aufrechtes Sitzen erlaube\nund eine Verbiegung des Oberkorpers nicht erfordere. Der Klager aus dem o.a.\nVerfahren beim SG Mannheim hatte vorgetragen, er benotige das Rollstuhl-Bike\nnicht, um ein Fahrrad zu ersetzen, sondern um auf langeren Strecken seinen\nHalswirbel- und Schultergurtelbereich zu entlasten und die laufende\nkrankengymnastische Behandlung zu unterstutzen. Ein orthopadischer\nSachverstandiger hat te in jenem Verfahren befunden, beim Betrieb eines\nRollstuhl-Bike konnten Schultergelenke und Sehnenansatze entlastet und\nSehnenansatzschmerzen vermieden werden. Das SG Mannheim hatte dem dortigen\nKlager die Versorgung mit einem solchen Gerat mit der Begrundung zugesprochen,\ndaß es bei ihm beim Betrieb eines Faltrollstuhl zu Beschwerden komme.\n\n9\n\nDie Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch des Klagers mit\nWiderspruchsbescheid vom 12.8.1997 zuruck und fuhrte aus, das Gerat sei nicht\nnotwendig, um ein Grundbedurfnis des Klagers zu befriedigen; das LSG Berlin\nhabe am 24.4.96 (L 9 Kr 53/95) entschieden, daß nur Hilfsmittel zu finanzieren\nseien, die zur Befriedigung von Grundbedurfnissen unentbehrlich seien; ein\nAnspruch auf Kostenubernahme ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt\ndes Trainings und der Kraftigung der Muskulatur, der Atmung und des\nKreislaufs; die dafur erforderliche Bewegung konne auch mit\nSelbstfahrerrollstuhlen erzielt werden; bei der Entscheidung des SG Mannheim\nhandle es sich um eine Einzelfallentscheidung; aus der unrechtmaßigen\nVerfahrensweise anderer Kassen konne der Klager Rechte nicht herleiten.\n\n10\n\nDer Klager hat am 10.9.1997 Klage erhoben. Seine Bevollmachtigten haben\nvorgetragen, der Klager verfuge uber einen "Aktiv-Faltrollstuhl", mit dem er\ndas Alltagsleben bewaltige, sowie uber einen Sportrollstuhl, den er\nausschließlich fur den von ihm betriebenen Behindertensport "Reha-Rollstuhl-\nBasketball" benutzen konne, da dieser mit einer speziellen Turnhallenbereifung\nausgestattet sei, die er draußen nicht einsetzen konne; der Klager konne sich\nmit seinem Rollstuhl nicht in ausreichendem Maße fortbewegen, da er zum einen\nnicht das notwendige Gleichgewicht, zum anderen nicht die notwendige\nStabilitat im Rollstuhl habe, um sich selbst mit den Armen vorwarts zu\nschieben; die Nutzung des Rollstuhls fuhre beim Klager zu erheblichen\nBeeintrachtigungen des gesamten Nacken- Schulter- und Ruckenbereichs;\nWirbelsaule, Schultergurtel und Gesaßregion wurden uberbelastet; ohne den\nZusatz konne der Klager Entfernungen, die ein Gesunder zu Fuß zurucklegen\nkonne, nicht bewaltigen; das Bundessozialgericht (BSG) habe mittlerweile die\nLeistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fur Rollibikes\nanerkannt (Hinweis auf das Verfahren B 3 KR 9/97). Die Bevollmachtigten des\nKlagers haben ein Schreiben der Chirurgen Drs. R und B vom 3.9.1998 zu den\nAkten gereicht, in dem es heißt, das Rollstuhl-Bike habe fur den Behinderten\nden Vorteil einer wesentlich gesteigerten Mobilitat gegenuber dem\nherkommlichen Rollstuhl; den weiteren Vorteil eines hervorragenden\nTrainingseffektes hinsichtlich der Leistungsfahigkeit der Arm-, Schultergur\ntel- und Rumpfmuskulatur, sowie einen nicht zu unterschatzenden Effekt auf die\nKondition des Herz-Kreislaufsystems; insofern sei das Gerat anderen Reha-\nMitteln uberlegen und insbesondere bei dem noch jungen Patienten sicherlich\naus medizinischer Sicht zu empfehlen und sinnvoll.\n\n11\n\nDie Beklagte hat vor dem SG vorgetragen, eine Lucke in den Grundbedurfnissen\nsei beim Klager nicht festzustellen (Hinw. auf LSG NW Urt.v. 26.8.97 L 5 Kr\n35/96); auch stehe die Nichtaufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis der\nVersorgung entgegen (Hinw. auf die Rechtsprechung des BSG zur\nRechtsnormqualitat der Richtlinien (RL) des Bundesausschusses der Ärzte und\nKrankenkassen); das SG Aurich habe mit Urteil vom 23.7.98 (S 8 KR 54/97)\nentschieden, daß es sich beim dem Urteil des BSG vom 16.4.98 um eine\nEinzelfallentscheidung handle.\n\n12\n\nDas SG Koln hat das Urteil des LSG Berlin vom 24.4.96 L 9 Kr 53/95 beigezogen\nund die Klage mit ohne mundliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 2. November\n1998 abgewiesen. Es hat in den Grunden auf den Inhalt des\nWiderspruchsbescheides vom 12.8.1997 Bezug genommen und erganzend darauf\nhingewiesen, daß Dr. B das Gerat nicht ver ordnet, sondern nur fur sinnvoll\nerklart habe, und daß die Leistungsfahigkeit der Muskulatur mit billigeren\nMitteln, etwa einem Expander erzielt werden konne.\n\n13\n\nDer Klager hat gegen das Urteil - ihm zugestellt am 4.12.98 - am 14.12.1998\nBerufung eingelegt. Seine Bevollmachtigten machen geltend, eine andere Kammer\ndes SG Koln habe zur Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike verurteilt (Urt.v.\n11.5.1999 S 9 KR 137/97), weil die dortige Klagerin großere Entfernungen nur\ndamit bewaltigen konne; die Entscheidung sei mit Urteil des 5. Senats des LSG\nNW vom 31.8.1999 (L 5 KR 58/99) bestatigt worden; auch der Klager konne\nGeschafte und Freunde sonst nicht erreichen; erst Recht nicht bei Schnee und\nRegen.\n\n14\n\nDer Klager und Berufungsklager beantragt,\n\n15\n\ndas Urteil des SG Koln vom 2. November 1998 abzuandern und die Beklagte unter\nAufhebung ihres Bescheides vom 25.6.1996 in der Fassung des\nWiderspruchsbescheides vom 12.8.1997 zu verurteilen, ihn mit einem Rollstuhl-\nBike zu versorgen.\n\n16\n\nDie Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,\n\n17\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n18\n\nSie halt an ihrer Auffassung fest.\n\n19\n\nWegen des Sachverhaltes im ubrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden\nSchriftsatze in beiden Rechtszugen verwiesen. Außer den Streitakten haben\nvorgelegen und sind Gegenstand der mundlichen Verhandlung gewesen: ein Band\nVerwaltungsakten der Beklagten.\n\n20\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n21\n\nDie Berufung des Klagers gegen das Urteil des SG Koln vom 2.11.1998 ist nicht\nbegrundet. Der Klager hat keinen Anspruch auf die Versorgung mit einem\nRollstuhl-Bike, weil ein solches Gerat einerseits nicht erforderlich ist, um\neine Lucke in der Befriedigung seiner Grundbedurfnisse zu schließen, und weil\nandererseits nicht davon ausgegangen werden konnte, daß hier ein Rollstuhl-\nBike im Rahmen gezielter vertragsarztlicher Therapie Einsatz finden soll und\ndarf.\n\n22\n\nI. Das BSG hat mit dem dem Klager ubermitteltem Urteil vom 16.9.1999 (B 3 KR\n8/98 R vgl. auch B 3 KR 13/98 R und 2/99 R ) entschieden (so der Leitsatz -\nahnlich ein Obersatz), die zusatzliche Ausru stung seines Rollstuhls mit einer\nfahrradahnlichen mechanischen Zugvorrichtung (Rollstuhl-Bike) konne ein\nErwachsener - anders als ein Jugendlicher - als Hilfsmittel der GKV nicht\nbeanspruchen (Fortfuhrung von BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27). (Bei dem zitierten\nUrteil handelt es sich um das vom Klager in Bezug genommene Urteil vom\n16.4.1998 (B 3 KR 9/97).) Im o.a. Urteil vom 16.9.1999 wird weiterhin\nausgefuhrt, das allgemeine Grundbedurfnis, selbstandig zu gehen, konne den\nAnspruch gleichfalls nicht begrunden; dieses Grundbedurfnis konne namlich\nnicht dahin verstanden werden, daß die Krankenkasse einen Behinderten durch\ndie Bereitstellung von Hilfsmitteln in die Lage versetzen musse, Wegstrecken\njeder Art und Lange zuruckzulegen, die ein Nichtbehinderter bei normalem ge\nhen zu Fuß bewaltigen konne; zu den maßgeblichen vitalen Lebensbe durfnissen\nim Bereich des Gehens gehore jedoch die Fahigkeit, sich in der eigenen Wohnung\nzu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen "Spaziergang"\n(Hervorhebung durch den Senat) an die frische Luft zu kommen oder um die -\nublicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an\ndenen die Alltagsgeschafte zu erledigen seien; in diesem Sinne seien die in\nfruheren Entscheidungen verwandten Formulierungen zu prazisieren, es sei auf\ndiejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder ublicherweise zu Fuß\nzurucklege (Hinw. auf BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 7, 27 und 29); der Senat halte\nseine im Urteil vom 8.6.1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7) enthaltene\nAndeutung nicht aufrecht, er tendiere dazu, "daß zwischen dem durch einen\nSelbstfahrerrollstuhl regelmaßig eroffneten Freiraum und den Entfernungen, die\nein Gesunder auch bei eingeschranktem Gesundheitszustand vor allem im\nlandlichen Bereich zu Fuß zurucklege, eine Lucke bestehe, die ebenfalls noch\nden Grundbedurfnissen zuzurechnen sei"; das gelte auch dann, wenn im\nEinzelfall die genannten Stellen der Alltagsgeschafte nicht im Nahbereich der\nWohnung lagen, also dafur langere Strecken zuruckzulegen seien, die die Krafte\neine Rollstuhlfahrers moglicherweise uberstiegen; Besonderheiten des Wohnortes\nkonnten fur die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich sein; maßgebend konne\nauch nicht sein, daß das Rollstuhl-Bike zur Starkung der noch vorhandenen\nMuskulatur, des Herz-Kreislaufsystems und der Lungenfunktion beitrage; dieses\nZiel lasse sich durch weniger aufwendige Gerate oder durch entsprechende\nkrankengymnastische und sportliche Übungen mit geringerem Kostenaufwand\nerzielen.\n\n23\n\nII. 1. Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsprechung darin, daß eine\nEinschrankung des Umfangs der Grundbedurfnisse "Gehen und Bewegungsfreiheit"\nerforderlich ist, weil Strecken, die ein Gesunder ublicherweise zu Fuß\nzurucklegt, doch sehr unter schiedlich bemessen werden konnen, und weil nicht\njedes Maß d e m Bereich des Elementaren zugeordnet werden kann, der es\nerlaubt, einen angemessenen Ausgleich zwischen Notwendigkeit fur den\nVersicherten und Überforderung der Gemeinschaft der Versicherten zu finden. Im\nLichte eben dieses Urteils macht aber gerade das, was der Klager mit\nSchriftsatz vom 10.2.2000 unter Bezugnahme auf das ihm ubermittelte Urteil des\nBSG vom 16.9.1999 vortragt, seine Berufung aussichtslos, soweit er namlich\nzunachst erneut vortragt, was das BSG aaO verworfen hat: es sei ihm nicht\nmoglich, mit sei nem handbetriebenen Rollstuhl Entfernungen zu erreichen, wie\nsie ublicherweise von nicht behinderten Menschen zuruckgelegt werden konnten,\num dann ausdrucklich einzuraumen, was dem BSG aaO und dem Senat im Grundsatz\nausreichend erscheint: zu Hause und in unmittelbarer Umgebung seiner Wohnung\nkonne er den Rollstuhl in vorhandener Form nutzen.\n\n24\n\n2\\. Im ubrigen krankt das Vorbringen des Klagers weitgehend daran, daß er\ntatsachliche oder auch nur behauptete eigene Notwendigkeiten vorwiegend aus\nder Sicht Dritter mitteilt, wenn er z.B. im Schriftsatz vom 10.2.2000 Anschluß\nan die Rechtsprechung des 5. Senats des LSG NW im o.a. Urteil vom 31.8.1999\nsucht und vortragt, Unebenheiten bzw. Gefalle oder Steigungen machten es ihm\nunmoglich, allein mit dem vorhandene Gerat diese Hurden zu uberwinden, ganz\nabgesehen davon, daß er Entfernungen zu seinen Ärz ten, Therapieeinrichtungen,\nApotheken, Geschaften usw. mit dem Handrollstuhl nicht allein bewaltigen\nkonne.\n\n25\n\nDer 5. Senat des LSG NW hat mit dem o.a. Urteil vom 31.8.1999 (= BSG B 3 B\n29/99 KR) dem dortigen Versicherten die Notwendigkeit der Versorgung mit einem\nRollstuhl-Einhangefahrrad deshalb bescheinigt, weil dieser Versicherte\nansonsten nicht in der Lage war, Hugel in unmittelbarer Umgebung seiner\nWohnung zu uberwinden. Dabei ist auch diese Fallgestaltung vom danach\nergangenen Urteil vom 16.9.1999 erfaßt, insoweit als das BSG aaO\nBesonderheiten des individuellen Wohnumfeldes ausdrucklich fur unbeachtlich\nerklart. Ob der erkennende Senat sich auch dem anzuschließen gewillt ist,\nkonnte hier aus tatsachlichen Grunden offen bleiben: der Klager ist 36 Jahre\nalt und nach eigenem Vortrag "Reha-Rollstuhl-Sportler". Wie der Senat unter\nHinzuziehung eines Stadtplans der Stadt Koln festgestellt hat, wohnt er am\nVorgebirgspark in der Nahe des sogenannten Volksgartens. Die Beklagte hat nach\nihrem Schriftsatz vom 14.5.1998 ermittelt, daß dem Klager ein PKW zur\nVerfugung steht. Dies ist vom Klager unwidersprochen geblieben. In der\nmundlichen Verhandlung vor dem Senat hat sein Bevollmachtigter erklart, der\nKlager habe sich ein Rollstuhl-Bike noch nicht selbst beschafft; es entspreche\nauch seiner Kenntnis, daß dem verheirateten Klager ein PKW zur Verfugung\nstehe, er fahre aber wohl nicht selbst. Bei diesem Sachverhalt geht der Senat\nda von aus, daß der Klager leichtere Steigungen - so solche in seinem\nunmittelbaren Wohnumfeld vorhanden sein sollten - durchaus mit dem vorhandenen\nRollstuhl zu bewaltigen in der Lage ist, und daß er auch sein Grundbedurfnis,\nin die Natur gelangen zu konnen (SozR 3-2500 § 33 Nr 7), hinreichend\nbefriedigen kann, ohne auf die gewunschte Ausstattung des Rollstuhls\nangewiesen zu sein. Es konnte deshalb offenbleiben, ob auch das\nGrundbedurfnis, in die Natur zu gelangen, einschrankender als zuvor zu\ninterpretieren ist. Soweit der Klager die von ihm erwahnten Ärzte,\nTherapiezentren pp außerhalb seines unmittelbaren Wohnumfeldes in Anspruch\nnehmen sollte, ist es ihm ohnehin, wie auch Nichtbehinderten zumutbar,\ninsoweit notfalls offentliche Verkehrsmittel oder ein Taxi in Anspruch zu\nnehmen.\n\n26\n\nIII. Damit waren die Überlegungen des Senats aber keineswegs abgeschlossen. Er\ngeht vielmehr davon aus, daß einem Gegenstand die "Hilfsmittel-Eigenschaft"\nnicht schlechthin abgesprochen werden kann, daß vielmehr im Grundsatz jeder\nGegenstand Hilfsmittel iS von § 33 SGB V sein kann, sofern er nicht\nallgemeiner Gebrauchsgegenstand des taglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB\nV ausgeschlossen und entweder erforderlich ist, um eine Behinderung\nauszugleichen (§ 33 Abs 1 S. 2 2. Mogl. SGB V) oder aber entsprechend der\nweithin vernachlassigten 1. Moglichkeit des § 33 Abs 1 SGB V erforderlich ist,\num den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Die Erforderlichkeit des\nEinsatzes zu Therapiezwecken iS der 1. Mogl. des § 33 SGB V kann aber nicht\nschon - schon gar nicht allgemein - durch einen Hinweis auf tatsachlich oder\nangebliche gleichgeeignete und wirtschaftlichere Mittel wie Krankengymnastik\noder die Nutzung eines Expanders ausgeschlossen werden. Der Einsatz eines\nHilfsmittels setzt jedoch wie auch der Einsatz als Heilmittel (§ 32 SGB V)\nvoraus, daß dieser Einsatz im Rahmen eines gezielten (vertrags)arztlichen\nTherapieplans erfolgt (vgl. SozR 2200 § 182 Nr 14; § 187 Nr 1; 3100 § 11 Nr\n13). Daran fehlt es im Fall des Klagers. Mag auch die vertragsarztliche\nVerordnung nicht Voraussetzung fur die Versorgung mit Hilfsmitteln sein, wie\ndies neuerlich der 8. Senat des BSG behauptet (Urt.v. 29.9.1997 8 RKn 27/96 =\nSozR 3-2500 § 33 Nr 25 - vgl. zum Heilmittel BSGE 73,271 = SozR 3-2500 § 13 Nr\n4 und BSGE 80,81), so wird doch der Wille, das Mittel gezielt zur Therapie\neinzusetzen jedenfalls idR durch die vertragsarztliche Verordnung bekundet,\nwahrend vorliegend - darauf weist das SG mit Recht hin - Dr. B. die\nAnschaffung des Rollstuhl-Bike lediglich befurwortet, fur sinnvoll er klart\nhat. Vor allem haben auch die Drs. R. und B. keines wegs behauptet, beim\nKlager liege eine jener Fallgestaltungen vor, die er sich zu eigen gemacht\nhat, und ein solcher Zustand lasse ein Rollstuhl-Bike fur ihn als das\nTherapiemittel der Wahl erscheinen. Der Senat mußte daher mit der Beklagten\ndavon ausgehen, daß in der Tat welche anderen, wirtschaftlicheren Mittel auch\nimmer zur Verfugung stehen, um den gesundheitlichen Erfordernissen im Fall des\nKlagers, insbesondere was Training und Beschwerden an betrifft, gerecht zu\nwerden. Zutreffend weist die Beklagte auch darauf hin, daß es keine Gleichheit\nim Unrecht gibt. Der vom Klager vorgelegten Auflistung von Kassen laßt sich\naber nicht einmal entnehmen, daß die Beteiligung der Kassen an den Kosten des\nErwerbs eines Rollstuhl-Bikes im jeweiligen Einzelfall ungerechtfertigt\nerfolgt ist.\n\n27\n\nDie Entscheidung uber die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.\n\n28\n\nEs bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache\ngrundsatzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), noch beruht das Urteil auf\neiner Abweichung von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der\nobersten Gerichtshofe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 160 Abs\n2 Nr 1 SGG).\n\n
305,951
lagd-2000-01-25-8-sa-200799
793
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
lagd
Nordrhein-Westfalen
Arbeitsgerichtsbarkeit
8 Sa 2007/99
2000-01-25
2019-03-12 20:57:47
2020-12-10 13:10:54
Urteil
ECLI:DE:LAGD:2000:0125.8SA2007.99.00
## Tenor\n\nDie Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom\n16.11.1999 - 1 Ca 2120/99 - wird auf Kosten der Beklagten als unzulassig\nverworfen.\n\nDie sofortige Beschwerde (Revisionsbeschwerde) wird\n\nzugelassen.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nMit der am 09.07.1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klagerin\n\n4\n\nwegen nicht rechtzeitiger und unvollstandiger Drittschuldnererklarung\nSchadensersatz gem. § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO von der Beklagten begehrt, und\nzwar in Hohe von 1.161,30 DM.\n\n5\n\nMit Urteil vom 16.11.1999 Aktenzeichen 1 Ca 2120/99 hat das Arbeitsgericht der\nKlage in Hohe von 570,-- DM stattgegeben. Im ubrigen hat es die Klagerin mit\nder\n\n6\n\nKlage abgewiesen. Der Tenor lautet wie folgt:\n\n7\n\n1\\. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagerin 570,00 DM zu zahlen.\n\n8\n\n9\n\n2\\. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.\n\n10\n\n3\\. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.\n\n11\n\nDer Streitwert wird auf 1.161,30 DM festgesetzt.\n\n12\n\nIn den Entscheidungsgrunden ist kein Hinweis auf eine Zulassung der Berufung\ngem.\n\n13\n\n§ 64 Abs. 2 ArbGG enthalten. Dagegen lautet die Rechtsmittelbelehrung im\n\n14\n\nEingangssatz wie folgt:\n\n15\n\nRechtsmittelbelehrung\n\n16\n\nGegen dieses Urteil kann von den Parteien\n\n17\n\n18\n\nB e r u f u n g\n\n19\n\neingelegt werden.\n\n20\n\nGegen dieses der Beklagten am 10.12.1999 zugestellte Urteil hat sie am\n20.12.1999 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begrundet.\n\n21\n\nDie Beklagte vertritt die Auffassung,\n\n22\n\nmit der Rechtsmittelbelehrung sei die Berufung zugelassen worden.\n\n23\n\nDie Klagerin vertritt die gegenteilige Auffassung.\n\n24\n\nNach einer dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden der Kammer des\nArbeitsgerichts (Bl. 110 Ruckseite d. A.) bestand nicht die Absicht, die\nBerufung zuzulassen. Die unvollstandige Rechtsmittelbelehrung beruht hiernach\nauf der Verwendung eines falschen Vordruckes, den der Vorsitzende der Kammer\nungepruft unterschrieben hat.\n\n25\n\nII.\n\n26\n\nDie Berufung war als unzulassig gem. § 519 b Abs. 1 Satz 1 ZPO zu verwerfen.\n\n27\n\nIn Rechtsstreitigkeiten uber vermogensrechtliche Streitigkeiten kann die\nBerufung nur eingelegt werden, wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts\nzugelassen worden ist oder der Wert des Beschwerdegegenstandes 800,-- DM\nubersteigt (§ 64 Abs. 2 ArbGG).\n\n28\n\nHier betragt der Wert des Beschwerdegegenstandes 570,-- DM.\n\n29\n\nSomit ware die Berufung nur zulassig, wenn sie das Arbeitsgericht zugelassen\nhatte.\n\n30\n\nDer verkundete Tenor enthalt keine Zulassung der Berufung.\n\n31\n\nAllerdings ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der\ndie Kammer folgt, eine Zulassung der Berufung auch in den nicht verkundeten\nEnt-\n\n32\n\nscheidungsgrunden wirksam (so BAG Beschluss vom 11.12.1998 6 AZB 48/97 EzA §\n72 ArbGG 1979 Nr. 24).\n\n33\n\nDies gilt grundsatzlich auch fur eine in der Rechtsmittelbelehrung enthaltene\n\n34\n\nBerufungszulassung. Der 6. Senat (a. a. O.) hat zutreffend darauf hingewiesen,\ndass die Rechtsmittelbelehrung Bestandteil des vom Vorsitzenden der Kammer\nunter-\n\n35\n\nschriebenen Urteils ist, wobei allerdings hier beachtet werden muss, dass im\n\n36\n\nGegensatz zur zweiten und dritten Instanz nicht alle Richter das Urteil unter-\n\n37\n\nzeichnen, sondern nur der Berufungsrichter und nicht die ehrenamtlichen\nRichter. Auch aus der Sicht der erkennenden Kammer ist jedenfalls kein Grund\nerkennbar, warum die\n\n38\n\nBerufungszulassung nicht auch in der Rechtsmittelbelehrung erfolgen kann.\n\n39\n\nDies verdeutlicht nicht zuletzt auch der vom 6. Senat (a. a. O.) entschiedene\nFall. Dort lautete die Rechtsmittelbelehrung im Eingangssatz namlich wie\nfolgt:\n\n40\n\nGegen dieses Urteil kann vom dem Klager Berufung eingelegt werden nach\n\n41\n\n§ 64 ArbGG, da der Rechtsstreit einen landesweit geltenden Tarifvertrag\n\n42\n\nbetrifft.\n\n43\n\nDamit war die Rechtsmittelbelehrung selbst nicht die Berufungszulassung,\nsondern die Rechtsmittelbelehrung enthielt eine ausdruckliche Begrundung, aus\nder sich ent-\n\n44\n\nnehmen ließ, dass der Rechtsstreit einen landesweit geltenden Tarifvertrag\nbetrifft und dass deshalb der Klager Berufung gegen dieses Urteil nach § 64\nArbGG einlegen kann.\n\n45\n\nHier enthalt die Rechtsmittelbelehrung keinen entsprechenden Zusatz. Die\nBeklagte leitet die Zulassung lediglich daraus ab, dass das Arbeitsgericht\neine Rechtsmittel-\n\n46\n\nbelehrung benutzt hat, die angesichts der Regelung des § 64 Abs. 2 ArbGG nur\ndann\n\n47\n\nrichtig ware, wenn das Arbeitsgericht die Berufung (vorab) zugelassen hatte,\nwas nach der dienstlichen Äußerung des Kammervorsitzenden nicht geschehen ist.\n\n48\n\nSoweit die Kammer also die Auffassung vertritt, allein in der\nRechtsmittelbelehrung liege noch keine Zulassung der Berufung, befindet sie\nsich nicht im Widerspruch zur oben genannten Entscheidung des 6. Senats.\n\n49\n\nSie befindet sich vielmehr in Übereinstimmung mit dem Beschluss des 6. Senats\ndes Bundesarbeitsgerichts vom 01.04.1982 6 AZB 18/81 AP Nr. 4 zu § 64 ArbGG\n\n50\n\n1979 -, dessen Leitsatz lautet:\n\n51\n\nEine Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 2 ArbGG liegt nicht allein\n\n52\n\ndarin, dass in der Rechtsmittelbelehrung auf die Moglichkeit hingewiesen\n\n53\n\nwird, Berufung einzulegen.\n\n54\n\nIn den Grunden hat der 6. Senat nach Auffassung der Kammer zutreffend darauf\nhin-\n\n55\n\ngewiesen, die Rechtsmittelbelehrung sei zwar Bestandteil der Entscheidung,\nstelle aber selbst keine Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG\ndar, die allein in Betracht kommen wurde. Andere Anhaltspunkte dafur, das\nArbeitsgericht habe die Berufung im Sinne dieser Vorschrift wegen der\ngrundsatzlichen Bedeutung der Rechts-\n\n56\n\nsache zulassen wollen, seien nicht ersichtlich. Die Formulierung der\nRechtsmittel-\n\n57\n\nbelehrung des Arbeitsgerichts gem. § 9 Abs. 5 ArbGG sei nicht identisch mit\ndem\n\n58\n\nAusspruch, die Berufung werde zugelassen. Vielmehr verweise die Formulierung\nersichtlich nur auf die eventuelle Moglichkeit, an sich gegebene Rechtsmittel\nein-\n\n59\n\nzulegen, und auf die hierbei zu beachtenden Formalien (so BAG a. a. O. AP Nr.\n4 zu § 64 ArbGG 1979).\n\n60\n\nDabei lautete die Rechtsmittelbelehrung in diesem vom 6. Senat entschiedenen\nFall wie folgt:\n\n61\n\nGegen dieses Urteil kann von dem Klager und der Beklagten Berufung\n\n62\n\neingelegt werden.\n\n63\n\nDies ist im Prinzip identisch mit der hier vom Arbeitsgericht verwendeten\nRechtsmittel-\n\n64\n\nbelehrung.\n\n65\n\nAllerdings verkennt die Kammer nicht, dass der 6. Senat in seiner mehrfach\nzitierten grundlegenden Entscheidung vom 11.12.1998 (a. a. O.), mit der er das\nVerkundungs-\n\n66\n\nerfordernis der Rechtsmittelzulassung aufgegeben hat, sich auf ein Urteil des\n3. Senats vom 21.08.1990 3 AZR 429/89 AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Unverfallbarkeit\n\n67\n\nbezogen hat, das zur Auffassung der erkennenden Kammer im Widerspruch stehen\nkonnte.\n\n68\n\nAusweislich der Entscheidungsgrunde war im Fall des 3. Senats lediglich eine\nRechts-\n\n69\n\nmittelbelehrung beigefugt, die dahinging, dass der Klager gegen das Urteil\nRevision einlegen konne. Jedenfalls ergibt sich weder aus dem Tatbestand noch\naus den\n\n70\n\nEntscheidungsgrunden ein Hinweis darauf, dass die Rechtsmittelbelehrung\nzusatzlich noch einen ausdrucklichen Hinweis auf die Tatsache der\nRevisionszulassung bzw. auf die hierfur maßgebenden Grunde enthalt.\n\n71\n\nSoweit sich der 6. Senat auf das Urteil des 3. Senats bezieht, geschieht dies\naber nicht, weil er die Auffassung vertritt, schon in einer\nRechtsmittelbelehrung liege die Rechtsmittelzulassung, sondern um die\nKontinuitat der Rechtsprechung dahingehend nachzuweisen, dass eine\nRechtsmittelzulassung in einer Rechtsmittelbelehrung schon nach der\nEntscheidung des 3. Senats einer Rechtsmittelzulassung in den Entschei-\n\n72\n\ndungsgrunden gleichzustellen war. Daruber hinaus ist zu berucksichtigen, dass\nder 3. Senat nur deshalb zu diesem Ergebnis gelangt ist, weil das\nBerufungsgericht das Urteil in einem eigens hierzu bestimmten Termin in\nvollstandiger Fassung verkundet hatte, das heißt die Rechtsmittelbelehrung\nBestandteil eines in vollstandiger Fassung vorliegenden und von den Richtern\nunterschriebenen verkundeten Urteils war.\n\n73\n\nEs mag dahinstehen, inwieweit es hier einen Unterschied gemacht hatte, wenn\ndas Urteil des Arbeitsgerichts in einem hierfur bestimmten Verkundungstermin\nin vollstandiger Fassung mit dieser Rechtsmittelbelehrung verkundet worden\nware. Dann ware die Rechtsmittelzulassung namlich allenfalls aufgrund der\nerfolgten Verkundung wirksam, was hier nicht gegeben ist.\n\n74\n\nEine Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 2 ArbGG kann also sehr wohl in der\nRechtsmittelbelehrung geschehen. Sie ist aber nach Auffassung der Kammer nicht\nbereits dann in einer Rechtsmittelbelehrung zu sehen, wenn diese keinerlei\nHinweis darauf enthalt, dass hiermit die Berufung im Sinne des § 64 Abs. 2\nArbGG zugelassen werden sollte.\n\n75\n\nSoweit das Bundesarbeitsgericht (vgl. BVerfG Beschluss vom 15.01.1992 1 BvR\n1140/86 Betriebsberater 1992, 644; BVerfG - Beschluss vom 15.01.1992 1 BvR\n1184/86 AP Nr. 16 zu § 64 ArbGG 1979) die bisherige Rechtsprechung des\nBundesarbeitsgerichts beanstandete, die von einem Verkundungserfordernis\nausging, geschah dies, weil der hiermit verbundene Ausschluss jeglicher\nKorrekturmoglichkeit fur den Fall einer versehentlich unterbliebenen\nVerkundung der Zulassungs-\n\n76\n\nentscheidung als mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der fairen Verfahrens-\n\n77\n\ngestaltung nicht mehr vereinbar angesehen wurde. Dadurch, so hat das\n\n78\n\nBundesverfassungsgericht weiter ausgefuhrt, werde den Rechtssuchenden ein\n\n79\n\ngesetzlich vorgesehenes Rechtsmittel versagt, obwohl das Gericht selbst den\nWeg in die nachste Instanz habe eroffnen wollen.\n\n80\n\nHier liegt der Fall genau umgekehrt. Der rechtssuchenden Beklagten wird ein\ngesetzliches Rechtsmittel versagt, weil ihr das Gericht selbst den Weg in die\nnachste Instanz nicht eroffnen wollte. Wurde man dennoch eine Berufung als\nzulassig ansehen, so wurde man der Beklagten ein Rechtsmittel gestatten, dass\ndas Gericht nicht zu-\n\n81\n\nlassen wollte. Dies geschahe nur deshalb, weil sich das Gericht an eine vom\nVorsitzenden der Kammer versehentlich gewahlte Rechtsmittelbelehrung fest-\n\n82\n\nhalten lassen musste, obwohl diese nicht verkundet worden ist.\n\n83\n\nDeshalb ist es nach Auffassung der Kammer auch verfehlt, wenn der Prozessbe-\n\n84\n\nvollmachtigte der Beklagten in seinem Schriftsatz meint, die Frage stellen zu\nmussen, auf was man denn noch vertrauen solle, wenn man nicht mehr auf das vom\nRichter unterschriebene Urteil vertrauen durfe. Ebenso verfehlt ist es,\nhieraus den Schluss zu ziehen, man konne sich in der Zukunft auf das Urteil\nmit seinem gesamten Inhalt einschließlich der Rechtsmittelzulassung nicht mehr\nverlassen, wenn namlich die Vorstellung des Richters daruber maßgebend sei,\nwas er eigentlich gewollt habe. Hier kommt es nicht darauf an, dass der\nerstinstanzliche Richter in seiner dienstlichen\n\n85\n\nÄußerung erklart hat, die Zulassung der Berufung sei nicht beabsichtigt\ngewesen und bei der falschen Rechtsmittelbelehrung habe es sich um ein\nVersehen gehandelt. Entscheidend ist vielmehr, dass das von der Schreibkraft\nfur die Rechtsmittel-\n\n86\n\nbelehrung benutzte Muster noch keine hinreichende Aussage daruber enthalt,\ndass die Kammer tatsachlich hiermit die Berufung zulassen wollte und dass\ndeshalb die Un-\n\n87\n\naufmerksamkeit des Richters vor der Unterzeichnung des Urteils auch\nunschadlich ist. Denn von der Praxis her kann nicht ubersehen werden, dass\nzwar die Rechtsmittel-\n\n88\n\nbelehrung nunmehr Bestandteil des Urteils ist und somit vom Richter\nmitunterschrieben wird, dass aber ahnlich wie fruher die Rechtsmittelbelehrung\nweiterhin Formular-\n\n89\n\ncharakter hat, indem sie nunmehr als fertiges Muster im PC vorhanden ist und\nvon der Schreibkraft eingefugt wird. Der vom Prozessbevollmachtigten der\nBeklagten fur seine Mandantschaft reklamierte Vertrauensschutz greift\ngrundsatzlich dann ein, wenn in den von ihm gebildeten Fallen, die irrtumlich\nfalsch entschieden worden sind, die falsche Entscheidung verkundet worden ist.\nHier griffe er auch dann unabhangig von einer Verkundung ein, wenn die\nRechtsmittelbelehrung tatsachlich eine Zulassung der Berufung beinhalten\nwurde.\n\n90\n\nDa dies nach allem nicht der Fall ist, war die Berufung gem. § 519 b Abs. 1\nSatz 1 ZPO auf Kosten der Beklagten als unzulassig zu verwerfen.\n\n91\n\nGem. § 77 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 519 b Abs. 2 ZPO war wegen der\nBedeutung der Rechtssache die Revisionsbeschwerde zuzulassen.\n\n92\n\nRECHTSMITTELBELEHRUNG\n\n93\n\nGegen diesen Beschluss kann von der Beklagten\n\n94\n\nREVISIONSBESCHWERDE\n\n95\n\neingelegt werden.\n\n96\n\nFur den Klager ist gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben.\n\n97\n\nDie Revisionsbeschwerde muss\n\n98\n\ninnerhalb einer Notfrist* von zwei Wochen\n\n99\n\nnach der Zustellung dieses Beschlusses schriftlich beim\n\n100\n\nLandesarbeitsgericht\n\n101\n\nLudwig-Erhard-Allee 21\n\n102\n\n40027 Dusseldorf\n\n103\n\n104\n\neingelegt werden.\n\n105\n\nSie kann auch beim\n\n106\n\nBundesarbeitsgericht,\n\n107\n\nHugo-Preuß-Platz 1,\n\n108\n\n99084 Erfurt,\n\n109\n\neingelegt werden.\n\n110\n\nDie Revisionbeschwerdeschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht\nzugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.\n\n111\n\nSie kann, falls eine Einlegung beim Landesarbeitsgericht erfolgt, auch von\neinem\n\n112\n\nVertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von\n\n113\n\nZusammenschlussen solcher Verbande unterzeichnet werden, wenn diese Vertreter\n\n114\n\nkraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der\nZuammenschluss, der\n\n115\n\nVerband oder deren Mitglieder Partei sind.\n\n116\n\n* Eine Notfrist ist unabanderlich und kann nicht verlangert werden.\n\n117\n\ngez.: Dr. Pauly gez.: Brandenberg gez.: Schilp\n\n
305,957
olgk-2000-01-24-10-wf-600
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
10 WF 6/00
2000-01-24
2019-03-12 20:57:57
2020-12-10 13:10:54
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:2000:0124.10WF6.00.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e :**\n\n2\n\nIn dem seit Ende 1995 anhangigen Scheidungsverfahren war der Beschwerdefuhrer\nder Verfahrensbevollmachtigte der Antragsgegnerin. Im Sommer 1999 legte er das\nMandat nieder. Auf seinen Antrag, den Streitwert festzusetzen, hat das\nAmtsgericht durch Beschluss vom 08.12.1999 den Streitwert "vorlaufig" fur die\nEhescheidung auf 52.500,00 DM, den Versorgungsausgleich auf 10.023,48 DM und\nden Unterhalt auf 87.006,60 DM festgesetzt.\n\n3\n\nMit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde will der Beschwerdefuhrer eine\nAnhebung des Streitwertes fur die Ehescheidung erreichen. Der Streitwert liege\ninsoweit bei uber 300.000,00 DM.\n\n4\n\nDas Amtsgericht hat der Beschwerde unter Hinweis auf eine Entscheidung des\nSenats vom 18.11.1999 - 10 WF 247/99 - nicht abgeholfen, weil ein Rechtsmittel\ngegen eine nur vorlaufige Streitwertfestsetzung nicht zulassig sei. In jenem\nVerfahren hatte das Amtsgericht den Streitwert nach Klageeingang gemaß § 25\nGKG vorlaufig festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde war durch den\nSenat als unzulassig verworfen worden, da ein Rechtsmittel nach § 25 Abs. 2, 3\nGKG nur gegen eine abschließende Streitwertfestsetzung moglich ist (Senat in\nJurBuro 1996, 195 m. w. N.; Hartmann, Kostengesetze, 28. Auflage, § 25 Rdn.\n14).\n\n5\n\nSoweit das Amtsgericht im Streitfall aus eben diesen Grunden der Beschwerde\nnicht abgeholfen hat, ist dies allerdings verfahrensfehlerhaft und fuhrt zur\nAufhebung des Nichtabhilfebeschlusses.\n\n6\n\nGem. § 9 Abs. 2 S. 1 BRAGO kann ein Rechtsanwalt aus eigenem Recht die\nFestsetzung des Streitwertes beantragen. Diesem Begehren hat das Amtsgericht\ndurch seinen Beschluss vom 08.12.1999 entsprochen, auch wenn es den Streitwert\nnur vorlaufig festgesetzt hat. Gem. § 9 Abs. 2 S. 1 BRAGO kann der\nRechtsanwalt gegen die Festsetzung des Streitwertes Rechtsmittel einlegen. Der\nUmstand, dass der Streitwert nur vorlaufig festgesetzt wurde, rechtfertigt es\nnicht, von der Unzulassigkeit des Rechtsmittels auszugehen. Anders als im\nFalle des § 25 GKG, wonach bei einer vorlaufigen Festsetzung des Streitwertes\nzum Zwecke der Bemessung des zu zahlenden Gebuhrenvorschusses bei\nKlageerhebung ausdrucklich geregelt ist, dass ein Rechtsmittel gegen eine\nvorlaufige Streitwertfestsetzung nicht gegeben ist und Einwendungen nur im\nVerfahren nach § 6 GKG geltend gemacht werden konnen, sieht § 9 Abs. 2 BRAGO\neine solche Einschrankung nicht vor. Eine entsprechende Anwendung von § 25 GKG\nauf den vorliegenden Fall verbietet sich, weil im Falle des § 25 GKG eine\nStreitwertfestsetzung im Rahmen einer Beschwerde nach § 6 GKG inzidenter\nuberpruft werden kann. Dies ist bei einer Streitwertfestsetzung, die auf\nAntrag eines Rechtsanwalts zur Bemessung seiner Gebuhren erfolgt, nicht\nmoglich. Mit der nach § 9 BRAGO vorgesehenen Beschwerdemoglichkeit wird dem\nUmstand Rechnung getragen, dass ein Anwalt ein berechtigtes Interesse daran\nhat, seine Gebuhren auf einer Bemessungsgrundlage geltend machen zu konnen,\ndie in einem Rechtsmittelverfahren uberpruft wurde (vgl. hierzu auch\nSchneider/Herget Streitwert-Kommentar 11. Aufl. 1996, Rdnrn. 1618, 4221 sowie\nSchneider NJW 1997, 1430).\n\n7\n\nKann danach im Streitfalle auch die vorlaufige Streitwertfestsetzung durch\nRechtsmittel uberpruft werden, so hatte sich das Amtsgericht mit den vom\nBeschwerdefuhrer geltend gemachten Einwendungen auseinandersetzen mussen. Dies\nist nicht geschehen, so dass eine erneute Entscheidung des Amtsgerichts uber\ndas Beschwerdevorbringen geboten ist.\n\n
305,984
lsgnrw-2000-01-21-l-14-ra-1899
799
Landessozialgericht NRW
lsgnrw
Nordrhein-Westfalen
Sozialgerichtsbarkeit
L 14 RA 18/99
2000-01-21
2019-03-12 20:58:37
2020-12-10 13:10:58
Urteil
ECLI:DE:LSGNRW:2000:0121.L14RA18.99.00
## Tenor\n\nDie Berufung der Klagerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf vom\n14.01.1999 wird zuruckgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision\nwird zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nStreitig ist unter den Beteiligten, ob die Beklagte die Zeit der\nkunstlerischen Aspirantur vom 01.09.1961 bis 31.12.1963 an der Hochschule fur\nIndustrielle Formgestaltung in H. als eine nach § 248 Abs. 3 Satz 1 des\nSechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) den Beitragszeiten nach\nBundesrecht gleichgestellte Zeit vorzumerken hat.\n\n3\n\nDie Klagerin hat das Studium auf dem Gebiet der Textilgestaltung der\nHochschule fur Industrielle Formgestaltung in H. im Juli 1961 mit dem\nStaatsexamen abgeschlossen. Daran schloß sich in der Zeit vom 01.09.1961 bis\n31.12.1963 eine kunstlerische Aspirantur an der gleichen Hochschule an.\nWahrend dieser Zeit erhielt die Klagerin ein Stipendium. Hinsichtlich der\nSozialversicherung fur diese Zeit unterlag sie den gleichen Regelungen wie\nwahrend des Studiums. Es erfolgte eine Beitragszahlung zur Sozialversicherung\nim Rahmen der pauschalen Studentenversicherung durch die Hochschule. Das\nStipendium wurde auf Grund der "Verordnung zur Entwicklung einer\nfortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren\nVerbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz vom 16. Marz\n1950" gewahrt (Gesetzblatt der DDR 1950 S. 185 ff.), in der die Anwarter des\nwissenschaftlichen und kunstlerischen Nachwuchses in Bezug auf die\nSozialversicherung den immatrikulierten Studenten gleichgestellt waren.\n\n4\n\nDurch die Verordnung (VO) uber die Pflichtversicherung der Studenten und\nAspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom\n15.03.1962 trat hinsichtlich des Personenkreises eine Neuregelung dahingehend\nein, dass nunmehr Studenten und wissenschaftliche Aspiranten der\nUniversitaten, Hochschulen, anerkannten Fachschulen, Spezialschulen\nstaatlicher Organe, Parteischulen, Gewerkschaftsschulen und Schulen anderer\ndemokratischer Organisationen stets der Versicherungspflicht unterlagen.\n\n5\n\nAuf einen Kontenklarungsantrag der Klagerin stellte die Beklagte mit Bescheid\nvom 15.12.1995 zu den berucksichtigungsfahigen Rentenversicherungszeiten\nfolgendes fest: "Die Zeit vom 01.09.1961 bis 31.12.1963 kann nicht als\nBeitragszeit anerkannt werden, weil es sich um Zeiten der Schul-, Fach- oder\nHochschulausbildung handelt." Hiergegen erhob die Klagerin Widerspruch und\ntrug zur Begrundung vor, die wissenschaftlich-kunstlerische Aspirantur sei\neine Auszeichnung gewesen, die sie als beste Absolventin ihres\nDiplomjahrganges 1961 erhalten habe mit einer abzugsfreien Zahlung von 460,--\nDM monatlich, eingeschlossen Kranken- und Rentenversicherung. Sie habe in\ndieser Zeit u. a. als Assistentin im Grundlagenstudium und im Fach\nNaturstudium gearbeitet. Mit einem weiteren Bescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI\nerstellte die Beklagte einen Versicherungsverlauf, in dem die Zeit vom\n01.08.1961 bis 31.12.1963 als Zeit der Hochschulausbildung fur die die\nfestgelegte gesetzliche Hochstdauer uberschritten war, aufgefuhrt ist.\n\n6\n\nDen Widerspruch bezuglich der Nichtanerkennung der Zeit der Aspirantur als\nBeitragszeit wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 05.12.1996\nzuruck. Zur Begrundung fuhrte sie aus: Im Rahmen der Überleitung des\nRentenrechts der ehemaligen DDR auf das SGB-VI-Recht konnten nur solche Zeiten\nim Beitrittsgebiet als Beitragszeiten berucksichtigt werden, fur die auch nach\nBundesrecht Beitrage zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen gewesen\nwaren. Planmaßige wissenschaftliche Aspiranten hatten seinerzeit im\nBeitrittsgebiet nicht in einem die Beitragspflicht zur Sozialversicherung\nbegrundenden Arbeits- oder Dienstverhaltnis, sondern in einem\nverwaltungsrechtlich ausgestalteten Ausbildungsverhaltnis gestanden.\nDementsprechend hatten planmaßige Aspiranten wie Studenten ein Stipendium\nerhalten und der Verordnung uber die Pflichtversicherung der Studenten und\nAspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom\n15.03.1962 unterlegen. Die Beitragszahlung zur Sozialversicherung sei im\nRahmen der pauschalen Studentenversicherung durch die jeweilige Lehranstalt\nerfolgt. Eigene Beitrage seien von den Studenten und Aspiranten nicht bezahlt\nworden.\n\n7\n\nHiergegen hat die Klagerin am 31.12.1996 Klage zum Sozialgericht D. erhoben.\nWahrend des Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 21.02.1997\nfestgestellt, die Zeit der planmaßigen wissenschaftlichen Aspirantur vom\n01.09.1961 bis 31.12.1963 sei auch keine Anrechnungszeit gemaß § 58 Abs. 1\nSatz 1 Nr. 4 b) SGB VI, weil die Zeit einer Hochschulausbildung lediglich bis\nzu ihrem ersten Abschluß Anrechnungszeit sei. Die Klagerin habe am 13.07.1961\nan der Hochschule fur industrielle Formgestaltung in H. das Staatsexamen\nabgelegt. Die wissenschaftliche Aspirantur schließe sich an diese Zeit an. Die\nBeklagte hat gleichzeitig den Bescheid vom 15.12.1995 aufgehoben, soweit diese\nZeit dem Grunde nach als Anrechnungszeit bezeichnet worden war.\n\n8\n\nMit ihrer Klage hat die Klagerin weiterhin geltend gemacht, bei dem Institut\nder kunstlerisch-wissenschaftlichen Aspirantur handele es sich um eine\nBeitragszeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Tatigkeit\nnach Ablegung des Diplomexamens habe der Tatigkeit einer wissenschaftlichen\nHilfskraft an Hochschulen in der Bundesrepublik entsprochen, die in der\nBundesrepublik entweder nach BAT entlohnt werde oder im Beamtenverhaltnis\nausgeubt wurde. Sie habe wahrend der Aspirantur kunstlerische Arbeiten\nerstellt, die als Werkstuck der Hochschule verwertet wurden. Wahrend dieser\nZeit der Aspirantur habe sie jedoch kein Entgelt sondern ein Stipendium\nerhalten.\n\n9\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n10\n\ndie Beklagte unter Abanderung des Bescheides vom 15.12.1995 in der Gestalt des\nWiderspruchsbescheides vom 05.12.1996 sowie des Bescheides vom 21.02.1997 zu\nverurteilen, der Klagerin auch die Zeit der Beschaftigung als Aspirantin vom\n01.09.1961 bis 31.12.1963 als Beitragszeit anzuerkennen.\n\n11\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n12\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n13\n\nDas Sozialgericht hat mit Urteil vom 14.01.1999 die Klage abgewiesen. Zur\nBegrundung hat es sich auf die standige Rechtsprechung des\nBundessozialgerichts zur Bewertung der planmaßigen wissenschaftlichen\nAspirantur bezogen, nach der diese als Hochschulausbildung im Sinne von § 248\nAbs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI und nicht als gleichgestellte Beitragszeit gemaß §\n248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zu werten ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die\nEntscheidungsgrunde des Urteils verwiesen.\n\n14\n\nGegen das ihr am 12.02.1999 zugestellte Urteil hat die Klagerin am 08.03.1999\nBerufung eingelegt.\n\n15\n\nZur Begrundung fuhrt sie aus, bei der streitigen Zeit handele es sich nicht um\neine wissenschaftliche Aspirantur, sondern um eine planmaßige kunstlerische\nAspirantur. Nur die wissenschaftliche Aspirantur stehe der Hochschulausbildung\nim Sinne von § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SG VI, die keine Beitragszeit sei,\ngleich. Dies ergebe sich aus der Verordnung uber die Pflichtversicherung der\nStudenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und\nAngestellten vom 15.03.1962 in der DDR. Dort sei nur die wissenschaftliche,\naber nicht die kunstlerische Aspirantur aufgefuhrt. Die kunstlerische\nAspirantur unterscheide sich auch tatsachlich grundlegend von der\nwissenschaftlichen Aspirantur. Da die kunstlerischen Hochschulen kein\nPromotionsrecht hatten, sei die kunstlerische Aspirantur nicht mit einer\nweiteren Hochschulausbildung vergleichbar. Zielsetzung der kunstlerischen\nAspirantur sei nicht eine wissenschaftliche Fortbildung, sondern eine\npraxisnahe Ausbildung gewesen.\n\n16\n\nAus der Nichterwahnung der kunstlerischen Aspirantur in der Verordnung uber\ndie Pflichtversicherung von Studenten und Aspiranten bei der\nSozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 15.03.1962 ergebe sich,\ndass eine Gleichstellung zwischen kunstlerischen und wissenschaftlichen\nAspiranten nicht erfolgt sei. Auch im Gesetz uber das einheitliche\nsozialistische Bildungssystem vom 25.02.1965 sei eine Trennung zwischen\nUniversitaten und Hochschulen einerseits und kunstlerischen Hochschulen\nandererseits vorgenommen worden. Der grundlegende Unterschied zwischen\nwissenschaftlicher und kunstlerischer Aspirantur werde auch bestatigt durch\nein Schreiben des Fachgebietssprechers des Fachgebietes Industrie-Design,\nProf. , Hochschule fur Kunst und Design in H., vom 04.06.1999, der nicht nur\nihr Studienkollege, sondern zum spateren Zeitpunkt langjahrig und mehrmals\nRektor dieser Hochschule gewesen sei. In dieser Stellungnahme hat Prof. u. a.\nausgefuhrt, dass die kunstlerische Aspirantur der besonderen Begabtenforderung\nund der Erweiterung des kunstlerischen Arbeitsprofils diente und mit der\nPrasentation bildkunstlerischer Werke endete, wahrend die wissenschaftliche\nAspirantur zur Promotion fuhrte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den\nInhalt der Auskunft Bezug genommen. Zur weiteren Stutzung ihres Vortrages hat\ndie Klagerin in Kopie die Bescheinigung der Kunsthochschule H. (Hochschule)\nvom 11.09.1961 uber die Zulassung der Klagerin zur kunstlerischen Aspirantur\nuberreicht. Darin heißt es, dass die Klagerin entsprechend der "Verordnung zur\nEntwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur ..." vom 16.03.1950\nein monatliches abzugsfreies Stipendium von 460,-- DM erhalte sowie ein\nBuchergeld.\n\n17\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n18\n\ndas Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf vom 14.01.1999 abzuandern und nach\ndem Klageantrag zu erkennen.\n\n19\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n20\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n21\n\nDie Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass fur die Zeit der\nkunstlerischen Aspirantur keine Beitragszeit nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI\nanerkannt werden konne.\n\n22\n\nWegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streit- und\nVerwaltungsakten, der Gegenstand der mundlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug\ngenommen.\n\n23\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n24\n\nDie zulassige Berufung der Klagerin ist nicht begrundet. Das Sozialgericht hat\nzu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten, mit dem diese die\nVormerkung (§ 149 Abs. 5 SG VI) der Zeit der kunstlerischen Aspirantur der\nKlagerin vom 01.09.1961 bis 31.12.1963 an der Hochschule fur Industrielle\nFormgestaltung in H. als eine nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI den\nBeitragszeiten nach Bundesrecht gleichgestellte Zeit abgelehnt hat, ist nicht\nrechtswidrig.\n\n25\n\nNach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht\nZeiten nach dem 08.05.1945 gleich, fur die Beitrage zu einem System der\ngesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht\ngeltenden Vorschriften gezahlt worden sind. Davon sind nach Satz 2 Nr. 1\ndieser Vorschrift jedoch Zeiten der Hochschulausbildung im Beitrittsgebiet\nausgenommen. Zu diesen Hochschulzeiten zahlt nicht nur wie in standiger\nRechtsprechung des Bundessozialgerichtes festgestellt (vgl. BSG-Urteil v.\n23.03.1999 - B 4 RA 18/98 R - in SGB 1999, 351f) die wissenschaftliche\nAspirantur, sondern auch die "kunstlerischer Aspirantur". Unter\nHochschulausbildung ist in diesem Zusammenhang jeder (in der DDR als\nbeitragspflichtige Versicherungszeit anerkannte) Tatbestand zu verstehen,\nsoweit es sich dabei inhaltlich um eine Ausbildung an einer Hochschule der DDR\nfur einen Beruf gehandelt hat (BSG aaO). Nach der von der Klagerin\neingereichten Bescheinigung uber die Zulassung zur kunstlerischen Aspirantur\nvom 11.09.1961 handelte es sich bei dieser um ein durch ein Stipendium\nabgesichertes Ausbildungsverhaltnis an der Hochschule auf der Grundlage der\nVerordnung vom 16.03.1950 (Gesetzblatt der DDR 1950 S. 185 ff. vom\n23.03.1950). Gemaß § 5 Abs. 3 dieser Verordnung waren die Anwarter des\nwissenschaftlichen und kunstlerischen Nachwuchses und die Empfanger von\nSonderstipendien in Bezug auf die Sozialversicherung den immatrikulierten\nStudenten gleichgestellt. Gemaß § 5 der zweiten Durchfuhrungsbestimmung zur VO\nuber die Sozialpflichtversicherung der Studenten, Hoch- und Fachschuler vom\n12.08.1955 (GB Teil I 1955/574f) waren die Pflichtbeitrage fur die\nStudierenden durch die Lehranstalt zu entrichten. Dementsprechend erfolgte\nausweislich des Sozialversicherungsausweises der Klagerin auch eine\nBeitragszahlung zur Sozialversicherung im Rahmen der pauschalen\nStudentenversicherung durch die Hochschule in.\n\n26\n\nDie kunstlerische Aspirantur diente zwar nicht wie die wissenschaftliche\nAspirantur zur Vorbereitung auf die Promotion oder Habilitation, sondern der\nbesonderen Forderung hervorragend begabter junger Kunstler nach beendetem\nStudium durch die Hochschule. Die kunstlerische Aspirantur wies jedoch ebenso\nwie die wissenschaftliche Aspirantur nicht die Kriterien eines entgeltlichen\nBeschaftigungsverhaltnisses im Sinne des Bundesrechtes auf. Dies ergibt sich\naus der Stellungnahme von Prof. , dem Fachgebietssprecher des Fachgebietes\nIndustrie-Design der Hochschule fur Kunst und Design, vom 04.06.1999. Prof.\nbeschreibt darin die kunstlerische Aspirantur wie folgt: "Die Aspiranturen\ndienten im kunstlerischen Ausbildungsprofil der Hochschule zur weiteren\nprofunden Qualifizierung durch praxisnahe Auftragsprojekte der Vorbereitung\nfur die freiberufliche Tatigkeit bzw. der Einsatzvorbereitung in kunstlerisch\nprofilierten Manufakturen bzw. Betrieben. Sie dienten der besonderen\nBegabtenforderung und der Erweiterung des kunstlerischen Arbeitsprofils. Die\nkunstlerische Aspirantur endete entsprechend der Spezifik mit der Prasentation\nbild-kunstlerischer Werke ...Wahrend in wissenschaftlichen Bereichen fur\nBerufungsvoraussetzungen die Promotion "A" und "B" erforderlich waren,\nerforderte die Berufung beim Ministerium fur Kultur die Vorlage des\nkunstlerischen Werkverzeichnisses und dessen Prasentation in nationalen und\ninternationalen Ausstellungen ... Der Wissenschaftler beendet seine Aspirantur\nin der Regel mit dem Abschluß der Promotion, der kunstlerische Aspirant mit\nder Prasentation und Verteidigung seiner kunstlerischen Werke." Dies\nbeschreibt anschaulich, dass es sich bei den kunstlerischen Aspiranten nicht\num einen Arbeitnehmer oder einen selbstandigen Kunstler handelt, sondern\nvielmehr um einen durch eine Weiterbildung an der Hochschule geforderten\nGraduierten. Beide Ausbildungsgange, die wissenschaftliche wie die\nkunstlerische Aspirantur, steuern auf das Ziel der jeweiligen Hochschule zu\nund sind als Hochschulausbildung anzusehen.\n\n27\n\nUnerheblich ist, dass in der Verordnung uber die Pflichtversicherung der\nStudenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und\nAngestellten vom 15.03.1962 in § 1 lediglich die wissenschaftlichen\nAspiranten, nicht jedoch die kunstlerischen Aspiranten aufgefuhrt sind im\nGegensatz zur Verordnung vom 16.03.1950, in der nach § 5 Abs. 3 auch die\nAnwarter des kunstlerischen Nachwuchses hinsichtlich der Sozialversicherung\nden immatrikulierten Studenten gleichgestellt sind. Zum einen ist durch die\nVerordnung vom 15.03.1962 die VO vom 16.03.1950 nicht aufgehoben worden und\ndementsprechend auch die Klagerin als Studentin weiterhin durch die Hochschule\nsozialversichert worden; zum anderen kommt es darauf an, ob ihrer\nAusgestaltung nach eine Arbeitnehmertatigkeit oder eine Hochschulausbildung im\nSinne von § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI vorlag. Wie oben dargelegt,\nerfolgte sowohl wahrend der kunstlerischen wie auch wahrend der\nwissenschaftlichen Aspirantur eine weitere Qualifizierung an einer Hochschule,\nbeide Ausbildungsgange steuerten auf das Ziel der jeweiligen Hochschule zu,\nentweder der Prasentation kunstlerischer Werke an der Kunsthochschule oder der\nPromotion an der wissenschaftlichen Hochschule. Als Stipendiaten standen\nsowohl die wissenschaftlichen als auch die kunstlerischen Aspiranten nicht in\neinem Arbeits- oder Dienstverhaltnis als Arbeitnehmer zur Hochschule, sondern\nin einem die Beitragspflicht fur Studenten begrundenden Ausbildungsverhaltnis.\nFur eine unterschiedliche Behandlung im Rahmen des § 248 Abs. 3 SGB VI sind\nkeine Anhaltspunkte gegeben, weil nach dem Willen des Gesetzgebers alle in der\nDDR der Sozialversicherung unterliegenden Studierenden nach Einfuhrung eines\neinheitlichen Rentenrechts in Deutschland nicht den Pflichtversicherten\nzugeordnet werden sollten. Es sollte ausgeschlossen werden, dass eine in einem\nfremden System als versicherungspflichtiger Tatbestand anerkannte\nHochschulausbildung zu Gunsten eines Teils der (heutigen) Rentner\nBewertungsvorteile bringt, die dem großen Teil der Rentner (namlich den in den\nalten Bundeslandern), aber auch den heute belasteten Beitragszahlern aus den\nalten wie den neuen Bundeslandern von vorneherein nicht zuwachsen konnen (BT-\nDrucks. 11/4124 S. 217 - BSG aaO).\n\n28\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.\n\n29\n\nDer Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 zugelassen.\n\n
307,020
ovgnrw-1999-08-09-9-a-313397
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
9 A 3133/97
1999-08-09
2019-03-12 21:43:02
2019-03-27 09:53:24
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:1999:0809.9A3133.97.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Zulassungsverfahrens.\n\nDer Wert des Streitgegenstandes wird fur das Zulassungsverfahren auf 538,80 DM\nfestgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.\n\n3\n\nDer geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsatzlichen Bedeutung (§ 124 Abs.\n2 Nr. 3 VwGO) ist nicht gegeben.\n\n4\n\nGrundsatzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn diese eine\nbisher hochstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die sich in\ndem erstrebten Berufungsverfahren stellen wurde und die im Interesse einer\neinheitlichen Auslegung und Anwendung oder Fortentwicklung des Rechts der\nKlarung bedarf.\n\n5\n\nDies ist vorliegend nicht der Fall.\n\n6\n\nEntgegen der Ansicht des Klagers ist die vom Verwaltungsgericht zitierte\nRechtsprechung des Senats\n\n7\n\nUrteile vom 15. April 1991 \\- 9 A 803/88 - sowie vom 20. September 1991 - 9 A\n570/90 -\n\n8\n\nweder durch das vom Klager zitierte spatere Urteil\n\n9\n\nvom 30. September 1996 \\- 9 A 3977/93 -\n\n10\n\nuberholt noch erganzungsbedurftig.\n\n11\n\nIn allen drei Entscheidungen geht der Senat von dem Grundsatz aus, daß sich\ndie Bemessung des Gebuhrensatzes an den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 und 2 KAG\nauszurichten hat. Danach soll das vom Satzungsgeber veranschlagte\nGebuhrenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der gebuhrenpflichtigen\nEinrichtung oder Anlage nicht uberschreiten (§ 6 Abs. 1 Satz 3 KAG). Dabei\nsind unter Kosten die nach betriebswirtschaftlichen Grundsatzen ansatzfahigen\nKosten zu verstehen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 KAG).\n\n12\n\nVgl. das Urteil vom 15. April 1991, S. 15 sowie das Urteil vom 20. Septem- ber\n1991, S. 7 der Entscheidungsgrunde.\n\n13\n\nBei der Ermittlung der nach den betriebswirtschaftlichen Grundsatzen im Sinne\nvon § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG ansatzfahigen Kosten ist vom\nbetriebswirtschaftlichen Kostenbegriff auszugehen. Danach sind die Kosten, die\nsich auf die Erbringung einer Leistung des Entsorgungstragers in einem\nbestimmten Zeitraum beziehen, der durch die Leistungserbringung in dieser\nPeriode bedingte Wertverzehr an Gutern und Dienstleistungen (sogenannter\nwertmaßiger Kostenbegriff).\n\n14\n\nSiehe Urteil vom 20. September 1991, S. 8 der Entscheidungsgrunde.\n\n15\n\nDiese allgemeinen Grundsatze gelten selbstverstandlich auch fur die in § 6\nAbs. 2 Satz 2 KAG ausdrucklich erwahnten "Entgelte fur in Anspruch genommene\nFremdleistungen".\n\n16\n\nIm Rahmen einer Gebuhrenkalkulation, bei deren Aufstellung die\nvoraussichtlichen Kosten der Einrichtung (darunter auch die kunftigen Entgelte\nfur Fremdleistungen) in den meisten Fallen noch nicht definitiv feststehen,\nsondern veranschlagt werden mussen, hat die die Gebuhrenkalkulation\naufstellende Behorde eine Prognoseentscheidung zu treffen, die gemaß § 114\nVwGO nur einer eingeschrankten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.\nDiese Kontrolle erstreckt sich bei einer Prognoseentscheidung darauf, ob die\nBehorde von einer sachgerecht ermittelten Prognosebasis ausgegangen ist, sich\nbei der aufzustellenden Prognose einer der Materie angemessenen vertretbaren\nMethode bedient hat und die Grenzen ihres Prognose-, Bewertungs- und\nErmessenspielraums eingehalten hat.\n\n17\n\nBei der Ermittlung der Prognosebasis spielen bei vertraglich vereinbarten\nFremdleistungen die vertraglichen Vereinbarungen uber das fur die\nFremdleistung zu zahlende Entgelt eine Rolle. Die Einhaltung dieser\nvertraglichen Grundlagen unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, und\nzwar unabhangig davon, ob es sich um eine privatrechtliche oder offentlich-\nrechtliche Vereinbarung handelt. Werden seitens des tatig gewordenen\nFremdleisters die Entgelte administrativ festgesetzt, sei es durch Satzung,\nsei es durch Verwaltungsakt, ist deren Einhaltung die seitens der\ngebuhrenkalkulierenden Gemeinde zu beachtende Obergrenze der Prognosebasis.\nAuch dies unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle.\n\n18\n\nEine solche Fallgestaltung ist allerdings nur dann gegeben, wenn der\nFremdleister seinen Administrativpreis fur die kommende Leistungsperiode vor\nAufstellung der Gebuhrenkalkulation seitens der Kommune bekannt gemacht hat.\nIst dies nicht der Fall, hat die gebuhrenkalkulierende Behorde auf Grund des\nihr zur Verfugung stehenden bzw. von ihr zu ermittelnden Tatsachen- und\nDatenmaterials (Prognosematerials) eine Prognose aufzustellen, welches\nvoraussichtliche Entgelt sie fur den Kalkulationszeitraum fur die\nvoraussichtlich in Anspruch zu nehmende Fremdleistung aufzuwenden haben wird.\n\n19\n\nVgl. Urteil des 2. Senats vom 15\\. August 1985 - 2 A 2613/84 -, Stadte- und\nGemeinderat 1986, 321.\n\n20\n\nIm Rahmen dieser anzustellenden Prognose (Abschatzung der kunftigen\nKostenentwicklung und des kunftigen Leistungsumfangs) stehen der die Prognose\naufstellenden Behorde weitgehende Beurteilungs- und Bewertungsspieraume zu,\ndie seitens der Gerichte nur nach den Maßstaben des § 114 VwGO uberpruft\nwerden konnen.\n\n21\n\nEine Grenze dieses Prognosespielraums ist das Äquivalenzprinzip. Dies\nbedeutet, die kalkulierende Behorde darf weder bei vertraglich vereinbarten\nFremdleistungsentgelten noch bei administrativ festgelegten\nFremdleistungsentgelten Entgelte akzeptieren, d.h. als Kosten ansetzen, deren\nBemessung dem Äquivalenzprinzip widerspricht.\n\n22\n\nDieses Grundkonzept liegt den eingangs zitierten Entscheidungen des Senats aus\ndem Jahre 1991 zugrunde. Im Urteil vom 15. April 1991 (S. 23 der\nEntscheidungsgrunde) wird ausdrucklich auf das zitierte Urteil des 2. Senats\nvom 15\\. August 1985 Bezug genommen. Im Urteil vom 20. September 1991 wird\nausgefuhrt (S. 20 und 21 der Entscheidungsgrunde), daß die beklagte Kommune\naufgrund einer ihr bekannten gutachterlichen Stellungnahme eines unabhangigen\nWirtschaftsprufungsunternehmens, die sich mit der Preisgestaltung der im\nRahmen der Abfallentsorgung eingeschalteten Mullverbrennungsanlage befaßt\nhatte, keine Veranlassung hatte, den ihr seitens des Kreises fur die\nMullverbrennung in Rechnung gestellten Betrag als nicht mehr akzeptabel\nzuruckzuweisen.\n\n23\n\nVon diesem Prufungsmaßstab ist im ubrigen auch das Verwaltungsgericht\nbezuglich des in der Gebuhrenkalkulation des Beklagten vom 5. November 1992\nenthaltenen Kostenansatzes "Deponiekosten fur Restmull" (= 260,-- DM/Tonne)\nausgegangen, wenn es auf S. 11/12 der Entscheidungsgrunde ausfuhrt:\n\n24\n\n"Die Deponierungskosten des BAV durfte der Beklagte in voller Hohe in die\nKalkulation einstellen. Sie sind als Fremdleistungskosten nach § 6 Abs. 2 Satz\n2 KAG NRW ansatzfahig. Etwas anderes wurde nur dann gelten, wenn ein\noffensichtliches Mißverhaltnis zwischen Leistungen des BAV und Gebuhren des\nBAV bestehen wurde und der Beklagte Anlaß fur eine umfassende Überprufung der\nBerechtigung der Deponiekosten gehabt hatte.\n\n25\n\nAnhaltspunkte dafur, daß eine gesteigerte Prufungspflicht fur den Beklagten\nbestanden hatte, bestehen nicht. Derartige Anhaltspunkte hat der Klager auch\nnicht vorgetragen, denn seine Bedenken hinsichtlich der Rechtmaßigkeit der\nGebuhrenforderungen des BAV beziehen sich auf die Gebuhrenforderungen des BAV\nfur das Jahr 1994."\n\n26\n\nAus diesem Grund bestehen daher auch keine ernsthaften Zweifel an der\nRichtigkeit des Urteils, die der Klager zugleich geltend gemacht hat.\n\n27\n\nEntgegen der Ansicht des Klagers hat das Verwaltungsgericht seine\nAufklarungspflicht nicht dadurch verletzt (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2\nNr. 5 VwGO), daß es dem Vorbringen des Klagers, der entsprechende Kostenansatz\nsei uberhoht, nicht weiter nachgegangen ist. Zu berucksichtigen ist namlich,\ndaß es sich bei dieser Kostenposition (Ansatz von 260,-- DM/Tonne) um die\nAbschatzung der voraussichtlichen Gebuhrenhohe ging, die der Bergische\nAbfallwirtschaftsverband (BAV), ein Zweckverband im Sinne des Gesetzes uber\nkommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1.\nOktober 1979, GV NRW S. 621, seinerseits gemaß § 8 GKG iVm § 6 KAG\nadministrativ mittels Gebuhrensatzung fur 1993 und Gebuhrenbescheide fur 1993\nfestsetzen wurde. Zum Zeitpunkt der Aufstellung der Gebuhrenkalkulation des\nBeklagten (5.11.1992) lag die Gebuhrensatzung des BAV noch nicht vor, diese\ndatiert vom 11.12.1992. Der Beklagte mußte daher ausgehend von den\nGebuhrensatzen des Jahres 1992 (= 176,-- DM/Tonne), der Änderung des § 9\nLandesabfallgesetz vom 21. Juni 1988, GV NRW S. 250, durch das Änderungsgesetz\nvom 14. Januar 1992, GV NRW, S. 32, wonach zu den ansatzfahigen Kosten im\nSinne des Kommunalabgabengesetzes ausdrucklich auch die Zufuhrungen der\nRucklagen fur die vorhersehbaren spateren Kosten der Nachsorge und die Kosten\nder Nachsorge fur stillgelegte Anlagen der Abfallentsorgung rechnen (s. § 9\nAbs. 2 Satz 1 LAbfG i. d. F. des Gesetzes vom 14. Januar 1992), und der\nallgemeinen Preisentwicklung die kunftige Hohe des Gebuhrensatzes fur 1993\nschatzen. Er hat - auch im Hinblick auf eine Vorankundigung des BAV -\ngeschatzt, daß sich die Gebuhren fur 1993 auf 260,-- DM/Tonne erhohen, wahrend\nsie seitens des BAV tatsachlich durch Satzung vom 11. Dezember 1992 auf 250,--\nDM/Tonne festgesetzt worden sind. Angesichts dieser sich aus den Schriftsatzen\ndes Beklagten und der Gebuhrenkalkulation ergebenden Darlegung der\nSchatzungsgrundlagen ware es Sache des Klagers gewesen darzulegen, daß die\nSchatzungsgrundlage fehlerhaft oder unvollstandig ist oder der Beklagte seinen\nPrognosespielraum selbst nach den Maßstaben des § 114 VwGO uberschritten hat.\n\n28\n\nDie mit Schriftsatzen vom 21. Juli 1997 und 28. Juli 1997 zusatzlich erhobenen\nVerfahrensrugen sind nicht beachtlich. Sie sind nicht innerhalb der\nMonatsfrist des § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO dargelegt. Diese war hier am 7.\nJuli 1997 abgelaufen.\n\n29\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.\n\n30\n\nDie Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.\n\n31\n\nDieser Beschluß ist unanfechtbar.\n\n32\n\n
307,056
olgk-1999-08-04-17-w-29599
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
17 W 295/99
1999-08-04
2019-03-12 21:44:11
2019-03-27 09:53:18
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:1999:0804.17W295.99.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e:**\n\n2\n\nDie sofortige Beschwerde ist nach den §§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG\nstatthaft und begegnet auch im ubrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.\nIn der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg; es fuhrt zu der von der Klagerin\nerstrebten Herabsetzung der auf 3.215,43 DM festgesetzten Prozesskosten der\nBeklagten um 810,75 DM auf 2.404,78 DM.\n\n3\n\nAnders als der Rechtspfleger angenommen hat, sind die Kosten der Bielefelder\nRechtsanwalte der Beklagten auch nicht teilweise erstattungsfahig. Aus der\nTatsache, dass der Klagerin durch die der angefochtenen Kostenfestsetzung zu\nGrunde liegenden Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts Koln vom 2.\nDezember 1998 die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind,\n"ohne dass die Kosten des vor dem Landgericht Bielefeld anhangigen Verfahrens\nhiervon ausgenommen waren", lasst sich nichts fur die vom Rechtspfleger\noffenbar vertretene Ansicht herleiten, dass die der Beklagten in der Zeit vor\nder Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Koln durch die\nInanspruchnahme Bielefelder Rechtsanwalte entstandenen Kosten ohne jede\nEinschrankung den zu erstattenden Prozesskosten zuzurechnen seien. Richtig ist\nzwar, dass die Klagerin danach grundsatzlich auch zur Erstattung der durch die\nVerweisung des Rechtsstreits bedingten Mehrkosten der Beklagten verpflichtet\nist; das gilt jedoch - wie in der Regel fur die gesamten Kosten der\nProzessfuhrung - nur insoweit, als die im Verfahren vor dem Landgericht\nBielefeld angefallenen Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der\nBeklagten notwendig gewesen sind. Denn wenn auch die Notwendigkeit der\nProzessfuhrung vor dem zunachst angegangenen Gericht unter\nKostengesichtspunkten nicht in Frage gestellt werden kann, so ist im\nKostenfestsetzungsverfahren doch zu prufen, ob die hierfur aufgewandten Kosten\nim Einzelnen unvermeidbar waren oder ob die beklagte Partei im Zusammenhang\nmit ihrer Rechtsverteidigung im Verfahren vor dem unzustandigen Gericht Kosten\nverursacht hat, die bei zweckentsprechendem Verhalten nicht entstanden waren.\nLetzteres ist hier der Fall. Es kann nicht als notwendig im kostenrechtlichen\nSinne angesehen werden, dass die Beklagte im Verfahren vor dem ortlich\nunzustandigen Landgericht Bielefeld die Hilfe dort postualtionsfahiger\nRechtsanwalte in Anspruch genommen hat. Die Beklagte hatte namlich die in der\nFolge unstreitig gewordene Unzustandigkeit des Landgerichts Bielefeld auch\ndurch ihre fur das Verfahren vor dem Landgericht Koln zu\nProzessbevollmachtigten bestellten Kolner Rechtsanwalte wirksam geltend machen\nkonnen. Dies folgt aus § 281 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 78 Abs. 3 ZPO, wonach die\nRuge der ortlichen oder sachlichen Unzustandigkeit nicht dem Anwaltszwang\nunterliegt. Die Beklagte hatte demnach weder mit dem Erlass eines\nVersaumnisurteils noch mit sonstigen Rechtsnachteilen rechnen mussen, wenn sie\ndie - offensichtlich begrundete - Zustandigkeitsruge von ihren Kolner\nRechtsanwalten hatte erheben lassen. Daraus wiederum folgt, dass der Wechsel\nvon den im (Verweisungs-)Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld fur die\nBeklagte als Prozessbevollmachtigte tatig gewesenen Bielefelder Rechtsanwalten\nzu den diese in der Zeit nach Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht\nKoln dort weiter vertretenden Kolner Rechtsanwalten nicht unvermeidbar war, so\ndass die Kosten der Bielefelder Rechtsanwalte gemaß § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO als\nunnotige Mehrkosten von der Kostenerstattung durch die Klagerin ausgenommen\nsind. Der unter dem 7. April 1999 ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss ist\ndeshalb im Umfange seiner Anfechtung zu andern.\n\n4\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.\n\n5\n\nStreitwert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde: 810,75 DM\n\n
307,204
olgk-1999-06-29-ss-24499-122-
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
Ss 244/99 - 122 -
1999-06-29
2019-03-12 21:48:18
2019-03-27 09:52:57
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:1999:0629.SS244.99.122.00
## Tenor\n\nDie Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des\nLandgerichts Aachen vom 29. Januar 1999 wird als unbegrundet verworfen.\n\nDer Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.\n\n \n1\n\n**Gr unde**\n\n2\n\nDurch Urteil des Amtsgerichts Eschweiler vom 18. Mai 1995 ist der Angeklagte\nwegen fahrlassiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30\nTagessatzen zu je 40 DM verurteilt worden; ihm ist die Fahrerlaubnis entzogen\nund eine Sperrfrist fur die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von 3 Monaten\nangeordnet worden. Auf seine Revision ist dieses Urteil durch Beschluß des\nSenats vom 31. August 1995 - Ss 459/95 - unter Zuruckverweisung der Sache an\ndas Gericht des ersten Rechtszuges aufgehoben worden. Zugleich hat der Senat\nmit weiterem Beschluß vom selben Tag die am 20. Januar 1995 vom Amtsgericht\nangeordnete vorlaufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben. Der am 25.\nDezember 1994 sichergestellte Fuhrerschein ist dem Angeklagten daraufhin am 4.\nSeptember 1995 wieder ausgehandigt worden.\n\n3\n\nDurch Urteil des Amtsgerichts Eschweiler vom 16. Dezember 1996 ist der\nAngeklagte sodann wegen fahrlassiger Straßenverkehrsgefahrdung infolge\nTrunkenheit zu einer Geldstrafe von 30 Tagessatzen zu je 40 DM und einem\nFahrverbot von 3 Monaten verurteilt worden. Seine Berufung hat die 2. kleine\nStrafkammer des Landgerichts Aachen durch Urteil vom 29. Januar 1999 mit der\nMaßgabe verworfen, daß eine Entschadigung fur Strafverfolgungsmaßnahmen nicht\nstattfindet.\n\n4\n\nDie dagegen gerichtete, form- und fristgerecht eingelegte sowie begrundete\nRevision des Angeklagten, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerugt\nwird, bleibt in der Sache ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).\n\n5\n\n1.\n\n6\n\nSoweit es den Schuldspruch betrifft, deckt die Nachprufung des Urteils in\nsachlich-rechtlicher Hinsicht keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten\nauf.\n\n7\n\nEntgegen seiner Auffassung begegnet es insbesondere keinen Bedenken, daß bei\neinem eingetretenen Schaden von mindestens 1.900,-- DM das Tatbestandsmerkmal\nder Gefahrdung fremder Sachen von bedeutendem Wert gemaß § 315 c Abs. 1 StGB\nals erfullt angesehen worden ist (vgl. dazu Cramer, in: Schonke/Schroder,\nStGB, 25. Aufl., vor § 306 Rdnr. 15; Trondle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 315\nRdnr. 16 m. w. Nachw.), wenngleich die Rechtsprechung zu einer weiteren\nAnhebung des Grenzwertes tendiert (vgl. etwa LG Hamburg DAR 1999, 280). Die\nBeweiswurdigung, die der Schadensfeststellung zugrunde liegt, ist ebenfalls\nrevisionsrechtlich nicht zu beanstanden.\n\n8\n\n2.\n\n9\n\nAls materiell-rechtlich unvollstandig erweisen sich allerdings die\nAusfuhrungen des angefochtenen Urteils zur Begrundung des Strafausspruchs. Im\nHinblick darauf, daß die abgeurteilte Tat bereits am 25. Dezember 1994\nbegangen wurde, hat die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten lediglich den\n"Zeitablauf seit der Tat" berucksichtigt. Das genugt den - letztlich aus\nverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten abzuleitenden - Anforderungen an die\nstrafmildernde Berucksichtigung des Verfahrensganges und dessen Erorterung in\nden Urteilsgrunden nicht. Die Urteilsgrunde lassen nicht erkennen, welche\nGrunde zu der uberaus langen Verfahrensdauer - vor allem zwischen den Urteilen\ndes Amtsgerichts vom 16. Dezember 1996 und dem Berufungsurteil vom 29. Januar\n1999 - gefuhrt haben, insbesondere ob und gegebenenfalls welche\nVerfahrensverzogerungen dem zugrunde liegen und in welchem Umfang das\nLandgericht __ diesen Verzogerungen bei der Strafzumessung im einzelnen hat\nRechnung tragen wollen.\n\n10\n\nKommt es in einem Strafverfahren zu einem außerordentlich langen Abstand\nzwischen Tat und Urteil, so hat der Tatrichter grundsatzlich drei selbstandige\nStrafmilderungsgrunde zu bedenken und zu erortern: (1.) den langen zeitlicher\nAbstand zwischen Tat und Urteil, (2.) etwaige Belastungen des Angeklagten\ndurch die lange Verfahrensdauer und (3.) eine Verletzung des\nBeschleunigungsgebots nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK (vgl. BGH NStZ 1999, 181).\nIn einem solchen Fall, in dem sich die Frage nach erheblichen vermeidbaren\nVerfahrensverzogerungen aufdrangt (vgl. BGH StV 1994, 653), mussen die\nUrteilsgrunde erkennen lassen, daß nicht nur dem Zeitablauf zwischen Tat und\nAburteilung und etwaigen Belastungen daraus Rechnung getragen wurde, sondern\ndaß auch eine dem Rechtsstaatsprinzip zuwiderlaufende Verfahrensverzogerung\nund die daraus resultierende uberlange Verfahrensdauer als weiterer\neigenstandiger Strafmilderungsgrund (BGH StV 1994, 652 m. w. Nachw.) in\nErwagung gezogen und ggfs. berucksichtigt wurde. Dabei genugt es nicht, daß \\-\nnach der gebotenen Aufklarung des Verfahrensganges (vgl. BGH StV 1994, 652;\nBGH StV 1997, 408) - dem Zeitablauf zwischen Tat und Aburteilung Rechnung\ngetragen und diesem strafmildernde Wirkung beigemessen wird (BGH StV 1993,\n638; BGH StV 1994, 653). Vielmehr bedarf es einer ausdrucklichen Feststellung\nder Verletzung des Beschleunigungsgebots und des Ausmaßes der Berucksichtigung\ndieses Umstandes (BVerfG NJW 1993, 3254, 3255 = StV 1993, 352; BVerfG NJW\n1995, 1277, 1278; BGH NJW 1990, 56; BGH StV 1997, 408). In den Urteilsgrunden\nist der Umfang der deshalb gebotenen Strafmilderung exakt (zahlenmaßig) zu\nbestimmen (BVerfG NJW 1993, 3254, 3255 = StV 1993, 352; BVerfG NJW 1995, 1277;\nBVerfG NStZ 1997, 591; BGHSt 40, 374, 377 = NJW 1995, 1166, 1167; BGH StV\n1994, 652 u. 653; BGH StV 1997, 408; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO, 44. Aufl.,\nArt. 6 MRK Rdnr. 9 m. w. Nachw.).\n\n11\n\nDer Senat kann allerdings aufgrund des Gesamtinhalts des angefochtenen Urteils\nausschließen, daß der Mangel der tatrichterlichen Strafzumessung im Ergebnis\nAuswirkungen auf den Rechtsfolgenausspruch gehabt hat. Denn selbst wenn es in\nder Zeit nach der Senatsentscheidung vom 31. August 1995 zu erheblichen\nVerfahrensverzogerungen gekommen sein sollte, kame eine geringere Strafe oder\ngar eine Verfahrenseinstellung gemaß § 153 Abs. 2 StPO (vgl. dazu BGH NStZ\n1990, 94 = wistra 1990, 65) ersichtlich nicht in Betracht. Bei der\nursprunglichen Festsetzung der Geldstrafe von 30 Tagessatzen im Urteil des\nAmtsgerichts Eschweiler vom 18. Mai 1995 ist davon ausgegangen worden, daß der\nAngeklagte sich (nur) einer fahrlassigen Trunkenheit im Verkehr gemaß § 316\nStGB schuldig gemacht habe. Als danach in den spateren tatrichterlichen\nErkenntnissen festgestellt wurde, daß der mit hoherer Strafdrohung versehene\nTatbestand der fahrlassigen Straßenverkehrsgefahrdung gemaß § 315 c StGB\nerfullt worden ist, mußte es wegen des Verbots der Schlechterstellung (§ 331\nAbs. 1 StPO) trotz des im Schuldspruch ausgewiesenen erhohten Unrechtsgehalts\nder Tat dabei verbleiben. Zutreffend hat das Berufungsgericht im angefochtenen\nUrteil darauf verwiesen, daß "gewohnlich fur Straßenverkehrsgefahrdungen\ndieser Art hohere Geldstrafen verhangt werden". Bei einer nicht durch § 331\nAbs. 1 StPO gebundenen Strafzumessung innerhalb des durch § 315 c Abs. 3 StGB\neroffneten Strafrahmens ware eine deutlich hohere Strafe zu verhangen gewesen.\nDaran, daß die tatsachlich erkannte Strafe weit unterhalb des Rahmens\ntatangemessener Sanktionierung liegt, andert sich auch nichts dadurch, daß\nneben die Geldstrafe - anstelle der Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB - ein\nFahrverbot von 3 Monaten getreten ist. Diese Nebenstrafe war bereits bei ihrer\nFestsetzung durch Anrechnung der vorlaufigen Entziehung der Fahrerlaubnis\ngemaß § 51 Abs. 5 StGB abgegolten. Unter diesen Umstanden wurde eine\nVerfahrensverzogerung in dem Umfang, wie sie hier nach der Revisionsbegrundung\nin Betracht kommt, eine weitere Strafmilderung nicht rechtfertigen konnen.\n\n12\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.\n\n
307,206
olgk-1999-06-29-22-u-24998
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
22 U 249/98
1999-06-29
2019-03-12 21:48:21
2019-03-27 09:52:56
Urteil
ECLI:DE:OLGK:1999:0629.22U249.98.00
## Tenor\n\nDie Berufung der Klagerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 1.10.1998\n- 7 0 182/98 - wird zuruckgewiesen.\n\nDie Kosten des Berufungsverfahrens tragt die Klagerin.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\nDer Klagerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in\nHohe von 40.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der\nVollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\nDie jeweiligen Sicherheiten konnen auch durch selbstschuldnerische Burgschaft\neiner deutschen Großbank oder offentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht\nwerden.\n\n \n1\n\nT A T B E S T A N D\n\n2\n\nDie Klagerin beauftragte im Jahre 1991 die Beklagte mit der Ausfuhrung von\nEstricharbeiten an der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik\nDeutschland in Bonn.\n\n3\n\nDas Auftragsvolumen lag bei ca. 1,7 Mio. DM. Den Vertragsbeziehungen der\nParteien lag die VOB/B zugrunde. Bei der Abwicklung des Auftrags kam es zu\nSchwierigkeiten und Differenzen. Die Parteien streiten im einzelnen daruber,\nob Grund hierfur fehlerhafte und verzogerliche Arbeit der Beklagten war, oder\nob der Ablauf der Arbeiten durch Änderungen in der geplanten Bauausfuhrung\nerschwert und verzogert wurde. Nachdem die Klagerin der Beklagten unter\nFristsetzung zur Beseitigung bestimmter Mangel die Auftragsentziehung\nangedroht hatte, kundigte sie mit Schreiben vom 27.11.1991 den mit der\nBeklagten geschlossenen Vertrag.\n\n4\n\nMit Antragsschrift vom 3.12.1991 leitete die Klagerin bei dem Landgericht Bonn\nein selbstandiges Beweisverfahren gegen die Beklagte ein (15 OH 8/91 LG Bonn),\nin dem der Sachverstandige Professor Dr. G. unter dem 17.3.1992 ein\nschriftliches Gutachten und unter dem 5.6.1993 ein Eranzungsgutachten\nerstellte. Am 19.11.1993 fand eine Anhorung des Sachverstandigen statt.\n\n5\n\nAm 13.1.1992 erfolgte, nachdem die Beklagte eine Schlußabnahme ihrer Arbeiten\nverlangt hatte, eine Begehung der Baustelle, von der die Bereiche, die\nGegenstand des selbstandigen Beweisverfahrens waren, ausgenommen waren. Die\nKlagerin verweigerte im Hinblick auf Mangel die Abnahme und lehnte die von der\nBeklagten angebotene Beseitigung der Mangel mit Hinweis auf den Entzug des\nGesamtauftrags ab (vgl. Vermerk der Bundesbaudirektion vom 15.1.1992, Bl. 94\nf. d.A.).\n\n6\n\nMit Schriftsatz vom 23.3.1994 beantragte die Klagerin, die im selbststandigen\nBeweisverfahren ergangenen Beweisbeschlusse bezuglich weiterer Beweisfragen zu\nerganzen und das Verfahren auf die Firma D. GmbH u. Co. KG zu erstrecken, die\ndie Durchfuhrung der restlichen Arbeiten, insbesondere die Aufbringung des\nMagnesiaestrichs sowie die Nachbesserung von Arbeiten der Beklagten ubernommen\nhatte. Nach Eintragung der Sache als neues selbstandiges Beweisverfahren - 15\nOH 5/94 LG Bonn - ordnete das Landgericht Bonn die beantragten\nBeweiserhebungen an. Unter dem 18.1.1995 erstattete der Sachverstandige\nProfessor Dr. G. hierzu sein Gutachten.\n\n7\n\nMit Schreiben vom 17.3.1995 forderte die Klagerin die Beklagte unter\nVerrechnung einer Restforderung der Beklagten in Hohe von 356.321,21 DM auf,\nan sie Sanierungskosten in Hohe von 1.347.585,46 DM zu zahlen. Nachdem die\nBeklagte mehrmals um Fristverlangerung zur Prufung gebeten hatte, ist unter\ndem 12.12.1996 auf Antrag der Klagerin uber die Forderung ein Mahnbescheid\nergangen, der der Beklagten am 17.12.1996 zugestellt worden ist.\n\n8\n\nWegen der Einzelheiten der von der Klagerin geltend gemachten Betrage wird auf\ndas Vorbringen der Klagerin insbesondere in der Klageschrift und ihrem\nSchreiben vom 17.3.1995 Bezug genommen. Die von der Beklagten erhobene Einrede\nder Verjahrung hat die Klagerin fur unberechtigt gehalten. Sie hat die\nAuffassung vertreten, die Verjahrung sei wahrend der Dauer der von der\nBeklagten erbetenen Prufungszeit gehemmt gewesen.\n\n9\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n10\n\n1.\n\n11\n\ndie Beklagte zu verurteilen, an die Klagerin 1.346.030,54 DM nebst folgenden\nJahreszinsen zu zahlen:\n\n12\n\n7,25 % fur die Zeit vom 19.04.1995\n\n13\n\nbis 09.05.1995 (21 Tage) = 5.614,61 DM,\n\n14\n\n7,00 % fur die Zeit vom 10.05.1995\n\n15\n\nbis 31.05.1995 (22 Tage) = 5.679,14 DM,\n\n16\n\n6,75 % fur die Zeit vom 01.06.1995\n\n17\n\nbis 06.08.1995 (67 Tage) = 16.677,87 DM,\n\n18\n\n6,50 % fur die Zeit vom 07.08.1995\n\n19\n\nbis 30.01.1996 (177 Tage) = 42.427,62 DM,\n\n20\n\n6,25 % fur die Zeit vom 31.01.1996\n\n21\n\nbis 14.04.1996 (75 Tage) = 17.286,35 DM,\n\n22\n\n5,75 % fur die Zeit vom 15.04.1996\n\n23\n\nbis 30.10.1996 (199 Tage) = 42.197,14 DM,\n\n24\n\n5,00 % fur die Zeit vom 31.10.1996\n\n25\n\nbis 16.12.1996 (47 Tage) = 8.666,22 DM,\n\n26\n\n5,00 % fur die Zeit vom 17.12.1996\n\n27\n\nbis 29.01.1997 (44 Tage) = 8.113,06 DM,\n\n28\n\n4,00 % fur die Zeit vom 30.01.1997\n\n29\n\nbis 17.04.1997 (78 Tage) = 11.505,80 DM,\n\n30\n\n4,60 % fur die Zeit seit 18.04.1997,\n\n31\n\n2.\n\n32\n\ndie Beklagte zu verurteilen, an die Klagerin folgende Zinseszinsen zu zahlen:\n\n33\n\n5,00 % aus 138.548,95 DM fur die Zeit vom 17.12.1996 bis 29.01.1997,\n\n34\n\n4,00 % aus 138.548,95 DM fur die Zeit vom 30.01.1997 bis 17.04.1997,\n\n35\n\n4,60 % aus 138.548,95 DM seit 18.04.1997 bis zur Zustellung der\nAnspruchsbegrundung\n\n36\n\nund\n\n37\n\n4,60 % ab Zustellung der Anspruchsbegrundung aus dem zu diesem Zeitpunkt\naufgelaufenen Zinsbetrag.\n\n38\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n39\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n40\n\nDie Beklagte hat vorgetragen, sie habe nicht fehlerhaft gearbeitet. Die\nKlagerin habe ihr auch das Recht auf Nachbesserung nicht entziehen durfen. Sie\nhat sich zudem auf die Einrede der Verjahrung berufen.\n\n41\n\nDurch Urteil vom 1.10.1998 - 7 0 182/98 - LG Bonn, auf das wegen samtlicher\nEinzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage mit der\nBegrundung abgewiesen, die geltend gemachten Forderungen seien insgesamt gemaß\n§ 13 Nr. 4 VOB/B verjahrt.\n\n42\n\nGegen dieses ihr am 12.10.1998 zugestellte Urteil hat die Klagerin am\n9.11.1998 Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Verlangerung der\nBerufungsbegrundungsfrist am 11.1.1999 begrundet hat.\n\n43\n\nDie Klagerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist\ninsbesondere der Auffassung, ihre Forderungen seien nicht verjahrt. Eine\nAbnahme als Voraussetzung fur den Lauf der Verjahrungsfrist sei nicht erfolgt.\nJedenfalls sei Unterbrechung der Verjahrung durch die Einleitung des\nselbstandigen Beweisverfahrens eingetreten. Sodann sei die Verjahrung nach §\n639 II BGB gehemmt gewesen, da die Beklagte mehrfach, erstmals mit Schreiben\nvom 20.3.1995, um Fristverlangerung zur sachverstandigen Prufung und\nStellungnahme gebeten und die Klagerin sich hiermit einverstanden erklart\nhabe. Jedenfalls sei unter diesen Umstanden der Beklagten die Berufung auf die\nVerjahrung nach Treu und Glauben gemaß § 242 BGB verwehrt. Auch hinsichtlich\nder Mangel, die Gegenstand des zweiten Beweisverfahrens gewesen seien, sei\nVerjahrung nicht eingetreten, da es sich nicht um neue Mangel, sondern um\nweitere Mangelerscheinungen hinsichtlich der Mangel gehandelt habe, die\nbereits Gegenstand des ersten Beweisverfahrens gewesen seien.\n\n44\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n45\n\ndie angefochtene Entscheidung abzuandern und nach den Schlußantragen der\nKlagerin in erster Instanz zu erkennen,\n\n46\n\nim Unterliegensfalle der Klagerin nachzulassen, eine mogliche\nSicherheitsleistung auch durch Beibringung einer Bankburgschaft der Deutschen\nBundesbank zu erbringen.\n\n47\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n48\n\ndie Berufung zuruckzuweisen,\n\n49\n\nim Falle der Verurteilung der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung\ndurch Sicherheitsleistung auch durch Burgschaft einer deutschen Sparkasse oder\nGroßbank abwenden zu konnen.\n\n50\n\nAuch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.\nSie meint, insbesondere eine Hemmung der Verjahrung sei nicht eingetreten, da\ndie Klagerin sich mit einer Prufung der Gewahrleistungsanspruche durch sie\nnicht einverstanden erklart habe.\n\n51\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den\nvorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsatze und\neingereichten Unterlagen Bezug genommen. Die Akten der Verfahren 15 OH 8/91\nund 15 OH 5/94 LG Bonn sind Gegenstand der mundlichen Verhandlung gewesen.\n\n52\n\nE N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E\n\n53\n\nDie form- und fristgerecht eingelegte und auch im ubrigen zulassige Berufung\nder Klagerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts\nentspricht der Sach- und Rechtslage, das Berufungsvorbringen der Klagerin\nrechtfertigt keine andere Beurteilung.\n\n54\n\nI.\n\n55\n\nDie geltend gemachten Gewahrleistungsanspruche stehen der Klagerin nicht zu,\nda diese gemaß § 13 Nr. 4 VOB/B verjahrt sind.\n\n56\n\n1.\n\n57\n\nDer Lauf der zweijahrigen Verjahrungsfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B ist\nhinsichtlich samtlicher Gewahrleistungsanspruche der Klagerin am 13.1.1992 in\nGang gesetzt worden.\n\n58\n\nDie Klagerin hat an diesem Tage die Abnahme der Arbeiten der Beklagten\nendgultig verweigert. Die Endgultigkeit der Abnahmeverweigerung ergibt sich\ninsbesondere aus der Ablehnung der von der Beklagten angebotenen\nMangelbeseitigung mit Hinweis auf den Entzug des Gesamtauftrages. Hieraus\nergibt sich gleichzeitig, daß sich die Abnahmeverweigerung ebenso wie die\nAblehnung der Beseitigung der Mangel durch die Beklagte auf samtliche in\nZusammenhang mit dem Gesamtauftrag durchgefuhrten Arbeiten der Beklagten\nbezog.\n\n59\n\nFur den Verjahrungsbeginn steht der Abnahme deren endgultige Verweigerung\ngleich (BGH NJW-RR 1998, 1027; Palandt-Sprau BGB, 58. Aufl., § 638 Rn 1).\n\n60\n\n2.\n\n61\n\nDurch das Beweissicherungsverfahren 15 OH 8/91 LG Bonn ist gemaß §§ 477 II,\n639 I BGB, die auch fur Bauvertrage, die der VOB unterstellt sind, gelten\n(vgl. Palandt-Sprau a.a.O. § 639 Rn 7 m.w.N.), Unterbrechung der Verjahrung\nhinsichtlich der in diesem Verfahren geltend gemachten Mangel eingetreten, die\nmit der Anhorung des Sachverstandigen am 19.11.1993 endete. Ab dem 20.11.1993\nbegann die Verjahrungsfrist erneut zu laufen; sie war aber vor Beantragung des\nMahnbescheids im Dezember 1996 abgelaufen.\n\n62\n\na)\n\n63\n\nDie Verjahrung war nicht, jedenfalls nicht hinreichend lang, nach § 639 II BGB\ndurch eine einverstandliche Prufung des Vorhandenseins des Mangels durch die\nBeklagte gehemmt. Eine Hemmung der Verjahrung ist auch nicht durch ein sog.\nStillhalteabkommen - pactum de non petendo - nach § 202 I BGB gehemmt gewesen.\nDie Klagerin war namlich jedenfalls nach dem 22.8.1995 mit einer Prufung des\nMangels nicht (mehr) einverstanden gemaß § 639 II BGB. Auch eine Berechtigung\nder Beklagten zur Verweigerung der Leistung uber diesen Zeitpunkt hinaus\naufgrund einer entsprechenden, auch nur konkludenten Vereinbarung zwischen den\nParteien ist nicht erkennbar.\n\n64\n\naa)\n\n65\n\nEine etwaige Hemmung der Verjahrung begann auch unter Zugrundelegung des\nVorbringens der Klagerin fruhestens mit dem Schreiben der Beklagten vom\n20.3.1995 (Bl. 130 d.A.), in dem die Beklagte Fristverlangerung bis zum\n18.5.1995 erbeten hatte. Sie endete spatestens mit der durch Schreiben der\nKlagerin vom 24.7.1995 gesetzten letzten Frist zur Zahlung zum 22.8.1995. Mit\ndiesem Schreiben hatte die Klagerin namlich mitgeteilt, ein funfmonatiger\nPrufungszeitraum sei mehr als ausreichend, so daß die im Schreiben vom\n12.4.1995 avisierte Frist gegenstandslos sei. Hierdurch hatte die Klagerin\ndeutlich gemacht, daß sie mit einer langeren Prufung durch die Beklagte als\nbis zum 22.8.1995 nicht einverstanden war und zu diesem Zeitpunkt endgultig\nZahlung erwartete. Die mangelnde Reaktion der Klagerin auf das Schreiben der\nBeklagten vom 10.8.1995, mit dem diese erklarte, funf Monate reichten zur\nPrufung nicht, eine Stellungnahme sei in keinem Fall vor Jahresfrist moglich,\nkonnte die Beklagte insbesondere angesichts des Inhalts des Schreibens der\nKlagerin vom 24.7.1995 keinesfalls als konkludentes Einverstandnis der\nKlagerin mit einer weiteren Prufung auffassen, sie mußte vielmehr ab dem\n22.8.1995 mit der Erhebung der Klage durch die Klagerin rechnen.\n\n66\n\nEine Einigung uber die weitere Prufung der Mangel durch die Beklagte oder ein\nStillhalten der Klagerin uber den 22.8.1995 hinaus ist auch nicht nach § 151\nBGB zustandegekommen. Nach den gesamten, dem Schreiben der Beklagten vom\n10.8.1995 vorausgegangenen Umstanden, insbesondere unter Berucksichtigung der\nTatsache, daß die Klagerin auf die fruheren Schreiben der Beklagten stets\ngeantwortet hatte und nach ihrem Schreiben vom 24.7.1995 mit einem weiteren\nStillhalten nicht gerechnet werden konnte, ware eine Antwort der Klagerin\ngerade zu erwarten gewesen, wenn sie denn entgegen ihrer bisherigen klaren\nHaltung mit einer weiteren Prufung durch die Beklagte einverstanden gewesen\nware.\n\n67\n\nDaß die Klagerin tatsachlich mit der Beantragung des Mahnbescheids mehr als\nein weiteres Jahr zuwartete, ist unerheblich. Entscheidend ist, wie die\nBeklagte das Schweigen der Klagerin auf ihr Schreiben vom 10.8.1995 verstehen\ndurfte und mußte.\n\n68\n\nbb)\n\n69\n\nOb eine Hemmung der Verjahrung jedenfalls vom 20.3.1995 bis zum 22.8.1995\neingetreten war, kann dahinstehen. Bis zum 20.3.1995 waren namlich seit Beginn\ndes Laufs der Verjahrungsfrist bereits 1 Jahr und 4 Monate der\nVerjahrungsfrist verstrichen. Spatestens ab Anfang September 1995 lief die\nVerjahrungsfrist weiter, so daß sie spatestens Ende April 1996 abgelaufen war.\n\n70\n\nDie weiteren Verhandlungen zwischen den Parteien ab Juli 1996 konnten daher\neine Hemmung der Verjahrung nicht mehr bewirken.\n\n71\n\nb)\n\n72\n\nDie Berufung der Beklagten auf den Ablauf der Verjahrungsfrist ist der\nBeklagten auch nicht nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt\nwiderspruchlichen Verhaltens gemaß § 242 BGB verwehrt.\n\n73\n\nDie Beklagte hat durch ihr Verhalten die Klagerin nicht von der rechtzeitigen\nErhebung der Klage oder der sonstigen Unterbrechung der Verjahrung abgehalten.\nDie Klagerin hat selbst durch ihr Verhalten, insbesondere durch ihr Schreiben\nvom 24.7.1995 und ihr Schweigen auf das Schreiben der Beklagten vom 10.8.1995\neindeutig zu verstehen gegeben, daß sie eine weitere Verzogerung durch die\nBeklagte nicht hinnehmen werde. Aus welchem Grunde die Klagerin dennoch durch\ndas Schreiben der Beklagten vom 10.8.1995 von der rechtzeitigen Unterbrechung\nder Verjahrung etwa durch Klageerhebung abgehalten worden sein soll, ist nicht\nerkennbar. Widerspruchlich ist nicht das Verhalten der Beklagten, sondern das\nder Klagerin, die einerseits die erbetene Fristverlangerung nicht gewahrt hat,\nsich andererseits nun auf eben diese Bitte der Beklagten berufen will.\n\n74\n\n2.\n\n75\n\nAuch Gewahrleistungsanspruche der Klagerin aus Mangeln, die Gegenstand des\nselbstandigen Beweisverfahrens 15 OH 5/94 LG Bonn waren, bestehen nicht.\n\n76\n\na)\n\n77\n\nDiese Anspruche sind verjahrt, und zwar ohne daß es auf die Hemmung der\nVerjahrung aufgrund der von den Parteien ab Marz 1995 gewechselten Schreiben\nankame.\n\n78\n\nBei Einleitung dieses selbstandigen Beweisverfahrens im Marz 1994 war\nhinsichtlich der dort geltend gemachten Mangel bereits Verjahrung eingetreten.\n\n79\n\nEine Unterbrechung der Verjahrung ist hinsichtlich dieser Mangel nicht bereits\ndurch die Einleitung des ersten Beweisverfahrens 15 OH 8/91 LG Bonn\neingetreten.\n\n80\n\nNach der sog. Symptomrechtsprechung (vgl. BGH NJW-RR 1989, 148 f. und 667 f.)\ngelten fur die Mangelrugen nach § 13 Nr. 5 VOB/B und die Unterbrechung der\nVerjahrung durch ein selbstandiges Beweisverfahren die gleichen Grundsatze.\nMit der Beschreibung des Mangels durch den Antragsteller sind, gleichgultig,\nwelche Ursachen er fur den Mangel vermutet, samtliche tatsachlichen Ursachen\nerfaßt; die Unterbrechung der Verjahrung ist auch nicht auf die Stellen\nbeschrankt, an denen der Mangel zunachst aufgetreten ist.\n\n81\n\nUnter Berucksichtigung dieser Grundsatze handelte es sich bei den in den\nbeiden selbstandigen Beweisverfahren gerugten Mangeln nicht um identische\nMangel.\n\n82\n\naa)\n\n83\n\nSowohl die im Beweisverfahren 15 OH 5/94 LG Bonn in der Beweisfrage Ziffer 1)\ngenannten Risse im Estrich als auch der in der Beweisfrage Ziffer 2) genannte\nAbrieb des Estrichs beruhten nicht auf fehlenden Dehnungsfugen im\nZementestrich, sondern, wie der Sachverstandige Professor Dr. G. in seinem\nGutachten ausgefuhrt hat, einerseits auf einem mangelnden Haftverbund des\nEstrichs zum Rohbetonboden, andererseits auf einem Verarbeitungsfehler (vgl.\nBl. 45, 46 f. d.A. 15 OH 5/94 LG Bonn). Die im Beweissicherungsverfahren 15 OH\n8/91 LG Bonn gerugten Risse beruhten demgegenuber samtlich auf einer fehlenden\nAnbringung von Dehnungsfugen. Dementsprechend hat der Sachverstandige auch im\nBeweisverfahren 15 OH 5/94 LG Bonn die Anbringung von Dehnungsfugen in den\nRaumen 0900, 0700 und 0500, die Gegenstand der Beweisfrage 1) waren, nicht fur\nerforderlich gehalten.\n\n84\n\nSteht fest, daß die im Verfahren 15 OH 8/91 Landgericht Bonn gerugten Risse\nsamtlich auf einem Mangel in Form fehlender Dehnungsfugen beruhen, wahrend die\nim Verfahren 15 OH 5/94 Landgericht Bonn gerugten Risse ihre Ursache in\nmangelhafter Haftung des Estrichs auf dem Untergrund hatten, handelt es sich\ntrotz gleicher Symptome um verschiedene Mangel.\n\n85\n\nbb)\n\n86\n\nMangel der Estrichrander, wie sie Gegenstand des Beweisverfahrens 15 OH 8/91\nLG Bonn waren, waren nicht Inhalt des Antrags der Klagerin und des\nentsprechenden Beschlusses uber die Beweiserhebung im Verfahren 15 OH 5/94 LG\nBonn. Hinsichtlich der Beweisfrage Ziffer 4), die dunkle Verfarbungen bzw.\nVerbluhungen in den Randbereichen betraf, hat der Sachverstandige einen Mangel\nnicht festgestellt. Soweit er in seinem Gutachten zur mangelhaften Ausfuhrung\nder Randfugen Stellung genommen hat, war dies nicht Gegenstand der\nBeweiserhebung. Die Beweisfrage, in deren Rahmen er hierzu Stellung genommen\nhat, bezog sich nur auf die Mangelerscheinungen gemaß Ziffer 1) bis 4) des\nBeschlusses uber die Beweisanordnung.\n\n87\n\ncc)\n\n88\n\nAuch bei den - nach dem Vorbringen der Klagerin im Umfang von 20 % der\nGesamtrisse vorhandenen - Rissen im Magnesiaestrich, der durch die Firma D.\naufgebracht worden war, handelte es sich um einen neuen Mangel. Dies ergibt\nsich schon daraus, daß dieser Magnesiaestrich im Zeitpunkt des ersten\nBeweisverfahrens noch gar nicht aufgebracht war.\n\n89\n\nb)\n\n90\n\nAbgesehen davon bestehen hinsichtlich der Risse im Magnesiaestrich aber auch\nkeine Gewahrleistungsanspruche der Klagerin gegen die Beklagte. Nach den\nFeststellungen des Sachverstandigen muß davon ausgegangen werden, daß\njedenfalls eine Vielzahl der Risse bereits vor der Aufbringung des\nMagnesiaestrichs vorhanden war und durch die Firma D. offenbar nicht\ngeschlossen worden sind. Dies war aber Aufgabe der Firma D., die die zunachst\nder Klagerin ubertragenen Arbeiten fertigzustellen und daher vor Durchfuhrung\nihrer Arbeiten fur einen ordnungsgemaßen Untergrund Sorge zu tragen hatte.\nKonnten sich im ubrigen fehlende Dehnungsfugen im Zementestrich auf den\nMagnesiaestrich auswirken, hatte die Firma D. auch diese selbst anbringen oder\njedenfalls bei der Klagerin auf deren Anbringung hinwirken mussen. Allenfalls\nzusatzliche Kosten, die der Klagerin hierdurch entstanden waren, konnte die\nKlagerin von der Beklagten ersetzt verlangen, nicht jedoch Kosten der\nBeseitigung von Mangeln, die die Firma D. durch unsachgemaßes Aufbringen des\nMagnesiaestrichs verursacht hat. Daß der Klagerin insoweit zusatzliche Kosten\nentstanden sind ober bei ordnungsgemaßer Arbeit der Firma D. entstanden waren,\nist nicht ersichtlich.\n\n91\n\nII.\n\n92\n\nDie prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.\n\n93\n\nStreitwert fur das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer fur die\nKlagerin: 1.346.030,54 DM\n\n
307,281
vg-munster-1999-06-18-7-k-268595
846
Verwaltungsgericht Münster
vg-munster
Münster
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
7 K 2685/95
1999-06-18
2019-03-12 21:50:55
2019-03-27 09:52:46
Urteil
ECLI:DE:VGMS:1999:0618.7K2685.95.00
## Tenor\n\nDer Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 1995 und der Widerspruchsbescheid vom\n10. August 1995 werden aufgehoben.\n\nDie Kosten des Verfahrens tragt der Beklagte.\n\nDas Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorlaufig vollstreckbar.\nDer Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe des zu\nvollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht zuvor die Klagerin Sicherheit\nin derselben Hohe leistet.\n\n \n1\n\nT a t b e s t a n d:\n\n2\n\nDie Klagerin ist Eigentumerin des Grundstucks B. Straße 00 in S. -P. . Von\nhier betreibt sie einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Entwasserung\ndes Grundstucks erfolgt mittels einer Kleinklaranlage. Die anfallenden\nKlarschlamme entsorgt die Klagerin in dem landwirtschaftlichen Betrieb. Der\nKlagerin ist die Verpflichtung auferlegt, die auf ihrem Grundstuck anfallenden\nhauslichen Abwasser ordnungsgemaß zu beseitigen (§ 53 Abs. 4\nLandeswassergesetz). Die Gemeinde S1. ist entsprechend von ihrer Verpflichtung\nzur Abwasserbeseitigung freigestellt.\n\n3\n\nIm Rahmen der Verpflichtung der Gemeinde zur Überwachung der Kleinklaranlagen\ngemaß § 53 Abs. 4 LWG ließ der Beklagte eine Überprufung der Kleinklaranlagen\nim Gemeindegebiet durch das Ing.-Buro H. , M. , durchfuhren. Die Untersuchung\ndes klagerischen Grundstucks erfolgte ausweislich des Prufungsbogens "Aufnahme\nvon Kleinklaranlagen im Kreisgebiet Coesfeld" am 28. Juni 1994. Auf die\nnaheren Angaben in diesem Überprufungsbogen (Verwaltungsvorgange Blatt 49 f.)\nwird Bezug genommen.\n\n4\n\nGemaß § 2 der Satzung uber die Entsorgung von Grundstucksentwasserungsanlagen\nin der Gemeinde S1. vom 20. Dezember 1988 sind von der gemeindlichen\nEntsorgung im Rahmen der Satzung ausgeschlossen diejenigen\nGrundstucksentwasserungsanlagen, fur die die Gemeinde in Anwendung der\nBestimmung des § 53 Abs. 3 (heute Abs. 4) LWG von der Entsorgung freigestellt\nist. Gemaß § 10 Abs. 1 der Satzung in der Fassung der 3. Änderungssatzung zur\nSatzung uber die Entsorgung von\n\n5\n\nGrundstucksentwasserungsanlagen in der Gemeinde S1. vom 20. Dezember 1993 - ES\n- erhebt die Gemeinde S1. als Gegenleistung fur die Überprufung der\nGrundstucksentwasserungsanlagen Benutzungsgebuhren. Gemaß § 10 Abs. 4 ES wird\nfur die Überprufung der Grundstucksentwasserungsanlagen eine\nÜberprufungsgebuhr erhoben. Die Benutzungsgebuhr fur die Überprufung der\nKleinklaranlage betragt gemaß § 11 ES in der Fassung der 4. Änderungssatzung\nvom 4. Mai 1994 90 DM.\n\n6\n\nDurch Gebuhrenbescheid vom 16. Mai 1995 zog der Beklagte die Klagerin zu einer\nBenutzungsgebuhr fur die Überprufung der Kleinklaranlage in Hohe von 90 DM\nheran. Die Klagerin legte Widerspruch ein im wesentlichen mit der Begrundung,\nes fehle an einer Rechtsgrundlage fur die Erhebung einer Benutzungs- oder\nVerwaltungsgebuhr.\n\n7\n\nNach Zuruckweisung des Widerspruchs hat die Klagerin am 8. September 1995\n(fristgerecht) Klage erhoben. § 10 Abs. 4 der Satzung sei bereits zu\nunbestimmt. Es werde nicht deutlich, um welche Art der Überprufung es sich\nhandele bzw. welchem Zweck sie diene. Daruber hinaus fehle es in der Sache an\nden Voraussetzungen fur die Erhebung einer Benutzungsgebuhr. Die Klagerin habe\ndie gemeindliche Einrichtung "Abwasserbeseitigung" nicht benutzt und die\nGemeinde dementsprechend keine Leistung erbracht, fur die sie eine Gebuhr\nerheben durfe. Gemaß § 53 Abs. 4 LWG sei die Gemeinde S1. von der Pflicht zur\nAbwasserbeseitung bezuglich des klagerischen Grundstucks befreit; diese\nPflicht sei auf die Klagerin als Nutzungsberechtigte ubertragen worden.\n\n8\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n9\n\nden Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 1995 sowie den Widerspruchsbescheid vom\n10. August 1995 aufzuheben.\n\n10\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n11\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n12\n\nDie Überwachung von Grundstucksentwasserungsanlagen sei Teil der gemeindlichen\nAbwasserbeseitigungspflicht, deren konkrete Wahrnehmung durch die Einrichtung\n"Abwasserbeseitung" erfolge. Der jeweilige Anlagenbetreiber benutze im\nrechtlichen Sinne diese gemeindliche Einrichtung und habe demzufolge eine\nBenutzungsgebuhr zu entrichten. Daß die Benutzung durch den Anlagenbetreiber\nnicht willentlich erfolge, sei unerheblich. Sie habe ihren Ausgangspunkt\nnamlich in der gesetzlichen Aufgabenzuweisung und dem Vorhandensein einer\nuberwachungspflichtigen Grundstucksentwasserungsanlage. Die Notwendigkeit\neiner sachgerechten Zuordnung der Kosten zu einzelnen exakt bestimmbaren\nBenutzergruppen verbiete es, die Kosten fur die Überprufung in ein\nGesamtleistungspaket einzubringen und damit den Gesamtnutzerkreis zu belasten.\n\n13\n\nHinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf\nden Inhalt der Verwaltungsvorgange sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.\n\n14\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n15\n\nDie Klage ist zulassig und begrundet.\n\n16\n\nDie angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klagerin in\nihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Den Bescheiden fehlt eine gultige\nRechtsgrundlage.\n\n17\n\nEs bestehen, was die Regelung bezuglich der "Überprufungsgebuhr" anbelangt,\nbereits Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 10 Abs. 1 und Abs. 4 der Satzung\nuber die Entsorgung von Grundstucksentwasserungsanlagen in der Gemeinde S1. in\nder Fassung der 3. Änderung vom 20. Dezember 1993 - ES - unter dem\nGesichtspunkt der notwendigen hinreichenden Bestimmtheit. Gemaß § 2 Abs. 1\nSatz 2 KAG muß die Abgabensatzung u.a. den die Abgabe begrundenden Tatbestand\nangeben. Insoweit heißt es in der genannten Satzungsbestimmung lediglich, dass\n"fur die Überprufung der Grundstucksentwasserungsanlage" eine Gebuhr erhoben\nwird. Dabei bleibt unklar, welcher Art diese Überprufung sein soll, aus\nwelchem Anlaß bzw. zu welchem Zweck und auch wie oft sie etwa stattfinden\nsoll. Ob diese Unklarheit tatsachlich bereits zur Unwirksamkeit der\nSatzungsregelung fuhrt, kann jedoch letztlich dahinstehen.\n\n18\n\nDenn § 10 Abs. 1 und Abs. 4 ES ist jedenfalls deshalb nichtig, weil es fur die\nhierin getroffene Regelung betreffend die Erhebung einer Gebuhr fur die\nÜberprufung von Kleinklaranlagen an der erforderlichen gesetzlichen\nErmachtigung fehlt.\n\n19\n\nDie "Überprufungsgebuhr" kann zunachst nicht als Benutzungsgebuhr (§ 6 KAG)\nerhoben werden.\n\n20\n\nEine Benutzungsgebuhr ist eine Geldleistung, die als Gegenleistung fur die\nInanspruchnahme offentlicher Einrichtungen und Anlagen erhoben wird (§ 4 Abs.\n2 KAG). Der in § 4 Abs. 2 KAG vorausgesetzte Begriff der Inanspruchnahme\noffentlicher Einrichtungen setzt somit zweierlei voraus: einerseits das\nVorliegen einer "offentlichen Einrichtung" und andererseits die\n"Inanspruchnahme" derselben. Eine offentliche Einrichtung ist eine\nZusammenfassung personeller Krafte und sachlicher Mittel in der Hand eines\nTragers offentlicher Verwaltung zur dauernden Wahrnehmung bestimmter Aufgaben\nder offentlichen Verwaltung. Die offentliche Einrichtung Abwasserbeseitigung\ndient dementsprechend dazu, die in dem Gemeindegebiet anfallenden Abwasser von\nden an die Einrichtung angeschlossenen Grundstucken zu ubernehmen und der\nBeseitigung zuzufuhren. Die korrespondierende Leistung der Gemeinde, die der\nBenutzer in Anspruch nimmt und fur die die Benutzungsgebuhr als Gegenleistung\nzu erbringen ist, besteht in der Aufnahme der Abwasser sowie der Übernahme der\nVerantwortung fur deren Weiterleitung und Entsorgung.\n\n21\n\nVgl. OVG NW, Urteil vom 18. Marz 1996 9 A 384/93 -; Driehaus,\nKommunalabgabenrecht, Loseblatt-Kommentar, Stand: Juli 1998, § 4 KAG Rdnrn.\n170 aE, 173.\n\n22\n\nIm vorliegenden Fall fehlt es an beiden Voraussetzungen. Die auf die\nÜberprufung der Kleinklaranlagen abzielende Überwachungstatigkeit der Gemeinde\ngemaß § 53 Abs. 4 Satz 2 LWG ist nicht (mehr) Bestandteil der offentlichen\nEinrichtung Abwasserbeseitigung. Letztere soll nach den vorstehenden\nDarlegungen der Übernahme der Abwasser und ihrer Weiterleitung bis hin zur\nabschließenden Entsorgung dienen. Hieran fehlt es an der schlichten\nÜberwachungstatigkeit der Gemeinde, weil sie nicht auf die Übernahme der\nAbwasser abzielt, sondern im Gegenteil voraussetzt, dass die Abwasser\nsatzungsmaßig von der Entsorgung ausgeschlossen sind. Dementsprechend liegt\nauch keine "Inanspruchnahme" vor, sondern geradezu das Gegenteil hiervon: Die\nKlagerin ist selbst zur Entsorgung der auf ihrem Grundstuck anfallenden\nAbwasser verpflichtet, und die Gemeinde ist dementsprechend freigestellt (§ 53\nAbs. 4 Satz 1 LWG). Eine Inanspruchnahme der offentlichen Einrichtung\nAbwasserbeseitigung liegt mithin bei dem Betreiber einer Kleinklaranlage, der\nzur Entsorgung seiner Abwasser selbst verpflichtet ist, nicht vor.\n\n23\n\nDer Begriff der "offentlichen Einrichtung" laßt sich auch nicht in einem so\nerweiterten Sinne verstehen, wie dies offenbar der Vorstellung des Beklagten\nentspricht. Der Begriff der Einrichtung ist funktional auf die\nAbwasserentsorgung im engeren und eigentlichen oben beschriebenen Sinne\nbezogen. Das heißt, es muß ein Zusammenhang mit der der Gemeinde zufallenden\nVerpflichtung zur Entsorgung erkennbar sein. Dies ist in dem Fall, in dem der\nAnlagenbetreiber selbst zur Entsorgung verpflichtet, die Gemeinde insoweit\naber freigestellt und ihr lediglich die Überwachungspflicht verblieben ist,\nnicht mehr der Fall.\n\n24\n\nOb etwas anderes in den Fallen zu gelten hat, in denen der Gemeinde die\nVerpflichtung zur Entsorgung der Klarschlamme verblieben ist (§ 53 Abs. 1 Satz\n2 LWG), kann hier dahinstehen; der Klagerin ist namlich auch die Verpflichtung\nzum Abfahren und Aufbereiten des anfallenden Schlamms ubertragen.\nDementsprechend bringt sie die Klarschlamme ohne Inanspruchnahme der Gemeinde\nin ihrem landwirtschaftlichen Betrieb auf.\n\n25\n\nErganzend sei noch darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung des VGH Kassel\n\n26\n\nvgl. etwa Beschluß vom 23. Juni 1986 - 5 TH 29/85 -, NVwZ 1986 Seite 949 f.\n\n27\n\nauf den vorliegenden Fall nicht ubertragbar ist. Dieser Rechtsprechung liegen\neine andere Fallgestaltung sowie eine andere Rechtslage in Hessen zugrunde.\n\n28\n\nKann die "Überprufungsgebuhr" nach allem nicht als Benutzungsgebuhr im Sinne\nvon § 6 KAG erhoben werden, so ist aber auch ihre Geltendmachung als\nVerwaltungsgebuhr (§ 5 KAG) ausgeschlossen.\n\n29\n\nDabei kann offen bleiben, ob die hier ausdrucklich als Benutzungsgebuhr\nerhobene Überprufungsgebuhr uberhaupt in eine Verwaltungsgebuhr "umgedeutet"\nwerden konnte. Denn auch in der Sache fehlen die Voraussetzungen fur die\nErhebung einer Verwaltungsgebuhr.\n\n30\n\nVerwaltungsgebuhren durfen gemaß § 5 Abs. 1 KAG nur erhoben werden, wenn die\nLeistung der Verwaltung von dem Beteiligten beantragt worden ist oder wenn sie\nihn unmittelbar begunstigt. Einen Antrag auf Überprufung ihrer Kleinklaranlage\nhat die Klagerin unstreitig nicht gestellt. Es ist auch nicht erkennbar, dass\ndie letztlich offenbar auf Weisung des Oberkreisdirektors des Kreises Coesfeld\nals Unterer Wasserbehorde erfolgte Überprufung ihrer Klaranlage die Klagerin\nunmittelbar begunstigt. Zwar wird ein derartiger Vorteil, der in tatsachlicher\noder rechtlicher Hinsicht bestehen kann, etwa auch dann angenommen, wenn durch\ndie in Rede stehende - nicht gegen den Willen des Betroffenen vorgenommene -\nVerwaltungsleistung eine diesem aufgrund spezieller Rechtsvorschriften\nobliegende offentlich-rechtliche Verpflichtung erfullt wird.\n\n31\n\nVgl. Driehaus, § 5 KAG, Rdnr. 18 a.E.m.w.N. zur Rechtsprechung.\n\n32\n\nVorliegend ist jedoch keine der Klagerin obliegende offentlich-rechtliche\nVerpflichtung erfullt worden. Vielmehr ist die Überwachung ausschließlich\nAufgabe der Gemeinde (§ 53 Abs. 4 Satz 2 LWG), die lediglich die Kosten fur\ndie Wahrnehmung ihrer Überwachungsaufgabe erstattet haben mochte. Es ist aber\nauch nicht erkennbar, welchen Vorteil in tatsachlicher Hinsicht die Klagerin\nvon der "Aufnahme" ihrer Kleinklaranlage gehabt haben sollte. Soweit es sich\nbei der konkret durchgefuhrten Überprufung der Klaranlagen um eine eher\nkatastermaßige Bestandsaufnahme gehandelt haben sollte, ist ein hieraus fur\ndie Klagerin erwachsender Vorteil im oben dargelegten Sinn ohnehin nicht\ndenkbar. Soweit auch der Zustand und die Qualitat der Kleinklaranlage\nbegutachtet worden sind (hierauf deuten die allerdings erst am Ende des\nÜberprufungsbogens aufgefuhrten Kriterien hin), ist aber ebenfalls nicht\nersichtlich, weshalb sich hieraus eine spezifische Begunstigung der Klagerin\nergeben sollte. Die Überprufung ist namlich satzungsmaßig nicht so\nausgestaltet, dass ihr Ergebnis fur die Klagerin unmittelbar verwertbar ware.\n\n33\n\nDer Vollstandigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es sich in der Sache\nnach um einen offentlich-rechtlichen Kostenersatz - bzw.\nKostenerstattungsanspruch handeln durfte. Hierfur fehlt es indes in Nordrhein-\nWestfalen nach der geltenden Rechtslage an der erforderlichen Rechtsgrundlage.\n\n34\n\nVgl. OVG NW, Urteil vom 14. Marz 1997 - 22 A 1438/96 -, NVwZ-RR 1998, Seite\n198 f. zu Abwasseruntersuchungen im Rahmen eines bestehenden\nKanalbenutzungsverhaltnisses.\n\n35\n\nFur einen allgemeinen offentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch fehlt es\nschließlich bereits an einem messbaren Vorteil der Klagerin ("etwas erlangt"),\nden der Beklagte erstattet verlangen konnte.\n\n36\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.\n\n
307,306
olgk-1999-06-15-22-u-1599
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
22 U 15/99
1999-06-15
2019-03-12 21:51:38
2019-03-27 09:52:42
Urteil
ECLI:DE:OLGK:1999:0615.22U15.99.00
## Tenor\n\n \n1\n\nE N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E\n\n2\n\nDie form- und fristgerecht eingelegte und auch im ubrigen zulassige Berufung\ndes Klagers hat hinsichtlich der in der Hauptsache gestellten Klageantrage\nErfolg.\n\n3\n\nI.\n\n4\n\nDer Klager kann vom Beklagten Wandlung des Kaufvertrages gemaß §§ 459, 462,\n463, 476 BGB verlangen. Er hat daher einen Anspruch auf Ruckzahlung des\nKaufpreises in Hohe von 35.500,- DM abzuglich der gezogenen Gebrauchsvorteile\nin Hohe von 6.589,- DM, deretwegen die Parteien den Rechtsstreit in der\nHauptsache fur erledigt erklart haben, insgesamt also auf Zahlung eines\nBetrages in Hohe von 28.911,- DM Zug-um-Zug gegen Ruckgabe des Fahrzeugs.\n\n5\n\nDer Beklagte hat dem Klager einen wesentlichen Mangel des Fahrzeugs, namlich\ndie von der Firma H. an der Karosserie zur Beseitigung der ungleichen\nSpaltmaße durchgefuhrte Reparatur arglistig verschwiegen. Der zwischen den\nParteien vereinbarte Gewahrleistungsausschluß ist daher gemaß § 476 BGB\nunwirksam.\n\n6\n\n1.\n\n7\n\nDas Fahrzeug weist einen wesentlichen Mangel aus. Wie sich aus den Gutachten\nder Sachverstandigen T. und H. ergibt, ist an dem Fahrzeug ein\nReparaturversuch vorgenommen worden, der die durch einen Herstellungsfehler\nbedingten ungleichen Spaltmaße des Fahrzeugs nicht nur nicht beseitigt hat,\nsondern Verbiegungen an der Karosserie, Lack- und Rostschaden verursacht hat.\n\n8\n\n2.\n\n9\n\nDiesen Mangel hatte der Beklagte dem Klager bei den Kaufverhandlungen\noffenbaren mussen.\n\n10\n\na)\n\n11\n\nEs kann dahinstehen, ob bereits die Zusicherung der Unfallfreiheit des\nFahrzeugs durch den Beklagten aufgrund der tatsachlich durchgefuhrten\nReparatur an dem Fahrzeug unrichtig war. Hierfur spricht, daß wesentlicher\nInhalt der Zusicherung der Unfallfreiheit insbesondere die Zusicherung ist,\ndaß an dem Fahrzeug keine wesentlichen Reparaturmaßnahmen, wie\nKarosseriearbeiten, vorgenommen worden sind.\n\n12\n\nJedenfalls hatte der Beklagte den Klager namlich auf die Durchfuhrung der\nArbeiten an der Karosserie hinweisen mussen. Mit einer derartigen Reparatur\nbrauchte der Klager bei einem Jahreswagen, den er uber den VW-\nBelegschaftsverein von dem Beklagten als VW-Betriebsangehorigem, der zudem\nunstreitig Kfz-Meister ist, nicht zu rechnen. Er brauchte vielmehr nur von den\nbei einem Jahreswagen ublichen Verschleißerscheinungen auszugehen. Die\nDurchfuhrung von Karosseriearbeiten an einem solchen Fahrzeug ist ein so\nungewohnlicher Vorgang, daß der Verkaufer hierauf bei Abschluß des\nKaufvertrages hinweisen muß. Unabhangig davon, daß im vorliegenden Fall die\nReparatur durch die Firma H. nicht einmal erfolgreich durchgefuhrt worden ist,\nfuhrt bereits die Tatsache der Durchfuhrung einer Reparatur an der Karosserie\ndazu, daß der Kaufer sich bei einem potentiellen Weiterverkauf des Fahrzeugs\naufgrund der Spuren der Reparatur dem Verdacht ausgesetzt sehen kann, ein\nUnfallfahrzeug veraußern zu wollen oder veraußert zu haben. Laßt namlich ein\npotentieller Abnehmer des Kaufers das Fahrzeug sachkundig untersuchen und\nstellt er die Reparaturspuren fest, wird er, wie dies auch beim Klager und dem\nSachverstandigen T. der Fall war, davon ausgehen, ein Unfallfahrzeug vor sich\nzu haben. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist auch der Verkaufer eines\nFahrzeugs, das einen nur geringfugigen, vollstandig beseitigten Unfallschaden\nhatte, grundsatzlich verpflichtet, auf den Schaden und dessen Beseitigung\nhinzuweisen. Unter diesem Gesichtspunkt kann es keinen Unterschied machen, ob\ndie Reparatur - wie hier - aufgrund eines Fertigungsfehlers oder aufgrund\neines Unfalls erforderlich war.\n\n13\n\nEs genugt daher bereits, daß dem Beklagten die Durchfuhrung der Reparatur\nbekannt war.\n\n14\n\nb)\n\n15\n\nDavon abgesehen, muß aber auch davon ausgegangen werden, daß der Beklagte\nwußte, daß der Reparaturversuch nicht erfolgreich verlaufen war. Wer bei einem\nFahrzeug ungleiche Spaltmaße rugt, wird nach der Lebenserfahrung nach\nDurchfuhrung einer entsprechenden Reparatur das Fahrzeug genau besichtigen, um\nfestzustellen, ob die Reparatur ordnungsgemaß durchgefuhrt worden ist. Daß und\naus welchem Grunde der Beklagte, der als Kfz-Meister zudem sachkundig ist,\ndies nicht getan hatte und daß ihm trotz einer solchen Besichtigung die nach\nwie vor vorhandenen ungleichen Spaltmaße nicht aufgefallen sein konnten, hat\nder Beklagte nicht nachvollziehbar und plausibel dargelegt. Er hat sich\nvielmehr auf die Behauptung beschrankt, er habe nicht gewußt, daß die\nSpaltmaße weiterhin ungleich und die Reparatur Spuren hinterlassen habe. Dies\ngenugt angesichts der genannten Umstande nicht.\n\n16\n\nII.\n\n17\n\nDer Zinsanspruch ist in Hohe von 4 % gemaß §§ 291, 288 I BGB begrundet.\n\n18\n\nIII.\n\n19\n\nAuf den Feststellungsantrag des Klagers war auszusprechen, daß sich der\nBeklagte mit der Rucknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet. An dieser\nFeststellung hat der Klager im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 756, 765\nZPO ein berechtigtes Interesse.\n\n20\n\nIV.\n\n21\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 91 a ZPO.\n\n22\n\nSoweit die Parteien hinsichtlich der vom Klager gezogenen Gebrauchsvorteile\nden Rechtsstreit in der Hauptsache fur erledigt erklart haben, waren die\nKosten anteilig vom Klager zu tragen. Sein Klageantrag war insoweit von\nvornherein unbegrundet, da er sich die Gebrauchsvorteile anrechnen lassen muß\nund ihm keine Anspruche auf Verwendungsersatz zustehen. Der Klager hat schon\nnicht im einzelnen und konkret dargelegt, worin diese Verwendungen bestehen\nsollen, erst recht nicht, daß diese ihm zu erstatten waren.\n\n23\n\nFur die erste Instanz war von Gebrauchsvorteilen fur eine Fahrstrecke von ca.\n7.000 km auszugehen, so daß die Klage in Hohe eines Betrages von 1.664,95 DM\nunbegrundet war (35.500,- DM x 0,67 % x 7). Dies entspricht 1/20 der\nKlageforderung.\n\n24\n\nIn zweiter Instanz entspricht der Betrag in Hohe von 6.589,- DM, mit dem der\nKlager unterlegen gewesen ware, 1/5 der Klageforderung.\n\n25\n\nDie Anwendung des § 92 II ZPO kam nicht in Betracht, da die Zuvielforderung\nnach der Gebuhrentabelle hohere Gebuhren ausgelost und daher besondere Kosten\nverursacht hat.\n\n26\n\nV.\n\n27\n\nFur die Zulassung der Revision gemaß § 546 I ZPO bestand kein Anlaß, da die\nEntscheidung weder grundsatzliche Bedeutung hat noch von einer\nhochstrichterlichen Entscheidung abweicht.\n\n28\n\nVI.\n\n29\n\nDie Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.\n10, 711, 713 ZPO.\n\n30\n\nStreitwert fur das Berufungsverfahren:\n\n31\n\nBis zur Erledigungserklarung im Termin vom 25.5.1999: 35.800,- DM\n(Zahlungsantrag 35.500,- DM, Feststellungsantrag 300,- DM)\n\n32\n\nDanach: bis 35.000,- DM (Zahlungsantrag: 28.911,- DM, Feststellungsantrag\n300,- DM und Kosten des fur erledigt erklarten Teils: 1.500,- DM)\n\n33\n\nWert der Beschwer : unter 60.000,- DM\n\n
307,413
lsgnrw-1999-06-01-l-15-u-30398
799
Landessozialgericht NRW
lsgnrw
Nordrhein-Westfalen
Sozialgerichtsbarkeit
L 15 U 303/98
1999-06-01
2019-03-12 21:54:31
2019-03-27 09:52:27
Urteil
ECLI:DE:LSGNRW:1999:0601.L15U303.98.00
## Tenor\n\nDie Berufung des Klagers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf vom\n15. September 1998 wird zuruckgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im\nBerufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nStreitig ist die Hohe von Verletztengeldanspruchen.\n\n3\n\nDer Klager ist kraft Satzung als Unternehmer bei der Beklagten\npflichtversichert. Auf seinen Antrag vom 09.11.1981 trat mit Wirkung vom\nfolgenden Tage eine Zusatzversicherung von 36000,00 DM in Kraft. Nach der\nUmwandlung der Einzelhandelsfirma in eine Kommanditgesellschaft schloß er mit\nWirkung vom 15.02.1986 eine Zusatzversicherung von 57000,00 DM ab. In beiden\nFallen wies die Beklagte darauf hin, daß die Erhohung nur fur die\nEntschadigung von Arbeitsunfallen gelte, die sich nach Inkrafttreten der\nZusatzversicherung ereigneten.\n\n4\n\nVom 13.07.1995 an war der Klager wegen der Folgen eines als Unternehmer\nerlittenen und von der Beklagten entschadigten Arbeitsunfalls vom 07.05.1980\narbeitsunfahig. Mit Bescheid vom 31.08.1996 bewilligte die Beklagte ihm als\nkalendertagliches Verletztengeld den 450. Teil des satzungsmaßigen\nJahresarbeitsverdienstes von 33000,00 DM (73,33 DM). Mit seinem Widerspruch\nmachte der Klager geltend, das Verletztengeld sei nicht nach der aktuellen\nVersicherungssumme berechnet worden. Der von der Beklagten angefuhrte § 49 der\nSatzung enthalte keine ausdruckliche Regelung zur Aktualisierung des\nVerletztengeldes bei einem Selbstandigen. Die Beklagte wies den Rechtsbehelf\nmit Widerspruchsbescheid vom 19.11.1996 mit der Begrundung zuruck, die nach\ndem Arbeitsunfall erfolgte Erhohung der Versicherungssumme konne nach § 42\nAbs. 2 i. V. m. §49 ihrer Satzung nicht berucksichtigt werden.\n\n5\n\nDer Klager hat Klage erhoben und die Auffassung vertreten, die Beklagte durfe\nihn nicht schlechter stellen als einen abhangig Beschaftigten, bei dem die\nHohe des Verletztengeldes im Falle der Wiedererkrankung von dem zuvor\nerzielten Verdienst abhange. Die Handhabung der Beklagten fuhre zu einer\nBenachteiligung von Selbstandigen, die nicht nur den Gestaltungsfreiraum von\nUnternehmern unangemessen einschranke ("Gedanke auch der\nVersicherungsfreiheit"), vielmehr auch grundgesetzwidrig sei (Verstoß gegen\nArt. 3, 12 Grundgesetz). Auch aus § 50 der Satzung ergebe sich ein Gebot der\nGleichbehandlung von freiwillig versicherten Personen und gesetzlich\nVersicherten.\n\n6\n\nDie Beklagte ist auf ihren in den Bescheiden vertretenen Standpunkt\nverblieben.\n\n7\n\nDas Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 15.09.1998, auf dessen Grunde\nBezug genommen wird, abgewiesen.\n\n8\n\nMit seiner Berufung wiederholt der Klager sein Vorbringen und betont:\nVerletztengeld habe sich nach den Verhaltnissen zu richten, die aktuell vor\ndem Zeitpunkt der Erkrankung bestanden hatten. Entsprechend diesem\nunbestrittenen Grundsatz habe "man in der Praxis der fruheren Zeit ausweislich\noffenbar von Schulungsbeispielen beim Verletztengeld auch eine\nzwischenzeitliche Anhebung der Versicherungssumme berucksichtigt". Der\nUnternehmer stelle seine Einkommensverhaltnisse durch die gewahlte\nVersicherungssumme dar. Die Beklagte wolle aus seiner fruheren\nUnterversicherung Vorteile ziehen und ihn "gewissermaßen festnageln". Dabei\ndurfte die gegenwartige Versicherungssumme der Einkommenssituation vor der\nWiedererkrankung eher nahe kommen. Die Beklagte verstoße mit ihrer Satzung\ngegen Art. 3 des Grundgesetzes insofern, als sie es den Unternehmern verwehre,\nbei Wiedererkrankungen die aktuellen Verhaltnisse zugrunde zu legen. Dies sei\nnicht die einzige Diskriminierung oder Schlechterstellung der Unternehmer in\nder deutschen gesetzlichen Unfallversicherung. Fur ihn mache die richtige\nBerechnung einen erheblichen Unterschied aus.\n\n9\n\nDer Klager beantragt,\n\n10\n\ndas Urteil des Sozialgerichts Dusseldorf vom 15.09.1998 zu andern und die\nBeklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 31.08.1996 in der\nFassung des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1996 zu verurteilen, der\nBerechnung des Verletztengeldes den Jahresarbeitsverdienst unter\nBerucksichtigung der aktuellen Zusatzversicherung zugrunde zu legen.\n\n11\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n12\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n13\n\nSie halt die angefochtene Entscheidung fur zutreffend.\n\n14\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die uber\nden Klager gefuhrten Unfallakten (4 Bande) und auf die zwischen den\nBeteiligten gewechselten Schriftsatze Bezug genommen.\n\n15\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n16\n\nDie zulassige Berufung ist nicht begrundet.\n\n17\n\nDem Klager steht weder nach den Vorschriften der RVO noch denen des SGB VII\n(zur Anwendbarkeit dieser Normen vgl. §§ 214, 217 SGB VII) ein hoheres\nVerletztengeld zu. Nach § 561 Abs. 3 RVO bzw. § 47 Abs. 5 SGB VII belauft sich\ndas Verletztengeld fur den als Unternehmer versicherten Klager auf den 450.\nTeil des Jahresarbeitsverdienstes (JAV). Dieser betragt hier nach § 41 Abs. 1\nder Satzung der Beklagten vom 22.05.1975 in der Fassung des ersten bis neunten\nNachtrags - Stand 01.01.1995 - 33000,00 DM. Diese Versicherungssumme ist\nvorliegend zugrunde zu legen. Zwar bestimmt § 574 RVO ebenso wie § 48 SGB VII,\ndaß im Falle einer Wiedererkrankung fur die Verletztengeldberechnung anstelle\ndes Zeitpunktes der ersten Arbeitsunfahigkeit auf den der Wiedererkrankung\nabzustellen ist. Dies fuhrt im Regelfall dazu, daß eine zwischen Arbeitsunfall\nund Wiedererkrankung abgeschlossene Zusatzversicherung zu berucksichtigen ist\n(BSG SozR 2200 § 574 Nr. 2). Dies gilt hier allerdings nicht, weil die\nBeklagte die Regelung zulassigerweise abbedrungen hat.\n\n18\n\nDies ergibt sich aus § 42 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 49 Satz 2 ihrer insofern\ndurch die Nachtrage nicht geanderten Satzung vom 22.05.1975. Danach fallen\nWiedererkrankungen aus Anlaß von Unfallen, die sich vor Eintritt der\nZusatzversicherung ereignet haben, nicht unter diese Versicherung. So liegt\nder Sachverhalt hier. Der Klager hat die erste Erhohung seiner Versicherung\nnach Eintritt des Wegeunfalls vom 07.05.1980 abgeschlossen. Insofern enthalten\ndie Satzungsbestimmungen eine Sonderregelung zur Bestimmung des § 43 und des\nvom Klager fur seine Auffassung angefuhrten, freiwillig versicherte Personen\nbetreffende § 50, denen zufolge die Unternehmer grundsatzlich dieselben\nAnspruche nach den §§ 546 ff. RVO haben wie die gesetzlich Versicherten.\n\n19\n\nDiese den Klager belastenden Bestimmungen verstoßen nicht gegen hoherrangiges\nRecht. Die Beklagte hat sich vielmehr bei ihrem Erlaß im Rahmen ihrer\nSatzungsautonomie bewegt. § 632 RVO raumte der Beklagten die Befugnis ein, den\nUnternehmern eine Zusatzversicherung anzubieten. Sie war hierzu allerdings\nweder verpflichtet noch gehalten, eine hohere Versicherung einschrankungslos\nzur Verfugung zu stellen. Denn gem. § 632 RVO "kann" die Satzung bestimmen,\n"daß und unter welchen Voraussetzungen" eine hohere Versicherung abgeschlossen\nwerden kann. Daraus ist zu folgern, daß sie die Zusatzversicherung auch unter\nder hier gewahlten Modifikation anbieten konnte. Die vorgenommene Beschrankung\nder Geltung der Zusatzversicherung auf spatere Versicherungsfalle ist auch\nsachgerecht. Die grundsatzlich maßgebliche Versicherungssumme (ohne die\nZusatzversicherung) kann, wird allerdings in der Regel nur selten dem\ntatsachlichen Arbeitseinkommen entsprechen. Dies gilt in gleicher Weise fur\ndie durch eine Zusatzversicherung aufgestockte Gesamtversicherungssumme.\nAnders als bei abhangig Beschaftigten, bei denen im Falle einer (Wieder-)\nErkrankung ein konkreter Schaden zu kompensieren ist, ist bei einem\nUnternehmer eine Korrelation zwischen dem tatsachlichen Einkommensverlust und\nder Hohe des nach der gewahlten Versicherungssumme bemessenen Verletztengeldes\neher zufallig. Diese strukturellen Unterschiede bei der Bemessungsgrundlage\nrechtfertigen die vorgenommene Beschrankung der Wirksamkeit einer\nZusatzversicherung. Sie machen zugleich deutlich, daß darin eine\nverfassungswidrige Ungleichbehandlung nach Art. 3 Grundgesetz nicht zu sehen\nist. Dies gilt auch deshalb, weil die vom Klager reprasentierte Personengruppe\nnur kraft Satzung und nicht kraft Gesetzes versichert ist wie die von ihm zu\nVergleichszwecken herangezogene Gruppe der abhangig Beschaftigten. Ein Verstoß\ngegen Art. 12 Grundgesetz ist ebensowenig ersichtlich wie ein "Gedanke der\nVersicherungsfreiheit", der zu einer anderen Beurteilung fuhren konnte. Eher\nerscheint es unangemessen, daß sich der Vorteil, eine Versicherungssumme\nlosgelost von den tatsachlichen Einkommensverhaltnissen zu wahlen, auch auf\nSachverhalte der vor liegenden Art erstrecken soll. Der Klager konnte auch\nkeine Rechte daraus herleiten, daß "man in der Praxis der fruheren Zeit aus\nweislich von Schulungsbeispielen beim Verletztengeld" anders verfahren haben\nsoll.\n\n20\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.\n\n21\n\nDer Senat hat wegen grundsatzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision\nzugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.\n\n
307,434
olgk-1999-05-27-18-u-6197
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
18 U 61/97
1999-05-27
2019-03-12 21:55:11
2019-03-27 09:52:24
Urteil
ECLI:DE:OLGK:1999:0527.18U61.97.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d**\n\n2\n\nDer Klager verlangt von der Beklagten die Nachzahlung von Betriebsrenten.\n\n3\n\nDer am 4.1.1930 geborene Klager war ab 1967 Geschaftsfuhrer der Beklagten.\nDurch Gesellschaftsvertrag vom 3.1.1976, geandert am 21.6.1989 (Anlage BB 3\nzur Berufungsbegrundung), wurde er Gesellschafter der Beklagten mit einem\nAnteil von 1 % des Stammkapitals und einer Stimmberechtigung von 26 %. Von der\nGeschaftsfuhrung konnte er nach § 8 Abs. 8 des Vertrages nur aus wichtigem\nGrund gemaß § 38 Abs.2 GmbH-Gesetz abberufen werden.\n\n4\n\nSeine Tatigkeit als Geschaftsfuhrer war durch Anstellungsvertrag vom 1.4.1970\nund vom 19.5.1982 (Anlagen K 3 und 4 zur Klageschrift) geregelt. Der\nletztgenannte Vertrag sollte mit dem Tag enden, an dem der Klager sein 65.\nLebensjahr vollendete; er konnte erstmals zur Vollendung des 60. Lebensjahres\ndes Klagers gekundigt werden.\n\n5\n\nUnter § 7 Nr. 1 wurde jeweils vereinbart, daß der Klager nach seinem\nAusscheiden als Geschaftsfuhrer eine monatliche Pension erhalt, die dem\nGrundgehalt eines Ministerialrates mit dem hochsten Besoldungsdienstalter (A\n16 Landesbesoldungsordnung NRW) entspricht.\n\n6\n\nDer Anstellungsvertrag wurde durch Aufhebungsvereinbarung vom 14.12.1989\n(Anlage K 2 zur Klageschrift) mit Ablauf des 31.12.1989 beendet. Dabei wurde\nauf eine zuvor getroffene Vereinbarung vom 21.6./22.6.1989 (Anlage K 1 zur\nKlageschrift) Bezug genommen und der Beginn der dort in Ziffer 4 zugunsten des\nKlagers vereinbarten Leistungen vorverlegt auf den 1.1.1990. Unter Ziffer 4\nder Vereinbarung vom 21.6./22.6.1989 heißt es:\n\n7\n\n"Als Ausgleich fur die vorgezogene Beendigung des Geschaftsfuhrervertrages und\nden damit eintretenden Verlust des sozialen Besitzstandes ab 1.7.1990 wird\nvereinbart:\n\n8\n\na)\n\n9\n\n\\- Die Gesellschaft zahlt, beginnend mit Juli 1990, und zwar monatlich im\nvoraus, an Herrn Dr. S. die Beitrage des Arbeitgebers zur Rentenversicherung\nund zur Krankenversicherung bis zur Erreichung des Rentenalters, so, als ob\nder Anstellungsvertrag nicht vorzeitig beendet wird....\n\n10\n\n\\- Die Gesellschaft zahlt, beginnend mit Juli 1990, und zwar monatlich im\nvoraus, den Betrag, den Herr Dr. S. aufgrund seiner freiwilligen Versicherung\nbei der BfA als Rente erhalten wurde (fiktive Rentenzahlung mit Erreichung des\n65. Lebensjahres) und zwar zeitlich begrenzt bis zu dem Zeitpunkt, in dem die\nRentenleistungen der BfA mit Erreichung des 65. Lebensjahres tatsachlich\neinsetzen.\n\n11\n\nSofern die Moglichkeit besteht, bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres die\nAltersrente zu beziehen, soll hiervon Gebrauch gemacht werden. Etwaige\nfinanzielle Nachteile, die Herr Dr. S. durch eine vorzeitige Rente im\nVergleich zur Rentenzahlung ab 65. Lebensjahr erleidet, sind von der\nGesellschaft mit dem Barwert abzugelten.\n\n12\n\nb)\n\n13\n\nDie Gesellschaft zahlt weiterhin, beginnend mit Juli 1990, und zwar monatlich\nim voraus, die betriebliche Altersversorgung in der vereinbarten Hohe (A 16\nLandesbesoldungsordnung NRW mit hochstem Besoldungsdienstalter)."\n\n14\n\nDer Klager hat die Beklagte im Verfahren 43 0 64/91 LG Aachen - 18 U 13/92 OLG\nKoln erfolgreich auf Zahlung der Differenz zwischen den im Jahre 1990\ngezahlten Rentenbetragen und einer fiktiven Rente in der Hohe, wie sie der\nKlager bei Fortsetzung des Vertrages 1995 mit Erreichen der Altersgrenze\nerhalten hatte, sowie einer - mundlich vereinbarten - 13. betrieblichen\nMonatsrente in Anspruch genommen. Dementsprechend wurde von der Beklagten die\ngemaß den gerichtlichen Entscheidungen berechnete fiktive Rente bis 31.1.1995\ngezahlt. Dabei behielt sich die Beklagte in der im Jahre 1992 gefuhrten\nKorrespondenz (Anlagen K 17 bis 26 zum Klagerschriftsatz vom 15.1.1996), mit\nder uber die Moglichkeit des Bezugs vorzeitiger Altersrente gestritten wurde,\ndie Geltendmachung von Ruckzahlungsanspruchen vor und vermerkte bei den\nÜberweisungen fur September, Oktober und Dezember 1992, daß die Zahlung unter\nVorbehalt der Ruckforderung erfolge(Bl.91). Ab 1.2.1995 begann die\nRentenzahlung der BfA (Anlage K 12 zur Klageschrift, Anlage K 27 zum\nKlagerschriftsatz vom 18.3.1996). Die Betriebsrente wurde bis Juli 1995\ngezahlt, wobei die Anpassungen der Bundesbesoldung und -versorgung zum 1.1.\nund 1.5.1995 nicht berucksichtigt waren.\n\n15\n\nDer Klager hat im vorliegenden Verfahren Anspruch auf folgende Zahlungen\ngeltend gemacht:\n\n16\n\n 1. die betriebliche Altersrente fur die Monate Juli und August 1995 in Hohe von 16.505,36 DM brutto = 13.538,72 DM netto gemaß der Berechnung der Beklagten (Anlage K 7 und 8 zur Klageschrift),\n 2. eine Nachzahlung fur die Monate Januar bis Juni 1995 wegen der Anhebung des Vergleichsgehalts nebst Einmalzahlung von 140,-DM fur April in Hohe von 1.601,40 DM brutto = 1.118,47 DM netto gemaß der Berechnung der Beklagten (Anlage 10 zur Klageschrift),\n 3. Zuschusse zur Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 1.1.1990 bis 31.1.1995 in Hohe von 12.415,94 DM brutto,\n 4. die betriebliche Altersrente ab Sept.1995 in Hohe von monatlich 8.302,68 DM brutto = 6.769,36 DM netto gemaß der Berechnung der Beklagten (Anlage K 10 zur Klageschrift),\n 5. die 13. Monatsbetriebsrente ab Nov. 1995 in Hohe von jahrlich 8.302,68 DM brutto = 6.769,36 DM netto).\n\n17\n\nDer Klager hat vorgetragen, er habe weder nach Vollendung seines 60\\. noch\nnach Vollendung seines 63. Lebensjahres eine Altersrente von der BfA\nbeanspruchen konnen, weil die nach §§ 33 ff. SGB VI geforderte\nHinzuverdienstgrenze, die - wie die Rentenauskunft der BfA vom 3.8.1993\n(Anlage K 29 zum Klagerschriftsatz vom 18.3.1996) bestatige - fur die\ngeringste Teilrente 1992 bei 5.154,14 DM gelegen habe, allein durch die\nLeistungen der Beklagten uberschritten worden sei . Der Barwert, mit dem die\nBeklagte finanzielle Nachteile durch einen fruheren Rentenbezug hatte abgelten\nmussen, lasse sich nicht gesichert bestimmen. Die Beklagte konne nach § 814\nBGB Leistungen nicht zuruckverlangen, derartige Anspruche seien auch verjahrt.\n\n18\n\nDer Klager hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn\n\n19\n\n 1. 16.605,36 DM brutto (13.538 DM netto) nebst 4 % Zinsen von 6.769,36 DM vom 27.7.1995 bis 26.8.1995 und von 13.538,72 DM seit dem 27.8.1995 zu zahlen,\n\n20\n\n 1. 1.601,40 DM brutto (1.118,47 DM netto) nebst 4 % Zinsen auf die Nettobetrage\n\n21\n\nvon 103,77 DM vom 27.1.1995 bis 26.2.1995,\n\n22\n\nvon 208,89 DM vom 27.2,1995 bis 26.3.1995,\n\n23\n\nvon 314,01 DM vom 27.3.1995 bis 26.4.1995,\n\n24\n\nvon 559,12 DM vom 27.4.1995 bis 26.5.1995,\n\n25\n\nvon 838,80 DM vom 27.5.1995 bis 26.6.1995\n\n26\n\nund von 1.118,47 DM seit dem 27.6.1995 zu zahlen,\n\n27\n\n 1. 12.415,94 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem zu zahlen,\n\n28\n\n 1. ab September 1995 eine laufende monatliche Betriebsrente in Hohe von 8.302,68 DM brutto jeweils bis zum 26. des laufenden Monats zu zahlen und ihm jeden Monat bis zum 26. des laufenden Monats eine Pensionsabrechnung zuzuleiten,\n\n29\n\n 1. beginnend mit dem 26.11.1995 jahrlich und sodann jeweils zum 26.11. der folgenden Jahre eine Betriebsrente (13. Zahlung) in Hohe von 8.302,68 DM brutto zu zahlen und ihm jeweils bis zum 26.11. des laufenden Jahres hieruber eine Pensionsabrechnung zuzuleiten.\n\n30\n\nDie Beklagte hat Klageabweisung beantragt.\n\n31\n\nSie hat die Auffassung vertreten, daß die beanspruchte Einmalzahlung von\n140,-DM und die Zuschusse zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht geschuldet\nseien.\n\n32\n\nGegenuber den weiteren Klageforderungen hat sie die Aufrechnung mit einer\nSchadensersatzforderung in Hohe von 92.681,77 DM erklart und dazu vorgetragen,\ndem Klager sei es moglich gewesen, nach Vollendung des 63. Lebensjahres\nvorgezogenes Altersruhegeld zu beziehen ; § 34 Abs.2 VI SGB enthalte eine\nHinzuverdienstgrenze nur bei Ausubung einer Beschaftigung gegen Entgelt oder\neiner selbstandigen Tatigkeit. Von dieser Moglichkeit habe der Klager entgegen\nseiner sich aus Ziffer 4a der Vereinbarung vom 21.6./22.6 1989 ergebenden\nVerpflichtung keinen Gebrauch gemacht. Bei Bezug vorgezogenen Altersruhe-\ngeldes hatten sich nach ihren Berechnungen die Zahlungen an den Klager um\n106.187,08 DM verringert, wobei dem Klager Anspruche auf Rentenerhohung und\nRentenausgleich in Hohe von 3.346,37 DM und 10.155,94 DM zugestanden hatten.\n\n33\n\nDie Beklagte hat die Klageforderung zu 4., soweit sie nicht durch Aufrechnung\nerloschen ist, unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Die\nKlageforderung zu 5. hat sie anerkannt mit der Maßgabe, daß die Verpflichtung\ndie Zahlung der vertraglichen Rente zum Gegenstand hat, die von dem\nbezifferten Betrag abweichen konne.\n\n34\n\nDas Landgericht hat nach Beweiserhebung bezuglich des Klageantrages zu 3.\ndurch Teilanerkenntnis- und Schlußurteil vom 13.12.1996, berichtigt durch\nBeschluß vom 20.12.1996, die Beklagte unter Abweisung der Klage im ubrigen\nverurteilt, an den Klager\n\n35\n\na) 16.605,36 DM brutto/13.538,72 DM netto\n\n36\n\nb) 1.515,10 DM brutto/1.033,47 DM netto\n\n37\n\nc) ab Sept. 1995 jeweils 8.302,68 DM brutto monatlich\n\n38\n\nd) ab 26.11.1995 jeweils 8.302,68 DM brutto jahrlich\n\n39\n\nnebst Zinsen zu zahlen und dem Klager zu c) und d) Pensionsabrechnungen zu\nerteilen. Wegen der Begrundung des Urteils wird auf die angefochten\nEntscheidung Bezug genommen.\n\n40\n\nGegen das Urteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung\neingelegt. Der Klager hat seine Berufung mit am 7.4.1997 eingegangenem\nSchriftsatz zuruckgenommen.\n\n41\n\nDie Beklagte begehrt mit ihrer rechtzeitig begrundeten Berufung die Abweisung\nder Klage, soweit sie zur Zahlung von mehr als\n\n42\n\na) 226,11 DM\n\n43\n\nb) je 8.302,68 DM monatlich vom 26.4. bis 26.12.1996 jeweils nebst Zinsen\nverurteilt worden ist.\n\n44\n\nSie tragt vor, die Aufrechnungsforderung, deren Hohe durch Auskunft der BfA\nbzw. Sachverstandigengutachten zu Beweis stehe, verstoße entgegen der\nAuffassung des Landgerichts nicht gegen Treu und Glauben. Aufgrund des in\nihrem Schreiben vom 17.8.1992 erklarten und zuletzt im Schreiben vom\n13.11.1992 wiederholten Vorbehaltes hinsichtlich jedweder zukunftigen Zahlung\nhabe bei dem Klager kein Vertrauen darauf entstehen konnen, daß er die\nZahlungen werde behalten durfen. Bloße Untatigkeit konne einen\nVertrauenstatbestand nur erzeugen, wenn mit einer aktiven Rechtsverfolgung\ngerechnet werden konne.\n\n45\n\nDies sei hier nicht der Fall gewesen, weil der Beklagten die fur den Anspruch\nauf vorzeitige Altersrente maßgebliche Einkommenssituation des Klagers nicht\nbekannt gewesen sei.\n\n46\n\nFur eine Verwirkung durch Fortzahlung der betrieblichen Rente fehle das\nerforderliche Zeitmoment. Auf Verwirkung konne sich der Klager auch nicht\nberufen, weil er es unterlassen habe, einen Antrag auf Fruhrente zu stellen.\nSchutzenswerte Dispositionen habe der Klager aus Vertrauen nicht getroffen.\n\n47\n\n§ 814 BGB komme bereits deshalb nicht zur Anwendung, weil die zur Aufrechnung\ngestellte Forderung aus dem Rechtsinstitut der positiven Forderungsverletzung\nherzuleiten sei.\n\n48\n\nDie Voraussetzungen fur den Rentenbezug aus der gesetzlichen\nRentenversicherung im 63. und 64. Lebensjahr hatten vorgelegen. Nach § 34 Abs.\n2 S.2 SGB VI stehe dem Arbeitsentgelt aus einer Beschaftigung nur der Bezug\nvon Vorruhestandsgeld gleich. Betriebsrenten seien nicht zu berucksichtigen.\nDie Zahlung der "fiktiven" Rente ware entfallen. Die Arbeitergeberanteile zur\nRentenversicherung waren abgezinst und durch einmalige Zahlung zu verguten\ngewesen. Hinzuverdienst sei aber nur laufendes Einkommen. Die\nArbeitgeberanteile zur Krankenversicherung hatten mit monatlich 274,50 DM\nunter der Hinzuverdienstgrenze gelegen.\n\n49\n\nAb dem 2.1.1997 habe der Klager infolge des mit Schreiben von diesem Tage\nerklarten Widerrufs ( Anlage BB1 zur Berufungsbegrundung) keinen Anspruch mehr\nauf Pensionszahlungen. Die Geschaftsgrundlage fur die Pensionszusage sei\nweggefallen.\n\n50\n\nSeit 1980 habe die Beklagte gemaß Gewinn- und Einkommensaufstellung fur die\nJahre 1970 bis 1989 ( Anlage BB 2) zunehmend Verluste erwirtschaftet, wahrend\ndas Einkommen des Klagers aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter und\nGeschaftsfuhrer standig gestiegen sei. Eine letztmalige Krediterhohung im\nJahre 1989 hatten die Banken vom Ausscheiden des Klagers abhangig gemacht. Die\nBeklagte befinde sich nunmehr in einer akuten wirtschaftlichen Notlage. Sie\nbeschaftige derzeit nur noch 20 Arbeitnehmer gegenuber 550 Arbeitnehmern im\nJahre 1989 .\n\n51\n\nEnde 1995 sei das nominelle Eigenkapital auch nach Berucksichtigung von\nstillen Reserven aufgebraucht gewesen. Zinsen seien an die einzige noch\nkreditgebende Bank nicht mehr gezahlt, Lieferantenverbindlichkeiten nicht\nbedient worden.\n\n52\n\nMit Finanzamt, Stadtwerken und Sozialversicherungstragern seien\nStundungsvereinbarungen oder Vergleiche getroffen worden. Lohne und Gehalter\nwurden vereinbarungsgemaß verspatet gezahlt. 152 Pensionare, denen monatlich\n9.475,-DM zustunden, hatten zuletzt im Dezember 1995 eine Zahlung erhalten\n(Anlage BB 6). An die weiteren Pensionare, die monatlich insgesamt 19.954,-DM\nbeanspruchten - dazu gehore der Rentenanspruch der Witwe des ehemaligen\nHauptgesellschafters Ahrenkiel von 3.700,-DM, dessentwegen das\nBerufungsverfahren 3 U 180/96 OLG Koln anhangig sei, und der Anspruch des\nzweiten fruheren Geschaftsfuhrers, Herrn P.-M., von 3.400,-DM Rente - seien\nletzte Zahlungen im Jahre 1996 geleistet worden (Anlage BB 7).\n\n53\n\nDie erforderliche und mogliche Sanierung erfordere eine Einstellung der\nPensionszahlungen. Der nach der Gewinn- und Verlustrechnung (Anlage BB 8) im\nJahre 1996 erwirtschaftete Verlust von 387.000,-DM hatte ohne die\nPensionszahlung von 467.000,-DM vermieden werden konnen; fur 1997 sei ohne\nPensionszahlungen ein ausgeglichenes Ergebnis prognostiziert.\n\n54\n\nDer Pensionswiderruf sei auch gegenuber der Witwe Ahrenkiel und Herrn P.-M.\nerklart worden (Anlagen BB 9). Wegen des Widerrufs der Pensionszusagen\ngegenuber den Arbeitnehmern iS des § 17 BetrAVG, zu denen der Klager aufgrund\nseiner herausgehobenen Stellung als Gesellschafter nicht gehore, sei der\nPensionssicherungsverein eingeschaltet worden.\n\n55\n\nDem Klager sei ein Pensionsverzicht eher als allen anderen Arbeitnehmern\nzuzumuten.\n\n56\n\nDurch die Aufrechnung seien die auf die Antrage zu 1. und 2. zugesprochenen\nBetrage von 16.605,36 DM und 1.545,40 DM und der Anspruch auf eine 13.\nMonatsrente von 8.302,68 DM fur die Jahre 1995 und 1996 erloschen. Es\nverbleibe ein aufrechenbarer Betrag von 57.892,65 DM, der die\nPensionsanspruche fur die Monate September 1995 bis Februar 1996 in voller\nHohe und fur Marz 1996 in Hohe von 8.076,57 DM entfallen lasse, so daß fur\ndiesen Monat noch 226,11 DM zu zahlen seien. Fur die Folgemonate bestehe - wie\nerstinstanzlich anerkannt - der Rentenanspruch in voller Hohe.\n\n57\n\nDie Beklagte hat im ersten Verhandlungstermin vom 11.12.1997 beantragt,\n\n58\n\nunter Abanderung des angefochtenen Urteils\n\n59\n\n 1. sie im Wege des Anerkenntnisurteils zu verur-\n\n60\n\nteilen, an den Klager zu zahlen\n\n61\n\n 1. 226,11 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.3.1996,\n 2. je 8.302,68 DM zum 26. eines jeden Monats, beginnend mit dem 26\\. April 1996, endend mit dem 26.12.1996, zuzuglich jeweils 4% Zinsen aus diesem Betrag seit dem 26. des betreffenden Monats.\n\n62\n\n2.im ubrigen, fur alle nach dem 26.2.1996 fallig\n\n63\n\nwerdenden Zahlungen die Klage abzuweisen.\n\n64\n\nDer Klager beantragt die Zuruckweisung der Berufung und im Hinblick auf das\nNichtverhandeln der Beklagten eine Entscheidung nach Aktenlage.\n\n65\n\nEr tragt vor, er habe aus den in I. Instanz dargelegten Grunden keine\nvorzeitige Altersrente beziehen konnen. Die Beklagte konne nach § 814 BGB wie\nauch aus den Grunden der angefochtenen Entscheidung Leistungen nicht\nzuruckverlangen. Der Widerruf der Betriebsrentenanspruche sei unwirksam. Der\nFortfall der Rentenzahlung sei zur Sanierung der Beklagten nicht erforderlich.\nDie Schwierigkeiten der Beklagten habe allein ihr Gesellschafter-\nGeschaftsfuhrer B. zu verantworten. Seine Betriebsrentenanspruche seien\ninsolvenzgeschutzt. Seine Kapitalbeteiligung und das Stimmrecht habe nur\ntreuhanderisch bestanden. Die Beklagte habe Beitrage fur ihn an den\nPensionssicherungsverein geleistet. Dieser habe nur nicht einzutreten, weil\nkein Sicherungsfall vorliege. Ohne Zustimmung des Vereins sei der Widerruf der\nBetriebsrentenzusage auch unwirksam.\n\n66\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e\n\n67\n\nDie Berufung ist zulassig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.\n\n68\n\nDas Landgericht hat dem Klagebegehren zu Recht und mit uberwiegend\nzutreffender Begrundung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug\ngenommen wird, in dem zuerkannten Umfang stattgeben.\n\n69\n\nDas Berufungsvorbringen vermag keine andere Entscheidung zu rechtfertigen.\n\n70\n\nDer Beklagten steht weder die zur Aufrechnung gestellte\nSchadensersatzforderung in Hohe von 92.681,77 DM zu, noch ist sie berechtigt,\nihre Rentenzahlungen ab Januar 1997 einzustellen.\n\n71\n\nEine Schadensersatzforderung aus positiver Vertragsverletzung, weil der Klager\nes unterlassen habe, entgegen der Vereinbarung vom 21./2.6.1990 von der\nMoglichkeit Gebrauch zu machen, ab dem 64.Lebensjahr Altersrente von der BfA\nzu beziehen, steht der Beklagten nicht zu.\n\n72\n\nDabei kann dahinstehen, ob ein entsprechender Antrag bei der BfA positiv\nbeschieden worden oder an der Hinzuverdienstgrenze des § 34 Abs. 2 SGB VI\ngescheitert ware.\n\n73\n\nEntscheidend ist, daß dem Klager unter Berucksichtigung des Verhaltens der\nBeklagten jedenfalls keine schuldhafte Vertragsverletzung vorgeworfen werden\nkann. Ihm muß zugute gehalten werden, daß er von der Richtigkeit seiner in\nobjektiver Hinsicht beachtlichen Argumente, die er der Beklagten als\nHinderungsgrunde fur eine Antragstellung bei der BfA nannte, uberzeugt war und\nzu Recht annahm, daß seine Auffassung schließlich von der Beklagten auch\ngeteilt wurde.\n\n74\n\nDas die Annahme des Klagers veranlassende Verhalten der Beklagten ist darin zu\nsehen, daß wahrend des zwischen den Parteien 1992 - in der Korrespondenz der\nAnwalte - ausgetragenen Streits uber die Moglichkeit und die Verpflichtung des\nKlagers, eine vorzeitige Rente zu beziehen, die Beklagte erklartermaßen nur\nunter Vorbehalt weiter zahlte, mit Beendigung der Korrespondenz, zu deren\nAbschluß der Klager seinen Standpunkt nochmals dargelegt hatte, ohne daß die\nBeklagte dem in der Sache noch etwas entgegengesetzt hatte, sie aber\nvorbehaltlos die Zahlungen fortsetzte, deren Einstellung sie noch wahrend der\nKorrespondenz angedroht hatte. Unter diesen Umstanden konnte und durfte der\nKlager davon ausgehen, daß die Beklagte unter Hintanstellung ihres zuvor\nvertretenen Standpunkts ihre weiteren Zahlungen vorbehaltlos vornahm und\ninsbesondere nicht nach Ablauf des relevanten Zeitraums auf den vormaligen\nStandpunkt zuruckgreifen und die Zahlungen - unter dem Gesichtspunkt des\nSchadensersatzes - großtenteils zuruckverlangen wurde.\n\n75\n\nDie vorstehenden Ausfuhrungen sollen durch die Wiedergabe des Ablaufs der von\nden Anwalten der Parteien gefuhrten Korrespondenz verdeutlicht und belegt\nwerden:\n\n76\n\nAuf die Schreiben der Beklagten vom 23.7.1992 und 17.8.1992, in denen sie zu\neiner Rentenantragstellung aufforderte, legte der Klager mit Schreiben vom\n24.8.1992 seinen Standpunkt dar, daß eine Beantragung nicht in Betracht komme,\nda einerseits die Hinzuverdienstgrenze uberschritten werde und andererseits\nein dann anfallender Ausgleich nicht zuverlassig berechnet werden konne.\nZugleich stellte er der Beklagten anheim, eine Berechnung durch das Buro Dr.\nH., welches die Beklagte in Rentenangelegenheiten beriet, vornehmen zu lassen,\nfalls sie eine gesicherte Berechnung fur moglich halte.\n\n77\n\nIn ihrem Antwortschreiben vom 16.10.1992 außerte die Beklagte die Auffassung,\nder Klager durfe keine Nebenverdienste haben, die eine vorzeitige\nRentenberechtigung gefahrden konnten. Zugleich forderte sie den Klager auf,\nseine Nebeneinkunfte anzugeben, und wiederholte ihren Hinweis aus ihrem\nSchreiben vom 17.8.1992, daß die weiteren Zahlungen unter dem Vorbehalt der\nRuckforderung stunden. Sie fugte hinzu: "Ob und inwieweit die Zahlungen\ngestoppt werden, ist nach Eingang ihrer Stellungnahme, der ich bis spatestens\n31. Oktober 1992 entgegensehen darf, zu entscheiden".\n\n78\n\nDer Klager wies in seiner Entgegnung vom 11.11.1992 u.a. darauf hin, daß die\nHinzuverdienstgrenze bereits durch die seitens der Beklagten geschuldeten\nLeistungen uberschritten werde und es deshalb bei der in seinem Brief vom\n24.8.1992 im einzelnen dargelegten Rechtslage bleibe. Abschließend außerte der\nKlager, den "wenig erquicklichen Disput daher" als erledigt anzusehen.\n\n79\n\nDie Korrespondenz schließt seitens der Beklagten mit dem Schreiben vom\n13.11.1992, in dem die Auffassung wiederholt wurde, der Klager sei zur\nBeantragung einer vorzeitigen Rente verpflichtet und durfe keine die\nRentengewahrung hindernde Nebeneinkunfte beziehen.\n\n80\n\nAuf die seitens des Beklagtenanwalts mit Schreiben vom 3.12.1992 wiederholte\nBitte zu einer personlichen Erorterung zwischen den Anwalten, nahm der Klager\nmit Schreiben vom 8.12.1992 auf seine Äußerung im Schreiben vom 11.11.1992\nBezug, daß er den "wenig erquicklichen Disput als erledigt" betrachte.\n\n81\n\nAufgrund dieser Korrespondenz laßt sich festhalten, daß die Beklagte auf die\nvon dem Klager als wesentliche Hindernisse fur eine Rentenbeantragung\ngenannten und erklarten Grunde, zum einen die die Hinzuverdienstgrenze\nuberschreitenden Leistungen der Beklagten, zum anderen die fehlende\nMoglichkeit einer zuverlassigen Berechnung von Ausgleichsleistungen, nicht\neingegangen ist, sondern in der Folgezeit die weiteren Zahlungen nach Abschluß\nder Korrespondenz ab Januar 1993 ohne Vorbehalt leistete, wahrend die\nvorausgegangenen Überweisungstrager der Monate September bis Dezember 1992\njeweils noch einen Zahlungsvorbehalt enthielten, und dies vor dem Hintergrund\nihrer Ankundigung im Brief vom 16.10.1992, nach Eingang der klagerischen\nStellungnahme eine Entscheidung zu treffen, ob und inwieweit die Zahlungen\ngestoppt wurden.\n\n82\n\nWenn nach Abschluß der Korrespondenz, wie er oben geschildert ist, die\nBeklagte die Zahlungen weder einstellte noch reduzierte, sondern unter Aufgabe\nder Vorbehaltserklarungen auf den Überweisungstragern kommentarlos bis zum\nEnde des fraglichen Zeitraums fortsetzte, konnte der Klager dies auch bei\nobjektiver Betrachtung dieses Verhaltens nur so verstehen, daß die von der\nBeklagten mit Schreiben vom 16. 10. 1992 angekundigte Entscheidung dahin\nausgefallen war, vorbehaltlos und in unverminderter Hohe die Zahlungen\nfortzusetzen.\n\n83\n\nAngesichts dieser Sachlage verbietet sich die Wertung, in der unterlassenen\nAntragstellung bei der BfA eine schuldhaften Vertragspflichtverletzung zu\nsehen.\n\n84\n\nDabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die von dem Klager\nangegebenen Hinderungsgrunde fur eine vorzeitige Rente in der Sache letztlich\nstichhaltig sind oder nicht. Entscheidend ist, daß dem Klager zugute zu halten\nist, daß er von der Richtigkeit seiner Argumente uberzeugt war, zumal sie\njedenfalls nicht offenbar unrichtig sind und von der Beklagten in ihren\nScheiben nicht nur argumentativ nicht widerlegt, sondern nicht einmal\nbehandelt worden sind.\n\n85\n\nZu Recht hat das Landgericht ausgefuhrt, daß das geschilderte\nvertrauensbegrundende Verhalten der Beklagten zudem aus dem Gesichtspunkt von\nTreu und Glauben die Geltendmachung von Schadensersatz, der in der Ruckzahlung\ngeleisteter Zahlungen besteht, verbieten wurde. Dies gilt um so mehr, als das\nspatere Ruckzahlungsverlangen nach Ablauf des Zeitraums fur die Beanspruchung\neiner vorzeitigen Rente, zu einem Zeitpunkt also, zu dem der Klager schon\nwegen Zeitablaufs einen vorzeitigen Rentenbezug als Ausgleich fur\nunterbliebene Leistungen der Beklagten nicht mehr bewerkstelligen konnte, als\nbesonders unbillig erscheint.\n\n86\n\nDie Beklagte schuldet auch ab Januar 1997 weitere Rentenzahlungen, denn sie\nwar nicht berechtigt, ihre Pensionszusagen zu widerrufen.\n\n87\n\nDie Beklagte beruft sich fur den Widerruf auf die Rechtsprechung des\nBundesarbeitsgerichts, wonach bei vorbehaltloser Versorgungszusage ebenso wie\nbei dem - in § 9 der Pensionsordnung der Beklagten enthaltenen - sog.\nallgemeinen wirtschaftlichen Vorbehalt der Arbeitgeber unter Umstanden\nberechtigt sein kann, die Versorgungsleistung zu verweigern.\n\n88\n\nEin Leistungsverweigerungsrecht darf allerdings erst in Betracht gezogen\nwerden, wenn eine Abwagung der Interessen beider Parteien die Unzumutbarkeit\nder Leistung ergibt ( BAG AP Nr. 157 zu § 242 BGB Ruhegehalt). Maßgeblich ist\ndabei, daß die betriebliche Altersversorgung fur den Ruhestandler\nlebenswichtige Bedeutung hat, weswegen der Arbeitgeber seine Krafte bis auf\ndas außerste anspannen muß. Der Arbeitnehmer hat aber seine Belange\nzuruckzustellen, wenn die Lebensfahigkeit des Unternehmens ohne ein solches\nOpfer gefahrdet ist, weil die Versorgung aus den Ertragen des Unternehmens\ngeleistet werden muß und auch andere Pensionare auf die Ertragfahigkeit des\nUnternehmens angewiesen sind (BAG AP Nr. 154 zu § 242 BGB Ruhegehalt).\n\n89\n\nDeshalb durfen Versorgungsleistungen nur verweigert werden, wenn und solange\nbei ungekurzter Weiterzahlung der Bestand des Unternehmens gefahrdet ist und\nAussicht besteht, daß das Unternehmen mit dieser Hilfe saniert wird (BAG AP\nNr. 154 und Nr. 157 BGB zu § 242 Ruhegehalt).\n\n90\n\nOb diese Voraussetzungen vorliegen, ist zweifelhaft. Anders als in dem\nParallelrechtsstreit 3 U 180/96 OLG Koln, in dem zu diesen Fragen ein\nSachverstandigengutachten eingeholt worden ist, kann deren Beantwortung im\nvorliegenden Rechtstreit dahinstehen, weil die Beklagte gegenuber dem Klager\nschon aus anderen Grunden nicht zur Verweigerung ihrer Versorgungsleistungen\nberechtigt ist.\n\n91\n\nDie Beklagte hatte zum Widerruf ihrer Versorgungsleistungen kein Recht, weil\nsie ihrer Verpflichtung aus § 7 BetrAVG nicht nachgekommen ist, den Trager der\nInsolvenzsicherung einzuschalten und dessen Übernahme der Versorgungsbezuge zu\nveranlassen.\n\n92\n\nNach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG haben Versorgungsempfanger, deren Anspruche aus\neiner unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht erfullt werden,\nweil uber das Vermogen des Arbeitgebers das Konkursverfahren eroffnet worden\nist, gegen den Trager der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Hohe der\nLeistung, die der Arbeitgeber ohne das Konkursverfahren aufgrund der\nVersorgungszusage zu erbringen hatte. Der Eroffnung des Konkursverfahrens\nsteht der außergerichtliche Vergleich des Arbeitgebers mit seinen Glaubigern\nnach vorausgegangener Zahlungseinstellung im Sinne der Konkursordnung gleich,\nwenn ihm der Trager der Insolvenzsicherung zustimmt(§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3).\nIhr steht auch die Kurzung oder die Einstellung von Versorgungsleistungen\nwegen wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers gleich, soweit dies durch\nrechts-kraftiges Urteil eines Gerichts fur zulassig erklart worden ist (§ 7\nAbs.1 Satz 3 Nr. 5). Art. 91 Einfuhrungsgesetz zur Insolvenzordnung, wonach\neinen Sicherungsfall nurmehr die Eroffnung des Insolvenzverfahrens, die\nAbweisung des Antrags auf Eroffnung des Insolvenzverfahrens und die\nvollstandige Beendigung der Betriebstatigkeit darstellen, trat erst am\n1.1.1999 in Kraft. § 31 BetrAVG sieht vor, daß auf Sicherungsfalle, die vor\ndem 1.1.1999 eingetreten sind, das Gesetz in der vorher geltenden Fassung\nanwendbar ist.\n\n93\n\nEs entspricht standiger Rechtsprechung (vgl. BGH AP 1987, 125 ff. und die dort\nzitierten BAG-Entscheidungen), daß dem Arbeitgeber eine Kurzung oder\nEinstellung der Pensionsleistungen erst dann gestattet ist, wenn der\nPensionssicherungsverein ihr entweder zustimmt oder die Zulassigkeit der\nKurzung durch Urteil rechtskraftig festgestellt ist. Der Arbeitgeber ist\ngehalten, bei Ablehnung seines Antrags durch den Pensionssicherungsverein\nunverzuglich zu klagen und alles zu tun, was diesen bewegt, die\nVersorgungsbeitrage zu ubernehmen, andernfalls er zur Rentenkurzung nicht\nberechtigt ist (BGH a.a.O).\n\n94\n\nDieser Verpflichtung ist die Beklagte nicht nachgekommen. Sie hat lediglich\ndurch Vorlage eines Schreibens vom 28.3.1996 an den Pensionssicherungsverein\nbelegt, daß sie seinerzeit versucht hat, diesen einzubeziehen. Daß danach\nenergische Schritte bis hin zur Klage unternommen worden waren, ist nicht\nersichtlich. Auch aus dem von der Beklagten nach dem Schlußtermin vom\n22.4.1999 vorgelegten Schreiben des Pensionssicherungsvereins vom 2.3.1999\nlaßt sich dies nicht ableiten. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben die\nAuffassung der Absenderin, daß die Beklagte bislang ihre Forderung nicht\nhinreichend dargelegt habe. Ob dies zutrifft, kann dahinstehen. Jedenfalls\nware angesichts des langen Zeitablaufs nach dem ersten Anschreiben an den\nPensionssicherungsverein eine Klage angezeigt gewesen (§ 7 Abs.1 Nr. 5\nBetrAVG).\n\n95\n\nAuf diese Gesichtspunkte ist die Beklagte in dem Erorterungstermin vor dem\nBerichterstatter am 12.11.1998 hingewiesen worden.\n\n96\n\nUngeachtet der damit unzulassigen Zahlungseinstellung gegenuber allen von\ndieser Maßnahme betroffenen ehemaligen Arbeitnehmern der Beklagten und der\ndamit verbundenen Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Voraussetzungen eines\nWiderrufs ist die Beklagte auch bei isolierter Betrachtung des Verhaltnisses\nder Parteien an einem Widerruf gehindert, denn der Klager gehort zu den\nVersorgungsempfangern im Sinne des § 7 BetrAVG.\n\n97\n\nNach § 17 Abs.1 Satz 2 BetrAVG gelten die §§ 1 bis 16 entsprechend fur\nPersonen, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der\nAltersversorgung aus Anlaß ihrer Tatigkeit fur ein Unternehmen zugesagt worden\nsind. Den Schutz des Gesetzes sollen nur Personen, die selbst Unternehmer\nsind, nicht genießen konnen. Mitgesellschafter sind dann als Unternehmer\nanzusehen, wenn sie aufgrund ihrer Gesellschaftsbeteiligung einen maßgeblichen\nEinfluß ausuben und das Unternehmen gleichsam als ihr eigenes betrachten\nkonnen (BAG NZA 1998,101, 103 mit weiterem Nachweis).\nMinderheitsgesellschafter mit unbedeutender, unter 10 % liegender Beteiligung\nsind selbst bei großerer tatsachlicher Leitungsmacht risikomaßig einem\nUnternehmer nicht gleichzustellen (BAG AP Nr. 1 und 19 zu § 17 BetrAVG;\nHofer/Reiners/Wust BetrAVG Rn. 3748 ff.). Die Beteiligung des Klagers an der\nBeklagten in Hohe von 1 % ist auch dann unbedeutend, wenn sie nicht lediglich\ntreuhanderisch bestanden hat. Der Klager hatte zwar angesichts seiner 26%igen\nStimmrechtsbeteiligung eine beachtliche Einflußmoglichkeit. Er konnte\nallerdings innergesellschaftlich nur Maßnahmen behindern, nicht aber aktiv\nagieren und alleinige Entscheidungen durchsetzen. Anders als ein\n50%-Gesellschafter konnte er uberstimmt werden, soweit es nicht um die\nVeraußerung von Geschaftsanteilen (§4 des Gesellschaftsvertrags) oder die Wahl\nder Aufsichtsrats- und Beiratsmitglieder (§§ 9, 9a des Gesellschaftsvertrages)\nging.\n\n98\n\nHinzu kommt, daß nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klagers fur diesen\nBeitrage an den Pensionssicherungsverein gezahlt worden sind. Auch dies\nspricht fur seine betriebsrentenrechtlich arbeitnehmergleiche Stellung.\n\n99\n\nNach alledem war die Berufung aufgrund der Aktenlage zuruckzuweisen. Der Senat\nsieht sich nicht gehindert, auf den entsprechenden Antrag des Klagers gemaß §\n331 a ZPO eine Entscheidung nach Lage der Akten zu treffen. Daß der Senat in\nder mundlichen Verhandlung vom 11.12.1997 in einer anderen Besetzung\naufgetreten ist, steht einer Entscheidung nach Lage der Akten nicht im Wege. §\n309 ZPO findet keine Anwendung, denn die Entscheidung beruht eben nicht auf\neiner mundlichen Schlußverhandlung (vgl.MK § 309 Rdn 5 und 6 sowie\ninsbesondere BGHZ 11,27 zu der gleichgelagerten Problematik bei Übergang ins\nschriftliche Verfahren). Im ubrigen ist dem Richterwechsel und der damit\neinhergehenden Änderung der Rechtsmeinung in der Weise Genuge getan worden,\ndaß die Sach- und Rechtslage in einem gesondert anberaumten Termin mit den\nParteien nochmals erortert worden ist.\n\n100\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs.1, 92 Abs.2 ZPO (§ 515 Abs.3 ZPO),\ndie Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711\nZPO.\n\n
307,744
olgk-1999-04-14-6-u-14798
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
6 U 147/98
1999-04-14
2019-03-13 07:41:56
2019-03-27 09:51:40
Urteil
ECLI:DE:OLGK:1999:0414.6U147.98.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**E n t s c h e i d u n g s g r u n d e**\n\n2\n\nDie Berufung ist zulassig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.\n\n3\n\nUngeachtet der zweifelhaften Frage, ob der Antragstellerin auf der Grundlage\nihres Vortrages die geltendgemachten Unterlassungsanspruche uberhaupt zustehen\nkonnen, kann die einstweilige Verfugung schon deswegen nicht neu erlassen\nwerden, weil ihr Tatsachenvortrag - weiterhin - nicht glaubhaft gemacht ist.\nDie Antragstellerin beanstandet in der Annahme, daß deswegen alle vier\nAntragsgegner auf Unterlassung haften, die angebliche Abwerbung des Zeugen d.\nL. durch den Antragsgegner zu 1). Diese ist indes aus den Grunden, die das\nLandgericht zutreffend dargelegt hat, allein durch die eidesstattliche\nVersicherung des Zeugen vom 2.9.1998 mit Rucksicht auf die eidesstattliche\nVersicherung des Antragsgegners zu 1) vom 7.10.1998 nicht glaubhaft gemacht.\nAuch wenn das Landgericht Anlaß gehabt hatte, den damals prasenten Zeugen zu\nvernehmen, stehen jedenfalls im Berufungsverfahren, in dem der Zeuge nicht\ngestellt worden ist, weitere Glaubhaftmachungsmittel nicht zur Verfugung,\nweswegen der Berufung der Erfolg versagt bleiben muß.\n\n4\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.\n\n5\n\nDas Urteil ist gemaß § 545 Abs.2 ZPO mit seiner Verkundung rechtskraftig.\n\n6\n\nGegenstandswert fur das Berufungsverfahren: 200.000 DM\n\n
307,860
olgk-1999-03-19-6-u-15698
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
6 U 156/98
1999-03-19
2019-03-13 07:45:03
2019-03-27 09:51:23
Urteil
ECLI:DE:OLGK:1999:0319.6U156.98.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**T a t b e s t a n d :**\n\n2\n\nDer Antragsteller ist der Verband des Getrankefachgroßhandels unter anderem\nfur den Bereich Nordrhein-Westfalen. Es obliegt ihm, die gemeinsamen\nInteressen seiner Mitglieder zu vertreten, zu fordern und zu schutzen. Zu\nseinen satzungsgemaßen Aufgaben gehort die Forderung lauteren und die\nBekampfung unlauteren Wettbewerbs. Mitglieder des Antragstellers sind\nvornehmlich Getrankefachgroßhandler, die unter anderem im Landgerichtsbezirk\nAachen eine Vielzahl von Getrankemarkten betreiben und beliefern. Der\nAntragsgegner betreibt in G. einen Getrankeabholmarkt. Dort verkauft er unter\nanderem Faßbier in unterschiedlichen Faßgroßen an Letztverbraucher. Der\nGetrankemarkt gehort D. Sch., der in S. und W. zwei weitere Getrankemarkte in\neigener Regie betreibt.\n\n3\n\nBei einem Testkauf am 05.08.1998 veraußerte der Antragsgegner in dem von ihm\nbetriebenen Getrankeabholmarkt an einen Testkaufer ein 30-Liter-Faß "B. Pils",\ndas kein Mindesthaltbarkeitsdatum aufwies. Diesem Testkauf war folgendes\nvorausgegangen: Der Antragsgegner hatte lange vor dem Testkauf anwaltlichen\nRat eingeholt und fur Endverbraucher bestimmtes Faßbier mit einem Aufkleber\nversehen. Dieser lautete: "Das Bier ist bei kuhler Lagerung mindestens haltbar\nbis Ablauf von drei Monaten seit dem Tage der Abfullung". Unter dem 23.06.1998\nwurde D. Sch. dann aber von der W. Brauerei mit der Begrundung abgemahnt, eine\nderartige Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums entspreche nicht den\ngesetzlichen Bestimmungen. Daraufhin wandten sich D. Sch. und der\nAntragsgegner an die Rechtsanwalte Prof. Dr. K. und Partner aus G.. Diese\nrieten unter dem 24.08.1998, von der bisherigen Kennzeichnungspraxis Abstand\nzu nehmen. Der auf dem Aufkleber enthaltene Mindesthaltbarkeitsvermerk\nentspreche nicht den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (im\nfolgenden: "LMKV"), es musse sinngemaß z.B. heißen: "Bei kuhler Lagerung\nmindestens haltbar bis Ende November 1998". Daraufhin stellten D. Sch. und der\nAntragsgegner diesem Rechtsrat folgend ihre Kennzeichnungspraxis um. In der\nZwischenzeit, also zwischen dem 23.06.1998 und dem 24.08.1998, hatte der\nAntragsgegner Faßbier ohne Angabe eines Mindesthaltbarkeitsdatums an\nLetztverbraucher verkauft.\n\n4\n\nNach dem Testkauf vom 05.08.1998 erwirkte der Antragsteller am 04.09.1998 beim\nLandgericht Aachen eine gegen den Antragsgegner gerichtete einstweilige\nVerfugung, mit der diesem unter gleichzeitiger Androhung der gesetzlichen\nOrdnungsmittel verboten wurde, im geschaftlichen Verkehr zu Zwecken des\nWettbewerbs Faßbier Letztverbrauchern gegenuber anzubieten und/oder in den\nVerkehr zu bringen, wenn das Faßgebinde kein Mindesthaltbarkeitsdatum\naufweist, insbesondere wenn es sich hierbei um ein 30-Liter-Faß "B. Pils"\nhandelt.\n\n5\n\nDiese einstweilige Verfugung hat das Landgericht Aachen nach Widerspruch des\nAntragsgegners mit der Begrundung aufgehoben, zwar liege unstreitig ein\nVerstoß des Antragsgegners gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV vor, dieser Verstoß\nziehe jedoch nicht automatisch das Unwerturteil aus § 1 UWG nach sich.\nVielmehr handele es sich bei der genannten Vorschrift der LMKV um eine\nwertneutrale Ordnungsvorschrift. Da ein bewußtes und planmaßiges\nZuwiderhandeln des Antragsgegners und auch ein Verstoß gegen § 3 UWG nicht\nfestgestellt werden konne, stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch\ndem Antragsteller nicht zu.\n\n6\n\nGegen das ihm am 23.11.1998 zugestellte Urteil der 3. Kammer fur Handelssachen\ndes Landgerichts Aachen vom 10.11.1998 hat der Antragsteller am 01.12.1998\nBerufung eingelegt und diese mit einem am 23.12.1998 bei Gericht eingegangenen\nSchriftsatz begrundet.\n\n7\n\nDer Antragsteller ist der Auffassung, entgegen der Annahme des Landgerichts\nhandele es sich bei der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV nicht um eine\nwertneutrale Ordnungsvorschrift, sondern um eine wertbezogene Norm, so daß\nderjenige, der gegen sie verstoße, zugleich sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG\nhandele. Daruber hinaus habe das Landgericht ubersehen, daß der Antragsgegner\nbewußt und planmaßig der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV zuwider\ngehandelt habe, um gegenuber seinen gesetzestreuen Mitbewerbern einen\nVorsprung zu erzielen.\n\n8\n\nDer Antragsteller beantragt,\n\n9\n\ndas angefochtene Urteil zu andern und den Antragsgegner im Wege der\neinstweiligen Verfugung zu verurteilen, es bei Meidung eines fur jeden Fall\nder Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM,\nersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,\nim Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,\n\n10\n\nim geschaftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Faßbier Letztverbrauchern\nanzubieten oder an sie in den Verkehr zu bringen, wenn auf dem Faßgebinde die\nAngabe des Mindesthaltbarkeitsdatums des Faßbiers fehlt,\n\n11\n\ninsbesondere wenn es sich hierbei um ein 30-Liter-Faß "B. Pils" handelt.\n\n12\n\nDer Antragsgegner beantragt,\n\n13\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n14\n\nEr verteidigt das angefochtene Urteil, wiederholt und vertieft sein\nerstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Auffassung, § 3 Abs. 1 Nr. 4\nLMKV beinhalte eine bloße Ordnungsvorschrift, der Verstoß hiergegen bedeute im\nStreitfall keinen Vorsprung durch Rechtsbruch im Sinne des § 1 UWG und sei im\nubrigen nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem hier einschlagigen Markt\nwesentlich zu beeintrachtigen. Der Antragsteller sei deshalb gemaß § 13 Abs. 2\nNr. 2 UWG zur Erhebung des Unterlassungsanspruchs nicht befugt.\n\n15\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den in\nder mundlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien\ngewechselten Schriftsatze nebst samtlichen Anlagen erganzend Bezug genommen.\n\n16\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e :\n\n17\n\nDie zulassige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Unterlassungsbegehren\ndes gemaß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG aktivlegitimierten Antragstellers ist aus § 1\nUWG unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch begrundet. Die zu\nRecht erlassene einstweilige Verfugung des Landgerichts Aachen vom 04.09.1998\n- 43 O 101/98 - war deshalb unter Zuruckweisung des gegen sie gerichteten\nWiderspruches zu bestatigen.\n\n18\n\nUnter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch (vgl. hierzu\nBaumbach/Hefermehl, UWG, 20. Auflage 1998, § 1 UWG Rnr. 608 ff.) handelt\nwettbewerbswidrig, wer sich dadurch einen Vorsprung vor seinen Mitbewerbern\nverschafft, daß er die durch Gesetz festgelegten Bindungen mißachtet, an die\nsich seine Mitbewerber halten. Im Streitfall hat der Antragsgegner nach der\nAbmahnung durch die W.-Brauerei unstreitig Bierfasser, die mehr als 5 Liter\nfassen, an Endverbraucher verkauft, ohne das Mindesthaltbarkeitsdatum\nanzugeben. Dadurch hat er gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV in Verbindung mit § 6\ndes Lebensmittel- und Bedarfsgegenstandegesetzes (im folgenden: "LMBG")\nverstoßen. Nach diesen Vorschriften darf Faßbier in Gebinden von mehr als 5\nLitern, wenn es nicht an Gaststatten und andere nach § 7 Abs. 6 Nr. 3 LMKV in\nVerbindung mit § 6 Abs. 2 LMBG ausgenommene Einrichtungen, sondern an\nVerbraucher zur personlichen Verwendung oder zur Verwendung im eigenen\nHaushalt abgegeben wird, nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn auf dem\nBehaltnis an gut sichtbarer Stelle deutlich lesbar und unverwischbar (§ 3 Abs.\n3 LMKV) das Mindesthaltbarkeitsdatum angegeben ist.\n\n19\n\nZwar ist nicht jeder zu Wettbewerbszwecken begangene Rechtsbruch zwangslaufig\nzugleich eine Handlung, die das Unwerturteil des § 1 UWG nach sich zieht. Zu\nunterscheiden ist zwischen Verstoßen gegen wertneutrale und wertbezogene\nNormen. Letztere sind Vorschriften, deren Mißachtung sich irgendwie auf die\nWettbewerbslage auszuwirken vermogen (vgl. hierzu: Baumbach/Hefermehl, a.a.O.,\nRdnr. 614). Zu den wertbezogenen Normen, deren Verletzung zugleich\nAuswirkungen auf die Wettbewerbslage haben konnen, zahlen nicht nur z.B. die\nVorschriften des Arzneimittelgesetzes, des Heilmittelwerbegesetzes oder des\nRechtsberatungsgesetzes, sondern namentlich auch die Vorschriften des\nLebensmittelrechts (statt aller: Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Rnr. 621).\nVerstoße hiergegen sind wettbewerbswidrig, ohne daß weitere\nUnlauterkeitskriterien hinzukommen mussen (Baumbach/Hefer-mehl, a.a.O., Rdnr.\n621). Im Hinblick darauf, daß § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV gerade dem Schutz des\nVerbrauchers vor Irrefuhrung und Tauschung durch die Forderung der\nKenntlichmachung des Mindesthaltbarkeitsdatums an deutlicher Stelle dient,\nspricht deshalb alles dafur, § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV mit dem Oberlandesgericht\nHamburg (Beschluß vom 27.06.1996, OLGR 1997, 277) und dem Kammergericht (KGR\n1993, 87) als wertimmanente Norm zu begreifen, deren Mißachtung\nwettbewerbswidrig ist, ohne daß es des Hinzutretens weiterer\nUnlauterkeitsmerkmale bedarf.\n\n20\n\nLetztlich kann das aber offenbleiben. Denn der unstreitige Verstoß des\nAntragsgegners gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV ist im Streitfall selbst dann\nunlauter im Sinne des § 1 UWG und folglich zu unterlassen, wenn es sich\nhierbei um eine wertneutrale Ordnungsvorschrift zum Schutze der Verbraucher\nhandeln sollte, die nicht Ausdruck einer sittlichen Wertung ist und deren\nVerletzung deshalb nicht ohne weiteres als wettbewerbswidrig beurteilt werden\nkann. Die Verletzung wertneutraler Vorschriften rechtfertigt namlich dann den\nVorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens, wenn sich ein Wettbewerber bewußt und\nplanmaßig uber sie hinwegsetzt, obwohl fur ihn erkennbar ist, daß er dadurch\neinen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern erlangen kann (vgl. hierzu:\nBGH WRP 1979, 460, 461 - "Luxus-Ferienhauser" -; BGH GRUR 1981, 140, 142 -\n"Flughafengebuhr" -; BGH GRUR 1989, 762, 764 - "Stundungsangebote" -; BGH GRUR\n1992, 696, 697 - "Teilzah-lungspreis I" -; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG\nRdnr. 658 sowie Kohler/Piper, UWG, § 1 Rdnr. 344, - jeweils m.w.N.). Ein\nsolches Handeln setzt nicht voraus, daß sich der Verletzter der\nRechtswidrigkeit seines Tuns bewußt ist. Es genugt fur einen bewußten\n(vorsatzlichen) Verstoß, daß er alle Tatumstande kennt, die den\nGesetzesverstoß ergeben (vgl. statt aller: Baumbach/Hefermehl, a.a.O.).\n\n21\n\nDas ist hier der Fall. Nach seinem eigenen Vorbringen wußte der Antragsgegner,\ndaß Faßbier in bestimmten Großen nicht ohne Angabe des\nMindesthaltbarkeitsdatums an Letztverbraucher abgegeben werden darf. Das war\nja der Grund dafur, warum er nach Einholung anwaltlichen Rats bis in den Juni\n1998 hinein den dann von der W.-Brauerei als unzulanglich beanstandeten\nAufkleber verwendet hat. Dennoch hat er im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern,\nwenn auch nur vorubergehend, bewußt von der Angabe eines\nMindesthaltbarkeitsdatums abgesehen, wohlwissend, daß der Vertrieb von Faßbier\nab einer bestimmten Gebindegroße ohne Angabe des Mindeshaltsbarkeitsdatum\nnicht zulassig ist. Damit hat sich der Antragsgegner bewußt und planmaßig uber\ndie Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV hinweggesetzt, obwohl fur ihn\nerkennbar war, daß er dadurch einen Vorsprung vor Mitbewerbern erlangen kann,\ndie sich an die Kennzeichnungsvorschriften halten und den Verkauf solcher\nBierfasser ohne den entsprechenden Hinweis unterlassen.\n\n22\n\nEntgegen der Auffassung des Antragsgegners ist der hiernach gegebene Verstoß\ngegen § 1 UWG auch geeignet, den Wettbewerb auf dem einschlagigen Markt\nwesentlich zu beeintrachtigen, der Antragsteller mithin befugt, den\nUnterlassungsanspruch geltend zu machen, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Bei diesem,\nneben den sonstigen Voraussetzungen des Unterlassungstatbestands des § 1 UWG\nzu prufenden materiell-rechtlichen Erfordernis ist maßgebend auf die den\njeweiligen Einzelfall pragende, sowohl an subjektiven als auch an objektiven\nMomenten zu messende Art und Schwere des Verstoßes abzustellen. Dieser Verstoß\nmuß nach dem vom Gesetz verfolgten Zweck ein gewisses Gewicht haben. Denn der\nGesetzgeber hat die Klagebefugnis der Mitbewerber und Wettbewerbsvereine auf\nsolche Falle beschranken wollen, "deren Auswirkungen auf das\nWettbewerbsgeschehen so erheblich sind, daß die Interessen der Allgemeinheit\nernsthaft betroffen sind"; er wollte erreichen, daß "geringfugige"\nWettbewerbsverstoße, sogenannte Bagatellverstoße, nicht als sittenwidrige\nWettbewerbshandlungen verfolgt werden (vgl. Begrundung des Gesetzentwurfs zu §\n13 II Nr.2 UWG n.F., BT-Dr 12/7345, S.11, abgedruckt in WRP 1994, 369, 377,\nund die dortige Verweisung auf die Begrundung zu dem nicht Gesetz gewordenen §\n2 des Entwurfs, sowie BGH ZIP 1995, 152/155 - = NJW 1995, 724, 726 -\n"Laienwerbung fur Augenoptiker" -). Bei der Festlegung dieser\n"Spurbarkeitsgrenze" sind alle Umstande des Einzelfalls zu berucksichtigen.\nDazu zahlen u.a. ein besonderes Interesse der Allgemeinheit einschließlich der\nVerbraucher, die Große eines erzielten Wettbewerbsvorsprungs, bei\nNebengesetzen insbesondere das geschutzte Rechtsgut (z.B. Gesundheit), und der\nGrad der Nachahmungsgefahr fur Mitbewerber (BGH ZIP 1995, 152/155 - = NJW\n1995, 724, 726 "Laienwerbung fur Augenoptiker" -; BGH WRP 1995, 485/487 -\n"Super-Spar-Fahrkarten" -; vgl. auch KG NJWRR 1995, 309/310 = WRP 1995,\n203/205 f.; OLG Frankfurt/ Main GRUR 1995, 222 \\- "Wanderlager" -; OLG Hamm\nGRUR 1995, 221/222 - "Autotelefon" - sowie Baumbach/Hefermehl, § 13 UWG Rdnr.\n27b).\n\n23\n\nAuf der Basis dieser Kriterien kann im Streitfall kein durchgreifender Zweifel\ndaran bestehen, daß das Verhalten des Antragsgegners geeignet ist, den\nWettbewerb auf dem einschlagigen Markt wesentlich zu beeintrachtigen: Die von\nihm mißachtete Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 LMKV soll den Verbraucher durch\ndie Forderung der Kenntlichmachung des Mindesthaltbarkeitsdatums an deutlicher\nStelle vor Irrefuhrung und Tauschung schutzen. Es handelt sich nicht um einen\neinmaligen oder versehentlichen "Ausreißer", sondern um einen bewußten und\ngewollten, die Interessen der Allgemeinheit beruhrenden Verstoß gegen die\nKennzeichnungsvorschriften der LMKV. Die Nachahmungsgefahr ist als hoch\neinzustufen. Bei dieser Sachlage kann von einem geringfugigen, als Bagatelle\neinzustufenden und deshalb wettbewerbsrechtlich irrelevanten Gesetzesverstoß\nkeine Rede sein.\n\n24\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.\n\n25\n\nDas Urteil ist gemaß § 545 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkundung rechtskraftig.\n\n
307,883
ovgnrw-1999-03-17-6d-a-133298o
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
6d A 1332/98.O
1999-03-17
2019-03-13 07:45:38
2019-03-27 09:51:20
Urteil
ECLI:DE:OVGNRW:1999:0317.6D.A1332.98O.00
## Tenor\n\nDas angefochtene Urteil wird geandert.\n\nDie Dienstbezuge des Beamten werden fur die Dauer von einem Jahr um 10 v.H.\ngekurzt.\n\nDer Dienstherr tragt die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens\neinschließlich der dem Beamten in dieser Instanz erwachsenen notwendigen\nAuslagen. Die ubrigen Verfahrenskosten tragt der Beamte.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nDer am 28. Januar 19 geborene Beamte nahm nach Ablegung der Reifeprufung und\nAbsolvierung des Wehrdienstes im Jahre 1971 an der Universitat E. ein\nLehramtsstudium auf. Die allgemeine Prufung in Philosophie und Padagogik\nbestand er 1975 mit „sehr gut". Die Erste Philologische Staatsprufung fur die\nFacher Englisch und Geschichte absolvierte er 1977 mit dem Pradikat „gut\nbestanden". Der Beamte war dann als Lehrer im Angestelltenverhaltnis tatig, im\nJahre 1978 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhaltnis auf Widerruf zum\nStudienreferendar ernannt. Die Zweite Staatsprufung fur das Lehramt am\nGymnasium bestand er mit „gut". Mit Wirkung vom 3\\. August 1979 wurde er unter\nBerufung in das Beamtenverhaltnis auf Probe zum Studienrat zur Anstellung\nernannt. Die Ernennung zum Studienrat erfolgte am 24. Februar 1981, mit\nWirkung vom 3\\. August 1981 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf\nLebenszeit verliehen. Fur das Schuljahr 1982/83 war er im Rahmen eines\ndeutsch-amerikanischen Lehreraustausches beurlaubt. Nachdem anlaßlich einer\nBewerbung um eine Beforderungsstelle die Leistungen des Beamten in einer\ndienstlichen Beurteilung vom 5. Dezember 1992 als den Anforderungen im\nbesonderem Maße entsprechend beurteilt und seine Beforderung nachdrucklich\nbefurwortet worden war, wurde er am 21. April 1993 zum Oberstudienrat ernannt.\nAnlaßlich einer Bewerbung des Beamten um die Stelle eines Studiendirektors\nwurde in einer dienstlichen Beurteilung vom 28\\. September 1995 festgestellt,\ndaß seine Leistungen den Anforderungen in besonderem Maße entsprachen (sehr\ngut) und er fur das angestrebte Amt qualifiziert sei.\n\n4\n\nNach Abschluß des Beurteilungsverfahrens stand fest, daß er befordert werden\nsollte. Diese Beforderung unterblieb, da der Beamte seinem Schulleiter zuvor\ndas den Gegenstand des vorliegenden Disziplinarverfahrens bildende\nDienstvergehen offenbart hatte. Im Schuljahr 1995/96 wurde er zu Beginn des\nzweiten Halbjahres vom Stadtischen Gymnasium I. an das D. -G. -Gymnasium in X.\nversetzt. Nach einem von dem Vertreter der Einleitungsbehorde vorgelegten\nLeistungsbericht des Schulleiters dieser Schule vom 29. Juni 1998 erfreut er\nsich dort besonderer Wertschatzung und ubernimmt auch bereitwillig\numfangreiche und arbeitsintensive außerunterrichtliche Aufgaben. Er zeigt sich\nals außerordentlich belastbar und erledigt alle Dienstgeschafte selbstandig\nund gewissenhaft.\n\n5\n\nDer Beamte ist verheiratet und hat mit seiner Ehefrau zwei in den Jahren 1980\nund 1981 geborene gemeinsame Kinder, die noch zur Schule gehen. Er bezieht\nderzeit ein Nettogehalt unter Einschluß des Kindergeldes von ca. 5.700,00 DM.\nSeine Ehefrau ist halbtags berufstatig und bezieht ein Nettoeinkommen von ca.\n3.500,-- DM monatlich. Die Familie bewohnt eine Mietwohnung, Schulden sind\nnicht vorhanden.\n\n6\n\nIm Oktober 1995 offenbarte der Beamte dem Leiter des stadtischen Gymnasiums I.\nUmstande, die geeignet waren, den Verdacht eines Dienstvergehens zu begrunden.\nDie Bezirksregierung E. ordnete durch Verfugung vom 30\\. November 1995\nzunachst disziplinare Vorermittlungen gegen den straf- und\ndisziplinarrechtlich nicht vorbelasteten Beamten an. Durch Verfugung vom 13.\nFebruar 1996 leitete sie das formliche Untersuchungsverfahren gegen den\nBeamten ein und ordnete die Durchfuhrung einer Untersuchung an.\n\n7\n\nNachdem die Untersuchung abgeschlossen war und die Anschuldigungsschrift vom\n10. September 1996 beim Verwaltungsgericht eingegangen war, wurde das\nVerfahren durch Beschluß der Disziplinarkammer vom 8. November 1996 ausgesetzt\nund die Anschuldigungsschrift dem Vertreter der Einleitungsbehorde zur\nBeseitigung eines Mangels im Untersuchungsverfahren zuruckgegeben. Nach\nweiteren Untersuchungen und Abschluß der Untersuchung, bei dem der Beamte\nGelegenheit zur abschließenden Stellungnahme hatte, wirft die\nAnschuldigungsschrift vom 14. August 1997 dem Beamten vor,\n\n8\n\nseine Dienstpflichten verletzt zu haben, indem er sich von den Osterferien\n1995 bis Ende Juni 1995 mehrfach mit der minderjahrigen Schulerin X. F. traf\nund sie in seinem Wagen mitnahm, wobei es zu korperlichen Kontakten - Kussen,\nStreicheln der Bruste der Schulerin - kam.\n\n9\n\nDie Disziplinarkammer hat den Beamten durch das angefochtene Urteil aus dem\nDienst entfernt. Dazu hat sie folgende Feststellungen getroffen:\n\n10\n\n„Der Beamte unterrichtete am Stadtischen Gymnasium I. die am 10. Juli 1980\ngeborene Schulerin X. F. in den Klassen 5 und 6 und sprach seit dieser Zeit\nhaufig mit ihr, weil die Zeugin F. ihn mit ihren schulischen Problemen\nansprach. In der Klasse 7 und 8 unterrichtete er die Zeugin nicht. Vor den\nOsterferien 1995 fiel dem Beamten bei einem Rockkonzert in der Schule die\nZeugin, die damals in der 8. Klasse war, auf, weil es ihr schlecht zu gehen\nschien. Als die Zeugin auf ihn zukam, legte er einen Arm um sie und fragte\nsie, was los sei. Die Zeugin sagte ihm, sie wurde ihn lieben, wurde seit\nlanger Zeit nachts nicht mehr durchschlafen und konnte nicht mehr richtig\nessen. Sie hatte auch schon an Selbstmord gedacht. Der Beamte sagte ihr, sie\nsolle sich das alles mal von der Seele schreiben, mal aufschreiben und dann\nwurden sie bei Gelegenheit nochmal daruber sprechen. An die Eltern der Zeugin\nwollte der Beamte nicht herantreten, weil er befurchtete, daß die Eltern deren\nGefuhle abrupt abbrechen wurden und diese sich wirklich umbringen wurde. Der\nBeamte sprach mit seiner Ehefrau uber das Gesprach und diese gab ihm den Rat,\ndie Finger davon zu lassen und die Zeugin an Beratungsstellen weiterzuleiten.\nDie Zeugin gab dem Beamten ein paar Tage spater - oder nach den Osterferien -\neinen mehrseitigen Brief, in dem sie ihre Liebe zu ihm und daß sie nicht mehr\nweiterleben konne, zum Ausdruck brachte. Bei dem Gesprach weinte die Zeugin.\nDer Beamte sagte ihr, daß er keine Beziehung mit ihr anfangen, sie aber wegen\nihrer Liebeserklarung auch nicht auslachen wurde. Fur jemanden etwas zu\nempfinden, sei etwas Schones, und sie konnten das ja auch als ihr Geheimnis\ndurch die Schulzeit durchtragen. Der Beamte gab der Schulerin den Brief\nzuruck.\n\n11\n\nDie Zeugin F. kam nach den Osterferien auf den Beamten zu und bat ihn um ein\nlangeres Gesprach. Sie vereinbarten dann ein Treffen nach der Schulzeit. Weil\ndie Zeugin bei dem vorangegangenen Gesprach geweint hatte, nahm der Beamte sie\nim Auto mit auf einen Parkplatz. Dort sprachen beide etwa ein Stunde\nmiteinander. Im Laufe des Gesprachs weinte die Zeugin erneut und sagte\nwiederum, daß sie den Beamten liebe. Zum Abschluß des Gesprachs druckte der\nBeamte die Zeugin noch einmal. Diese kuschelte sich an den Beamten und außerte\nden Wunsch, daß dieser sie nicht mehr loslasse. Der Beamte sagte hierauf\nnichts. Einige Tage danach schrieb die Zeugin dem Beamten in einem Brief, wie\ngut ihr das Gesprach getan habe und daß das Leben jetzt leichter zu ertragen\nsei.\n\n12\n\nEtwa zwei Wochen danach kam die Schulerin erneut zu dem Beamten und sagte, sie\nhalte es nicht mehr aus. Der Beamte sei in ihren Traumen, sie denke nur noch\nan ihn. Beide verabredeten einen weiteren Termin fur ein Gesprach nach der\nSchule, wobei der Beamte ein Treffen außerhalb der Schule vorschlug. In diesem\nGesprach ging es um die Liebe der Zeugin zu dem Beamten. Sie gab ihm auch eine\nKassette mit Liedern, die sie aufgenommen hatte, und auch die Lieder als\nTexte. Die Liedtexte sind uberwiegend Liebeslieder. Der Beamte sagte ihr, daß\ner sie nicht lieben konne. Das einzige, was er ihr geben konne, sei, daß er\nsie mal in den Arm nehme. Bei dem Gesprach legte die Zeugin ihren Kopf auf\nseine Schulter und der Beamte seinen Arm um ihre Schulter. Hierbei streichelte\ner uber dem Pullover ihre Bruste. Als die Zeugin sagte, sie wolle nicht mehr\naus seinen Armen raus, brach der Beamte das Zusammensein ab und fuhr los. In\neinem zweiten Brief schrieb die Zeugin dem Beamten, wie schon das fur sie\ngewesen sei und daß sie noch nie jemand so zartlich beruhrt habe und daß sie\nhoffe, daß das auch weiterhin so sein werde.\n\n13\n\nIn der Folgezeit suchte die Zeugin stets die Nahe des Beamten und erklarte\nihm, daß sie seinen Stundenplan genau kenne und wisse, wann er wo aufzufinden\nsei. Irgendwann entgegnete der Beamte ihr, daß er schon viel zu weit gegangen\nsei und daß sein Verhalten, wenn es bekannt wurde, rechtliche Konsequenzen\nhatte. Nachdem die Zeugin dem Beamten gesagt hatte, sie konne so nicht leben,\nkam es noch zu einem weiteren Treffen. Beide trafen sich nach der Schule und\nfuhren im Wagen des Beamten wieder zu dem Parkplatz, der etwa 2 km von der\nSchule entfernt liegt. Bei diesem Treffen wurde wiederum thematisiert, wie die\nZeugin mit der Liebe zum Beamten zurechtkomme. Die Zeugin kuschelte sich\nwieder an den Beamten und dieser streichelte sie an den Brusten uber dem\nPullover. Beide gaben sich einen langen Kuß auf den Mund. Der Beamte beendete\ndie Umarmung gegen den Protest der Schulerin und fuhr mit ihr zur Schule\nzuruck. Dort wurde die Zeugin bereits von ihrer Mutter erwartet.\n\n14\n\nAm nachsten Tag fuhrte der Beamte mit der Mutter der Schulerin, die sich vom\nBeamten nie unter Druck gesetzt fuhlte, ein Gesprach. Der Beamte erzahlte der\nMutter, daß die Zeugin F. ihn liebe und sie haufig daruber geredet hatten. Die\nTreffen außerhalb der Schule verschwieg er allerdings. Der Beamte meinte, daß\ner nun einen Hebel in der Hand habe, um Gesprache mit der Schulerin abblocken\nzu konnen. Als die Zeugin F. ihn am darauffolgenden Tag erneut ansprach, sagte\nder Beamte ihr, er konne ihre Mutter nicht hintergehen. Was sie gemacht\nhatten, sei voruber. In den Sommerferien 1995 vertraute sich die Schulerin\nwahrend einer Ferienmaßnahme des CVJM einem Sozialarbeiter an.\n\n15\n\nIm nachsten Schuljahr (1995/96) unterrichtete der Beamte die Zeugin F. in\neinem Differenzierungskurs der Klasse 9. Diese suchte auch dann noch seine\nNahe. Am letzten Tag vor den Herbstferien sprach die Schulerin kurz mit dem\nBeamten und lief dann weinend weg. Anschließend wurde der Beamte von zwei\nKolleginnen, die die Schulerin danach unterrichtet hatten, gefragt, was er mit\nder Zeugin gemacht habe. Die Zeugin hatte im zweiten Halbjahr 1995 nach\nDarstellung ihrer Eltern erhebliche psychologische Probleme.\n\n16\n\nAm 23. Oktober 1995 meldete sich der Sozialarbeiter, dem die Zeugin sich in\nden Sommerferien anvertraut hatte, bei dem Beamten, um mit ihm ein Gesprach zu\nfuhren. In dem Gesprach teilte er dem Beamten mit, daß die Eltern der Zeugin\nverlangten, der Beamte solle den Kurs, den die Schulerin besuchte, abgeben und\ndie Schule verlassen; dann wurden die Eltern von einer\nDienstaufsichtsbeschwerde Abstand nehmen. Daraufhin schilderte der Beamte\nseinem Schulleiter den ganzen Sachverhalt, um nicht erpreßbar zu sein oder zu\nbleiben."\n\n17\n\nDie Disziplinarkammer hat diese Feststellungen getroffen aufgrund der\nEinlassung des Beamten und der ihr vorliegenden weiteren Unterlagen. Dabei ist\nsie nicht gefolgt der Aussage der Zeugin F. , es sei zu weiteren Treffen\ngekommen. Die Zeugin habe weitere Treffen zeitlich nicht einordnen und an\nEinzelheiten dieser Begegnung keine differenzierte Erinnerung mehr gehabt.\nZugunsten des Beamten sei es als nicht erwiesen anzusehen, er habe stets die\nInitiative ergriffen und die Beziehung zur Zeugin F. mit dem Ziel aufgebaut,\nmit ihr nach Vollendung des 16. Lebensjahres den Geschlechtsverkehr zu\nvollziehen. Es sei nicht auszuschließen, daß die Zeugin unbewußt Wunsch und\nWirklichkeit miteinander verwoben habe, was angesichts ihres Alters und der\ndurchlebenen Verwirrung ihrer Gefuhlswelt verstandlich sei.\n\n18\n\nIn Wurdigung des festgestellten Sachverhaltes ist die Diziplinarkammer zu der\nAuffassung gelangt, der Beamte sei wegen eines schwerwiegenden Vergehens im\noffentlichen Dienst untragbar und seine Entfernung aus dem Dienst zwingend\ngeboten. Eine solche Maßnahme sei unabwendbar, wenn ein Beamter im Kernbereich\nseiner Dienst- und Treuepflichten versagt und dadurch das notwendige Vertrauen\ndes Dienstherrn oder das Ansehen der Öffentlichkeit verloren habe. Das\nDienstvergehen des Beamten wiege schwer. Die ihm zur Last fallenden\nvorsatzlichen Pflichtverletzungen seien zwar nicht unmittelbar im\n(schul-)unterrichtlichen Bereich begangen worden, hatten jedoch den\ndienstlich-schulischen Bereich des Beamten und seine Verwendbarkeit als Lehrer\nbetroffen. Allein aufgrund seiner langjahrigen Berufserfahrung als Lehrer\nhatte ihm bewußt sein mussen, daß er sich nicht nur gegenuber den ihm im\nUnterricht anvertrauten Schulern, sondern auch gegenuber anderen Schulern\ninsbesondere seiner Schule korrekt und vertrauenswurdig zu verhalten habe. Das\ngelte namentlich in bezug auf eine minderjahrige und erziehungsbedurftige\nSchulerin wie der damals 14 bzw. 15 jahrigen Zeugin F. . Ein Lehrer habe die\nAufgabe, Kinder oder Jugendliche zu unterrichten und zu erziehen. Er musse\ndaher Vertrauen in die korrekte Amtsfuhrung und personliche Integritat\nbesitzen. Als Padagoge musse er in seiner gesamten Lebensfuhrung, also\ninnerhalb und außerhalb des Dienstes, durch korrektes Verhalten Vorbild sein.\nDies sei in eklatanter Weise nicht der Fall, wenn ein Lehrer sich gegenuber\nKindern oder Jugendlichen auf sexuellem Gebiet nicht die notige Zuruckhaltung\nauferlege und - wie der angeschuldigte Beamte - sexuelle Handlungen an einer\nSchulerin vornehme. Die Versuchung zur Sexualitat moge angesichts einer\nfreizugigeren Grundhaltung der Gesellschaft groß sein, ein Lehrer habe jedoch\nZuruckhaltung zu uben und sexuelle Kontakte zu Schulern ebenso zu vermeiden\nwie dies im Eltern-Kind-Verhaltnis selbstverstandlich sei. Verstoße ein\nPadagoge gegen diese selbstverstandliche Pflicht, sei er als Lehrer und\nBeamter regelmaßig untragbar, da er im Kernbereich seiner Pflichten schwer\ngefehlt habe.\n\n19\n\nDie Entfernung des Beamten sei unabweisbar geboten. Er habe zu der Schulerin\nX. F. eine Beziehung aufgebaut, in deren Rahmen er außerhalb der Schule\nmehrfach die Bruste der Schulerin gestreichelt und mit ihr einen langen Kuß\nausgetauscht habe. Dies uberschreite bei weitem die noch zu tolerierende\nGrenze und sei insbesondere aus den vom Beamten geltend gemachten\nGesichtspunkt der Fursorge auch nicht ansatzweise entschuldbar. Glaube ein\nLehrer, einer Schulerin in einer schwierigen Gefuhlslage padagogischen\nBeistand leisten zu mussen, so konne das in der Schule in den dafur\nvorgesehenen Beratungszimmern erfolgen, ohne daß sexuelle Handlungen oder\nÄhnliches vorgenommen werden mußten. Das Verhalten des Beamten sei hingegen\neindeutig sexuell gepragt und habe mit lauterem padagogischen Einwirken nichts\ngemein.\n\n20\n\nMilderungsgrunde seien nicht erkennbar. Insbesondere konnten solche nicht aus\nder Tatsache abgeleitet werden, daß der Beamte sich seinem Dienstvorgesetzten\noffenbart habe. Diese Offenbarung sei namlich nicht freiwillig, sondern unter\ndem Druck der Ereignisse geschehen. Personliche Nachteile, die der Beamte\nbisher erlitten habe, seien notwendige Folgen seines Versagens und von ihm\nhinzunehmen.\n\n21\n\nGegen dieses Urteil wendet sich die auf das Disziplinarmaß beschrankte\nBerufung des Beamten. Er tragt im wesentlichen vor, daß ein\nSittlichkeitsverbrechen nicht vorliege und die Annahme der Disziplinarkammer,\ner sei wegen des festgestellten Verhaltens objektiv nicht mehr fur den\noffentlichen Dienst tragbar, unzutreffend sei. Er sei trotz Kenntnis der\nBezirksregierung von dem Vorfall keinen Tag vom Dienst suspendiert worden, dem\nihm entgegengebrachten Vertrauen sei er in der Folgezeit auch gerecht worden.\nDas Vertrauensverhaltnis zwischen Dienstherrn und Beamten sei nicht\nirreparabel zerstort. Auch eine Ansehensbeeintrachtigung sei nicht\neingetreten. Die Vorfalle aus dem Jahre 1995 seien nicht an die Öffentlichkeit\ngelangt, es habe weder Berichte in der Presse noch sonstiges Gerede oder\nVerdachtigungen Dritter gegeben. Ihm sei klar, daß ihm die Situation damals\nentglitten sei, er habe aber geglaubt, mit ihr umgehen zu konnen, da er privat\nmit seiner Tochter ahnliche Erfahrungen gemacht habe. Heute wisse er, daß er\nsich damals total uberschatzt habe. Schließlich habe die Disziplinarkammer zu\nUnrecht Milderungsgrunde außer Betracht gelassen. Er habe zwar damals unter\ngewissem Druck gestanden, nachdem der Sozialarbeiter ihn angesprochen hatte.\nEr hatte aber leicht auf die Forderung eingehen konnen, sich an eine andere\nSchule versetzen zu lassen. Dies ware wegen des sehr guten Verhaltnisses zum\ndamaligen Schulleiter auch moglich gewesen. Bei seiner Offenbarung habe er von\nAnfang an nichts verharmlost und nichts verniedlicht, sondern den gesamten\nVorfall uneingeschrankt geschildert. Er habe noch nicht einmal versucht,\netwaige Äußerungen des jungen Madchens mit deren bluhender Phantasie zu\nleugnen. Die Treffen außerhalb der Schule seien jedoch immer auf den Wunsch\ndes Madchens zuruckgegangen, das ihm erklart habe, in der Schule konne sie\nnicht uber private Dinge reden.\n\n22\n\nDer Beamte beantragt,\n\n23\n\nin Abanderung des angefochtenen Urteils eine Disziplinarmaßnahme zu verhangen,\ndie unter dem „Entfernen aus dem Dienst" bleibt.\n\n24\n\nDer Vertreter der obersten Dienstbehorde beantragt,\n\n25\n\ndas angefochtene Urteil zu andern und auf eine Rangherabstufung zu erkennen.\n\n26\n\nEr fuhrt aus, bei den Handlungen gegenuber der 14 bzw. 15 jahrigen Schulerin\nhandele es sich um ein schwerwiegendes Dienstvergehen des Beamten.\nGrundsatzlich sei davon auszugehen, daß ein Lehrer, der sich Kindern, die ihm\nzur Unterrichtung anvertraut seien oder ihm in seiner Eigenschaft als Lehrer\ngegenuber traten, unsittlich nahere, im Regelfall das Vertrauensverhaltnis zum\nDienstherrn unheilbar zerstore. Die Umstande des vorliegenden Falles gaben\njedoch Anlaß, die uneingeschrankte Anwendung des Ausgangspunktes zu\nuberdenken. Der Beamte habe in der Vergangenheit lange Jahre und mit großem\nEinsatz seinen Dienst versehen. Dies ergebe sich aus seinen dienstlichen\nBeurteilungen, die ihm zuletzt Leistungen bescheinigten, die den Anforderungen\nim besonderem Maße entsprachen. Der Beamte sei zudem in vollem Umfang\ngestandig. Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung vor Entdeckung der\nTat konne ihm jedoch nicht zugute kommen, da eine freiwillige Offenbarung nach\ndem Gesprach des Beamten mit dem Sozialarbeiter, in dem dieser eine\nDienstaufsichtsbeschwerde der Eltern der Schulerin angekundigt habe, nicht\nmehr moglich gewesen sei. Unabhangig davon konne jedoch das umfassende\nGestandnis des Beamten bei der Festlegung des Disziplinarmaßes berucksichtigt\nwerden. Schließlich bestehe der Eindruck, daß sich der Beamte um echte\nVerarbeitung des Geschehens bemuhe, und die begrundete Hoffnung, daß\nvergleichbare Dienstvergehen in Zukunft unterblieben.\n\n27\n\nII.\n\n28\n\nDie zulassige Berufung des Beamten ist begrundet. Sie fuhrt zur Aufhebung des\nangefochtenen Urteils und Verhangung einer geringeren Disziplinarmaßnahme.\n\n29\n\nDie Berufung ist auf das Disziplinarmaß beschrankt. Demnach sind die Tat- und\nSchuldfeststellungen des Urteils der Disziplinarkammer und die darin\nvorgenommene Wurdigung des Verhaltens des Beamten als Dienstvergehen fur das\nRechtsmittelgericht bindend. Die dahingehenden Feststellungen der\nDisziplinarkammer sind unanfechtbar geworden und vom Senat nicht mehr zu\nuberprufen. Der Senat hat nur noch daruber zu entscheiden, welche\nDisziplinarmaßnahme wegen des festgestellten Dienstvergehens angemessen ist.\n\n30\n\nDanach steht fest, daß der Beamte bei dem ersten Vorfall die Zeugin F. in\nseinem Auto auf einen Parkplatz mitgenommen und sie zum Abschluß des Gesprachs\ngedruckt hat, wobei sich die Zeugin an den Beamten kuschelte. Zwei Wochen\nspater kam es zu einem erneuten Treffen, in dessen Verlauf die Zeugin ihren\nKopf auf die Schulter des Beamten legte und der Beamte seinen Arm um ihre\nSchulter. Dabei streichelte er uber dem Pullover ihre Bruste und brach das\nZusammensein sodann ab. Bei der dritten Gelegenheit, wiederum im Pkw des\nBeamten, kuschelte sich die Zeugin an ihn und der streichelte sie an den\nBrusten uber dem Pullover, beide gaben sich einen langen Kuß. Der Beamte\nbeendete sodann die Umarmung.\n\n31\n\nDie Disziplinarkammer hat in diesem Verhalten des Beamten einen hinreichenden\nGrund fur die Entfernung aus dem Dienst gesehen. Dieser Auffassung kann der\nSenat nicht beitreten. Die Disziplinarkammer hat dem Dienstvergehen des\nBeamten ein zu großes Gewicht beigelegt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich\nder Ausfuhrung, das Vorgehen des Beamten sei eindeutig sexuell gepragt gewesen\nund er habe sexuelle Handlungen an einer Schulerin vorgenommen. Dabei verkennt\ndie Disziplinarkammer, daß selbst die Anschuldigungsschrift einen derartigen\nVorwurf gegen den Beamten nicht erhebt. Vorgeworfen werden ihm hier\nkorperliche Kontakte, ohne daß gleichzeitig ein sexueller Beweggrund fur diese\nKontakte angeschuldigt wird. Der Vorwurf sexueller Verfehlungen beinhaltet\nstets auch den Vorwurf, sich oder einen anderen durch Vornahme der\nentsprechenden Handlungen sexuell zu erregen. Dabei muß der Vorsatz, sei es\nauch nur bedingt, die Sexualbezogenheit der Handlung umfassen einschließlich\nder Umstande, die diese Bezogenheit nach außen erkennbar machen und das Urteil\ntragen, die Handlungen seien von einiger Erheblichkeit.\n\n32\n\nVgl. Dreher/Trondle Strafgesetzbuch, 46\\. Aufl. vor § 174, Rndnr. 13.\n\n33\n\nFur eine solche Einstellung und einen sexualbezogenen Hintergrund der\nKorperkontakte hat weder das Untersuchungsverfahren noch die Anhorung des\nBeamten vor der Disziplinarkammer und vor dem Senat einen Anhaltspunkt\nergeben. Das bloße Streicheln der Brust uber der Bekleidung, zu dessen\nIntensitat und Dauer nichts Genaueres festgestellt ist, und der eine Kuß auf\nden Mund sind fur sich genommen nicht geeignet, auf eine Erheblichkeit zu\nschließen, die als sexuell im Sinne des Strafgesetzbuches zu gelten hat\n\n34\n\n(vgl. Dreher/Trondle a.a.O. Rndnr. 8, § 174 Rndnr. 10).\n\n35\n\nDas gesamte weitere Verhalten des Beamten spricht im ubrigen gegen die\nAuffassung, sein Verhalten sei sexuell motiviert gewesen. Er hat vor den\nKontakten mit seiner Ehefrau uber das Verhalten und die Liebe der Zeugin zu\nihm gesprochen und mit ihr uber seine Reaktion beraten, wenn er auch dem Rat\nseiner Ehefrau - Verweisung an Beratungsstellen - nicht nachgekommen ist. Nach\nden bindenden Feststellungen der Disziplinarkammer war es der Beamte, der die\njeweiligen Treffen mit der Zeugin abgebrochen hat, bevor korperliche Kontakte\nintensiver werden konnten. Schließlich hat er die Schwierigkeiten der Zeugin\nmit deren Mutter besprochen. Ein solches Verhalten insgesamt ist nicht von\neinem Lehrer zu erwarten, der sich einer Schulerin sexuell nahern will; es\nspricht vielmehr eindeutig gegen eine derartige Motivation.\n\n36\n\nDie von der Disziplinarkammer zitierte Rechtsprechung des Senats in den Fallen\nsexuellen Mißbrauches und sexueller Übergriffe von Lehrern auf Schuler oder\nSchulerinnen ist daher in diesem Fall nicht anwendbar. Zu Recht hat die\nDisziplinarkammer ausgefuhrt, daß in solchen Fallen in der Regel von einer\nUntragbarkeit des Beamten auszugehen und seine Entfernung aus dem Dienst\nanzuordnen ist. Fur einen Fall wie den hier vorliegenden gibt es allerdings\nkeine Regelmaßnahme. Der Beamte hat sicherlich gefehlt, indem er es uberhaupt\nzu korperlichen Kontakten mit der Schulerin in seinem Pkw kommen ließ. Dies\nsieht der Beamte, wie sich aus seiner auf das Disziplinarmaß beschrankten\nBerufung und ihrer Begrundung zeigt, auch ein.\n\n37\n\nDie zu verhangende Disziplinarmaßnahme muß \\- schon aus praventiven Grunden -\nfuhlbar sein. Dem Beamten und auch seiner Berufsgruppe muß deutlich vor Augen\ngefuhrt werden, daß solche Kontakte zu unterbleiben haben, auch und gerade\nwegen der Gefahr, daß einmal in dieser Art begonnene Kontakte leicht ausufern\nund sich in eine von dem Beamten gar nicht gewollte Richtung steigern konnen.\nSie sind daruber hinaus geeignet, einen geordneten Schulbetrieb nachhaltig zu\nstoren und Veranderungen des dienstlichen Aufgabenbereiches erforderlich zu\nmachen, wie es hier auch der Fall war.\n\n38\n\nBei der Frage, welche Maßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst\nangemessen ist, ist die Personlichkeit des Beamten zu wurdigen, der sich in\nlangen Jahren mit besonderem Einsatz seinen Dienstgeschaften gewidmet und\ndabei klar uberdurchschnittliche Leistungen gezeigt hat. Ferner ist zu\nbedenken, daß der Beamte durch die Vorfalle bereits spurbare Folgen\nhinzunehmen hatte und insofern bereits eine erzieherische Wirkung eingetreten\nist. Glaubhaft hat er dargelegt, es sei durch diese Vorfalle in seinem engstem\npersonlichen Bereich, Familie und Ehe, bereits zu erheblichen Schwierigkeiten\ngekommen. Auch beruflich hatte der Beamte bereits einen erheblichen Nachteil\nhinzunehmen. Die sichere Beforderung zum Studiendirektor ist unterblieben,\nweil der Beamte sich selbst vor dieser Beforderung offenbart und diese nicht\netwa erst vor einer Offenbarung in Anspruch genommen hat.\n\n39\n\nDer Senat sieht unter Abwagung aller genannten Umstande daher auch nicht das\nErfordernis, den Beamten zu degradieren. Vielmehr erscheint die Verhangung\neiner Gehaltskurzung erforderlich und ausreichend, um die erzieherische\nWirkung einer Disziplinarmaßnahme zu erreichen. Dabei erschien dem Senat\nangesichts der Einkommensverhaltnisse des Beamten unter Berucksichtigung\nseiner familiaren Situation eine Gehaltskurzung von 10 % fur die Dauer von\neinem Jahr angemessen.\n\n40\n\nDie Kostenfolge ergibt sich aus §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 115 Abs. 4 DO NW.\n\n41\n\n
307,953
ovgnrw-1999-03-05-2-b-6599
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
2 B 65/99
1999-03-05
2019-03-13 07:47:36
2019-03-27 09:51:10
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:1999:0305.2B65.99.00
## Tenor\n\nDer Antrag wird abgelehnt.\n\nDie Antragsteller tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens zu je einem\nViertel.\n\nDer Streitwert wird auf 16.000,00 DM festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDer Antrag hat keinen Erfolg.\n\n3\n\nNach § 146 Abs. 4 iVm § 124 Abs. 2 VwGO ist die Beschwerde nur zuzulassen,\nwenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen (§ 124\nAbs. 2 Nr. 1. VwGO), wenn die Rechtssache besondere tatsachliche oder\nrechtliche Schwierigkeiten aufweist (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), wenn die\nRechtssache grundsatzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), wenn der\nBeschluß von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des\nBundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshofe\ndes Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser\nAbweichung beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) oder wenn ein der Beurteilung des\nBeschwerdegerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und\nvorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). In\ndem Antrag auf Zulassung der Beschwerde sind die Grunde darzulegen, aus denen\ndie Beschwerde zuzulassen ist (§ 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO).\n\n4\n\nDie Antragsteller machen zunachst geltend, es bestunden ernstliche Zweifel an\nder Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts, weil\n"entgegen der Argumentation des Verwaltungsgerichts" hier gemaß § 27 Abs. 1.\nSatz 2 BVFG die Voraussetzungen der nachtraglichen Einbeziehung der\nAntragsteller zu 1.), 3) und 4) als Abkommlinge in den Aufnahmebescheid der\nFrau M. B. erfullt seien. Denn diese "erfulle die Voraussetzungen als\nSpataussiedlerin".\n\n5\n\nDieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Beschwerde nicht. Die\nAntragsteller zu 1.), 3) und 4) haben keinen Anspruch auf nachtragliche\nEinbeziehung. Als Rechtsgrundlage dafur kommt § 27 Abs. 1. Satz 2 BVFG in\nBetracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier jedoch nicht vor,\nweil die Bezugsperson der Antragsteller zu 1.), 3) und 4) die\nAussiedlungsgebiete schon nach den Angaben der Antragsteller in ihrer\nWiderspruchsbegrundung auf Dauer verlassen hatte, bevor den Antragstellern der\nAufnahmebescheid vom 21. November 1997 erteilt worden ist. Nach dem Inhalt der\nVerwaltungsvorgange stellte die im April 1994 ausgereiste Mutter des\nAntragstellers zu 1.) im Februar 1995 als Bevollmachtigte in Deutschland fur\ndie Antragsteller den Aufnahmeantrag. Die Einbeziehung ist namlich\ngrundsatzlich nur moglich, solange sich die Bezugsperson mit den\nEinbeziehungsbewerbern noch in den Aussiedlungsgebieten befindet.\n\n6\n\nVgl. Oberverwaltungsgericht fur das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Urteil\nvom 19. Januar 1999 - 2 A 2030/96 - (nicht rechtskraftig).\n\n7\n\nOb dieser Grundsatz in dem Fall, in dem sich die Bezugsperson auf eine\nbesondere Harte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG berufen kann, nicht oder nur\neingeschrankt gilt, kann hier offenbleiben, da die Antragsbegrundung\nsubstantiierte Anhaltspunkte fur einen Hartefall nicht enthalt. Die bloße\nBehauptung, es sei der Mutter des Antragstellers zu 1.) "wegen ihres\nGesundheitszustandes" unmoglich gewesen, langer als geschehen im\nHerkunftsgebiet abzuwarten", ist in keiner Weise konkretisiert und durch\nnichts belegt. Die in der Antragsbegrundung angesprochene Erkrankung nach der\nEinreise in die Bundesrepublik Deutschland gibt fur die Unzumutbarkeit des\nVerbleibens in den Aussiedlungsgebieten offensichtlich nichts her.\n\n8\n\nAuch der Vortrag der Antragsteller in der Antragsbegrundung hinsichtlich des\nVorliegens der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1. Nr. 2 BVFG ist nicht\ngeeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung\nzu wecken. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Beschluß im\nEinklang mit der standigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes davon\nausgegangen, daß wegen des engen Zusammenhanges zwischen Sprache, Erziehung\nund Kultur nicht von einer deutschen Erziehung des Aufnahmebewerbers oder von\nder Vermittlung deutscher Kultur an den Aufnahmebewerber ausgegangen werden\nkann, wenn es - wie hier vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluß\nangenommen und mit der Antragsbegrundung nicht ernsthaft bestritten - an dem\nMerkmal der deutschen Sprache im Sinne des § 6 Abs. 1. Satz 2 Nr. 2 BVFG\nfehlt. Wer - wie der Antragsteller zu 1.) in seiner Anhorung eingeraumt hat -\nnur unzulangliche Deutschkenntnisse hat und Russisch als Muttersprache oder\nbevorzugte Umgangssprache spricht, ist regelmaßig Angehoriger des russischen\nKulturkreises, was zugleich eine Erziehung im Sinne des russischen Volkstums\nindiziert.\n\n9\n\nVgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 12. November 1996 - 9 C 8.96 -,\nBVerwGE 102, 214 und vom 4. November 1997 - 9 C 36.96 -.\n\n10\n\nFur die von den Antragstellern in der Antragsbegrundung fur erforderlich\ngehaltene "Gewichtung" der vorhandenen Sprachkenntnisse "neben den anderen\nVoraussetzungen nach § 6 BVFG" bleibt danach offensichtlich kein Raum.\n\n11\n\nSoweit die Antragsteller daruber hinaus geltend machen, die Beschwerde sei\nzuzulassen, "da die Rechtssache grundsatzliche Bedeutung" habe, kann der\nAntrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Denn bei den fur grundsatzlich bedeutsam\ngehaltenen Fragen der nachtraglichen Einbeziehung und der Gewichtung der\nBestatigungsmerkmale im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1. Nr. 2 BVFG handelt es\nsich nicht um im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu klarende\ngrundsatzliche Fragen. Diese sind vielmehr im Verfahren zur Hauptsache zu\nklaren. Die Zulassung der Beschwerde im Verfahren auf Regelung der Vollziehung\nnach § 80 Abs. 5 Satz 1. VwGO kommt namlich nur dann in Betracht, wenn\nZulassungsgrunde speziell fur dieses Verfahren dargelegt sind. Solche\nZulassungsgrunde konnen sich im Verfahren auf Regelung der Vollziehung in der\nRegel nur auf speziell das Verfahren auf Gewahrung vorlaufigen Rechtsschutzes\nund seine Beurteilungsgrundlagen im Sinne der §§ 80, 80 a und 80 b VwGO\nbezogene Fragestellungen erstrecken.\n\n12\n\nVgl. OVG NW, Beschluß vom 18. Juni 1998 - 2 B 1700/97 -.\n\n13\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1. VwGO iVm § 100\nAbs. 1. ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts ergeht gemaß § 13 Abs. 1., 20\nAbs. 3 GKG.\n\n14\n\nDieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1. VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).\n\n15\n\n
307,961
lg-dusseldorf-1999-03-03-34-o-15698
808
Landgericht Düsseldorf
lg-dusseldorf
Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Landgericht
34 O 156/98
1999-03-03
2019-03-13 07:47:48
2019-03-27 09:51:09
Urteil
ECLI:DE:LGD:1999:0303.34O156.98.00
## Tenor\n\nDer Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM\nfur jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft\nbis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Vorstand der\nAntragsgegnerin zu vollstrecken ist, untersagt,\n\na)\n\nihre Mitglieder, soweit sie von Pflegediensten betreut werden, die dem\nAntragsteller angehoren, aufzufordern, Pflegeverhaltnisse zur Erbringung von\nLeistungen nach den SGB V zu beenden und neue Pflegeverhaltnisse nur mit von\nihr empfohlenen Pflegediensten abzuschließen,\n\nb)\n\ngegenuber ihren Mitgliedern, soweit sie von Pflegediensten betreut werden, die\ndem Antragsteller angehoren, zu behaupten,\n\nbei den in der Anlage 2 zum Vertrag uber hausliche Krankenpflege, die\nnachstehend wiedergegeben wird, genannten Betrage handelt es sich um\nmarktubliche Preise und daß Pflegedienste, soweit sie Mitglieder des\nAntragstellers sind, keine Zuzahlungen nehmen durfen fur den Fall, daß die\nVergutungssatze der Antragsgegnerin nicht akzeptiert werden.\n\nDie Kosten des Verfahrens tragt die Antragsgegnerin.\n\n \n1\n\n _Tatbestand :_\n\n2\n\nDer Antragsteller ist ein rechtsfahiger Verein zur Forderung der gewerblichen\nInteressen seiner 470 angeschlossenen selbstandigen privaten\nKrankenpflegedienste in Nordrhein-Westfalen.\n\n3\n\nDie Antragsgegnerin ist ein Zusammenschluß ehemaliger selbstandiger\nBetriebskrankenkassen mit rund 32.000 Mitgliedern.\n\n4\n\nZwischen den Parteien ist ein Vertrag gem. § 132 SGB V zustandegekommen, auf\nGrund dessen Krankenpflegedienste, die dem Antragsteller angeschlossen sind,\nMitgliedern der Antragsgegnerin Leistungen im Rahmen der hauslichen\nKrankenpflege erbracht haben. Die Antragsgegnerin hat den entsprechenden\nRahmenvertrag zum 31.12.1997 gekundigt. In § 20 Abs. 4 dieses Vertrages ist\nfestgelegt, daß bis zum Abschluß einer neuen Vereinbarung die bisherigen\nPreise weitergelten.\n\n5\n\nMit den ubrigen an dem Rahmenvertrag beteiligten Krankenkassen ist es entweder\nzu Neuabschlussen gekommen oder es ist vereinbart worden, daß der bisherige\nRahmenvertrag weiterhin Gultigkeit besitzt; erganzt worden ist dann lediglich\neine neue Vergutungsvereinbarung, wie dies zum Beispiel mit der geschehen ist.\n\n6\n\nNach Wirksam erden der Kundigung hat die Antragsgegnerin sich mit Schreiben\nvom 27.2.1998 an Mitglieder gewandt, die von Pflegediensten betreut wurden,\ndie dem Antragsteller angehoren. In diesem Schreiben heißt es:\n\n7\n\n"Sehr geehrte Frau ...,\n\n8\n\nwir hatten Sie vor einiger Zeit informiert, daß zwischen dem von Ihnen\ngewahlten Pflegedienst und unserer kein gultiger Vertrag mehr besteht.\n\n9\n\nLeider konnten wir mit dem Pflegedienst keine Einigung uber einen neuen\nVertrag erzielen. Wie in unserem damaligen Schreiben schon angekundigt,\nbedeutet dies, daß Sie einen anderen Pflegedienst in Anspruch nehmen mussen.\nUm Ihnen die Muhe zu ersparen, selbst einen Pflegedienst suchen zu mussen, mit\ndem wir einen Vertrag haben, schlagen wir vor, daß Sie sich telefonisch mit\nuns in Verbindung setzen. Wir benennen gerne Pflegedienste, mit denen wir\ngultige Vertrage haben. ... Bevor Sie Vereinbarungen mit einem Pflegedienst\nschließen, die Sie unter Umstanden finanziell belasten, sollten Sie sich in\njedem Fall mit uns in Verbindung setzen."\n\n10\n\nIn einem weiteren Schreiben der Antragsgegnerin vom 9.4.1998 an Mitglieder,\ndie ebenfalls von Pflegediensten betreut werden, die dem Antragsteller\nangehoren, hat die Antragsgegnerin ausgefuhrt:\n\n11\n\n"Fur die Zeit vom 1.4.1998 bis 30.6.1998 ubernehmen wir die Kosten der\nmedizinisch erforderlichen Behandlungspflege fur folgende Leistungen:\nMedikamentengabe 1 x taglich, 7 x wochentlich.\n\n12\n\nAnliegend erhalten Sie unsere Preisliste, aus der Sie entnehmen konnen, zu\nwelchen marktublichen Preisen wir die Leistungen ubernehmen. Vorsorglich\nweisen wir darauf hin, daß der von Ihnen gewahlte Pflegedienst keine\nZuzahlungen von den von uns genehmigten Leistungen erheben darf. Sollte Ihr\nPflegedienst nicht bereit sein, die Behandlungspflege zu diesen Konditionen zu\nerbringen, sind wir gern bereit, Ihnen Vertragspartner zu nennen, die eine\nqualitativ gleichwertige Leistung erbringen."\n\n13\n\nDer Antragsteller sieht in diesen Aussagen der Antragsgegnerin eine\nsittenwidrige und die Freiheit des Wettbewerbs beeintrachtigende\nHandlungsweise gem. §§ 1, 3 UWG der Antragsgegnerin und begehrt insoweit\nUnterlassung. Außerdem ist der Antragsteller der Ansicht, die Handlungsweise\nder Antragsgegnerin verstoße auch gegen Kartellrecht gem. §§ 26, 35 GWB, so\ndaß auch insoweit ein Unterlassungsanspruch gerechtfertigt sei.\n\n14\n\nDer Antragsteller beantragt,\n\n15\n\nwie geschehen.\n\n16\n\nDie Antragsgegnerin beantragt,\n\n17\n\nden Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfugung\nzuruckzuweisen.\n\n18\n\nDie Antragsgegnerin ist zunachst einmal der Ansicht, eine Irrefuhrung sei\nnicht gegeben; im ubrigen seien die Hinweise an ihre Mitglieder als\nVersicherte im Rahmen der offentlich-rechtlich gebotenen\nsozialversicherungsrechtlich vorgeschriebenen Beratungspflicht erfolgt und\ninsoweit notwendig gewesen. Auch ein Verstoß gegen Kartellrecht sei nicht\ngegeben, zumal die Antragsgegnerin nicht als marktbeherrschend oder marktstark\nanzusehen sei.\n\n19\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt\nBezug genommen.\n\n20\n\n _Entscheidungsgr unde :_\n\n21\n\nDer Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfugung ist\nzulassig und hat auch in der Sache in vollem Umfang Erfolg.\n\n22\n\nZunachst einmal ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulassig. Dies\nbedarf keiner weiteren Entscheidung, nachdem das Oberlandesgericht Dusseldorf\ndurch Beschluß vom 9.7.1998 (20 W 30/98 OLG Dusseldorf) eine entsprechende\nEntscheidung bezuglich des Rechtswegs bindend getroffen hat.\n\n23\n\nDie von dem Antragsteller geltend gemachten Unterlassungsanspruche ergeben\nsich aus §§ 13 Abs. 2 Nr. 2; 1, 3 UWG. Danach kann der Antragsteller von der\nAntragsgegnerin verlangen, daß diese es unterlaßt, die sich aus dem\nUrteilsausspruch im einzelnen ergebenden Aussagen weiterhin zu treffen.\n\n24\n\nSoweit die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 27.2.1998 ihren Mitgliedern bzw.\nVersicherten, soweit sie von Pflegediensten betreut werden, die dem\nAntragsteller angehoren, die Aufforderung hat zukommen lassen,\nPflegeverhaltnisse zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB V zu beenden und\nneue Pflegeverhaltnisse nur mit von ihr empfohlenen Pflegediensten\nabzuschließen, ist diese Aussage der Antragsgegnerin, insbesondere auch ihre\nAussage, daß der Versicherte einen anderen Pflegedienst in Anspruch nehmen\nmusse, zunachst einmal irrefuhrend im Sinne des § 3 UWG. Wie die\nAntragsgegnerin namlich selbst in ihrem Schreiben vom 17.3.1998 an die\nanwaltlichen Bevollmachtigten des Antragstellers, die Rechtsanwalte in\nSchwelm, eingeraumt hat und sich aus den Regelungen im Sozialgesetzbuch\nVergibt, besteht namlich eine Wahlfreiheit zwischen den Leistungserbringern,\nso daß in keinem Falle lediglich von der Antragsgegnerin empfohlene\nPflegedienste als Vertragspartner der Versicherten in Betracht kommen konnen.\nInsoweit ist die entsprechende Aussage der Antragsgegnerin irrefuhrend im\nSinne des § 3 UWG und damit wettbewerbswidrig, so daß ein entsprechender\nUnterlassungsanspruch gegeben ist. Mit ihrem wettbewerbswidrigen Verhalten\ntritt die Antragsgegnerin auch im geschaftlichen Verkehr zu Zwecken des\nWettbewerbs auf, denn sie fordert den Wettbewerb der von ihr empfohlenen\nPflegedienste, da mit diesen Pflegeverhaltnisse zustande kommen sollen. Diese\nAbsicht, fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen Mitbewerbers - hier der\nMitglieder des Antragstellers - zu fordern, reicht aus, um von einem Handeln\nim geschaftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auszugehen (vgl.\nBaumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., Einleitung UWG Rdnr. 232).\nDaß die Antragsgegnerin, wie sie vortragt, dabei keine Gewinnerzielungsabsicht\nhaben mag, steht der Annahme eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs nicht\nentgegen. Insoweit genugt die - hier gegebene - konkrete Zielsetzung, sich am\nWettbewerb zu beteiligen (vgl. BGH GRUR 1982, 425, 430 - Brillen-\nSelbstabgabestellen).\n\n25\n\nEin Unterlassungsanspruch ist auch im Hinblick auf die Aussage der Beklagten\nin ihrem weiteren Schreiben vom 9.4.1998 an ihre Mitglieder, soweit sie von\nPflegediensten betreut werden, die dem Antragsteller angehoren, gem. §§ 1, 3\nUWG gegeben. Soweit die Antragsgegnerin darin namlich die Aussagen getroffen\nhat, es handele sich bei den genannten Betragen um marktubliche Preise und die\nPflegedienste, soweit sie Mitglieder des Antragstellers sind, durften keine\nZuzahlungen nehmen, sind diese Aussagen der Antragsgegnerin ebenfalls\nwettbewerbswidrig im Sinne der §§ 1, 3 UWG. Auch insoweit ist insbesondere\neine Irrefuhrung gegeben, da nach dem unbestrittenen Vortrag des\nAntragstellers die und alle im Rheinland vertretenen Betriebskrankenkassen mit\nAusnahme der Antragsgegnerin andere Vergutungssatze zahlen, so daß von einer\nMarktublichkeit der Vergutungssatze der Antragsgegnerin nicht ausgegangen\nwerden kann. Eine Irrefuhrung liegt daruber hinaus in der Behauptung, daß die\nPflegedienste keine Zuzahlungen verlangen durfen; Zuzahlungen durfen namlich\ngrundsatzlich nur dann nicht verlangt werden, wenn dies vertraglich vereinbart\nist, was vorliegend nicht der Fall ist.\n\n26\n\nIn den vorgenannten Handlungsweisen der Antragsgegnerin ist daruber hinaus\nauch ein Verstoß gegen § 1 UWG zu sehen, weil die Antragsgegnerin durch ihr\nEingreifen in den Wettbewerb durch irrefuhrenden Aussagen gegenuber ihren\nMitgliedern in einem nicht unerheblichen Umfang einen Leistungswettbewerb\nausschaltet und damit zu einer ernstlichen Gefahr fur dessen Bestand fuhrt,\nwas mit § 1 UWG nicht zu vereinbaren ist (vgl. auch Baumbach/Hefermehl,\nWettbewerbsrecht, 20. Aufl., § 1 UWG Rdnr. 937 m.w.N.).\n\n27\n\nDie Handlungsweise der Antragsgegnerin ist auch nicht aus\nsozialversicherungsrechtlicher Sicht geboten oder gerechtfertigt. Die\nAntragsgegnerin kann sich insoweit jedenfalls nicht auf eine Beratungspflicht\ngegenuber den Versicherten berufen, denn es verstoßt gegen die guten Sitten,\nwenn die Antragsgegnerin als offentlich-rechtliche Korperschaft und Tragerin\nder gesetzlichen Sozialversicherung ihre Autoritat und die damit verbundene\nVertrauensstellung durch Irrefuhrung zur Forderung fremden Wettbewerbs\nausnutzt.\n\n28\n\nNach alledem sind die von dem Antragsteller geltend gemachten\nUnterlassungsanspruche gegeben.\n\n29\n\nEin Verfugungsgrund ergibt sich aus der gesetzlichen Vermutung gem. § 25 UWG,\nso daß den Antragen des Antragstellers in vollem Umfang zu entsprechen ist.\n\n30\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.\n\n31\n\nEiner Entscheidung zur vorlaufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil\nUrteile, die in einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfugung\nergehen, ohne weiteres vollstreckbar sind.\n\n32\n\nStreitwert: 50.000,-- DM.\n\n
307,964
olgk-1999-03-03-16-wx-2399
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
16 Wx 23/99
1999-03-03
2019-03-13 07:47:55
2019-03-27 09:51:08
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:1999:0303.16WX23.99.01
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e :**\n\n2\n\nDie sofortige weitere Beschwerde ist zulassig, insbesondere form- und\nfristgerecht eingelegt, §§ 45 Abs. 1 WEG, 20, 22, 27, 29 FGG. Sie hat jedoch\nin der Sache keinen Erfolg.\n\n3\n\nDie Entscheidungen der Vorinstanzen sind aus Rechtsgrunden - was allein\nGegenstand der Nachprufung im Rechtsbeschwerdeverfahren sein kann (§ 27 FGG) -\nnicht zu beanstanden.\n\n4\n\nDas Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zuruckgewiesen\nunter Bezugnahme auf die zutreffenden Grunde der amtsgerichtlichen\nEntscheidung, wonach der Antragsgegner zur Zahlung von 2.791,20 DM nebst 4 %\nZinsen aus jeweils 232,60 DM seit dem 06.01., 06.02., 06.03. und 06.04.1998\nsowie aus 1.860,80 DM seit dem 11.05.1998 an die Wohnungseigentumer der\nWohnungseigentumsanlage G., zu Handen des Verwalters D G verpflichtet ist. Zur\nBegrundung hat das Amtsgerichts ausgefuhrt, dass die Verpflichtung des\nAntragsgegners auf § 16 Abs. 2 WEG i.V.m. den Eigentumerbeschlussen vom\n19.04.1997 beruht, ohne dass es darauf ankame, ob Herr D. G. wirksam zum\nVerwalter bestellt worden sei.\n\n5\n\nDiese Erwagungen halten der rechtlichen Nachprufung stand.\n\n6\n\nBerechtigt, Anspruche auf Wohngeldvorauszahlungen geltend zu machen, sind alle\nWohnungseigentumer im Sinne von § 432 BGB, die von dem einzelnen\nWohnungseigentumer, hier dem Antragsgegner, Leistung der beschlossenen\nVorschusszahlungen zum Gemeinschaftsvermogen, auch zu Handen des Verwalters\nverlangen konnen. Diese Anspruche bestehen unabhangig von der Frage, wer zum\nVerwalter bestellt worden ist und ob dessen Bestellung rechtmaßig erfolgte.\nNicht zu beanstanden ist weiter die Verpflichtung des Antragsgegners, die\nWohngeldvorauszahlungen "zu Handen des Verwalters D. G." zu leisten. Herr D.\nG. ist in der außerordentlichen Wohnungseigentumerversammlung vom 17.07.1996\nals neuer Verwalter bestatigt worden. Dieser Beschluss ist nicht angefochten\nworden, so dass von einer wirksamen Bestellung des Herrn D. G. zum Verwalter\nauszugehen ist. Grunde, die ausnahmsweise zu einer Nichtigkeit des Beschlusses\nfuhren konnten, sind nicht ersichtlich, insbesondere reichen dazu mogliche\nFormmangel bei der Einberufung der außerordentlichen\nWohnungseigentumerversammlung nicht aus (vgl. Weitnauer-Luke,\nWohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl., 1995, § 24 vor Rdnr. 1). Soweit der\nAntragsgegner in seiner Beschwerdeschrift vom 04.01.1999 nunmehr weitere\nGrunde vortragt, die gegen eine ordungsgemaße Bestellung des Herr G. zum\nVerwalter und die ordnungsgemaße Erfullung seiner Aufgaben als Verwalter\nsprechen, ist dieser - neue - Sachvortrag im Rechtsbeschwerdeverfahren\nunbeachtlich, da hier nur noch die Rechtsanwendung durch den Tatrichter\nuberpruft wird (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Aus dem gleichen Grunde unzulassig\nsind im Rechtsbeschwerdeverfahren daruberhinaus auch die hier erstmals\ngestellten Antrage des Antragstellers auf Feststellung der Nichtigkeit des\nBeschlusses vom 04.04.1996 (gemeint ist offenbar der Beschluss vom 27.04.1996,\nwie sich aus Anlage 1 zur Beschwerdeschrift ergibt), sowie die Feststellung,\ndass keine Berechtigung fur den Antrag vom 23.04.1998 bestand.\n\n7\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen,\ndem unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten des Verfahrens dritter\nInstanz aufzuerlegen (§ 47 Satz 1 WEG). Im ubrigen bestand kein Anlass fur\neine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten, da die Antragssteller\nund Beschwerdegegner am Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligt waren.\n\n8\n\nGeschaftswert fur das Rechtsbeschwerdeverfahren: 2.791,20 DM\n\n
307,972
vg-minden-1999-03-02-4-k-373997
845
Verwaltungsgericht Minden
vg-minden
Minden
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
4 K 3739/97
1999-03-02
2019-03-13 07:48:07
2019-03-27 09:51:07
Urteil
ECLI:DE:VGMI:1999:0302.4K3739.97.00
## Tenor\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Verfahrens.\n\nDas Urteil ist wegen der Kosten vorlaufig vollstreckbar. Der Klager darf die\nVollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des\nVollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der\nVollstreckung Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDer Klager verweigerte anlaßlich einer polizeiarztlichen Reihenuntersuchung am\n27.3.1997 die Blutentnahme mit dem Hinweis, es lagen aktuelle, durch seinen\nHausarzt erhobene, Blutwerte vor.\n\n3\n\nDa der vorgelegte Blutbefund - insbesondere wegen Fehlens einer Beurteilung\nder aktuellen Leberwerte - fur nicht ausreichend erachtet wurde, forderte der\nPolizeiarztliche Dienst den Klager mit Schreiben vom 8.4.1997 auf, sich einer\nBlutentnahme zu unterziehen, damit eine abschließende Beurteilung seiner\nLehrgangs-, Sport- und Kfz-Tauglichkeit erfolgen konne.\n\n4\n\nMit Widerspruch vom 28.4.1997 wandte sich der Klager gegen die angeordnete\nBlutuntersuchung durch den Polizeiarzt, die er unter Aufrechterhaltung seines\nWiderspruchs jedoch am 26.6.1997 durchfuhren ließ.\n\n5\n\nDie Bezirksregierung E. stellte mit Widerspruchsbescheid vom 1.8.1997 fest,\ndaß die Anordnung, sich einer Blutuntersuchung zu unterziehen, rechtmaßig\ngewesen sei und wies den Widerspruch des Klagers zuruck.\n\n6\n\nAm 4.9.1997 hat der Klager Klage erhoben, mit der er um Klarung bittet: "1.\nIst der Polizeibeamte verpflichtet, ohne daß ein Anlaß besteht, sich in\nbestimmten Abstanden vom Polizeiarzt Blut abnehmen zu lassen, um damit seine\nFahrtauglichkeit fur Dienstkraftfahrzeuge nachzuweisen?\n\n7\n\n2\\. Wenn zu 1. mit "ja" als rechtens festgestellt werden sollte, dann mochte\nich fur meinen konkreten Fall wissen, ob die aktuellen Werte meines\nbehandelnden Internisten, Herrn Dr. T. , nicht ausgereicht hatten."\n\n8\n\nDas beklagte Land beantragt,\n\n9\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n10\n\nDie Beteiligten haben sich ubereinstimmend mit einer Entscheidung durch die\nBerichterstatterin ohne mundliche Verhandlung einverstanden erklart.\n\n11\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug\ngenommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen\nVerwaltungsvorgange des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung waren.\n\n12\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n13\n\nDie Kammer konnte im Einverstandnis der Beteiligten ohne mundliche Verhandlung\n(§ 101 Abs. 2 VwGO) durch die Berichterstatterin (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO)\nentscheiden.\n\n14\n\nDie Klage des nicht anwaltlich vertretenen Klagers ist als Feststellungsklage,\ndaß die Anordnung des Polizeiarztlichen Dienstes vom 8.4.1997 und der\nWiderspruchsbescheid der Bezirksregierung E. vom 1.8.1997 rechtswidrig waren,\nzulassig. Insbesondere hat der Klager ein berechtigtes Interesse an der\nbegehrten Feststellung, da die Widerspruchsbehorde im Bescheid vom 1.8.1997\nausdrucklich festgestellt hat, daß der angefochtene Verwaltungsakt rechtmaßig\ngewesen ist.\n\n15\n\nDie Klage ist jedoch nicht begrundet. Die Anordnung der Blutentnahme durch den\nPolizeiarztlichen Dienst war rechtmaßig und verletzte den Klager nicht in\nseinen Rechten.\n\n16\n\nDie Tauglichkeit des Klagers zum Fuhren von Polizeikraftfahrzeugen ist gem.\nNr. 7 des RdErl. des Innenministers vom 16.2.1982 "Fuhren von\nPolizeikraftfahrzeugen" (MBl NW S. 358) in bestimmten Abstanden zu\nuntersuchen. Da diese Untersuchung gem. Nr. 1 des RdErl. des Innenministers\nvom 18.1.1982 "Vorsorge-, Eignungs- und Überwachungsuntersuchungen der\nPolizeivollzugsbeamten" (MBl NW S. 211) im Rahmen der vorbeugenden\nGesundheitsfursorge (§ 3 FHVOPol vom 10.10.1967, GV NW S. 188) zu erfolgen\nhat, ist klargestellt, daß sie grundsatzlich von einem Polizeiarzt\ndurchzufuhren ist. Die Untersuchung muß dabei mindestens den Anforderungen fur\ndie Überwachungsuntersuchung der Berufsgenossenschaftlichen Grundsatze fur\narbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (G 25) entsprechen.\n\n17\n\nIn dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 25 "Fahr-, Steuer- und\nÜberwachungstatigkeiten" sind die Untersuchungsarten mit ihren Inhalten\naufgefuhrt, die zwingend durchzufuhren sind. Blutuntersuchungen sind nach den\nGrundsatzen fur arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei Bedarf\ndurchzufuhren. Die Notwendigkeit und den Umfang einer Blutuntersuchung\nbestimmt im vorliegenden Fall naturgemaß der Polizeiarzt, da dieser die\nGesundheitsvorsorgeuntersuchungen fur Polizeibeamte durchfuhrt. Es ist\ndemzufolge nicht zu beanstanden, daß der Polizeiarzt Dr. L1. vom Klager die\nVornahme einer Blutuntersuchung mit zahlreichen Parametern gefordert hat, die\ninsbesondere auch eine Beurteilung der aktuellen Leberwerte ermoglichte.\n\n18\n\nDem Klager ist entgegengekommen worden, als ihm die Moglichkeit gegeben wurde,\ndie Blutuntersuchungsergebnisse seines Hausarztes vorzulegen. Hatten sie die\nvom Polizeiarzt fur notig gehaltenen Parameter enthalten, so waren sie\nsicherlich der Beurteilung, ob der Klager tauglich fur das Fuhren von\nPolizeikraftfahrzeugen ist, zugrundegelegt worden. Der den Klager betreffende\nLaborbefund vom 3.3.1997 (Zentrallabor der Ärztegemeinschaft OWL e.V.) enthalt\njedoch keine Werte zur Leberdiagnostik. Da Leberwerte Aufschluß uber das\nTrinkverhalten eines Patienten geben, ist es nicht zu beanstanden, daß der\nPolizeiarzt grundsatzlich solche Untersuchungen fordert. Da entsprechende\nParameter in der außerdienstlich veranlassten Blutuntersuchung des Klagers\nfehlten, war es nicht fehlerhaft, den Klager unter dem 8.4.1997 aufzufordern,\nsich der Blutentnahme durch den Polizeiarzt zu unterziehen.\n\n19\n\nDie vom Klager spater eingereichten Laborbefunde, die durch Dr. T. unter dem\n14.4.1997 veranlaßt worden waren und auch eine Reihe von Leberwerten\nenthielten, brauchte der Beklagte hingegen nicht mehr zu berucksichtigen.\nNachdem er sich bereit erklart hatte, ggf. die am Tag der Reihenuntersuchung\n(27.3.1997) bereits vorliegenden Laborbefunde zu verwerten, brauchte er nicht\nnoch weitere Ergebnisse von Blutuntersuchungen, die durch niedergelassene\nÄrzte erst nach dem 8.4.1997 durchgefuhrt wurden, abzuwarten und zu verwerten.\nDie Entscheidung ob die Laborwerte von 14.04.1997 fur die Tauglichkeitsprufung\nausgereicht hatten, ist nicht vom Gericht zu treffen.\n\n20\n\nDer Umstand, daß moglicherweise in anderen Regierungsbezirken des Landes\nNordrhein-Westfalen bei der Fahrtauglichkeitsuntersuchung anders verfahren\nwird, daß insbesondere nicht routinemaßig, sondern nur unter bestimmten\nVoraussetzungen eine Blutentnahme stattfindet, ist fur die Bewertung des\nvorliegenden Falles nicht relevant. Es kommt nur auf die Handhabung des\nBeklagten an.\n\n21\n\nDie Kosten der demnach abzuweisenden Klage tragt der Klager gem. § 154 Abs. 1\nVwGO. Die Entscheidung uber die vorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §\n167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 710 ZPO.\n\n
308,005
ovgnrw-1999-02-25-2-a-489797
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
2 A 4897/97
1999-02-25
2019-03-13 07:48:54
2019-03-27 09:51:03
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:1999:0225.2A4897.97.00
## Tenor\n\nDer angefochtene Gerichtsbescheid wird geandert.\n\nDie Klage wird abgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszuge.\n\nDie Kostenentscheidung ist vorlaufig vollstreckbar. Der Klager darf die\nVollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hohe des jeweils beizutreibenden\nBetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher\nHohe Sicherheit leistet.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\nDer Streitwert wird fur das Verfahren erster Instanz bis zum Zeitpunkt der\nKlageanderung am 6. Mai 1995 auf 8.000,00 DM und fur die Zeit danach sowie fur\ndas Berufungsverfahren auf 800,00 DM festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDie zulassige Berufung der Beklagten mit dem Antrag,\n\n3\n\nden angefochtenen Gerichtsbescheid zu andern und die Klage abzuweisen,\n\n4\n\nist begrundet.\n\n5\n\nDer Senat entscheidet nach Anhorung der Beteiligten gemaß § 130 a Satz 1 der\nVerwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch Beschluß, weil er die Berufung\neinstimmig fur begrundet und eine mundliche Verhandlung nicht fur erforderlich\nhalt. Die vom Klager mit Schriftsatzen vom 2. Mai 1995 und 6. Juni 1995\ngeanderte Klage ist unzulassig.\n\n6\n\nDer Klager begehrt nunmehr, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 10.\nJanuar 1995 "uber die Kosten des Widerspruchsverfahrens unter Beachtung der\nAuffassung des Gerichts zu entscheiden", also die Beklagte zum Erlaß einer\nKostengrundentscheidung zu verpflichten, nach der den Klagern die Kosten des\nVorverfahrens zu erstatten sind.\n\n7\n\nMit diesem Klageantrag hat der Klager den Streitgegenstand und damit seine\nKlage geandert. Denn nach dem ursprunglichen Klageantrag und der\nKlagebegrundung war Streitgegenstand die Erteilung eines Aufnahmebescheides\nnach dem Vertriebenenrecht, hier den §§ 26, 27 Abs. 1 BVFG. Nunmehr ist\nStreitgegenstand allein die Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren. Die\nKlage ist jetzt auf den Erlaß einer anderen als der getroffenen\nKostengrundentscheidung im Vorverfahren gerichtet. Als Rechtsgrundlage fur\ndieses Klagebegehren kommen allein die §§ 72, 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO, 80 Abs. 1\nVwVfG in Betracht.\n\n8\n\nDer nunmehr gestellte Klageantrag war auch nicht bereits in dem ursprunglichen\nKlageantrag enthalten. Denn § 80 VwVfG enthalt eine Regelung lediglich uber\ndie Kostenlast fur das isolierte Widerspruchsverfahren. Die Rechtmaßigkeit\ndieser Entscheidung gemessen an den Vorschriften des\nVerwaltungsverfahrensgesetzes durch das Verwaltungsgericht kann nur im\nisolierten Verfahren gerichtet allein auf Überprufung der Kostenentscheidung\nzur Überprufung gestellt werden. Schließt sich an das Vorverfahren ein\nverwaltungsgerichtliches Verfahren in der Hauptsache an, so erfaßt die\nKostenentscheidung des Gerichts gemaß § 162 Abs. 1 und 2 VwGO auch die Kosten\ndes Vorverfahrens und zwar auch insoweit, als daruber von der Ausgangs- oder\nWiderspruchsbehorde bereits durch Verwaltungsakt gemaß § 80 VwVfG entschieden\nworden ist. Die Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren wird nach der\nKostenentscheidung des Gerichts gegenstandslos.\n\n9\n\nVgl. Kopp, VwVfG, 5. Auflage, § 80 Rdn. 4; Stelkens/Bonk/Sachs,\nVerwaltungsverfahrensgesetz, 4\\. Auflage, § 80 Rdn. 2 ff.\n\n10\n\nNach der ursprunglichen Klage auf Erteilung eines Aufnahmebescheides richtete\nsich die Frage der Kostenlast fur das Vorverfahren nur nach den Kostenregeln\nfur das verwaltungsgerichtliche Verfahren gemaß den §§ 154 ff VwGO. Mit der\nErhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage haben die Klager allein den\nvertriebenenrechtlichen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides zum\nStreitgegenstand gemacht, da es sich bei den Kostenentscheidungen nach § 154\nff VwGO um unselbstandige Nebenentscheidungen des verwaltungsgerichtlichen\nVerfahrens handelt (vgl. § 158 Abs. 1 VwGO), bei der die Kostenentscheidung im\nVorverfahren, wie aus § 162 Abs. 1 VwGO ersichtlich, keiner gesonderten\nPrufung etwa in Anwendung der §§ 72, 73 Abs. 1 VwGO, 80 Abs. 1 VwVfG\nunterzogen wird.\n\n11\n\nDiese Klageanderung ist gemaß § 91 Abs. 1 zulassig, da die Beklagte mit\nSchriftsatz vom 2. Oktober 1995 konkludent in die Klageanderung eingewilligt\nhat.\n\n12\n\nDie Klage in der geanderten Form ist jedoch wegen Versaumung der Klagefrist\nunzulassig. Auch bei einer zulassigen Klageanderung ist die Klage nur dann\nzulassig, wenn alle sonstigen Zulassigkeitsvoraussetzungen erfullt sind. Nach\n§ 74 Abs. 2 VwGO ist eine Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats nach\nAblehnung des Antrages auf Vornahme des Verwaltungsaktes zu erheben.\n\n13\n\nDiese Voraussetzung ist hier nicht erfullt. Die Verpflichtungsklage auf\nÄnderung der Kostengrundentscheidung nach den §§ 72, 73 Abs. 3 VwGO, 80 Abs. 1\nVwVfG konnte hier fristgerecht nur innerhalb eines Monats nach Zustellung des\nWiderspruchsbescheides vom 10. Januar 1995 erhoben werden. Zwar war ein Antrag\nauf Erlaß einer Kostengrundentscheidung hier entbehrlich, weil diese\nEntscheidung schon kraft Gesetzes gemaß § 73 Abs. 3 VwGO zu erfolgen hat. Da\ndas Bundesverwaltungsamt jedoch in dem Widerspruchsbescheid in Form eines\nVerwaltungsaktes uber die Kosten des Vorverfahrens entschieden hatte, begann\ndie Monatsfrist des § 74 Abs. 2 VwGO fur die Erhebung der Verpflichtungsklage\nauf Änderung der Kostengrundentscheidung mit der Zustellung des\nWiderspruchsbescheides zu laufen. Die Klage gegen diese mit einer\nordnungsgemaßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Entscheidung war daher\ninnerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides, also bis\nzum 11. Februar 1995 zu erheben. Sie ist jedoch verspatet bei Gericht\neingegangen, da sie fruhestens erst mit Eingang des die Klageanderung\nenthaltenen Schriftsatzes vom 2. Mai 1995 bei Gericht am 6. Mai 1995 wirksam\nerhoben worden ist. Fur eine Wiedereinsetzung des Klagers hinsichtlich der\nKlagefrist in den vorigen Stand ist danach schon deshalb kein Raum, weil die\nVersaumung der Klagefrist nicht auf einem unverschuldeten Hindernis, sondern\ndarauf beruht, daß der Klager die Rechtslage zunachst anders beurteilt und\nbegehrt hat, die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Aufhebung des\nAblehnungsbescheides aufzunehmen.\n\n14\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711\nder Zivilprozeßordnung.\n\n15\n\nDie Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2\nVwGO nicht vorliegen.\n\n16\n\nDie Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 GKG.\n\n17\n\n
308,357
ovgnrw-1998-12-29-16-b-225198
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
16 B 2251/98
1998-12-29
2019-03-13 07:58:20
2020-12-10 13:11:47
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:1998:1229.16B2251.98.00
## Tenor\n\nDie Beschwerden werden zugelassen.\n\nDer Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem\nAntragsteller die beantragten Mittel zur Forderung hauptamtlicher Beratung fur\nehrenamtliche Betreuer in Hohe von 18.500 DM im Forderjahr 1998 vorlaufig\nauszuzahlen oder sie zu hinterlegen bzw. anderweitig sicherzustellen, daß ein\netwaiger Forderanspruch des Antragstellers nach Maßgabe der noch ausstehenden\nrechtskraftigen Entscheidung uber die verwaltungsgerichtliche Klage des\nAntragstellers unbeschadet des bis dahin eingetretenen Zeitablaufs, einer\nHaushaltssperre oder einer anderweitigen Verwendung der entsprechenden\nHaushaltsmittel verwirklicht werden kann.\n\nHinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten verbleibt es bei der Entscheidung\ndes Verwaltungsgerichts. Von den zweitinstanzlichen Kosten tragen der\nAntragsgegner und die Beigeladenen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten\nselbst; die ubrigen Kosten tragen der Antragsgegner zur Halfte, der\nBeigeladene zu 1. zu einem Drittel und der Beigeladene zu 2. zu einem\nSechstel.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDie Zulassung der Beschwerden beruht auf § 146 Abs. 4 VwGO iVm § 124 Abs. 2\nNr. 3 VwGO entsprechend (grundsatzliche Bedeutung der Rechtssache).\n\n3\n\nDer Senat entscheidet zugleich uber die auf dasselbe Ziel gerichteten\nBeschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1. und 2., weil dem\nAntragsteller im Falle des weiteren Zuwartens unwiederbringliche\nRechtsverluste drohen.\n\n4\n\nVgl. OVG NW, Beschluß vom 20\\. Februar 1998 - 5 B 128/98 - und \\- 5 E 89/98 -,\nNJW 1998, 1969 (m.w.N.).\n\n5\n\nDas trifft vorliegend zu. Nach den jungsten Bekundungen des Antragsgegners muß\nnamlich eine Vergabe der Fordermittel aus haushaltsrechtlichen Grunden noch im\nlaufenden Kalenderjahr 1998 erfolgen. Daher wurde eine Verzogerung der\nAuszahlung uber den Jahreswechsel hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit die\nRealisierung des etwaigen Forderanspruches des Antragstellers auf Dauer\nvereiteln. Eine Anspruchsvereitelung ware auch dann mit erheblicher\nWahrscheinlichkeit zu besorgen, wenn der Antragsgegner die noch ausstehenden\nForderbetrage wie zunachst vorgesehen vorbehaltlos und endgultig an die\nBeigeladenen auszahlen wurde. Demgegenuber ist der Verlust der Moglichkeit, in\nKenntnis der Senatsentscheidung uber die Zulassungsantrage nochmals zur Sache\nvorzutragen, als nachrangig einzustufen, zumal die Verfahrensbeteiligten\nbereits im Zulassungsverfahren umfanglich zu den streiterheblichen\nRechtsfragen Stellung genommen haben.\n\n6\n\nGemaß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung\neines vorlaufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhaltnis,\ninsbesondere ein solches dauernder Art, erlassen werden, wenn diese Regelung\nzur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder\naus anderen Grunden notig erscheint. Vorliegend ist von einer im wesentlichen\nnoch offenen Rechtslage auszugehen, die dadurch gekennzeichnet ist, daß ein\nAnspruch des Antragstellers auf Berucksichtigung im Forderverfahren fur das\nJahr 1998 ernstlich in Betracht kommt, andererseits aber nicht mit Sicherheit\ngegeben ist. Dabei erscheint dem Senat wie auch schon dem Verwaltungsgericht\ndas vom Antragsgegner angewandte Kriterium des Fallzahlenvergleichs als\nNegativindikator fur die Erfullung der sog. Querschnittsaufgaben als\nfragwurdig, zumal es nicht allein auf den zu fordernden Mitarbeiter des\njeweiligen Betreuungsvereins, sondern auf alle hauptamtlich Beschaftigten\nbezogen worden ist. Andererseits lassen sich die vom Antragsgegner bzw. den\nBeigeladenen angefuhrten Gesichtspunkte nicht ganzlich von der Hand weisen.\nDas gilt namentlich insoweit, als staatliche Subventionsleistungen\ntypischerweise auf eine Verhaltensbeeinflussung bei den Empfangern hin\nausgerichtet sind, so daß sie ins Leere gehen bzw. lediglich "mitgenommen"\nwerden, wenn sich der betreffende Empfanger auch unabhangig von der Forderung\nin der gewunschten Weise verhalt; allerdings wird der Antragsgegner der Gefahr\nderartiger Mitnahmeeffekte bei allen Forderungsbewerbern zu beachten haben,\nnicht allein beim Antragsteller.\n\n7\n\nDie vom Senat getroffene einstweilige Regelung soll der noch offenen\nRechtslage entsprechend auch die tatsachlichen Verhaltnisse offen halten und\ninsbesondere verhindern, daß der Antragsteller wie schon in den\nvorangegangenen Forderjahren durch die vollstandige Auskehrung der\nForderbetrage an die Beigeladenen bzw. durch bloßen Zeitablauf die\ntatsachliche Moglichkeit der Anspruchsverwirklichung verliert. Dagegen ist\nweder eine Regelung, wie sie das Verwaltungsgericht in seinem vorgeschalteten\nBeschluß vom 29. Juni 1998 getroffen hat, noch eine Verpflichtung zur\nvorlaufigen Neuentscheidung entsprechend dem angefochtenen\ninstanzabschließenden Beschluß vom 10. September 1998 geeignet, eine\ndauerhafte Rechtsvereitelung zu Lasten des Antragstellers zu verhuten.\n\n8\n\nDer Senat geht davon aus, daß die nunmehr neugefaßte einstweilige Anordnung im\npraktischen Ergebnis weniger vorwegnimmt als die Entscheidung des\nVerwaltungsgerichts, weil dem Antragsgegner nach naherer Maßgabe der\nhaushaltsrechtlichen Gegebenheiten ein Spielraum fur die Beantwortung der\nFrage verbleibt, in welcher Weise er den drohenden faktischen Anspruchsverlust\ndes Antragstellers bis zum Zeitpunkt einer bestandskraftigen\nHauptsacheentscheidung vermeiden will. Eine derartige Sicherstellung muß\ninsbesondere nicht notwendigerweise die Beigeladenen oder einzelne von ihnen\nbenachteiligen. Vielmehr besteht fur den Antragsgegner auch die Moglichkeit,\nalle Beigeladenen mit den beantragten und zuerkannten Fordermitteln\nauszustatten, wenn nur gewahrleistet ist, daß eine vollstandige Befriedigung\ndes Antragstellers moglich bleibt. Ein unzumutbarer Nachteil fur den\nAntragsteller wird in der neugefaßten Regelung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO\nschon deshalb nicht gesehen werden konnen, weil dieser von Anfang an zu\nerkennen gegeben hat, daß ihm nicht wesentlich an einem unverzuglichen\nMittelzufluß gelegen ist, sondern vielmehr daran, eine (erneute)\nRechtsvereitelung auch im Forderjahr 1998 zu verhindern. Diesem Anliegen wird\ndie getroffene Regelung auch dann gerecht, wenn der Antragsgegner von der ihm\neingeraumten Abwendungsbefugnis Gebrauch macht und haushaltstechnisch die\nMoglichkeit einer kunftigen Anspruchsbefriedigung offen halt, ohne schon jetzt\ndie beantragten Fordermittel unmittelbar an den Antragsteller zu leisten.\n\n9\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO sowie auf § 159 Satz\n1 VwGO iVm § 100 Abs. 1 ZPO.\n\n10\n\nDieser Beschluß ist gemaß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.\n\n11\n\n
308,451
olgham-1998-12-15-1-uf-11298
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
1 UF 112/98
1998-12-15
2019-03-13 08:00:43
2020-12-10 13:12:01
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:1998:1215.1UF112.98.00
## Tenor\n\n1.\n\nDie Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts -\nFamiliengericht - Bielefeld vom 17. Juni 1998 wird auf seine Kosten\nzuruckgewiesen.\n\n2.\n\nIn Abanderung des Prozeßkostenhilfebeschlusses des Amtsge-richts -\nFamiliengericht - Bielefeld vom 17. Juni 1998 wird dem Antragsteller in dem\nVerfahren 1 WF 100/98 auf seine Beschwerde Prozeßkostenhilfe bewilligt und fur\ndie erste Instanz Rechtsanwalt Dr. I in C bei-geordnet.\n\n3.\n\nDer Wert fur das Beschwerdeverfahren (einstweilige Ver-fugung) wird auf\n6.300,00 DM festgesetzt.\n\n \n1\n\nDas Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluß den Antrag des\nAntragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfugung zuruckgewiesen, mit dem\ner die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung monatlichen Unterhalts fur\nden Zeitraum vom 01.06. bis 30.11.1998 in Hohe von monatlich 1.050,00 DM\nbegehrt hat. Die dagegen gerichtete zulassige Beschwerde des Antragstellers\nist nicht begrundet.\n\n2\n\nDer Senat laßt ausdrucklich offen, ob nach der Aktenlage und den Erkenntnissen\nder mundlichen Verhandlung ein Verfugungsanspruch des Antragstellers gegeben\nist, da es bereits offensichtlich an einem Verfugungsgrund fur den hier in\nRede stehenden Zeitraum fehlt. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht,\ndaß er fur diesen Zeitraum auf die begehrten Unterhaltszahlungen des\nAntragsgegners angewiesen ist.\n\n3\n\nGegen eine insoweit bestehende Bedurftigkeit spricht schon, daß der\nAntragsteller Einkunfte seiner Ehefrau nicht deutlich dargelegt hat, die ihm\nebenfalls zum Unterhalt verpflichtet sein konnte. Ferner hat er in der\nmundlichen Verhandlung vor dem Senat eingeraumt, nach seinem Umzug nach C2/D\nfur zwei Monate an einer Tankstelle gearbeitet zu haben und monatlich dabei\nca. 800,00 DM erhalten zu haben, also in einer Zeit, fur die er hier im\nlaufenden Verfahren Unterhalt geltend macht. Es kann hier dahinstehen, welche\nFolgerung daraus zu ziehen ist, daß er diese Tatigkeit erstmals im\nSenatstermin vom 15.12.1998, also nach Ablauf der hier beruhrten Zeit,\noffenbart hat. Vor allem ware es dem Antragsteller aber nach Auffassung des\nSenats ohne weiteres moglich, eine etwa bestehende Bedurftigkeit durch den\nVerkauf seines sehr teuren Autos zu beheben. In der Erklarung gem. § 117 Abs.\n2 ZPO zum Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat er angegeben, er\nselbst zahle die Raten fur diesen Pkw mit monatlich immerhin 508,00 DM. Im\nSenatstermin hat er angegeben, diesen Pkw in C2 nicht zu benotigen, er fahre\nmit dem Fahrrad oder mit dem Zug. Es ist ihm daher zuzumuten, den von ihm\nnicht benotigten Pkw zu veraußern und damit jedenfalls eine akute Notlage zu\nbeseitigen. Es ist nicht ersichtlich, daß ihm dieser Verkauf aus anderen\nGrunden unzumutbar sein konnte.\n\n4\n\nDer Senat hat in Abanderung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 17. Juni 1998\ndem Antragsteller fur die erste Instanz Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung des\nRechtsanwalt Dr. I bewilligt, da angesichts des Lebensweges des\nAntragstellers, insbesondere seiner gesundheitlichen Beeintrachtigungen, und\nin Anbetracht des Vortrags in erster Instanz der Antrag nicht von vornherein\naussichtslos war und eine Klarung der tatsachlichen Verhaltnisse erst im\nSenatstermin erfolgt ist.\n\n5\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.\n\n
308,511
olgk-1998-12-08-2-ws-66198
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
2 Ws 661/98
1998-12-08
2019-03-13 08:02:20
2020-12-10 13:12:09
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:1998:1208.2WS661.98.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e**\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nDer - zuvor seit dem 13. Dezember 1995 in Spanien in Auslieferungshaft\ngenommene - nunmehrige Angeklagte befindet sich seit dem 8. Januar 1998 in\nUntersuchungshaft, zunachst aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Bonn vom 26.\nJuli 1998, der drei Tatvorwurfe zum Gegenstand hatte.\n\n4\n\nDie Staatsanwaltschaft hat unter dem 26. Mai 1998 Anklage erhoben. Gegenstand\nder Anklage sind zwei Falle des bandenmaßigen Handeltreibens mit\nBetaubungsmitteln in nicht geringer Menge (betreffend 25 kg Heroin und 30 kg\nHeroin). Wegen weiterer Falle, deren der Angeklagte verdachtig gewesen sein\nsoll, ist mit Verfugung der Staatsanwaltschaft Bonn vom 26. Mai 1998 gemaß §\n154 StPO verfahren worden.\n\n5\n\nDer Angeklagte ist turkischer Staatsangehoriger und der deutschen Sprache\nnicht machtig. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 1998 hat die Wahlverteidigerin\nbeantragt, festzustellen, daß die Staatskasse die anlaßlich notwendige\nBesprechung mit dem Mandanten anfallenden Dolmetscherkosten zu tragen hat. Mit\nVerfugung vom 7. Juli 1998 hat die damalige Vorsitzende der Strafkammer\nmitgeteilt, daß die Dolmetscherkosten fur notwendige Besprechungen von der\nLandeskasse getragen werden. Anlaßlich einer anderweitigen (ablehnenden)\nEntscheidung hinsichtlich der Hinzuziehung eines Dolmetschers fur die\nHauptverhandlung hat die Strafkammer Vorsitzende mit Verfugung vom 13. Juli\n1998 nochmals festgehalten, daß die Wahlverteidigerin fur ihre notwendigen\nGesprache mit dem Mandanten, die - soweit erforderlich - auch fur die\nVergangenheit erstattet werden, selbstverstandlich einen Dolmetscher ihres\nVertrauens heranziehen konne.\n\n6\n\nMit Schriftsatz vom 15. Juli 1998 hat die Verteidigerin um Festsetzung bislang\nangefallene Dolmetscherkosten mit der Bitte um Überweisung auf ihr Konto\ngebeten und diesem Antrag acht Rechnungen verschiedener Dolmetscher aus der\nZeit vom (in dieser Reihenfolge) zu den Akten gelangt, die der chronologischen\nAbfolge der Besuche in der JVA Koln entspricht) 30. Marz 1998 bis zum 7. Juli\n1998 beigefugt. Der Gesamtbetrag dieser Rechnungen belauft sich auf (brutto)\n3.396,20 DM. Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Bonn ist unter dem 28.\nAugust 1998 der Erstattung der angemeldeten Dolmetscherkosten in dieser Hohe\nentgegengetreten. Er hat die Ansicht vertreten, daß gegen das Gebot, nur die\nnotwendigen Kosten zu verursachen, verstoßen worden sei. Es erschienen in\nlediglich drei Gesprache als angemessen. Im ubrigen hatten die Kosten auch\ngeringer gehalten werden konnen, wenn mehrere Besprechungen zusammengefaßt\nworden waren und sich damit der Aufwand fur die An- und Abreise der\nDolmetscher verringert hatte.\n\n7\n\nMit Schriftsatz vom 21. September 1998 hat die Verteidigerin eine weitere\nRechnung der Dolmetscherin Ayfer E. vom 18. September 1998 wegen einer\nDolmetschertatigkeit vom 31. August 1998 (nunmehr mit der Bitte um Überweisung\ndes Rechnungsbetrages von 574,90 DM an diese Dolmetscherin unmittelbar)\neingereicht.\n\n8\n\nDie Strafkammer hat mit Beschluß vom 30. September 1998 entschieden, daß die\nerstattungsfahigen Dolmetscherkosten auf 1.305,00 DM festgesetzt werden und\nauch die Fahrtkosten zu erstatten sind, die den Dolmetschern drei Fahrten in\ndie JVA Koln entstanden sind. Aus den Beschlußgrunden ergibt sich, daß sich\ndiese Festsetzung auf die insgesamt neun bis dahin eingereichten\nDolmetscherrechnungen (also auch die vor 18. September 1998) bezieht.\n\n9\n\nGegen diesen Beschluß ist mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1998 Beschwerde\neingelegt worden. Die Strafkammer hat der Beschwerde unter dem 23. November\n1998 nicht abgeholfen.\n\n10\n\nII.\n\n11\n\n1\\. Die Strafkammer hat die angefochtene Entscheidung vom 30. September 1998\nersichtlich - auch wenn diese Vorschrift nicht genannt wird - gemaß § 16 Abs.\n1 (i.V.m. § 17 Abs. 1) ZSEG getroffen. Sie wollte durch gerichtlichen Beschluß\ndie Hohe der fur angemessen gehaltenen Dolmetscherkosten anlaßlich der\nBesprechungen des Angeklagten mit der Verteidigerin festsetzen; dies ergibt\nsich auch aus den Beschlußgrunden zu einem Stundensatz von 75,00 DM zuzuglich\neines Zuschlages von 50 % (was den Regelungen der §§ 3 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1\nb, § 17 Abs. 1 ZSEG entspricht). Damit ergibt sich die Zulassigkeit der\nBeschwerde aus § 16 Abs. 2 S. 1 StPO.\n\n12\n\nAuch § 16 Abs. 2 Satz 2 ZSEG steht wegen der Besonderheiten einer aufgrund des\nArt. 6 Abs. 3 e MRK zu erstattenden Dolmetschervergutung der Zulassigkeit der\nBeschwerde nicht entgegen. Zwar ware nach § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs.\n1 ZSEG nur der Dolmetscher selbst beschwerdeberechtigt. Vorliegend geht es\njedoch auch nicht um eine direkte, sondern um eine entsprechende Anwendung des\nZSEG, bei der der Angeklagte, vertreten durch seine Wahlverteidigerin, die\nDolmetscher in Anspruch genommen hat, die aber aus der Staatskasse zu\nentschadigen sind. Wenn es namlich heute uberwiegend anerkannt ist (diese\nMeinung wird auch vom Senat vertreten, vgl. Beschlusse vom 15. September 1998\n- 2 Ws 489/98 - in vorliegender Sache mit weiteren Nachweisen sowie vom 2.\nOktober 1998 - 2 Ws 522/98 -), daß Art. 6 Abs. 3 e MRK auch die unentgeltliche\nHinzuziehung eines Dolmetschers fur die notwendigen Gesprache des\nBeschuldigten mit dem Wahlverteidiger erlaubt oder gebietet, dann fuhrt dies\nin kostenrechtlicher Hinsicht zwar dazu, daß der Angeklagte ohne Rucksicht auf\nden Ausgang des Verfahrens einen Erstattungsanspruch in entsprechender\nAnwendung des § 2 Abs. 4 S. 2 GKG hat (so KG NStZ 90, 404 mit zustimmender\nAnmerkung Hilger a.a.O. 405); mit dieser analogen Anwendung des § 2 Abs. 4 GKG\n- also der Freistellung des Angeklagten von den anstonsten nach KV Nr. 9005 zu\nbehandelnden Dolmetscherkosten unabhangig vor Ausgang des Verfahrens - ist\njedoch noch nichts daruber ausgesagt, wie der Erstattungsanspruch schon\nverauslagter Dolmetscherkosten geltend zu machen ist. Die - von der\nStrafkammer vorliegend ersichtlich ins Auge gefaßte - (wenigstens\nentsprechende) Anwendung der Vorschriften des ZSEG bietet sich hierfur aber\ndurchaus als zumindest ebenso vertretbar an wie das vom KG aaO. wohl ins Auge\ngefaßte Kostenfestsetzungsverfahren; eine gesetzliche Regelung, welcher Weg\nder allein einschlagige ist, existiert nicht. Wenn namlich Art. 6 Abs. 3 e MRK\neinen kostenfreien Beistand durch einen Dolmetscher und die endgultige\nFreistellung von diesen Kosten garantiert (vgl. ausfuhrlich Gollwitzer in\nLowe-Rosenberg, StPO, 24\\. Aufl., Art. 6 MRK Rdnr. 237, 244, 247), dann ist es\nunerheblich, mit welcher Konstruktion dieses Ergebnis nach nationalem Recht\nerreicht wird. Es kommt sowohl die unentgeltliche Beiordnung des Dolmetschers\nschon durch das Gericht selbst in Betracht als auch die nachtraglichen\nKostenubernahme bei der Zuziehung des Dolmetschers durch den Verteidiger\n(Gollwitzer a.a.O., Rdnr. 244). Wenn also beide Konstruktionen gleichrangig\nsind (und im erstgenannten Fall der Dolmetscher ohnehin nach § 3, 17 ZSEG\nunmittelbar zu entschadigen ware), dann kann auch hinsichtlich des\nnachtraglichen Erstattungsanspruchs eine gerichtliche Festsetzungsentscheidung\nin entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 ZSEG sehr\nwohl in Betracht kommen, soweit der Erstattungsanspruch nicht von dem\nDolmetscher, sondern von dem diesen Dolmetscher hinzuziehenden Angeklagten,\nbzw. von seiner Wahlverteidigerin geltend gemacht wird.\n\n13\n\nZu keinem anderen Ergebnis hinsichtlich der Zulassigkeit der Beschwerde kame\nman im ubrigen, wenn man entsprechend der Vorlageverfugung der\nGeneralstaatsanwaltschaft die Beschwerdemoglichkeit hinsichtlich einer\n"staatlichen Kostenubernahme laufend nach Abrechnung" aus § 304 Abs. 1 StPO\nentnehmen wollte.\n\n14\n\n2\\. Das Rechtsmittel ist - mit Ausnahme einer geringfugigen Korrektur zur Hohe\nder Rechnung der Dolmetscherin E. vom 18. September 1998 - auch in der Sache\nbegrundet. Die mit Schriftsatz vom 15. Juli 1998 angemeldeten\nDolmetscherkosten von insgesamt 3.396,20 DM sind in voller Hohe zu erstatten.\nDie nachgereichte Rechnung der Dolmetscherin E. ist in Hohe eines Betrages von\n540,56 DM (statt 574, 90 DM) gerechtfertigt. Mithin ergibt sich insgesamt eine\nzu erstattende Dolmetschervergutung auf die bisher eingereichten Rechnungen in\nHohe von 3.936,76 DM.\n\n15\n\nRichtig ist zwar - dies ist nicht nur Ausgangspunkt des angefochtenen\nBeschlusses, sondern auch des Beschwerdefuhrers selbst -, daß nur diejenigen\nDolmetscherkosten als Auslagen zu erstatten sind, die fur eine\nzweckentsprechende Verteidigung notwendig sind. Es laßt sich aber nicht\nfeststellen, daß diese Notwendigkeit (wie sie auch nach den Grundsatzen zu §\n91 Abs. 2 ZPO entwickelt worden ist) vorliegend nicht gegeben ware.\n\n16\n\nAuch wenn die Kostenerstattung auf die fur eine zweckentsprechende\nVerteidigung notwendigen Dolmetscherkosten zu begrenzen ist, erscheinen Zahl\nund Dauer der den einzelnen Dolmetscherrechnungen zugrunde liegenden\nBesprechungen in der JVA Koln angesichts des Umfangs des Verfahrens als nicht\nuberhoht. Nach Ansicht des Senats kann es nicht mit dem in dem angefochtenen\nBeschluß zugrundegelegten Aufwandvon maximal 10 Stunden (von denen im ubrigen\nauch noch die fur An- und Abreise der Dolmetscher zu berucksichtigende Zeit in\nAbzug zu bringen ware, vgl. Meyer-Hover-Bach, ZSEG, 19. Aufl., § 4 Rdnr. 2.1,\nso daß die reine Gesprachszeit noch niedriger ware) als "zur Vorbereitung der\nVerteidigung ausreichend" sein Bewenden haben. Unrichtig ist schon der\nAusgangspunkt des Beschlusses vom 30. September 1998, daß nur die\nDolmetscherkosten zu erstatten sind, dies sich "als zur Vorbereitung der\nHauptverhandlung notwendig" erweisen; demzufolge geht auch die\nVorlageverfugung der Generalstaatsanwaltschaft zu Recht davon aus, daß etwa\nauch die fur die Haftfrage erforderlichen Mandantengesprache zu\nberucksichtigen sind. Den vorgelegten Dolmetscherkosten liegen Besuche in der\nJVA Koln aus der Zeit vom 9\\. Marz bis zum 31. August 1998 zugrunde. Funf\ndieser Besuche (bis zum 4. Mai 1998) erfolgten in der Zeit, die der\nAnklageerhebung voranging. Die weiteren Besuche vom 10. Juni, 29. Juni und 6.\nJuli 1998 gingen dem Schriftsatz der Verteidigerin vom 22. Juli 1998 voran,\nmit dem beantragt worden war, das Hauptverfahren nicht zu eroffnen. Schon dies\nzeigt, daß die Gesprache, bei denen sich der Angeklagte und die Verteidigerin\nder Hinzuziehung eines aus der Staatskasse zu bezahlenden Dolmetschers\nbedienen durften, nicht nur der Vorbereitung der Hauptverhandlung dienten.\n\n17\n\nAber auch sonst erscheint die Zahl und die Dauer der den Dolmetscherrechnungen\nzugrundeliegenden Besprechungen nicht als ubersetzt. Es handelt sich um\ninsgesamt 9 Besprechungen, die zwischen Marz und August 1998 auf 6 Monate\nverteilt waren. Soweit in dem angefochtenen Beschluß von (nach Meinung der\nStrafkammer uberhohten) insgesamt 33 Dolmetscherstunden ausgegangen wird, ist\ndies nicht die reine Besprechungszeit; vielmehr enthalt diese Stundenzahl auch\ndie gemaß § 4 ZSEG zu berucksichtigende Zeit fur An- und Abreise der\nDolmetscher (die sich nach den verschiedenen Rechnungen auf ca. 1/3 der\nGesamtzeiten belief). Insbesondere vermag der Senat aber auch nicht dem\nangefochtenen Beschluß darin zu folgen, daß sich der notwendige\nGesprachsaufwand an dem in der Anklageschrift formulierten Tatvorwurf zu\norientieren habe, der "von der Sache her uberschaubar" sei. Das\nErmittlungsverfahren bis zu der Anklageerhebung vom 26. Mai 1998 (der bereits\n5 der angemeldeten Verteidigergesprache vorangegangen waren) hatte sich nicht\nnur auf die zwei zur Anklage gelangten Falle erstreckt. Vielmehr geht die\nStaatsanwaltschaft in der Abschlußverfugung vom 26\\. Mai 1998 davon aus, daß\nnicht nur hinsichtlich des Falles 3 des ursprunglichen Haftbefehls Tatverdacht\nbestanden habe; vielmehr sei der Beschuldigte zu dem verdachtig, "auch an\nallen anderen Herointransporten der Kurierorganisation von H. P. H.e"\nbeteiligt gewesen zu sein. Wenn auch insoweit letztlich nach § 154 StPO\nverfahren worden ist, so ergibt sich doch auch schon aus dieser\nEinstellungsverfugung, daß Gegenstand des Ermittlungsverfahrens nicht nur die\nletztlich zur Anklage gelangten Tatvorwurfe waren. Damit erweist sich auch das\nBeschwerdevorbringen als gerechtfertigt, daß mit dem spateren Angeklagten\nnicht nur der Inhalt der Hauptakten, sondern auch der Inhalt der beigezogenen\nAkten gegen die in der Anklageschrift benannten Zeugen zu zu besprechen war.\nDaß es auf diese Akten (etwa gegen H.e, gegen R. F., gegen K. und andere) mit\nankommt, ergibt sich auch aus der Verfugung des Strafkammervorsitzenden vom\n13. Oktober 1998, die die Beiziehung dieser Akten betrifft und die deren\nbetrachtlichen Umfang anschaulich macht (Bl. 688 d.A.).\n\n18\n\nIn welchem Umfang auch zu dem Inhalt der Beiakten sowie im ubrigen zu den\nEinzelheiten der Hauptakten Besprechungen mit dem Angeklagten erforderlich\nwaren, laßt sich zwar auch durch den Senat nicht abschließend beurteilen.\nJedenfalls ist fur eine unvertretbar hohe Zeit und Dauer der\nVerteidigergesprache nicht ersichtlich; eine entgegenstehende Entscheidung\nwurde die Grenze einer unzulassigen Inhaltskontrolle des Verteidigungskonzepts\nuberschreiten. Immerhin handelt es sich bei den Tatvorwurfen um Auslandstaten\nin Bezug insbesondere auf die Turkei und Spanien. Schon hieraus ergibt sich,\ndaß Ruckfragen der Verteidigerin bei dem Mandanten mit jeweiliger Übersetzung\nzu den den Akten und Beiakten zu entnehmenden Einzelheiten sich schwierig und\ndamit auch umfangreich gestalten konnten. Entgegen der Stellungnahme des\nBezirksrevisors vom 28. August 1998 und letztlich auch des angefochtenen\nBeschlusses konnen der Angeklagte und die Verteidigerin auch nicht darauf\nverwiesen werden, daß die Besprechungen (dann jeweils langer dauernd) auf eine\ngeringere Zahl von Tagen hatte verteilt werden mussen, um die Kosten fur die\nAn- und Abreise der Dolmetscher niedriger zu halten. Wann und fur welche Dauer\njeweils im einzelnen Verteidigergesprache je nach Stand des (zunachst)\nErmittlungsverfahrens sowie in dem Verfahren nach Eroffnung der\nHauptverhandlung veranlaßt sind, muß der sachgerechten Einschatzung der\nVerteidigerin selbst uberlassen bleiben. Im ubrigen ist es auch schwer\nvorstellbar, daß ein Rechtsanwalt, der auch durch andere Mandate in Anspruch\ngenommen und ausgelastet ist, nennenswert mehr Zeit fur Gesprache in der JVA\naufwendet, als er nach dem jeweiligen Verfahrensstand selbst fur erforderlich\nhalt. Im ganzen ist somit nicht ersichtlich, daß der Grundsatz nicht gewahrt\nware, daß nur solche Auslagen zu erstatten sind, die zur zweckentsprechenden\nRechtsverteidigung notwendig waren.\n\n19\n\nEine Einschrankung bedurfen die angemeldeten Dolmetscherkosten nur\nhinsichtlich der Rechnung der Dolmetscherin E. vom 18. September 1998 (Bl. 650\nd.A.). Diese hat der Endsumme von 574,90 DM eine Entschadigung fur 4 Stunden\nzu 120,00 DM zugrunde gelegt. Der Betrag von 120,00 DM ist uberhoht. Die\nÜberschreitung des mittleren Stundensatzes von 75,00 DM zuzuglich des 50 %igen\nBerufsdolmetscherzuschlages (mithin eines Satzes von 112,50 DM, wie ihn die\nStrafkammer auch dem angefochtenen Beschluß zugrundelegt) ware nur\ngerechtfertigt, wenn es sich um eine außergewohnlich schwierige Übertragung\nhandeln wurde (vgl. Meyer-Hover-Bach § 17 Rdnr. 17). Davon kann vorliegend\nnicht die Rede sein, da auch die anderen Dolmetscher in den schon zuvor mit\nSchriftsatz vom 15. Juli 1998 eingereichten Rechnungen nur Stundensatze von\n70,00 DM oder von 75,00 DM zuzuglich 50 % zugrundegelegt haben. Auf die\nRechnungen der Dolmetscherin E. vom 18. September 1998 hin sind somit nur 4\nStunden zu 112,50 DM zuzuglich Fahrtkosten in Hohe von 15,60 DM zuzuglich\nMehrwertsteuer in Hohe von 74,96 DM, insgesamt also 540,56 DM, zu erstatten.\n\n20\n\n3\\. Da die angefochtene Entscheidung nach § 16 Abs. 1 ZSEG ergangen ist, ist\ndas Verfahren uber die Beschwerde gebuhrenfrei; Kosten werden nicht erstattet\n(§ 16 Abs. 5 ZSEG).\n\n
308,704
ovgnrw-1998-11-10-9-a-509998a
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
9 A 5099/98.A
1998-11-10
2019-03-13 08:07:30
2020-12-10 13:12:37
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:1998:1110.9A5099.98A.00
## Tenor\n\nDie Antrage werden abgelehnt.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Zulassungsverfahrens, fur das Gerichtskosten\nnicht erhoben werden.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDie Bewilligung von Prozeßkostenhilfe fur das Zulassungsverfahren ist\nabzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Grunden keine\nhinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 114\nZPO).\n\n3\n\nDer Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.\n\n4\n\nDie allein geltend gemachte grundsatzliche Bedeutung der Rechtssache\n(Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) liegt nicht vor. Die hierzu\nvom Klager aufgeworfene Frage\n\n5\n\n"ob und ggf. unter welchen Umstanden einem iranischen Staatsangehorigen, der\nsein Heimatland illegal verlassen, sich uber mehrere Jahre hinweg als\nAsylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat und wahrend\nseines Aufenthalts im Bundesgebiet exilpolitischer Aktivitaten gegen das in\nseinem Heimatland herrschende Regime entfaltet hat, bei seiner Ruckkehr in\nsein Heimatland Ermittlungsmaßnahmen drohen konnten, die ihrer Intensitat und\nIntention nach asylrelevanten Charakter haben konnten",\n\n6\n\nstellt sich im vorliegenden Fall teilweise nicht und ist im ubrigen in der\nRechtsprechung des Berufungsgerichts geklart. Soweit der Klager darauf abhebt,\ndaß er den Iran illegal verlassen habe, kann hiervon nicht ausgegangen werden,\nda er ausweislich des Urteilstatbestandes mit einem gultigen Visum in die\nBundesrepublik Deutschland eingereist ist und Anhaltspunkte fur eine illegale\nAusreise aus dem Iran weder im angefochtenen Urteil noch der Darlegung im\nRahmen der Begrundung des Zulassungsantrags zu entnehmen sind.\n\n7\n\nIm ubrigen, d.h. im Hinblick auf die zu prognostizierende Verfolgung aufgrund\nder Asylantragstellung und eines langeren Aufenthaltes in der Bundesrepublik\nDeutschland sowie exilpolitischer Tatigkeiten, ist diese Frage in der\nRechtsprechung des Berufungsgerichts geklart, so daß eine Klarung in einem\nBerufungsverfahren nicht erforderlich ist. Es entspricht standiger\nRechtsprechung des Senats, daß der Asylantragstellung als solcher in\nVerbindung mit einem langeren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland\nkeine abschiebungsrelevante Bedeutung zukommt. Bei Hinzutreten einer\nbeachtlichen exilpolitischen Tatigkeit kann die Asylantragstellung in\nVerbindung mit dem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland\nabschiebungsrelevante Bedeutung erlangen. Eine beachtliche exilpolitische\nTatigkeit in diesem Sinn liegt jedoch nur dann vor, wenn der jeweilige\nAsylbewerber nach außen hin in exponierter Weise fur eine regimefeindliche\nOrganisation aufgetreten ist.\n\n8\n\nVgl. OVG NW, Beschluß vom 9\\. September 1996 - 9 A 4300/96.A - .\n\n9\n\nDaß der jeweils zuruckkehrende Asylbewerber bei seiner Einreise ggf. einer\nBefragung unterzogen wird, worauf der Klager unter Bezugnahme auf altere\nErkenntnisse hinweist, ist dem Senat bekannt,\n\n10\n\nvgl. OVG NW, Beschluß vom 14. Marz 1996 - 9 A 994/96.A -,\n\n11\n\njedoch sprechen die seitens des Senats in dem vorgenannten Beschluß\nverwerteten Erkenntnisse neueren Datums nicht dafur, daß auch bei\nBekanntwerden niedrig profilierter exilpolitischer Tatigkeiten grundsatzlich\neine politische Verfolgung des Betreffenden stattfindet. Dabei hat der Senat\nweitaus aktuellere Auskunfte von amnesty international ausgewertet, als die\nvon dem Klager in bezug genommene Stellungnahme von amnesty international an\ndas Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein vom 15. Marz 1993. Die vom\nKlager daruber hinaus in bezug genommene Auskunft des D. W. vom 2. Januar 1992\nan das VG Schleswig ist bereits im Urteil vom 30. April 1992 - 16 A 1193/91.A\n- im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung, die nicht zuletzt auf diese\nEntscheidung zuruckgeht, bewertet worden. Entsprechendes gilt fur die von dem\nKlager ebenfalls in bezug genommene Auskunft des Auswartigen Amtes an den\nHessischen VGH vom 9\\. April 1990.\n\n12\n\nSoweit der Klager desweiteren auf die Überwachung iranischer Asylbewerber in\nder Bundesrepublik Deutschland durch iranische Stellen hinweist, entspricht\nauch dies der Auffassung des Senats.\n\n13\n\nVgl. zuletzt etwa: OVG NW, Beschluß vom 29. Oktober 1998 - 9 A 4821/98.A -\nunter anderem mit einer zusammenfassenden Beurteilung verschiedenster\nAuskunfte des Bundesamtes fur Verfassungsschutz.\n\n14\n\nDer vom Klager vorgebrachte Hinweis auf die Bestimmung des iranischen StGB\nfuhrt insoweit nicht weiter, da es nach der Rechtsprechung des\nBundesverfassungsgerichts nicht auf die bestehende Rechtslage, sondern\nentscheidend auf deren Umsetzung in der Praxis ankommt.\n\n15\n\nVgl. BVerfG. Beschluß vom 12. Marz 1993 - 2 BvR 1353/89 u.a. -, InfAuslR 1992,\n296.\n\n16\n\nOb und inwieweit derartige Strafbestimmungen in der Lebenswirklichkeit im Iran\nzur Anwendung gelangen, hat der Klager nicht einmal ansatzweise dargelegt.\n\n17\n\nDer abschließende Hinweis des Klagers auf seine zwischenzeitlich erfolgte\nHeirat mit einer iranischen Asylberechtigten laßt nicht erkennen, inwieweit\ndieser Umstand im Rahmen der im vorliegenden Verfahren maßgeblichen\nAbschiebungsschutztatbestande der §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG Bedeutung erlangen\nkonnt. Soweit damit konkludent der Aspekt der Sippenhaft angesprochen sein\nsollte, sei darauf hingewiesen, daß nach der standigen Rechtsprechung des\nSenats die Gefahr der Sippenhaft nur dann besteht, wenn die iranischen\nBehorden entweder im Hinblick auf die Person des Asylberechtigten oder wegen\nder von ihm entfalteten politischen Betatigung ein besonderes Interesse daran\nhaben, durch "Druck" auf den Angehorigen zu bewirken, daß sich jener\nOppositionelle den iranischen Behorden stellt, bzw. den Asylbewerber im\nHinblick auf seine Verwandtschaft zum Oppositionellen (mit) zu verfolgen.\n\n18\n\nVgl. OVG NW, Beschluß vom 31. Juni 1998 - 9 A 489/98.A -.\n\n19\n\nEin derartiges besonderes Interesse des iranischen Staates an der Ehefrau des\nKlagers hat dieser in der Begrundung des Zulassungsantrages nicht dargelegt.\n\n20\n\nSchließlich erlangt der Umstand der Heirat auch im Rahmen des § 53 Abs. 4 in\nVerbindung mit Art. 8 EMRK im Verhaltnis zur Beklagten keine Bedeutung, da\nuber diesen Aspekt ausschließlich die Auslanderbehorde zu befinden hat.\n\n21\n\nVgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1997 - 9 C 13.96 -, DVBl 1998, 282; OVG\nNW, Beschluß vom 14. April 1998 \\- 9 A 624/97.A -.\n\n22\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG.\n\n23\n\nDieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 80 AsylVfG).\n\n24\n\n
308,732
ag-kleve-1998-11-06-3-c-45298
685
Amtsgericht Kleve
ag-kleve
Kleve
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Amtsgericht
3 C 452/98
1998-11-06
2019-03-13 08:08:13
2020-12-10 13:12:41
Urteil
ECLI:DE:AGKLE1:1998:1106.3C452.98.00
## Tenor\n\n1\\. Die Beklagte wird verurteilt, an den Klager 2.289,95 DM nebst 4 % Zinsen\nseit dem 11.04.1998 zu zahlen. Im ubrigen wird die Klage abgewiesen.\n\n2\\. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 34 % und der Klager zu\n66 % zu tragen.\n\n3\\. Das Urteil ist fur den Klager gegen Sicherheitsleistung in Hohe von\n3.000,-- DM und fur die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorlaufig voll-\nstreckbar. Der Klager kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen\nSicherheitsleistung in Hohe von 800,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte\nvor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Hohe leistet.\n\n \n1\n\nDer Klager macht Gewahrleistungsrechte aus einem Reisevertrag geltend.\n\n2\n\nEr buchte bei der Beklagten eine Flugreise nach Spanien auf die Insel in die\nAnlage fur die Zeit vom 15.01. bis zum 26.02.1998. Der Preis fur die 6wochige\nUrlaubsreise betrug 7.046,-- DM einschließlich Halbpension.\n\n3\n\nMit der Buchungsbestatigung vom 17.10.1997 teilte die Beklagte mit, dass etwa\nbis Mitte Dezember 1997 Bautatigkeiten in dem Hotel stattfinden wurden. Am\n20.12.1997 teilte die Beklagte dann mit, dass auch in der Zeit vom 12.01. bis\nzum 20.02.1998 Renovierungsarbeiten in der Hotelanlage stattfinden wurden.\n\n4\n\nBei der Ankunft am Urlaubsort stellten der Klager und die Zeugin T fest, dass\nin mehreren Bereichen der Hotelanlage, u.a. am Pool und in einzelnen\nAppartementtrakten Bautatigkeiten stattfanden. Im Rezeptionsbereich lagerte\nSchutt. In einzelnen Appartementtrakten wurden die Terrassen und Balkone\nabgerissen. Die Leitungen wurden aus dem Boden und den Wanden gerissen. Es\nwurden neue Badewannen und neue Fliesen angebracht. Diese Arbeiten gingen mit\ndem Betrieb von Presslufthammern und Flexschleifmaschinen einher. Sie fanden\nregelmaßig in dem Zeitraum zwischen 07:30 Uhr bis 19:30 Uhr statt.\n\n5\n\nAm 19.01.1998 wandte sich der Klager an die Reiseleiterin und rugte Mangel der\nReiseleistung der Beklagten.\n\n6\n\nMit Faxschreiben vom 25.03.1998 meldeten die Prozessbevollmachtigten des\nKlagers fur diesen die Geltendmachung von Gewahrleistungsanspruchen aufgrund\nvon Mangeln der Reise bei der Beklagten an. Wegen des Inhalts dieses\nSchreibens nimmt das Gericht Bezug auf eine Ablichtung desselben (Blatt 17\nd.A.). Mit Faxschreiben vom 26.03.1998 wies die Beklagte die\nAnspruchsanmeldung unter Hinweis auf die nicht vorgelegte Originalvollmacht\nzuruck. Das Faxschreiben war nicht unterzeichnet. Aus ihm ging hervor, dass es\nvon einer Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Beklagten, Frau F, stammte.\nMit Schreiben vom 30.03.1998 wiesen die Prozessbevollmachtigten des Klagers\ndie Zuruckweisung der Beklagten ihrerseits wegen der fehlenden Vorlage von\nOriginalvollmachten zuruck. Dieses Schreiben ging der Beklagten am 01.04.1998\nzu.\n\n7\n\nDer Klager rugt weitere Mangel der Reiseleistung der Beklagten. Er\nbeanstandet, dass taglich 2 bis 3 und manchmal sogar mehr Kakerlaken in dem\nZimmer zu sehen gewesen seien.\n\n8\n\nDas Speiserestaurant sei mit einer Tropfsteinhohle vergleichbar gewesen. Es\nhabe in den Speisesaal hineingeregnet. Es seien Eimer und Schussel aufgestellt\nworden, um das Regenwasser aufzufangen.\n\n9\n\nZudem sei das Buffet nur lauwarm gewesen.\n\n10\n\nDer im Reisekatalog angekundigte Sat.-Fernseher habe nur bei gutem Wetter\nfunktioniert. Bei schlechtem Wetter sei er ausgefallen.\n\n11\n\nDer Klager begeht fur sich und aus abgetretenem Recht fur die Zeugin T eine\nMinderung des Reisepreises um 65 % sowie Schadensersatz wegen vertaner\nUrlaubszeit fur sich in Hohe von 2.282,15 DM.\n\n12\n\nDer Klager beantragt,\n\n13\n\nDie Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.846,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem\n11.04.1998 zu zahlen.\n\n14\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n15\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n16\n\nSie ist der Ansicht, etwaige Minderungsanspruche des Klagers seien gem. § 651\ng Abs. 1 mangels wirksamer Anspruchsanmeldung ausgeschlossen.\n\n17\n\nIm ubrigen tritt sie den behaupteten Mangeln entgegen und rugt das\nentsprechende Vorbringen des Klagers als unsubstantiiert.\n\n18\n\n** _Entscheidungsgr unde:_**\n\n19\n\nDie zulassige Klage ist teilweise begrundet.\n\n20\n\nDer Klager hat einen Anspruch auf Zahlung von 2.289,95 DM gem. § 812 Abs. 1\nSatz 2 Erste Alternative BGB gegen die Beklagte. Der gezahlte Reisepreis war\ninsoweit gem. §§ 651 d Abs. 1; 472 BGB zu mindern.\n\n21\n\nDie Reiseleistung der Beklagten war fehlerhaft. Wahrend des Uraubsaufenthaltes\ndes Klagers und der Zeugin T fanden Bautatigkeiten in der Hotelanlage statt.\nEs wurden Renovierungsarbeiten am Pool und auch in den Zimmertrakten\ndurchgefuhrt. Diese gingen mit teilweise erheblichen Larmbeeintrachtigungen\neinher. Einzelne Arbeiten fanden auch in unmittelbarer Nahe des Appartements\ndes Klagers statt.\n\n22\n\nDieser Fehler rechtfertigt eine Minderung des Reisepreises um 20 %. Dies sind\n1.409,20 DM. Bei der Bemessung der Minderung war zu berucksichtigen, dass das\nHotel nicht ganzlich unbewohnbar. war. Die Bautatigkeiten fanden zumindest\nabends ihr Ende. Nicht samtliche Bautatigkeiten fanden in unmittelbarer Nahe\ndes Appartements des Klagers statt. Es war auch zu berucksichtigen, dass das\nangebotene Appartement lediglich ein Teil der Reiseleistung der Beklagten\ndarstellte.\n\n23\n\nDaruber hinaus war die Reiseleistung der Beklagten fehlerhaft, weil es im\nSpeisesaal bei Regen durch die Decke tropfte. Die Beklagte hat den\nentsprechenden Zustand nicht hinreichend bestritten. Gegenuber dem\nsubstantiierten Vortrag des Reisenden betreffend dem Vorliegen von\nReisemangeln ist der Reiseveranstalter gehalten, nach Einholung von\nInformationen bei der ortlichen Reiseleitung, ebenfalls substantiiert hierzu\nStellung zu nehmen (vgl. LG Frankfurt NJW-RR 1991 Seite 378). Die Beklagte ist\ndem Vortrag des Klagers, er habe Mangel am 19.02.1998 bei der Reiseleiterin\nangezeigt, nicht entgegengetreten. Diese hatte somit Gelegenheit, sich uber\nden konkreten Zustand im Speisesaal zu informieren. Die Beklagte ware demgemaß\ngehalten gewesen, konkret darzulegen, ob es nun in den Speisesaal\nhineingeregnet hat und wenn ja, in welchem Umfang. Diesen Anforderungen\ngenugte die Beklagte nicht. Sie konnte sich nicht darauf beschranken, den\nSachvortrag des Klagers als unsubstantiiert zu rugen.\n\n24\n\nDieser Fehler der Reiseleistung er Beklagten rechtfertigt eine Minderung des\nReisepreises um 7,5 %. Dies sind 528,45 DM. Bei der Bemessung der Minderung\nwar zu berucksichtigen, dass der Speisesaal offensichtlich nicht ganzlich\nunbenutzbar war. Die Beeintrachtigung trat lediglich bei Regenwetter auf. Der\nKlager hat nicht genau dargelegt, wie viele Tropfstellen vorhanden warne.\n\n25\n\nDaruber hinaus war die Reiseleistung der Beklagten fehlerhaft, weil der im\nReisekatalog angekundigte Sat.-Fernseher, der gegen Gebuhr erhaltlich sein\nsollte, bei Regenwetter nicht funktionierte. Auch den entsprechenden\nSachvortrag hat die Beklagte nicht hinreichend konkret bestritten. Sie legt\nnicht dar, dass sie sich vor Ort uber den Zustand der Fernsehanlage in dem\nAppartement des Klagers trotz der entsprechenden Ruge informiert hat. Ihr\nEinwand, etwaige Storungen bei Regenwetter seien nicht von ihr zu vertreten,\nsondern beruht auf atmospharischen Storungen, entlastet sie nicht. Das\nMinderungsrecht gemaß § 651 d Abs. 1 BGB ist nicht von einem Verschulden des\nReiseveranstalters abhangig. Zudem hatte die Beklagte in ihrem Reisekatalog\ndarauf hinweisen konnen, dass es bei Regenwetter zu Storungen des\nBildempfanges kommen konnte.\n\n26\n\nWegen dieses Fehlers der Reiseleistung der Beklagte ist eine Minderung des\nReisepreises um 5 % gerechtfertigt. Dies sind 352,30 DM. Bei der Bemessung der\nMinderung war zu beachten, dass die angekundigte Moglichkeit, einen Fernseher\nzu nutzen, nur ein geringfugiger Teil der Reiseleistung der Beklagten war.\nWeiter eingeschrankt wurde dies dadurch, dass der Fernseher nur gegen eine\nGebuhr zur Verfugung stehen sollte.\n\n27\n\nInsgesamt steht demgemaß ein Minderungsanspruch in Hohe von 2.289,95 DM.\n\n28\n\nDer Minderungsanspruch ist nicht gemaß § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Die\nProzessbevollmachtigten des Klagers haben mit der Übersendung des\nFaxschreibens vom 25.03.1998 wirksam Anspruche fur diesen angemeldet. Die\nAnspruchsanmeldung ist nicht deswegen gem. § 174 BGB unwirksam, weil die\nBeklagte die Anspruchsanmeldung wegen fehlender Originalvollmacht\nzuruckgewiesen hat. Diese Zuruckweisungserklarung der Beklagten vom 26.03.1998\ndurch die Mitarbeiterin der Rechtsabteilung F ist ihrerseits gem. § 174 BGB\nunwirksam und entfaltet daher keinerlei Rechtswirkung, weil die\nProzessbevollmachtigten des Klagers die Zuruckweisungserklarung ihrerseits\nwegen fehlender Vorlage einer Originalvollmacht der Beklagten zuruckgewiesen\nhaben (siehe dazu AG Kleve, Urteil vom 06.02.1998, AZ. 3 C 612/97, LG Kleve 4\nS 42/98).\n\n29\n\n§ 174 BGB gilt auch fur eine Zuruckweisungserklarung im Sinne des § 174 BGB\nselbst. Die Bestimmung findet auf einseitige Rechtsgeschafte Anwendung. Die\nZuruckweisungserklarung im Sinne des § 174 BGB ist ein einseitiges\nRechtsgeschaft, das einem anderen gegenuber abzugeben ist. Die Erklarung ist\nauf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet. Sie beseitigt die Ungewissheit\ndaruber, ob ein Rechtsgeschaft gem. § 180 Satz 1 BGB nichtig ist oder nicht.\n\n30\n\nDie Beklagte hat ihre Zuruckweisung nicht selbst erklart. Es handelt sich\nvielmehr um ein Vertretergeschaft. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es\nsich bei der Beklagten um eine GmbH handelt, die demgemaß in jedem Fall\nniemals in eigenem Namen handelt. Dem steht es jedoch nicht entgegen, § 174\nBGB auch bei einem Handeln fur eine juristische Person anzuwenden. Jede\njuristische Person hat einen gesetzlichen Vertreter. Auf einseitige\nErklarungen dieses gesetzlichen Vertreters findet § 174 BGB keine Anwendung\n(vgl.: OLG Dusseldorf, Urteil vom 06.12.1991, NJW-RR 1993 Seite 470). Die\nZuruckweisungserklarung der Beklagten erfolgte jedoch nicht durch ihren\ngesetzlichen Vertreter, sondern durch eine Mitarbeiterin der Rechtsabteilung.\nIhre Bevollmachtigung zur Abgabe einer solchen Erklarung kann sich nur aus\neinem entsprechenden Rechtsgeschaft ergeben (§ 167 BGB). Bei einer\nrechtsgeschaftlichen Bevollmachtigung ist § 174 BGB jedoch anwendbar.\n\n31\n\nDie Beklagte kann sich auch nicht drauf berufen, die Zuruckweisungserklarung\nder Beklagten sei letztlich von derjenigen Person abgegeben worden, an den\nsich auch die Prozessbevollmachtigten des Klagers gewandt hatten, indem sie\ndas Faxschreiben versandten. Denn dieses ist unzutreffend. Es ist nicht\nerkennbar, dass die Prozessbevollmachtigten des Klagers ihre Anspruche bei der\nMitarbeiterin der Rechtsabteilung Frau F anmelden wollten. Sie wollten eine\nErklarung gegenuber der Beklagten und damit letztlich gegenuber dem\nGeschaftsfuhrer der Beklagten abgeben. Dieser hat jedoch die\nZuruckweisungserklarung nicht abgegeben.\n\n32\n\nDas Zuruckweisungsrecht ist auch nicht gem. § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen.\nAus der Formulierung des § 174 Satz 2 "in Kenntnis gesetzt hatte" ist zu\nfolgern, dass die Mitteilung der Bevollmachtigung dem einseitigen\nRechtsgeschaft im Sinne des § 174 Satz 1 BGB vorauszugehen hat. Aus diesem\nGrund kann aus den weiteren Umstanden der einseitigen Erklarung selbst, wie\nhier dem Umstand, dass die Erklarung von einer Mitarbeiterin der\nRechtsabteilung der Beklagten und damit von einer Person stammt, die standig\ndamit vertraut sein muss, solche Zuruckweisungserklarungen abzugeben, nicht\nauf die Mitteilung einer Bevollmachtigung im Sinne es § 174 Satz 2 BGB\ngeschlossen werden.\n\n33\n\nDas Gericht verkennt nicht, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung die\nWahrscheinlichkeit, dass eine Person im Namen der Beklagten eine\nZuruckweisungserklarung abgibt, ohne von ihr bevollmachtigt zu sein, sehr\ngering ist. Der Wortlaut de § 174 BGB lasst jedoch fur eine solche wertende\nBeurteilung keinen Raum. Demgemaß entspricht es der standigen Rechtsprechung\ndes Amtsgerichts Kleve und auch des Landgerichts Kleve, dass eine\nZuruckweisungserklarung auch dann zulassig ist, wenn ein Anwalt im Namen eines\nMandanten Anspruche angemeldet hat, obwohl auch hier die Wahrscheinlichkeit\ndass ein Anwalt ohne eine Bevollmachtigung fur den Mandanten Anspruche\nanmeldet, nur sehr gering ist. Die Anspruchsanmeldung eines Anwaltes fur einen\nReisegast ohne entsprechende Bevollmachtigung durfte sich auf Ausnahmefalle\nbeschranken. Das Gericht behandelt also den Reisegast, der sich durch einen\nAnwalt vertreten lasst, und den Reiseveranstalter, der sich durch einen\nMitarbeiter vertreten lasst, gleich.\n\n34\n\nEin Anspruch auf weitergehende Minderung des Reisepreises aufgrund weiterer\nMangel besteht dagegen nicht.\n\n35\n\nDer Reisepreis war nicht deswegen zu mindern, weil 2 bis 3 und manchmal auch\nmehr Kakerlaken in dem Appartement des Klagers auftraten. Mit dem Auftreten\nvon Kakerlaken ist bei Reisen in sudliche Lander regelmaßig zu rechnen.\nEinzelne Kakerlaken sind daher lediglich eine Reiseunannehmlichkeit und\nbegrundet keinen Minderungsanspruch.\n\n36\n\nEin Fehler der Reiseleistung der Beklagten aufgrund eines nur lauwarmen Essens\nhat der Klager ebenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Er tragt\nnicht konkret vor, welche Speisen genau nicht genugend erwarmt waren. Er legt\nauch nicht dar, was er genau unter lauwarm versteht. Es handelt sich lediglich\num eine subjektive Wertung es Klagers, die einer objektiven Nachprufung durch\ndas Gericht entzogen ist.\n\n37\n\nDer Klager hat auch keinen Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlaubszeit\ngem. § 651 f Abs. 2 BGB. Ein solcher Schadensersatzanspruch setzt einen\nerheblichen Fehler der Reiseleistung voraus. Dies ist erst dann der Fall, wen\neine Minderung des Reisepreises um mindestens 50 % gerechtfertigt ware. Aus\nden vorstehenden Ausfuhrungen ergibt sich bereits, dass diese Voraussetzung\nvorliegend nicht erfullt ist.\n\n38\n\nDer Zinsausspruch beruht auf § 288 BGB.\n\n39\n\nDie weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1; 708 Nr. 11; 709;\n711 ZPO.\n\n40\n\nStreitwert: 6.846,45 DM.\n\n
308,771
olgham-1998-11-02-31-u-6798
821
Oberlandesgericht Hamm
olgham
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
31 U 67/98
1998-11-02
2019-03-13 08:09:23
2020-12-10 13:12:46
Urteil
ECLI:DE:OLGHAM:1998:1102.31U67.98.00
## Tenor\n\nDie Berufung des Klagers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts\nBielefeld vom 5. Februar 1998 wird zuruckgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten der Berufung.\n\nDas Urteil ist vorlaufig vollstreckbar.\n\nDem Klager wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in\nHohe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn die Beklagte\nnicht zuvor Sicherheit in gleicher Hohe leistet.\n\nBeide Parteien konnen Sicherheit durch unbefristete, selbstschuldnerische\nBurgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder offentlich\nrechtlichen Sparkasse erbringen.\n\nDie Beschwer des Klagers ubersteigt 60.000 DM.\n\n \n1\n\n** _T a t b e s t a n d :_**\n\n2\n\nDer Klager B N und seine - inzwischen von ihm getrennt lebende - Ehefrau N\nhatten bei der Beklagten jeweils Sparbucher mit einer Kundigungsfrist von drei\nMonaten angelegt. Das Sparkonto des Klagers lautete auf die Nr. #####/####,\ndas Sparkonto seiner Ehefrau hatte die Endnummer ....x.\n\n3\n\nAm 06.01.1997 erschien der Klager in der Filiale Stift R der Beklagten, wo er\ndie Sparbucher beider Eheleute vorlegte. Auf seinen Wunsch nahm die Beklagte\nin beiden Sparbuchern eine Umbuchung dergestalt vor, daß sie dem Sparkonto Nr.\nx den Betrag von 124.000,00 DM gutschrieb und gleichzeitig das Konto Nr. x -\nunter Inrechnungstellung von 357,27 DM an Vorfalligkeitszinsen - in derselben\nHohe belastete.\n\n4\n\nAm 13.01.1997 legte Frau N gegen die Umbuchung Protest ein, die ihr Ehemann\nohne Absprache mit ihr und demgemaß ohne ihr Wissen vorgenommen habe. Mit\nSchreiben vom selben Tage forderte die Beklagte daraufhin den Klager auf, den\nBetrag von 124.000,00 DM "kurzfristig auf das Konto Nr. x....\nzuruckzuubertragen". Diese Aufforderung wiederholte die Beklagte mit Schreiben\nvom 28.02.1997 unter Fristsetzung bis zum 06.03.1997. Fur den Fall, daß der\nKlager bis zu diesem Zeitpunkt nichts von sich horen lassen sollte, drohte ihm\ndie Beklagte an, "den Betrag ohne Sparkassenbuch-Vorlage zu stornieren".\n\n5\n\nNoch am selben Tage erschien der Klager abermals in der Filiale Stift R und\nverlangte die Auflosung seines Sparkontos Nr. x unter Auszahlung des darauf\nbestehenden Gesamtguthabens unter Einschluß der am 06.01.1997 gutgebrachten\n124.000,00 DM. Die Beklagte stornierte daraufhin von sich aus den\nBuchungsvorgang vom 06.01.1997 und buchte den streitgegenstandlichen Posten\nvon 124.000,00 DM am 28.02.1997 vom Sparbuch des Klagers zuruck auf das\nSparkonto Nr. x von Frau N.\n\n6\n\nDurch das angefochtene Urteil hat das Landgericht dem Antrag des Klagers, die\nzu Lasten seines Sparkontos Nr. x vorgenommene Abbuchung von 124.000,00 DM\ndurch Gutschrift wieder ruckgangig zu machen, lediglich in Hohe eines Betrages\nvon 3.357,77 DM stattgegeben; im ubrigen hat es die Klage abgewiesen. Dabei\nhat es die Fragestellung fur maßgeblich erachtet, inwieweit die Beklagte im\nVerhaltnis zu Frau N durch die Abbuchung der 124.000,00 DM am 06.01.1997 von\nihrer Pflicht zur Ruckzahlung freigeworden ist. Diese Frage hat es lediglich\nim Umfang des monatlich kundigungsfreien Betrages von 3.000,00 DM sowie in\nRechnung gestellter Vorfalligkeitszinsen von 357,27 DM bejaht. Weiter hat es\ndie Legitimationswirkung des Sparbuchs Nr. x zugunsten des Klagers und zu\nLasten seiner Ehefrau nicht reichen lassen und demzufolge die von der\nBeklagten am 28.02.1997 veranlaßte Stornierung zugunsten von Frau N im Umfang\nvon 120.642,23 DM fur berechtigt befunden. Wegen der Begrundung im einzelnen\nwird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgrunde des angefochtenen Urteils\nvom 05.02.1998 (Bl. 70 - 75 GA) verwiesen.\n\n7\n\nMit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Klager\nseine Klage weiter, soweit ihr nicht durch die vom Landgericht angeordnete\nWiedergutschreibung in Hohe des Betrages von 3.357,77 DM auf sein Sparkonto\nNr. x bereits entsprochen worden ist. Da die Beklagte den Urteilsbetrag von\n3.357,77 DM - statt wiedergutzubringen - direkt an den Klager ausgezahlt hat,\nerklart dieser in Erganzung seines nachstehenden Berufungsantrags zu 2) die\nHauptsache im Umfang von 3.357,77 DM fur erledigt und bittet um eine\nentsprechende Kostenentscheidung.\n\n8\n\nDer Klager erganzt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen, indem er\nder Beklagten fur die Ruckbuchung vom 28.02.1997 ein Stornorecht entsprechend\nZiffer 8 Absatz 1 Sparkassen-AGB abspricht. Die Beklagte habe die Umbuchung\nvom 06.01.1997 keineswegs versehentlich vorgenommen, sondern entsprechend\neiner "unburokratischen" Praxis, wie sie fur die in Rede stehenden beiden\nSparkonten Nr. x und x stets gehandhabt worden sei.\n\n9\n\nIm ubrigen sei nach Wegfall des § 22 KWG a.F. jegliche Grundlage fur eine\nEinschrankung der Legitimationswirkung auf fallige Betrage entfallen, so daß\ngemaß § 271 Abs. 2 BGB nunmehr maßgeblich sei, was zwar nicht gezahlt zu\nwerden brauche, wohl aber gezahlt werden konne. Überdies habe auch die von ihm\n- dem Klager - am 07./08.01.1997 verfugte Kontensperre uber sein Sparkonto Nr.\nx die Beklagte an der Stornobuchung vom 28.02.1997 gehindert.\n\n10\n\nSchließlich sei die Gutschrift vom 06.01.1997 rechtlich auch nicht als "eigene\nLeistung" der Beklagten an den Klager zu bewerten. Richtigerweise durfe es\nsich um eine "Leistung im Dreiecksverhaltnis" zwischen dem Klager, dessen\nEhefrau und der Beklagten gehandelt haben, die nur im Verhaltnis der Eheleute\nzueinander kondiziert werden konne.\n\n11\n\nDer Klager beantragt,\n\n12\n\nunter teilweiser Abanderung des angefochtenen Urteils\n\n13\n\n1\\. die Gutschrift vom 06.01.1997 auf Sparkonto des Klagers Nr. #####/#### in\nHohe des 3.357,77 DM ubersteigenden Betrages wiederherzustellen,\n\n14\n\nhilfsweise,\n\n15\n\ndie am 28.02.1997 auf demselben Sparkonto vorgenommene Belastung (Storno) im\nselben Umfange ruckgangig zu machen, durch Erteilung einer Gutschrift gleicher\nHohe,\n\n16\n\n2\\. die Kosten erster Instanz im Umfange der Erledigung der Beklagten\naufzuerlegen.\n\n17\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n18\n\ndie Berufung des Klagers zuruckzuweisen.\n\n19\n\nSie verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft und erganzt im ubrigen\nihr erstinstanzliches Vorbringen.\n\n20\n\nWegen des sonstigen Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt\nder zwischen ihnen in erster und zweiter Instanz gewechselten Schriftsatze\nnebst den dazu uberreichten Anlagen Bezug genommen.\n\n21\n\n** _Entscheidungsgr unde:_**\n\n22\n\nDie Berufung ist nicht begrundet.\n\n23\n\nDer Klager hat weder Anspruch auf Wiederherstellung der den Betrag von\n3.357,77 DM ubersteigenden Gutschrift vom 06.01.1997 noch (hilfsweise) im\nselben Umfang auf Ruckgangigmachung der von der Beklagten am 28.02.1997\nvorgenommenen Belastung auf seinem Sparkonto Nr. x. Fur die mit dem\nBerufungsantrag zu 2) erbetene Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO sieht der\nSenat keinerlei Raum, da der Klager im Umfang von 3.357,77 DM - wenn auch\nkostenfolgelos - obsiegt hat, eine Teilerledigung mithin insofern nicht\neingetreten ist. Diesen Teilerfolg in Hohe von 3.357,77 DM hat die Beklagte\ndem Klager in zweiter Instanz auch nicht streitig gemacht, so daß insofern\nRechtskraft eingetreten ist.\n\n24\n\nEs geht vorliegend nicht um die Kondiktion eines zu Unrecht in ein\nKontokorrent eingestellten Rechnungspostens, sondern um die bloße Ausbuchung\neiner de facto erreichten - aber nicht gerechtfertigten Buchposition auf einem\nSparkonto. Diese Fehlbuchung konnte die Beklagte - wie am 28.02.1997 geschehen\n- durch einfache Ruckbuchung korrigieren (6.), ohne daß sie einen\nvermeintlichen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 2 BGB durchsetzen mußte\n(5.) oder auch nur das Selbsthilferecht zur Stornierung nach § 8 AGB-\nSparkassen fur sich zu reklamieren brauchte (4.). Auch die vom Landgericht und\nden Parteien herangezogene Liberations- bzw. Legitimationswirkung des\nSparbuchs gewinnt fur den zu beurteilenden Sachverhalt schon deshalb keine\nBedeutung, weil der Umbuchungsvorgang vom 06.01.1997 keine "Leistung" im Sinne\nvon § 808 BGB verkorpert (3.).\n\n25\n\n1.)\n\n26\n\nMit ihrer Feststellung, "rechtlicher Ausgangspunkt muß sein, daß die\nGutschrift vom 06.01.1997 (wie jede Gutschrift einer Bank auf Konten jedweder\nArt) ein abstraktes Schuldversprechen der Bank gegenuber dem Kunden\nbeinhaltet, um dessen Konto es sich handelt", liefert die Berufung gleich zu\nBeginn ihrer Argumentation (Seite 3 der Berufungsbegrundung vom 20.05.1998 =\nBl. 101 GA) den falschen dogmatischen Ansatz. Dagegen erblickt der\nBundesgerichtshof lediglich in der Gutschrift auf einem _Girokonto_ ein\nSchuldversprechen oder Schuldanerkenntnis im Sinne der §§ 780, 781 BGB (WM\n1988/321 - 322 -; 1988/1717 - 1719 -; 1991/1152). Nur dem Empfanger von\nBuchgeld in Gestalt der Gutschrift auf einem Girokonto wird ein\nForderungsrecht im Sinne der §§ 780, 781 BGB gegen seine kontofuhrende Bank\nverschafft, dessen Abstraktheit sich darin zeigt, daß der Rechtsgrund fur die\nmit dem Schuldversprechen begrundete Forderung in diesem Rechtsgeschaft selbst\nnicht enthalten ist, sondern außerhalb liegt (Kumpel "Bank- und\nKapitalmarktrecht", Rdn. 4.16 und 4.92).\n\n27\n\n2.)\n\n28\n\nAnders hingegen verhalt es sich bei der am 06.01.1997 seitens der Beklagten\nvorgenommenen Gutschrift des Betrages von 124.000,00 DM auf dem Sparbuch Nr. x\nals "Spiegelbild" zu der gleichzeitigen Abbuchung auf dem fur Frau N gefuhrten\nSparkonto Nr. x. Diese Position ist im Sparbuch Nr. x als "_Spareinlage_ "\nverbucht worden, die nach der Definition des § 21 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 der\nVerordnung uber die Rechnungslegung der Kreditinstitute - die zum 01.07.1993\nan die Stelle der §§ 21 bis 22 a KWG a.F. getreten ist - nicht fur den\nZahlungsverkehr bestimmt ist. Weil Sparkonten nur auf Guthabenbasis gefuhrt\nwerden, gibt es bei ihnen auch keine Saldoforderung der Kreditinstitute\n(Huffer-van Look "Aktuelle Rechtsfragen zum Bankkonto", Rdn. 26). Als\nSpareinlage verkorperte die Gutschrift vom 06.01.1997 mithin eine - dem Klager\nallerdings uberhaupt nicht zustehende (5.) und (6.) - Darlehensforderung an\ndie Beklagte aus § 607 BGB (BGHZ 64/284; Baumbach-Hopt "HGB (7) -\nBankgeschafte", Rdn. B/1).\n\n29\n\n3.)\n\n30\n\nDamit geht es vorliegend nicht um die Reichweite der vom Landgericht\nerorterten Legitimations- oder Liberationswirkung des auf Frau N lautenden\nSparbuchs Nr. x als qualifiziertes Legitimationspapier im Sinne von § 808 BGB\n(vgl. dazu im einzelnen Munchener Kommentar-Huffer, § 808 BGB Rdn. 12, 25,\n28). Hierfur fehlt es namlich an einer "Leistung" im Sinne von § 808 Abs. 1 S.\n1 BGB - wie sie vornehmlich bei einer Barzahlung gegeben gewesen ware. Eine\nBuchgeldzahlung im bargeldlosen Zahlungsverkehr kann hingegen einer Barzahlung\nnur dann wirtschaftlich gleich erachtet werden, wenn diese bargeldlose Zahlung\ndem Verfugungsbereich des Buchgeldempfangers so nahe geruckt worden ist, daß\ndieser das Buchgeld wie bares Geld verwerten kann. Dies ware indessen\nausschließlich bei der Gutschrift auf einem Girokonto der Fall gewesen, die\ndem Kontoinhaber als Buchgeldempfanger eine rechtlich selbstandige - von\nEinwendungen und Einreden freie - Forderung gegen das kontofuhrende\nKreditinstitut verschafft hatte (BGH WM 1988/321 - 322 -).\n\n31\n\nDamit kann auch dahinstehen, ob der Klager - wie er in seiner\nBerufungsbegrundung (Seite 7 = Bl. 105 GA) behauptet - durch mundliche Weisung\nan die Mitarbeiter der Beklagten vom 07./08.01.1997 uber sein Sparkonto Nr. x\neine "Kontensperre" verfugt hatte. Eine solche Kontensperre hatte nichts\nanderes bedeutet als eine interne organisatorische Maßnahme, mit der ein\nKreditinstitut Auszahlungen verhindern will (Huffer-van Look, a.a.O., Rdn.\n115). Die Einstellung einer Buchposition in ein Sparkonto bedeutet hingegen\ngerade keine Zu- oder Abverfugung im Sinne des § 808 BGB.\n\n32\n\n4.)\n\n33\n\nEbensowenig bedurfte die Beklagte fur den von ihr am 28.02.1997 vorgenommenen\nRe-Transfer des Betrages von 124.000,00 DM vom Sparbuch Nr. x des Klagers auf\ndas Sparbuch Nr. x seiner Ehefrau der bankrechtlichen Legitimation des\nStornorechtes nach § 8 AGB-Sparkassen. Vielmehr stellt das bankrechtliche\nStornorecht ein eigenstandiges - von den Unsicherheiten des\nBereicherungsrechtes allerdings unabhangiges - Ruckbuchungs-Instrument dar,\nwelches - bereits aufgrund seiner systematischen Positionierung innerhalb der\nAGB-Banken bzw. AGB-Sparkassen - seine Rechtfertigung ausschließlich im Rahmen\nvon Girovertragen findet (Baumbach-Hopt, a.a.O., § 8 AGB-Banken Rdn. 1;\nKumpel, a.a.O., Rdn. 4.141).\n\n34\n\nDies beruht darauf, daß ein Regelungsbedarf fur fehlerhafte Buchungen auf\nSpar- oder Festgeldkonten nicht besteht, weil diesen Buchungen kein abstraktes\nSchuldanerkenntnis eines Kreditinstituts zugrunde liegt, um das der Kunde\naufgrund einer fehlerhaften Gutschrift gemaß § 812 Abs. 2 BGB zu Unrecht\nbereichert sein konnte. Wie oben in Ziffer 2) herausgestellt, sind\nSpareinlagen indessen als Darlehen des Kunden an seine Bank/Sparkasse\nanzusehen. Die Gewahrung eines Darlehens und das Entstehen einer Forderung\nnach § 607 BGB setzt aber die tatsachliche Hingabe des Darlehens voraus\n(Canaris "Bankvertragsrecht", Rdn. 1165). Fehlt es mithin an einer\nDarlehenshingabe uberhaupt, geht es lediglich um die Korrektur einer\nfehlerhaften Buchung, nicht hingegen um die Geltendmachung eines\nBereicherungsanspruchs nach § 812 BGB im Wege der Selbsthilfe wie bei einer\nStornobuchung (Bunte in "Bankrechts-Handbuch", 1997, § 13 Rdn. 8).\n\n35\n\n5.)\n\n36\n\nVorliegend ist am 06.01.1997 eine Darlehens-Valuta seitens des Klagers an die\nBeklagte unstreitig nicht geflossen. § 607 BGB als "causa" fur die Gutschrift\nauf dem Sparkonto des Klagers Nr. x an diesem Tage hatte sich demgemaß nur\ndann aufrechterhalten lassen, wenn Frau N gleichzeitig mit dem als Pendant\ngebuchten Abfluß von ihrem Sparkonto Nr. x einverstanden gewesen ware. Diese\nhat sich indessen - wie ebenfalls nicht streitig ist - am 13.01.1997\nausdrucklich gegen die zu ihren Lasten erfolgte Umbuchung verwahrt.\n\n37\n\n6.)\n\n38\n\nDamit stand fest, daß der vom Klager am 06.01.1997 durch die Vorlage beider\nSparbucher konkludent vorgegebene Glaubiger-Austausch - namlich die Abtretung\neiner Spareinlagen-Forderung uber 124.000,00 DM von seiner Ehefrau an ihn (§\n398 BGB) - keinen realistischen Hintergrund besaß. Eine Darlehensforderung des\nKlagers in dieser Hohe war gemaß § 607 BGB tatsachlich und rechtlich nicht\nbegrundet. Die Beklagte war am 28.02.1997 mithin ohne weiteres berechtigt, die\nStorno-Buchung in Gestalt des Re-Transfers des Buchgeldes vom Sparkonto Nr. x\nauf das Konto Nr. x zu bewirken. Die Beklagte brauchte sich fur diese Aktion\nnicht auf einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 2 BGB zu stutzen, da der\nKlager die entsprechende Buchposition auf seinem Sparkonto Nr. x - anders als\ndie Gutschrift auf einem Girokonto - nicht in abstrakter - namlich\neinwendungs- und einredefreier - Weise nach §§ 780, 781 BGB vereinnahmt hatte.\n\n39\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO; der Ausspruch\nuber die Beschwer ergibt sich aus § 546 Abs. 2 S. 1 ZPO.\n\n
308,890
olgk-1998-10-09-5-w-11398
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
5 W 113/98
1998-10-09
2019-03-13 08:12:35
2020-12-10 13:13:04
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:1998:1009.5W113.98.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e :**\n\n2\n\nDas Amtsgericht Bergheim hat gemaß Verfugung vom 29.09.1998 die Sache dem\nOberlandesgericht Koln zur Bestimmung des ortlich zustandigen Gerichts gemaß §\n36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO vorgelegt. Auf diese amtsgerichtliche Vorlage hin ist\njedoch eine Entscheidung gemaß § 36 Ziffer 3 ZPO nicht angezeigt.\n\n3\n\nZwar wird gemaß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO das zustandige Gericht durch das im\nRechtszug nachst hohere Gericht bestimmt, wenn mehrere Personen, die bei\nverschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als\nStreitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und fur den\nRechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begrundet\nist; eine dahingehende Entscheidung kann jedoch nicht auf Vorlageverfugung\neines Gerichts, sondern nur auf einen Antrag des entsprechenden Klagers hin\nerfolgen.\n\n4\n\nZwar werden zu dieser Frage divergierende Ansichten vertreten; so hat das\nBayerische Oberste Landesgericht angenommen, eine entsprechende\nGerichtsstandsbestimmung konne auch auf Vorlage durch ein Untergericht hin\nerfolgen (siehe BayObLG 87/289 = MDR 88/60). Nach hochstrichterlicher\nRechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist eine entsprechende\nGerichtsstandsbestimmung gemaß § 36 Ziffer 3 ZPO jedoch nur auf Antrag einer\nklagenden Partei hin moglich (siehe BGH NJW-RR 91/767). Der Bundesgerichtshof\nhat dies in erster Linie damit begrundet, es musse in erster Linie der\nklagenden Partei uberlassen bleiben, ob sie mehrere Beklagte als\nStreitgenossen vor einem gemeinschaftlichen Gericht oder aber getrennt vor\nverschiedenen Gerichten verklagen wolle, falls entsprechende Gerichtsstande\ngegebenen seien. Fur ein differenziertes Vorgehen seien diverse schutzenswerte\nGrunde der klagenden Partei denkbar, wie z. B. die Nahe von Beweismitteln, die\nnicht fur jede der einzelnen Klagen gegen verschiedene Beklagte von Bedeutung\nseien. In diese Entscheidungsfreiheit einer klagenden Partei werde in\nunstatthafter Weise eingegriffen, wenn von Amts wegen eine Vorlage durch eines\nder angegangenen Gerichte gemaß § 36 Ziffer 3 ZPO erfolge. Selbst dann, wenn\nvor einem bestimmten Gericht Klage gegen mehrere Beklagte als Streitgenossen\neingereicht werde, bestehe noch kein Anlaß, dem angegangenen Gericht die\nMoglichkeit einzuraumen, von Amts wegen eine Gerichtsstandsbestimmung im\nvorgenannten Sinne herbeizufuhren. Vielmehr habe es lediglich rechtliche\nHinweise hinsichtlich einer eventuellen Unzustandigkeit betreffend einzelne\nBeklagte zu erteilen, es aber im Ergebnis der Entscheidungsfreiheit des\nKlagers zu uberlassen, welche Konsequenzen in rechtlicher bzw. in prozessualer\nHinsicht er hieraus zu ziehen gedenke.\n\n5\n\nDiesen Erwagungen, die in sachlich angemessener Weise der\nEntscheidungsfreiheit der klagenden Partei den Vorrang gegenuber einer von\nAmts wegen erfolgenden Gerichtsstandsbestimmung geben, ist beizupflichten, so\ndaß vorliegend mangels eines Antrages der Klager eine Gerichtsstandsbestimmung\nnach § 36 Ziffer 3 ZPO nicht in Betracht kommt.\n\n
309,045
olgk-1998-09-16-13-u-4898
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
13 U 48/98
1998-09-16
2019-03-13 08:16:38
2020-12-10 13:13:26
Urteil
ECLI:DE:OLGK:1998:0916.13U48.98.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**Entscheidungsgr unde**\n\n2\n\nDie Berufung kann keinen Erfolg haben. Ein Schadensersatzanspruch des Klagers\naus dem Gesichtspunkt schuldhafter Verletzung des Girovertrages (bei der\nAusfuhrung des Überweisungsauftrages) oder aus dem Gesichtspunkt des Verzuges\n(hinsichtlich der Stornierung der Belastung) ist aus den zutreffenden Grunden\ndes angefochtenen Urteils abzulehnen (§ 543 Abs.1 ZPO). Es ist der Beklagten\nweder vorzuwerfen, daß sie sich vor Ausfuhrung des in Rede stehenden\nÜberweisungsauftrages (Bl. 45) nicht telefonisch beim Klager uber die\nAuthentizitat vergewissert hat, noch, daß sie die Belastung des Abrufkontos\ndes Klagers mit den ihm erst im Marz 1997 (mit Zinsen) wieder gutgebrachten\n50.000,00 DM nicht bereits vor dem 3.7.1996 ruckgangig gemacht und den Betrag\n- wie vom Klager verlangt - fristgemaß an die Kreditanstalt fur Wiederaufbau\nuberwiesen hat. Die Berufung zeigt weder in tatsachlicher noch in rechtlicher\nHinsicht beachtliche neue Gesichtspunkte auf, sondern bewertet die fur eine\nschuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten in Betracht zu ziehenden Umstande\nlediglich anders, ohne daß dies uberzeugen kann. Die Angriffe der Berufung\ngeben dem Senat lediglich Veranlassung zu folgenden erganzenden Bemerkungen:\n\n3\n\n 1. Die Prufungspflichten der Bank durfen nicht uberspannt werden. Die Banken werden im allgemeinen Überweisungsverkehr nur zum Zweck eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs tatig und konnen sich schon wegen dieses begrenzten Geschaftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschaftsvorgange grundsatzlich auf die formale Prufung beschranken, ob der Überweisungsauftrag seinem außeren Erscheinungsbild nach den Eindruck der Echtheit erweckt. Diese Prufung liegt ohnehin schon vorrangig im eigenen Interesse der Bank, weil sie namlich regelmaßig selbst das - auch nicht formularmaßig ohne Rucksicht auf ein Verschulden auf den Kunden abwalzbare - Risiko tragt, daß Überweisungsauftrage gefalscht oder inhaltlich verfalscht werden (vgl. BGH NJW 1994, 2357; NJW 1997, 1700; NJW 1997, 2236). Was die Berufung durch Einholung eines Sachverstandigengutachtens zu Beweis stellen will, laßt die im angefochtenen Urteil vorgenommene rechtliche Wertung unberuhrt. So kommt es nicht darauf an, ob die Benutzung des Formulars einer anderen Bank im Überweisungsverkehr allgemein ungewohnlich ist, oder gar darauf, was Bankangestellten insoweit ublicherweise im Rahmen der Ausbildung an verdachterregenden Umstanden vermittelt wird. Zum einen stellt das angefochtene Urteil mit Recht darauf ab, daß die Beklagte - unwiderlegt - eine plausible Erklarung dafur gegeben hat, weshalb bei ihr die Verwendung von Vordrucken anderer Banken keine Seltenheit ist. Zum anderen ist die Verwendung eines anderen als des bankeneigenen Formulars auch deshalb unverdachtig, weil sich ein Falscher jederzeit solcher am Schalter ausliegender Formulare bedienen kann. Auch die Frage, ob und unter welchen Umstanden bei hoheren Überweisungsbetragen eine telefonische Ruckfrage beim Kunden vorzunehmen ist, betrifft eine Rechtsfrage, die keinem Sachverstandigenbeweis zuganglich ist. Da im angefochtenen Urteil die Gesamtumstande erschopfend und zutreffend gewurdigt worden sind, erubrigen sich weitere Ausfuhrungen.\n 2. Aus den ebenfalls zutreffenden Grunden des angefochtenen Urteils gereicht es der Beklagten nicht zum Verschulden, daß sie die Belastung des Kontos des Klagers nicht so fruhzeitig storniert hat, wie dies zur Erlangung des von ihm mit dem Fordergebietsdarlehen angestrebten Steuervorteils erforderlich gewesen ware (der Darlehensbetrag hatte zu diesem Zweck bis zum 3.7.1996 bei der Kreditanstalt fur Wiederaufbau eingehen mussen). War der Überweisungsauftrag gefalscht, war die Beklagte dem Klager zwar zur Korrektur der unrichtigen Belastungsbuchung durch Erteilung einer Wiedergutschrift verpflichtet. Da es sich hierbei jedoch um einen Anspruch handelte, dessen Berechtigung zunachst einer Überprufung bedurfte, konnte die Beklagte erst nach Ablauf einer angemessenen Überprufungsfrist in Verzug geraten (§ 285 BGB). Sie durfte im Hinblick auf von ihr gehegte verstandliche Zweifel an einer Falschung jedenfalls das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen (Vernehmung der Angestellten der Empfangerbank sowie Nachforschungen nach dem auf dem Überweisungstrager angegebenen, bei der Empfangerbank als Kontoinhaber registrierten Empfanger) abwarten, bevor sie unbeschadet der objektiv nur durch ein Schriftsachverstandigengutachten zu klarenden Echtheit oder Falschung des Überweisungsauftrages mit der vom Klager verlangten Korrektur der Belastungsbuchung in Verzug geriet.\n\n4\n\nMit dem Hinweis der Berufung auf einen Sparbrief der Beklagten als moglicher\nSicherheit ist nichts anzufangen. Es ware Sache des Klagers gewesen, der\nBeklagten diesen Sparbrief als Sicherheit fur einen - vorbehaltlich der\nKlarung der strittigen Belastungsbuchung - rechtzeitigen Überweisungsauftrag\nan die Kreditanstalt fur Wiederaufbau anzubieten. Einen von der Korrektur der\nBelastungsbuchung unabhangigen Überweisungsauftrag hat er der Beklagten jedoch\nnicht erteilt; so konnte die Beklagte seine Aufforderung, fur eine Überweisung\nder 50.000,00 DM an die Kreditanstalt fur Wiederaufbau bis zum 3.7.1996 zu\nsorgen, auch nicht ohne weiteres verstehen.\n\n5\n\nEs hat daher bei dem angefochtenen Urteil zu verbleiben.\n\n6\n\nDie Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.\n\n7\n\nStreitwert fur die Berufung und Beschwer des Klagers durch dieses Urteil:\n7.143,75 DM.\n\n
309,201
ovgnrw-1998-08-18-15-a-108896
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
15 A 1088/96
1998-08-18
2019-03-13 08:20:29
2019-03-27 09:50:40
Urteil
ECLI:DE:OVGNRW:1998:0818.15A1088.96.00
## Tenor\n\nDer angefochtene Gerichtsbescheid wird aufgehoben.\n\nDie Sache wird an das Verwaltungsgericht Koln zuruckverwiesen.\n\nDie Entscheidung uber die Kosten bleibt dem Verwaltungsgericht vorbehalten.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDie Klagerin ist Eigentumerin in zweier an der H straße gelegener Grundstucke\n(Gemarkung E feld, Flur 72, Flurstucke 2045/29 und 2307/39 - H straße 15 -\nsowie Gemarkung E, Flur 72, Flurstuck 2308/39 - V Straße 200 -). Nach dem\nAusbau der H straße im Jahre 1986 erließ der Beklagte gegenuber der Klagerin\nzwei Straßenbaubeitragsbescheide vom 30. Januar 1989 (Az. 621/11- 4K-9968 fur\ndas Grundstuck H straße 15 uber 143.554,12 DM und Az. 621/11-4K-9967 fur das\nGrundstuck V Straße 200 uber 13.468,92 DM). Dagegen legte die Klagerin\nWiderspruche ein, die sie spater auf die Halfte des jeweils festgesetzten\nBetrages beschrankte. Durch Widerspruchsbescheide vom 22. Juni 1994 wies der\nBeklagte die Widerspruche zuruck. Die Widerspruchsbescheide wurden an den im\nWiderspruchsverfahren fur die Klagerin als Bevollmachtigten aufgetretenen\nRechtsanwalt Dr. G gegen Empfangsbekenntnis ubersandt. Dieser unterzeichnete\ndie Empfangsbekenntnisse nicht, sondern ubersandte die Bescheide nebst\nEmpfangsbekenntnissen an die Geschaftsfuhrerin der Klagerin mit einem\nBegleitschreiben vom 28. Juni 1994, in dem u.a. ausgefuhrt wurde:\n\n3\n\n"Ich bin inzwischen vollig aus der Sache heraus und kann mich daher zur Sach-\nund Rechtslage nicht außern. Ich mochte daher auch keinerlei Empfehlung fur\ndas weitere Vorgehen geben. Die beiden beigefugten Empfangsbescheinigungen\nfuge ich mit der Bitte um weitere Veranlassung bei. Naturgemaß lauft erst vom\nTage der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses an die einmonatige\nKlagefrist. Auf die Klagefrist weise ich zu meiner Entlastung mit allem\nNachdruck hin. ... Ich habe inzwischen - auch aus gesundheitlichen Rucksichten\n- meine aktive Anwaltstatigkeit beendet."\n\n4\n\nDie Klagerin, die dieses Schreiben am 29. Juni 1994 erhielt, sandte die\nEmpfangsbekenntnisse nicht zuruck.\n\n5\n\nAm 20. Juli 1994 reichte die Klagerin beim Amtsgericht K eine an dieses\nGericht adressierte Klageschrift ein, mit der sie die Aufhebung der\nBeitragsbescheide in der Gestalt der Widerspruchsbescheide beantragte. Nachdem\ndem Beklagten die Klageschrift formlos und mit dem Hinweis auf eine\nbeabsichtigte Verweisung ubersandt worden war, verwies das Amtsgericht die\nKlage durch Beschluß vom 20. September 1994 ( ) an das Verwaltungsgericht\nKoln, bei dem die Akten am 17\\. Oktober 1994 eingingen (17 K 8013/94).\n\n6\n\nBereits zwischen dem 29. Juli und 1. August 1994 hatte die Klagerin beim\nVerwaltungsgericht Koln die vorliegende, denselben Streitgegenstand wie die\nKlage vor dem Amtsgericht betreffende Anfechtungsklage erhoben. Durch Beschluß\nvom 20\\. September 1994 hat das Verwaltungsgericht daraus das Verfahren unter\ndem neuen Aktenzeichen 17 K 7416/94 abgetrennt, soweit sich die Klage gegen\nden Bescheid bezuglich des Grundstucks V Straße 200 richtet.\n\n7\n\nDie Klagerin hat vorgetragen: Der vorliegenden Klage stehe der Einwand der\nRechtshangigkeit nicht entgegen, da die vor dem Amtsgericht K erhobene Klage\nnicht rechtshangig geworden sei. Da sie irrtumlich an das Amtsgericht K\nadressiert worden sei, konne die Rechtshangigkeit nur bei dem in Wahrheit\ngemeinten Verwaltungsgericht, nicht aber beim Amtsgericht eingetreten sein.\nDamit sei die vorliegende Klage zuerst beim Verwaltungsgericht Koln\nrechtshangig geworden. Auch sei die Klagefrist nicht versaumt. Der Lauf der\neinmonatigen Klagefrist sei nicht ausgelost worden, da das Empfangsbekenntnis\nals notwendige Voraussetzung fur eine Fristauslosung nicht zuruckgesandt\nworden sei. Die einjahrige Klagefrist sei gewahrt. Die Klage, die sich nur auf\nden Teil des Bescheides, der durch Widerspruch angefochten worden sei,\nbeziehe, sei begrundet, weil in dem Bescheid eine falsche Grundstucksflache\nzugrundegelegt werde, die abgerechnete Straße zu Unrecht als Anliegerstraße\neingestuft worden sei und die in den umlagefahigen Aufwand einbezogenen Kosten\nder Straßenbegrunung nicht beitragsfahig seien.\n\n8\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n9\n\nden Beitragsbescheid vom 30. Januar 1989 (Az. 621/11-4 K-9968) in der Gestalt\ndes Widerspruchsbescheides vom 22\\. Juni 1994 aufzuheben.\n\n10\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n11\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n12\n\nEr hat vorgetragen: Die Klage sei unzulassig, da bereits am 20\\. Juli 1994\neine denselben Streitgegenstand betreffende Klage beim Amtsgericht K\neingegangen sei. Die vorliegende Klage sei auch deshalb unzulassig, weil sie\nverfristet sei. Auf den Umstand, daß das Empfangsbekenntnis fur den\nWiderspruchsbescheid nicht zuruckgesandt worden sei, konne sich die Klagerin\nnicht mehr berufen, da sie den Widerspruchsbescheid spatestens am 28. Juni\n1994 erhalten habe. Das Empfangsbekenntnis sei fur die Fristauslosung nicht\nerforderlich, da der ehemalige Verfahrensbevollmachtigte der Klagerin,\nRechtsanwalt Dr. G , durch sein tatsachliches Verhalten die Annahme des\nWiderspruchsbescheides zum Ausdruck gebracht habe.\n\n13\n\nDurch den angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Verwaltungsgericht die Klage\nals unzulassig abgewiesen.\n\n14\n\nMit der dagegen rechtzeitig eingelegten Berufung verfolgt die Klagerin ihr\nBegehren weiter. Sie tragt vor: Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht\nangenommen, die Klagefrist sei versaumt worden. Dies sei mangels Rucksendung\ndes Empfangsbekenntnisses fur den Widerspruchsbescheid nicht der Fall. Auch\nfehle es an der notwendigen Voraussetzung fur eine Zustellung, daß der\nZustellungsadressat in Kenntnis der Zustellungabsicht bereit gewesen sei, das\nSchriftstuck entgegenzunehmen und zu behalten.\n\n15\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n16\n\nunter Änderung des angefochtenen Gerichtsbescheides den Heranziehungsbescheid\ndes Beklagten vom 30\\. Januar 1989, betreffend das Grundstuck H straße 15, in\nder Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22\\. Juni 1994 aufzuheben, soweit\nein Beitrag von mehr als 71.777,06 DM festgesetzt wird.\n\n17\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n18\n\ndie Berufung zuruckzuweisen.\n\n19\n\nEr halt die Klage fur verfristet. Ein Empfangsbekenntnis sei keine\nWirksamkeitsvoraussetzung fur die Auslosung der Klagefrist, sondern lediglich\neine bloße Form des Nachweises des Zugangs. Durch die widerspruchslose\nEntgegennahme des Widerspruchsbescheides durch den ehemaligen\nVerfahrensbevollmachtigten der Klagerin, Rechtsanwalt Dr. G , sei die\nZustellung bewirkt worden.\n\n20\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der\nBeteiligten im ubrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte, den Inhalt der\nVerfahrensakten 15 A 1089/96 und 15 A 1087/96 sowie auf die dazu beigezogenen\nUnterlagen Bezug genommen.\n\n21\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n22\n\nDie zulassige Berufung ist, soweit die Zulassigkeit der Klage in Rede steht,\nbegrundet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klage\nzulassig.\n\n23\n\nDer Klage steht keine anderweitige Rechtshangigkeit entgegen. Die beim\nAmtsgericht K am 20. Juli 1994 anhangig gemachte Klage ist dort nie\nrechtshangig geworden, vielmehr ist sie am 17. Oktober 1994, also nach der\nRechtshangigkeit der vorliegenden Klage, beim Verwaltungsgericht Koln\nrechtshangig geworden (17 K 8013/94). Insoweit wird auf das Urteil des\nerkennenden Senates vom heutigen Tage zwischen den Beteiligten gleichen\nRubrums (15 A 1089/96) Bezug genommen.\n\n24\n\nDie Klage ist auch nicht wegen Versaumens der Klagefrist unzulassig. Gemaß §\n74 Abs. 1 Satz 1 VwGO muß eine Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach\nZustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Diese Frist ist nicht\nversaumt worden.\n\n25\n\nDabei kann offen bleiben, ob die Frist schon deshalb nicht versaumt wurde,\nweil die gemaß § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 5 Abs. 2\nVerwaltungszustellungsgesetz gegen Empfangsbekenntnis beabsichtigte Zustellung\nwegen des bis heute nicht ausgestellten Empfangsbekenntnisses nicht wirksam\nerfolgt ist.\n\n26\n\nVgl. einerseits BGH, Urteil vom 29\\. Januar 1976 - IX ZR 47/74 -, LM § 197 BEG\n1956 Nr. 5; Urteil vom 19\\. April 1994 - VI ZR 269/93 H -, NJW 1994, 2295,\n(zum vergleichbaren § 212a ZPO); BAG, Urteil vom 2. Dezember 1994 \\- 4 AZB\n17/94 -, NJW 1995, 1916, (zu § 212a ZPO); andererseits BFH, Urteil vom 6. Marz\n1990 - II R 131/87 -, BFHE 159, 425; offen gelassen vom BVerwG, Beschluß vom\n12. Oktober 1984 - 1 B 57.84 -, Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 10, S. 1 (4).\n\n27\n\nIn jedem Falle setzt namlich eine wirksame Zustellung mittels\nEmpfangsbekenntnisses nach § 5 Abs. 2 VwZG voraus, daß der Zustellungsadressat\ndas zuzustellende Schriftstuck als zugestellt annimmt.\n\n28\n\nVgl. BVerwG, Beschluß vom 30\\. November 1993 - 7 B 92.93 -, Buchholz 340 § 5\nVwZG Nr. 15, S. 5 (6); Urteil vom 17. Mai 1979 - 2 C 1.79 -, BVerwGE 58, 107\n(108).\n\n29\n\nDer - hier spatestens am 28. Juni 1994 erfolgte - Zugang des\nWiderspruchsbescheides beim ehemaligen Verfahrensbevollmachtigten der\nKlagerin, Rechtsanwalt Dr. G , alleine reicht nicht aus. Der ehemalige\nVerfahrensbevollmachtigte hat den Widerspruchsbescheid nicht als zugestellt\nangenommen. Das ergibt sich aus seinem Schreiben an die Geschaftsfuhrerin der\nKlagerin vom 28. Juni 1994\\. In diesem Schreiben teilt er mit, daß er\ninzwischen seine aktive Anwaltstatigkeit beendet habe und ubersendet der\nKlagerin den Widerspruchsbescheid nebst Empfangsbekenntnis mit dem\nausdrucklichen Hinweis, daß die Klagefrist erst vom Tage der Unterzeichnung\ndes Empfangsbekenntnisses laufe. Dieses Verhalten kann nur so verstanden\nwerden, daß Rechtsanwalt Dr. G den Widerspruchsbescheid nicht als zugestellt\nangenommen hat, sondern wegen seines Ruckzugs aus der beruflichen Tatigkeit\nnur den Widerspruchsbescheid an die Klagerin weiterleiten wollte.\n\n30\n\nOb die Zustellung tatsachlich spater bewirkt wurde, wofur fruhenstens der\nZeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides bei der Geschaftsfuhrerin der\nKlagerin am 29. Juni 1994 in Betracht kommt, bedarf keiner Entscheidung, da in\ndiesem Falle die Klage innerhalb der einmonatigen Klagefrist erhoben worden\nist.\n\n31\n\nDie Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ist in keinem Falle uberschritten worden.\n\n32\n\nDas Verwaltungsgericht hat noch nicht in der Sache selbst entschieden. Der\nSenat macht von der Moglichkeit der Zuruckverweisung gemaß § 130 Abs. 1 Nr. 1\nVwGO Gebrauch, weil zur Sachentscheidung noch tatsachliche Aufklarung\nerforderlich ist und eine Verzogerung des endgultigen Verfahrensabschlusses,\nwenn sie denn uberhaupt zu besorgen ist, hinnehmbar erscheint.\n\n33\n\nDie Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2\nVwGO nicht vorliegen.\n\n34\n\n
309,302
sg-munster-1998-07-23-s-10-vs-10596
838
Sozialgericht Münster
sg-munster
Münster
Nordrhein-Westfalen
Sozialgerichtsbarkeit
S 10 VS 105/96
1998-07-23
2019-03-13 08:23:09
2019-03-27 09:50:25
Urteil
ECLI:DE:SGMS:1998:0723.S10VS105.96.00
## Tenor\n\nDie Beklagte wird unter Abanderung des Bescheides vom 02.01.1996 in der\nFassung des Widerspruchsbescheides vom 04.10.1996 verurteilt, den GdB der\nKlagerin ab 06.07.1995 mit 60 festzusetzen. Der Beklagte hat der Klagerin die\nerstattungsfahigen Kosten zu erstatten.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDie am XX.XX.XXXX geborene Klagerin begehrt von Beklagten nach dem SchwbG die\nFeststellung eines hoheren GdB als 30.\n\n3\n\nIm Jahre 1994 stellte die Klagerin ihren ersten Antrag nach dem SchwbG. Sie\nfugte arztliche Befunde und ein Informationsblatt bei. Das Versorgungsamt\nholte einen Bericht von Dr. C ein sowie eine gutachtliche Stellungnahme von\nDr. C1 vom 13.05.1994. Der schatzte den GdB mit 30 ein: 30 wegen der\nHarnblasenentzundung, je 10 wegen Schuppenflechte, Reizmagen und\nHorbehinderung. Mit Bescheid vom 26.05.1994 stellte das Versorgungsamt den GdB\nmit 30 fest.\n\n4\n\nAm 06.07.1995 stellte die Klagerin einen Antrag auf Neufeststellung wegen des\nZustandes nach Blasenoperation und Neo-Blase. Das Versorgungsamt holte\nBerichte des Dr. C und des Urologen Dr. U ein sowie eine gutachtliche\nStellungnahme der Frau Dr. S vom 24.10.1995. Mit Bescheid vom 02.01.1996\nlehnte das Versorgungsamt die Erhohung des GdB ab und bezeichnete die\nBehinderungen neu. Dagegen legte die Klagerin Widerspruch ein und fugte eine\nListe ihrer Behandlungen bei. Der Beklagte holte einen Bericht der\nUrologischen Universitatsklinik Munster vom 04.07.1995 ein. Mit\nWiderspruchsbescheid vom 04.10.1996 wies das Landesversorgungsamt Nordrhein-\nWestfalen den Widerspruch zuruck.\n\n5\n\nAm 29.10.1996 hat die Klagerin Klage erhoben. Sie tragt vor, der GdB sei\nurologisch unterbewertet. Sie legt Berichte der Urologischen\nUniversitatsklinik vom 08.04.1994 und 01.03.1995 sowie Informationsschriften\nvor.\n\n6\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n7\n\nunter Abanderung des Bescheides vom 02.01.1996 in der Fassung des\nWiderspruchsbescheides vom 04.10.1996 den Beklagten zu verurteilen, den GdB ab\n06.07.1995 mit 60 festzusetzen.\n\n8\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n9\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n10\n\nDas Gericht hat sich vom Urologen Dr. U berichten lassen. Von Prof. Dr. I\nUrologische Universitatsklinik Munster, hat es ein Gutachten (15.10.1997) und\neine gutachtliche Stellungnahme (29.03.1998) eingeholt. Dem tritt der Beklagte\nmit Stellungnahmen des Urologen Dr. T entgegen. Wegen des Beweisergebnisses\nund zur naheren Darlegung der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitakten\nund die SchwbG-Akten des Versorgungsamt Munsters, GZ: 000, Bezug genommen.\n\n11\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n12\n\nDie Klage ist begrundet.\n\n13\n\nDie Klagerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 02.01.1996 in der\nFassung des Widerspruchsbescheides vom 04.10.1996 beschwert im Sinne von § 54\nAbs. 2 SGG, weil dieser Verwaltungsakt rechtswidrig ist.\n\n14\n\nDie Klagerin kann vom Beklagten die Erhohung des GdB auf 60 ab 06.07.1995\nverlangen, denn insoweit ist eine wesentliche Änderung im Sinne der\nVerschlimmerung urologischerseits eingetreten. Die Kammer folgt in ihrer\nBeurteilung den gutachtlichen Äußerungen des Prof. Dr. I, die auch durch die\nvom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen des Urologen Dr. T nicht erschuttert\nwerden. Bei der Klagerin besteht eine chronische interstitielle Zystitis bei\nZustand nach subtotaler Zystektomie, Hysterektomie und Ovarektomie beiderseits\nmit Anlage einer leozokalaugmentation, eine postoperativ bestehende\nweitestgehende Beschwerdepersistenz im Sinne eines chronischen\nSchmerzsyndroms, eine rezidivierende Infektneigung der Darmersatzblase und\neine chronische, derzeit nicht-substitutionspflichtige, metabolisch-resorptive\nAzidoseneigung. Diese Gesundheitsstorungen sind so in den maßgeblichen\n"Anhaltspunkten" (1996) nicht aufgefuhrt. Die Situation der Klagerin ist am\nehesten durch die auf Seite 108 der Anhaltspunkte unter "chronische\nHarnblasenentzundung mit Schrumpfblase (Fassungsvermogen unter 100 ml,\nBlasentenesmen)" beschriebene Position wiedergegeben. Diese Krankheit bedingt\neinen GdB von 50 - 70. Der vom Sachverstandigen vorgeschlagene GdB von 60, der\nzugleich den Gesamt-GdB darstellt, wird dem schwerwiegenden Krankheitsbild der\nKlagerin gerecht.\n\n15\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.\n\n
309,310
ag-kleve-1998-07-20-3-c-23998
685
Amtsgericht Kleve
ag-kleve
Kleve
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Amtsgericht
3 C 239/98
1998-07-20
2019-03-13 08:23:22
2019-03-27 09:50:24
Urteil
ECLI:DE:AGKLE1:1998:0720.3C239.98.00
## Tenor\n\n1\\. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klager jeweils 220,50 DM nebst 4 %\nZinsen seit dem 25.05.1998 zu zahlen.\n\nIm ubrigen wird die Klage abgewiesen.\n\n2\\. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 20 % und die Klager\njeweils zu 40 % zu tragen.\n\n \n1\n\nDie Klager machen Gewahrleistungsanspruche aus einem Reisevertrag geltend.\n\n2\n\nSie buchten fur sich und ihr 3jahriges Kind eine Flugreise nach M auf die J in\ndas Hotel L fur die Zeit vom 08. bis zum 22.11.1997. Der Reisepreis mit\nHalbpension betrug insgesamt 4.113,-- DM. Fur eine Reiserucktrittsversicherung\nzahlten sie 69,-- DM.\n\n3\n\nBei Ankunft am Urlaubsort erfuhren die Klager, dass das Hotel ausgebucht war.\nEin gleichwertiges Ersatzhotel konnte die Beklagte nicht zur Verfugung\nstellen. Auf Verlangen der Klager erfolgte am 10.11.1997 der Ruckflug nach\nDeutschland.\n\n4\n\nVorprozessual zahlte die Beklagte insgesamt 5.372,-- DM.\n\n5\n\nDie Klager begehren die Erstattung des Reisepreises zzgl.\nReiserucktrittsversicherung in Hohe von insgesamt 4.182,-- DM und\nSchadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit fur beide Klager in Hohe von jeweils\n1.500,-- DM.\n\n6\n\nDesweiteren begehren sie Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit fur das\n3jahrige Kind in Hohe von 500,-- DM. Hierzu tragen sie vor, es stelle fur ein\n3jahriges Kind eine ausserordentliche Beeintrachtigung dar, wenn es anstelle\neines unter freiem Himmel verbrachten Badeurlaubes zwei Wochen in der Wohnung\nder Eltern im kalten Deutschland verbringen musse.\n\n7\n\nDie Klager beantragen,\n\n8\n\ndie Beklagten zu verurteilen, an sie jeweils einen Betrag in Hohe von 1.155,--\nDM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.05.1998 zu zahlen.\n\n9\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n10\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n11\n\n** _Entscheidungsgr unde:_**\n\n12\n\nDie zulassige Klage ist teilweise begrundet.\n\n13\n\nDie Klager haben einen Anspruch auf Ruckzahlung des Reisepreises in Hohe von\n4.113,-- DM gem. § 812 Abs. 1 S. 2, 1. Alternative BGB.\n\n14\n\nDie Klager haben den Reisepreis an die Beklagten geleistet. Der Rechtsgrund\nfur diese Leistung ist nachtraglich entfallen, da die Klager den Reisevertrag\nwirksam gem. § 651 e BGB gekundigt haben. Die Reise war vereitelt, nachdem die\nBeklagte das gebuchte Hotel nicht zur Verfugung stellen konnte.\n\n15\n\nDie Klager haben allerdings keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten fur die\nReiserucktrittsversicherung. Die Reiserucktrittsversicherung ist nicht\nBestandteil des Reisepreises. Es handelt sich vielmehr um eine vermittelte\nFremdleistung des Reiseveranstalters (vgl.: Fuhrich, Reiserecht, S. 128). Die\ndamit verbundene Leistung, die Moglichkeit des kostenlosen Rucktritts im\nKrankheitsfall, hatten die Klager bei Bedarf auch in Anspruch nehmen konnen.\n\n16\n\nDie Klager haben einen Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlaubszeit in\nHohe von 1.700,-- DM gem. § 651 f Abs. 2 BGB gegen die Beklagte.\n\n17\n\nWie oben ausgefuhrt, war die Reise fur die Klager vereitelt. Bei der Bemessung\ndes Schadensersatzes wegen vertaner Urlaubszeit orientiert sich das Gericht an\nder Entscheidung des LG Frankfurt vom 19.09.1988 (NJW-RR 1988, S. 1451).\nDanach steht dem Reisenden pro vertanem Urlaubstag ein Schadensersatzbetrag in\nHohe von 100,-- DM zu. Bricht der Reisende den Urlaub vorzeitig ab, ist dieser\nBetrag wegen der Moglichkeit, die Urlaubszeit am Heimatort sinnvoll zu nutzen,\num 50 % zu reduzieren.\n\n18\n\nFur die Zeit vom 08. bis zum 10.11.1997 (3 Tage) steht den Klagern demnach ein\nErsatzbetrag in Hohe von 100,-- DM pro Tag, insgesamt also 600,-- DM, zu. Fur\ndie weiteren 11 Urlaubstage, die die Klager in Deutschland verbracht haben,\nsteht ihnen ein Ersatzanspruch in Hohe von 50,-- DM pro Tag, insgesamt also\nweitere 1.100,-- DM, zu.\n\n19\n\nDie Klager haben dagegen keinen Schadensersatzanspruch wegen vertaner\nUrlaubszeit gem. §§ 651 f Abs. 2; 328 BGB fur ihr dreijahriges Kind.\n\n20\n\nGrundsatzlich konnen allerdings auch Kinder einen Anspruch auf Schadensersatz\nwegen vertaner Urlaubszeit haben (vgl.: BGH, NJW 1983, S. 218 (220); Fuhrich,\nReisevertragsrecht, S. 297). Denn es handelt sich um einen immateriellen\nSchadensersatzanspruch, der demgemaß nicht nur demjenigen zustehen kann, der\nden Urlaub durch eine Arbeitsleistung und ein damit verbundenes Einkommen\nverdient hat.\n\n21\n\nOb und in welchem Umfang Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit zu zahlen\nist, richtet sich allerdings nach den Umstanden des Einzelfalles. Maßgeblich\nist, inwieweit die Reise fur den einzelnen Reisenden beeintrachtigt worden\nist. Fur Kinder haben viele Urlaubserlebnisse eine andere Bedeutung als fur\nErwachsene. So mag sie etwa ein Urlaub enttauschen, bei denen die erwarteten\nAngebote fur Spiel und Sport ausgeblieben sind oder kaum Moglichkeiten\nbestanden haben, Gleichaltrigen zu begegnen, wahrend die Eltern die erholsame\nRuhe genießen. Umgekehrt treffen andere Reisemissbilligkeiten Kinder\nerfahrungsgemaß weniger schwer als Erwachsene (vgl. dazu: BGH: NJW 1983, S.\n218 (229)). Es erscheint angemessen zu sein, bei der Bestimmung, ob\nSchadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit Kindern zu gewahren ist, nicht auf\neinen Erholungswert, sondern auf einen Erlebniswert des Urlaubs abzustellen\n(so Tonner in Munchner Kommentar zum BGB zu § 651 f Rdnr. 63). Aus der Sicht\neines 3jahrigen Kindes hatte schon der Hin- und Ruckflug mit einem Flugzeug\nnach Spanien und zuruck nach Deutschland einen Erlebniswert. Am Heimatort\nwieder angekommen hatte das Kind die Moglichkeit, die Tage mit seinen Eltern\nzur Freizeitgestaltung zu verbringen. Dass diese Freizeitgestaltung nicht\nunter freiem Himmel stattfinden konnte, sondern in der Wohnung der Klager oder\nzum Beispiel in deutschen Hallenbadern stattfand, schmalerte den Erlebniswert\nder Urlaubszeit fur das Kind nicht so weitgehend, dass hierfur eine\nEntschadigung in Geld angebracht ware.\n\n22\n\nInsgesamt bestehen demnach Zahlungsanspruche in Hohe von 5.813,-- DM Unter\nBerucksichtigung der Zahlung der Beklagten in Hohe von 5.372,-- DM verbleibt\nein Restbetrag in Hohe von 441,-- DM. Fur jeden der beiden Klager ergibt dies\nden zuerkannten Betrag in Hohe von 220,50 DM.\n\n23\n\nDer Zinsausspruch beruht auf § 291 BGB.\n\n24\n\nDie weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1; 100 Abs. 1; 708 Nr.\n11, 711 ZPO.\n\n25\n\nStreitwert: 2.310,-- DM.\n\n
309,349
lg-dusseldorf-1998-07-03-38-o-6597
808
Landgericht Düsseldorf
lg-dusseldorf
Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Landgericht
38 O 65/97
1998-07-03
2019-03-13 08:24:20
2019-03-27 09:50:18
Urteil
ECLI:DE:LGD:1998:0703.38O65.97.00
## Tenor\n\nI.\n\nAuf die Widerklage werden die Klagerinnen verurteilt,\n\n1\\.\n\nes bei Meidung eines vom Gericht fur jeden Fall der Zuwiderhandlung\nfestzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft\nbis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im\nWiederholungsfall bis zu zwei Jahren zu unterlassen,\n\nin der Bundesrepublik Deutschland fur Brillengestelle (Brillenfassungen) eine\nder nachstehenden Bezeichnungen\n\nU\n\noder\n\nU ®\n\noder\n\nU M\n\nzu benutzen,\n\ninsbesondere wenn die Klagerin zu 1. und/oder die Klagerin zu 2. in\nDeutschland eine der vorgenannten Bezeichnungen auf Brillengestellen oder\nihrer Aufmachung oder Verpackung anbringen, unter einer der Bezeichnungen\nBrillengestelle anbieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten\nZwecken besitzen, unter einer der Bezeichnungen Dienstleistungen fur\nBrillengestelle anbieten oder erbringen, unter einer der Bezeichnungen\nBrillengestelle einfuhren oder ausfuhren und/oder eine der Bezeichnungen in\nGeschaftspapieren oder in der Werbung fur Brillengestelle benutzen;\n\n2\\.\n\nder Beklagten und Widerklagerin Auskunft daruber zu erteilen, in welchem\nUmfang die Klagerinnen und Widerbeklagten die im Widerklageantrag I. 1.\nbezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar aufgegliedert nach\nKalendervierteljahren und unter Angabe\n\n\\- der Umsatze (Menge und Verkaufspreise)\n\n\\- der betriebenen Werbung, die ihrerseits nach Werbetragern, deren Auflage\nund deren Verbreitungsgebiet auszugliedern sind.\n\nII.\n\nAuf die Widerklage wird festgestellt, dass die Klagerinnen (Widerbeklagten)\nals Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Widerklagerin (Beklagten) allen\nSchaden zu ersetzen, der ihr durch die im Klageantrag I. 1. Bezeichneten\nHandlungen der Klagerinnen (Widerbeklagten) entstanden ist und noch entstehen\nwird.\n\nIII.\n\nDie Kosten des Rechtsstreits tragen die Klagerinnen.\n\nIV.\n\nDieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 500.000,-- DM\nvorlaufig vollstreckbar.\n\nDer Beklagten wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch\nselbstschuldnerische Burgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland\nansassigen Großbank oder offentlichen Sparkasse beizubringen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDie Beklagte ist eine Kapitalgesellschaft nach dem Recht des Staates O. Sie\nvertreibt weltweit Schmuckwaren und ist nach ihrem Vorbingen ein weltberuhmtes\nUnternehmen mit hervorragendem Ruf. Sie wurde XXX in O gegrundet. In\nDeutschland wurde am XXX eine Firma U & Co. GmbH in das Handelsregister bei\ndem Amtsgericht N eingetragen; als Gegenstand des Unternehmens ist im\nHandelsregister angegeben: "Vertrieb von Schmuckartikeln und anderen Produkten\naller Art, insbesondere unter dem Warenzeichen "U & Co.". Aufgrund eines\nBeschlusses der Gesellschafterversammlung vom XXX wurde die Firma in "U & Co.\nVerwaltungsgesellschaft mbH" und der Gegenstand des Unternehmens in "Vertrieb\nvon Schmuckartikeln und anderen Produkten aller Art, insbesondere unter dem\nWarenzeichen "U & Co.", sowie Verwaltung von Beteiligungsunternehmen"\ngeandert. Ferner wurde am XXX in das Handelsregister beim Amtsgericht N die "U\n& Co., Niederlassung Deutschland" - seit dem XXX: "U & Co, Niederlassung N" -\neingetragen. Eine weitere Zweigniederlassung unterhalt die Beklagte in G.\n\n3\n\nDie Beklagte ist Inhaberin der am XXX fur "Bijouterierwaren und Schmucksachen"\neingetragenen Marke (WZ-Nr.XXXXXX):\n\n4\n\nU & Co.\n\n5\n\nFerner wurde am XXX mit Prioritat zum XXX fur die Beklagte die Marke "U" mit\ndem nachfolgenden Warenverzeichnis wir folgt eingetragen (WZ-Nr.: XXXXXX):\n\n6\n\nU\n\n7\n\n, U and Company, O, N. Y. (V.St.A).\n\n8\n\nVertr. X Pat.-Anwalte,\n\n9\n\nGeschaftsbetrieb: Vertrieb von Juwelierwaren aller Art, Uhren, Bestecken sowie\nPorzellan und Steingut.\n\n10\n\nWaren: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte Gegenstande\nund plattierte Gegenstande, namlich Becher, Schalen, Tabletts, Teller, Kaffe-\nund Teeservices, Aschenbecher, Leuchter, Feuerzeuge; Juwelierwaren, echte und\nunechte Schmuckwaren. Gold- und Silberschmiedewaren, Edelsteine, Uhren und\nandere Zeitmeßinstrumente; Messerschmiedewaren, Bestecke, insbesondere Gabeln,\nMesser und Loffel: Waren aus Glas, Porzellan und Steingut (soweit sie in\nKlasse 2 l enthalten sind), insbesondere Figuren und Geschirr. GK. 14, 8, 21,\n34.\n\n11\n\nFur die U & Co. GmbH, N, S-straße, wurde sodann aufgrund einer Anmeldung vom\nXXX das Wortzeichen "U & Co." (WZ-Nr.: X) mit dem nachfolgend wiedergegebenen\nWarenverzeichnis wie folgt eingetragen:\n\n12\n\nX\n\n13\n\nU & Co.\n\n14\n\nX U & Co. GmbH, N 1, S-str..\n\n15\n\nGeschaftsbetrieb: Vertrieb von Luxus-, Geschenk- und Gebrauchsgutern.\n\n16\n\nWaren/Dienstleistungen: Seifen, Parfumerie, insbesondere Parfum und\nGesichtswasser, Mittel zur Korper- und Schonheitspflege, Korperlotion Badegel,\nKorper- und Gesichtspuder; Kerzen, Wachslichte; Messerschmiedewaren,\neinschließlich solcher aus Edelmetallen, Rasiermesser und -apparate,\nEssbesteck, Messer, Gabeln und Loffel, Auflegebesteck, Kinderbesteck,\nManikuretuis, Nagelfeilen, Nagelscheren, Taschenmesser, Gartenschaufeln,\nFlaschenoffner; Rechenmaschinen, Kaleidoskope; Beißringe und -ketten zum\nErleichtern des Zahnens; Lampen und Windlichter, Leuchter; Juwelierwaren aus\noder unter Verwendung von Edelmetall, Edelsteinen, Halbedelsteinen, Perlen,\nZuchtperlen, Uhren und Wecker, Dekorations- oder Kunstgegenstande aus oder\nunter Verwendung von Edelmetallen oder Bronze, Trophaen, Pokale, Medaillen und\nGedenktafeln, Manschettenknopfe, Zigaretten- und Zigarrenetuis bzw. -behalter,\nKastchen, Aschenbecher Schnapsflaschen, Tischglocken, Kartenhalter,\nMesserbankchen, Schlussel, Schlusselringe, Schlusselketten, Geldklammern,\nBuchzeichen, Schuhloffeln, samtliche vorgenannten Waren aus oder unter\nVerwendung von Edelmetallen, Parfumbehalter, Lippenstifthulsen und -pinsel,\nPuderdosen, Frisierborge, Haarschmuck, Geldtaschen, Gurtel und Gurtelschnallen\naus oder unter Verwendung von Edelmetallen, Tischgeschirr, Tafelaufsatze,\nUntersetzer, Tabletts, Zucker- und Sahnekannchen, Kaffee- und Teekannchen,\nSalz- und Pfefferstreuer, Vasen, Servierbesteck, Gewurzstreuer, Obstschalen,\nServiettenringe, Becher, Humpen, Suppenschusseln, Kerzenhalter und Leuchter,\nSekquirle, Kragen- und Krawattennadeln, Zahnstocher, Hausbar-Gerate, namlich\nEiszangen, Schuttelflaschen, Korkenzieher aus oder unter Verwendung von\nEdelmetallen, Kastchen fur Spielkarten; Musikspielapparate, Glockenspiele;\nPapierwaren, namlich Zettelkastchen, Einladungs- und Gluckwunschkarten,\nPlatzkarten, Geschaftskarten, Adressbucher, Merkbucher, Kalender; Bucher aller\nArt, Buchhullen, Schreibtischzubehor, insbesondere Schreibfedern, Schreib- und\nBleistifte, Rechenschieber, Zeichendreiecke, Hefter, Vergroßerungsglaser,\nBriefoffner, Schreibgerathalter, Briefbeschwerer, Briefmarkenkastchen,\nSpielkarten; Lederwaren, namlich Gurtel, Handtaschen, Brieftaschen,\nScheckbuchtaschen, Brillenetuis, Handkoffer, Aktentaschen, Schmuckkastchen,\nReisetaschen. Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Spazierstocke, Peitschen.\nBilderrahmen aus Leder; Spiegel, Rahmen, insbesondere fur Fotografien und\nKalender; Kamme, Bursten, Parfumflaschen, Dekorationsgegenstande,\nFlaschenoffner, Geschirr, Waren aus Porzellan, Steingut und Glas,\nServierplatten und -teller, Kompottschusseln, Eisbecher, Gewurzbehalter,\nAschenbecher, kleine Behalter fur Haus und Kuche, Eimer, Korbe,\nSchmuckfiguren, Vasen, Kannen, Karaffen, Urnen, Kaffee- und Teesets,\nZucker/Sahnesets, Salz/Pfeffersets, Leuchter und Kerzenhalter, Tischsets,\ninsbesondere fur Kinder; Tischtucher und Servietten; Bekleidungsstucke,\nSchals, Pullover, Taschentucher, Krawatten, Schuhe und Hausschuhe; Bander,\nKnopfe, Nadeln, Nahetuis, Fingerhute, kunstliche Blumen; Spiele und Spielzeug,\ninsbesondere Schach- und Backgammon-Spiele, Legespiele, Puzzles,\nChristbaumschmuck; Raucherartikel, auch aus Edelmetall, namlich Zigarren- und\nZigarettenhalter, Zigarrenabschneider, Feuerzeuge, Zigarren- und\nZigarettenkasten, Aschenbecher. GK. 14, 3, 4, 8, 9, 10, 11, 15, 16, 18, 20,\n21, 24, 25, 26, 28, 34.\n\n17\n\nDiese Marke (X) wurde nach einer Mitteilung des Deutschen Patenamtes vom XXX\nam XXX auf "U & Co., Niederlassung Deutschland, N 2, S-straße umgeschrieben.\n\n18\n\nDie in H ansassige Klagerin zu 1. wurde am XXX gegrundet. Sie befasst sich mit\ndem Vertrieb von hochwertigen modischen Brillen, die von der Klagerin zu 2.\nHergestellt werden. Sie ist Inhaberin der im Internationalen Register fur die\nWaren optische Gerate, Brillen, Brillenglaser, Brillengestelle und\nBrillenetuis am XXX registrierten Wort-/Bildmarke:\n\n19\n\nU\n\n20\n\nM\n\n21\n\nIm Januar X schloß die Klagerin zu 1. Mit einer deutschen Firma "Q GmbH" einen\nVertriebsvertrag, durch den der deutschen Vertragspartei u.a. das Recht\neingeraumt wurde, mit der Bezeichnung "U" versehene Brillen in Deutschland zu\nvertreiben.\n\n22\n\nIm Januar X nahm die Beklagte eine deutsche Vertriebsfirma der Klagerin zu 2.,\nnamlich die Firma U GmbH, M, vor dem Landgericht Hamburg im Wege der\neinstweiligen Verfugung auf Unterlassung, Auskunft und Versendung eines\nInformationsschreibens in Anspruch. Die daraufhin erlassene einstweilige\nVerfugung (315 O 59/97 LG Hamburg) wurde hinsichtlich des Unterlassungstenors\nnach erhobenem Widerspruch durch Urteil vom 19. Februar 1997 bestatigt. Die\nFirma U GmbH hat daraufhin durch ihre Rechtsanwalte eine Abschlusserklarung\nabgegeben (Anlage B 26).\n\n23\n\nAus Anlass dieses Verfugungsverfahrens vor dem Landgericht Hamburg haben die\nKlagerinnen im vorliegenden Rechtsstreit negative Feststellungsklage erhoben\nund hierfur die Antrage angekundigt,\n\n24\n\n1\\.\n\n25\n\nfestzustellen, dass die Klagerin zu 1. und/oder die Klagerin zu 2. keine\nRechte der Beklagten verletzen, wenn die Klagerin zu 1. und/oder die Klagerin\nzu 2. in Deutschland fur Brillengestelle (Brillenfassungen) eine der\nnachstehenden Bezeichnungen\n\n26\n\nU\n\n27\n\noder\n\n28\n\nU ®\n\n29\n\noder\n\n30\n\nU\n\n31\n\nM\n\n32\n\nzu benutzen, insbesondere wenn die Klagerin zu 1. und/oder die Klagerin zu 2.\nin Deutschland eine der vorgenannten Bezeichnungen auf Brillengestelle oder\nihre Aufmachung oder Verpackung anbringen, unter einer der Bezeichnungen\nDienstleistungen fur Brillengestelle anbieten oder erbringen, unter einer der\nBezeichnungen Brillengestelle einfuhren oder ausfuhren und/oder eine der\nBezeichnungen in Geschaftspapieren oder in der Werbung fur Brillengestelle\nbenutzen;\n\n33\n\n2\\.\n\n34\n\nfestzustellen, dass die Klagerin zu 1. und/oder die Klagerin zu 2. Gegenuber\nder Beklagten aufgrund des Gebrauchs einer oder mehrerer der vorgenannten\nBezeichnungen fur Brillengestelle gemaß der vorstehend unter Ziffer 1\nangegebenen Handlungen _nicht_ schadensersatzpflichtig und/oder\nauskunftspflichtig und/oder rechnungslegungspflichtig sind.\n\n35\n\nNachdem die Beklagte Widerklage auf Unterlassung der Bezeichnung "U" fur\nBrillengestelle sowie auf Auskunft und Feststellung einer\nSchadensersatzpflicht der Klagerinnen erhoben hatte, haben die Klagerinnen\nihre negative Feststellungsklage in der Hauptsache fur erledigt erklart.\n\n36\n\nDie Beklagte tragt zur Begrundung ihrer Widerklage im wesentlichen vor:\n\n37\n\nSie, die Beklagte, sei weltweit bekannt. Diese Bekanntheit habe sie nicht nur\ndurch ihre eigenen geschaftlichen Aktivitaten erlangt, sonder auch durch den\nzur Weltliteratur gehorenden Roman "G c U" und den gleichnamigen Film. Die\nWeltbekanntheit des Namens "U" sei auch wiederholt in Gerichtsentscheidungen -\netwa in der Volksrepublik China, Österreich, Großbritannien und Norwegen -\nbestatigt worden. Auch das Bundespatentgericht habe durch einen Beschluss aus\ndem Jahre 1996 zum Ausdruck gebracht, dass der Wortbestandteil "U" eine nahezu\nweltweit bekannte und eingefuhrte Unternehmensbezeichnungen und Produktmarke\nbilde. Diesem hohen Bekanntheitsgrad konnten die Klagerinnen nicht\nentgegenhalten, dass die Bezeichnung "U" von Dritten fur Milcherzeugnisse und\nandere fernliegende Waren oder auch fur Leuchten verwendet werde. Eine\nFremdbenutzung konne nur dort zur Schwachung einer Kennzeichnung fuhren, wo\nder Schutzberechtigte auch die rechtlichen Moglichkeiten habe, sich gegenuber\nden Drittbenutzungen zur Weh zu setzen. Hier liege die Drittbenutzung aber auf\nWarengebieten, die jenseits der Grenzen lagen, die das Kennzeichnungsrecht der\nDurchsetzung von Anspruchen des Zeicheninhabers ziehe.\n\n38\n\nDaruber hinaus sei sie, die Beklagte, Inhaberin von Marken, die samtlich\nprioritatsalter als die geschaftlichen Tatigkeiten der Klagerinnen sei. Dies\ngelte vor allem fur die Marke mit der WZ-Nr. X, deren Benutzungsschonfrist\nerst am 13. des Jahres X ablaufe. Diese Marke genieße insbesondere auch fur\ndie Waren "Vergroßerungsglaser" und "Brillenetuis" Schutz. Sie sei zwar\nursprunglich auf die Firma "U & Co. GmbH" eingetragen, dann aber auf die\nBeklagte umgeschrieben worden. Der Geschaftsbetrieb der "U & Co. GmbH" sei\ndurch einen Vertrag vom 1. Januar 1990 mit allen Aktiva einschließlich der\nMarkenrechte und dem Recht der Unternehmensbezeichnung auf sie, die Beklagte,\nubertragen worden. Das Deutsche Patentamt habe sich von der Erfullung aller\nVoraussetzungen fur die Umschreibung der Marke uberzeugt und die Umschreibung\nsodann verfugt.\n\n39\n\nZwischen den in den Warenverzeichnissen der Beklagten aufgefuhrten Waren und\nden von den Klagerinnen hergestellten bzw. vertriebenen Brillengestelle, fur\ndie die Bezeichnung "U" verwendet werde, bestehe auch Warenahnlichkeit. Dies\ngelte ganz besonders fur diejenigen Brillenfassungen der Klagerinnen, die wie\nSchmuckwaren gestaltet seien und wie ein kostbares Dekor getragen wurden.\nDiese Brillengestelle der Klagerinnen wiesen unmittelbare Beruhrungspunkte mit\nden im Warenverzeichnis der Widerklagenden aufgefuhrten Schmuck- und\nBijouterierwaren auf.\n\n40\n\nDaruber hinaus verfuge sie, die Beklagte, uber Schutz an der\nUnternehmenskennzeichnung "U" und entsprechenden Namensschutz. Ihre\ngeschaftliche Tatigkeit unter dem Firmennamen "U & Co." gehe mindestens bis in\ndas Jahr X zuruck. In diesem Jahre habe sie mit einem in Q ansassigen\nUnternehmen einen Vertrag geschlossen, durch welchen dieses Unternehmen als\nEinkaufagent der Beklagten fur Deutschland und Österreich bestellt worden sei;\ndie Geschaftsverbindung habe bis zum Jahre X bestanden. In den Jahren X bis X\nhabe sie bei diesem Unternehmen Juwelierwaren und andere Erzeugnisse im Werte\nvon 4,3 Mio. US-Dollar eingekauft. Seit dem Jahre X habe sie bei einer in T\nansassigen Firma regelmaßig Silberwaren in einem Auftragsvolumen von jahrlich\netwa 2. Mio. US-Dollar eingekauft. Diese in Deutschland eingekauften Waren\nseien mit der Bezeichnung "U" oder "U & Co." Versehen worden. Die Benutzung\nder Bezeichnung "U & Co." sei niemals unterbrochen worden und dauere bis zum\ngegenwartigen Zeitpunkt an. Die in N errichtete Zweigniederlassung habe ihre\ngeschaftliche Tatigkeit schon vor ihrer Eintragung, namlich im Jahre X\naufgenommen. Folglich sei ihre Geschaftstatigkeit in Deutschland alter als die\nder Klagerinnen mit der Folge, dass sie Prioritat genieße.\n\n41\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n42\n\nI.\n\n43\n\ndie Klagerinnen zu verurteilen\n\n44\n\n1.\n\n45\n\nes bei Meidung eines vom Gericht fur den Fall der Zuwiderhandlung\nfestzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft\nbis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im\nWiderholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,\n\n46\n\nin der Bundesrepublik Deutschland fur Brillengestelle (Brillenfassungen) eine\nder nachstehenden Bezeichnungen\n\n47\n\nU\n\n48\n\noder\n\n49\n\nU ®\n\n50\n\noder\n\n51\n\nU\n\n52\n\nM\n\n53\n\nzu benutzen, insbesondere wenn die Klagerin zu 1. und/oder die Klagerin zu 2.\nin Deutschland eine der vorgenannten Bezeichnungen auf Brillengestellen oder\nihrer Aufmachung oder Verpackung anbringen, unter einer der Bezeichnungen\nBrillengestelle anbieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten\nZwecken besitzen, unter einer der Bezeichnungen Dienstleistungen fur\nBrillengestelle anbieten oder erbringen, unter einer der Bezeichnungen\nBrillengestelle einfuhren oder ausfuhren und/oder eine der Bezeichnungen in\nGeschaftspapieren oder in der Werbung fur Brillengestelle benutzen;\n\n54\n\n2.\n\n55\n\nder Beklagten und Widerklagerin Auskunft daruber zu erteilen, in welchem\nUmfang die Klagerinnen und Widerbeklagten die im Widerklageantrag I. 1.\nbezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar aufgegliedert nach\nKalendervierteljahren und unter Angabe\n\n56\n\n\\- der Umsatze (Menge und Verkaufspreise)\n\n57\n\n\\- der betriebenen Werbung, die ihrerseits nach Werbetragern, deren Auflage\nund deren Verbreitungsgebiet auszugliedern sind.\n\n58\n\nII.\n\n59\n\nfestzustellen, dass die Klagerinnen (Widerbeklagten) als Gesamtschuldner\nverpflichtet sind, der Widerklagerin (Beklagten) allen Schaden zu ersetzen,\nder ihr durch die im Klageantrag I. 1. bezeichneten Handlungen der Klagerinnen\n(Widerbeklagten) entstanden ist und noch entstehen wird.\n\n60\n\nDie Klagerinnen beantragen,\n\n61\n\ndie Widerklage abzuweisen.\n\n62\n\nDie Klagerinnen tragen im wesentliche vor:\n\n63\n\nBei der Bezeichnung "U" handele es sich nicht um eine beruhmte Marke im Sinne\nder hierzu entwickelten Rechtsprechung. Hierfur sei eine Alleinstellung oder\nEinmaligkeit der Kennzeichnung erforderlich. In der Bundesrepublik Deutschland\nseien indessen mehrere Unternehmen handelsregisterlich registriert, welche die\nBezeichnung "U" in ihrer Geschaftsbezeichnung fuhrten. Außerdem sei die\nBezeichnung "U" als Gattungsbezeichnung fur Lampenschirme aus buntem Glas und\ndaruber hinaus allgemein fur buntes Glas als Gattungsbezeichnung bekannt.\nAußerdem sei "U" ein auch in Deutschland gebrauchlicher weiblicher Vorname. Es\nhandele sich mithin um eine abgenutzte und abgegriffene Bezeichnung.\n\n64\n\nDie Beklagte genieße aber auch an der Bezeichnung "U" keinen Markenschutz. So\nhandele es sich bei der seit dem X unter der Nummer X registrierten Marke "U &\nCo." Um eine Marke, die einer Bildmarke nahestehe. Die einzelnen Buchstaben\ndes Bestandteils "U" seien namlich auf einer gekrummten Linie angeordnet,\nwelche die zusatzliche Angabe "& Co." Übergriffen, so dass die Gestalt der\nMarke an die Punzierung eines Schmuckstuckes erinnere. Die fur die Beklagte\nunter der Nummer X am X eingetragene Marke "U" sei nicht fur optische\nApparate, Brillen, Brillenglaser, Brillenfassungen oder Brillenetuis\nregistriert. Die unter der Nummer X registrierte Marke "U & Co." Sei nicht\nwirksam auf die Beklagte ubergegangen. Die ursprungliche Inhaberin dieser\nMarke, die Firma "U & Co. GmbH" existiere weiterhin, so dass diese Marke ohne\nden dazugehorigen Geschaftsbetrieb ubertragen worden sei. Eine derartige\nLeerubertragung sei gemaß § 8 Abs. 1 Satz 3 des insoweit anzuwendenden\nWarenzeichengesetz unwirksam. Im ubrigen seien auch fur diese Marke die Waren\nBrillen, Brillenglaser und/oder Brillenfassungen im Warenverzeichnis nicht\ngenannt.\n\n65\n\nZwischen den Marken der Beklagten und der von ihnen, den Klagerinnen,\nbenutzten Bezeichnung "U M" bestehe aber auch keine Verwechslungsgefahr. Der\nBestandteil "M" sei phantasievoll und kennzeichnungskraftig. Zudem wurden die\nMarken der Parteien nicht in Bereichen verwendet, die als ahnlich bezeichnet\nwerden konnten. Insbesondere seien Brillen mit Schmuckwaren nicht gleichartig\noder ahnlich. Vielmehr seien Brillen einerseits und Schmuckwaren andererseits\nProdukte deutlich unterschiedlicher Technologien.\n\n66\n\nEtwaige Namensrechte der Beklagten hatten gegenuber dem im Herbst erworbenen\nNamensrecht der Klagerin keine Prioritat. Es sei nicht die Beklagte gewesen,\ndie Ende der 80er Jahre in N eine Geschaftstatigkeit aufgenommen habe, sondern\neine von der Beklagten verschiedene GmbH deutschen Rechts. Das Namensrecht\nhabe auch nicht ohne das hinter dem Namen stehende Unternehmen ubertragen\nwerden konnen. Die Beklagte habe von der "U & Co. GmbH" deshalb keine\nNamensrecht erworben. Die spatere Firma "U & Co. Verwaltungsgesellschaft mbH"\nsei im Geschaftsverkehr nicht in Erscheinung getreten. Auf die Registrierung\nihrer ersten deutschen Zweigniederlassung in N konne sich die Beklagte nicht\nmit Erfolg berufen, da diese Registrierung erst am X erfolgt sei und folglich\nvor der von ihnen, den Klagerinnen, benutzten Bezeichnung keine Prioritat\ngenieße. Im ubrigen fehle es auch hinsichtlich der Geschaftsbezeichnungen an\neiner Verwechslungsgefahr, zumal die Beklagte den Zusatz "& Co." Benutze.\n\n67\n\nDaruber hinaus habe die Beklagte etwaige Anspruche aus der Bezeichnung "U"\ngegen sie, die Klagerinnen, verwirkt. Die Beklagte habe von der\nVertriebstatigkeit der Klager in Deutschland gewusst. So hatten die Parteien\nin derselben Ausgabe von Zeitschriften geworben und seien sich auf Messen\nbegegnet. Die Beklagte habe seit vielen Jahren Kenntnis davon, dass sie, die\nKlagerinnen, in Deutschland Brillen unter der Bezeichnung "U" auf den Markt\nbrachten. Sie, die Klagerinnen, hatten im Vertrauen darauf, dass die Beklagte\nwegen der Benutzung der Bezeichnung "U" nicht gegen sie einschreite, auch\neinen schutzwurdigen Besitzstand erlangt.\n\n68\n\nIn Erwiderung auf den Verwirkungseinwand der Klagerinnen tragt die Beklagte\nvor, sie sei in verschiedenen Teilen der Welt gegen den missbrauchliche\nBezeichnung der Kennzeichnung "U" vorgegangen. So habe sie in der\nBundesrepublik Deutschland vor dem Landgericht Hamburg gegen die\nVertriebsfirma der Klagerinnen, die Firma U GmbH im Februar 1997 eine\neinstweilige Verfugung erwirkt. Im Übrigen habe selbst ein Großunternehmen wie\nsie, die Beklagte, nicht die personelle Kapazitat, um allen Verletzungen ihrer\nNamens- und Markenrechte weltweit gleichzeitig nachzugehen. Daruber hinaus\nfehle es aber auch an einem schutzwurdigen Besitzstand der Klagerinnen.\nWahrend des gesamten Zeitraumes ihres Vertriebs in Deutschland hatten die\nKlagerinnen immer nur einen einzigen Abnehmer gehabt. Die Firma U GmbH musse\ndie Benutzung der Bezeichnung "U" aufgrund der gegen sie ergangenen\neinstweiligen Verfugung des Landgerichts Hamburg aufgeben, so dass sich die\nKlagerinnen ohnehin eine neue Vertriebsfirma suchen mussten. Unter diesen\nUmstanden sei es den Klagerinnen auch zumutbar, sich eine neue Kennzeichnung,\ndie mit dem Kennzeichen der Beklagten nicht verwechslungsfahig sei, zu suchen.\n\n69\n\nWegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird gemaß § 313 Abs. 2 ZPO auf\ndie vorbereitenden Schriftsatze und die mit ihnen uberreichten Anlagen Bezug\ngenommen.\n\n70\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n71\n\nDie Widerklage ist in vollem Umfang begrundet. Dies ergibt sich aus der\nnachfolgenden gemaß § 313 Abs. 3 ZPO gebotenen kurzen Zusammenfassung der\nErwagungen, auf denen die Entscheidung beruht:\n\n72\n\nI.\n\n73\n\nDer Beklagten steht gegen die Klagerinnen der geltend gemachte\nUnterlassungsanspruch jedenfalls aus § 14 Abs. 5 MarkenG in Verbindung mit dem\nunter der WZ-NR.: X beim Deutschen Patentamt registrierten Wortmarke "U & Co."\nzu. Ob sich der Anspruch daneben auch aus § 14 Abs. 5 MarkenG in Verbindung\nmit der Markennummer X oder X oder als bekannte Marke im Sinne des § 14 Abs. 2\nNr. 3 MarkenG oder aus der Benutzung einer Geschaftsbezeichnung (§15 Abs. 5\nMarkenG) ergibt, mag auf sich beruhen.\n\n74\n\n1\\.\n\n75\n\nDie Beklagte ist Inhaberin der Wortmarke "U& Co." (WZ-NR.: 1.128.006), die mit\nPrioritat zum X in das Register des Deutschen Patentamtes eingetragen worden\nist. Zwar ist die Eintragung dieser Marke seinerzeit zugunsten der "U & Co.\nGmbH, N", erfolgt. Jedoch ist das Zeichen im April X auf die Beklagte\nubertragen worden.\n\n76\n\nDie Wirksamkeit dieser Übertragung richtet sich freilich nach dem damals\ngeltenden Warenzeichengesetz. Wegen der Herkunftsfunktion, die mit dem\nWarenzeichen alten Rechts verbunden war, konnte das Warenzeichen nach § 8 WZG\nnur zusammen mit dem Geschaftsbetrieb ubertragen werden. Es soll auch nicht\nverkannt werden, dass die formliche Umschreibung durch das Patentamt nicht\nzwingend den Nachweis ergibt, dass mit dem Zeichen auch der Geschaftsbetrieb\nubertragen worden ist, da insoweit dem Patentamt nur eingeschrankte\nNachprufmoglichkeiten zur Verfugung standen (vgl. Baumbach/Hefermehl,\nWarenzeichenrecht, 12. Auflage, Rdnr. 33 zu § 8 WZG). Indessen stellt der\nUmschreibungsvermerk durch das Patentamt (Anlage B 35; Bl. 175 GA) ein starkes\nIndiz dafur dar, dass seinerzeit auch der Geschaftsbetrieb mitubertragen\nworden ist.\n\n77\n\nHinzu kommt, dass im Herbst des Jahres 1990 die Firma und der\nUnternehmensgegenstand der U & Co GmbH geandert und diese Gesellschaft als\nVerwaltungsgesellschaft fortgefuhrt wurde. Es spricht alles dafur, dass die -\netwas zeitgleich - im selben Hause in N eingerichtete Filiale nunmehr die\nwerbende Tatigkeit der GmbH und die hierfur erforderlichen sachlichen Mittel\neinschließlich des Markenrechts ubernommen hat. Eine Motivation fur eine\nLeerubertragung der Marke von einer Tochtergesellschaft auf eine Filiale eine\nund desselben Hauptunternehmens ist nicht ersichtlich. Es spricht vielmehr\nalles dafur, dass die mit dem Zeichen verbundene Geschaftstradition\nfortgesetzt wird und damit die Gefahr von Irrefuhrungen ausgeschlossen ist.\nJedenfalls erscheint unter den gegebenen Umstanden eine Leerubertragung - also\neine Übertragung des Zeichens ohne den dazu gehorenden Geschaftsbetrieb - so\nunwahrscheinlich, dass es Sache der Klagerinnen gewesen ware hierfur konkrete\nAnhaltspunkte vorzutragen und zu beweisen.\n\n78\n\n2.\n\n79\n\nDas von den Klagerinnen benutzte Zeichen "U M" ist dem fur die Beklagten\ngeschutzten Zeichen auch ahnlich. Diese Ähnlichkeit wird durch die\nschriftbildliche und phonetische Übereinstimmung des Bestandteils "U", der den\nGesamteindruck beider Zeichen pragt, begrundet. Im Zeichen der Beklagten ist\nder Bestandteil "& Co." Ohne jede Eigentumlichkeit und ohne jede Bedeutung fur\nden Gesamteindruck. Diese Bestandteil trifft lediglich eine Aussage uber die\nGesellschaftsform, wie er fur Personalgesellschaften nach dem Firmenrecht\n(noch: § 19 HGB) vorgeschrieben ist. Im Zeichen der Klagerinnen ist der\nBestandteil "M" nur von geringer Kennzeichnungskraft. Es handelt sich hierbei\num ein Wort aus der franzosischen Sprache, das aber auch im Deutschen zur\nBezeichnung eines halbkreisformigen Feldes uber Fenstern und Turen bekannt ist\n(vgl. z. B.: Wahrig, Deutsches Worterbuch).\n\n80\n\nVon wesentlicher Bedeutung fur die Feststellung, dass die Bezeichnung "U" im\nVerhaltnis zum Bestandteil "M" pragende Bedeutung hat, ist aber vor allem der\nrelativ hohe Bekanntheitsgrad des Wortes "U".\n\n81\n\nDieser Bekanntheitsgrad ergibt sich selbst aus dem von den Klagerinnen\nvorgelegten Gutachten des Umfrageinstituts F (Anlage K 27), das auf einer im\nJanuar 1998 durchgefuhrten demoskopischen Untersuchung beruht. Danach war 70 %\nder befragten Personen das Wort "U" - in welchem Zusammenhang auch immer -\njedenfalls bekannt. Hieraus folgt - ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf\nankommt, ob der fur eine "bekannte Marke" erforderliche Bekanntheitsgrad\nerreicht ist -, dass der Wortbestandteil "U" auffallig und einpragsam ist\nhierin den Bestandteil "M" uberragt.\n\n82\n\n3\\.\n\n83\n\nDie mithin vorhandene Ähnlichkeit beider Zeichen begrundet auch eine\nVerwechslungsgefahr. In diesem Zusammenhang spielt auch die Nahe der Waren,\nfur die beide Zeichen benutzt werden, eine Rolle (vgl. BGH GRUR 95, 213 -\nOxygenol II). Diese Warennahe und die sich daraus ergebende\nVerwechslungsgefahr wurde zum einen schon dadurch begrundet, dass das\nWiderklagezeichen auch fur "Brillenetuis" eingetragen ist. Daruber hinaus\nstehen die von den Klagerinnen hergestellten bzw. vertriebenen Brillen\nSchmuckwaren recht nahe. Dies ergibt sich insbesondere aus dem von der\nBeklagten vorgelegten Originalkatalog der Klagerinnen. Auf den letzten beiden\nSeiten dieses Kataloges werden sogar Brillen angeboten, deren Gestelle aus\nGold gefertigt sind und die deshalb schon dem Bereich Schmuckwaren zuzuordnen\nsind. Daruber hinaus ist in diesem Zusammenhang auch von Bedeutung, dass die\nKlagerinnen fur ihren Katalog diejenigen Zeichen verwenden, die einen\nstilisierten Brillanten enthalten. Hierdurch wird in starkem Maße die\ngedankliche Verbindung zu Schmuckwaren suggeriert und die Verwechslungsgefahr\nmit den Waren der Beklagten erhoht. Dies gilt umso mehr, als nach dem\nvorgelegten F-Gutachten immerhin 18,2 % der befragten Personen das Wort "U"\nmit "Schmuckwaren, Juwelen" verbinden.\n\n84\n\n4.\n\n85\n\nDie Beklagte hat ihre Rechte aus der Marke auch nicht im Verhaltnis zu den\nKlagerinnen verwirkt. Der Verwirkungseinwand setzt nach § 21 MarkenG voraus,\ndass der Inhaber der Marke die Benutzung wahrend eines Zeitraumes von funf\naufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat. Es\nlasst sich indessen dem eigenen Vortrag der Klagerinnen nicht entnehmen, dass\ndiese mit Brillen unter der Bezeichnung "U" schon vor funf Jahren auf dem\ndeutschen Markt in Erscheinung getreten ist und die Beklagte hiervon positive\nKenntnis hatte; eine bloß fahrlassige Unkenntnis der Beklagten reicht nicht\naus (vgl. z. B. Althamer/Strobel/Klaka, Markengesetz, 5. Auflage, Rdnr. 5 zu §\n21 MarkenG). Insbesondere konnte die Beklagte dem im September 1991 erschienen\nund auf Uhren ausgerichteten italienischen Magazin "P" nicht entnehmen, dass\ndie Klagerinnen mit Brillen unter der Kennzeichnung "U" auf dem deutschen\nMarkt in Erscheinung treten wollten. Auch die im April 1993 in der Zeitschrift\n"O" veroffentlichte Anzeige ergibt nicht das konkrete Vorhaben der\nKlagerinnen, den deutschen Markt mit Brillen unter der Bezeichnung "U" zu\nbeliefern. Ebenso wenig sind hinreichende Anhaltspunkte dafur, dass die\nBeklagte davon wusste, dass die Klagerin zu 1. seit X die deutsche\nVertriebsfirma "P O" mit Brillen unter der Bezeichnung "U" beliefert hat.\nJedenfalls hat die Beklagte, nachdem sie von dem M, erfahren hat, diese\nVertriebsfirma unverzuglich im Verfugungsverfahren vor dem Landgericht Hamburg\nauf Unterlassung in Anspruch genommen und eine einstweilige Verfugung gegen\ndiese Vertriebsfirma, die inzwischen rechtsbestandig geworden ist, erwirkt.\nUnter diesen Umstanden kommt es nicht einmal darauf an, ob die Klagerinnen,\nwie die Beklagte vortragt, bei Ingebrauchnahme der Bezeichnung "U" bosglaubig\ngewesen ist.\n\n86\n\nII.\n\n87\n\nDer Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Klagerinnen ist\nzulassig. Das nach § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse ergibt sich\naus dem Umstand, dass die Beklagte zur Zeit einen Leistungsantrag nicht\nbeziffern kann, andererseits aber Verjahrung droht.\n\n88\n\nIn der Sache folgt der Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 14 Abs. 6\nMarkenG. Die Klagerinnen haben die Verletzungshandlung fahrlassig begangen, da\nsie die Markenverletzung hatten erkennen konnen und mussen. Dies ergibt sich\nim vorliegenden Fall bereits aus dem relativ hohen Bekanntheitsgrad der\nBezeichnung "U". Die gesamtschuldnerische Haftung beider Klagerinnen ergibt\nsich aus § 840 Abs. 1 BGB.\n\n89\n\nDer mit dem Widerklageantrag zu I. 2. Geltend gemachte Anspruch auf Auskunft\nhat seine Rechtsgrundlage in den §§ 19 MarkenG, 242 BGB. Die Beklagte kann\nohne die begehrte Auskunft uber den Umfang der Verletzungshandlungen einen\nSchadenersatzanspruch nicht beziffern. Andererseits ist es den Klagerinnen\nzumutbar, die fur die Erteilung der Auskunft erforderlichen Aufwendungen zu\nerbringen.\n\n90\n\nIII.\n\n91\n\nDie Kosten des Rechtsstreit haben gemaß § 91 ZPO die Klagerinnen zu tragen.\nSoweit die von ihnen ursprunglich erhobene negative Feststellungsklage durch\ndie Widerklage auf Leistung in der Hauptsache erledigt ist, sind keine\nweiteren Kosten entstanden; der Gegenstandswert der ursprunglichen Klage ist\nim Gegenstandswert der Widerklage aufgegangen.\n\n92\n\nGemaß § 709 Satz 1 ZPO war das Urteil gegen Sicherheitsleistung fur vorlaufig\nvollstreckbar zu erklaren. Nach § 108 ZPO konnte der Beklagten gestattet\nwerden, die Sicherheitsleistung auch durch Bank- oder Sparkassenburgschaft zu\nerbringen.\n\n93\n\nStreitwert (fur Klage und Widerklage zusammen): 500.000,-- DM\n\n
309,352
olgk-1998-07-03-2-ws-33398
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
2 Ws 333/98
1998-07-03
2019-03-13 08:24:26
2019-03-27 09:50:18
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:1998:0703.2WS333.98.00
## Tenor\n\n \n1\n\n**G r u n d e**\n\n2\n\nI.\n\n3\n\nIn der Strafsache gegen N. S. wurde die geschadigte Zeugin J. S. durch\nBeschluß der Strafkammer vom 19. Dezember 1997 als Nebenklagerin zugelassen.\nDurch weiteren Beschluß vom 17. Februar 1998 wurde der Nebenklagerin unter\nBeiordnung von Rechtsanwaltin V. Prozeßkostenhilfe bewilligt.\n\n4\n\nNach der Verurteilung des Angeklagten aufgrund zweitagiger Hauptverhandlung\nhat Rechtsanwaltin V. unter dem 13. Marz 1998 die Festsetzung der ihr aus der\nStaatskasse zu gewahrenden Vergutung beantragt. Sie hat - weil sich der\nAngeklagte in Untersuchungshaft befunden hatte - unter Hinweis auf OLG\nDusseldorf NStZ 97, 605, erhohte Gebuhren fur das vorbereitende Verfahren in\nHohe von 300,00 DM und fur die Hauptverhandlung in Hohe von insgesamt 980,00\nDM angemeldet und hierzu im weiteren Verlauf des Kostenfestsetzungsverfahrens\ndie Ansicht vertreten, auch der Nebenklagervertreter konne im vorbereitenden\nVerfahren sowie fur den ersten Verhandlungstag die nach § 97 Abs. 1 Satz 3\nBRAGO erhohten Gebuhren beanspruchen. Der Rechtspfleger ist hingegen der\nMeinung, daß sich § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO nur auf den Anwalt des nicht auf\nfreiem Fuß befindlichen Angeklagten beziehe und fur den Vergutungsanspruch des\nNebenklagervertreters (es sei denn, daß sich der Nebenklager selbst, aus\nwelchem Grunde auch immer, nicht auf freiem Fuß befindet) keine Anwendung\nfinde. Demgemaß sind mit Beschluß vom 24. April 1998 nur 240,00 DM fur das\nvorbereitende Verfahren, 420,00 DM fur den ersten Verhandlungstag und 380,00\nDM fur den zweiten Verhandlungstag festgesetzt worden.\n\n5\n\nDie gegen diese Entscheidung gerichtete Erinnerung vom 4. Juni 1998 hat der\nVorsitzende der Strafkammer durch Beschluß vom 12. Juni 1998 zuruckgewiesen.\nGegen diese Entscheidung richtet sich die "sofortige" Beschwerde vom 18. Juni\n1998.\n\n6\n\nII.\n\n7\n\nDas Rechtsmittel der Rechtsanwaltin, die der Nebenklagerin beigeordnet worden\nist, ist als (einfache) Beschwerde gemaß §§ 304 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 StPO, 98\nAbs. 3 BRAGO i.V.m. § 102 BRAGO statthaft und auch im ubrigen zulassig.\n\n8\n\nIn der Sache ist die Beschwerde nicht begrundet.\n\n9\n\nDie der Rechtsanwaltin V. aus der Staatskasse zu zahlenden Gebuhren sind\nzutreffend nach § 97 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 102 BRAGO auf das Vierfache der in\n§ 83 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 und § 84 Abs. 1 Halbsatz 1 BRAGO bestimmten\nMindestbetrage (bis zur Halfte des Hochstbetrages) festgesetzt worden. Eine\nErhohung auf das Funffache der Mindestgebuhr nach § 97 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §\n102 BRAGO wegen der Inhaftierung des Angeklagten kann die Vertreterin der\nNebenklagerin nicht beanspruchen. Der anderslautenden Entscheidung des OLG\nDusseldorf NStZ 97, 605, auf die sich der Kostenfestsetzungsantrag stutzt,\nvermag der Senat nicht zu folgen.\n\n10\n\n§ 97 Abs. 1 BRAGO regelt die Gebuhrenanspruche des Rechtsanwalts wegen der\nTatigkeit fur den von ihm vertretenen Angeklagten, fur den er nach §§ 140, 141\nStPO gerichtlich zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist. Sinngemaß ist die\nVorschrift nach § 102 BRAGO auf die Gebuhrenanspruche des Rechtsanwalts wegen\nseiner Tatigkeit fur den Nebenklager anzuwenden, dem er beigeordnet worden\nist. Sowohl der gewohnliche Gebuhrentatbestand des § 97 Abs. 1 Satz 1 BRAGO\nals auch die etwaige Gebuhrenerhohung nach § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO werden\ndurch die Ausubung einer der in §§ 83 ff BRAGO aufgefuhrten Tatigkeitsarten\n(hierzu Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., § 97 BRAGO, Rdnrn. 15 ff)\nausgelost.\n\n11\n\nGerade wegen dieses Tatigkeitsbezuges der Gebuhrenanspruche wollte der\nGesetzgeber durch die Einfugung des § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO -\nkorrespondierend (BT-Drucksache 12/6962 S. 57, 107) mit der Erhohungsregelung\nin § 83 Abs. 3, § 84 Abs. 1 Halbsatz 2 BRAGO fur den Wahlverteidiger - durch\ndas Kostenrechtsanderungsgesetz vom 24. Juni 1994 einen Ausgleich dafur\nschaffen, daß sich bestimmte Erschwernisse bei der Verteidigung eines nicht\nauf freiem Fuß befindlichen Angeklagten oder Beschuldigten (nicht - so OLG\nDusseldorf aaO S. 606 - generell "bei einem nicht auf freiem Fuß befindlichen\nAngeklagten") ergeben. Die Begrundung hierfur findet sich in den\nGesetzesmaterialien BT-Drucksache 12/6962 S. 105, abgedruckt auch bei Madert\nin Gerold/Schmidt, BRAGO, 13. Aufl., § 83 Rdnr. 20: Es soll daher, um mehr\nFlexibilitat zu gewinnen, der Rahmen "bei der Verteidigung" eines nicht auf\nfreiem Fuß befindlichen Beschuldigten ubertroffen werden konnen, um der\nBandbreite denkbarer durch die Haft oder durch die Unterbringung "des\nMandanten" bedingter Anforderungen - etwa Kommunikationserschwernisse,\nzusatzliche Verrichtungen wie Haftprufungsantrage oder Haftbeschwerde,\nverstarkte psychologische Betreuung - Rechnung tragen zu konnen. Die infolge\nder Haft meist erforderliche zusatzliche Muhewaltung ist es, die zu der\nGebuhrenerhohung fuhrt (Fraunholz in Riedel-Sußbauer, BRAGO, 7. Aufl., § 84\nRdnr. 23). Der Rechtsanwalt erhalt die Erhohung, wenn er als Verteidiger tatig\ngeworden ist, wahrend sein Mandant inhaftiert war (Madert in Gerold-Schmidt §\n97 Rdnr. 6). Dabei gibt die Neuregelung auch Aufschluß daruber, wie hoch der\nGesetzgeber die Anforderungen an den Verteidiger eines Inhaftierten"\neinschatzt (Otto JurBuro 94, 385, 396).\n\n12\n\nDiese Gesichtspunkte treffen auf den Nebenklagervertreter, der nicht der\nVerteidiger des nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten ist, nicht zu.\nZwar ist anerkannt, daß die Gebuhrenerhohung bei der Verteidigung eines\ninhaftierten Beschuldigten nicht den konkreten Nachweis eines erhohten\nArbeitsaufwandes erfordert, sondern schon pauschal aufgrund einer gesetzlichen\nVermutung erfolgt. Aber auch dies betrifft nur denjenigen Rechtsanwalt, der\ngerade die Person vertritt, die sich nicht auf freiem Fuß befindet. Bei ihm\nfallen die typischerweise denkbaren haftbedingten Mehrbelastungen an; nur fur\nihn stellt das Gesetz die Vermutung einer entsprechenden Mehrbelastung auf.\n\n13\n\nSoweit demgegenuber das OLG Dusseldorf aaO die Ansicht vertritt, ein\nhaftbedingter Mehraufwand an Arbeit falle auch bei dem Nebenklagervertreter an\n- insbesondere wegen beschleunigter Terminierung und langer dauernder\nSitzungen in Haftsachen, aber auch wegen der Notwendigkeit, die die Haftfrage\nbetreffenden Verfahren im Interesse des eigenen Mandanten mitzuverfolgen -,\nmag dies im Einzelfall so sein. Es betrifft dies aber nicht diejenige weit\numfangreichere typische Mehrbelastung (insbesondere Besuche in der JVA, eigene\nTatigkeit in Haftbeschwerdeverfahren u.a.) des Verteidigers des nicht auf\nfreiem Fuß Befindlichen, auf der die Regelung des § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO wie\nauch die des § 83 Abs. 3 BRAGO beruht. Diese Mehrbelastung fallt bei dem\nVertreter des Nebenklagers ebensowenig an wie etwa bei dem Verteidiger eines\nnicht inhaftierten Mitangeklagten; daß auch bei letzterem eine Erhohung der\nGebuhren nach § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO (oder nach § 83 Abs. 3 BRAGO)\ngerechtfertigt ware, ist - soweit ersichtlich - auch noch nirgendwo vertreten\nworden.\n\n14\n\nEs bleibt somit dabei, daß die nach § 102 BRAGO sinngemaße Anwendung des § 97\nAbs. 1 Satz 3 BRAGO allenfalls dann Platz greift, wenn es der von dem\nRechtsanwalt vertretene Nebenklager ist, der sich - weil selbst in anderer\nSache inhaftiert oder untergebracht - nicht auf freiem Fuß befindet (wobei\nhier offenbleiben kann, ob dies auch fur die Gebuhr in der Hauptverhandlung,\nan der der Nebenklager teilzunehmen nicht verpflichtet ist, gilt). Soweit\nwegen der Inhaftierung des Angeklagten und entsprechender Mehrbelastung in der\nHauptverhandlung tatsachlich auch ein vermehrter Arbeitsaufwand fur den\nNebenklagervertreter unter Verlust anderweitiger Einnahmemoglichkeiten\nanfallt, kann dem je nach Lage des Einzelfalles durch die Gewahrung einer\nPauschvergutung gemaß § 99 i.V.m. § 102 BRAGO Rechnung getragen werden. Von\neinem "typischerweise" (so OLG Dusseldorf aaO S. 606) erhohten Aufwand des dem\nNebenklager beigeordneten Rechtsanwalts - namlich von einem solchen Aufwand,\nder gerade durch die Vertretung des Inhaftierten bedingt ist, worauf die\nRegelung des § 97 Abs. 1 Satz 3 BRAGO beruht - ist jedenfalls nicht\nauszugehen.\n\n15\n\nEine Kosten- und Auslagenentscheidung unterbleibt gemaß § 98 Abs. 4 BRAGO.\n\n
309,469
ovgnrw-1998-06-10-14-a-80797
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
14 A 807/97
1998-06-10
2019-03-13 08:27:47
2019-03-27 09:50:01
Urteil
ECLI:DE:OVGNRW:1998:0610.14A807.97.00
## Tenor\n\nDie Berufung wird zuruckgewiesen.\n\nDer Klager tragt die Kosten des Berufungsverfahrens.\n\nDas Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorlaufig vollstreckbar.\n\nDie Revision wird nicht zugelassen.\n\n \n1\n\nTatbestand:\n\n2\n\nDer Klager und seine Ehefrau sind Eigentumer des Mietshauses K. S. in L. .\n\n3\n\nMit Bescheid vom 30. September 1968 bewilligte der Oberkreisdirektor des -\ndamaligen - Rhein-Wupper-Kreises dem Klager und seiner Ehefrau fur die\nErrichtung von 8 Wohnungen eine Annuitatshilfe in Hohe von 15.646,50 DM sowie\neine Aufwendungsbeihilfe in Hohe von 5.108,-- DM jahrlich. Unter Abschnitt D\nNr. 2 des Bewilligungsbescheides war ausgefuhrt, daß die Wohnungen auf die\nDauer von 10 Jahren Wohnungssuchenden vorbehalten seien, die die\nBewilligungsbehorde benenne.\n\n4\n\nUnter dem 8. Oktober 1987 wiesen der Klager und seine Ehefrau den Beklagten\ndarauf hin, daß sie selbst in der zweiten Etage des Hauses H. straße eine\nlediglich 62,5 qm große Wohnung bewohnten, und baten darum, hinsichtlich der\nWohnung im Erdgeschoß Mitte des Hauses K. S. einen Eigenbedarf anzuerkennen.\nDaraufhin erteilte der Beklagte mit Bescheid vom 19. November 1987 dem Klager\ndie Berechtigung, mit der zu seinem Haushalt gehorenden Familienangehorigen,\nder Ehefrau A. , die genannte Wohnung zu beziehen.\n\n5\n\nNachdem der Beklagte anlaßlich einer Besetzungskontrolle u.a. festgestellt\nhatte, daß die Wohnung von einer Familie Z. bewohnt war, ohne daß sich diese\nim Besitz einer Wohnberechtigungsbescheinigung befand, wies er den Klager\nunter dem 22. Juli 1993 auf diesen Tatbestand hin und bat gleichzeitig um\nErklarung, ob die Benutzungsgenehmigung in Anspruch genommen worden oder\neventuell seit dem Auszug der Vormieter ein Leerstand der Wohnung zu\nverzeichnen gewesen sei.\n\n6\n\nDaraufhin teilte der Klager dem Beklagten mit, er habe die aus Kroatien\nstammende Familie aus humanitaren Grunden aufgenommen. Herr Z. habe\nursprunglich nur vorubergehend eine Bleibe finden sollen. Einige Zeit nach\nBezug der Wohnung habe er aber seine Ehefrau und zwei Kinder aus Kroatien\nnachkommen lassen. Inzwischen zahle die Familie funf Kopfe.\n\n7\n\nMit Bescheid vom 22. November 1993 setzte der Beklagte gegen die Eheleute S.\nGeldleistungen in Hohe von insgesamt 3.133,02 DM fur die Zeit vom 1. April\n1992 bis zum 17\\. September 1993 fest und fuhrte zur Begrundung aus: Seit dem\nEinzug der Mieter Z. zum 1. April 1992 seien die Voraussetzungen der\ngenehmigten Selbstnutzung nicht mehr gegeben gewesen. Da sich die Mieter nicht\nim Besitz einer Wohnberechtigungsbescheinigung befunden hatten, sei ihnen die\nWohnung zu Unrecht uberlassen worden, so daß die Festsetzung der\nGeldleistungen gerechtfertigt sei. Es werde der Zeitraum berucksichtigt, in\nwelchem die Wohnung an die Mieter Z. uberlassen worden sei.\n\n8\n\nDie Eheleute S. legten Widerspruch ein, dem der Oberkreisdirektor Mettmann mit\nBescheid vom 16. September 1994 teilweise stattgab. Er hob die umstrittene\nHeranziehung insoweit auf, als sie die Ehefrau des Klagers betraf.\nDaruberhinaus berucksichtigte er fur den Verstoß lediglich den Zeitraum vom 1.\nMai 1992 bis zum 31. August 1993, so daß sich die Geldleistung auf 2.848,-- DM\nverringerte. Im ubrigen wies er den Widerspruch zuruck.\n\n9\n\nZur Begrundung seiner dagegen erhobenen Klage hat der Klager sich darauf\nberufen, die Wohnung sei aufgrund der Benutzungsgenehmigung zur Unterbringung\nnaher Verwandter verwendet worden. Daß schließlich auch der Mieter Z. dort\nvorubergehend untergebracht worden sei, um ihm furs erste ein Dach uber dem\nKopf zu verschaffen, sei seiner - des Klagers - Gutmutigkeit und\nHilfsbereitschaft entsprungen. Diese Losung sei allenfalls fur einen Zeitraum\nvon einem Vierteljahr ins Auge gefaßt worden. Die weiteren, heute bekannten\nFolgen habe er weder absehen noch ahnen konnen. Er habe sich vielmehr spater\nintensiv darum bemuht, die Beherbergung des Herrn Z. und seiner heimlich und\nungestattet eingezogenen Familie zu beenden und erst infolge einer\nRaumungsklage den Auszug bewirken konnen. Durch die Überlassung der Wohnung an\nden Jugoslawien-Fluchtling Z. habe er uber seinen eigenen Wohnraum verfugt,\nindem er unter Beschrankung eigener Anspruche sich mit dem verbleibenden\nWohnraum begnugt habe. Darin konne keine Belastung der Allgemeinheit erblickt\nwerden.\n\n10\n\nDer Klager hat beantragt,\n\n11\n\nden Bescheid des Beklagten vom 22\\. November 1993 in Gestalt des\nWiderspruchsbescheides des Oberkreisdirektors Mettmann vom 16\\. September 1994\naufzuheben.\n\n12\n\nDer Beklagte hat beantragt,\n\n13\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n14\n\nDurch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das\nVerwaltungsgericht die Klage abgewiesen.\n\n15\n\nZur Begrundung seiner hiergegen gerichteten Berufung fuhrt der Klager aus: Ihm\nsei zugute zu halten, daß ihm an der Wohnung ein eigenes Nutzungsrecht zur\nUnterbringung eigener Gaste zugestanden habe. Daraus folge, daß die Wohnung\nwahrend der Zeit, in der er und seine Familie keinen Besuch erwarteten,\nleergestanden habe. Ware der Mieter Z. von ihm als Gast aufgenommen worden,\nhatte er ihn in der Wohnung unterbringen konnen. Dies sei die\nAusgangssituation gewesen, aufgrund deren sich der Klager zur Hilfeleistung\nentschlossen habe. Die Vergabe sei lediglich als vorubergehende Notmaßnahme\ngeplant worden, zumal er in der nachsten Zeit keine Gaste erwartet habe. Auch\nhabe fur den Klager nicht der geringste Zweifel bestanden, daß Herr Z. eine\nWohnberechtigungsbescheinigung erhalten wurde, falls dies erforderlich sei.\nDaher sei ihm - dem Klager - nie bewußt geworden, schuldhaft gegen die\nBestimmungen des Wohnungsbindungsgesetzes verstoßen zu haben. Daß die Belegung\nder Wohnung letztlich eskaliert sei, indem sich der Mieter geweigert habe, sie\nwieder zu raumen, und schließlich noch seine gesamte Familie habe nachkommen\nlassen, sei weder zuvor besprochen worden noch vorhersehbar gewesen. Daher\nkonne nicht von einem schuldhaften Verstoß gegen die Bestimmungen des\nWohnungsbindungsgesetzes ausgegangen werden. Zudem sei zu berucksichtigen, daß\nihm - dem Klager - ein erheblicher finanzieller Schaden entstanden sei, da der\nMieter die Wohnung in einem chaotischen Zustand zuruckgelassen habe.\n\n16\n\nDer Klager beantragt,\n\n17\n\ndas angefochtene Urteil zu andern und nach dem Klageantrag I. Instanz zu\nerkennen.\n\n18\n\nDer Beklagte beantragt,\n\n19\n\ndie Berufung zuruckzuweisen,\n\n20\n\nund bezieht sich zur Begrundung auf die Ausfuhrungen im angefochtenen Urteil.\n\n21\n\nWegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der\nGerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgange des Beklagten Bezug\ngenommen.\n\n22\n\nEntscheidungsgrunde:\n\n23\n\nDie zulassige Berufung ist nicht begrundet. Das Verwaltungsgericht hat die\nKlage zu Recht abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide rechtmaßig sind und\nden Klager nicht in seinen Rechten verletzen - vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der\nVerwaltungsgerichtsordnung (VwGO) -.\n\n24\n\nZutreffend hat das Verwaltungsgericht dargelegt, daß die rechtlichen\nVoraussetzungen fur die Erhebung der umstrittenen Geldleistungen gemaß § 25\nAbs. 1 des Wohnungsbindungsgsetzes (WoBindG) vorliegen und Ermessensfehler bei\nder Festsetzung nicht erkennbar sind. Der Senat sieht deshalb von einer\nweiteren Darstellung der Entscheidungsgrunde ab - § 130 b VwGO -.\n\n25\n\nLediglich erganzend weist der Senat darauf hin, daß ein Verschulden des\nKlagers fur einen Teilzeitraum des wohnungsbindungsrechtlichen Verstoßes auch\nnicht deshalb entfallt, weil der Mieter Z. seiner Aufforderung, die Wohnung zu\nraumen, nicht nachgekommen ist. Verschulden im Sinne des § 25 Abs. 1 WoBindG\nist als Handlungsverschulden, nicht als Zustandsverschulden zu verstehen. Das\nbedeutet, daß das Verschulden sich auf die zum Verstoß fuhrenden\ntatbestandsmaßigen Handlungen oder Unterlassungen beziehen, jedoch das sich\ndaran anschließende Andauern des Verstoßes nicht begleiten muß. Denn es\nentspricht dem Gedanken des mit der Erhebung von Geldleistungen nach § 25 Abs.\n1 WoBindG verbundenen Schadensausgleiches, das Verschulden der\nschadensstiftenden Handlung zuzuordnen, so daß mißlungene Versuche der\nFolgenbeseitigung die schuldhafte Herbeifuhrung des Schadens nicht betreffen.\n\n26\n\nVgl. Fischer- Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 3.1, § 25\nWoBindG, Anm. 4.3, S. 24, m.w.N.\n\n27\n\nDie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung uber die\nvorlaufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 der\nZivilprozeßordnung (ZPO).\n\n28\n\nFur die Zulassung der Revision fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen, §\n132 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO.\n\n29\n\n
309,520
ovgnrw-1998-05-29-12-b-24798
823
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
ovgnrw
Nordrhein-Westfalen
Verwaltungsgerichtsbarkeit
12 B 247/98
1998-05-29
2019-03-13 08:29:06
2019-03-27 09:49:54
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:1998:0529.12B247.98.00
## Tenor\n\nDie Beschwerde wird zuruckgewiesen.\n\nDer Antragsteller tragt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der\naußergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.\n\nDer Wert des Streitgegenstandes wird auch fur das Beschwerdeverfahren auf\n4.000,-- DM festgesetzt.\n\n \n1\n\nG r u n d e :\n\n2\n\nDie (zugelassene) Beschwerde ist nicht begrundet. Das Verwaltungsgericht hat\nden Antrag,\n\n3\n\ndem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine der\nam 1. April 1997 ausgeschriebenen Stellen eines(r)\nSozialoberinspektors/-inspektorin - Bewahrungshelfer/-in - bei dem Landgericht\nmit der Beigeladenen zu besetzen, bis uber die Bewerbung des Antragstellers\nunanfechtbar entschieden ist,\n\n4\n\nzu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat nicht den erforderlichen\nAnordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO iVm §§ 920\nAbs. 2, 294 ZPO). Auch im ubrigen ist nicht uberwiegend wahrscheinlich, daß\ndie von dem Antragsgegner zugunsten der Beigeladenen getroffene\nAuswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft ist.\n\n5\n\nWie bereits das Verwaltungsgericht ausgefuhrt hat, hat der Dienstherr\nBeforderungen gemaß §§ 25 Abs. 6 Satz 1, 7 Abs. 1 LBG NW - nunmehr in der\nFassung des Achten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom\n10. Februar 1998, GV NW S. 134 - aufgrund einer Auslese der Bewerber nach\nEignung, Befahigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Hierbei ist u.a. auf\ndas Geschlecht keine Rucksicht zu nehmen; das hat der Landesgesetzgeber in § 7\nAbs. 1 LBG NW ausdrucklich hervorgehoben. Bei gleicher Qualifikation ist die\nAuswahlentscheidung in das pflichtgemaße Ermessen des Dienstherrn gestellt.\nDer einzelne Bewerber hat jedoch einen Anspruch darauf, daß uber seine\nBewerbung eine am Leistungsgrundsatz ausgerichtete ermessensfehlerfreie\nEntscheidung getroffen wird. Dieses Recht ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO\nsicherungsfahig.\n\n6\n\nÜber Befahigung, Leistung und Eignung als den maßgebenden\nBeforderungskriterien verlaßlich Auskunft zu geben, ist vorrangig Sache von\nzeitnahen und aussagekraftigen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber.\nInsoweit ist der vorliegende Fall unproblematisch. Der Antragsteller und die\nBeigeladene des vorliegenden Verfahrens sind in dienstlichen Beurteilungen vom\n18. August 1997 bzw. vom 26. Juni 1996 jeweils mit dem abschließenden\nGesamturteil "befriedigend (obere Grenze)", somit gleichwertig beurteilt\nworden. Hiervon ausgehend hat der Prasident des Oberlandesgerichts Hamm die\nBeigeladene fur die Beforderung zur Sozialoberinspektorin aufgrund der\nRegelung in § 25 Abs. 6 Satz 2 (1. Halbsatz) LBG NW vorgesehen. Nach dieser\nVorschrift sind Frauen bei gleicher Eignung, Befahigung und fachlicher\nLeistung bevorzugt zu befordern, soweit im Bereich der fur die Beforderung\nzustandigen Behorde im jeweiligen Beforderungsamt der Laufbahn weniger Frauen\nals Manner sind, es sei denn in der Person eines Mitbewerbers liegende Grunde\nuberwiegen.\n\n7\n\nDurchgreifende rechtliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit von § 25\nAbs. 6 Satz 2 (1. Halbsatz) LBG NW mit hoherrangigem deutschen Recht (Art. 3\nAbs. 2 Satze 2 und 3, 33 Abs. 2 GG, § 7 BRRG) oder mit der EU-\nGleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG vom 9. Februar 1976 bestehen nach\nAuffassung des erkennenden Senats, so wie § 25 Abs. 6 Satz 2 (1. Halbsatz) LBG\nNW nunmehr durch das Urteil des Europaischen Gerichtshofs vom 11. November\n1997 - C- 409/96 - (Marschall) eingegrenzt wurde, nicht mehr. Wie der\nEuropaische Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. November 1997 entschieden\nhat, kann eine nationale Regelung, nach der Frauen mit gleicher Qualifikation\nwie ihre mannlichen Mitbewerber bei einer Beforderung in Bereichen, in denen\nsie unterreprasentiert sind, vorbehaltlich der Öffnungsklausel bevorzugt\nbehandelt werden, unter Art. 2 Abs. 4 der Gleichbehandlungsrichtlinie fallen.\nDa Art. 2 Abs. 4 eine Ausnahme von einem in der Richtlinie verankerten\nindividuellen Recht darstelle, konne diese nationale Maßnahme zur spezifischen\nBegunstigung weiblicher Bewerber jedoch den Frauen bei einer Beforderung\nkeinen absoluten und unbedingten Vorrang einraumen, sollten die Grenzen der in\ndieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahme nicht uberschritten werden. Eine\nnationale Regelung, die wie im vorliegenden Fall eine Öffnungsklausel\nenthalte, uberschreite diese Grenzen nicht, wenn sie den mannlichen Bewerbern,\ndie die gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem\nEinzelfall garantiere, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven\nBeurteilung seien, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien\nberucksichtigt wurden und der den weiblichen Bewerbern eingeraumte Vorrang\nentfalle, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des mannlichen\nBewerbers uberwogen. Solche Kriterien durften allerdings gegenuber den\nweiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung haben. An der in der\nbisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NW vertretenen, auf die\nEntscheidung des Europaischen Gerichtshofs vom 17. Oktober 1995 - C- 450/93 -\n(Kalanke) gestutzten Auffassung, Art. 2 Abs. 1 und 4 der\nGleichbehandlungsrichtlinie stehe einer nationalen Regelung generell entgegen,\nnach der bei gleicher Qualifikation in Bereichen, in denen Frauen\nunterreprasentiert seien, einer Bewerberin der Vorrang eingeraumt werde, (z.B.\nBeschluß vom 19. Dezember 1995 - 6 B 2688/95 -), kann nach dem Urteil des\nEuropaischen Gerichtshofs vom 11. November 1997 nicht mehr festgehalten\nwerden.\n\n8\n\nMit den Ausfuhrungen des Europaischen Gerichtshofes ist allerdings die von dem\nLandesgesetzgeber zur Regelung in § 25 Abs. 6 Satz 2 (1. Halbsatz) LBG NW\nvertretene Auffassung, daß lediglich schwerwiegende soziale Grunde in der\nPerson eines Mitbewerbers den weiblichen Bewerbern eingeraumten Vorrang\nbeseitigen konnten, nicht zu vereinbaren. Der Europaischen Gerichtshof hat in\nseinem Urteil gerade wesentlich darauf abgehoben, daß die\nGleichbehandlungsrichtlinie den mannlichen Bewerbern in jedem Einzelfall\ngarantiere, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind,\nbei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berucksichtigt\nwerden und der den weiblichen Bewerbern eingeraumte Vorrang entfallt, wenn\neines oder mehrere Kriterien zugunsten des mannlichen Bewerbers uberwiegen.\n\n9\n\nUnter Berucksichtigung dieser sich bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung\nzwingend ergebenden Einschrankung der nationalen Regelung verstoßt § 25 Abs.\n6, Satz 2 (1. Halbsatz) LBG NW auch nicht gegen das nationale deutsche\nDiskriminierungsverbot.\n\n10\n\nZwar hat der 6. Senat des OVG NW unter anderem in seinem Beschluß vom 20.\nSeptember 1995 - 6 B 1826/95 - zutreffend ausgefuhrt, daß eine pauschalierende\nautomatische Benachteiligung mannlicher Beamter gemaß § 25 Abs. 6 Satz 2 (1.\nHalbsatz) LBG NW auch mit dem in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG neu normierten\nStaatsziel, daß der Staat die tatsachliche Durchsetzung der Gleichberechtigung\nvon Frauen und Mannern fordere und auf die Beseitigung bestehender Nachteile\nhinwirke, insbesondere deshalb nicht vereinbar sei, weil es insoweit nicht um\ndie Angleichung der realen Lebensverhaltnisse von Mannern und Frauen gehe.\nLetzteres beziehe sich auf die individuelle Person und nicht auf "Gruppen" je\nnach Geschlechtszugehorigkeit. Daher gehe die in § 25 Abs. 6 Satz 2 (1.\nHalbsatz) LBG NW aus gesellschaftspolitischen Grunden vorgenommene pauschale\nBevorzugung der Gruppe "Frauen" uber eine Angleichung der realen\nLebensverhaltnisse von Frauen und Mannern hinaus. Letzteres beschranke sich\nseinem Sinngehalt nach auf die jeweilige konkrete Einzelsituation. Diese\nRechtsprechung ging zutreffend davon aus, daß eine Umdeutung des\nGleichbehandlungsgrundsatzes durch den (neuen) Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG dahin,\neine generelle Bevorzugung von Frauen sei nunmehr wegen fruherer\nBenachteiligungen von Frauen legitimiert, wodurch das Grundrecht auf\nGleichberechtigung von einem Individualrecht zu einem Gruppenrecht umgewandelt\nwerde, dem System der Grundrechte als Individualrechte zuwiderliefe.\n\n11\n\nWie der Europaische Gerichtshof jedoch in seinem Urteil vom 11\\. November 1997\n- C-409/95 - (Marschall) hervorgehoben hat, ist uber die strikte Beachtung des\nLeistungsgrundsatzes hinaus auch bei Anwendung von § 25 Abs. 6 Satz 2 (1.\nHalbsatz) LBG NW in jedem Einzelfall zu gewahrleisten, daß alle in der Person\nder Bewerber liegenden Kriterien berucksichtigt werden und der den weiblichen\nBewerbern eingeraumte Vorrang schon dann entfallt, wenn eines oder mehrere\ndieser Kritereien zugunsten des mannlichen Bewerbers uberwiegen. Die so\nverstandene und angewandte Regelung in § 25 Abs. 6 Satz 2 (1. Halbsatz) LBG NW\nist als individualrechtlich ausgestaltete Regelung, bei der die\nGeschlechtszugehorigkeit nicht an die Stelle der Qualifikation tritt, sondern\nbei gleicher Qualifikation als lediglich ein weiteres Auswahlkriterium\nherangezogen wird, mit dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes zu\nvereinbaren. Es bleibt dann zwar im Rahmen des Auswahlermessens eine auf dem\nGeschlecht beruhende Bevorzugung von Frauen und eine entsprechende\nBenachteiligung von mannlichen Bewerbern. Diese Benachteiligung ist aber\nhinzunehmen, um das Ziel zu erreichen, eine in der sozialen Wirklichkeit\nbestehende faktische Ungleichheit zu verringern. Entscheidend ist, daß\nweiblichen Bewerbern - wie der Europaische Gerichtshof in seinem Urteil vom\n11. November 1997 () hervorgehoben hat - kein absoluter und unbedingter\nVorrang eingeraumt wird.\n\n12\n\nDa im Konkurrenzverhaltnis zwischen dem ledigen Antragsteller und der\nverheirateten Beigeladenen mit drei Kindern des vorliegenden\nAnordnungsverfahrens auch unter Berucksichtigung des Dienstalters und des\nLebensalters keine zugunsten des Antragstellers berucksichtigungsfahigen\nweiteren Auswahlkriterien gegeben sind, ist die zugunsten der Beigeladenen\ngetroffene Entscheidung auch insoweit verwaltungsgerichtlich nicht zu\nbeanstanden.\n\n13\n\nDie Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO, die\nStreitwertfestsetzung auf §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 GKG.\n\n14\n\nDer Beschluß ist unanfechtbar.\n\n15\n\n
309,543
olgk-1998-05-26-22-u-25497
822
Oberlandesgericht Köln
olgk
Nordrhein-Westfalen
Oberlandesgericht
22 U 254/97
1998-05-26
2019-03-13 08:29:43
2019-03-27 09:49:51
Urteil
ECLI:DE:OLGK:1998:0526.22U254.97.00
## Tenor\n\n \n1\n\nT a t b e s t a n d\n\n2\n\nDie Klagerin wurde am 07.09.1990 bei einem Unfall durch das Pferd der\nBeklagten schwer verletzt. Der Huf des Pferdes traf die Klagerin im Gesicht.\nInfolge dieser Verletzung verlor die Klagerin auf beiden Augen das Augenlicht.\nWegen der naheren Umstande des Unfalles wird auf das Grund- und Teilurteil des\nLandgerichts Koln vom 28.04.1992 - 5 O 169/91 - und das Berufungsurteil des\nSenats vom 12.01.1995 - 22 U 138/92 - verwiesen. Im Zeitpunkt des Unfalls war\ndie Klagerin, die die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz ihres\nmateriellen Schadens in Anspruch nimmt, 23 Jahre alt und stand unmittelbar vor\ndem Abschluß einer Ausbildung zur Burokauffrau. Vorher hatte sie den Beruf\neiner Backereifachverkauferin ausgeubt.\n\n3\n\nNach dem rechtskraftigen Urteil des Senats vom 12.01.1995 hat die Klagerin ein\nMitverschulden in Hohe von 1/3 zu tragen.\n\n4\n\nAuf das Schmerzensgeld wurden seitens der Beklagten im Jahre 1995 200.000,--\nDM gezahlt. Weitere 50.000,-- DM wurden am 23.12.1996 auf die materiellen\nSchaden geleistet. Daruber hinaus erhielt die Klagerin Leistungen vom\nArbeitsamt und von der Krankenkasse in Hohe von 47.457,93 DM auf Grund ihrer\nunfallbedingten Berufsunfahigkeit.\n\n5\n\nMit der Klage hat die Klagerin ein weiteres Schmerzensgeld in Hohe von\n150.000,-- DM und eine Schmerzensgeldrente von mindestens 400,-- DM monatlich\ngeltend gemacht. Daruber hianaus hat sie Ersatz der materiellen Schaden im\nGesamtbetrag von 105.654,57 DM sowie 11.528,91 DM fur Fahrtkosten infolge des\nUnfalls, Zuzahlungen fur Krankenhausaufenthalte und Anschaffung von\nBlindenhilfsmitteln verlangt. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den\nSchriftsatz der Klagerin vom 25.10.1991 nebst beigefugten Anlagen (Bl. 68\nd.A.) verwiesen. Weitere 2.994,20 DM hat die Klagerin fur Fahrten zu einem\nReitstall, Fahrten ins Berufsforderungswerk gem. Schriftsatz vom 22.03.1994\n(Bl. 269 ff d.A.) beansprucht. Schließlich hat sie die Erstattung der\nanteiligen Kosten fur ein Audiodata-Gerat (27.657,50 DM), Anschaffung einer\nWaschmaschine (2.198,-- DM), einer Zimmerausstattung (2.339,62 DM) sowie auf\nder Grundlage eines Bruttogehaltes als Burokauffrau von 3.500,-- DM im Monat\neinen Verdienstausfall von insgesamt 69.628,05 DM fur die Zeit bis Ende 1995\nverlangt.\n\n6\n\nDie Klagerin hat beantragt,\n\n7\n\ndie Beklagte zu verurteilen,\n\n8\n\n1\\. an sie ein weiteres Schmerzensgeld in Hohe von 150.000,-- DM\n\n9\n\nnebst 4 % Zinsen seit dem 08.07.1995, sowie 4 % Zinsen aus\n\n10\n\n350.000,-- DM seit dem 10.05.1991 bis 20.03.1995, sowie 4 %\n\n11\n\nZinsen aus 250.000,-- DM vom 21.03.1995 bis 07.07.1995 zu\n\n12\n\nzahlen,\n\n13\n\n2\\. an sie bis zu ihrem Lebensende eine angemessene monatliche\n\n14\n\nSchmerzensgeldrente, mindestens jedoch 400,-- DM monatlich,\n\n15\n\nbeginnend ab dem 01.09.1990 zu zahlen,\n\n16\n\n3\\. an sie Schadensersatz in Hohe von 14.563,11 DM nebst 4 % Zin-\n\n17\n\nsen seit dem 25.10.1991 und weitere 91.091,46 DM nebst 4 % Zin-\n\n18\n\nsen seit dem 22.05.1996 abzuglich am 23.12.1996 gezahlter\n\n19\n\n50.000,-- DM zu zahlen.\n\n20\n\nDie Beklagte hat beantragt,\n\n21\n\ndie Klage abzuweisen.\n\n22\n\nDie Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Schmerzensgeldforderung sei\nubersetzt. Bezuglich des Verdienstausfalls konne nicht das Tarifgehalt einer\nBurokauffrau zugrunde gelegt werden, da die Klagerin einen solchen\nBerufsabschluß im Zeitpunkt des Unfalls nicht gehabt habe. Vielmehr sei das\nGehalt einer Backereifachverkauferin zur Berechnung heranzuziehen. Bezuglich\nder Kosten der behindertengerechten Wohnungseinrichtung und der\nBlindenhilfsmittel hat sie geltend gemacht, daß der Ehemann der Klagerin\nebenfalls sehbehindert sei und von den Anschaffungen profitiere.\n\n23\n\nDurch Schlußurteil vom 30.09.1997 - 5 O 169/91 -, auf das wegen samtlicher\nEinzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht unter Abweisung der\nKlage im ubrigen der Klagerin ein weiteres Schmerzensgeld in Hohe von\n100.000,-- DM, eine monatliche Schmerzensgeldrente in Hohe von 400,-- DM und\nweitere 26.228,17 DM Schadensersatz zugesprochen. Zur Begrundung hat das\nLandgericht ausgefuhrt, die Hohe des Schmerzensgeldes und der\nSchmerzensgeldrente seien gerechtfertigt, da die erlittenen schweren Schaden\ndie Klagerin, die am Tag des Unfalls 23 Jahre alt gewesen sei, fur den Rest\nihres Lebens daran hindern wurden, ein freies, unbeschwertes Leben zu fuhren,\nzu dem sie ohne den Verlust ihrer Sehfahigkeit in der Lage gewesen ware. Der\nVerlust des Sehvermogens habe erhebliche Auswirkungen fur die gesamte\nLebensgestaltung. Kontakte mit anderen Personen seien erheblich erschwert, und\ndie Klagerin sei fast standig auf fremde Hilfe angewiesen. Trotz erheblicher\nAnstrengungen sei es ihr bisher auch nicht gelungen, einen Beruf auszuuben.\nSie sei nicht mehr in der Lage, fruhere Hobbys und sonstige sportliche\nBetatigungen auszuuben. Die seelischen Folgen der Erblindung seien damit\nschwerwiegend. Schließlich sei auch zu berucksichtigen, daß die Klagerin sich\ndiversen Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen habe unterziehen mussen. In\nAnlehnung an die Entscheidung des OLG Frankfurt (Urteil vom 21.02.1996 - 23 U\n171/95 - zfs 1996, 131) erscheine es der Kammer gerechtfertigt, das\nSchmerzensgeld in etwa gleich hoch anzusetzen.\n\n24\n\nVon den mit der Klage geltend gemachten materiellen Schadensersatzanspruchen\nhat das Landgericht unter Berucksichtigung des Mitverschuldensanteils der\nKlagerin und der bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten einen Betrag von\ninsgesamt 14.563,11 DM als gerechtfertigt angesehen. Daruber hinaus hat es der\nKlagerin einen Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall in Hohe eines nach §\n287 ZPO auf monatlich 1.800,-- DM geschatzten Nettoeinkommens zuerkannt.\n\n25\n\nGegen dieses ihr am 10.10.1997 zugestellte Schlußurteil hat die Beklagte mit\nam 07.11.1997 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach\nVerlangerung der Berufungsbegrundungsfrist bis zum 08.01.1998 mit am\n07.01.1998 eingegangenem Schriftsatz begrundet hat.\n\n26\n\nDie Beklagte wehrt sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres\nerstinstanzlichen Vorbringens gegen das angefochtene Urteil, soweit sie zur\nZahlung von mehr als 200.000,-- DM Schmerzensgeld und hoherer\nSchmerzensgeldrente als monatlich 200,-- DM verurteilt worden ist. Außerdem\nbeanstandet sie den Urteilsausspruch hinsichtlich der von ihr zu zahlenden\nVerzugszinsen. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Entscheidung des OLG\nFrankfurt, an der das Landgericht sich orientiert habe, sei als ausgesprochene\n"Ausreißerentscheidung" anzusehen. Sie verweist auf die Entscheidungen anderer\nGerichte, die in der Vergangenheit bei einer Totalerblindung weit geringere\nSchmerzensgeldbetrage zugesprochen hatten. Auch die Klagerin habe sich\nzunachst im Rahmen dieser Rechtsprechung gehalten, indem sie ursprunglich nur\neinen Mindestkapitalbetrag von 150.000,-- DM bei 100%iger Haftung fur\nangemessen gehalten und gefordert habe. Erst im Anschluß an das dem Urteil des\nOLG Frankfurt vom 21.2.1996 vorausgegangene Teilurteil des LG Hanau v.\n21.3.1995 - 4 O 944/87 - (zfs 1995, 211) und nach Zahlung von 200.000,-- DM\ndurch die Beklagte im Jahre 1995 habe sie ihre Klage unter dem 15.3.1996\nerhoht. Dazu habe jedoch um so weniger Anlaß bestanden, als sich der\nGesundheitszustand der Klagerin in der Zwischenzeit stabilisiert habe und die\nKlagerin auch mit ihrer Berufsausbildung Fortschritte gemacht habe.\n\n27\n\nDie Beklagte ist daruber hinaus der Ansicht, das Landgericht habe im Rahmen\nder Bewertung der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes nicht hinreichend\nberucksichtigt, daß die Beklagte nur aus Gefahrdungshaftung hafte, wahrend die\nKlagerin sich vorhalten lassen musse, daß sie in der konkreten Unfallsituation\nnachlassig gehandelt habe. Anders als in dem vom OLG Frankfurt entschiedenen\nFall sei die Klagerin auch nicht als Kleinkind, sondern als 23jahrige\ngeschadigt worden. Weil die Klagerin in ihrer visuellen Erkenntnis- und\nErlebnisfahigkeit 23 Jahre unbeeintrachtigt gewesen sei, habe sie ganz andere\nMoglichkeiten, mit dem Verlust in der Zukunft fertig zu werden, als dies bei\neinem dreijahrigen Kind der Fall sei. Dies habe das Landgericht ebenso\nverkannt wie den Umstand, daß die Verletzung im Rahmen einer Verrichtung\nerfolgt sei, deren Gefahr die Klagerin grundsatzlich gekannt habe. Insgesamt\nstelle daher das bereits gezahlte Schmerzensgeld in Hohe von 200.000,-- DM\nnebst einer Schmerzensgeldrente von mtl. 200,-- DM die obere Grenze des\nVertretbaren dar.\n\n28\n\nDie Beklagte beantragt,\n\n29\n\ndas angefochtene Urteil teilweise zu Ziffer 1) und 2) des Urteilstenors\n\n30\n\n(Schmerzensgeld) abzuandern und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte\n\n31\n\nverurteilt wurde,\n\n32\n\na) mehr als ein Gesamtschmerzensgeld (Kapitalbetrag) in Hohe von\n\n33\n\nDM 200.000,-- nebst 4% Zinsen von 150.000,-- DM fur die Zeit vom\n\n34\n\n10.05.1991 bis zum 07.07.1995 zu zahlen, und zwar abzuglich am\n\n35\n\n20.03.1995 gezahlter DM 100.000,-- und weiterer am 08.07.1995 ge-\n\n36\n\nzahlter DM 100.000,-- DM,\n\n37\n\nb) mehr als eine monatliche Schmerzensgeldrente in Hohe von DM 200,--,\n\n38\n\nbeginnend mit dem 01.09.1990, zu zahlen.\n\n39\n\nDie Klagerin beantragt,\n\n40\n\n1\\. die Berufung kostenpflichtig zuruckzuweisen;\n\n41\n\n2\\. der Berufungsbeklagten zu gestatten, Sicherheit auch durch die\n\n42\n\nBurgschaft einer deutschen Großbank, offentlichen Sparkasse\n\n43\n\noder Volksbank zu leisten.\n\n44\n\nDie Klagerin verteidigt unter Wiederholung und Erganzung ihres\nerstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Sie verweist\ninsbesondere darauf, daß sie sich wahrend eines insgesamt uber zweimonatigen\nKrankenhausaufenthalts insgesamt 6 Operationen habe unterziehen mussen, daß\naußer der volligen Erblindung Narben im Bereich der Augen und der Stirn\nverblieben seien und daß sie unter erheblichen Konzentrationsstorungen,\nKopfschmerzen und hypotoner Kreislauflabilitat leide. Besonders schwer wiege\nauch, daß sie nicht mehr in der Lage sei, ihre vertraute Umwelt, insbesondere\ndie Angehorigen und Freunde wahrzunehmen. Auch sei ihr jegliche eigenstandige\nFreizeitgestaltung verwehrt. Sie bedurfe standiger Betreuung. Das sei fur sie\ndeprimierend. Es durfe auch nicht unberucksichtigt bleiben, daß die Beklagte\nbzw. die hinter ihr stehende Haftpflichtversicherung jahrelang mit\nfadenscheinigen Argumenten die Zahlung eines angemessenen Schmerzengsgeldes\nverweigert und erstmals am 20.3.1995, fast funf Jahre nach dem Unfall,\n100.000,-- DM und am 8.7.1995 alsdann weitere 100.000,-- DM gezahlt habe. Bei\nder Entscheidung des OLG Frankfurt handele es sich keineswegs um einen\n"Ausreißer", vielmehr entspreche sie dem allgemeinen Trend der Rechtsprechung\nzu hoheren Schmerzensgeldbetragen bei erheblichen Korperschaden. Entgegegen\nder abweichenden Darstellung der Beklagten wiege der Verlust des Augenlichts\nim Falle einer 23jahrigen Frau schwerer als bei einem Kleinkind, da sie sich\nanders als ein Kleinkind sehr gut an ein Leben mit voller Sehkraft erinnern\nkonne.\n\n45\n\nWegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den\nvorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsatze und\neingereichten Unterlagen Bezug genommen.\n\n46\n\nE n t s c h e i d u n g s g r u n d e\n\n47\n\nDie form- und fristgerecht eingelegte und auch im ubrigen zulassige Berufung\nder Beklagten hat in der Sache lediglich hinsichtlich der der Klagerin durch\ndas angefochtene Urteil zuerkannten Verzugszinsen teilweise Erfolg.\n\n48\n\nI.\n\n49\n\nDas Landgericht hat mit der Zuerkennung eines weiteren Schmerzensgeldbetrages\nin Hohe von 100.000,-- DM sowie einer monatlichen Schmerzensgeldrente in Hohe\nvon 400,-- DM (§§ 833 S. 1, 847 Abs. 1 BGB) den ihm bei der Ermittlung des\nSchmerzensgeldes nach Art und Hohe durch § 287 ZPO eroffneten\nBeurteilungsspielraum nicht verlassen. Die der Klagerin zuerkannte\nEntschadigung steht insgesamt noch in einer angemessenen Beziehung zu Art und\nDauer der Verletzungen der Klagerin, die aufgrund des Unfallereignisses vollig\nerblindet ist. Auch das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren vermag\ninsoweit keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.\n\n50\n\n1.\n\n51\n\nDie vollige Erblindung gehort mit zu den denkbar schwerwiegendsten\nUnfallfolgen. Hohe und Maß der damit verbundenen Lebensbeeintrachtigung konnen\nnach Auffassung des Senats schwerlich uberbewertet werden. Dabei durfte die\nVorstellungskraft eines Sehenden kaum ausreichen, sich auch nur annahernd\nwirklichkeitsnah in die Lebenssituation eines unfallbedingt erblindeten\nMenschen hineinzuversetzen, der mit seiner Behinderung und ihren schweren\nFolgen bei nahezu allen Verrichtungen des taglichen Lebens und daruber hinaus\nauch im Rahmen der Beziehung zu seinen Mitmenschen und zur Umwelt standig\nkonfrontiert wird. Fur die Klagerin - vor dem tragischen Unfall offenbar eine\nlebensbejahende, sportliche und auch in bezug auf ihr berufliches Fortkommen\nengagierte junge Frau \\- ist die Bewaltigung des taglichen Lebens mit der\nErblindung zu einer schweren Belastung geworden. Unter Verlust ihrer fruheren\nSelbstandigkeit ist sie fortan bei jedem Schritt außerhalb ihrer engsten\nWohnumgebung weitestgehend auf die Inanspruchnahme der Hilfe anderer Menschen\nangewiesen. Dies bei gleichzeitigem Verlust der optischen Wahrnehmungen und\nReize, die das Leben fur die Sehenden in außerordentlichem Maße bereichern.\nDie Klagerin wird den herben Verlust und die lebenslangliche Beeintrachtigung\ndaher immer wieder erneut schmerzlich empfinden, und sie wird, wie nicht\nernsthaft bezweifelt werden kann, selbst bei einer positiven Grundeinstellung\nzu ihrer veranderten Lebenssituation seelisch wie psychisch dauerhaft daran\nleiden.\n\n52\n\nEine wirkliche Wiedergutmachung kann es fur diese Dauerfolgen der von der\nKlagerin erlittenen Verletzung naturgemaß nicht geben. Es besteht allein die\nMoglichkeit, sie durch Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten bis zu einem\ngewissen Grade auszugleichen. Dann aber muß das Schmerzensgeld seiner\ngesetzlichen Bestimmung gemaß so bemessen sein, daß es einen moglichst\nweitreichenden Ausgleich verschaffen kann. Denn die in jedem Fall\nverbleibende, nicht ausgleichsfahige Benachteiligung gegenuber unversehrten\nMenschen wiegt auch dann immer noch schwer.\n\n53\n\n2.\n\n54\n\nIm Verhaltnis zum Ausmaß und zur Dauer der unfallbedingten Beeintrachtigungen\nder Klagerin ist die zuerkannte Entschadigung nicht unangemessen hoch. Das\nzeigt sich, wenn man beispielhaft Ausgleichsmoglichkeiten, die diese\nEntschadigung der Klagerin bieten kann, in Betracht zieht.\n\n55\n\na)\n\n56\n\nAls Sockelbetrag hat das Landgericht der Klagerin bei Berucksichtung einer\nMithaftungsquote von 1/3 insgesamt 300.000,-- DM zuerkannt. Es hat damit\ninsoweit einen Betrag von 450.000,-- DM zum Ausgangspunkt genommen. Dieser\nBetrag erscheint dem Senat im Hinblick auf die schwerwiegenden\nBeeintrachtigungen, die die Klagerin bis an ihr Lebensende wird hinnehmen\nmussen, nicht uberhoht. Aufgrund der Behinderung hat etwa die eigene Wohnung\nals raumlicher Lebensmittelpunkt fur die Klagerin eine noch viel großere\nBedeutung als fur nicht behinderte Menschen, denn sie ist weit mehr als andere\nan ihre Wohnung gebunden. Eine bedurfnisgerechte und komfortable Wohnumgebung\nwurde daher fur sie, wie ohne weiteres angenommen werden kann, eine\nAnnehmlichkeit darstellen, die ihr durchaus einen gewissen Ausgleich fur die\nunfallbedingten dauerhaften Beeintrachtigungen und den Verlust an Lebensfreude\nverschaffen kann. Zu den Dingen, die die Klagerin mit dem ihr zuerkannten\nKapitalbetrag anschaffen konnte, gehort daher z.B. eine komfortable\nEigentumswohnung. Ihr wurde damit zugleich auch die in ihrer besonderen\nSituation wichtige Sicherheit gegeben, daß sie diese Wohnung dauerhaft\nbewohnen konnte und die einmal vertraut gewordene Wohnumgebung grundsatzlich\nnicht gegen ihren Willen wieder verlassen mußte. Schon fur eine solche Wohnung\naber wurde die Klagerin vermutlich kaum weniger als etwa 300.000,-- DM\naufwenden mussen.\n\n57\n\nVerteilte man dann die restlichen 150.000,-- DM auf nach der allgemeinen\nLebenserwartung noch verbleibende uber 50 Lebensjahre, so bedurfte es selbst\nbei Berucksichtigung von Kapitalertragen, die die Klagerin bei verzinslicher\nAnlage eines Teilbetrages erzielen konnte, nicht viel Phantasie, um sich\nausmalen zu konnen, daß die Klagerin sich davon keinen ubermaßigen Ausgleich\nfur ihre lebenslanglichen schweren Beeitrachtigungen verschaffen konnte. Dabei\nist auch zu bedenken, daß die Klagerin nach jetzigem Stande infolge der\nErblindung - wenn uberhaupt - bestenfalls eine Anstellung als Telefonistin mit\nentsprechend geringem Einkommen wird finden konnen. Mit ihrem Erwerbseinkommen\nbzw. dem an seiner Stelle nach dem insoweit rechtskraftigen Urteil des\nLandgerichts von der Beklagten zu zahlenden Verdienstausfall in Hohe von\nmonatlich netto 1.800,-- DM wird sie nur ihren Lebensunterhalt, nicht aber\nauch zusatzlich solche Annehmlichkeiten finanzieren konnen, die ihr das Leben\nin Blindheit erleichtern konnten. Sie hat vielmehr anders als vor dem Unfall\nzukunftig nicht einmal mehr die Chance, sich im Hinblick auf Wohnkomfort,\nFerien, Kraftfahrzeugbesitz und andere Konsumguter auch nur das zu erwerben,\nwas ansonsten bei Fleiß und entsprechendem beruflichem Fortkommen fur sie\nerreichbar gewesen ware. Auch das ist ein Gesichtspunkt, der fur die Bemessung\neines Schmerzensgeldbetrages spricht, der dauerhaft einen spurbaren Ausgleich\nermoglicht, denn aus eigener Kraft wird sich die Klagerin voraussichtlich\nkeinerlei Ausgleich schaffen konnen.\n\n58\n\nb)\n\n59\n\nAuch die Zuerkennung der zusatzlichen Geldrente begegnet unter dem\nGesichtspunkt der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes keinen\ndurchgreifenden Bedenken.\n\n60\n\nDas Landgericht hat der Klagerin unter Berucksichtigung des Mitverschuldens\nvon 1/3 eine Unfallrente in Hohe von 400,-- DM zugesprochen. Es ist also von\neiner vollen Rente in Hohe von monatlich 600,-- DM ausgegangen. Letztere\nsummiert sich auf einen Gesamtbetrag in Hohe von 7.200,-- DM jahrlich. Dieser\nBetrag reichte aus, um der Klagerin z.B. einen etwa dreiwochigen Urlaub in\nangenehmer Umgebung und vielleicht den einen oder anderen Konzertbesuch oder\nAusflug zu ermoglichen. Dabei ist zu bedenken, daß die Klagerin bei allen\nUnternehmungen dieser Art grundsatzlich auf eine Begleitperson angewiesen ist,\nfur die in der Regel noch einmal gleich hohe Unkosten wie fur sie selbst\nentstehen werden und die sie daruber hinaus fur ihre Begleitdienste angemessen\nentlohnen muß. Daß die Klagerin inzwischen verheiratet ist, andert an dieser\nBeurteilung nichts, denn zum einen ist unstreitig auch der Ehemann der\nKlagerin so schwer sehbehindert, daß er auf Hilfsmittel fur Blinde angewiesen\nist, und zum anderen kann die Klagerin nicht darauf verwiesen werden, sich bei\nentsprechenden Unternehmungen stets unentgeltlich von ihrem Ehemann oder von\nhilfsbereiten Freunden und Verwandten begleiten zu lassen.\n\n61\n\n3.\n\n62\n\nDie vom Landgericht zum Ausgangspunkt genommene Gesamtentschadigung in Hohe\nvon insgesamt rd. 587.000,-- DM - die neben dem Sockelbetrag in Hohe von\n450.000,-- DM berucksichtigte monatliche Rente von 600,-- DM macht bei einer\n23jahrigen Frau unter Zugrundelegung einer Verzinsung von 5% einen\nKapitalisierungsbetrag von 136.584,-- DM aus (vgl. die Kapitalisierungstabelle\nbei Becker/Bohme, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schaden, 20. A., S. 569) - ist\nauch im Hinblick auf die Wahrung der Rechtssicherheit und den\nGleichbehandlungsgrundsatz vertretbar.\n\n63\n\nDie von der Beklagten zitierten Entscheidungen, in denen bei Erblindung weit\nniedrigere Schmerzensgeldbetrage als hier ausgeurteilt worden sind, liegen zum\neinen zeitlich durchweg relativ weit zuruck und stammen aus einer Zeit, als\nz.B. auch fur schwerstwiegende Verletzungsfolgen wie Querschnittslahmung\nregelmaßig noch deutlich geringere Betrage als in neuerer Zeit zugesprochen\nwurden. Die Entscheidung des Landgerichts entspricht jedoch einer allgemeinen\nEntwicklung in der Rechtsprechung zu hoheren Schmerzensgeldbetragen\ninsbesondere bei Schwerstverletzungen. Zu letzteren aber muß nach Auffassung\ndes Senats auch die vollige Erblindung gerechnet werden. Diese ist in ihren\nnachteiligen Auswirkungen fur den Verletzten zwar moglicherweise nicht\ngleichzusetzen mit etwa der unfallbedingten Querschnittslahmung oder gar der\nTetraplegie. Entscheidend ist aber, daß auch die Erblindung zu den besonders\nschweren schicksalhaften Behinderungen gehort, die den davon Betroffenen so\nsehr beeintrachtigen und benachteiligen, daß auch hier nur ein wirklich\ngroßzugig bemessenes Schmerzensgeld uberhaupt die damit nach dem Gesetz\nbezweckte Ausgleichsfunktion annahernd erfullen kann.\n\n64\n\nAus der gleichen Erwagung heraus erscheint es dem Senat auch nicht\nweiterfuhrend, der Frage nachzugehen, ob das Landgericht dem Umstand\nausreichend Rechnung getragen hat, daß die Klagerin zum Unfallzeitpunkt\nbereits 23 Jahre alt war, wahrend das unfallbedingt erblindete Kind aus dem\nvom Landgericht zitierten Referenzfall zum Unfallzeitpunkt erst 3 Jahre alt\nwar. Zwar trifft es zu, daß die Klagerin zum Unfallzeitpunkt eine geringere\nstatistische Lebenserwartung als ein Kleinkind hatte und daher statistisch\ngesehen davon auszugehen ist, daß sie die unfallbedingten Beeintrachtigungen\nfur einen entsprechend geringeren Zeitraum wird erdulden mussen. Demgegenuber\nließen sich dann jedoch andere Benachteiligungen der Klagerin anfuhren, wie\nz.B. der Umstand, daß fur sie als Frau eine Mutterschaft und die Betreuung und\nVersorgung von (Klein-) Kindern wegen der unfallbedingten Erblindung mit\ngroßen Schwierigkeiten verbunden ware. Im Rahmen der bei der Bemessung des\nSchmerzensgeldes gebotenen Gesamtschau der maßgeblichen Umstande vermag daher\ndaher auch der von der Beklagten insoweit angefuhrte Gesichtspunkt letztlich\nkeine von der Entscheidung des Landgerichts abweichende Hohe der Entschadigung\nzu rechtfertigen.\n\n65\n\nDer Kapitalbetrag und die Schmerzensgeldrente stehen letztlich auch in einem\nausgewogenen Verhaltnis zueinander. Es erscheint sachgerecht, der Klagerin\nzunachst einen hohen Kapitalbetrag zuzuwenden, damit sie uber die\nerforderlichen Mittel verfugt, zunachst ihren engeren Lebensbereich etwa in\ndem oben erorterten Sinne großzugig einzurichten, um sich so ein angenehmes\nLebensumfeld zu schaffen, in dem sie sich leichter mit ihrer Benachteiligung\nabfinden kann. Die geringer bemessene Rente wird es ihr daruber hinaus\nermoglichen, auch in spateren Jahren auf Dauer in einem gewissen Maße\nAnnehmlichkeiten wie etwa Reisen oder ahnliches zu finanzieren, die sie aus\nihrem relativ geringen sonstigen Einkommen nicht wurde bestreiten konnen.\n\n66\n\n4.\n\n67\n\nBedenken gegen die Hohe der vom Landgericht ausgeurteilten Gesamtentschadigung\nbestehen auch nicht mit Blick auf die Belastung der Versichertengemeinschaft\nbei einer Ausweitung der Schmerzensgeldbetrage (vgl. dazu BGH VersR 1976,\n967). Der Senat stimmt der vom Oberlandesgericht Frankfurt vertretenen\nAuffassung zu, daß die Nachteile, die sich moglicherweise fur die\nVersichertengemeinschaft aus einer Ausdehnung der Schmerzensgeldanspruche bei\nvolliger Erblindung oder aber vergleichbaren Behinderungen ergeben konnten,\nvertretbar sind, da die Schadenshohe auch als Regulativ fur das Ausmaß der\nVorkehrungen fur eine Schadensverhutung wirken kann (vgl. OLG Frankfurt zfs\n1996, 131, 132). Wenn dies zur Gewahrleistung von nach heutigen Maßstaben\nangemessenen Entschadigungen erforderlich ist, so muß es von den beteiligten\nKreisen - wie hier etwa den Haltern von sog. Luxustieren - hingenommen werden,\nwenn dafur hohere Versicherungspramien zu zahlen sind. Keinesfalls kann es\nangehen, die Versichertengemeinschaft zu Lasten schwerstbeschadigter\nUnfallopfer zu schonen. Das gilt zumal deshalb, weil auch jeder Beitragszahler\nselbst zum Unfallopfer werden kann.\n\n68\n\nIn diesem Zusammenhang kann die Beklagte sich auch nicht mit Erfolg darauf\nberufen, daß zum Unfallzeitpunkt weit niedrigere Entschadigungsbetrage bei\nunfallbedingter Erblindung von den Gerichten ausgeurteilt wurden und daß die\nKlagerin selbst zunachst erheblich niedrigere Wertvorstellungen hatte erkennen\nlassen, bevor sie die Klage erhoht hat. Das schon 1990 angesichts der Tendenz\nder Rechtsprechung zu hoheren Entschadigungsbetragen absehbare Risiko einer\nErhohung der Entschadigungsforderung im Verlauf dieses Verfahrens muß allein\ndie Beklagte tragen. Sie hat sich diese Entwicklung selbst zuzuschreiben, da\nsie sich uber 4 Jahre lang geweigert hat, die ursprungliche Klageforderung der\nKlagerin in Hohe von 150.000,-- DM, die an der damaligen Rechtsprechung zur\nSchmerzensgeldbemessung orientiert war, zu befriedigen.\n\n69\n\n5.\n\n70\n\nAuch unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfahigkeit der Beklagten ist die vom\nLandgericht ausgeurteilte Gesamtentschadigung nicht zu beanstanden. Nach der\nvon ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungspolice unterhalt die\nBeklagte seit dem 1.7.1989 eine Pferdehalter-Haftpflicht-Versicherung mit\neiner Deckungssumme von 1.000.000,-- DM fur Personenschaden und 300.000,-- DM\nfur Sachschaden (Bl. 452 GA). An der derzeitigen Leistungsfahigkeit der\nBeklagten bestehen daher keine Zweifel. Im ubrigen bestehen auch keine\nkonkreten Anhaltspunkte dafur, daß sie bei einer eventuellen Ausschopfung der\nVersicherungssummen im weiteren Verlauf der Renten- und\nVerdienstausfallzahlungen an die Klagerin in finanzielle Bedrangnis geraten\nkonnte. Dies kann indessen an dieser Stelle auch dahinstehen, denn daruber\nware ggf. erst zu befinden, wenn die Beklagte sich auf eine Verschlechterung\nihrer wirtschaftlichen Verhaltnisse im Rahmen einer Abanderungsklage nach §\n323 ZPO berufen wurde (vgl. dazu BGHZ 18, 149, 163 f.).\n\n71\n\n6.\n\n72\n\nDen Einwand der Beklagten, das Landgericht habe bei der Bemessung der\nAusgleichsfunktion nicht genugend berucksichtigt, daß die Beklagte nur aus\nGefahrdungshaftung hafte, wahrend die Klagerin sich vorhalten lassen musse,\ndaß sie in der konkreten Unfallsituation nachlassig gehandelt habe, ist\nebenfalls unbegrundet. Im Rahmen der Ausgleichsfunktion wird dem\nMitverschulden der Klagerin durch Berucksichtigung der rechtskraftig\nfestgestellten Mithaftungsquote von 1/3 Rechnung getragen. Dieses\nMitverschulden kann nicht ein weiteres Mal bei der Bemessung des\nSchmerzensgeldes zu Lasten der Klagerin Berucksichtigung finden.\n\n73\n\n7.\n\n74\n\nDie vom Landgericht ausgeurteilte Entschadigung ist nach Auffassung des Senats\nim ubrigen zusatzlich auch unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion\ngerechtfertigt. Angesichts dessen, daß es sich um einen Fall der\nGefardungshaftung handelt - die grundsatzliche Zahlungspflicht der Beklagten\nalso von Anfang an nicht zweifelhaft sein konnte -, ist es unverstandlich, daß\ndie Beklagte die Anspruche der Klagerin zunachst insgesamt zuruckgewiesen und\nerst fast 5 Jahre nach dem Unfall erstmalig eine Zahlung vorgenommen hat. Der\nlangwierige Rechtsstreit stellte fur die erblindete Klagerin eine zusatzliche\nschwere Belastung dar, denn sie mußte wahrend dieses langen Zeitraums mit der\nin ihrer Situation außerst belastenden Ungewißheit uber die Sicherung ihrer\nzukunftigen wirtschaftlichen Existenz leben. Daran andert es auch nichts, daß\nder Prozeßbevollmachtigte der Klagerin dem Sachbearbeiter der hinter der\nBeklagten stehenden Haftpflichtversicherung im Anschluß an die gescheiterten\nVergleichsverhandlungen ausdrucklich faires Verhalten attestiert hat.\n\n75\n\nII.\n\n76\n\nZu Recht beanstandet die Beklagte das angefochtene Urteil jedoch hinsichtlich\nder zu Ziff. 1. des Urteilstenors ausgeurteilten Verzugszinsen.\n\n77\n\nFur die Zeit bis zur Zustellung der Klageerhohung vom 15.3.1996 am 21.5.1996\nkann die Klagerin Prozeßzinsen nur auf den ursprunglich geforderten Betrag von\n150.000,-- DM verlangen, und zwar auf den vollen Betrag bis zur ersten Zahlung\nder Beklagten in Hohe von 100.000,-- DM am 20.3.1995 und von da ab auf die\nrestlichen 50.000,-- DM bis zur weiteren Zahlung der Beklagten in Hohe von\n100.000,-- DM am 8.7.1995.\n\n78\n\nProzeßzinsen auf die ihr vom Landgericht uber die von der Beklagten gezahlten\n200.000,00 DM hinaus zuerkannten weiteren 100.000,-- DM Schmerzensgeld stehen\nder Klagerin nicht ab dem 8.7.1995, sondern erst ab Zustellung der\nKlageerhohung am 21.5.1996 (Bl. 294 d.A.) zu, § 291 ZPO. Auch insoweit war das\nangefochtene Urteil daher zugunsten der Beklagten abzuandern.\n\n79\n\nIII.\n\n80\n\nDie prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711\nZPO.\n\n81\n\nStreitwert fur das Berufungsverfahren - in Abanderung des Senatsbeschlusses\nvom 26.3.1998 - : 136.964,40 DM (100.000,-- DM Schmerzensgeld + 12.000,-- DM\ngem. § 17 Abs. 2 GKG + 24.964,40 DM Zinsen auf rechtskraftig zuerkanntes\nSchmerzensgeld)\n\n82\n\nWert der Beschwer fur die Beklagte: 112.000,--\n\n83\n\nWert der Beschwer fur die Klagerin: 24.964,40 DM\n\n